DER MITTELSTAND. 5 | 2021
DEUTSCHLAND
Wenn die Kleinen die Großen treiben Grüne und FDP wollen nach der Bundestagswahl erst einmal unter sich ausloten, in welcher Koalition man zusammenpassen könnte. Wahlsieger und Wahlverlierer, SPD und Union, müssen von außen zusehen.
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uf den Kanzler kommt es an? Nach dieser Bundestagswahl darf man Zweifel anmelden, ob der einstige Wahlkampfslogan noch eine starke Bedeutung hat. Ob SPD oder Union: Wer um die 25 Prozent der Stimmen zum Anlass nimmt, sich zum Sieger oder Regierungsbildungsbeauftragten zu erklären, der muss nicht nur den Machtblick nach vorne richten, sondern zerknirscht feststellen, dass die künftige Kanzlerpartei, gleich welche, allenfalls noch eine Rest-Volkspartei ist. Der Absturz der Union ins – an ihrem Führungsanspruch gemessen – nahezu Bodenlose kommt nicht überraschend. Die verheerenden Nachfolgediskussionen an der Parteispitze, eine mehr als unglückliche Kandidatenentscheidung, eine über drei Jahre hinweg den geregelten Machtübergang aussitzende und nicht gestaltende Kanzlerin: Der Wähler hat der Union die passende Quittung gegeben. Anders als der aus der roten Parteiasche erstandene Olaf Scholz, wird sich Armin Laschet nicht mit der nötigen Autorität und Ruhe darum kümmern können, ob und mit wem er trotz der verheerenden Niederlage doch noch eine Bundesregierung zusammenschustern will. Denn auch das hat ja diese Wahl gezeigt: Der Merkelbonus ist verschwunden, und hunderttausende frühere SPD-Wähler zur alten Parteitante zurückgewechselt.
Dass sich die SPD jetzt in der untergehenden Sonne alter Stärke und etablierter Mehrheiten sonnt, sei ihr gegönnt. Sie hat lange darauf warten müssen. Dass sie sich dafür nicht einmal richtig anstrengen musste, sollte ihr jedoch zu denken geben. Olaf Scholz jedenfalls dürfte in seiner stillen Art gelassener möglichen Gesprächen mit möglichen Partnern entgegensehen als Laschet. Dessen Rückhalt wird weiter schwinden. Den Anspruch, Kanzler zu werden, sprechen ihm selbst einflussreiche Enttäuschte in der Union ab.
All das lässt darauf schließen, dass der Republik ein schwieriger und langwieriger Findungsprozess bevorsteht. Rolle der Grünen und der FDP Und so wirkt es, als ob Scholz wie Laschet erst einmal darauf warten müssen, ob und wie sich Grüne und FDP „in kleinstem Kreis“ darüber verständigen können, mit wem Grün-Gelb unter die Koalitions-
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