Materials & Design (Course Documentation)

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MATERIALS & DESIGN



Vorwort Sie begegnen uns jeden Tag, sind überall um uns herum. Sie können kalt, rauh, weich und leicht sein, fest, stabil oder porös und sogar “intelligent”. Materialien. Sie beeinflussen uns und geben uns Auskunft über den Wert eines Gegenstandes. Sie spielen eine große Rolle in unserem Leben und manchmal überraschen sie uns, weil sie anders sind, als wir es erwarten. Dennoch wissen wir oft nur wenig über sie. Wir nutzen Materialien völlig selbstverständlich, ohne überhaupt zu wissen, woraus sie bestehen, ihren Ursprung zu kennen oder zu wissen, was anschließend mit ihnen geschieht. Im Rahmen dieses Semesterprojektes haben wir uns genau damit beschäftigt. Wir tauchten in die Welt der Materialien ein und entdeckten Bekanntes und Unbekanntes, Neuartiges und Innovatives, aber auch manches, was uns nachdenklich stimmt. Auf den gesamten Zeitraum verteilt, gab es acht Treffen, an denen wir je eine neue Materialfamilie behandelt haben, die sich nun in diesem Buch wiederfinden. Oft war es eine Herausforderung zu definieren, ob ein Material zu der einen oder anderen Gruppe gehört, da es viele Überschneidungen und Kombinationen gibt. Auf den folgenden Seiten findest Du nun die Entdeckungen, die uns während unserer Reise am meisten beeindruckt oder zu denken gegeben haben.



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Materialgeschichte Metall

18-27

Nat端rliche Materialien

28-39

Kunststoff

40-53

Glas und Keramik

54-63

Textilien

64-73

Beton

74-75

Weiterf端hrendes Material


Vor 14.000 Jahren

erste Bindegemische zur Ziegelsteinherstellung

Altsteinzeit

Holz wurde als Brennstoff und für Werkzeuge benutzt

8000 - 4000 v. Chr. 40.000 - 8.500 v. Chr.

früheste Keramikfunde in Europa

vor 30.000 Jahren

erste Textilerzeugnisse

Überreste einfacher Webgeräte aus 4000 v. Chr. älteste erhaltenen Stoffe aus den Königsgräbern (Ägypten)

4500 v. Chr.

die Menschen stellen erste Werkzeuge aus Kupfer her

620 n. Chr.

geheime Entwicklung des chinesischen Porzellans

600 bis 1500 n. Chr.

Frankreich, Italien, die Niederlande und Deutschland sind die wichtigsten Textilerzeuger

1180

Erster Einsatz von Glasfenster in englischen Privathäusern

Vor 2000 Jahren

römischer Leichtbeton unter Mithilfe von Asche

Um 800 v. Chr.

Materialgeschichte

Beginn der Eisenzeit in Europa

8000 v. Chr. erste Metallfunde


19. Jahrhundert erste Fertigteile aus Beton

1884

erste Kunstfaser

19. Jahrhundert

der Einsatz von Gusseisen für tragende Teile in Gebäuden beginnt (Stahlkonstruktion→ Eiffelturm) Entdeckung neuer Metallarten und bedingt durch Industrialisierung wachsender Einsatz

1823

Goodyear entdeckt die Vereinigung von Kautschuk mit Hilfe von Schwefel

20. Jahrhundert

wird das Periodensystem durch Forschungen ergänzt und die Lücken werden geschlossen

1907

erstes wirklich synthetisches Plastikmaterial, Bakelit

1862

erstes halbsynthetisches Kunststoffmaterial, Nitrozellulose

1869

eröffneten die Gebrüder Hyatt die erste Fabrik zur Herstellung von Celluloid, einem Biokunststoff

1804 erstes Betonrohr in Frankreich

ab 19. Jahrhundert

maschinelle Glasproduktion

1921

erste Spritzgussmaschine wurde entworfen, kurz darauf Übergang in die Massenproduktion



Metall Metall – ein Blick um sich herum verrät: Es ist allgegenwärtig. Angefangen bei Kabeln, Fahrrädern, Getränkedosen, Gerüsten über Werkzeuge bis hin zum bekannten Maschendrahtzaun – sie begegnen uns einfach überall. Ein guter Grund, sich näher mit dem Material auseinanderzusetzten. Metalle und ihre intermetallischen Verbindungen, sogenannte Legierungen, verfügen über eine gute Leitfähigkeit für Strom und Wärme, sie sind fest und dennoch biegsam und zeichnen sich durch den charakteristischen Metallglanz aus. Diese Eigenschaften verhelfen uns dazu, das Material in diversen Bereichen des Alltags zu nutzen.


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Herstellung

Die Gewinnung von Metallen kann auf sehr unterschiedliche Weise stattfinden. Im Folgenden werden zwei Wege zur Herstellung kurz und knapp beschrieben.

Zwei Wege zur Metallhestellung

Legierungen und neue Eigenschaften

Eine Methode ist im Hochofen (1) Metall durch Erhitzen von Erz (2) aus dem Gemenge zu trennen. Im Ofen werden Schicht für Schicht Koks und Erz mit einigen Zusatzstoffen abwechselnd gelagert und anschließend erhitzt. Nach einigen Reaktionsschritten trennen sich letztendlich die Schlacke und das zunächst noch flüssige Metall. Dieses Rohmaterial, wie es in Abbindung (3) am Beispiel von Eisen zu sehen ist, kann dann weiterverarbeitet werden. Eine andere Methode, Metall in reiner, elementarer Form zu gewinnen, kann durch eine Elektrolyse erfolgen. Dies bedeutet, dass eine chemische Reaktion unter Einfluss von Elektrizität stattfindet. Reagiert ein Metalloxid mit Kohlenstoff, Kohlenstoffmonoxid oder einem Metall, so entsteht ein neuer Stoff.

Durch Schmelzen von reinen Metallen können und durch das Beimischen von bestimmten Substanzen Legierungen entstehen, die die verschiedensten Eigenschaften aufweisen können. Besser verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel von Stahl: Durch die Legierung mit einem unterschiedlichen Anteil an Kohlenstoff verändert dessen Eigenschaft. Er kann hart und spröde, aber auch weich und flexibel sein. Allgemein gilt hier die Regel: Je höher der Kohlenstoffanteil, desto spröder ist der Stahl.

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Variationen

Mit etwa 80% aller chemischen Elemente bilden Metalle mit Abstand die größte Gruppe im Periodensystem. Allgemein lassen sich Metalle in Eisenmetalle und Nichteisenmetalle differenzieren. Letztere sind Edelmetalle, Leichtmetalle und Metalllegierungen.

Metalle, die seit Neuem zum Einsatz kommen In den letzten zwei Jahrzehnten wurden etwa 50 neue Metalle eingesetzt. Viele von ihnen kommen nur in geringen Mengen in der Erdkruste vor. Die meisten von ihnen sind sogenannte „Kuppelprodukte“, die unter anderem mittels der Zurückgewinnung von Rohstoffen aus nicht mehr benutzten Geräten entstehen. Metalle dieser Art gewinnen aufgrund der stetig anwachsenden Produktvielfalt zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel hierfür sind „Seltene Erden“ (4). 17 Metalle umfasst diese Gruppe und oftmals werden sie in der Herstellung von Elektroprodukten eingesetzt. Ein Anstieg der industriellen Nachfrage ist auch beim nicht häufig vorkommenden Element Tantal (5) und dem Roherz Coltan (6) seit dem Jahr 2000 zu verzeichnen. Tantal zählt zu einem der temperaturbeständigsten Metalle überhaupt, ist chemisch sehr stabil und wenig von Korrosion gefährdet. Heute ist es ein in der Industriebranche meistgefragtes Metall und lässt sich in fast allen Elektrogeräten wiederfinden.

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Verarbeitung von Metallen In der Metallverarbeitung sind unterschiedlichste Bearbeitungsformen von Metall möglich. Man unterscheidet die Metallverarbeitung grundsätzlich in drei Gruppen. Zum einen die spanabhebenden Verfahren wie Bohren, Gewindeschneiden, Drehen, Fräsen, Schleifen, Stanzen, Ätzen und Sägen. Als zweites die nicht spanabhebenden Verfahren wie Biegen, Ziehen, Walzen, Schmieden und Gießen oder den Spritzguss. Zuletzt gibt es noch die verbindenden Verfahren wie Schweißen, Löten und Kleben.

Kleben Dass durch Kleben eine feste Verbindung von Metallteilen möglich ist, klingt ungewöhnlich, ist aber mittlerweile ein oft eingesetztes Verfahren in der Industrie. Denn auch wenn Klebstoffen oft nicht viel zugetraut wird, sind mittlerweile nahezu alle Materialien durch den richtigen modernen Klebstoff hochfest miteinander verbindbar. In der Automobilindustrie ermöglichen exakte Kleberoboter das zielgerechte Aufbringen des Klebers in vorgegebenen Bahnen, durch die nach der Austrocknung eine robuste Verbindung entsteht. Ein gutes Beispiel der Belastbarkeit zeigt sich bei einem Test, den die Firma Uhu durchgeführt hat, bei der eine solche Klebeverbindung ein Stahlseil und einen Haken zusammenhielt und über Stunden mit einem Gewicht von über zwei Tonnen belastet wurde und nicht nachgegeben hat.


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Waterjet Cutting

Rapid Prototyping

Ein weiteres sehr modernes Verfahren in der Metallverarbeitung ist die Wasserstrahlschneidemaschine, besser bekannt unter der englischen Bezeichnung Waterjet. Dabei wird durch einen bis zu 4000 bar starken Wasserstrahl das Material getrennt. Zusätzlich kann durch Zumischen v o n S c h n e i d m i t t e l n w i e G ra p h i t die Scheidleistung erhöht werden. Mit dem Waterjet sind sehr präzise Schnitte fast jeglicher Materialien möglich, zudem kann die Maschine sogar im dreidimensionalen Bereich arbeiten und extrem komplizierte Formen schneiden, die per Hand unmöglich oder zu zeitaufwändig wären (1).

Zudem ermöglichen neue Verfahren beim Rapid Prototyping, dass in 3D-Druckern CAD-Modelle sofort in Werkstücke umgesetzt werden können. Beim Laserauftragsschweißen beispielsweise wird Metallpulver direkt zu einem Modell umgeschmolzen. Nach der Erstarrung bildet es die neue Materialschicht. Anschließend wird die Grundplatte um eine Schichtdicke abgesenkt und erneut Pulver aufgetragen. Dieser Zyklus wird solange wiederholt, bis alle Schichten aufgeschmolzen sind. Dadurch entsteht nach und nach aus dem am Computer erstellten CADModell das Bauteil. Als Wärmequelle dient ein starker Laser (2).

Laserschneiden

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Ganz ähnlich ist das Laserschneidverfahren, bei dem mittels eines Laserstrahls plattenförmiges Material wie Metallbleche geschnitten werden. Das Verfahren ermöglicht ebenso wie der Waterjet komplexe und auch dreidimensionale Umrisse (3), die sehr präzise ausgearbeitet werden können, sodass eine Nachbearbeitung unnötig wird. Dazu sind die Maschinen sehr schnell und flexibel, sodass auch geringe Stückzahlen möglich sind.

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Anwendung von Metall Metall wird in unterschiedlichsten Bereichen eigesetzt und begleitet uns in Elektrogeräten, Autos, Architektur, Maschinen bis hin zum Schmuck. Unsere moderne Welt wäre ohne Metalle unmöglich, denn keine andere Materialgruppe ermöglicht eine ähnlich hohe Vielseitigkeit und Festigkeit wie Metall, und ein Verzicht auf Metall würde den Fortschritt der Gesellschaft sofort zum Erliegen bringen. Metall ist ein unerlässlicher Helfer, das Brücken und andere Gebäude stützt, Strom leitet und gleichzeitig ein Gefühl von Reinheit und Kälte ausstrahlt. Dazu ist es ein sehr vielseitiger Rohstoff und durch neue Technologien können immer wieder neue Verarbeitungsmöglichkeiten erkundet werden.

Industrial Origami

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Das BMW Mille Miglia Coupé zeigt hierbei, dass durch andere Verarbeitung beim Umgang mit Metall viel Gewicht eingespart werden kann. Designer Chris Bangle spricht dabei von Industrial Origami, denn ähnlich der Kunst der japanischen Papierfalttechnik wurde der gesamte Innenraum (1) aus einem einzigen Edelstahlblech gefertigt, welches von einem Laser angeritzt und dann per Hand gefaltet wurde. In ähnlicher Weise entstand die Außenhaut (2). So sind teure Pressformen unnötig und das Gewicht kann entscheidend gesenkt werden, da die gleiche Festigkeit durch weniger Material erreicht wird. Durch die Falze wird die Struktur dabei extrem verstärkt, was auch eine Anwendung in anderen Bereichen des Designs ermöglicht.


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Seltene Metalle Zudem können einige Aufgaben nur durch Einsatz von bestimmten Metallen erfüllt werden. Diese selten vorkommenden Rohstoffe nennen sich Metalle der seltenen Erden und spielen meist wichtige Rollen in Schlüsseltechnologien. So ist das Metall Neodym sehr wichtig, damit Magneten ihre Wirkung dauerhaft behalten. Damit spielt es eine sehr wichtige Rolle beim Bau von Elektromotoren und Generatoren und hat eklatante Auswirkungen auf deren Effizienz. Dadurch spielt es eine sehr wichtige Rolle, wenn es um die Entwicklung von Windkraftanlagen (3) und Hybridfahrzeugen (4) geht. Weitere seltene Metalle sind unverzichtlich beim Bau von Batterien, Energiesparlampen und LCD und Plasmabildschirmen (5). Das zeigt unter anderem, welch wichtige Rolle diese Metalle auch bei der Reaktion auf die globale Erwärmung spielen. Dadurch erlangen sie immer weitere Wichtigkeit und steigen durch ihre Seltenheit immer weiter im Preis.

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Zukunftsvisionen Metallschaum

Memory-Metall

Metallschäume (1) sind nur ein Beispiel im Bereich der Neuentwicklungen. Metallschäume basieren in den meisten Fällen auf Aluminium und setzten sich zu circa 85% aus Luft und 15% aus Metall zusammen und werden in einem speziellen Feingussverfahren hergestellt. Die genauen Eigenschaften eines Metallschaumes werden durch die Legierungsauswahl, Geometrie, Dichte und Zellstruktur definiert. Im Vergleich zu Kunststoffschäumen weisen sie eine deutlich höhere Festigkeit auf, was den Bereich ihrer Nutzbarkeit abermals erhöht. Das Material eignet sich gut im Fahrzeugbau, da gleichzeitig ein geringes Gewicht und eine hohe Festigkeit gewährleistet werden. Im Falle eines Zusammenstoßes sind diese Schäume in der Lage, eine hohe Menge an Aufprallenergie abzufangen. Weitere Einsatzmöglichkeiten bieten Bereiche im Maschinenbau, in der Luft- und Raumfahrttechnik und in der Architektur.

Einen weiteren interessanten Bereich in Bezug auf das Thema Zukunft bilden Memory-Metalle. Der bekannteste Vertreter dieser Formgedächtnis-Legierung heißt Nitinol - eine Nickel-Titan-Legierung. Dieses spezielle Metall, das es in den unterschiedlichsten Formen gibt, z.B. Kabel, Röhren oder in Blattstärke, kann verbogen werden und springt bei Erwärmung wieder in die ursprüngliche Form zurück, was die verbogene Büroklammer in den Abbildungen (2) und (3) verdeutlicht. Wenn das Material zu heiß wird, verliert es seine Funktion. Um dies zu verhindern, kann es in heißem Wasser erhitzt werden. Im medizinischen Bereich kann es die Lebensdauer und die Funktionalität von Implantaten und Instrumenten positiv beeinflussen.

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"Plopp"- ein außergewöhnlicher Hocker

"Memonry"- ein Stuhl mit Gedächtnis

Der polnische Designer Oskar Zieta hat für die dänische Möbelfirma HAY einen Hocker namens „Plopp“(4),(5) entworfen. Für dieses Möbelstück wurde ein vollkommen unbekanntes Herstellungsverfahren eingeführt. Zunächst werden die federleichten Stahl-Hocker in der Zweidimensionalen aus einer flachen Vorder- und Rückseite an der Außenkontur zusammengeschweißt und anschließend wie ein Luftballon aufgeblasen. WJe nachdem, wie schnell sich die Luft in der metallenen Hülle ausbreitet, entsteht eine leicht unregelmäßige und individuelle Oberfläche, sodass jeder Konsument seinen ganz persönlichen „Plopp“ erwerben kann. Wer würde auf den ersten Blick darauf kommen, dass der Hocker aus Stahl angefertigt wurde?

Ein weiteres ungewöhnliches Sitzmöbel (6) hat der japanische Designer Tokujin Yoshika für den Hersteller Moroso entworfen. Dieser besteht aus einem Aluminium-Baumwolltextil, einem Material, welches formveränderbar ist. Durch den Aluminiumanteil behält der Stuhl die einmal hin geknautschte Form bei und unterscheidet sich dadurch von vielen statischen Stühlen, die die Bewegungsfreiheit ziemlich einschränken können. „Memory“ bietet hingegen eine unbegrenzte Vielfalt an Formen und besticht durch seine Leichtigkeit.

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Natürliche Materialien Als natürliche Materialen werden alle Stoffe, die aus Pflanzen, Tieren oder dem Boden gewonnen werden, bezeichnet. Sie sind die ersten vom Menschen genutzten Materialien und gewinnen heutzutage immer stärker an Bedeutung in Design und Architektur. Im folgenden Kapitel sollen vor allem die Materialien Holz und Biokunststoff genauer vorgestellt werden. Im Fokus liegen dabei hauptsächlich neue und innovative Materialien und Verarbeitungstechniken, die verdeutlichen, welches Potenzial in der Weiterentwicklung von natürlichen Materialien liegt.


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Holz Holz ist das bekannteste und am meisten verarbeitete organische Material. Schon seit der Altsteinzeit wird der natürliche Rohstoff vom Menschen als Brenn- und Baumaterial genutzt und die Verarbeitungstechniken und Anwendungsbereiche wurden seitdem konstant weiterentwickelt. Die heutige Tendenz geht dahin, dass man versucht, den natürlichen Rohstoff fortwährend besser zu nutzen und auch Abfallprodukte zu verarbeiten. Neben dem schonenden Umgang mit der Ressource steht auch die Weiterentwicklung von Verarbeitungstechniken im Vordergrund. So ermöglichen neue Verfahren oft einen ganz neuen Umgang mit dem Material und bilden die Grundlage für Innovationen in Architektur und Design.

Bambus Bambus wächst ca. 30% schneller als jede andere Art von Baum (1) und ist daher über zweieinhalb Mal günstiger als Holz. Trotz seiner extremen Stabilität ist Bambus sehr leicht und flexibel und lässt sich in den verschiedensten Formen verarbeiten. Die ganzen Bambusstangen können im Gerüstbau (2) und in der Architektur verwendet werden. Besonders für erdbebensichere Bauten ist Bambus dank seiner Flexibilität gut geeignet. Geflochtener Bambus kann für die verschiedensten Produkte wie Körbe und Möbel genutzt werden und aus den zersägten Stämmen werden Bodenbeläge (3) hergestellt, die eine gute Alternative zu gewöhnlichen Holzfußböden darstellen. Betrachtet man die außergewöhnlichen Eigenschaften dieses natürlichen Materials und die Möglichkeiten, die es bietet, ist es erstaunlich, dass Bambus nicht viel mehr Beachtung in der Designwelt findet.

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Bessere Nutzung

Holzschweißen

Obwohl Holz ein nachwachsender Rohstoff ist, müssen wir ihn als kostbare Ressource betrachten und das Material möglichst effizient nutzen. Ein vorbildliches Beispiel dafür ist das „One-TreeProjekt“, das 1998 in Tasmanien ins Leben gerufen wurde. Bei dem Projekt steht die optimale Nutzung des Baumes im Vordergrund, bei der nicht nur das qualitativ hochwertige Holz verwendet wird, sondern auch Blätter, Rinde und Späne. So können aus einem einzigen Baum Möbel, Kleidung, Papier, Brennstoff und andere Produkte entstehen und kein wertvolles Material geht verloren. Eine andere Möglichkeit zur Optimierung der Materialnutzung ist die Verwendung von Furnierstreifenholz (4). Hierbei wird der gesamte Stamm in feine Streifen gesägt, die dann wieder neu zu Balken verleimt und gehärtet werden. Der Vorteil bei dieser Methode ist der, dass sowohl das harte Holz aus dem Kern des Stammes, als auch das weiche Material aus den Randbereichen verwendet werden kann. Die entstandenen Furnierstreifenbalken sind gleichmäßig hart und belastbar und somit auch als tragende Elemente in der Architektur anwendbar.

Holzschweißen ist eine innovative Möglichkeit, Holzteile miteinander zu verbinden, bei der kein Klebstoff benö­ tigt wird. Bei dem Verfahren werden zwei Holzplatten unter hohem Druck und Hitze zusammengepresst, wodurch die Fasern des Holzes schmelzen und sich neu ineinander verwickeln. Das Schweißen von Holz ist im Gegen­ satz zum Verkleben umweltfreundlicher, schneller und auf Dauer günstiger.

Holzschaum Holzschaum wird als Kernmaterial für Verbundplatten benutzt und ist eine gute Möglichkeit, Abfallprodukte der Holzindustrie zu verwerten. Der Schaum wird aus einem Gemisch aus Sägemehl, Wasser und Stärke hergestellt, das zu­n ächst aufquillt und dann unter Hitze gehärtet wird. Das Material weist eine hohe Festigkeit und ein geringes Ge­wicht auf, ist leicht zu bearbeiten und wirkt dämmend. Zudem lässt es sich durch Hinzufügen von Wasser wieder in seine einzelnen Bestandteile auflösen und kann somit erneut wiederverwertet werden.

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Formholz

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Formholz wird als Überbegriff für verschiedene Verfahren verwendet, bei denen Holz unter der Verwendung von Wasserdampf dreidimensional verformt wird. Michael Thonet war der Erste, der mit dem Biegen von Holz experimentierte und das Material sparende Bugholz-Verfahren entwickelte, bei dem Vollholz unter Wasserdampf gebogen wird (1). Eine andere Art von formbarem Holz ist das Formsperrholz, das aus mehreren kreuzweise übereinander geleimten Furnierlagen besteht. Diese Anordnung der Faserrichtung ermöglicht eine hohe Festigkeit von Flächen und verringert das Ausdehnen und Schwinden des Holzes. Sind die einzelnen Furnierlagen in gleicher Faserrichtung aufeinander gelegt, spricht man von Formschichtholz, das eine deutlich höhere Zugfestigkeit als Formsperrholz aufweist. 1931 brachte die Firma Thonet einen Freischwinger von Mart Stam auf den Markt, dessen Rücklehne und Sitzschale aus dreidimensional verformten Formsperrholz bestanden. Kurze Zeit später entdeckte der finnische Designer Alvar Aalto die Eigenschaften von Formholz für sich und entwarf den Sessel „Piamio“. Andere bekannte Beispiele für die Verwendung von Formholz im Möbeldesign sind die „Plywood-Group“

von Charles und Ray Eames (3) und der „Ameisen“-Stuhl von Arne Jacobsen (4). Die Weiterentwicklung von Formholzverfahren ist auch heute noch ein wichtiges Thema in der Wissenschaft und im Design. So entwickelte die Technische Universität Dresden ein Verfahren, bei dem aus Holzfasern und Späne unter Druck, Wärme und Feuchtigkeit verdichtetes und extrem stabiles Formholz entsteht, das sogar für die Fertigung von Leitungsrohren eingesetzt werden kann. Die Firma Bendywood entwickelte ein Verfahren, bei dem das Holz so behandelt wird, dass es dauerhaft biegbar bleibt.


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Kunststoffholz Kunststoffholz (2) ist ein Verbundstoff, der aus Polymerharz und Holzmehl besteht und somit die Eigenschaften des natürlichen Materials und des Kunststoffes in sich vereint. Das Material lässt sich wie Kunststoff in der Massenproduktion herstellen und ist witterungsbeständig und feuerhemmend, lässt sich jedoch einfach wie Holz bearbeiten und bietet eine gute Verwendungsmöglichkeit für das Abfallprodukt Holzmehl.

Furnierstuhl „Laleggera“ von Ricardo Blumer (5) scheint so lange ein gewöhnlicher Holzstuhl zu sein, bis ihn sein unglaublich geringes Gewicht verrät. Das Möbelstück wiegt knapp über 2 kg und hat nur eine dünne Haut aus Holz. Den Kern des Stuhls bildet ein Polyurethanschaum, der in die Holzhülle hineingespritzt wurde. Somit vereint es die praktischen Eigenschaften eines Kunststoffstuhls mit der Optik eines Holzmöbelstücks.

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Bioplastik Biokunststoffe waren die frühesten Massenkunststoffe, die industriell hergestellt wurden. Bereits im Jahr 1869 eröffneten die Gebrüder Hyatt die erste Fabrik zur Herstellung von Celluloid, einem thermoplastischen Kunststoff auf der Basis von Cellulose. John Wesley Hyatt erfand das Celluloid im Rahmen eines Preisausschreibens, bei dem eine preiswerte Alternative für das in Billardkugeln verwendete Elfenbein gefunden werden sollte. Biokunststoffe gelten als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen. Mögliche Ausgangsstoffe sind stärkehaltige Pflanzen wie z.B. Mais oder Zuckerrüben sowie Hölzer, aus denen Cellulose gewonnen werden kann. Biokunststoffe definieren sich als kunststoffanaloge Werkstoffe, die vollständig oder zu überwiegenden Anteilen aus Biopolymeren erzeugt und unter Anwendung der für Kunststoffe üblichen Verfahren modifiziert werden. Sie bestehen aus Naturrohstoffen und sind biologisch abbaubar.

Ist Bioplastik nachhaltig? Zwar ist es möglich, im Gegensatz zu fossilen Rohstoffen, eine nachhaltige Nutzung von Bioplastik anzustreben, allerdings haben die verwendeten Kulturpflanzen einen hohen Flächenbedarf. Außerdem verdrängen die nachwachsenden Rohstoffe andere Pflanzen und verschärfen bei einer zunehmenden Weltbevölkerungszahl die Konkurrenz-situation zwischen der Verfügbarkeit des Bodens für Pflanzen zur Herstellung von Bioplastics und zur Nahrungsmittelproduktion.

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Werden Bioplastics in der Wofür wird Bioplastik verPraxis tatsächlich biolo- wendet? gisch abgebaut? In der Praxis gibt es bisher keinen eigenen Entsorgungsweg für biologisch abbaubare Kunststoffe. Ihre Kompostierbarkeit in großtechnischen Kompostieranlagen ist nicht gewährleistet. Viele Entsorgungsunternehmen lehnen auch die Entsorgung über die Biotonne ab, da biologisch abbaubare Verpackungen zu lange für die Verrottung benötigen. Genauso wenig ist der Biokunststoff in dem Plastikmüll erwünscht, weil er dort das normale Kunststoffrecycling stört. Somit landet er zumeist in der Verbrennungsanlage, solange noch kein eigener Entsorgungsweg für dieses Material aufgebaut ist. Durch die Verbrennung kann der Stoffkreislauf nicht geschlossen werden und Nährstoffe gehen verloren.

Durch seine mit künstlich erzeugtem Plastik vergleichbaren Materialeigenschaften hat Bioplastik mittlerweile ein hohes Anwendungsspektrum. Es wird dennoch wegen zu hohen Rohstoffpreisen nur selten als Material von der Industrie verwendet. Allerdings ist im Zuge des Öko-Trends zu beobachten, dass neben vielen Verpackungen auch Prestigeobjekte, wie Handys und Autoinnenausstattungen mit dem neuentdeckten Material gestaltet werden. Ein Material mit Defiziten, aber auch einer vielversprechenden Zukunft, als ein Ersatz für das uns stetig umgebende Plastik aus Erdöl.

Bioplastik selbstgemacht Zutaten: - 700 ml Leitungswasser - 150 ml Maisstärke - 100 ml Tafelessig - 50 ml Glyzerin - 1 Tütchen á 9 gr Gelatine - Lebensmittelfarbe Werkzeuge: - Topf, Schneebesen,Löffel, große Unterlage Alles zusammen in einem Topf unter Rühren erhitzen, bis es eine zähe masse ergibt. Anschließend als dünne Fläche ausbreiten oder in eine Form geben und warten bis es ausgehärtet ist.


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Kork

Grüne Wand

Es ist der natürlich nachwachsende Rohstoff Kork, welcher aus der Rinde der Korkeiche gewonnen wird. Dazu wird der Baum geschält und kann anschließend eine neue Rinde bilden. Ein Nachteil ergibt sich dabei aus dem langsamen Nachwachsen der Rinde, welches nur ca. alle neun Jahre eine Ernte ermöglicht. Um den Rohstoff zu einem industriell nutzbaren Material zu verarbeiten, werden diesem zu seinen natürlichen Harzen noch weitere Bindemittel hinzugefügt. Der Designer Ryan Frank hat mit einer Kollektion aus Korktaschen für iPod oder Laptop (1) dieses leichte und weiche Material genutzt. Dabei fällt für die Produktion sehr wenig Abfall an und das Material kann recycelt werden.

Pflanzen filtern die Luft, wandeln Kohlendioxid mittels Fotosynthese in frischen Sauerstoff um und regulieren die Luftfeuchtigkeit. Nutzt man diese als integrierte Bestandteile des Raumkonzepts, sorgen sie für ein angenehmes Raumklima. Dieses nutzt das Kultursystem Grüne Wand (3). Es ist endlos zu verarbeiten und besteht, neben den individuellen Pflanzen, aus einem sterilen Phenolharzschaum und einem Trägermaterial aus Edelstahl oder extrudiertem Hartschaum. Die Pflanzen erhöhen auf natürliche Weise die Luftfeuchtigkeit, indem Wasser vollständig von flüssig in gasförmig umgewandelt wird. Die Raumtemperatur kann so gesenkt werden und den Energieverbrauch verringern. Das mehrfach ausgezeichnete Konzept bietet neben den hervorragenden technischen Funktionen auch Eigenschaften, die durch ihre sinnlichästhetische Attraktivität zum psychischen Wohlbefinden der Menschen beitragen. So kann z.B. die Leistungsfähigkeit und Gesundheit von Mitarbeiten in Bürokomplexen wesentlich gesteigert werden.

Barktex 1

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Das aus Ostafrika stammende Material hat eine lange Tradition und wird seit 1999 von der Firma Bark Cloth mit dem Namen Barktex (2) in Zusammenarbeit mit den Biobauern in Uganda für die industrielle Nutzung produziert. Der weiche aber durch seine langen Fasern sehr robuste Stoff hat ein großes Anwendungsspektrum. Ausgerüstet mit zusätzlichen Eigenschaften wie Feuerund Wasserfestigkeit wurde das Material neu entdeckt und findet nun bereits Verwendung in der Bekleidung, sowie in der Produkt-und Raumgestaltung.


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Softseating

Kokoshocker

Das aus Kraftpapier bestehende Softseating(4) kann zur Honigwabenstruktur aufgefächert werden, wodurch es eine hohe Stabilität erhält. Einzelne Elemente lassen sich durch Magnete mit anderen oder sich selbst zu langen Bänken oder zylindrischen Sitzgelegenheiten, sowie Tischen verbinden. Das genutzte Material ist ungeblichenes Papier, welches sehr steif und robust ist. Es ist zu 100% recycelbar und enthält einen Anteil von 50% recycelten Fasern. Nach einiger Nutzungsdauer nimmt die Oberflächenstruktur der Papierkanten über längere Zeiträume eine angenehme, nachgiebigere und natürliche Patina an. Weiterhin besitzen Kraftpapier-Elemente flammenhemmende Eigenschaften, die es ermöglichen, das Material auch in anderen raumgestaltenden Elementen, wie Raumtrennern und Lampen anzuwenden.

Die Verbindung von natürlichen Materialien mit ökologischem Harz ermöglicht die Herstellung eines extrem stabilen Materials, welches freie Möglichkeiten der Formgebung bietet. CLAU (5) ist ein Hocker aus solch einem Gemisch mit Kokosnussschale als Hauptbestandteil. Er wurde im Rahmen eines Projektes der Muthesius Studentin Rebecca María Loaíza entwickelt. Der Schaukelhocker besteht aus ca. 7.8 Kilo geschredderter Kokossnussschale, sowie Kokosnussfasern und ca. 3.5 Kilo Harz, welches in Form gegossen wird. Der Füllstoff verleiht dem Hocker eine natürlich anmutende Oberfläche. Die aus den tropischen Ländern stammenden Schalen der Kokosnuss stehen dort als Abfallprodukt reichlich zur Verfügung.

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Kunststoff In dem heutigen Zeitalter sind Kunststoffe kaum noch wegzudenken aus unserer Umgebung. Er erleichtert uns nicht nur den Transport von Lebensmitteln, sondern begleitet uns überall. Ob im Auto, unter der Dusche oder beim Sport, Kunststoff hat viele Gestalten. Der Begriff Kunststoff ist ein sehr weitläufiger Begriff. Darunter fallen Polymere, Lacke, Kunstharze, Schäume, Biokunststoffe und viele mehr. Um das Thema etwas einzuschränken, befassen wir uns in diesem Kapitel hauptsächlich mit den Polymeren bzw. dem Plastik.


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Herstellung Spricht man von Kunststoffen im Allgemeinen, handelt es sich um organisch-chemische Werkstoffe. Sie werden durch chemische Veränderung von Naturstoffen oder aus anorganischen und organischen Rohstoffen künstlich hergestellt. Heute gilt Erdöl (1) als wichtigster Rohstofflieferant für Kohlenwasserstoffe, den Grundbausteinen der modernen Kunststoffindustrie. Aber auch in Kohle (2) und Erdgas (3) sind die wichtigen molekularen Polymerbestandteile in hochkonzentrierter Form vorhanden, die zur Herstellung von Kunststoffen notwendig sind. Komplexität, Struktur, Grad der Vernetzung und Art des Grundmoleküls haben Einfluss auf das spätere Eigenschaftsprofil des Kunststoffs.

Granulat (4) ist der wichtigste Ausgangsstoff für die Erzeugung von Kunststoff. Um dieses herzustellen, werden niedermolekulare MoleküleMonomere genannt - zur chemischen Reaktion gebracht. In Rührkessel- oder Rohrreaktoren werden die flüssigen Monomere zur Reaktion gebracht. Es entstehen die so genannten Formmassen, die zu Granulaten zerkleinert werden. Man unterscheidet drei Reaktionsarten: Polymerisation, Polykondensation und Polyaddition.

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Polymerisation

Polyaddition

Zur Polymerisation werden die Doppelbindungen eines Monomers unter Einfluss von Katalysatoren sowie Druck und Wärme aufgebrochen und die Einzelbausteine ohne Abspaltung von Nebenprodukten aneinandergereiht. Es entstehen fadenförmige Makromoleküle ohne Vernetzung.

Charakteristisch für die Verknüpfung verschiedenartiger Molekülstrukturen bei der Polyaddition ist die Umlagerung von Wasserstoffatomen. Es können sowohl weit- als auch engmaschige Strukturen entstehen. Bei der Reaktion werden keine Nebenprodukte gebildet. Durch Polyaddition entstehen beispielsweise Epoxidharze und Polyurethan.

Polykondensation Die Polykondensation ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem reaktionsfähige Gruppen unterschiedlicher Grundmonomere eine Verbindung miteinander eingehen. Der Vorgang kann an unterschiedlichen Stellen unterbrochen werden, was die Gewinnung von Zwischenprodukten möglich macht. Am Ende der Polykondensation sind die Molekularstrukturen engmaschig vernetzt. Sie lassen sich auch durch Zuführung von Wärme nicht oder nur wenig aufweichen. Viele Duroplaste gehen auf eine Polykondensation zurück. Aber auch Thermoplaste, wie das Polyester PET oder Polyamid, werden durch diese Bindungsreaktion erzeugt.

Aus diesen drei Reaktionsarten entstehen nun Variationen von Plastik, die man in 3 verschiedenen Hauptgruppen unterscheidet.

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Variationen Die unterschiedlichen Charakteristika der Kunststoffe sind auf den Grad der Vernetzung der Makromolekülstrukturen zurückzuführen. Man unterscheidet Duroplaste, Elastomere und Thermoplaste.

Duroplaste (1) sind hart und besitzen eine sehr engmaschige und verzweigte Molekülstruktur. Die Aushärtung erfolgt während der Formgebung. Danach ist durch Erwärmung keine Verformbarkeit mehr möglich. Elastomere (2) haben eine weitmaschige Molekülstruktur, wodurch eine gewisse Elastizität gegeben ist. Auch die Elastomere können nach der Formgebung nicht mehr durch Erwärmen verformt werden.

Thermoplaste (3) besitzen je nach Festigkeitsgrad eine lineare oder verzweigte Molekülstruktur. Sie sind bei Normaltemperaturen biegsam. Bei ca. 120 - 180°C werden die Thermoplaste zu einer pastösen / flüssigen Masse. Die unterschiedlichen Massen werden zu Granulat zerkleinert und können nun zu Lichtschaltern, Autoreifen oder Plastikbeuteln verarbeitet werden. Doch welche Verfahren gibt es?

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Verarbeitung Die Granulate können mit Hilfe des Extruders (4) zu Folien, Tafeln, Stäben, Blöcken, Rohren und Profilen überführt werden. In ihm wird das Granulat geschmolzen und homogen verteilt. Die Extruderschnecke knetet die Kunststoffmasse durch und sorgt für einen konstanten Druckaufbau. Die gewünschte Form erhält der Kunststoff über die innere Geometrie der Düse. Tafeln, Stäbe, Rohre und Profile entstehen auf diese Weise. Folien und Blöcke werden in aller Regel gegossen. Formteile erhalten ihre Geometrie im Spritzgießverfahren. Hier werden thermoplastische Kunststoffe durch Erhitzen verflüssigt und in eine Werkzeugform gespritzt. Beim Rotationsgießen und Blasformen (5) entstehen großvolumige Bauteile wie z.B. Tanks oder PETFlaschen. Duroplastische Kunststoffe, die als Festkörper vorliegen, werden pressgeformt. Das Material wird in eine Form gebracht und unter Wärme gepresst. Dabei vernetzt das Duroplast und härtet aus. Ähnliches ist auch für Elastomere möglich.

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Anwendungen

Kunststoffe und die zwei Seiten der Medaille Die Kunststoffindustrie ist mit ihren immer wieder innovativen Produkten ein entscheidender Problemlöser in vielen Bereichen. Kunststoffprodukte machen unser Leben einfacher, sicherer, bunter, umweltverträglicher. Kunststoff isoliert Häuser gegen Hitze und Kälte und spart so wertvolle Energie. Er verpackt Nahrungsmittel und schützt sie vor dem Verderben. Medizinprodukte aus Kunststoff retten Leben. Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Kunststoffe. Durch die leichte Verarbeitbarkeit und die niedrige Dichte, sprich das geringe Gewicht, plus das gute Preis-/Leistungsverhältnis, können diese dann jeweils für eine ganz bestimmte Anwendung und auf spezifische Anforderungen maßgeschneidert werden.

Pro

Kunststoffe im ­medizinischen Bereich Die Intensiv- und Notfallmedizin stellt besonders hohe Anforderungen an medizinische Produkte. Die Bedeutung der Polymerwerkstoffe steht in diesem Bereich im Mittelpunkt. Ein großes Thema sind die Verbandstoffe. Heute gibt es Verbandstoffe, die einem Patienten ungeheure Vorteile verschaffen. Bei der Brandverletztentherapie zum Beispiel galt die Therapierbarkeit stärkeren Grades bei über zehn Prozent der Gesamthautoberfläche vor einigen Jahren als nicht mehr therapierbar. Dank heutiger Kunststoffverbände kann diesen Patienten mittlerweile ein großes Stück Lebenqualität wieder ver-

schafft werden. Früher mussten die Patienten täglich neu verbunden werden und litten unter den Nebenwirkungen. Moderne Verbände können fünf bis sieben Tage angelegt bleiben und greifen in das Wundmanagement ein, sodass die Wunden selbstständig abheilen können. Hier ergeben sich eine ganze Reihe weiterer Nebeneffekte, die die Überlebensaussichten weitaus erhöhen.


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Intelligente Kunststoffe – Helfer im OP

Tyvek

Knopfloch-Operationen sind für Patienten schonend, denn sie werden nicht an der offenen Wunde operiert. Doch für die Chirurgen ist das eine besondere Herausforderung. Sitzt der Faden im Bauchraum zu locker, kann die Wunde wieder aufbrechen; ist der Knoten zu fest, gerät die Durchblutung ins Stocken.

Tyvek®, eine Marke der Firma DuPont, ist ein papiervliesartiges Faserfunktionstextil aus thermisch verschweißten Fasern aus Polyethylen hoher Dichte (HDPE). Es verhält sich von seiner Verformbarkeit her etwa wie Papier, ist dabei aber strapazierfähiger. Tyvek verliert einerseits selbst nur sehr wenige Fasern, andererseits können durch das Vlies nahezu keine vom Körper abgeschiedenen Zellen aus dem Anzug heraustreten. So ist dieses Material für Schutzkleidung in der Reinraumtechnologie, sowie im Operationssaal und der Spurensicherung sehr gut geeignet. Auch in der Verpackungsund Bürobedarfs-Industrie, als zweite Dachhaut und zum Wetterschutz im Hausbau oder auch als regenbeständige Landkarten ist es nützlich. Es gibt noch ein ähnliches Endlos-Faser-Vlies aus Polypropylen, Typar® von dem selben Hersteller, das als Teppichrückseite und als Geotextil Anwendung findet.

Die Polymere des 36-jährigen Professors Andreas Lendlein aus dem brandenburgischen Teltow sind nicht nur, wie bereits gängige OP-Fäden, körperverträglich und biologisch abbaubar. Unter Wärmeeinfluss oder Licht verändert das Material gezielt seine Form, selbst auffällige Narben könnten der Geschichte angehören. Und der Materialforscher arbeitet bereits an der nächsten Herausforderung: Wenn Kunststoffe sich auf eine bestimmte Form programmieren lassen, dann eines Tages auch auf die kontrollierte Abgabe von Substanzen - ein intelligentes Wirkstoffdepot im Patientenkörper.


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Contra

Giftstoffe in Kunststoffen –

Die alltägliche Weichmacher-Belastung von Lebensmitteln

Fertigkost ist praktisch und preisgünstig; das kommt beim modernen Verbraucher gut an. In riesigen Produktionsfabriken werden die Lebensmittel durch Schläuche gepresst und in Kunststofftanks gelagert. In Folien und Plastikschälchen kommen die Produkte dann in den Handel. In der Vergangenheit haben Wissenschaftler immer wieder Stoffe entdeckt, die aus den Kunststoffen ins Essen gelangt sind. Wie gefährlich sind sie für den menschlichen Organismus? Ob abgepackter Käse, Wurst oder Joghurt – Wissenschaftler haben herausgefunden, dass aus Plastikverpackungen sogenannte Phthalate in die Lebensmittel wandern und das möglicherweise mit gesundheitlichen Folgen. Die Weichmacher sind in PVCKunststoffen enthalten, mit denen viele Lebensmittel verpackt werden. Sie werden dem Rohkunststoff in Konzentrationen bis zu 50% zugesetzt, um ihn auf Dauer flexibel und weich zu machen. Der Weichmacher ist im Kunststoff nicht fest gebunden, hauptsächlich

beruht dessen Fixierung auf Dipolwechselwirkungen (vergleichbar mit dem gegenseitigen Anziehen zweier Magnete). Da diese Bindung schwächer ist als eine Atombindung, kann der Weichmacher diffundieren und der Kunststoff wird spröde. Der am meisten verwendete Weichmacher ist das Diethylhexylphthalat, kurz DEHP. Dieser Stoff löst sich kaum in Wasser, dafür umso besser in Öl. Doch Experten haben hormonähnliche Substanzen auch im Mineralwasser nachgewiesen, was zeigt, dass Getränke aus Plastikflaschen womöglich ebenso ein gesundheitliches Risiko darstellen. In schon fast regelmäßigen Abständen werden auch Fälle von Gift im Kinderspielzeug bekannt. Auch WISO, das ZDF-Wirtschaftsmagazin, hat in einem Test giftige Stoffe in Plastikprodukten gefunden. Dabei wurden Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe in allen getesteten Badeschuhen und in einem Wasserball gemessen. Als Weichmacher bei Spielzeug eingesetzt, wird es über die Haut absorbiert. Diese Stoffe sollen derart giftig sein, dass das Ma-

gazin schon Erwachsenen empfiehlt, nicht länger als 30 Sekunden mit den verseuchten Materialien in Berührung zu kommen. Kinder reagieren zudem wesentlich empfindlicher auf diese Gifte.


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Bisphenol A Bisphenol A ist ein Grundstoff zur Herstellung des Kunststoffes Polycarbonat. Er ist in vielen Alltagsgegenständen wie Babyfläschchen, Plastikschüsseln und der Innenbeschichtung v o n Ko n s e r v e n d o s e n e n t h a l t e n . Innerhalb Deutschlands werden jährlich ca. 410.000 Tonnen vermarktet. Bisphenol A kann sich bei Kontakt mit Lebensmitteln aus dem Produkt lösen und ist dann in diesen nachweisbar. Der mittlere Gehalt an Bisphenol A im menschlichen Blut ist mittlerweile höher als die Konzentration, die bei Mäusen zu einer Beeinträchtigung der Sexualentwicklung führen kann. Bisphenol A gehört zu den hormonellen Schadstoffen.

Bisphenol A freie Trinkflasche der Firma Nalgene

„Die Menschen haben sich PET Flaschen gewünscht, sind nicht so schwer, können in allen Formen und Farben hergestellt werden… wie schön! Das haben wir von unserer „Geiz ist geil“ – Mentalität. Wer nicht bereit ist, einen Mehrpreis beim Bäcker, Metzger oder Tante Emma Laden um die Ecke zu berappen und eine immer breitere Auswahl erwartet, der braucht sich nicht zu wundern. Alternativen sind vorhanden und möglich, lediglich die Bequemlichkeit und der Luxus müssten dafür überwunden werden.“ (Verfasser unbekannt)

… wenn wir darüber nachdenken, fallen uns jede Menge Gegenstände ein, in denen lösliche Stoffe eingebunden sind, die in unseren Organismus eingreifen und dann erst zu spät erkannt werden. Wahrscheinlich wurde oft der falsche Kunststoff für etwas verwendet, sowie auch das Produkt selbst meist unzureichend oder gar lieblos und falsch konstruiert. Da ist es auch verständlich, dass das Missfallen der Kunden groß ist und die Schuld oftmals dem Material gegeben wird. Doch wenn man an Kunststoffmüll denkt der unachtsam weggeschmissen wird, so ist die Person, die damit nicht umgehen kann selbst die Schuldige, jedoch nicht das Material selber.


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Zukunft Plastik hat die Mobilität der Menschheit revolutioniert. Es kann, muss aber nicht giftig sein. Allerdings ist die künstliche Herstellung mit unerwünschten, aber auch vermeidbaren Nebenwirkungen verbunden. So verzichten viele KunststoffHersteller mittlerweile auf den krebserregenden Zusatzstoff Bisphenol A. Dies ist aber nicht unbedingt bei Billiglohnländern wie China der Fall. Der Stoff ist auch in vielen Abfüllanlagen sowie Getränkedosen enthalten. Ob und in welchen Gebrauchsgegenständen Giftstoffe enthalten sind ist weithin schleierhaft.

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Nach einem Artikel im Presse Portal des Eulenspiegel suchen Forscher nach Alternativen und umweltfreundlichem Plastik. Das Zauberwort für Umweltschutz heißt derzeit Kunststoffe ersetzen Kunststoffe: Statt drei oder vier Plastik-Teilen wird in Zukunft nur noch eines für die Verarbeitung benötigt. Die neuen Bausteine reduzieren zudem den Energieverbrauch in Elektrogeräten. (siehe OLED – weiter unten im Text) Handyhersteller werben mit Gerätehüllen aus „Bio-Plastik“. Biokunststoff wird aus Mais gewonnen (1), Kritiker halten dieses für eine Mogelpackung. Die Lebensmittel-Industrie hat es bewiesen: Wo „Bio“ drauf steht, ist noch lange nicht „Bio“ drin, es lässt sich nur besser verkaufen. Plastik baut sich nur langsam in der Natur ab. Es dauert bis zu 100 Jahren bis sich Kunststoff natürlich zersetzt. Statt die Umwelt mit Plastik zu verschmutzen, gibt es auch ein Beispiel für die

Wiederverwertung: in Honduras entstand 2005 das erste Haus aus leeren Plastikflaschen (2). Mit Sand gefüllt und im Lehm integriert dienen die Flaschen als Bausteine. Häuser mit Plastikflaschen zu errichten ist in Entwicklungsländern heute keine Seltenheit mehr. Es ist sogar ein ganzer Katamaran aus Plastikflaschen in See gestochen - ein Symbol gegen die Umweltverschmutzung der Meere durch Plastikmüll. Kunststoffe spielen, nach Ansicht von Experten, in Zukunft eine zunehmende und nachhaltige Rolle bei der Bewältigung von gesellschaftlichen Problemen. Im medizinischen Bereich ist Plastik nicht mehr wegzudenken. Es ist nur an Prothesen oder Knochenersatz zu denken. Ebenso werden Sonnenkollektoren zukünftig aus diesem Material gefertigt.


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Polytronik - elektrisch leitender Kunststoff Polytronik ist eine Wortschöpfung aus Polymer und Elektronik, der Polymerelektronik, und bedeutet soviel wie Kunststoff-Elektronik. Bestimmte Polymere können dotiert werden und haben nach der Dotierung die Eigenschaften von Leitern, Halbleitern und Nichtleitern. Diese Verfahren nutzt die Polytronik für die Herstellung von aktiven elektronischen Bauelementen, wie beispielsweise der OLED. Mit der Polytronik können also Bauelemente und Schaltungen mit elektronischen Eigenschaften aus polymeren Halbleitern hergestellt werden. Der Herstellungsprozess ist wesentlich einfacher und kostengünstiger als der von einkristallinen Halbleitern, da er mit herkömmlichen Druckmaschinen erfolgt, mit denen elektrisch leitende Kunststoffe auf Polyesterfolien oder Papierbahnen gedruckt werden. Die Basis der Polytronik sind elektrisch leitfähige Kunststoffe, bei denen der (3) EL-Schnur (4) eine Installation aus ElektrolumineszenzFolie, kurz EL-Folie (5) als Technologieträger und Future Concept macht Airjelly von der Festo Ag als Mittler zwischen Mensch und Technik Innovation und Marke emotional erfahrbar

Strom über die organisch-chemischen Moleküle des Kunststoffs fließt. Da Polymere Nichtleiter sind, müssen Ladungsträger injiziert werden damit sie elek-trischen Strom leiten. Je nach Dotierung kennt man in dieser Technologie Leiter, Halbleiter und Nichtleiter, die man in verschiedenen Strukturen und Dicken kombiniert. Zu den Einsatzgebieten der polymeren Elektronik gehören aufrollbare Flachbildschirme, flache Tastaturen, flexible Solarzellen, Sensoren und Aktoren, gedruckte Batterien und Akkus, optische Filter, Polymer-Chips, OLEDs und Bauelemente, Komponenten der Photovoltaik und der organischen Photovoltaik. Letztere, die organische Photovoltaik, ist eine der großen Zukunftstechnologien.

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Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Diese Metapher über ein zerbrechliches Material mag schon etwas in die Jahre gekommen sein. Was aber wirklich Geschichte ist, ist die Vorstellung, dass Glas nur dieses spröde Material ist, dem man nicht mehr Beachtung schenken sollte als vielleicht nötig. Glas ist nicht nur unverzichtbarer Teil einer entwickelten Gesellschaft, vielmehr ist Glas ein Allrounder. Ob nun als verschönernder Dekorateur oder Partner mit anderen Materialien, zuständig für Festigkeit, Stabilität und zumeist auch für Transparenz.Seine Vielfalt und Wandelbarkeit der Eigenschaften mit gleichbleibender Charakteristik ist heutzutage in den unterschiedlichsten Bereichen zu finden.

Glas & Keramik Glas & Keramik Keramik ist ein überraschendes Material. Bekannt zumeist bei Tassen und Vasen, reicht die Vielfalt doch um einiges weiter als gedacht. Man muss nur seine Nase über den Tellerrand strecken und schon erscheinen einem die wunderlichsten Technologien und Anwendungen, die nicht nur äußerst interessant sind sondern zugleich verblüffen.


Die wichtigsten Bestandteile von Glas sind Quarzsand, Soda und Kalk. Je nach Glasart können die Anteile variieren und durch Zusätze spezialisiert werden. Das Gemenge wird in einem Schmelzvorgang erhitzt bis es flüssig ist. Nach der Erwärmung kühlt das Gemenge auf die richtige Verarbeitungstemperatur herunter. Rohglas wird entweder mit dem Verfahren der Heißformung oder der Kaltformung verarbeitet. Zu den Heißformungsmethoden zählen: Gießen, Pressen,

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Herstellungsprozess Herstellungsprozess Die Herstellung eines keramischen Gemisches lässt sich grob umschließen: Das Rohmaterial, welches als Pulvergranulat vorliegt, wird nass oder trocken mit weniger verformbaren Stoffen gemischt, um die gewünschte Verformbarkeit des Werkstoffes zu erreichen. Fertigungstechnisch gibt es viele Möglichkeiten Keramik zu verarbeiten. Beispielhaft sollen hier einige Verfahren näher betrachtet werden. Das Trockenpressen eignet sich im Besonderen für eine Produktion mit hohen Stückzahlen. Die Stückkosten können verhältnismäßig gering gehalten werden. Beispielsweise Mineralpul-

ver wird nach Rezeptur vermischt und unter Hinzufügen von Bindemitteln zu Granulat verarbeitet. Das Granulat wird anschließend zu den Endkomponenten verdichtet, wobei keinerlei Wärme auf die Formwerkzeuge gebracht wird. Anschließend wird in einem Ofen gebrannt. Das Verfahren des Trockenpressens eignet sich besonders dann, wenn hohe Präzision erforderlich ist. Als Beispiele hierfür können Lampensockel und Industriekeramiken zur Wärmeund Stromisolierung genannt werden.

Blasen, Ziehen und Walzen. Bei Kaltformungsverfahren handelt es sich um Schleifen, Sägen, Bohren und Polieren. Ein spezielles Verfahren ist das KleinCast-Verfahren. Hierbei wird Flachglas auf feuerfeste Formen zu Glasstücken mit Texturen und Musterungen geformt. Flachglas wird je nach gewünschter Textur und Wirkung über Formen aus Keramik gelegt und erhitzt, dabei wird es auf der Form weich und nimmt deren Oberflächengestalt an.


das Press-Blas-Verfahren

das Blas-Blas-Verfahren

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Viscous Plastic Processing Viscous Plastic Processing (VPP) ist ein Verfahren zum Formen von Keramiken. Hierbei wurden Mikrostrukturfehler entfernt, da diese wichtige Materialeigenschaften verschlechtern. Die verbesserten Keramikeigenschaften ermöglichen die Fertigung von Gegenständen mit dünnen Wandstärken und geringem Gewicht, ohne die Leistungsfähigkeit des Materials zu beeinträchtigen. Gängig ist die Verwendung von herkömmlichen KunststoffFormungsverfahren, um die Produktion wirtschaftlich zu machen.


Floatglas mit Aluminium Es gibt drei Hauptgruppen von Glas, die bei vielen Anwendungen zum Einsatz kommen: KalknaWtron, Borosilit- und Bleiglas. Daneben gibt es noch Sonderformen mit außergewöhnlichen Eigenschaften.Beispielhaft sollen hier einige dieser Besonderheiten näher betrachtet werden.

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Typen Typen

wirkt wie ein Kaleidoskop. Es gehört zu den optisch interessantesten im Bereich der Glasplattenprodukte. Das wabenförmige Muster entsteht durch eine Kombination von Floatglas, Aluminium und Harz. Es weist gegenüber herkömmlichen Platten aus reinem Glas ein verbessertes Verhältnis zwischen Festigkeit und Masse auf. Zwar sieht man hindurch, erkennt aber nicht genau, was sich auf der anderen Seite befindet. So wird dieses Material häufig in Räumen verwendet, in denen gleichzeitig Lichteinfall und Sichtschutz gewünscht ist.

Bei Aluminiumoxid So unterschiedlich die Anforderungen an Werkstoffe auch sind, Keramik zeichnet sich besonders durch seinen Variantenreichtum aus und erfreut sich so in verschiedensten industriellen Prozessen größter Beliebtheit. Neben der traditionellen Verwendung als Porzellan, Ton oder Terrakotta werden auch technologisch weiterentwickelte Werkstoffe aus Oxiden, Nitriden, Boriden, Carbiden und Silikaten hergestellt. Besonders zu erwähnende Eigenschaften sind: • Ausgezeichnete Härte und ­Steifigkeit • Gute Wärmebeständigkeit aufgrund eines hohen Schmelzpunktes • Hohe Sprödigkeit

stehen Kosten, Verfügbarkeit und gute mechanische Eigenschaften in einem ausgewogenen Verhältnis. Somit ist Aluminiumoxid die meist verwendete moderne Keramik. Durch das Beimengen von Zusatzstoffen können abgestufte Reinheitsgrade und veränderte Eigenschaften erreicht werden. Es lässt sich zerspanen und die benötigte Geometrie lässt sich schon während der Produktion realisieren, sprich endkonturnah formen. Über Verfahren wie Metallisieren oder Löten kann das Material vergleichsweise einfach mit Metallen oder anderen Keramiken verbunden werden.


Holografisches Glas ist ein Verbundglas mit lebendigem Animationseffekt. Ermöglicht wird dies durch ein patentiertes Schichtsystem zwischen zwei Glasplatten. Diese Art holografischen Glases hat gegenüber anderen holografischen Dekortafeln u.a. den Vorteil, dass es transparent ist. Man sieht eine völlig durchsichtige Platte mit dekorativen, holografischen Mustern in der Oberfläche. Mit dieser engen Verknüpfung von Licht und Technologie lassen sich einzigartige Wirkungen erzielen.

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Siliciumnitrid rangiert neben Diamant und Bornitrid in den Top Drei der härtesten bekannten Materialien. Es zeichnet sich außerdem durch seine gute Verschleiß- und hohe Druckfestigkeit aus. Einsatzbereiche sind zum Beispiel: Rennräder, Skateboards oder auch Ventile in der Antriebstechnik.


Fortadur ist ein faserverstärktes Glas. Es besteht aus Siliciumcarbidfasern und Borosilikatglas. Bei der Herstellung werden Siliciumcarbidfasern mit dem Glaspulver beschichtet und anschließend mit Druck verpresst.

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Zirkoniumdioxid ist eine weitere häufig verwendete, so genannte Hightech-Keramik. Sie wird gegenüber Aluminiumoxid bevorzugt verwendet, da sie allgemein widerstandsfähiger und bruchfester ist. Aufgrund der geringen Korngröße in Pulverform entsteht nach dem Verdichten eine glatte Oberfläche.

Zirkoniumdioxidverstärktes Aluminiumoxid (ZTA) ist wesentlich fester und widerstandsfähiger als Aluminiumoxid. Feine, gleichmäßig im Aluminiumdioxid verteilte, Zirkoniumdioxidpartikel bewirken diese Umwandlungsfestigung. Die Haltbarkeit und Leistung der produzierten Komponenten wird gesteigert.


LED-Medienwände sind die transparente Alternative zu bisherigen schweren, vorgehängten Medienwänden. Hierbei wird die leichte LEDTechnik direkt in die Glasscheibe der Fassade integriert. So kann man von innen nahezu ungetrübt durch die Medienfassade blicken, während sich von außen ein hochauflösendes Gesamtbild ergibt. Filme, Präsentationen und künstlerische Darstellungen jeder Art können eingeblendet werden.

Applikation Applikation Da die Einsatzmöglichkeiten für Keramik so vielfältig sind, sollen hier nur Beispiele aufgezeigt werden. Der Begriff Keramik löst in der Regel Vorstellungen von Küchenutensilien und sanitären Einrichtungen aus. Doch die Verwendung findet man darüber hinaus in allen Lebensbereichen.

Keramik-Schneidewerkzeuge werden in einem Verfahren von mehreren Einzelschritten hergestellt. Grob umrissen werden folgende Schritte durchgeführt: Der Rohling wird durch Zuhilfenahme von Bindemitteln in einem Pressverfahren aus Keramikpulver geformt. Die Form wird gebrannt, geschliffen und zusammengesetzt (Griff und Klinge). Die Sprödigkeit der Keramik birgt hier jedoch auch Nachteile, so ist ein Keramikmesser nicht auf das Schneiden von Knochen oder für Hebelbewegungen ausgelegt.

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In Kleidung eingesetzte Glaskügelchen sind die gleichen, welche bei Fahrbahnmarkierungen eingesetzt werden und reflektieren somit auftreffendes Licht gleicher­maßen. Großflächig eingearbeitete Glasperlen lassen den Träger der Kleidung, laut der Firma Samsonite, wie eine dreidimensionale Glühbirne leuchten.

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Bei der Energietransfer/ Sicherheitsweste auch Kevlar-Weste genannt, kommt Keramik aufgrund ihrer guten Druckkraftbeständigkeit zum Einsatz. Ein Geschoss versucht die Schutzweste zu verbiegen, aber die Kräfte gehen den leichteren Weg der Zugkraft und die Platte zerspringt. Durch die Kevlarfasern wird die Keramik zusammengehalten.


Möbel lassen sich über bestimmte Verfahren vollständig aus einem Stück Glas fertigen. Zum Beispiel ein Stuhl lässt sich durch Wasserschnittverfahren, Formen und Erhitzen herstellen. Einer zuvor flachen Glasplatte wird durch Erhitzen und Entspannen eine neue Gestalt gegeben. Beim Erhitzen schmiegt sich das weich werdende Glas an eine darunterliegende Form an und übernimmt dessen Gestalt während des Erkaltens.

49 In der Textilindustrie wird ein Garn aus Polyester und Keramik verwendet, das wärmereflektierende Eigenschaften aufweist. Es kann damit Kleidung hergestellt werden, die gleichsam Sonnenstrahlung reflektiert und den Körper gut atmen lässt.

Im Interiorbereich gibt es schon zahlreiche Prototypen aus Porzellan für Möbel und Lampen. Als Beispiele seien hier der Porzellanhocker von Hella Jongerius für die Firma Rosenthal oder auch die Schreibtischlampe "Lampalumina" aus Aluminiumoxid von den Bouroullec-Brüdern.


Die Entwicklung neuer Gläser mit Eigenschaften, die alle vorstellbaren Anforderungen erfüllen, wird normalerweise durch wirtschaftliche Überlegungen begrenzt, jedoch zeigt die Bandbreite der Entwicklungen, dass trotzdem vieles möglich ist.

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Zukunft Zukunft

Displayglas ein von der Firma Schott produziertes Glas gilt, mit 0,03 mm, als das dünnste Glas der Welt. Dieses papierdicke Glas ist so dünn, dass es sich wie Kunststofffolie biegen lässt. Das Displayglas ist ein gutes Beispiel dafür, dass die zunehmende Miniaturisierung von tragbaren elektronischen Produkten nach ultradünnem Borosilicatglas verlangt, das lichtdurchlässiger und kratzfester als alternative Polymerprodukte sein muss. Diese Glasart überrascht besonders aufgrund ihrer Biegsamkeit, lässt sich zu gekrümmten Bildschirmen formen und wird häufig für Touchscreen-Anzeigeflächen verwendet.

Mit Kunststoff-Keramik lassen sich raffinierte und komplexe Geometrien herstellen. Jedoch besteht der große Vorteil dieser Materialien darin, dass nach dem Formen nicht mehr gebrannt werden muss. Dies spart Energie und Zeit. Physikalisch ähnelt Kunststoff-Keramik Stein, es weist eine ähnliche Dichte auf und erzeugt beim Aufschlagen auf Metall einen dumpfen Klang. Es lassen sich dünnen Wandteile formen, die im Anschluss Metallteilen exakt angefügt werden können. So ist die Herstellung hochwertiger Oberflächen möglich, die im Regelfall nicht nachgearbeitet werden müssen.


Bioglas erfreut sich aufgrund der schnellen Entwicklung von Werkstoffen für die Medizin großer Beliebtheit. Bioglas ist nicht nur eine künstliche, kosmetische und von außen wirkende Substanz, sondern auch ein Werkstoff, der im Inneren des Körpers heilende Funktionen übernimmt und neues Gewebe sowie neue Knochen aufbaut. Bioglas wirkt wie ein Düngemittel, indem es bei Kontakt mit Körperflüssigkeiten den Molekülaustausch und dadurch die Bildung einer chemischen Substanz fördert, die sich physisch mit Gewebe und Knochen verbinden kann.

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Keramikpapier ist ein sehr dünnes, flammhemm-endes Gewebe. Es ist lichtdurchlässig und wird zwischen einzelnen Fasern nur durch kleine Verbindungsstellen gehalten. Flammen können das Gewebe nicht durchdringen. Das Material kann zwischen Lagen anderer Werkstoffe als Flammschutz oder auf Oberflächen, die feuergeschützt sein müssen, angebracht werden.


Von klar zu undurchsichtig wird dieses Glas beim Betätigen eines Schalters – in einem Augenblick kann man etwas sehen und im nächsten wieder nicht. Dieses Glas findet im Innen-

52 Bei elektronischer Keramik werden dem Keramikmaterial mittels Siebdruck Metallschichten (meist Aluminiumoxid bzw. -nitrid), aufgetragen. Anschließend wird gebrannt um eine dauerhafte physikalische Verbindung zu erreichen. Weitere Schichten können hinzugefügt werden, um separate Schaltkreise zu realisieren. Die Schaltkreise werden zwischen Sperrschichten eingebracht, so lässt sich ein komplexes Raster an Schaltungen erstellen, das unabhängig oder gemeinsam funktionieren kann.

sowie Außenbereich als Trennwand Verwendung und kann die Umgebung in Wohnräumen und Büros verändern. Das Verbundglas besteht aus zwei Schichten klaren oder getönten Glases, zwischen denen eine Flüssigkristallfolie angebracht ist. Die flüssigen Kristalle werden bei Stromfluss angeregt, richten sich aus und lassen das Glas durchsichtig werden. Schaltet man den Strom aus, entspannen sich die Kristalle, sodass einfallendes Licht in alle Richtungen gestreut und nicht mehr durchgelassen wird.


Selbstreinigend ist Glas, das durch Regen von Schmutz befreit wird. Das funktioniert mittels einer Antihaftbeschichtung, die ultraviolettes Licht absorbiert und dadurch eine

Reaktion auf der Oberfläche auslöst, die die Ablagerungen aufbricht und lockert, die dann durch den Regen weggewaschen werden.

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Keramikschaum

beschreibt eine pflegeleichte und schmutzabweisende Keramikoberfläche. Durch ein Veredelungsverfahren können die Eigenschaften der Keramik in dem Maße verbessert werden, dass Wassertropfen, wie bei dem LotusEffekt, zu Perlen zusammenfließen und mit gelöstem Schmutz einfach ablaufen.

entsteht, indem PU-Schaum mit einem Keramikschlamm beschichtet wird. Sobald dem Schlamm das Wasser entzogen ist, bleibt eine dünne Schicht zurück. Diese Schicht wird bei hohen Temperaturen gebrannt, der PU-Schaum verpufft. Dieses Material zeichnet sich durch seine optische Weichheit, offenporige Struktur und Leichtigkeit aus.



Textilien Eine Textilie ist ein flexibles Material, welches aus einem Verbund aus Fasern besteht. Der Begriff Textilien umfasst fertige Produkte, aber auch einfaches Garn und behandelt, angefangen bei der Bekleidungsindustrie 端ber die Architektur, hin zum Design, quasi alle Bereiche des Alltagslebens. Wir sind von Textilien umgeben, ohne es zu wissen. In diesem Kapitel wird ein kleiner Einblick in die Textilindustrie gegeben, von der Gewinnung bis zum fertigen Endprodukt.


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Woher Textilien stammen Textilien umfassen ein breites Spektrum in den verschiedenen Industrien, den Arten der Herstellung und vor allem den verwendeten Rohstoffen.Naturfasern stammen aus natürlichen Quellen wie von Pflanzen, Tieren oder Mineralien.

Pflanzenfaser Zu den Pflanzenfasern zählen die Vorkommnisse aus Stängel, Stamm, Rinde und Samen-Fortsatz. Hierzu kann man zum Beispiel Baumwolle (1), Kapok, Bambus, Leinen, Hopfen Abacá (2) und Hanffaser zählen.

Tierfaser Bei tierischem Ursprung bilden die Haarfollikel Fasern in Form einer Behaarung oder eines Fells. Wolle von Schafen (3), Alpakahaare, Kamelhaar, Flaumhaare der Kaschmirziege (Kaschmir) (4) und Rinderhaar sind nur einige WWWBeispiele.

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Mineralfaser Die mineralischen Naturfasern können in der Erde gefunden werden. Beispiele hierfür sind Asbest (1), Erionit, Sepiolith und Wollastonit (2).

Seide

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Seide findet sich in keinen der drei genannten Unterpunkten, denn sie wird aus dem Kokon verpuppter Seidenraupen gewonnen. Fasern wie die Spinnenseide oder die Byssusfasern zählen hier ebenfalls dazu. Um 250g Seidenfaden zu erhalten, werden ca. 3000 Kokons benötigt (3);(4).


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Die meisten Chemiefasern sind Polymere (chemische Verbindungen aus Ketten- oder verzweigten Molekülen, die aus gleichen Einheiten bestehen). Man unterscheidet in Fasern natürlicher Polymere und synthetischer Polymere.

Natürliche Polymere

Anorganische Fasern

Zu den Fasern aus natürlichen Polymeren zählen Viskose, Modal, Lyocell, Acetat, Gummifaser oder Caseinwolle.

Des Weiteren gibt es industriell anorganisch erzeugte Fasern, wie zum Beispiel Glasfasern (2), die aber sehr spröde sind, Kohlenstofffasern, die sehr leicht sind und eine hohe Festigkeit besitzen, Keramikfasern, die hohen Temperaturunterschieden standhalten und als Verstärkungsfasern genutzt werden, sowie Nanotubefasern, die fast komplett aus Kohlenstoffnanoröhrchen bestehen, elektrisch leitfähig sind, eine hohe Dichte besitzen und extrem elastisch sind.

Synthetische Polymere Fasern aus synthetischen Polymeren sind Polyester (1), Polyamid, Aramid, Polyethylen oder Polyurethan.

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Herstellung Allgemein kann man Textilien in Vliese und Fadensysteme unterscheiden.

Vlies Vliese (1);(2) bestehen aus lose zusammenliegenden Fasern, die durch verschiedene Methoden verfestigt werden (bonding). Ursprünge der Faserarten können pflanzlich, chemisch, tierisch oder mineralisch sein. Durch verschiedene Spinnverfahren werden die einzelnen Fasern gewonnen und dann thermisch, durch das Erweichen in beheizten Walzen, mechanisch, durch die Vernadelung und Wasserstrahlverfestigung oder chemisch, durch die Zugabe von Bindemit-

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Fadensystem Bei Fadensystemen unterscheidet man in die verschiedenen Techniken, Fäden miteinander zu verknüpfen, die jedoch miteinander kombiniert und vereinigt werden können. Spinnen, Stricken, Weben und Wirken sind hierbei die Bekanntesten (3);(4).


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Bearbeitung Die einzelnen Bearbeitungsschritte der Textilien lassen sich nicht auf einen Bereich beziehen. Neben dem Bleichen, Drucken, Färben, Flechten, Häkeln, Sticken, Weben und Nähen, die wohl die bekanntesten Bearbeitungsschritte der Bekleidungsindustrie sind, können Textilien auch geklebt, gelasert, imprägniert oder auf zahlreiche weitere Weisen veredelt werden. Aufgrund der individuell gewünschten Eigenschaften der Textilien, sind vor allem die Veredlungen (auch Ausrüstung genannt) höchst unterschiedlich: 1. Antibakteriell - Hier wirken Chemi­ kalien, wie Bisphenole, quaternäre Ammonium­v erbindungen, Diphenylether oder Neoycinsulfit gegen Schimmel, Hautpilze und schweißzersetzende ­Bakterien. 2. Gegen Schmutz - Fluorierte Kohlenwasserstoffe; auch bekannt als „ScotchgardImprägnierung“ 3. Gegen Einlaufen und Knittern - Ammoniak in Verbindung mit anderen Chemikalien 4. Mattierung - Titandioxid, Bariumsulfat, Harnstoff-Formaldehydharze 5. Desodorierung (angenehmer Duft) Parfüme, Kunstharze

Alle Veredelungen basieren nicht auf natürlichen Wirkstoffen, können also der Haut schaden, Allergien hervorrufen und die Umwelt zugleich belasten.

Wasserabweisender Stoff

Schmutz- und wasserabweisende ­Handschuhe


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Anwendung Textilien werden in jedem Alltagsbereich verwendet. An der Spitze stehen die Bekleidungsindustrie und die Wohntextilien, die Möbel, Bettwäsche, Servietten, Teppiche und vieles mehr beinhalten.

Architektur In der Architektur werden Textilien seit den letzten Jahrzehnten vermehrt eingesetzt. Angefangen bei Licht- und Akustikgeweben, die nahezu 100% einen Raum abdunkeln können und ihn gleichzeitig vor Hitze schützen über Wellnessbereiche mit wechselnden Lichtspielen (1) , um eine besondere Raumatmosphäre zu schaffen bis zu Überdachungen, die Schutz vor UV-Strahlung bieten, findet sich mittlerweile in jedem Bereich die Verwendung der intelligenten Textilien, die nun mehr leisten, als den Körper warm zu halten (2).

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Medizinische Anwendung In der Medizin finden sich Gipsverbände, Vliesstoffe, die eine hohe Keimdichtigkeit gewährleisten und chirurgische Netze (1), die Organe stützen können oder gar Haut ersetzen.

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Faserverstärkter Kunststoff In Verbindung mit Harz werden Textilien als faserverstärkter Kunststoff (2) in Segelbooten, Flugzeugen und Windrädern (3) eingesetzt.

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Zukunft Die Zukunft der Textilien liegt vor allem in ihrer technischen Funktionalität, sowie ihrer eigenen Intelligenz. Vor allem die Bekleidungsindustrie wird darin wachsen.

Kleidung, die sich selbst bügelt, mit GPS ausgerüstet ist, den Träger vor gefährlichen Gasen schützt oder Krankheiten bekämpft, werden in wenigen Jahren in vielleicht jedem Haushalt zu finden sein. Mikrofasern sind auf diesem Gebiet die Vorreiter. Der Stoff ist geschmeidig, leicht und gewinnt durch das enthaltene Silber besondere Fähigkeiten: Er wirkt antibakteriell und antifungizid, ist geruchshemmend und wärmeausgleichend, sodass Hautkrankheiten wie Neurodermitis schon im Schlaf bekämpft werden können; denn die freigesetzten Silberionen reagieren mit dem Protein des Kranheitskeims und töten ihn damit ab.

„Microclimat“ Die Firma Philips arbeitet derzeit an dem Modell „Microclimat“: Eine Jacke, die ihr eigenes, stabiles Klima erzeugt und so den Träger mit einer Kapuze und Mundschutz vor Abgasen und extremen Temperaturunterschieden schützen soll.

Durch innovative Nanostrukturen der Oberfläche des Garns können in Zukunft auch Verschmutzungen wie Ketchupund Weinflecken einfach nach dem Prinzip der Lotusblätter abperlen.

Automobilindustrie In der Automobilindustrie werden die zukünftigen Sitzkonstruktionen ebenso mit schmutzabweisenden Geweben ausgestattet sein. Innovative Vliesstoffe sollen für eine angenehme Akustik im Inneren des Fahrzeuges verwendet werden, sowie textile Filtermaterialien für die Reinigung der Luft bis hin zu textilen Strukturen, die Crashs absorbieren können. Durch die Nanotechnologie für die Veredelung von Fasern und Geweben sowie neuer textiler Flecht- und Nähtechniken soll dies ermöglicht werden. Ein Model von BMW zeigt jetzt schon ein ganzes Auto mit einer Außenhaut aus Textil.



Beton Beton begegnet uns in unzähligen Situationen während des bewussten und unbewussten Erlebens unseres Alltags. Mit Beton wird unser Wohnraum geschaffen, ja sogar gestaltet, wir laufen auf betoniertem Boden, sitzen auf Betonbänken, sonnen uns auf Betonliegen und haben doch über dieses Material vieles bislang nicht gewusst... Links im Bild ist ein Ausschnitt eines Bunkers zu sehen, der mit grobkörnigem Zuschlag errichtet wurde. Zur Verstärkung der gesamten Architektonik dient ein Gitter aus Stahl.


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Bestandteile

Kann man Beton recyceln? Um Beton zu recyclen, wird alter Festbeton oder anderer Bauschutt zerkleinert, gewaschen und als Gesteinskörnung in frischen Beton wieder eingearbeitet. Hierbei nimmt das Recyclingmaterial ca. 25% des gesamten Volumens der Gesteinskörnung ein. Um keinen Qualitätsverlust des Betons zu erhalten, dürfen sich in dem recycleten Material möglichst wenig Fremdkörper befinden. Da man für die Bindung von recycelten Material mehr Zement benötigt als von natürlichen Gesteinskörnungen, ergibt sich ein weiteres Problem in der Herstellung, da die Zementherstellung viel CO2 freisetzt.

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Zementbeton

evtl. Vermengen mit anderen Materialien

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Herstellung von Zementbeton

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Beton allgemein ist ein Verbundstoff aus Gesteinskörnungen und einem Bindemittel. Je nach der vorgesehenen Verwendung werden noch Additiven hinzugefügt. Auf diese Weise erhält man die verschiedensten Betonarten wie Leichtbeton, Zementbeton oder selbstverdichtenden Beton. Weiterhin kann man Beton zum Beispiel auch mit Textilfasern, Glasfasern oder Cabonfasern, sowie Stahlkonstruktionen oder Metallgitter, aber auch Nanoröhrchen aus Kohlenstoff und sogar Bakterien verbinden.

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Verarbeitung Man unterscheidet bezüglich der sogenannten Verarbeitbarkeitszeit zwischen frischem Baustellenbeton, der in einer Baustellenmischanlage hergestellt wird und der Transportbetonmischung, die im Mischwerk hergestellt wurde. Frischbeton muss innerhalb kürzester Zeit eingebracht werden, da er sehr anfällig für Witterungsverhältnisse ist und bei Transportbeton ist es möglich, das Erstarren durch entsprechenden Schutz über mehrere Stunden auszusetzen. Des Weiteren sind diesem verzögernde Zusatzmittel beigemischt um den Veränderungen durch Wettereinflüsse entgegen zu wirken. Anschließend findet das Betonieren durch Gießen statt. Hierbei bestimmt eine Verschalung die spätere Form des aushärtenden Materials (1).

Nach der Verschalung Während der Einbringung existiert z.B. bei Wandverschalungen mit großer Fallhöhe eine Entmischungsgefahr des Betongemischs, die man beachten muss. Der Vorgang des Einbringens geht mit dem Verdichten des Betons einher (2). Hierbei unterscheidet man zwischen Rütteln, Stampfen und Stochern, dem Walzen, sowie dem Klopfen an der Schalung. Diese Methoden sind abhängig von der Konsistenz des Betons und verbessern die Fließfähigkeit, sodass etwaige Lufteinschlüsse an die Oberfläche gelangen. Des Weiteren ist es für die Optik möglich, den Beton während des Mischens zu färben. Den Farbwünschen sind dabei keine Grenzen gesetzt (3), selbst blütenweiß ist möglich. Es muss nur die richtige Zusammensetzung des Betons gegeben sein, bevor Pigmente hinzugefügt werden. Bei Fussböden verwendet man Estrich mit hoher Dichte, der anschließend geschliffen und poliert wird.

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Variationen Beton ist nicht gleich Beton. Dies zeigt sich, wenn man sich die aktuell große Vielfalt an Beton anschaut. Beton wird immer häufiger mit anderen Materialien kombiniert, wodurch neue Materialien entstehen bzw. die Eigenschaften von Beton verändert und verbessert werden. Hier sind nun einige Beispiele.

Reinigender Beton (TX Active)

Lichtdurchlässiger Beton

Bei diesem Material handelt es sich um Beton, dem Titandioxid hinzugefügt wird. In Verbindung mit dem UV-Licht unser Sonne entsteht eine chemische Reaktion, die Stickoxide aus der Luft zersetzt. Übrig bleiben harmlose Salze, die der nächste Regen wegschwemmt. Dieser Prozess ist sowohl dauerhaft, als auch regenerativ. Ein weiterer Effekt der Oberfläche ist, dass sie sich selbst reinigt. Das Material wird in Städten eingesetzt, um den Smog bzw. die Schadstoffe in der Luft zu reduzieren. In der Abbildung (1) sieht man die ­Misericodia in Rom, bei der dieses Material verwendet wurde.

Lichtdurchlässiger Beton (2),(3) ist die Symbiose zwischen feinkörnigem Beton und Glasfasern. Hierzu werden die beiden Materialien schichtweise in eine vorgefertigte Form gegossen. Durch den geringen Anteil von Glasfasern in der Gesamtmasse entspricht dieser Beton der Stabilität von gewöhnlichem Beton. Da Glasfasern Licht sehr gut leiten, hat man eine nahezu verlustfreie Übertragung von Licht durch den Beton. Sogar Farben können sichtbar werden.

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Faserbeton Dieser Werkstoff (4),(5) entsteht, wenn man Beton Fasern beimengt. Hierdurch kann man bestimmte mechanische E i ge n s c h af te n w i e Z u g fe st i g ke i t , Formbarkeit oder Flammfestigkeit des Betons verbessern. Die Begebenheit der Faser entscheidet hierbei über die jeweiligen Eigenschaften. Sie kann sowohl kurz (wenige Zentimeter), als auch lang sein. Weitere Faktoren sind die Anordnung im Beton (auch Geflechte sind möglich) und natürlich das Material. Verwendet werden Metall-, Glas-, Polymer-, und auch Pflanzenfasern.

Ultra-Hochleistungsbeton

Diese Betonsorte (6) besteht meist aus Sand, Zement und ultrafeinem Pulver, wie Mikrofaser oder Feinkieselerde. Sie weist sich durch eine sehr gute Druckund Beugefestigkeit aus und hat weiterhin den Vorteil, dass sie flüssig verarbeitet wird und somit auch komplizierte Formen gut ausfüllt. Bedingt durch die Eigenschaften ist es möglich, dünne und gleichzeitig sehr stabile Teile zu fertigen. Zudem entsteht aufgrund der feinen Körnung eine glatte und sehr präzise Oberfläche.

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Anwendung Architektur Angewandt wird Beton selbst bei Formen, die wir in Bezug auf die Statik nicht für möglich gehalten hätten (1). Als einer der beliebtesten Stoffe im Bauwesen setzt man ihn innerhalb des öffentlichen oder privaten Baus ein oder verwendet ihn für die gesamte Architektur derselbigen. Beton ist als Baustoff auch maßgeblich von Relevanz, um Gebäude und Fundamente zu stabilisieren.

Interior Design

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In Privaträumen dient gefärbter Estrich als modern anmutender Fussboden (2) und in öffentlichen Bereichen bestehen außen-, sowie innenliegende Sitzgelegenheiten oftmals aus Betonfertigteilen (3). Stützende Elemente wie Säulen oder Pfeiler sind ebenfalls allgegenwärtig. Verschiedenste Betonarten finden gleichermaßen im Bereich der Kunst Anwendung, in dessen weitreichender Varietät sowohl Statuen, als auch Reliefs oder Plastiken gefertigt werden (4).

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Produktgestaltung Immer beliebter werden seit langem auch Einrichtungsgegenstände aus Beton, seien es Hocker, Tische aller Art, Stühle und deren Sockel oder sogar Sitzmobilar aus textilbewehrtem Beton, das im Zuge eines einzigen Gusses hergestellt werden kann. Als Beispiel hierfür dient ein Freischwinger, der aus carbonbewehrtem Feinbeton besteht (1). Die Formbarkeit wird bei diesem Exemplar durch Haarrissbildungen hervorgerufen. Aufgrund der Flexibilität weist es jedoch Mängel in Bezug auf die Festigkeit des Betons auf. Weiterhin existiert für den Außenbereich ein verblüffend dünnwandiger Stuhl aus Ultrahochleistungsbeton (2), der es trotz seiner geringen Dicke vermag, unter Belastung sehr stabil zu sein. Auch Tisch- und Hängeleuchten aus Beton (3) existieren in verschiedenen Varianten, ob in pigmentierter oder naturbelassender Form. Bei größeren Tischen wird oftmals sogenannter Imitationsbeton verwendet, der

das Möbelstück günstiger und zum Teil 80% leichter werden lässt. Imitationsbeton besteht aus mineralischem Marmorsand, der auf eine dünne Trägerplatte aufgetragen wird und Beton sowohl in der Optik, als auch in der Haptik in nichts nachsteht.

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Zukunft Nach jahrelanger Optimierung des Betons und der Schaffung immer neuer Arten wird nun spielerischer mit dem Material umgegangen, wodurch dieses immer neue Facetten erhält.

Concrete Cloth Bei diesem Material handelt es sich um einen Verbund von den drei Stoffen Trockenbeton, einer dreidimensionalen Fasermatrix und einer PVC-Folie (1),(2). Es ist extrem flexibel und lässt sich einfach handhaben. Concrete Cloth muss lediglich über eine Form gelegt und anschließend mit Wasser besprüht werden (3) und ist schon nach 24 Stunden ausgehärtet und einsetzbar. Es ist sowohl feuerfest (4), chemieresistent und kugelsicher, als auch (bedingt durch die PVC-Folie) komplett wasserdicht. Obwohl das Material ursprünglich für das Militär entwickelt wurde, kann es im zivilen Gebrauch z.B. zum Erstellen von Wasserkanälen, zur Stabilisierung von Böschungen, zum Schutz von Pipelines oder zum Erstellen von Möbeln und anderen Gegenständen genutzt werden.

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„Intelligenter Beton“ Dieses sich noch in der Entwicklungsphase befindliche Material ist ein Beton, der mit Nanoröhrchen aus Kohlenstoff versehen ist. Hierdurch entsteht ein Material mit unterschiedlichem elektrischen Widerstand je nach Belastung, Druck oder Rissen im Material. Es wird darüber nachgedacht, diesen Beton im Straßenbau einzusetzen, um beispielsweise die Geschwindigkeit von fahrenden Autos oder das Gewicht von LKW‘s zu messen. Auch Informationen über Staus oder Beschädigungen der Fahrbahn erhofft man sich mithilfe dieses Materials.

chronos chromos concrete Hinter diesem Namen verbirgt sich ein thermochromer Beton (5), der von Studenten des Royal College of Art in London entwickelt wurde. Mit Hilfe von thermochromer Farbe, die dem Beton beigemischt wird, ist es möglich, diesen als große Anzeigetafel zu benutzen. Um eine Farbveränderung zu erzielen, wird Wärme benötigt. Diese kann beispielsweise von Menschen oder durch erhitzbare Drähte im Beton stammen. Bei letzterer Variante kann eine lokale Farbveränderung erfolgen, die sowohl punktuell, linear und auch flächig sein kann.

EcoBio-Block Der EcoBio-Block (6),(7) ist ein Betonelement, indem ein bestimmtes NattoBakterium und Nahrung für dieses eingebunden sind. Dieses Betonelement wird in Gewässern eingesetzt, um die Wasserqualität zu verbessern. In Verbindung mit Wasser wird das Bakterium aktiv, befreit sich aus dem Beton und pflanzt sich fort. Die Anwendungsgebiete sind sowohl stehende, als auch bewegte Gewässer. Durch die Verbindung mit Beton hält dieser Effekt über Jahre hinweg an, sodass die Elemente selten ausgetauscht werden müssen.

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Buchreihe zu den Materialien Holz, Keramik, Metall, Glas Autor Chris Lefteri Verlag avedition Die Buchreihe von Chris Lefteri umfasst ein breites Spektrum der jeweiligen Material­gruppe. Man bekommt einen Eindruck über Materialität, Verfahren, Anwendungen und neuartige Innovationen. Dabei wird man nicht mit tech­ nischen Informationen ­überflutet sondern auf erholsame Weise informiert und angeregt.

www.zwomp.de Onlinemagazin für Technik und Industriedesign. Dort findet man viele ganz neue und innovative Dinge, viele ­interessante Artikel und Informationen über neue Produkte und Materialien

Plastic Planet

Weiterführendes Material

Ein Film, der sich kritisch mit dem ­Thema Plastik auseinandersetzt. ­Generell im ähnlichen Stil wie Michael Moore Filme, jedoch geht man ohne Lächeln aus der Sache.


www.stylepark.com Stylepark ist eine Website, die sich mit Designkultur ­beschäftigt. Sie hat eine sehr gute Suche im ­Bereich Materialien, enthält gut ausgesuchte Informa­tionen und hält jede Menge weiterführende Links bereit. Materiology Autor Quentin Hirsinger, Elodie Ternaux, Daniel Kula Verlag Birkhuser-Verlag AG Ein umfassendes Nachschlagewerk über Materialien und Technologien. Es ist ­a nsehnlich verpackt und in verständ­ licher Sprache geschrieben, sodass auch kreative Köpfe es verstehen.

transmaterial 1-3 Autor Blaine Brownell Verlag Princeton Architectural Press Zu den gleichnamigen Büchern gibt es eine noch vollständigere Sammlung von Material im Internet. Übersichtlich geordnet, mit kurzen Zusammenfassungen und Bildern sowie Quellen­ angaben. Interessant ist auch die Startseite, auf der die neusten Artikel angezeigt werden.


Eine Dokumentation im Rahmen des Kurses Materials & Design bei Aart van Bezooyen Designgrundlagen WIntersemester 2010/2011 bei Prof. Bettina MĂśllring Mitwirkende: Dennis Boehmke Katja GroĂ&#x; Hans Illiger Stefanie Kraut Denise Peter Talisha Phillips Lisa Reichardt Svenja Richter Anna Runge Hui Shi Ronja Ullrich



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