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Verändert Covid-19 unser Mobilitätsverhalten?
Die Corona-Pandemie hat zu weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens geführt, was sich auch auf die Infrastruktur ausgewirkt hat. Dies hat zur Folge, dass in den Innenstädten die Anforderungen im Bereich Mobilität und Stadtplanung neu gedacht werden müssen.
Große Veränderungen wird es vermutlich im Ausbau der Radwege, der öffentlichen Grünflächen und der Umverteilung von Büroraumflächen geben. Bereits zu Beginn der Pandemie in Deutschland änderte sich die Nutzung von Pkw und ÖPNV dahingehend, dass es zu einem Anstieg von 34 Prozent des motorisierten Individualverkehrs und einem gleichzeitigem Einbruch von 70 bis 90 Prozent der öffentlichen Verkehrsmittel kam. Begründen lässt sich das mit den herrschenden Abstandsregelungen und der verbreiteten Befürchtung, die öffentlichen Verkehrsmittel seien „Virenschleudern“.
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Verstärkte Nutzung des Fahrrads Eine nachhaltige Veränderung konnte jedoch auch in der Fahrradnutzung der Deutschen festgestellt werden. Im April 2020 wurden im Vergleich zum Vorjahr 20 bis 30 Prozent mehr Verkäufe von Fahrrädern registriert, und der Mai stellt mit einem Plus von 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat den umsatzstärksten Verkaufsmonat der Fahrradbranche überhaupt dar. Städte mussten sich aufgrund dieses Fahrradbooms anpassen und veränderten ihre Stadtplanung: Im schottischen Edinburgh kam es zu einem Anstieg von 454 Prozent im Radverkehr, Österreich verzehnfachte seine Investitionen in den Radverkehr im Vergleich zum Vorjahr, und Paris investierte mehr als 300 Millionen Euro in den Bau eines 680 Kilometer langen Fahrradnetzes. Die Pandemie fördert demnach die Progression in eine nachhaltigere Verkehrswende und die Verbesserung von Luftqualität und Lärmvermeidung. Infolgedessen werden in Deutschland die Forderungen lauter, in den Innenstädten Autostellplätze abzubauen sowie Radwege auszubauen (wie zum Beispiel Pop-up-Radwege). Des Weiteren wird aufgrund der Abstandsregeln ein Ausbau an öffentlichen Grünflächen gefordert, damit soziale Begegnungen auch unter Einhaltung der Corona-Auflagen möglich sind.
Änderungen bei Büroimmobilien und Shopping Malls Bekannterweise wirkt sich die aktuelle Situation auch auf den Arbeitsmarkt aus. Da viele Arbeitnehmer sich im Homeoffice befinden, wird über eine Neuformulierung der Arbeitskonditionen nachge
dacht. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft weniger Büroräume benötigt werden. Diese könnte man entsprechend in Wohnimmobilien umfunktionieren. Dies würde zu großflächigen Umstrukturierungen in den Innenstädten führen, da rund 70 Prozent der Arbeitsplätze in Großstädten Büroberufe ausmachen. Fallen diese „Pendlerberufe“ weg, dann hätte dies ebenso gravierende Auswirkungen auf die Anforderungen innerstädtischer Mobilität.
Eine weitere Veränderung ist das Kaufverhalten der Konsumenten. Einkaufszentren und Shopping Malls wurden zunehmend gemieden. Der Trend zum Onlinehandel setzte sich in den vergangenen Monaten exponentiell fort. Der Handelsverband Deutschland berichtet, dass Umsatzeinbußen bis zu 40 Milliarden Euro befürchtet werden, und die Schließung von rund 50.000 Geschäften droht. Um Kaufanreize zu setzen und das große Sterben der kleinen Geschäfte zu verhindern, könnten verkehrsberuhigte Zonen in Innenstädten einen wichtigen Beitrag leisten.
Forderungen und Vorschläge Neue verkehrsfreie Zonen und mehr Grünflächen könnten in Innenstädten ausgebaut werden. Sharing-Konzepte, sprich das zeitlich begrenzte Anmieten von Büroräumen, Pkw oder Fahrrädern im Bedarfsfall, in allen Bereichen des Alltags würden zu einer effizienteren Nutzung des öffentlichen Raums führen. Um die Infrastruktur krisenfester und gleichzeitig nachhaltiger zu gestalten, muss die Stadtplanung dahingehend revolutioniert werden: Sie muss grüner, nachhaltiger, effizienter und räumlich weniger dicht gedrängt werden.
Natürlich wird die Zukunft innerstädtischer Mobilität smart sein. Aber smart heißt auch, an alle Betroffenen zu denken, die Kosten im Blick zu haben und eine Umverteilung von Verkehrs- und Parkraum sorgsam gegen das grundgesetzlich verankerte Eigentumsrecht abzuwägen sowie eine Verbots- und Verteuerungskultur zu vermeiden. Nur so werden wir smarte, emissionsarme Mobilität schaffen – für alle.
Gut zu wissen
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n Pop-up-Radwege sind temporäre Radwege. Um für mehr Sicherheit zu sorgen, wird ein Stück der Fahrbahn für Radfahrer abgetrennt In der Corona-Zeit wurden vermehrt Pop-up-Radwege angelegt, um den Radfahrern zu helfen, Abstand halten zu können Der Handelsverband Deutschland befürchtet Umsatzeinbußen bis zu 40 Milliarden Euro und die Schließung von rund 50.000 Geschäften
Kilian Harbauer
BVMW Referent für Energie, Nachhaltigkeit, Mobilität und Logistik
kilian.harbauer@bvmw.de Anzeige