Psychologie im Fußball „Fußballspiele werden mehr mit dem Kopf, weniger mit den Beinen gewonnen.“ Gemäß dieser alten Weisheit widmet sich der Autor Toni Carriero in dieser und den folgenden Ausgaben dem großen Gebiet der Fußball-Psychologie. Teil 1 Die MACHT DER GEDANKEN Was ist mentales Training? Das Wort Mentaltraining setzt sich aus 2 Worten zusammen: >Mental< und >Training<. Das bedeutet, wir trainieren, um uns in eine gute Kondition zu versetzen. Die Chinesen verwenden dafür das Wort Kung Fu, was nichts anderes bedeutet, als etwas durch Üben zu erreichen. Es gibt kaum einen Lebensbereich, in dem sich gutes Training nicht auszahlt. Mentales Training ist nichts anderes als die Vorwegnahme der Ausführung sportlicher Handlung oder Bewegung in unserer Vorstellung. Es ist also eine Art Probehandeln im Kopf, bevor es zur Sache geht. Beim mentalen Training benutzen wir unsere Vorstellungskraft des Handlungsablaufes und den dabei eingesetzten und benutzten Bewegungen. Das was wir uns als Handlung und Bewegung vorstellen, wird vorwiegend aus unseren gemachten, im Gehirn abgespeicherten Erfahrungen herbeigeholt. Beispiel: Stellen Sie sich bitte im Detail vor, wie Sie einen Steigerungslauf von 100 Metern tätigen und am Ende die Arme hochreißen. Gleichgültig was Sie nun erkennen, diese Bewegungen und Handlungen sind in Ihrem Gehirn abgespeichert, ansonsten wüssten Sie nicht, wie es aussehen sollte. Selbst wenn Sie etwas Neues, also eine Handlung dazu erfinden, beruht dieses auf einer abgespeicherten Erfahrung. Je intensiver also der Fußballer im Training bei der Sache ist und seine Übungen auch geistig zu durchdringen vermag, umso genauer und besser werden später seine Bewegungsvorstellungen sein. Mentales Training ersetzt nicht das praktische Training, aber es unterstützt es unheimlich. Warum ist mentales Training für den
Fußballer entscheidend? Wissenschaftler haben zum Ergebnis gebracht, dass allein durch die Vorstellung im Kopf die beteiligten Muskeln elektrische Impulse erhalten, die sie in Spannungs- und Aktionsbereitschaft versetzen. Unser Gehirn kann zwischen dem, was im Kopf gedacht wird und dem, was tatsächlich passiert, keinen Unterschied erkennen, vorausgesetzt die Bilder im Kopf werden real gestaltet. Die neu gemachten Bilder bilden sozusagen eine neue Erfahrung, auf die wir in bestimmten Situationen zurückgreifen können. Mentale Stärke ist die Vorrausetzung für Wachstum und nachhaltigen Erfolg. Beispiel: Wer aufhören will zu rauchen und sich aber in seiner Vorstellung nicht sehen kann, wie er stattdessen etwas anderes tut, wird es schwer haben. Er muss die Fähigkeit haben, sich in seiner Vorstellung als Nichtraucher zu sehen. Wenn ein Fußballer kaltschnäuzig Tore erzielen will, aber in seinem inneren Film immer wieder erkennt, wie er vorbei schießt, wird er dies wahrscheinlich auch in der Praxis tätigen. Auch er muss die Fähigkeit besitzen, sich in seiner Vorstellung zu sehen wie er kaltschnäuzig ist. Will ein Abwehrspieler seine Zweikämpfe gewinnen, hat aber in den letzten Spielen alle verloren und wurde dafür ausgewechselt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihn diese abgespeicherten Daten hemmen und dies nun für zukünftige Handlungen zum Misserfolg führen kann. Konkret bedeutet dies also, dass man nun eine Reihe von Erfahrungen installieren muss, damit das neue erwünschte Handeln erfolgreich wird. Unsere Nationalmannschaft war bei der WM 06 so selbstbewußt und hat sich, egal gegen welchen Gegner, gedanklich auf Sieg eingestellt. Das
Toni Carriero bedeutet, dass unsere Gedanken die Richtung unseres Tuns bestimmen. Warum? Konkret ist es so: Unser Handeln wird zum größten Teil von unseren Gefühlen gesteuert und diese wiederum werden von unseren Gedanken beeinflusst. Ändere die Qualität Deiner Gedanken und Du änderst die Qualität Deiner Gefühle und diese ändern wiederum die Qualität Deiner Handlung. Beispiel: Sie können sich also nun an etwas erinnern, was schlecht gelaufen ist und je mehr Sie Ihre Gedanken damit verschwenden, um so mehr werden Sie merken, dass Sie sich dementsprechend fühlen. Höchstleistungen erreichen Sie aber nur dann, wenn Sie auch innerlich in einem guten geistigen Zustand sind, nicht wahr? Was ist der Hauptunterschied zwischen Spitzenleistungen und Durchschnitt? Wissenschaftler haben festgestellt, dass der Hauptunterschied zwischen durchschnittlichen Menschen und Spitzenleuten die besser entwickelte Vorstellungskraft ist. Sportpsychologen wissen heute, dass eine Stunde mentales Üben im Kopf denselben Trainingseffekt hat wie 10-20 konventionelle Trainingseinheiten. Wann immer wir nämlich im Kopf üben, können wir uns den Bewegungsablauf perfekt vorstellen und deshalb perfekte Bewegungsmuster verinnerlichen. Vorrausetzung dafür ist, dass wir uns den Bewegungsablauf hinreichend präzise vorstellen können. Und genau das ist das Prinzip des mentalen Trainings: die Vorstellungsfähigkeit zu verbessern und diese dann gezielt einzusetzen.
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Psychologie im Fußball
Der Autor: Toni Carriero
„Fußballspiele werden mehr mit dem Kopf, weniger mit den Beinen gewonnen.“ Gemäß dieser alten Weisheit widmet sich der Autor Toni Carriero dem großen Gebiet der Fußball-Psychologie. Lesen Sie heute den 2. Teil dieser Serie... Teil 2 DIE MACHT DER GEDANKEN Motivation Im ersten Teil haben wir in einer kurzen Abhandlung dargestellt, was mentales Training ist. Da der mentale Zustand davon abhängt, welche Motivation uns gerade dazu bewegt, ist es unabdingbar zu verstehen, welche Motivations-Strukturen es gibt, um direkt als Trainer gezielt einzuwirken. In dieser und den nächsten Ausgaben werden wir unterschiedliche Handwerkszeuge zur Verfügung stellen, um den mentalen Zustand der Spieler zu beeinflussen. Die Definition des Wortes MOTIVATION ist – Beweggrund, also einen Grund zu haben, sich zu bewegen. Konkret bedeutet dies: ohne ein MOTIV keine Aktion. Wie alle Menschen brauchen einzelne Spieler, Trainer oder die Mannschaft ein Motiv, für das es sich lohnt in Aktion zu treten. Gerade deshalb ist die Position als
Trainer eine sehr spannende Herausforderung, genau dies mit zu beeinflussen, um den Erfolg als Ganzes zu erzielen. Die Struktur der Motivation innerhalb einer Mannschaft wird im Grunde durch drei Faktoren bestimmt. Faktor 1: Selbstmotivation a) In vielen Vereinen ist immer wieder zu beobachten, dass das Selbstbild von einigen Spielern mit der Realität eine zu große Diskrepanz aufweist. Im Klartext: Sie überschätzen sich in ihren Fähigkeiten, was oft zu Konfrontationen mit dem Trainer oder den Mitspielern führt. (Achtung: auch Trainer überschätzen sich häufig.) Ein Beispiel aus der Praxis: Der Trainer gibt eine Trainingseinheit vor, nehmen wir mal an mit 2 Kontakten zu spielen. Diesen so genannten Selbstüberschätzer, der von seinen Dribblings lebt, ärgert dies und er meldet sich mit „ja im Spiel ist es ja auch
Um Motivationsdefiziten vorzubeugen, muss der Trainer seine Trainingsziele klar herausstellen.
geboren am 14.10.1972 in Singen, verheiratet, drei Kinder Beruf: Kommunikations-Trainer (Dipl. Personal Coach) Sportliche Tätigkeiten: Trainer der FSV Schwenningen (seit 2004) weitere Tätigkeitsgebiete: Referent beim Württembergischen Fußballverband (WFV) bei der Trainerausbildung in den Bereichen Teamführung, Motivation, Mentaltraining Rhetorik-Referent bem WFV für Trainerfortbildungen Personal Mental Trainer im Profibereich Fußball und Golf, u.a. im Golfverband Baden Württemberg und im Golfverband Saarland beim DFB als Mentaltrainer und Motivationstrainer im Gespräch nicht so und ich bin hier im Training und genau hier sollte ich doch meine Stärken verbessern.“ Oder der Trainer fordert eine Hürdenlauf-Übung, für die sich unser überschätzter Spieler zu schade ist. Genau in solchen Situationen ist es erforderlich, diese defensiven Einstellungen bzw. Motive in offensive umzustellen. b) Es gibt auf der anderen Seite auch Spieler, die noch keine eigene Selbstmotivation entwickelt haben und darauf warten, dass sie im Spiel oder im Training durch irgend etwas Spaß oder Motivation erhalten. Bleibt dies aus, kommt Frust, Unlust oder Teil-
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nahmslosigkeit auf, die dann häufig in Aggression oder auch Kritik ausartet. Die eigentliche Frage ist also: Wie kann ein Trainer gegen diese unterschiedlichen Motivations-Defizite vorbeugen bzw. auf sie einwirken? Mögliche Lösung 1: Der Trainer bespricht vor der Einheit den Fahrplan für das Training. Er erklärt das Trainingsziel in Bezug auf zukünftige wichtige Aufgaben. Die Spieler werden das Problem bzw. die Aufgabe erkennen und von sich aus die notwendige Einstellung zur Übung entwickeln. Mögliche Lösung 2: Der Trainer unterbricht die Einheit in gewissen Zeitabständen und fragt die Beteiligten nach ihren Meinungen und Eindrücken. Es ist psychologisch bedingt, dass Menschen eine Eigenmotivation entwickeln, wenn sie in die Verantwortung mit einbezogen werden. Faktor 2: Strukturelle Motivation Die strukturelle Motivation kommt aus den Möglichkeiten, die eine Position infolge vorgegebener Aufgaben und Tätigkeiten einräumt. Übertragen auf eine Mannschaft bedeutet dies, dass jeder Spieler einer Mannschaft klar definierte Aufgaben im Rahmen seiner spielenden Position zu erfüllen hat. Der Spieler ist sich dieser Aufgaben sehr bewusst und versucht natürlich diese unbedingt zu erfüllen. So bestehen seine Aufgaben z.B. darin, Offensivakzente zu setzen. Dieser Spieler ist, was häufig zu beobachten ist, in der Defensive nicht besonders stark. Der Trainer will dies, gerade wenn Not am Mann ist, aber sehr oft nicht erkennen und setzt den Spieler auf defensiven Positionen ein. Auf dieser ungeliebten und wenig geschätzten Position kann der Spieler jetzt nicht sein gesamtes Leistungsvermögen abrufen. Logische Folge ist, dass seine Motivation in den Keller fährt. Oder auch, dass der Anspruch von außen (Trainer) nicht mit der Realität der Fähigkeit des Spielers übereinstimmt. Durch gewisse Reaktionen des Trainer sinkt der Motivationspegel des Spielers jetzt stark ab.
Nur wenn die Chemie zwischen Trainer und Spieler stimmt, hat eine Mannschaft langfristig Erfolg. Eine von vielen möglichen Lösungen könnte hier sein, das Trainingsprogramm dementsprechend zu organisieren, dass dies den Spieler in seiner Defensiv-Schwäche schult. Konkret: das Training individuell so zu gestalten, dass diese Defizite weniger werden. Faktor: 3 personelle Motivation Hier geht es um das Tun und Handeln des einzelnen Spielers, die Charaktereigenschaft, die dieser von Haus aus mitbringt, wie z.B. überdurchschnittlich ehrgeizig, siegeshungrig, Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie bei Toni Carriero: info@toni-carriero.de rechthaberisch, dominant, umsichtig. In der Praxis sieht das nun oft so aus: Ein Trainer hat in seiner Mannschaft einen Spieler, der eine große Selbstüberschätzung hat und der versucht, sein gestecktes Ziel mit aller Macht zu erreichen. Dies wird z.B. auch dadurch sichtbar, dass solche Spieler ständig ihren Einsatz fordern und kaum bereit sind, ihren Platz auch nur zeitweilig zu räumen. Geschieht dies trotzdem, durch eine Aus- oder Einwechslung, muss der Trainer mit Aggressionen rechnen. Auf der anderen Seite sollte man positiv vermerken, dass dieser Spieler
Durchsetzungsvermögen besitzt und übernommene Aufgaben vollendet. Dies könnte der gesamten Mannschaft zum Erfolg verhelfen. Darüber hinaus lassen solche Spieler oft ihren Unmut an Mitspielern aus, solange der Erfolg noch nicht gesichert ist. Dies wiederum sorgt für negative Emotionen. Der Trainer muss also immer wieder abwägen, in wiefern dies nun schadet oder auch hilft. In fast jeder Mannschaft sind solch schwierige Charaktere immer wieder zu finden. Oft gehören sie in fußballerischer Hinsicht zu den Besten. Solche Spieler bleiben leider allzu oft ewige Talente, weil es der Trainer nicht schafft, die persönliche Motivation des Spielers so umzuwandeln, dass er sich in den Dienst der Mannschaft und somit des Erfolges stellt. Mögliche Vorgehensweise: Man sollte diesem Spieler in einem persönlichen Gespräch deutlich dieses Defizit klarmachen und ihn durch entsprechende Maßnahmen mehr in die Verantwortung nehmen. So könnte der Trainer diesen Spieler im einen oder anderen Spiel zum Kapitän bestimmen, um ihm damit eine Vorbildfunktion zu übertragen. Oder auch: Führe die Mannschaft, in dem Du die Jungs unterstützt und motivierst, wenn sie einen Fehler machen. Muntere sie auf, es beim nächsten Mal besser zu machen.... 35
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Psychologie im Fußball
Der Autor: Toni Carriero
„Fußballspiele werden mehr mit dem Kopf, weniger mit den Beinen gewonnen.“ Dieser alten Weisheit gemäß widmet sich der Autor Toni Carriero dem großen Gebiet der Fußball-Psychologie. Lesen Sie heute den 3. Teil dieser Serie..... Teil 3
DIE MACHT DER GEDANKEN Mentale Stärke
Als Sportler und Fußballer ist es im heutigen Zeitalter unabdingbar, eine gewisse mentale Stärke zu besitzen. Man weiß heute, dass mentale Stärke mehr als 70% des Erfolges ausmacht. Was ist mentale Stärke? Mentale Stärke beruht auf der tiefen Überzeugung, die anstehende Aufgabe lösen zu können. Mental starke Fußballer können sich so weit selbst beeinflussen, dass sie trotz der Wettkampfbedingungen an ihrem oberen Leistungslimit spielen können. Das bedeutet konkret, sie lassen sich nicht von äußeren und inneren Stressfaktoren beeinflussen. Beim mental starken Fußballer sind folgende Eigenschaften ausgeprägt: Er ist... .. konzentriert, willensstark, motiviert, selbstsicher, entspannt, präsent, zielbewusst, optimistisch, diszipliniert. Mentale Stärke basiert auf einem gesunden Selbstvertrauen, großer Motivation und hoher Konzentration. Ein mental starker Fußballer verhält sich im Wettkampf hoch motiviert und hoch konzentriert. Er bleibt in diesem
Steht für mentale Stärke: Kölns Trainer Christoph Daum
optimalen Leistungszustand, selbst wenn Schwierigkeiten auftreten. Mental starke Spieler können: ● sich von Störfaktoren unabhängig machen, ● Nachwirkungen einer schlechten Aktion auf ein Minimum begrenzen ● sich von Rückschlägen / Fehlern erholen ● Probleme als Herausforderung ansehen ● sich immer wieder neu motivieren ● optimale Konzentration aufbauen ● unter Druck ihre Leistung erbringen ● das richtige Anspannungsniveau erbringen ● Fehler als Erfahrung (als Training für die Zukunft) betrachten ● Gedanken und Emotionen kontrollieren Dies alles hat nicht mit Genialität zu tun, sondern ist das Ergebnis eines systematischen mentalen Trainings. In diesem Zusammenhang stellt man sich folgende Fragen: → Durch welche Trainingsmaßnahmen kann ich langfristig eine stabile mentale Stärke entwickeln? → Wie kann ich kurz vor dem Spiel meine mentale Stärke einschalten? → Wie kann ich meine mentale Stärke über die gesamte Wettkampfdauer aufrechterhalten, selbst wenn kritische Situationen auftreten? Wichtig ist nun zu wissen, dass mentale Stärke mit einer gewissen Portion Selbstvertrauen zu tun hat. Ob eine antrainierte Leistung zum Zeitpunkt x wiederholt werden kann, hängt vor allem davon ab, inwieweit man davon überzeugt ist, diese dazu nötigen Fähigkeiten zu beherrschen. Selbstvertrauen bedeutet, sich selbst zu vertrauen, von sich überzeugt zu sein, Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zu haben. Für den langfristigen Aufbau von mentaler Stärke ist dieser Glaube an sich
geboren am 14.10.1972 in Singen, verheiratet, drei Kinder Beruf: Kommunikations-Trainer (Dipl. Personal Coach) Sportliche Tätigkeiten: Trainer der FSV Schwenningen (seit 2004) weitere Tätigkeitsgebiete: Referent beim Württembergischen Fußballverband (WFV) bei der Trainerausbildung in den Bereichen Teamführung, Motivation, Mentaltraining Rhetorik-Referent bem WFV für Trainerfortbildungen Personal Mental Trainer im Profibereich Fußball und Golf, u.a. im Golfverband Baden Württemberg und im Golfverband Saarland selbst unabdingbar. Der Glaube an sich selbst entsteht → aus einer unerschütterlichen Siegeseinstellung: Ich bin davon überzeugt, dass ich es schaffe, wenn ich mein Bestes gebe und mich voll einsetze. → aus der Überzeugung richtig und hart trainiert zu haben → aus dem exakten Wissen der eigen Stärken: Ich habe viele Stärken, auf die ich mich verlassen kann, egal ob es schlecht läuft, meine Stärken bleiben. → aus dem Wissen darüber, dass Fußball nur ein Spiel ist. Tipps zur Stärkung des Selbstvertrauens: 33 25
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In den meisten Fällen beschäftigen sich Spieler bis ins kleinste Detail mit ihren Schwächen und Fehlern und auf der anderen Seite vernachlässigen sie Stärken und Erfolge. ☺Lassen Sie Ihre Spieler in 10-15 min. all ihre Stärken aufschreiben. ☺Lassen Sie Ihre Spieler aufschreiben, was sie benötigen oder was sie bereits getan haben, um die nächsten Aufgaben in Training und Spiel erfolgreich zu bewältigen. Als Personal Coach mache ich immer wieder die Erfahrung, dass mein Gesprächspartner persönliche Stärken selbst gar nicht als solche empfindet. Er weiß aber sehr genau, was er nicht kann. Das schwächt definitiv das Selbstvertrauen. Wie fördere ich beim Spieler die mentale Stärke? Was machen Profis? Wie gehen Mentaltrainer im Profibereich vor? Nochmals: Mentale Stärke hat nichts mit Genialität zu tun sondern ist ein konstantes Training an sich selbst, mit Hilfe von Werkzeugen. Im Grunde ist es so, dass man im professionellen mentalen Training in 8 Bereichen systematisch trainiert: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)
Qualität der Selbstgespräche Konzentration Kompetenz - Erwartung Selbstvertrauen Zielsetzung Fitness Balance/life Visualisierung des Umfeldmanagements
Wir werden jetzt auf den einen oder anderen Bereich etwas näher eingehen und ihn in Übungen darstellen. Qualität der Selbstgespräche Gedanken, die wir Menschen haben, kommen oft in Form von Selbstgesprächen zum Ausdruck. Sie erfolgen in den meisten Fällen automatisch und sind uns oft gar nicht bewusst. In Selbstgesprächen formuliert man Pläne für sein Handeln, gibt sich selbst Anweisungen, ordnet seine Gedanken oder kommentiert das eigene Handeln. Beispiel: Ein Spieler läuft im Alleingang auf das
Spieler von Hansa Rostock in der Saison 2007/08: Kein Beispiel für mentale Stärke. gegnerische Tor zu. Während dieser Zeit führt er pausenlos Selbstgespräche: Soll ich sofort abschließen oder die Reaktion des Torspielers abwarten? Soll ich den Ball flach ins Eck schießen oder ihn hoch über den Torspieler lupfen? Was ist, wenn ich nicht treffe?.... Wie viele Gedanken machen sich manche Schützen vor der Ausführung eines Elfmeters: Haue ich ihn rein? Schieße ich flach oder hoch in die Ecke? Was ist, wenn der Torwart meine Ecke kennt? Was ist, wenn ich Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie bei Toni Carriero: info@toni-carriero.de Tel.: 07720 - 975950 verschieße? Wie Sie erkennen können, reden wir Menschen, egal was wir tun, mit uns selbst. Das Interessante daran ist, dass unser Handeln und das Ergebnis sehr stark von der Qualität des Selbstgespräches abhängen. Konkret bedeutet dies, dass man im Mentaltraining detailliert auf die Selbstgespräche der Spieler eingeht. Der Mentaltrainer versucht die Art dieser Gespräche zu verstehen um diese gegebenenfalls zu verändern. Das können auch Sie tun: Fragen Sie den Spieler, welche Selbstgespräche ihm bewusst sind. Stellen Sie mit ihm heraus, welche
Selbstgespräche er bei erfolgreichen Ereignissen vor, während, nach der Situation getätigt hat, um diese eventuell bewusst in schwierigen Situationen einzusetzen. Unterschätzen Sie diesen Bereich nicht. Meines Erachtens ist er der Grundstein für mentale Stärke. Konzentration In Situationen wie oben beschrieben lenken die Selbstgespräche den Spieler vom Eigentlichen ab. Hinzu kommen äußere Faktoren wie Gegenspieler, Schiedsrichter, Zuschauer ..., die den Spieler beeinflussen. Hier ist die Fähigkeit eminent wichtig, konzentriert zu bleiben. Lassen sie den Spieler GedankenSchach üben: Er soll die Augen schließen und sich ein Schachbrett mit einigen Figuren vorstellen. Er soll diese verschieben und sich Veränderungen einprägen, dabei keine Störungen (Geräusche, andere Gedanken...) zulassen. Wird diese Übung täglich 5-10 Minuten durchgeführt, erhöht sich die Konzentrationsfähigkeit enorm. Der Spieler soll lernen, sich in den wichtigen Momenten auf das Entscheidende zu konzentrieren. Profis aus den verschiedensten Sportarten kennen die Auswirkung dieser Methode bestens. ............... DieFortsetzung folgt in Anpfiff 4 - 2008.
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Psychologie im Fußball
Der Autor: Toni Carriero
„Fußballspiele werden mehr mit dem Kopf, weniger mit den Beinen gewonnen.“ Dieser alten Weisheit gemäß widmet sich der Autor Toni Carriero dem großen Gebiet der Fußball-Psychologie. Lesen Sie heute den 4. Teil dieser Serie..... Teil 4
DIE MACHT DER GEDANKEN Motivation im Fußball
Im 3. Teil unserer Serie „Pychologie im Fußball“ widmete sich der Autor dem mentalen Training. Er zeigte auf, dass man im professionellen mentalen Training in folgenden 8 Bereichen systematisch trainiert: 1) Qualität der Selbstgesprä che 2) Konzentration 3) Kompetenz - Erwartung 4) Selbstvertrauen 5) Zielsetzung 6) Fitness 7) Balance/life 8) Visualisierung des Umfeld managements Einzelne Bereiche wurden erläutert. Was noch in der Erklärung fehlt, ist die Kompetenz-Erwartung: Kompetenz-Erwartung Was erwarte ich positiv/negativ in der Situation aufgrund meines Handelns? Kennen Sie Spieler, die im Training sehr gute Leistungen bringen, im Spiel aber versagen (sog. Trainingsweltmeister)? Oder auch umgekehrt:
Als guter Psychologe bekannt: Bremens Trainer Thomas Schaaf
Spieler, die schwach trainieren, im Spiel dann aber nicht mehr wieder zu erkennen sind? Das sind Spieler, die in diesen Situationen ihr Gleichgewicht verlieren. Anbei drei Möglichkeiten, wie man in diesem Bereich trainieren kann: 1. Prognose-Training Einzelspieler oder Gruppen sollen Prognosen abgeben. Beispiele: ● Vor dem Torschusstraining: „Wie viele Tore schieße ich bei 8 Versuchen?“ ● Vor Spielformen: Abwehr gegen Sturm: „Wir lassen in 20 Minuten höchstens drei Tore zu.“ Der Effekt ist, dass Spieler lernen, sich mit Anspruch und Realität auseinander zu setzen. Ihre mentale Stärke wird dadurch beeinflusst und wächst. 2. Training der Nicht-Wiederholbar keit Im Wettkampf ist es so, dass eine Situation nur einmal vorkommt. Im Trainingsalltag kann man diese trainieren, indem der Trainer mit dem Spieler vereinbart, dass er z.B. einen Freistoß treten darf. Der Trainer und nicht der Spieler legt den Zeitpunkt dieser Situation fest. Der Spieler setzt sich während des Trainings damit auseinander (Selbstgespräche). Der Nutzen daraus ist: Aus dem Wissen der Nicht-Wiederholbarkeit (jetzt oder nie) entsteht eine psychische Beanspruchung, die vergleichbar ist mit der des Wettkampfes. Hierdurch wird die mentale Stärke spielerisch trainiert. Wichtig ist, dass diese Art von Übung nicht zu oft trainiert wird, da ansonsten die Spannung verpufft. 3. Training der Nicht-Wiederholbar keit mit Zeitverzögerung Es ist die gleiche Übung wie oben, jetzt allerdings gibt man dem Spieler eine Zeit von 10, 20 oder 30 Minuten, sich auf die Situationen vorzubereiten.
geboren am 14.10.1972 in Singen, verheiratet, drei Kinder Beruf: Kommunikations-Trainer (Dipl. Personal Coach) Sportliche Tätigkeiten: Trainer der FSV Schwenningen (seit 2004) weitere Tätigkeitsgebiete: Referent beim Württembergischen Fußballverband (WFV) bei der Trainerausbildung in den Bereichen Teamführung, Motivation, Mentaltraining Rhetorik-Referent bem WFV für Trainerfortbildungen Personal Mental Trainer im Profibereich Fußball und Golf, u.a. im Golfverband Baden Württemberg und im Golfverband Saarland Nutzen ist, dass für den Spieler eine zusätzliche Belastung hinzukommt. Erfahrungsgemäß wird das Erbringen der Leistung umso schwieriger, je länger die Zeitvorgabe ist. Das hängt damit zusammen, dass in Vorbereitungs- und Wartezeiten störende negative Selbstgespräche kreiert werden, die die Konzentration und damit die Leistung herabsetzen. Der Spieler lernt also, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Damit erkennen Sie klar, dass mentale Stärke trainierbar ist und von vielen Faktoren abhängt. Diese Themen zu vertiefen und weitere Bereiche wie Selbstvertrauen, Zielsetzung, Balance/life, Umfeldmangement zu erläutern, würde den 33 25
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redaktionellen Rahmen sprengen. Motivation im Fußball Es gibt vier Beweggründe, die einen Fußballer auf Dauer für seinen Sport begeistern, ihn antreiben, ihn motivieren. Diese müssen Sie unbedingt kennen und mit in Ihre Trainingsplanung einbeziehen: A Bewegungslust und Spielfreude Wir haben hier gerade gelernt, dass wir durch Bewegung und Anstrengung Lust und Freude erhalten. Werden diese zwei Komponenten nicht erlebt, gehen Menschen Anstrengungen gerne aus dem Weg. Der Mensch geht in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes den Weg des geringsten Widerstands. Das bedeutet, dass wir Kindern oder auch aktiven Spielern bewusst machen müssen, dass es sich lohnt, sich anzustrengen. Denn dies führt zu positiven Erlebnissen und Erfolgen. Das heißt, als Trainer müssen wir vermeiden, Langeweile und Monotonie zu bewirken. Wie erreichen wir dies? Einige Tipps hierzu: Alle Trainingsformen müssen aktiv/ bewegungsreich gestaltet werden. Es kann z.B. nicht sein, dass, wie oft zu beobachten ist, beim Torschusstraining 15 Spieler hintereinander stehen und der Reihe nach zum Schuss kommen. Hier entsteht in den viel zu langen Pausen große Langeweile. Die Spieler beschäftigen sich mit anderen Dingen... In Spielformen müssen gleichstarke Teams gefomt werden, so dass die Spannung aufrecht erhalten wird. Der Trainer muss im Training loben. Gelungene Spielzüge, Kombinationen müssen betont werden. Positive Ergebnisse einer Aktion müssen aufgezeigt werden. Im Training gilt: Spielerlebnis geht vor Spielergebnis. Der Trainer muss möglichst oft kleine Gruppen bilden. Die Spieler brauchen häufige Ballkontakte. Sie müssen viel miteinander reden und sich untereinander helfen. B Neugierde - das ist die Wurzel für Herausforderung Die Neugier zählt bei uns Menschen zu unseren ursprünglichen Triebmotiven. Sie bewegt uns dazu, Neues
Spieler von Hansa Rostock in der Saison 2007/08: Hoffenheims Spieler: Sie strotzen im Moment vor Selbstbewusstsein. zu entdecken, zu organisieren. Mit anderen Worten, sie lässt uns unsere Umgebung erforschen. Sie ist darauf ausgerichtet, aus einer Unsicherheit eine Sicherheit zu machen und Unbekanntes in Bekanntes zu verwandeln. Ergebnis ist eine gesunde Portion Risiko, mehr zu wagen sowie mehr Phantasie und Kreativität im Spiel. Wenn keine Neugier vorhanden ist, fehlt die Herausforderung und die Spannung. Konkret: Je langweiliger das Training, je größer das Verlangen nach Abwechslung und neuen Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie bei Toni Carriero: info@toni-carriero.de Tel.: 07720 - 975950 Aufgaben. Tipps: Abwechslungsreiche Organisationsformen mit unterschiedlichen Hilfsgeräten anbieten. Bereits in der Aufwärmphase die Neugier entfachen, attraktive Übungen für Kleingruppen anbieten. Durch Zusatzaufgaben immer wieder neue Inhalte einführen, damit wir neue Reize setzen. Bekannte Übungsformen immer wieder wiederholen, um das Selbstvertrauen zu stärken sowie auch sich die eigenen Fähigkeiten bewusst zu machen. Um die Qualität des Trainings zu er-
höhen und somit das Aha-Erlebnis zu steigern, ist es wichtig, dass man als Trainer eine gute Dosierung von Bekanntem und Unbekanntem findet. C Aggressivität Positive Aggressionen sind sozusagen der Motor für mehr Leistung bei Menschen. Ein gepflegter Umgang mit Aggressionen gehört in unserem sozialen Umfeld und in der Erziehung dazu. Es wird darunter verstanden, dass man sich mit anderen messen und vergleichen und dabei gewinnen will. Das Ziel unseres Urantriebs „Aggression“ ist meistens das Streben nach Anerkennung und Erfolg. Das Gewinnen wird als ein lustvolles Ereignis erlebt. Als Trainer ist es umso wichtiger, positive Aggressionen in den Trainingsformen für Spieler zu entfachen, denn das Ergebnis ist einfach mehr Leistung. Tipp: Möglichst viele Wettbewerbe in die Trainingseinheiten einbauen: Wer ist schneller, wer kann am meisten......? D Team Bei Menschen sind das AkzeptiertSein und das Zugehörigkeits-Gefühl zwei der wichtigsten Ziele im Leben. Aufgaben für andere zu bewältigen, bringt Anerkennung und stärkt das Bewusstsein sozialer Eingebundenheit. Teamdenken findet außerhalb und innerhalb des Spielfeldes statt. Das gemeinsame Erzielen von positiven Ergebnissen schweißt eine Mannschaft zusammen.
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