DER Mittelstand. 04/20

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DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 4 | 2020

Eine Post-Corona-Agenda für Wirtschaft und Wirtschaftspolitik Corona ist eine kollektive Erfahrung von Verwundbarkeit und Existenzangst, aber sie ist auch eine Erfahrung von Resilienz und Solidarität. Wir sind in einen Zustand geraten, von dem aus wir neu über die Zukunft nachdenken können und müssen.

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orona ist keine Krise der Marktwirtschaft oder gar der Globalisierung an sich, aber sie hat die Bedeutung staatlichen und wirtschaftspolitischen Handelns sowie die Stärken einer sozialen und solidarischen Marktwirtschaft gegenüber anderen Systemen deutlich gemacht. Der teilweise Lockdown und Shutdown waren in einer wohlfahrtsökonomischen Abwägung unterschiedlicher gesundheitlicher und wirtschaftlicher Interessen unter gleichzeitig großer epidemiologischer Unsicherheit wohl richtig, ebenso wie die dadurch notwendig gewordenen Maßnahmen zur Stützung und Stabilisierung der Unternehmen und Haushalte, darunter massive Liquiditätshilfen in Form von Bürgschaften, Krediten und Transfers. Und auch das zuletzt beschlossene milliardenschwere Konjunkturprogramm ist richtig, um die Wirtschaft über Nachfrageimpulse wieder in Schwung zu bringen und den bevorstehenden Strukturwandel durch Investitionsanreize zu beschleunigen.

Versäumnisse machen sich jetzt bemerkbar Wie ein Brennglas hat Corona offengelegt, was sich an strukturellen Defiziten und wirtschaftspolitischen Versäumnissen in den letzten Jahren hinter einem mehr als zehnjährigen konjunkturellen Aufschwung lange verborgen hatte. Schon länger war klar gewesen, dass Deutschland sich angesichts großer struktureller Umbrüche – Digitalisierung, Klimawandel, Demografie – nicht auf dem Erfolg des Status quo ausruhen und sich einer Vermögensillusion hingeben darf. Insoweit kommt es jetzt nicht nur auf einen konjunkturpolitischen Impuls an, sondern es geht um eine transformative, erneuernde Post-Corona-Wirtschaftspolitik. Corona traf auf eine ohnehin schon fragile Welt und hat dadurch bestehende Entwicklungen verschärft und beschleunigt. Geopolitische Verschiebungen kündigen ein neues Zeitalter der Globalisierung an, in dem Protektionismus und Neonationalismus wieder stärker werden. Digitalisierung verändert in disruptiven Schüben Geschäftsmodelle und ganze Branchen. Und schließlich stellt der Klimawandel Gesellschaften vor eine historische Herausforderung. Das alles findet statt in einer Zeit, in der Demokratie und Marktwirtschaft bedroht scheinen. Der aufkeimende Populismus, die gesellschaftliche Polarisierung und der schleichende Vertrauensverlust sind nur drei von mehreren Anzeichen.

Wirtschaftspolitik muss sich auf langfristige Ziele ausrichten Nach Corona wird es wesentlich um die Frage gehen, wo neues Vertrauen entsteht. Die Coronakrise wird – so viel ist jetzt schon klar – längerfristige Auswirkungen haben, wirtschaftliche Existenzen und Vermögen, aber auch Hoffnungen und Vertrauen vernichtet sowie Zukunftsängste und Schulden hinterlassen haben. Und sie wird mit Erwartungen konfrontiert sein, die sie nicht wird einlösen können. So richtig die diskretionären Maßnahmen gewesen sind, so wichtig wird es sein, wieder zu ordnungspolitisch orientierter Wirtschaftspolitik zurückzukehren. Der Staat kann selbst keinen Wohlstand und keinen Fortschritt schaffen. Diesem Ansinnen sind Grenzen der Staatsverschuldung und politischer Weisheit gesetzt, auch wenn in Corona-Zeiten die Lehren aus der Vergangenheit gerade über Bord geworfen zu werden scheinen. Es ist gut und richtig, der oft kurzfristig agierenden Politik in vernünftigen Grenzen Budgetrestriktionen aufzuerlegen. Gleichwohl kommen dem Staat und seinen Institutionen in den kommenden Jahren wichtige stabilisierende und gestaltende Aufgaben zu. Er kann und muss sehr wohl die regulatorischen Rahmenbedingungen für Wettbewerb, Nachhaltigkeit und Innovation schaffen sowie durch Steuerpolitik und öffentliche Güter Verteilungs- und Chancengerechtigkeit herstellen. Die Forderung nach Autarkie und weniger Abhängigkeit von internationalen Produktionsund Lieferketten verkennt, wie sehr internationaler Handel zu höherer Konsumvielfalt und Kaufkraft geführt hat, und wie teuer die Strategie einer Importsubstitution nicht nur für heimische Konsumenten wäre, sondern zugleich die eigenen Unternehmen ihrer Exportmöglichkeiten berauben würde. Die Wirtschaftspolitik muss sich wieder auf langfristige Ziele ausrichten, Vertrauen und Glaubwürdigkeit stärken, den Wettbewerb und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern. Das bedeutet, dass sie wieder stärker auf der Ordnungsebene agieren muss. Wenn sie diese Ebene stärkt, kann auch die Bedeutung des freien Unterneh-

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