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Ein „rollendes Denkmal“für Helene P.

Stiftung zugunsten sozialer Einrichtungen in Stuttgart

 Birgit Arnold

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Nirgendwo in Stuttgart ist der Name „Pfleiderer“ so präsent wie in degerloch. das ist der hier geborenen Bürgerin Helene Epple zu verdanken. Sie kam dort am 30. August 1911 als erstes kind ihrer Eltern zur welt. Ihr Vater war der bekannte Baumeister Gustav Epple (1883–1955). Ihre Mutter, Else Epple geb. Zimmermann (1889–1926), war eine Tochter des königlich-württembergischen Brunnenmeisters und späteren hofinstallateurs Samuel Zimmermann in Stuttgart. Sie starb schon 1926 kurz nach der Geburt des jüngsten Sohnes Fritz an einer Embolie und hinterließ außer der 14-jährigen Tochter auch noch einen 1919 geborenen Sohn Gustav. der witwer heiratete bald darauf seine Schwägerin helene Zimmermann, Elses Schwester, die ihre Tochter Maria mit in die Ehe brachte. helene ging zunächst in degerloch zur Schule. Ab 1921 besuchte sie die höhere Motzersche Töchterschule in der olgastraße in Stuttgart, anschließend ein Pensionat in Bad Godesberg. Nach je einem Jahr in London und in der französischen Schweiz kehrte sie nach degerloch zurück, wo sie von da an ihr ganzes Leben lang wohnte. der Vater Gustav Epple hatte seine Tätigkeit 1909 mit der Übernahme einer kleinen Zimmerei begonnen, aus der er in den Zwischenkriegsjahren eines der größten und angesehensten Bauunternehmen des Landes schuf. Im Juli 1944 wurde der ganze Betrieb ein opfer der schweren Luftangriffe auf Stuttgart. Nach kriegsende war der väterliche Großbetrieb komplett stillgelegt. Um ihn zu retten, machte sich helene auf zur Stuttgarter kommandantur in der olgastraße. Sie erreichte was sie wollte, und so verdankte Gustav Epple dem Geschick seiner fremdsprachenkundigen Tochter die baldige Freigabe des werksgeländes. die Firma Epple konnte als eines der ersten Baugeschäfte in Stuttgart wieder voll in Betrieb gehen. In den folgenden 10 Jahren baute das Unternehmen Stuttgart wieder auf. Brücken, das Neue Schloss, die Liederhalle, das kunstgebäude, Fabriken, Schulen, krankenhäuser, Straßen, Türme, hallen, kirchen und – nicht zu vergessen – der Fernsehturm entstanden. dessen offizielle Einwei-

hung im Februar 1956 erlebte Gustav Epple nicht mehr. Unerwartet starb er am 31. oktober 1955. Sein Begräbnis auf dem degerlocher waldfriedhof war die größte Beerdigung, die der ort bis dahin gesehen hatte. 1957 wurde eine Straße nach ihm benannt.

Sein hohes Ansehen hatte Gustav Epple nicht ausschließlich seinem wirtschaftlichen Erfolg zu verdanken. Er war nicht nur ein vorbildlicher Arbeitgeber, sondern auch ein wohltäter für degerloch. Schon 1949 stiftete er vier neue Glocken für die Michaelskirche.

Seine Tochter helene trat in diese Fußstapfen. Sie hatte 1935 den vier Jahre älteren kaufmann Walter Pfleiderer aus heilbronn geheirate und führte mit ihrem Mann eine glückliche, aber kinderlose Ehe. Als dieser 1960 an krebs starb, war sie 48 Jahre alt und widmete ihr Leben von da an der Sorge um andere, ihr mehr oder weniger nahestehende Menschen. dazu gehörten nicht nur ihre 12 Patenkinder, sondern auch pensionierte Mitarbeiter des väterlichen Unternehmens, denen sie viel Zeit widmete. Großzügig unterstützte sie degerlocher Familien und insbesondere den 1951 gegründeten degerlocher Frauenkreis, daneben auch kindergärten, Altenheime, waldheime, Schulen, den obst- und Gartenbauverein…

Privat lebte helene bescheiden. Mit der langjährigen haushälterin Martha – mit der sie bis zu deren Tod 58 Jahre lang unter einem dach gelebt hat – unternahm sie jährlich eine Reise nach Bad Reichenhall. Zweimal gönnte sie sich eine weltreise mit dem Schiff. Sie pflegte ihren Garten, besonders die Rosen darin, und las jede einzelne Zwetschge persönlich auf. Aus der Ernte wurde das begehrte „Zwetschgenwasser hausmarke Pfleiderer“ gebrannt. Mit selbst geangelten Forellen aus dem eigenen Fischwasser versorgte sie Freunde und Bekannte. Sie liebte das kartenspiel und war Vorsitzende eines damen-kegelclubs für witwen. helene war eine fröhliche Person und blieb es zeitlebens, trotz aller Verluste, die sie in ihrem Leben erleiden musste. 1926 verlor sie 14-jährig

Fotos Seite 5+6: Birgit Arnold, Korntal-Münchingen

Eine große Stuttgarterin:

Helene Pfleiderer

ihre Mutter. der Bruder Fritz galt seit 1944 als vermisst. 1958, drei Jahre nach dem Tod des Vaters, starb die Stiefmutter, 1960 ihr Ehemann walter Pfleiderer, 1989 Bruder Gustav. 1993 trauerte sie sehr um ihre haushälterin Martha. Am Pfingstmontag 1994 starb sie in ihrem haus in degerloch an herzversagen. Auf dem degerlocher waldfriedhof wurde sie im Familiengrab beigesetzt. Seit 2002 gibt es auch eine helene-Pfleiderer-Straße.

In ihrem Testament hatte helene verfügt, dass ihr Vermögen in eine Stiftung eingebracht werden solle. die Helene - Pfleiderer - Stiftung wurde noch 1994 gegründet und unterstützt seitdem Projekte der Jugend- und Altenhilfe, etwa das „kinder- und Jugendhaus helene P“.

Jedes Jahr gibt es im helene-Pfleiderer- haus zum Nikolausmarkt im vollen Gewölbekeller hervorragende selbstgemachte Maultaschen mit kartoffelsalat, außerdem herrliche selbstgemachte kuchen. dieses Jahr aus bekannten Gründen leider nicht…

Und was hat es nun mit dem „rollenden denkmal“ auf sich? Stilecht nähert man sich degerloch am besten in der Zacke, möglichst im nach ihr benannten wagen „helene“. das „rollende denkmal“ ist ein Geistesblitz von Gerhard Raff, und dieser dichtete auch – frei nach Fontane – folgende Verse auf sie: „So spendet Segen noch immer die Hand / der Helene Pfleiderer im Schwabenland.“

Quellen: helene Pfleiderer, Ihr Leben, ihre Stiftung; Stuttgart 2004.

Gerhard Raff, „Grondaständige

Stifterin“, in Stuttgarter Zeitung vom 21. Mai 2019

1996 erwarb die Stiftung in der Großen Falterstraße 6 ein denkmalgeschütztes Haus, das seitdem Helene-Pfleiderer-Haus heißt und den Degerlocher Frauenkreis e.V. sowie die Diakonie- und Sozialstation beherbergt.

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