DER GROSSE MICHU
Émile Zola
Der Große Michu Von
Émile Zola
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Eines Nachmittags in der Vieruhrpause nahm
mich der grosse Michu in einer Ecke des Hofes beiseite. Er zog eine ernste Miene, die mir eine war ein kräftiger Bursche mit riesigen Fäusten, den ich um alles in der Welt nicht zum Feinde
mich geschmeichelt, mit dem grossen Michu etwas mitzumachen. Darauf erklärte er mir, es traulichen Mitteilungen, die sachten mir eine herrliche Erregung, wie ich sie lich geriet ich in ein tolles Abenteuer hinein, ich sollte ein Geheimnis zu bewahren, eine zu schlagen haben. Und sicher, der uneingestandfand, mich auf diese Weise Unannehmlichkeiten auszusetzen, zählte zum guten Teil zu den heissen Freuden meiner neuen Rolle als Mitwisser.
Deshalb bewunderte ich auch den grossen Mi-
chu, während er mit mir sprach. Er weihte mich in einem etwas rauhen Tone ein, wie einen Rekruten, zu dessen Tatkraft man nur halbwegs
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Vertrauen hat. Indessen das freudige Beben,
Als es zum zweitenmal l채utete und wir beide
auf unsere Pl채tze gingen, um die Arbeit wieder
Er sah mir mit seinen grauen Augen gerade ins
ein Verr채ter bist, und keiner wird mehr mit dir gartigen Wirkung, die diese Drohung auf mich ausbrechen.
Der grosse Michu stammte aus dem Departe-
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Landes, die Honoratioren und die grossen und kleinen Rentner nannten ihn nur noch den Briganten Michu. Dieser Brigant, ein ehrbarer Mann -
kannten wir die Geschichte wenigstens ungef채hr, was uns unsern Kameraden als eine sehr zu
D in der Tertia sass. Aber man wagte nicht, ihn zu mer. Kr채ftig, wie mit der Axt behauen, herrschte Milde. Ich habe ihn nur ein einziges Mal zornig
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uns lehrte, alle Republikaner wären Diebe und Erst später, als mein einstiger Kamerad wieder in meiner Erinnerung auftauchte, konnte ich Manne gemacht haben.
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was uns nicht wenig wunderte. Er empfand dort gleichen Appetit gesehen zu haben. Er, der so oder ein Vesperbrot. An der frischen Luft aufgewachsen, am Fuss der Chaîne des Maures, litt er noch grausamer als wir unter der mageren Kost
Das war eins unserer grossen Unterhaltungsthemen auf dem Hofe, an der Mauer, die uns
waren Leckermäuler. Ich erinnere mich be-
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die allgemein geschimpft wurde. An den Tagen, anstandshalber mit, obwohl er gern alle sechs
Der grosse Michu beklagte sich kaum, ausser -
zwei Portionen Anspruch hatten. Wenn es Bratwurst gab, musste man dann den grossen Michu die nebeneinander auf dem Teller des kleinen Aufsehers lagen.
Nun hatten also die Anstifter beschlossen, dass -
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zu werden, mit dem stillen Heroismus der alten
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nachtr채glich gestanden, dass die republikanische Tugend, die sein Vater ihn gelehrt hatte, das einzelnen an die Interessen der Allgemeinheit, in ihm niemals auf eine h채rtere Probe gestellt worden sei.
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trockenes Brot. Und das ganz ernst, ohne uns
leise zu unterhalten, wie es unsere Gewohnheit war. Nur die Kleinen lachten.
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ersten Abend sogar so weit, dass er nicht einmal Brot ass. Er hatte beide Ellenbogen auf den Tisch
hereinkam. Er liess uns hart an und fragte, was wir an dem Essen auszusetzen hätten, das er Da stand der grosse Michu auf.
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dem Direktor Zeit zur Erwiderung zu lassen, Âťan
diesem Abend schickte man uns einfach mit
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aufsehers hatten ihn ins Herz getroffen. Er hielt uns aufrecht, er sagte, wir wären Feiglinge, wenn
darein, zu zeigen, dass er, wenn er es wollte, eben nicht ass.
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die uns halfen, das Brot, mit dem wir uns die en einzigen Verwandten, und er lehnte auch derartige Geschenke ab, er hielt sich streng an die
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Aufruhr aus, weil der Direktor erkl채rt hatte, er ausgeben lassen. Es war der Tag der Bohnen mit Der grosse Michu, dem ein grausamer Hunger
wie ein starker Windstoss, der uns alle hochriss. en lustigen Tanz auf. Und die Aufseher, mit gros-
breiter weisser Kragen um den Hals herumlief.
Doch
es galt, den Platz zu befestigen. Der grosse Michu wurde zum General ernannt. Er auch, dass wir alle unsere Messer in die Hand genommen hatten. Und die Marseillaise erklang uns selbst. Anscheinend hatte man die Polizei beruhigen.
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zwei grosse Fenster, die auf den Hof hinausgin-
hatte der grosse Michu nicht mehr als etwa zehn Aufst채ndische um sich. Er sagte zu ihnen mit
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ganz allein, ruhig auf einer Tischkante sitzend, mitten unter dem zerschlagenen Geschirr. Am selben Abend noch wurde er zu seinem Vater heimgeschickt. Was uns andre angeht, so hatten es allerdings ein paar Wochen lang, uns Kabel-
Lange Zeit nachher sah ich den grossen Michu Land, die sein Vater ihm sterbend hinterlassen hatte. -
Émile Zola
Émile Zola (2. April 1840 - 29. September 1902) gilt
als einer der großen französischen Romanciers des der gesamteuropäischen literarischen Strömung des Naturalismus. Zugleich war er ein sehr aktiver Journalist, der sich auf einer gemäßigt linken Position am politischen Leben beteiligte. Sein Artikel J’accuse …! (Ich klage an …!) anlässlich der Dreyfus-Affäre war ein wichtiges Element bei der schließlichen Rehabilitierung des fälschlich Dreyfus.
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die
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Kunst-
und
Designschule
blickt sie heute dezidiert in die Zukunft. Die Praxisbezug in den hauseigenen Werkst채tten,
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