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DER MITTELSTAND. 1 | 2020
Strengere Compliance-Regeln auch für KMU In jüngster Zeit mehren sich die gesetzgeberischen Initiativen, die Unternehmen jeder Größenordnung strengere Vorgaben in Bezug auf die Einhaltung von Compliance-Regelungen machen.
A
m 16. Dezember 2019 ist die Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten der EU sind dazu verpflichtet, deren Vorgaben bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umzusetzen. Die Whistleblower-Richtlinie verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Erstens sollen Hinweisgeber (Whistleblower), die auf Verletzungen des EU-Rechts aufmerksam machen, besser geschützt werden. Zweitens soll durch vermehrte Hinweise auf Rechtsverletzungen für eine bessere Durchsetzung des EU-Rechts gesorgt werden. Die Whistleblower-Richtlinie gilt sowohl für Hinweisgeber in privaten als auch öffentlichen Organisationen. Sie bezieht sich auf Missstände im Zusammenhang mit EU-Recht. Das EU-Recht ist vor allem für die Bereiche öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen, Produkt- und Verkehrssicherheit und Verbraucher- und Datenschutz relevant. Die Mitgliedsstaaten können allerdings darüber hinausgehen und den Anwendungsbereich auf nationales Recht erweitern. Voraussetzung für den Schutz von Hinweisgebern ist allerdings, dass für den Hinweisgeber ein hinreichender Grund zu der Annahme bestand, dass die gemeldeten Informationen zum Zeitpunkt der Meldung der Wahrheit entsprachen. Damit soll die Gefahr von Denunziation ausgeschlossen werden.
Interne Meldekanäle und -verfahren
Sanktionen Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die das Melden von Missständen behindern. Die Mitgliedstaaten sollen ferner auch Sanktionen für den Fall vorsehen, dass Hinweise von Hinweisgebern von Unternehmen
nicht vertraulich behandelt werden. Die genaue Ausgestaltung der Sanktionen ist jedoch den Mitgliedsstaaten überlassen.
Interesse der Unternehmen Neben der Erfüllung einer Rechtspflicht gibt es für Unternehmen weitere Gründe, Mitarbeitern zu ermöglichen, Missstände im Unternehmen ungehindert zu melden. Dadurch kann eben auch verhindert werden, dass der Missstand externen Stellen bekannt wird. Wird ein Missstand öffentlich, kann eine negative Berichterstattung über das Unternehmen zu einem Imageschaden und sich daran anschließenden wirtschaftlichen Schäden führen. Außerdem können durch das Aufdecken von Missständen Haftungsfälle oder Sanktionen durch Behörden vermieden werden. Die internen Meldekanäle von Unter-
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Die Mitgliedstaaten der EU werden verpflichtet sicherzustellen, dass Unternehmen und andere juristische Personen interne Kanäle und Verfahren für Meldungen von Hinweisgebern einrichten. Unternehmen müssen dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen, dass die Meldung eingegangen ist. Innerhalb von drei Monaten muss der Hinweisgeber über getroffene Maßnahmen und den Stand der Ermittlungen informiert werden. Die Meldekanäle sind so zu konzipieren, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers gewahrt bleibt.