Fussball psychologie teil2

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Psychologie im Fußball

Der Autor: Toni Carriero

„Fußballspiele werden mehr mit dem Kopf, weniger mit den Beinen gewonnen.“ Gemäß dieser alten Weisheit widmet sich der Autor Toni Carriero dem großen Gebiet der Fußball-Psychologie. Lesen Sie heute den 2. Teil dieser Serie... Teil 2 DIE MACHT DER GEDANKEN Motivation Im ersten Teil haben wir in einer kurzen Abhandlung dargestellt, was mentales Training ist. Da der mentale Zustand davon abhängt, welche Motivation uns gerade dazu bewegt, ist es unabdingbar zu verstehen, welche Motivations-Strukturen es gibt, um direkt als Trainer gezielt einzuwirken. In dieser und den nächsten Ausgaben werden wir unterschiedliche Handwerkszeuge zur Verfügung stellen, um den mentalen Zustand der Spieler zu beeinflussen. Die Definition des Wortes MOTIVATION ist – Beweggrund, also einen Grund zu haben, sich zu bewegen. Konkret bedeutet dies: ohne ein MOTIV keine Aktion. Wie alle Menschen brauchen einzelne Spieler, Trainer oder die Mannschaft ein Motiv, für das es sich lohnt in Aktion zu treten. Gerade deshalb ist die Position als

Trainer eine sehr spannende Herausforderung, genau dies mit zu beeinflussen, um den Erfolg als Ganzes zu erzielen. Die Struktur der Motivation innerhalb einer Mannschaft wird im Grunde durch drei Faktoren bestimmt. Faktor 1: Selbstmotivation a) In vielen Vereinen ist immer wieder zu beobachten, dass das Selbstbild von einigen Spielern mit der Realität eine zu große Diskrepanz aufweist. Im Klartext: Sie überschätzen sich in ihren Fähigkeiten, was oft zu Konfrontationen mit dem Trainer oder den Mitspielern führt. (Achtung: auch Trainer überschätzen sich häufig.) Ein Beispiel aus der Praxis: Der Trainer gibt eine Trainingseinheit vor, nehmen wir mal an mit 2 Kontakten zu spielen. Diesen so genannten Selbstüberschätzer, der von seinen Dribblings lebt, ärgert dies und er meldet sich mit „ja im Spiel ist es ja auch

Um Motivationsdefiziten vorzubeugen, muss der Trainer seine Trainingsziele klar herausstellen.

geboren am 14.10.1972 in Singen, verheiratet, drei Kinder Beruf: Kommunikations-Trainer (Dipl. Personal Coach) Sportliche Tätigkeiten: Trainer der FSV Schwenningen (seit 2004) weitere Tätigkeitsgebiete: Referent beim Württembergischen Fußballverband (WFV) bei der Trainerausbildung in den Bereichen Teamführung, Motivation, Mentaltraining Rhetorik-Referent bem WFV für Trainerfortbildungen Personal Mental Trainer im Profibereich Fußball und Golf, u.a. im Golfverband Baden Württemberg und im Golfverband Saarland beim DFB als Mentaltrainer und Motivationstrainer im Gespräch nicht so und ich bin hier im Training und genau hier sollte ich doch meine Stärken verbessern.“ Oder der Trainer fordert eine Hürdenlauf-Übung, für die sich unser überschätzter Spieler zu schade ist. Genau in solchen Situationen ist es erforderlich, diese defensiven Einstellungen bzw. Motive in offensive umzustellen. b) Es gibt auf der anderen Seite auch Spieler, die noch keine eigene Selbstmotivation entwickelt haben und darauf warten, dass sie im Spiel oder im Training durch irgend etwas Spaß oder Motivation erhalten. Bleibt dies aus, kommt Frust, Unlust oder Teil-

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nahmslosigkeit auf, die dann häufig in Aggression oder auch Kritik ausartet. Die eigentliche Frage ist also: Wie kann ein Trainer gegen diese unterschiedlichen Motivations-Defizite vorbeugen bzw. auf sie einwirken? Mögliche Lösung 1: Der Trainer bespricht vor der Einheit den Fahrplan für das Training. Er erklärt das Trainingsziel in Bezug auf zukünftige wichtige Aufgaben. Die Spieler werden das Problem bzw. die Aufgabe erkennen und von sich aus die notwendige Einstellung zur Übung entwickeln. Mögliche Lösung 2: Der Trainer unterbricht die Einheit in gewissen Zeitabständen und fragt die Beteiligten nach ihren Meinungen und Eindrücken. Es ist psychologisch bedingt, dass Menschen eine Eigenmotivation entwickeln, wenn sie in die Verantwortung mit einbezogen werden. Faktor 2: Strukturelle Motivation Die strukturelle Motivation kommt aus den Möglichkeiten, die eine Position infolge vorgegebener Aufgaben und Tätigkeiten einräumt. Übertragen auf eine Mannschaft bedeutet dies, dass jeder Spieler einer Mannschaft klar definierte Aufgaben im Rahmen seiner spielenden Position zu erfüllen hat. Der Spieler ist sich dieser Aufgaben sehr bewusst und versucht natürlich diese unbedingt zu erfüllen. So bestehen seine Aufgaben z.B. darin, Offensivakzente zu setzen. Dieser Spieler ist, was häufig zu beobachten ist, in der Defensive nicht besonders stark. Der Trainer will dies, gerade wenn Not am Mann ist, aber sehr oft nicht erkennen und setzt den Spieler auf defensiven Positionen ein. Auf dieser ungeliebten und wenig geschätzten Position kann der Spieler jetzt nicht sein gesamtes Leistungsvermögen abrufen. Logische Folge ist, dass seine Motivation in den Keller fährt. Oder auch, dass der Anspruch von außen (Trainer) nicht mit der Realität der Fähigkeit des Spielers übereinstimmt. Durch gewisse Reaktionen des Trainer sinkt der Motivationspegel des Spielers jetzt stark ab.

Nur wenn die Chemie zwischen Trainer und Spieler stimmt, hat eine Mannschaft langfristig Erfolg. Eine von vielen möglichen Lösungen könnte hier sein, das Trainingsprogramm dementsprechend zu organisieren, dass dies den Spieler in seiner Defensiv-Schwäche schult. Konkret: das Training individuell so zu gestalten, dass diese Defizite weniger werden. Faktor: 3 personelle Motivation Hier geht es um das Tun und Handeln des einzelnen Spielers, die Charaktereigenschaft, die dieser von Haus aus mitbringt, wie z.B. überdurchschnittlich ehrgeizig, siegeshungrig, Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie bei Toni Carriero: info@toni-carriero.de rechthaberisch, dominant, umsichtig. In der Praxis sieht das nun oft so aus: Ein Trainer hat in seiner Mannschaft einen Spieler, der eine große Selbstüberschätzung hat und der versucht, sein gestecktes Ziel mit aller Macht zu erreichen. Dies wird z.B. auch dadurch sichtbar, dass solche Spieler ständig ihren Einsatz fordern und kaum bereit sind, ihren Platz auch nur zeitweilig zu räumen. Geschieht dies trotzdem, durch eine Aus- oder Einwechslung, muss der Trainer mit Aggressionen rechnen. Auf der anderen Seite sollte man positiv vermerken, dass dieser Spieler

Durchsetzungsvermögen besitzt und übernommene Aufgaben vollendet. Dies könnte der gesamten Mannschaft zum Erfolg verhelfen. Darüber hinaus lassen solche Spieler oft ihren Unmut an Mitspielern aus, solange der Erfolg noch nicht gesichert ist. Dies wiederum sorgt für negative Emotionen. Der Trainer muss also immer wieder abwägen, in wiefern dies nun schadet oder auch hilft. In fast jeder Mannschaft sind solch schwierige Charaktere immer wieder zu finden. Oft gehören sie in fußballerischer Hinsicht zu den Besten. Solche Spieler bleiben leider allzu oft ewige Talente, weil es der Trainer nicht schafft, die persönliche Motivation des Spielers so umzuwandeln, dass er sich in den Dienst der Mannschaft und somit des Erfolges stellt. Mögliche Vorgehensweise: Man sollte diesem Spieler in einem persönlichen Gespräch deutlich dieses Defizit klarmachen und ihn durch entsprechende Maßnahmen mehr in die Verantwortung nehmen. So könnte der Trainer diesen Spieler im einen oder anderen Spiel zum Kapitän bestimmen, um ihm damit eine Vorbildfunktion zu übertragen. Oder auch: Führe die Mannschaft, in dem Du die Jungs unterstützt und motivierst, wenn sie einen Fehler machen. Muntere sie auf, es beim nächsten Mal besser zu machen.... 35

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