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Karl Max Pfleiderer
* Reutlingen 24.3.1877 † Stuttgart 9.12.1936
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Dass wir uns in der aktuellen Familienblattausgabe diesem einst prominenten Ministerialen zuwenden, liegt auch darin begründet, dass er in Reutlingen zur Welt kam, wo wir ja unseren nächsten Familientag abhalten wollen. Die Stadt Reutlingen, in die der kleine Max am 24. März 1877 als jüngstes von sieben lebenden Geschwistern hineingeboren wurde, hatte damals gerade mal 16.000 Einwohner.
Bild: Das Oberamtsgebäude in Heidenheim an der Brenz war die Wirkungsstätte von Max Pfleiderer in den Jahren 1921 –1926 und Sitz des Landratsamtes bis 1974.
Beide Eltern stammten eigentlich aus Waiblingen, wo sie bereits 1858 evangelisch ver mählt wurden. Der Vater, Karl Eduard Pfleiderer, war gut zehn Jahre lang ein versierter Dorfschullehrer in Ammertsweiler bei Schwäbisch Hall gewesen, bevor er – zum Oberlehrer befördert – mit seiner Familie nach Reutlingen kam. In selbiger Achalmstadt starb auch die Mutter, Marie, geb. Ziegler – vier Tage vor Maxens 13. Geburtstag! Er war wohl erst 17 Jahre alt, als er sein Jurastudium begann, denn 1894 trat er der „Alten Turnerschaft Palatia zu Tübingen“ bei und um die Jahrhundertwende erfolgten für ihn die höheren Weihen im Verwaltungs- und Justizdienst. Am 15. Juli 1901 trat Max Pfleiderer in die Innenverwaltung des Königreichs Württemberg ein und fand Verwendung als Amtmann: 1908 in Brackenheim und ab 1909 in Schorndorf. Ehe & Familie Der Name Fahrion lässt in StuttgartFeuerbach auch heute noch aufhorchen und es war Elisabeth Fahrion, Tochter des Baumeisters und Gemeinderats in Feuerbach, Ludwig Fahrion, die am 1. Advent 1911 gemeinsam mit Max zum Traualtar schritt. Zwei Töchter entstammen dieser Verbindung: Jutta ( * 1917) und Annelore ( * 1921).* Den Titel eines Oberregierungsassessors erwarb sich Pfleiderer am 25. Februar 1918. Der Erste Weltkrieg bereitete zwar der Monarchie ein Ende, nicht aber der Karriere eines Max Pfleiderer. Ähnlich wie in Bayern sowie in anderen deutschen Ländern wurde nach erbitterten Kämpfen auf der Straße und nach diversen Putschversuchen schließlich der „Volksstaat Württemberg“ ausgerufen, welcher aber nur bis zur Machtergreifung Hitlers (1933) überlebte. – Erinnert sei diesbezüglich an den württ. Staatspräsidenten Eugen Bolz, den Max Pfleiderer gut gekannt haben müsste und der als Widerständler vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und schließlich 1945 in BerlinPlötzensee enthauptet worden ist! Vom 6. Dezember 1918 bis zum 28. Januar 1919 war Max Amtsverweser in Schorndorf, wechselte sodann zur württembergischen Landesgetreidestelle zunächst als Berichterstatter, ab Mitte 1920 sogar als deren Vorstand. Zur gleichen Zeit war er planmäßiger Assessor bei der in seiner Heimatstadt Reutlingen ansässigen Regierung des einstigen Schwarzwaldkreises, also des Teilbezirks von Württemberg, der sich von Freudenstadt bis Urach bzw. von Neuenbürg im Norden bis zum Hohentwiel im Süden erstreckt. Das noch von der Königszeit her bewährte Regierungsbezirks-System wurde allerdings 1924 durch den Volksstaat abgeschafft.
Das prachtvolle Regierungsgebäude des einstigen Schwarzwaldkreises in Reutlingen wurde von Bezirksbauinspektor Friedrich Kempter von 1903 bis 1905 im Stil der NeoRenaissance erbaut. Heute Landratsamt.
Oberamtmann in Heidenheim Mit Antrittstermin 7. November 1921 treffen wir unseren Max in einer sehr hochwertigen Position an: Oberamtmann und Oberamtsvorstand in Heidenheim. Das entspricht dem Amt des heutigen Landrats. Die heutigen Landkreise hießen früher Oberämter. Kreisarchivar Markus Baudisch sichtete kürzlich eigens für den Familienverband Pfleiderer alte Notizen und brachte die folgenden Informationen ans Licht, wofür wir ihm sehr dankbar sind: ➞
Kanzlei- bzw. Verwaltungsgebäude (1923)
Oberamtmann Max Pfleiderer war von stattlicher Erscheinung und von vornehmer Gesinnung, seinen Mitmenschen gegenüber zurückhaltend. In seine Dienstzeit in Heidenheim fielen die Errichtung des Kreisjugendamts (1922), der Bau eines Kanzleigebäudes im Garten des Krankenhauses Felsenstraße 38 (1923), der Anbau eines Kreisratssaales an das O b e r a m t s g e b ä u d e, Brenzstraße 27 (1925), sowie der Bau der Landwirtschaftsschule, Ernst-Degeler-Str. 1 (1926). Das Kanzleigebäude ist nachdem es 1945–1973 Kinderabteilung des Kreisk rankenhauses gewesen war nun Verwaltungsgebäude der Straßenverkehrsbehörde des Landratsamtes. Im Gebäude der ehemaligen Landwirtschaftsschule sind heute Studentenwohnungen der Dualen Hochschule und im ehemaligen Landratsamtsgebäude war 1974–2008 die Außenstelle des Finanzamts. Heu
Ratssaal-Anbau (1925)
te wird es für Weiterbildungskurse der Volkshochschule genutzt.
Ministerialrat zu Stuttgart Das Weitere erforschte Prof.Dr. Michael Ruck (Mannheim) vor 23 Jahren für das Werk: „Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg 1810 bis 1972“, Konrad - Theiss - Verlag Stuttgart, 1996. Heidenheim hatte er offensichtlich so rasch wieder verlassen um in Stuttgart höhere Aufgaben zu übernehmen. Dort wurde er ab Oktober 1926 als stellvertretender Hauptberichterstatter im Innenministerium verwendet; 1927 einige Monate in selber Funktion für den Straßen- und Wasserbau und ab September 1927 rückte er auf zum Ministerialrat und Hauptberichterstatter des Geschäftsteils IV (Gemeinde- und Körperschaftssachen). Nur 10 Tage vor seinem überraschend frühen Tod, Ende 1936, ernannte ihn das Regime zum Präsidenten der Ministerialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung. Die näheren Umstände dieser Beförderung, ob unser Vetter NSDAP-Mitglied werden musste oder nicht und woran er starb – all das liegt für uns momentan noch völlig im Dunkeln. Was hat sich da abgespielt? Wir würden uns wünschen, eines Tages Einblick in die entsprechenden Akten zu erhalten. (MF) ●
Frühere Landwirtschaftsschule (Heidenheim), Ernst-Degeler-Str.1 (1926)
Sterbefälle:
25. April 2019, Wilhelmine (Mina) Dürr, geb. Pfleiderer (82 Jahre). D64.215.418.112.2 6. August 2019, Walter Pfleiderer (83 Jahre). D63.873.361.472