FÜR EIN BESSERES EUROPA
MIT DEM MITTELSTAND IN DIE ZUKUNFT
#Mittelstandwählt
Unternehmerprogramm des Mittelstands zur Europawahl 2019 Positionen und Forderungen des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft e. V. www.bvmw.de/europawahl2019
DER BVMW – DIE STARKE STIMME DES MITTELSTANDS IN DEUTSCHLAND UND EUROPA Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) ist gemeinsam mit der Mittelstandsallianz der größte freiwillig organisierte Zusammenschluss mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Er ist die Stimme des unternehmerischen Mittelstands. Eine starke Stimme, die Gehör findet – in der EU, im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Als wichtigster Mittelstandsverband spricht der BVMW im Rahmen seiner Mittelstandsallianz für circa 900.000 Mitglieder. Unser Verband vertritt die Interessen seiner Mitglieder machtvoll und erfolgreich gegenüber der Politik in Städten und Gemeinden, in Bund und Ländern. Eine besondere Bedeutung kommt dem europäischen Mittelstandsdachverband European Entrepreneurs (CEA-PME) in Brüssel zu. CEA-PME vertritt mit seinen mehr als 32 freiwillig organisierten nationalen Mittelstandsverbänden die Interessen von mehr als zwei Millionen Unternehmen. Die Repräsentantinnen und Repräsentanten des BVMW pflegen jährlich rund 800.000 direkte Kontakte zu Mittelständlern in ihrer Region. Dadurch weiß der Verband wie kein anderer, wo dem Mittelstand „der Schuh drückt“. Mit seinen bundesweit mehr als 300 Geschäftsstellen ist der BVMW der Ansprechpartner und Dienstleister für die mittelständischen Unternehmen. Als Partner unterstützt er die Mittelständler auf ihrem Weg in die Zukunft. Für die Politik ist der BVMW Kritiker und Partner zugleich. Ziel des Verbandes ist es, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland und Europa zu verbessern und dadurch den Wirtschaftsstandort zu stärken. Das Unternehmerprogramm des Mittelstands informiert Sie über die politischen Positionen, Forderungen und ganz konkreten Lösungsvorschläge unseres Verbandes zur Europawahl 2019.
BVMW-Jahresempfang 2018
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Wir bedanken uns bei allen, die bei der Entstehung des Unternehmerprogramms mitgewirkt haben. Ein besonderer Dank gilt dabei den Mitgliedern des Vorstandes sowie den Kommissionen des BVMW.
VORWORT Wirtschaftspolitik für Wohlstand und Sicherheit in Europa Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht im europäischen Vergleich sehr gut da. Mehr Wohlstand bei gleichzeitig hoher individueller sozialer Absicherung gab es bei uns nie zuvor. Doch das hat seinen Preis: Die Sozialausgaben sind mit einem Anteil von über 57 Prozent der mit Abstand größte Posten im Bundeshaushalt, bei der Steuer- und Abgabenlast für Betriebe und Bürger liegt Deutschland weit über dem OECD-Durchschnitt. Darunter leidet Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit. In Folge von Handelskonflikten, geopolitischen Auseinandersetzungen und Auflösungserscheinungen in der EU greift auch bei uns eine tiefliegende Verunsicherung um sich. In den USA und Europa wächst vor diesem Hintergrund der Rückhalt von Politikern und Programmen, die auf nationale Alleingänge und Abschottung setzen. Beides ist für den Mittelstand kein gangbarer Weg. Eine Politik, die die Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzt und Freihandel ablehnt, nutzt kurzfristig wenigen und schadet langfristig vielen.
Mario Ohoven ist Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW); er steht zugleich an der Spitze des europäischen Mittelstandsdachverbands European Entrepreneurs (CEA-PME) in Brüssel.
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Umso mehr ist es Aufgabe der Politik, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Dazu müssen Sicherheit, Wohlstand und Innovationskraft auch in Zukunft garantiert sein. Dies ist nur mit einer Neujustierung der Wirtschaftspolitik möglich – in Berlin und Brüssel. In diesem Unternehmerprogramm betrachten wir die Wirtschaftspolitik für Europa aus Sicht der über 3,6 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland. Dabei lassen wir uns von den folgenden Grundgedanken leiten: §§ Fairer Wettbewerb: Deutschland profitiert von der Globalisierung, solange unsere Unternehmen weltweit konkurrenzfähige Produkte anbieten. Diese dürfen nur so viel teurer sein, als sie besser sind. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit muss daher für die Politik Priorität haben. §§ Europäische Gemeinschaft: Die EU ist unser Friedens- und Wohlstandsanker. Deutschland muss in die Europäische Union und die NATO eingebettet bleiben, auch wenn Nationalisten in einzelnen Ländern das Ruder übernehmen oder der Euro zerbrechen sollte. §§ Individuelle Verantwortung: In Europa muss Eigenverantwortung stärker gelebt werden. Wer gegen das Gemeinwohl handelt, hat die Konsequenzen dafür zu tragen. Dies gilt für alle europäischen Staaten und Gesellschaften gleichermaßen. §§ Starkes Unternehmertum: Unternehmerisches Handeln ist eine Geisteshaltung, die nicht bekämpft, sondern gefördert werden muss. Die europäische Politik darf Unternehmen nicht durch überbordende Bürokratie und drückende Steuerlast strangulieren. §§ Digitale Zukunft: Gerade der Mittelstand sollte die Chancen der Digitalisierung nutzen. Es geht nicht mehr darum, ob Europa die digitale Transformation annimmt, sondern wie wir sie für uns gestalten. Erfolg heißt auch hier, sich ändern zu können. Aus diesen Leitgedanken werden in den folgenden Kapiteln die konkreten wirtschaftspolitischen Forderungen des Mittelstands zur Europawahl 2019 abgeleitet. Handelt die Politik entsprechend, haben wir eine realistische Chance, ein Kontinent des Zukunftsoptimismus und nicht der Zukunftsangst zu werden.
Mario Ohoven Präsident BVMW e. V. Präsident European Entrepreneurs
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INHALT
DIE WICHTIGSTEN FORDERUNGEN DES MITTELSTANDS: SEITE
Wertegemeinschaft in den Vordergrund stellen
BÜROKRATIEABBAU – WORTEN TATEN FOLGEN LASSEN
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BINNENMARKT – POTENZIALE ERKENNEN UND AUSBAUEN
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BREXIT – HARTEN BRUCH VERHINDERN
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BANKEN UND EURO – STABILITÄT GEWÄHRLEISTEN
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STEUERN – FAIREN WETTBEWERB ERMÖGLICHEN
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MIGRATION – HERAUSFORDERUNGEN TEILEN, VERANTWORTUNG WAHRNEHMEN
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ARBEIT UND SOZIALES – SOUVERÄNE STAATEN, GEMEINSAME ZIELE
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EU-Recht vereinfachen
Europäischen Binnenmarkt vollenden
Zölle und Grenzkontrollen vermeiden
Wirtschafts- und Währungsunion krisenfest machen
Steuersystem vereinheitlichen
Asyl als gemeinsame europäische Aufgabe sehen
Souveränität bei der Arbeitslosenversicherung erhalten
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EUROPA – DIE EUROPÄISCHE IDEE VORANBRINGEN
INNOVATION UND FORSCHUNG – GEMEINSAM IN DIE ZUKUNFT GEHEN
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DIGITALISIERUNG – FÜR EIN EUROPA OHNE DIGITALE GRENZEN
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MOBILITÄT – ZUKUNFTSFÄHIG BLEIBEN
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ENERGIE – SO DEZENTRAL WIE MÖGLICH, SO ZENTRAL WIE NÖTIG
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UMWELT – KLIMASCHUTZ VORANBRINGEN
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LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT – MITTELSTAND STÄRKEN
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AUSSENHANDEL – GLOBALE BEZIEHUNGEN INTENSIVIEREN
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GEMEINSAME AUSSEN- UND SICHERHEITSPOLITIK – EUROPA SCHÜTZEN
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BILDUNG – INTENSIVER AUSTAUSCH FÜR EINE GEMEINSAME ZUKUNFT
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AFRIKA – DER MITTELSTAND FÜR EINE WIRKSAME AFRIKAPOLITIK
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Europäische Definition des Mittelstands korrigieren
Digitalen Binnenmarkt vollenden
Europäische Verkehrsinfrastruktur modernisieren
Energiewende dezentral umsetzen
Mindestpreis im EU-Emissionshandel einführen
Förderung von kleinen Betrieben erhalten
Freihandel mittelstandsgerecht gestalten
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Einstimmigkeitsprinzip beibehalten
ERASMUS für alle stärken
Interkontinentale Wirtschaftskooperation vereinfachen
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Die Werte des Unternehmers Europas Unternehmerinnen und Unternehmer sind vielfältig und unterschiedlich in ihrem Charakter, ihren Strategien und ihren Erfolgsrezepten. Aber bei aller Unterschiedlichkeit existieren gemeinsame unternehmerische Werte, die ihre Mentalität ausmachen. Es sind die Werte, die die mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer in Europa leben. EIGENVERANTWORTUNG Mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer haften mit ihrem Kapital. Im Gegensatz zu anderen erwarten sie nicht, dass der Staat für Verluste aufkommt. Eigenverantwortung und die Verantwortung für andere gehen Hand in Hand. Sie haben sich dazu entschieden, verantwortlich zu sein – für sich selbst und für die Mitarbeiter. FREIHEIT Mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer lieben die Unabhängigkeit, Entscheidungen zu treffen. Das umfasst auch die Freiheit, sich niederzulassen, Personal einzustellen und neue Produkte zu entwickeln. Auch die Freiheit zu scheitern, gehört dazu. Doch die Freiheit endet dort, wo Dritte Nachteile erfahren. Deshalb gehören Freiheit und soziales Engagement zusammen. OFFENHEIT Seit jeher überwindet der Handel religiöse, kulturelle oder nationale Grenzen. Daher sind mittelständische Unternehmen offen für Andersdenkende. Bei internationalen Treffen zeigt sich immer wieder, dass die unternehmerischen Werte das verbindende Element zwischen den Unternehmerinnen und Unternehmern sind. AUFRICHTIGKEIT Aufrichtigkeit schafft Achtbarkeit, die Grundlage für Vertrauen. Der Mittelstand agiert mit einer langfristigen Perspektive und weiß um den Stellenwert einer hohen Reputation. Vertrauen erleichtert die Zusammenarbeit und verkürzt Prozesse. Deshalb sind Aufrichtigkeit, Fairness und Vertrauen aus moralischer und ökonomischer Sicht wichtige Dinge.
REGIONALE VERWURZELUNG Mittelständische Unternehmen sind häufig mit den Regionen, in denen sie unternehmerisch tätig sind, eng verbunden. Sie unterstützen auf vielfältige Weise Aktivitäten vor Ort und wissen, dass der Schutz der Umwelt vor der eigenen Haustür beginnt. Das Vertrauen der Beschäftigten, Kunden und Zulieferer in ein Unternehmen wächst, je mehr es sich mit seinem Standort identifiziert. FREUDE AM WETTBEWERB Wettbewerb ist der Ansporn, mit besseren und innovativeren Produkten seine Kunden zu überzeugen. Unternehmerinnen und Unternehmer handeln aus Freude am Wettbewerb. Eine wichtige Voraussetzung für Wettbewerb sind faire Rahmenbedingungen – für Unternehmen und Bürger.
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NACHHALTIGKEIT Wer nachhaltig wirtschaftet, lebt vom Ertrag und nicht von der Substanz. Mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer streben aus ökonomischer, ökologischer und sozialer Sicht eine nachhaltige Entwicklung ihres Unternehmens an. Für sie stehen nicht Quartalsergebnisse im Vordergrund, sondern der langfristige Aufbau und Erhalt ihrer Unternehmen. Diese konservative, werterhaltende Einstellung bedeutet auf gesellschaftlicher Ebene die Verbindung von Ökologie und Ökonomie.
LEISTUNGSPRINZIP Unternehmerinnen und Unternehmer erzeugen Produkte, schaffen Arbeitsplätze und sorgen für Wachstum. Davon profitiert die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit: Das muss honoriert werden. Wer mehr leistet, soll mehr verdienen. Dieser Grundsatz ist auch eine Motivation für künftige Generationen, unternehmerisch tätig zu werden und so unseren Wohlstand zu sichern. CHANCENGERECHTIGKEIT Die aktuelle gesellschaftspolitische Debatte darf nicht auf Verteilungsfragen verengt werden. Wichtiger ist aus Sicht des Mittelstands die Teilhabe- und Chancengerechtigkeit. Unternehmerinnen und Unternehmer sind bereit, mit Engagement und Risikobereitschaft ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Alle Menschen müssen die Möglichkeit besitzen, ihre Lebenssituation – unabhängig von der sozialen Herkunft oder anderen Barrieren – durch eigene Anstrengung zu gestalten und zu verbessern. Bessere Bildungsbiographien durch frühkindliche Bildung und lebenslanges Lernen sind dafür zentrale Voraussetzungen. RISIKOBEREITSCHAFT Unternehmerinnen und Unternehmer übernehmen Risiken für ihr Unternehmen und sich selbst. Der Vergleich mit Banken zeigt, warum aus der individuellen Risikobereitschaft im Mittelstand kein gesamtgesellschaftliches Risiko erwächst: Personengesellschaften begrenzen ihre Risiken, da sie eigenverantwortlich haften. Im Fall des Misserfolgs werden die Verluste nicht auf den Steuerzahler abgewälzt.
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GESELLSCHAFTLICHER ZUSAMMENHALT Unternehmen sind ein Teil der Gesellschaft. Den Unternehmerinnen und Unternehmern ist daher der gesellschaftliche Zusammenhalt sehr wichtig. Arbeitsplätze zu schaffen, angemessene Löhne zu zahlen und die Beschäftigten in ihrer Individualität ernst zu nehmen, ist Teil ihres mittelständischen Engagements. Viele Unternehmen eröffnen auch benachteiligten Menschen Aufstiegschancen, die ihnen sonst verwehrt bleiben. UNTERNEHMERISCHER IDEALISMUS Unternehmerinnen und Unternehmer besitzen Gestaltungswillen. Sie setzen Ideen in die Realität um. In diesem Sinne sind sie Idealisten. Gegenwind und Hürden wecken ihren Ehrgeiz. Sie bleiben auf dem Boden der Realität, sie sind keine Phantasten. Durch diesen unternehmerischen Idealismus werden aus Existenzgründerinnen und -gründern Unternehmerpersönlichkeiten.
Diese Werte zeichnen Unternehmerpersönlichkeiten aus. Doch finden sie noch Gehör in der Politik? Die Antwort lautet Nein. Deswegen machen wir uns auf allen politischen Ebenen für eine mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik stark. Eine Wirtschaftspolitik, die auf den Werten Eigenverantwortung, Leistungsgerechtigkeit, Nachhaltigkeit und individueller Freiheit basiert. Diese Werte bilden das Fundament, auf dem unser Programm entstanden ist.
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Dr. Hans-Michael Pott Partner Anwaltskanzlei Sernetz Schäfer Vorstand des BVMW
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Europa – Die europäische Idee voranbringen Die Europäische Union ist der größte Markt weltweit und Garant für Frieden und Stabilität in Europa. Die Mitgliedstaaten teilen gemeinsame Werte und die Freiheiten des Binnenmarkts. Allerdings vereinnahmen Landespolitiker vermehrt die Vorteile der EU für sich, während unerwünschte Entwicklungen einseitig der EU angelastet werden. UNSERE KERNFORDERUNG: WERTEGEMEINSCHAFT IN DEN VORDERGRUND STELLEN Gemeinsame Werte und europäische Themen müssen stärker nach innen und außen kommuniziert werden. Die stärkere Darstellung von Erfolgen und Leistungen schafft Vertrauen und Akzeptanz. Ein wichtiger Baustein für die Weiterentwicklung der EU ist die Schaffung von praxisorientierten Programmen, zielführenden Maßnahmen und effektiven Einrichtungen. Diese sollen den europäischen Bürgerinnen und Bürgern und dem Mittelstand den Mehrwert der EU greifbar machen. WEITERE FORDERUNGEN §§ EU-Mittelstandspolitik etablieren Mehr als 20 Millionen kleine und mittlere Unternehmen werden immer stärker von der wirtschaftsrelevanten Politik der Europäischen Union in vielfältiger Weise beeinflusst. Eine gezielte EU-Mittelstandspolitik besteht hingegen kaum. Durch den Small Business Act 2008 erhielten vor allem Kleinstunter-
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nehmen und Start-ups mehr Beachtung. Trotz der Finanzkrise, bei der sich der Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft herausgestellt hat, stehen die Belange von kleinen und mittleren Unternehmen immer noch nicht im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit. Eine zielgerichtete EU-Mittelstandspolitik sollte Bürokratie abbauen und auch größere mittelständische Unternehmen in den Blick nehmen. §§ Mittelstand neu definieren Der Mittelstand als Grundpfeiler der europäischen Wirtschaft muss bei allen Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Überarbeitung der EU-Definition für kleine und mittlere Unternehmen: Größere Familienbetriebe und eigentümergeführte Unternehmen verstehen sich auch als Mittelstand. §§ Subsidiarität leben Die europäischen Institutionen dürfen nicht regeln, was Länder oder Regionen besser und effizienter überblicken können. Dieses Prinzip der Subsidiarität ist in letzter Zeit zu wenig beachtet worden und muss wieder gestärkt werden. Das heißt auch, demokratisch nicht ausreichend legitimierte und von den EU-Verträgen ungerechtfertigte Maßnahmen zu vermeiden, wie z. B. europäische Steuern. Die Haushaltshoheit der Länder sollte weiterhin auch dort bleiben.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Kerngedanke des Europarechts ist es, Freiräume zu schaffen. Der Mittelstand braucht diese Freiräume. Bei der Wahl wird mitentschieden, ob Beschränkung und Bürokratie diesen Kerngedanken pervertieren. Das Wirtschaftsrecht wird durchgängig vom Recht der Europäischen Union bestimmt. Der wachsende Einfluss des Europäischen Parlaments auf die Ausgestaltung der Normen macht es zur Pflicht jeden Unternehmers, seinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments zu nutzen.
Dr. Helmut Baur Geschäftsführer Binder Optik GmbH Vorstand des BVMW
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§§ Unternehmergeist unterstützen Die Unterstützung der Gründungsförderung durch Förderprojekte der EU-Kommission bietet einen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit. Dieser Aspekt sollte in den europäischen Förderprogrammen daher stärker berücksichtigt werden. Generell sollen dabei Unternehmertum und Unternehmergeist auf allen Ebenen, für alle gesellschaftlichen Gruppen und von der Schule an, gefördert werden. Dafür müssen Start-ups sowie Unternehmensgründungen steuerlich und bürokratisch erleichtert werden. §§ Europäische Integration flexibel voranbringen Seit ihren Gründungstagen hat die EU das Angleichen nationaler Lebensstandards auf hohem Niveau zu einem Kernziel der europäischen Integration gemacht. Aus dieser Zielsetzung heraus begründet sich
auch die Finanzierung der Europäischen Integrationspolitik, die immerhin 34 Prozent des europäischen Budgets ausmacht. Die Mitgliedsländer der EU sind dadurch in den letzten Jahrzehnten zusammengewachsen. Ein Austritt aus der EU ist, wie der Brexit zeigt, schwierig und schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung auf beiden Seiten. Gleichzeitig wird eine weitergehende europäische Integration aufgrund unterschiedlicher Interessen der Mitgliedsländer immer schwieriger. Die Schaffung der „Vereinigten Staaten von Europa“ ist nicht erstrebenswert. Vielmehr sollte die europäische Integration durch verschiedene Integrationsgrade vertieft werden. So könnten einige Länder voranschreiten und die europäische Integration voranbringen, während andere Mitgliedsländer auf dem gegenwärtigen Integrationsniveau bleiben, bis sie bereit sind, in eine vertiefte Union einzutreten.
Im Angesicht der heutigen Unsicherheit in der Welt muss der Mittelstand als eine tragende Säule Europas und Quelle der Stabilität anerkannt und weiter gefördert werden. Die politische Weiterentwicklung der EU muss dringend angegangen werden, durch eine demokratisch besser legitimierte Währungsunion, am besten über ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten und die Schaffung einer echten Europäischen Verteidigungsunion.
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Ringmodell für Europa:
europäische Partnerabkommen
§§ §§ §§
Norwegen Schweiz Großbritannien
Basisintegration
§§
EU27 (Status Quo)
vertiefte Integration
§§
Deutschland und weitere Mitglieder
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Die EU in Zahlen * ARBEIT
245.8 Mio. Erwerbstätige 7,6 % Arbeitslose, Jugendarbeitslosigkeit: 16,8 % Von Armut bedrohte Personen: 118 Mio. Personen, 23,5 %
Baugewerbe Landwirtschaft 5,4 % 1,6 % Industrie 19,6 %
Dienstleistungen 73,4 %
HANDEL
1.879 Mrd. € Export 1.858 Mrd. € Import Größter Handelspartner: USA 17 % 64 % Handel in der EU
VERKEHR 973 Mio. Fluggäste 258 Mio. Personenkraftwagen
BEVÖLKERUNG
80,6 % aller Schüler lernen in der Grundschule Englisch 47,9 % aller Schüler erlernen mehr als eine Fremdsprache 31,5 % Hochschulabschluss 10,6 % frühzeitige Schulabbrecher
Große Unternehmen
43,5 %
KMU 56,5 %
WIRTSCHAFT
Inflationsrate ø 1,8 % pro Jahr Bruttoschuldenstand: 81,6 %
BIP 15.326 Mrd. €
BIP 29.200 € Pro Kopf
Quelle: Eurostat 2018. * Zum Redaktionsschluss war Großbritannien noch Mitglied der EU.
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Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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BILDUNG
512 Mio. 6,8 % der Weltbevölkerung = Zuwachs ~ 1,2 Mio. Lebenserwartung: 80,6 Jahre
Friedhelm Runge Geschäftsführer EMKA Beschlagteile GmbH & Co. KG
Bürokratieabbau – Worten Taten folgen lassen
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Der Mittelstand wird durch einen hohen Bürokratieaufwand übermäßig belastet. Dokumentationspflichten kosten Unternehmen immer mehr Zeit und Geld. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Bürokratiekosten entstehen nach wie vor bei der nationalen Umsetzung von EU-Recht durch die Mitgliedstaaten. Mit der Agenda für bessere Rechtssetzung hat sich die Europäische Kommission zur Aufgabe gemacht, das EU-Gesetzgebungssystem grundlegend zu reformieren. Dennoch sind die Vorgaben zur Erfüllung von EU Richtlinien und damit auch der Bürokratieaufwand für die Wirtschaft laut Nationalem Normenkontrollrat in den letzten Jahren spürbar gestiegen. Infolgedessen fordert der BVMW auch auf europäischer Ebene eine Deregulierungsinitiative, um Verfahren zu vereinfachen und Bürokratie nachhaltig abzubauen. UNSERE KERNFORDERUNG: EU-RECHT VEREINFACHEN Die Kommission beabsichtigt mit ihrem jüngsten Projekt zum Bürokratieabbau, dem sog. REFIT-Programm, Belastungen und Widersprüche zu identifizieren und überflüssige Regelungen aufzuheben. Auch soll bei den Anstrengungen ein besonderes Augenmerk auf der Entlastung des europäischen Mittelstands liegen. Die konkret vorgesehenen Maßnahmen sind jedoch enttäuschend und zeugen von geringen Ambitionen. Der BVMW hält die EU-Kommission dazu an, dauerhaft und konsequent die Ziele von REFIT zu verfolgen, um so eine spürbare Bürokratieerleichterung für den Mittelstand zu erreichen.
WEITERE FORDERUNGEN §§ Entsenderichtlinie entbürokratisieren Die Entsendung von Beschäftigten ist ein Grundpfeiler der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Durch die unterschiedlichen nationalen Umsetzungen der Durchsetzungsrichtlinie wird es für kleine und mittlere Unternehmen zunehmend schwieriger, den Flickenteppich an Anforderungen zu erfüllen. Die Probleme von Missbrauch und illegalen Praktiken bei grenzüberschreitenden Entsendungen werden durch die Neuregelung nicht gelöst. Daher fordern wir eine tiefgreifende Reform der Entsenderichtlinie, die Missbräuche adressiert und transparente, einheitliche Anforderungen formuliert.
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Bürokratieaufwände belasten den Mittelstand unverhältnismäßig. Vielfältige Aufzeichnungspflichten, langwierige Antragsprozesse und zeitintensive statistische Erhebungen haben Maß und Ziel verloren. Insbesondere europäische Gesetzgebung, die unkoordinierte nationalstaatliche Umsetzung nach sich zieht, wie beispielsweise die Entsenderichtlinie, führen zu einem weiteren Anstieg der Bürokratiekosten. Es ist Zeit für eine EU-weite Reform, die sich dem Bürokratieabbau verpflichtet.
§§ EU-Vergaberichtlinien reformieren Alle Anforderungen an EU-Auftragsvergaben müssen streng auf den Auftragsgegenstand bezogen bleiben und dürfen nicht mit allgemeinpolitischen Zielen überfrachtet werden. Die Verfahren müssen transparent und nicht diskriminierend sein. Es darf keine Nachweispflichten geben, die kleine und mittlere Unternehmen nicht oder nur schwer erfüllen können. §§ Regulierungen standardisieren Durch national gedachte Regulierung entstehen für die deutsche Wirtschaft enorme Wettbewerbsnachteile im EU-Vergleich. Mindeststandards mit einer Orientierung an internationalen Vorgaben sind daher notwendig, um den Erfüllungsaufwand ordnungspolitischer Maßnahmen einfach, sachgerecht und transparent zu gestalten.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Binnenmarkt – Potenziale erkennen und ausbauen
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Grenzüberschreitender Handel ist zur Grundlage für den europäischen Wohlstand geworden und sichert seit Jahrzehnten Frieden und Einigkeit. Daher liegt es im Interesse des Mittelstands, den europäischen Binnenmarkt zukunftsgerecht weiterzuentwickeln. Bedeutende Vorhaben, wie ein digitaler Binnenmarkt, müssen angesichts der immer schneller voranschreitenden Digitalisierung zügig umgesetzt werden.
Der Europäische Binnenmarkt ist nicht nur der weltweit größte Binnenmarkt, er ist auch Garant für eine erfolgreiche Zukunft Europas. Die vier Grundfreiheiten des Binnenmarkts – Freiheit für Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital – bilden die Grundlage für die Handelsmacht Europas. Auf Basis des wirtschaftlichen Erfolgs gelang es der EU, gleichzeitig die gemeinsame Identität zu stärken und die europäische Integration voranzutreiben. Nichtsdestotrotz verbleiben nationale Vorschriften, die europäische Unternehmen daran hindern, das vollständige Potenzial des Binnenmarkts auszuschöpfen. UNSERE KERNFORDERUNG: EUROPÄISCHEN BINNENMARKT VOLLENDEN Nur ein vollendeter Binnenmarkt, in dem gemeinsame Regeln effizient Anwendung finden, und der sowohl Flexibilität als auch Entlastung und Rechtssicherheit bringt, kann Bestand haben. Die Überarbeitung von bestehenden Regelungen und deren Vereinfachung darf nicht nur politisch gefordert werden, sondern muss endlich auch in konkrete Maßnahmen münden. So sollte auch die Idee des digitalen Binnenmarkts vorangetrieben werden. WEITERE FORDERUNGEN §§ Freizügigkeitsprinzip erhalten Es ist von höchster Bedeutung, dass Deutschland sich auf europäischer Ebene für einen langfristigen Erhalt der Errungenschaften des Freizügigkeitsprinzips einsetzt. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass eine na-
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tionale Durchsetzung von EU-Richtlinien nicht zu Lasten des Mittelstands geschieht. §§ Waren- und Dienstleistungsmarkt vertiefen Die Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, die unzulängliche Durchsetzung bestehender Vorschriften, das geringe Aufkommen grenzüberschreitend vergebener öffentlicher Aufträge und die mangelnde politische Unterstützung für Strukturreformen, schränken Unternehmen und Bürger in ihren Möglichkeiten ein. Folgen sind weniger Arbeitsplätze und unnötige Kosten. Die geplante europäische Dienstleistungskarte und eine gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen sind wichtige Schritte für einen Abbau der Hindernisse. §§ EU-Mehrwertsteuersystem reformieren Grenzüberschreitend tätige Unternehmen haben derzeit deutlich höhere Kosten für die Vorschrifteinhaltung als nur im Inland tätige Unternehmen. Dieser Wettbewerbsnachteil sollte umgehend durch eine Reform des Mehrwertsteuersystems ausgeglichen werden. Ein solcher Neustart würde die Situation gleichermaßen für Regierungen und Unternehmen verbessern. Nur wenn die Europäische Kommission hier zügige Fortschritte erreicht, können Unternehmen die Vorteile des Binnenmarktes in Gänze nutzen und auf den Weltmärkten bestehen.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Dr. Jutta Christine Marx Geschäftsführerin DILAX Intelcom GmbH
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Brexit – Harten Bruch verhindern Am 23. Juni 2016 hat sich die britische Bevölkerung mit einer knappen Mehrheit für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Seitdem ist der Brexit für die mittelständischen Unternehmen ein großer Unsicherheitsfaktor. Die wirtschaftliche Verflechtung der britischen und kontinentaleuropäischen Wirtschaft ist allgegenwärtig. Insbesondere Deutschland gehört zu den wichtigsten Handelspartnern Großbritanniens. Laut Statistischem Bundesamt ist das Vereinigte Königreich für deutsche Exporteure der fünftwichtigste Absatzmarkt im Jahr 2017. Der Brexit-Effekt macht sich bereits bemerkbar: 2016 lag UK noch auf Platz zwei. Rund 750.000 Arbeitsplätze hängen hierzulande vom Handel mit Großbritannien ab (Going International 2018). UNSERE KERNFORDERUNG: ZÖLLE UND GRENZKONTROLLEN VERMEIDEN Ein weicher Brexit mit einem Austrittsvertrag würde Großbritannien weiter eng an die Europäische Union binden und könnte den wirtschaftlichen Schaden für die kleinen und mittleren Unternehmen begrenzen. Ein harter Brexit ohne Austrittsabkommen würde dahingegen den Mittelstand durch Zölle, Grenzkontrollen und nichttarifäre Handelshemmnisse belasten und die Handelsbeziehungen zwischen britischen und deutschen Unternehmen lähmen. Die Folge ist nicht zuletzt der Verlust vieler Arbeitsplätze im deutschen Mittelstand. Der BVMW fordert daher, den freien Handel zwischen Großbritannien und
der EU kurz-, mittel- und langfristig zu gewährleisten. Ein Verbleib in der Zollunion und dem gemeinsamen Binnenmarkt wäre dazu optimal. WEITERE FORDERUNGEN §§ Freihandelsabkommen ausarbeiten Die Aushandlung eines umfassenden Freihandelsabkommens sollte unmittelbar nach einer Einigung über die Übergangszeit beginnen. Der BVMW fordert ein Abkommen, das den reibungslosen Handel weiterhin gewährleistet. Eine enge, partnerschaftliche Beziehung zwischen der EU und Großbritannien ist für beide Seiten erstrebenswert. Der freie Handel in der EU sichert Wachstum und Beschäftigung bei allen Beteiligten. Das Erreichte darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Im Sinne des Mittelstands sollte sich die Europäische Union unbedingt um einen geordneten Brexit bemühen. Der Austritt Großbritanniens darf nicht auf dem Rücken mittelständischer Unternehmen ausgetragen werden. Planungssicherheit, transparente Regelungen und verlässliche Rahmenbedingungen müssen im Zentrum der Ergebnisse stehen.
§§ Für die europäische Idee werben Der Brexit ist ein Symbol dafür, dass ein Europa mit Handelsbeschränkungen und geschlossenen Grenzen am Ende nur Verlierer kennt. Vor allem aber muss der Brexit als Weckruf verstanden werden, Europa weiter zu verbessern und die europäische Idee eindringlicher zu kommunizieren. Damit der Brexit keine Nachahmer findet, muss die Europäische Union die Vorteile der Mitgliedschaft stärker herausstellen und das Verzetteln im politischen Klein-Klein einstellen. Den Europäerinnen und Europäern müssen die Vorzüge eines vereinten Europas besser vermittelt werden.
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Banken und Euro – Stabilität gewährleisten
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Finanzierungsangebote von Banken sind umfangreich und undurchsichtig – vor allem für kleine Unternehmen. Hinzu kommen hohe Regularien und häufig nicht proaktive Beratung durch die Banken. Das liegt zum Teil daran, dass Banken aufgrund interner Umstrukturierungen mit sich selbst beschäftigt sind, hinzukommen häufig personelle Engpässe. Die EU muss hier ein Stabilitätsanker für mittelständische Unternehmen werden.
Zehn Jahre ist die Weltfinanz- und -wirtschaftskrise nun her. Eine ihrer Folgen war die Eurokrise ab 2010. Trotz des Wachstums des realen Bruttoinlandsprodukts innerhalb der Eurozone ab 2014 bestehen weiterhin viele Risiken, vor allem in Griechenland und im italienischen Bankensektor (Eurostat, OECD 2018). Der Mittelstand befürwortet die gemeinsame Währungsunion, denn der Euro ist ein starkes Zeichen der Integration und erleichtert den Handel in Europa. Kleine und mittlere Unternehmen brauchen für ihre Planungen und Investitionen einen verlässlichen Rahmen. Der letzte Schritt der Vollendung der Bankenunion – die gemeinsame europäische Einlagensicherung – ist mit vielen Unsicherheiten verbunden und sollte nur erfolgen, wenn nationale Altlasten beseitigt sind, um die Realwirtschaft nicht zu gefährden.
§§ Schuldenquote senken und Nullzinspolitik beenden In den letzten zehn Jahren haben sich die Schulden der entwickelten Staaten der Welt fast verdoppelt. Risiken sind Inflation, Währungsreform oder Staatsbankrott. Die Niedrigzinspolitik der nationalen Zentralbanken verstärkt das Schuldenproblem noch, solange die Staaten sich das Geld praktisch zum Nulltarif leihen können. Die Ursachen der Krise werden dadurch nicht beseitigt.
UNSERE KERNFORDERUNG: WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION KRISENFEST MACHEN Der BVMW spricht sich dafür aus, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als Kriseninstrument zu stärken. Die Kommission sollte ihm die Überwachung der nationalen Haushalte der EU-Mitgliedstaaten übertragen. Dies würde die demokratische und rechtliche Kontrolle des ESM stärken, ohne dass die Befugnisse der mitgliedstaatlichen Parlamente beeinträchtigt würden.
§§ Aufgaben der EZB klar trennen Kommt es zu einer Staatsinsolvenz, gehört es zu den Aufgaben der EZB und des Eurosystems, auch in einem solchen Krisenfall die Versorgung des Bankensystems mit Liquidität sicherzustellen. Der Ankauf von Staatsanleihen ist nur kurzfristig und in Notsituationen legitim. Eine Wiederholung der Marktintervention macht die EZB erpressbar, ist mit den EU-Verträgen nicht vereinbar und sollte daher unterbleiben.
rung sowie weniger Reformwillen führen. Der BVMW lehnt aus diesem Grund den Vorschlag zu Eurobonds (SBBS) und auch zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung ab. Wir sprechen uns klar gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden aus.
Zudem muss dringend ein Risikoabbau auf nationaler Ebene erfolgen. Banken dürfen nicht auf Kosten des Steuerzahlers gerettet werden. Dafür müssen Staatsanleihen in Bankbilanzen risikogerecht mit Eigenkapital unterlegt werden. Zudem sollten die Mitgliedstaaten die Konvergenzkriterien von Maastricht einhalten und den Fiskalpakt mit den nationalen Schuldenbremsen umsetzen. WEITERE FORDERUNGEN §§ Vergemeinschaftung von Souveränität und Schulden verhindern Jede Regierung sollte für die eigenen Finanzen zuallererst selbst verantwortlich bleiben. Alles andere könnte Fehlanreize hervorrufen und zu weniger Anstrengung bei Konsolidie-
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Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Steuern – Fairen Wettbewerb ermöglichen Dr. Jochen Leonhardt Geschäftsführer ST Treuhand Lincke & Leonhardt KG Vorstand des BVMW Vorsitzender der Kommission Steuern und Finanzen des BVMW
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Die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland tragen auf vielen Wegen zum Steueraufkommen bei. Gleichzeitig nimmt der internationale Steuerwettbewerb zu. Nur mit einer Steuerreform kann Deutschland mit den anderen Ländern innerhalb und außerhalb der EU im Wettbewerb bestehen. Doch die EU kann nur bedingt mit Steuern lenken, da diese innerhalb der Europäischen Union Ländersache sind. Entscheidungen darüber können in der EU nur einstimmig gefällt werden. Hinzu kommt, dass eine EU-Steuer zur Finanzierung der Ausgaben der Union nicht gestattet ist. UNSERE KERNFORDERUNG: STEUERSYSTEM VEREINHEITLICHEN Die souveräne Steuerpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten muss mit einem international vergleichbaren Steuersystem einhergehen. Der BVMW spricht sich zur Erhaltung des fairen Wettbewerbs für eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage für Unternehmen aus. Wir plädieren für die Einhaltung des Kodex des Rates der EU zur Vermeidung „schädlichen Steuerwettbewerbs“. Nationale Alleingänge oder Insellösungen mehrerer Staaten verzerren den Wettbewerb zugunsten ausländischer Konkurrenten. WEITERE FORDERUNGEN §§ Indirekte Steuern harmonisieren Die EU ist befugt, die indirekten Steuern wie die Mehrwertsteuer und Verbrauchssteuern auf Energie zu harmonisieren, sofern Unterschiede in den Steuersystemen der Mitgliedstaaten Handelshemmnisse darstellen. Diese Möglichkeit wird vor allem im Bereich der Mehrwertsteuer ausgeschöpft. Weiterhin
werden Verbrauchssteuern für Mineralöle, Alkohol und Tabak angeglichen. Die EU muss bei den indirekten Steuern vermehrt ihre Richtlinienkompetenz ausspielen und für umfangreichere Harmonisierungen sorgen. §§ Finanztransaktionssteuer verhindern Die Europäische Kommission plant mit Zustimmung des Europäischen Rates die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Der BVMW spricht sich gegen diese Steuer aus. Diese trifft auch mittelständische Unternehmen, weil auch nicht-spekulative Transaktionen belastet werden. Dies trifft nicht nur große Unternehmen. Beispiele sind die Verschiebung von Anlagemitteln der Altersvorsorge oder Transaktionen zur Absicherung der exportierenden Unternehmen gegen Währungs-, Zins- und Rohstoffkrisen.
Aus Sicht des Mittelstands würden die derzeitigen Pläne für eine europäische Digitalsteuer mehr schaden als nutzen. Die EU sollte sich eher auf eine zunehmende Harmonisierung des Steuerrechts konzentrieren, anstatt neue Steuern zu erfinden. Dennoch muss im Vergleich zu den internationalen Großkonzernen Steuergerechtigkeit hergestellt werden, damit der europäische Mittelstand im Wettbewerb gestärkt und nicht noch mehr belastet wird.
§§ Wettbewerbsgerechtigkeit herstellen Internationale Großkonzerne haben die Struktur und das notwendige Budget, um durch gezielte Gestaltungsmaßnahmen die Vorteile internationaler Steuersysteme auszuschöpfen. Für die meisten mittelständischen Unternehmen sind entsprechende Steuervermeidungsstrategien aus vielerlei Gründen keine Option. Im Ergebnis beschert ihnen der internationale Flickenteppich steuerrechtlicher Vorschriften einen erheblichen Nachteil im Wettbewerb mit den großen Konzernen. Der BVMW plädiert dafür, dass die Einzelstaaten eine faire und angemessene Besteuerung für alle Unternehmen sicherstellen. Auch eine globale Steuerlösung sollte vermehrt in Betracht gezogen werden.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Gelia Lerche Geschäftsführerin LESA Maschinen GmbH
Die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auf europäischer Ebene brauchen wir konkrete Rahmenbedingungen, wie die Blue Card. Für viele Mittelständler ist es eine große Chance, schutzsuchenden Menschen schnell zu helfen, eine Arbeit aufzunehmen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gerade wir Mittelständler können wegen der oft kleinteiligen Strukturen besonders flexibel reagieren. Durch verlässliche praxisorientierte Rahmenbedingungen und zusätzliche Anstrengungen wird eine Integration gelingen.
Migration – Herausforderungen teilen, Verantwortung wahrnehmen In einer vernetzten Welt haben der wirtschaftliche Erfolg und die soziale Sicherheit Europas eine große Strahlkraft für viele Menschen. Die globale Migration nimmt stetig zu, und die Motivation ist dabei so unterschiedlich wie die Herkunft und Kultur der Zugewanderten. Angesichts des demographischen Wandels sind einige Länder Europas, darunter Deutschland, bereits heute auf die Zuwanderung von Fachkräften angewiesen. Insbesondere die Länder im Mittelmeerraum kämpfen mit den Folgen der Flüchtlingskrise. Eine erfolgreiche Einwanderungspolitik, die Fachkräfteeinwanderung stärkt und gleichzeitig die Herausforderungen der humanitären Hilfe berücksichtigt, ohne dabei falsche Anreize zu setzen, ist eine der zentralen Aufgaben der Zukunft. Daher fordern wir, dass Europa bei der Lösung von Flucht- und Migrationsfragen näher zusammenrückt und die Verantwortung fair teilt. UNSERE KERNFORDERUNG: ASYL ALS GEMEINSAME EUROPÄISCHE AUFGABE SEHEN Die Personenfreizügigkeit innerhalb des Schengenraums ist elementar für die europäische Wertegemeinschaft und den Binnenmarkt. Auch für den europäischen Mittelstand sind offene Grenzen und freier Handel unerlässlich. Um dies weiterhin zu gewährleisten, sollten sich die Mitgliedsländer des Schengenraums auf eine gemeinsame Asylpolitik verständigen. Hierzu müssen einerseits transparente Regeln formuliert werden, die keine falschen Anreize setzen. Andererseits müssen verbindliche Abkommen vereinbart werden, damit alle Mitgliedstaaten ihre individuelle Verantwortung wahrnehmen müssen.
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WEITERE FORDERUNGEN §§ Fluchtursachen bekämpfen Vorrangiges politisches Ziel muss es sein, Hilfe vor Ort zu leisten, die neben mehr Sicherheit auch bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen schafft. Um Fluchtursachen entgegenzuwirken, setzt sich der BVMW für wirksame Entwicklungszusammenarbeit sowie für eine erfolgreiche und auf Augenhöhe stattfindende Nachbarschaftspolitik ein. Hierzu sollten Länder, die sich um demokratische Reformen und eine nachhaltige Entwicklung bemühen, verstärkt durch die Europäische Union unterstützt werden. §§ Blue Card reformieren Angesichts des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels ist Deutschland auf qualifizierte Einwanderung angewiesen. Auf europäischer Ebene sollte die Blue Card an die heutigen Bedürfnisse des Arbeitsmarkts angepasst werden, sodass mehr Fachkräfte nach Deutschland kommen können. §§ Europäische Sprachen fördern Sprache als wichtigstes Kommunikationsmittel ist unerlässlich, um langfristig in einer Gesellschaft Fuß zu fassen. Gute Sprachkenntnisse sind dementsprechend eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration. Daher sollte die europäische Gemeinschaft Fremdsprachenkenntnisse europäischer Sprachen innerhalb und außerhalb der EU stärker fördern.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Arbeit und Soziales – Souveräne Staaten, gemeinsame Ziele
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Während sich der deutsche Arbeitsmarkt über nie dagewesene Beschäftigungszahlen freut, kämpfen andere Mitgliedstaaten mit hoher Arbeitslosigkeit, mangelnden Perspektiven für Jugendliche und Altersarmut. Zusätzlich stehen durch Digitalisierung und Globalisierung gesellschaftliche Veränderungen an, die insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Es ist wichtig, dass sich Europa in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels gemeinsame soziale Ziele setzt, dabei jedoch die nationalstaatliche Verantwortung nicht vergisst. Jeder Mitgliedsstaat muss für seine eigene Arbeitsmarktpolitik und sein soziales Sicherungssystem verantwortlich bleiben. UNSERE KERNFORDERUNG: SOUVERÄNITÄT BEI DER ARBEITSLOSENVERSICHERUNG ERHALTEN Eine gemeinsame europäische Arbeitslosenversicherung bedeutet insbesondere für Deutschland ein hohes finanzielles Risiko. Deutschland weist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine sehr geringe Arbeitslosigkeit auf. Die wirtschaftlichen Strukturen und sozialen Sicherungssysteme der Mitgliedstaaten unterscheiden sich stark. Daher sollte eine Transferunion, in der deutsche Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Kosten der Arbeitslosigkeit anderer EU-Mitgliedstaaten aufkommen, aus Sicht des BVMW unbedingt vermieden werden. Während gemeinsame Zielsetzungen zu befürworten sind, darf die nationale Souveränität bei Fragen der sozialen Absicherung nicht eingeschränkt werden.
weg und damit maximale Flexibilität ermöglichen. §§ Soziale Gerechtigkeit stärken Die europäische Gemeinschaft sichert Wohlstand, Frieden und wirtschaftliche Stabilität für mehr als 500 Millionen Menschen. Damit das langfristig so bleibt, sollte sich die EU für mehr soziale Gerechtigkeit unter den Mitgliedstaaten einsetzen. Denn nur wenn die EU gemeinsame soziale Ziele bekräftigt, ist auch die wirtschaftliche Zukunft Europas gesichert. Der BVMW kritisiert jedoch die Stärkung der Europäischen Säule sozialer Rechte, da sie die wirtschaftliche Grundlage des Fortschritts außer Acht und hohe Erwartungen unerfüllt lässt. §§ Europäischen Mindestlohn verhindern Ein Mindestlohn sollte sich an der Wirtschaftskraft orientieren und sicherstellen, dass Beschäftigten ein ausreichendes Einkommen zur Verfügung steht. Da die Kosten für den Lebensunterhalt im europäischen Vergleich derzeit noch massiv auseinanderfallen, ist ein gemeinsamer europäischer Mindestlohn, der sich an den einkommensschwächsten Ländern orientiert, nicht zielführend. Insbesondere dann nicht, wenn daraus weitere Bürokratieaufwände entstehen.
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Willi Grothe Vizepräsident des BVMW
In Zeiten großer Veränderungen, wie Digitalisierung und Globalisierung, werden flexible Arbeitsmodelle und Arbeitnehmerfreizügigkeit immer wichtiger. Insbesondere der Fachkräftemangel stellt den Mittelstand vor immer größere Probleme. Mögliche Lösungen sind qualifizierte Einwanderung, beispielsweise durch eine Ausweitung der europäischen Blue Card, ein digitaler Arbeitsplatz oder Langzeitarbeitskonten. Eine erfolgreiche Zukunft kann nur aus gemeinsamen europäischen Zielen erwachsen.
WEITERE FORDERUNGEN §§ Gemeinsame Fachkräftestrategie entwickeln Angesichts des sich zuspitzenden demographischen Wandels wird der Fachkräftemangel in Zukunft weite Teile Europas betreffen. Deshalb sollte Europa frühzeitig in eine gemeinsame Fachkräftestrategie investieren, die Arbeitnehmerfreizügigkeit betont und außereuropäische Potenziale hebt. Bereits jetzt sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen digitalen Einsatz von Arbeitnehmern über die Ländergrenzen hin-
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Als mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer vereinen wir Eigentum und unternehmerische Verantwortung in einer Hand. Der fortschreitende Wandel zur Industrie 4.0 ist u. a. von der gleichberechtigten Vernetzung dezentraler Einheiten geprägt. Das ist bei vielen mittelständischen Unternehmen mit gewachsenen, oft länderübergreifenden Partnernetzwerken schon heute der Fall. Ihre Innovationskraft gilt es, mit EU-Programmen wie Horizon ohne strikte Größenbegrenzung unbürokratisch zu fördern.
Innovation und Forschung – Gemeinsam in die Zukunft gehen Der Innovationsreichtum des Mittelstands sichert seit Jahrzehnten die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb müssen mittelständische Unternehmen stärker durch rechtliche Rahmenbedingungen, finanzielle Hilfen und Wissenstransfers in den Themen Innovation und Forschung gestärkt werden. Hinzu kommt, dass die Geschwindigkeit des Fortschritts in Zeiten des digitalen Wandels immer bedeutender wird. Nur wenn Wettbewerbsnachteile für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) abgebaut werden, können Innovationen effizienter in der Praxis umgesetzt werden, um so gesamtwirtschaftliches Wachstum zu fördern. UNSERE KERNFORDERUNG: EUROPÄISCHE DEFINITION DES MITTELSTANDS KORRIGIEREN Die aktuelle Definition von KMU auf europäischer Ebene umfasst nur Unternehmen bis zu 249 Beschäftigte. Dieser Schwellenwert von 2003 ist nicht mehr zeitgemäß und verhindert die Innovationsförderung für größere mittelständische Unternehmen. Um auch diese Unternehmen in Förderprojekte einzubinden, muss die KMU-Definition an heutige Standards angepasst werden. WEITERE FORDERUNGEN §§ EU-weites Patentrecht schaffen Um die Chancen von Innovation und Forschung für den Mittelstand zu öffnen, muss auf europäischer Ebene ein wettbewerbsfähiges Patentrecht eingeführt werden. Nur wenn geistiges Eigentum dem Schutz unterliegt, können mittelständische Unternehmen Marktvorteile entwickeln und von Innovation profitieren.
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§§ Investitionen sichern – Horizon 2020 ausbauen Ende 2020 läuft das EU-Programm Horizon zur Innovationsförderung des Mittelstandes aus. Um verstärkt Innovation und Forschung der mittelständischen Wirtschaft zu fördern, muss das Vorhaben rechtzeitig verlängert und ausgebaut werden. Der Anteil der Mittel, durch die kleine und mittlere Unternehmen aus Programmbereichen für Innovationsförderung profitieren können, sollte deshalb – wie beim noch laufenden Programm – bei mindestens 20 Prozent liegen. Darüber hinaus müssen neue Projekte für Innovation und Forschung im Mittelstand initiiert werden, denn außereuropäische Innovationsprogramme wie z. B. das amerikanische SBIR („Small Business Innovation Research Program“) verzerren den Wettbewerb zwischen europäischen und amerikanischen Unternehmen. §§ Zentrale Beratungsstelle einrichten Für Innovationsförderung muss der Mittelstand häufig zu viele bürokratische Hürden überwinden. Eine zentrale Kontakt- und Beratungsstelle auf europäischer Ebene wird dringend benötigt, um KMU bei der Antragsstellung zu unterstützen. Innovationsförderung muss einfach zugänglich werden. §§ Europaweiten Wissenstransfer ermöglichen Überall in Europa werden täglich durch modernste Forschung neue Chancen geschaffen. Damit diese am Ende auch im Mittelstand eingesetzt werden, bedarf es intensiver Netzwerke auf europäischer Ebene zum Austausch und Transfer von Forschung, Innovation und Wissen.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Dr. Ute Bergner Geschäftsführende Gesellschafterin VACOM Komponenten & Messtechnik GmbH
Digitalisierung – Für ein Europa ohne digitale Grenzen
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In einer zunehmend vernetzten Welt hängt die wirtschaftliche Zukunft Europas maßgeblich von der erfolgreichen Umsetzung der Digitalisierung ab. Weil Wirtschaft und Handel keinen Halt an Landesgrenzen machen, brauchen wir einen europäischen digitalen Binnenmarkt. Dieser birgt laut Europäischer Kommission ein wirtschaftliches Wachstum von 415 Milliarden Euro und kann Hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen. Nur wenn die EU geeignete Rahmenbedingungen für digitale Innovationen schafft, können europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben. UNSERE KERNFORDERUNG: DIGITALEN BINNENMARKT VOLLENDEN Für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel brauchen wir gemeinsame europaweite Regeln, denen Verbraucher und Unternehmen vertrauen können. Angesichts 28 nationaler Verbraucherschutz- und Vertragsrechtssysteme zögern mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer, sich in anderen Mitgliedstaaten geschäftlich zu betätigen. In einem gemeinsamen europäischen Markt mit mehr als 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern können Innovationen geteilt und internationale Wettbewerbsvorteile genutzt werden.
schafft Innovationen und stärkt Europa als weltweiten Wirtschaftsstandort. Nur wenn Daten grenzüberschreitend ausgetauscht werden können, werden Anwendungen wie Cloud Computing, Big Data oder Industrie 4.0 in Europa erfolgreich sein. §§ Zentrales E-Government-Portal einführen E-Government, die moderne öffentliche Verwaltung, ist ein entscheidender und notwendiger Schritt zur Reduzierung von Bürokratie. Laut Europäischer Kommission könnten Unternehmen elf Milliarden Euro pro Jahr einsparen, wenn sie wichtige Verwaltungsverfahren über einen One-Stop-Shop abwickeln. Eine solche Initiative könnte Vorbild für nationale Umstellungen werden. §§ KI in Europa voranbringen Künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen und autonome Systeme werden auch die mittelständische Wirtschaft disruptiv verändern. Wir brauchen deshalb eine starke europäische Zusammenarbeit im Bereich KI, die über die Investitionen von 20 Milliarden Euro bis 2020 hinausgeht. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen gemeinsam mit Unternehmen langfristig von europäischer KI-Forschung profitieren.
Uwe Brettner Vorstand nicos AG Vorsitzender der Kommission Internet und Digitales des BVMW
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Die EU schreitet in der Digitalisierung voran. Die Anstrengungen reichen aber noch nicht, um die Weltspitze zu erreichen und die gravierenden Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen Stadt und Land zu verringern. Wir sollten den digitalen Binnenmarkt so schnell wie möglich vollenden, um die digitale Leistungsfähigkeit Europas zu stärken. Vor allem der Mittelstand ist hier auf eine erstklassige Konnektivität angewiesen.
WEITERE FORDERUNGEN §§ IT-Sicherheit stärken IT-Sicherheit bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Digitalisierung. Eine große Mehrheit der Unternehmen profitiert von digitalen Innovationen und baut seine Wachstumsstrategie auf neuen Technologien auf. Nur wenn die Europäische Union eine sichere Basis gewährleistet, ist langfristiger Erfolg möglich. §§ Europäische Cloud für Wissenstransfer einrichten Eine offene Netzwerkstruktur erlaubt den freien Wissensaustausch zwischen allen Akteuren, der technologisch stets auf dem neusten Stand ist. Die Verbindung nahtlos ineinandergreifender Dienste zur Analyse und Wiederverwendung von Forschungsdaten
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Antje Engelmann Geschäftsführerin Rieck Fulfillment Solutions GmbH & Co KG
Der EU-Binnenmarkt hat zu einer starken wirtschaftlichen Vernetzung der Mitgliedstaaten entlang der Wertschöpfungsketten geführt. Die transeuropäische Verkehrsinfrastruktur ist deshalb zum Rückgrat der europäischen Wirtschaft geworden. Das Güterverkehrsaufkommen wächst jedoch schneller als die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Eine Investitionsoffensive für die Modernisierung der europäischen Verkehrsinfrastruktur ist deshalb dringend notwendig.
Mobilität – Zukunftsfähig bleiben Wettbewerbsfähige Verkehrsnetze sind Voraussetzung für die wirtschaftliche Integration Europas. Gleichzeitig bahnen sich im Verkehrsbereich radikale Veränderungen an. Fahrzeuge mit alternativen Antriebsformen wie Brennstoffzelle und Elektromotor werden an Marktanteil gewinnen. Dies ist insbesondere durch den Klimaschutz und die damit verbundenen europäischen Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen zu begründen. Die genannten Entwicklungen bieten enorme Möglichkeiten und Chancen für den Mittelstand. Es ist höchste Zeit, dass die EU die entsprechenden Weichen stellt. UNSERE KERNFORDERUNG: EUROPÄISCHE VERKEHRSINFRASTRUKTUR MODERNISIEREN Der freie Handel im EU-Binnenmarkt setzt ein transeuropäisches Verkehrsnetz voraus. Das bestehende Verkehrsnetz muss modernisiert und ausgebaut werden. Fehlende grenzüberschreitende Verbindungen müssen schnell umgesetzt werden, um einen einheitlichen leistungsfähigen und europäischen Verkehrsraum zu schaffen. Die Verkehrssysteme müssen die europäische und deutsche Wettbewerbsfähigkeit stärken, indem sie Wirtschaftswachstum, Beschäftigung sowie die Grundfreiheiten der EU – freier Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr – gewährleisten. WEITERE FORDERUNGEN §§ Multimodalen Verkehr stärken Die verschiedenen Verkehrsmittel, wie Straßen(güter)verkehr, innereuropäische Binnenschifffahrt, Schienenverkehr und Flugverkehr müssen vermehrt zu einem einheitlichen multimodalen Verkehrsnetz zusammenwachsen. Dazu gehört auch die Modernisierung
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des Lieferverkehrs auf der letzten Meile im innerstädtischen Bereich. Zu diesem Zweck müssen regulatorische und infrastrukturelle Engpässe beseitigt werden. §§ Verkehrswende vorantreiben Die CO2-Emissionen im Verkehrssektor müssen reduziert werden. Die Reduzierung von CO2-Grenzwerten im Pkw - und Lkw-Bereich reicht dafür nicht aus. Vielmehr müssen europäische Fortschritte in den Bereichen Ladeinfrastruktur und Wasserstofftankstellen erzielt werden. Daneben muss eine Infrastruktur für zukünftige Technologielösungen, wie synthetische Kraftstoffe, aufgebaut werden. Deutschland sollte seine Vorreiterfunktion wahrnehmen und beim Aufbau der Zukunftstechnologien Maßstäbe setzen. §§ Freien Warenverkehr nach Großbritannien erhalten Der EU-Binnenmarkt und Großbritannien sind wirtschaftlich stark miteinander verflochten. Der freie Warenverkehr muss deshalb auch nach dem Brexit gewährleistet werden, um die Unternehmen nicht zu schädigen und bestehende Lieferketten nicht zu unterbrechen. §§ Praktikable gesetzliche Vorhaben umsetzen Bevor Vorgaben gesetzlich verankert werden, müssen diese auf ihre Alltagstauglichkeit untersucht werden und einer Kosten-Nutzen-Analyse standhalten. So kann die geplante EU-Vorschrift, dass LKW-Fahrer ihre wöchentliche Ruhezeit in Hotels verbringen müssen, aufgrund fehlender Hotel- und Parkinfrastruktur aktuell nicht praktikabel umgesetzt werden.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Energie – So dezentral wie möglich, so zentral wie nötig Der Mittelstand ist der Motor der Energiewende. Die Reform der EU-Energiepolitik durch das Gesetzespaket „Saubere Energie für alle Europäer“ hat die Weichen für die europäische Energiepolitik bis 2030 gestellt. Die Klima- und Energieziele der EU bieten gerade für mittelständische Unternehmen große Chancen. Allerdings dürfen die Unternehmen nicht durch hohe Energiepreise gefährdet werden.
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UNSERE KERNFORDERUNG: ENERGIEWENDE DEZENTRAL UMSETZEN Wir treten für eine mittelstandsfreundliche Gestaltung der Energiewende unter der Leitlinie: „So dezentral wie möglich, so zentral wie nötig“ ein. Eine dezentrale, verbrauchsnahe Erzeugung aus Erneuerbaren Energien begrenzt die Kosten des Netzausbaus, stärkt den Wettbewerb auf dem Energiemarkt und vermeidet hohe Übertragungsverluste. WEITERE FORDERUNGEN §§ Eigenstromerzeugung von Abgaben und Umlagen befreien Die Eigenstromerzeugung ist eine Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung einer dezentralen Energiewende. Die in der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie II (RED II) vorgesehene Befreiung von Anlagen zur Eigenversorgung bis 30 kW von Abgaben und Umlagen sind zu niedrig angesetzt. Eine entsprechende Grenze sollte sich am gewerblichen Eigenverbrauch von kleinen und mittleren Unternehmen orientieren.
Ausschreibungen für Windkraft- und Photovoltaikanlagen war richtig und hat zu einer deutlichen Kostensenkung geführt. Wind und Solar ergänzen sich im Erzeugungsprofil und sollten parallel ausgebaut werden. Technologieoffene Ausschreibungen, wie sie in der RED II vorgesehen sind, führen hingegen zu einseitigen regionalen Konzentrationen von Wind oder Solar. Dies führt zu volkswirtschaftlich ineffizienten Lösungen durch zusätzlichen Netz- und Speicherbedarf. Die Energieeffizienz sollte mit Anreizen stärker gefördert werden. §§ Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien erhalten Der vorrangige Netzzugang für Erneuerbare Energien sollte erhalten werden, solange die Erneuerbaren Energien mit konventionellen Kraftwerken nicht in einem fairen Wettbewerb stehen. Ein erster Schritt in Richtung fairer Wettbewerb wäre eine angemessene CO2-Bepreisung.
Rainer Dippel Strategische Verbandsarbeit und Nachhaltigkeit Viessmann Werke GmbH & Co. KG
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Die Eigenstromerzeugung bietet eine gute Möglichkeit, einen Teil des Energiebedarfs eines mittelständischen Unternehmens nachhaltig zu decken und einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten. Dafür wünschen wir uns mehr Unterstützung seitens der Politik, etwa durch die Befreiung des selbst erzeugten Stroms von Abgaben und Umlagen – gerade im kleinen Leistungsbereich.
§§ Stromsteuer abschaffen Die Strompreise sind stark gestiegen und erschweren dadurch die Sektorenkopplung. Das europäische Mindestniveau der Stromsteuer verteuert den Strom zusätzlich und verhindert eine komplette Abschaffung der nationalen Stromsteuern. Die europarechtliche Grundlage der Stromsteuer sollte deshalb abgeschafft werden. §§ Erneuerbare Energien ausbauen und Energieeffizienz stärken Die Einführung von technologiespezifischen
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Reinhard Schneider Geschäftsführer Werner & Mertz GmbH (Frosch, Erdal) Vorsitzender der Kommission für Energie und nachhaltiges Wirtschaften des BVMW
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Als langfristigen Zielen und Werten verpflichtetes Familienunternehmen ist Werner & Mertz ein Treiber der Nachhaltigkeit. Konkret zeigt sich dies unter anderem in einer europäisch führenden Rolle in der hochwertigen Verwertung von Plastikverpackungen aus der Quelle ‚Post-consumer waste‘ bzw. dem ‚Gelben Sack‘ in Deutschland. Erstmalig geschlossene Kreisläufe und damit auch wirtschaftlich funktionierende Märkte für diese zentrale Wertstoffquelle zu schaffen, ist uns ein großes Anliegen. Auf diesem Weg werden natürliche Ressourcen dauerhaft geschont und massiv Energie eingespart. Die Weltmeere als wichtiger Lebensraum und unverzichtbare Nahrungsquelle können so vor einer weiteren Vermüllung bewahrt werden.
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Klimawandel und Ressourcenverknappung sind zentrale Herausforderungen unserer Zeit. Der Mittelstand steht für Nachhaltigkeit, denn langfristiger Erfolg von Wirtschaft und Gesellschaft ist ohne den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nicht möglich. Deshalb bedarf es politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, die nachhaltiges Wirtschaftshandeln fördern. Es hat sich gezeigt, dass Umweltschutz und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch ist. Im Gegenteil: Der Mittelstand kann durch Umweltschutzmaßnahmen seine Wettbewerbsfähigkeit steigern. UNSERE KERNFORDERUNG: MINDESTPREIS IM EU-EMISSIONSHANDEL EINFÜHREN Das Emissionshandelssystem hat aufgrund falscher Weichenstellungen in den letzten Jahren nicht die notwendige Lenkungswirkung erreicht. Wenn auch ein marktwirtschaftlicher Ansatz grundsätzlich zu befürworten ist, kann die Reform des Emissionshandelssystems in 2018 nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Die Reform muss um die Einführung eines europäischen CO2-Mindestpreises zur Bepreisung der externen Kosten innerhalb der Energiekosten ergänzt werden. Die Abgabe sollte auf alle Energieträger erhoben und durch die Senkung von (nationalen) Energiesteuern insgesamt aufkommensneutral gestaltet werden. Der Mindestpreis sollte sich dabei entlang eines festgelegten Pfades erhöhen, um Lock-In-Effekte zu verhindern.
WEITERE FORDERUNGEN §§ Kreislaufwirtschaft stärken Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft führt sowohl zu einem effektiven Umweltals auch Klimaschutz. Der Fokus der europäischen Politik sollte dabei auf eine Erhöhung der Recyclingquoten und die Verbesserung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen gelegt werden. Die in der EU-Plastikstrategie vorgesehene Regelung, dass ab 2030 alle Kunststoffverpackungen recyclingfähig sein müssen, und der Verbrauch von Einwegkunststoffen bis dahin deutlich reduziert werden soll, ist ein wichtiger Schritt. §§ Anreize zur verstärkten Nutzung von Sekundärrohstoffen schaffen Eine erhöhte Recyclingfähigkeit von Verpackungen ist nur zielführend, wenn die Verpackungen zu gleichwertigen neuen Produkten recycelt und nicht der thermischen Verwertung zugeführt werden. Die Anreize zur Recyclingfähigkeit müssen deshalb um Anreize für einen Einsatz von Recyclaten ergänzt werden. Das Ziel muss die tatsächliche Umsetzung des Recyclings sein. Zudem sollte die Verwendung von Recyclaten aus Nichtlebensmittelverpackungen auch für Lebensmittelverpackungen ermöglicht werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen von Lebensmittelverpackungen erfüllt werden können.
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Umwelt – Klimaschutz voranbringen
Land- und Forstwirtschaft – Mittelstand stärken
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Die Ausgaben für Land- und Forstwirtschaft stellen den größten Einzelposten des Haushalts der Europäischen Union dar. Die gemeinsame Europäische Agrarpolitik ist einer der wenigen Politikbereiche, die schon zu einem großen Teil gemeinschaftlich von europäischer Ebene gesteuert werden – etwa 40 Prozent der EU-Ausgaben fließen in die Landwirtschaft. Ohne diese Subventionszahlungen aus dem Haushalt wären viele landwirtschaftliche Betriebe nicht überlebensfähig. Insbesondere im Zuge des Brexits wird der Verlust von Einnahmen auch durch Einsparungen bei den Ausgaben im Agrarbereich kompensiert werden müssen. Dies darf nicht zu Lasten kleinbäuerlicher Strukturen und mittelständischer Unternehmen passieren. UNSERE KERNFORDERUNG: FÖRDERUNG VON KLEINEN BETRIEBEN ERHALTEN Ein Teil der EU-Agrarsubventionen fließt nicht an kleinbäuerliche Betriebe, damit diese ihre Existenz sichern können, sondern auch an Lebensmittelgroßkonzerne, die Subventionen weniger dringend benötigen und damit sogar außereuropäische Exporte realisieren können. Anstatt, wie von der Europäischen Kommission angedroht, die Subventionen generell zu kürzen, sollten diese zielgerichteter verteilt werden. Der BVMW fordert, dass sich die Subventionen aus dem EU-Haushalt verstärkt auf kleine und mitt-
lere Unternehmen aus dem landwirtschaftlichen Bereich konzentrieren sollten. Diese sind häufig in strukturschwachen Regionen aktiv und sorgen dort für wichtige Arbeitsplätze. WEITERE FORDERUNGEN §§ EU-Agrarförderungen transparenter und einfacher gestalten Kleine und mittelständische Betriebe erwarten, dass die Antragsstellung für Förderungen einfacher und übersichtlicher wird. Für Landwirte und Agrarunternehmen muss klar erkennbar sein, auf welcher Ebene welche Zuständigkeiten angesiedelt sind. Oft ist die enge Verzahnung von EU, Bund und Ländern undurchsichtig gestaltet. Der BVMW fordert eine EU-Agrarpolitik, die Unternehmen nicht mit unnötigen bürokratischen Hürden von ihrem Kerngeschäft abhält. §§ Souveränität und Koordination in der EU-Forstpolitik beibehalten Im Gegensatz zur Landwirtschaft ist die Forstwirtschaft im Rahmen der Subsidiarität im Wesentlichen Teil des nationalen Zuständigkeitsbereichs. Der BVMW befürwortet diese Zuordnung. Gemeinsame europäische Interessen im Bereich Klimaziele, Biodiversität und wirtschaftlicher Förderung müssen auf europäischer Ebene lediglich koordiniert werden.
Christian Schiffner Geschäftsführer holzimpulszentrum – Service UG
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Die heimische Forst- und Holzwirtschaft ist das Rückgrat der ländlichen Wirtschaft. Bundesweit stellt dieser Wirtschaftszweig mehr sozialversicherte Arbeitsplätze als die Automobilindustrie und ist auch im europäischen Vergleich nicht zu vernachlässigen. Zudem liefern die Forst- und Holzbetriebe einen wichtigen Rohstoff, der entlang der regionalen Wertschöpfungsketten bis zur Chemieindustrie genutzt wird. Und ganz nebenbei werden Lösungen geschaffen, ohne diese die Klimaziele nicht zu erreichen sind. Leider wissen das die Wenigsten.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Benjamin Knöfler Gründer und Geschäftsführer KNOEFLER – The Relations Expert Generalsekretär des Jungen Mittelstands im BVMW
Der Mittelstand ist Innovationsmotor und Stabilitätsanker der Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze. Trotzdem fehlen gerade für unsere Unternehmen leicht zugängliche Werkzeuge, um Partnerschaften global zu bilden, Netzwerke über Grenzen hinweg zu pflegen und sich barrierelos weltweit an den Wertschöpfungsketten zu beteiligen. Freihandel ist wichtig für den Mittelstand, der Mittelstand ist wichtig für Deutschland! Wir sollten bei der Gestaltung von Freihandelsabkommen im Fokus stehen.
Außenhandel – Globale Beziehungen intensivieren Die Globalisierung und die damit verbundene Verschärfung des weltweiten Wettbewerbs erfordern eine effektivere Unterstützung und verstärkte politische Flankierung der internationalen Aktivitäten mittelständischer Unternehmen. Die Europäische Union muss offensiv für einen freien Welthandel durch die Stärkung der Welthandelsorganisation (WTO), sinnvolle Freihandelsabkommen und gegen Protektionismus sowie Produktpiraterie eintreten. Entscheidend sind hierbei global einheitliche Spielregeln für einen fairen Wettbewerb. UNSERE KERNFORDERUNG: FREIHANDEL MITTELSTANDSGERECHT GESTALTEN Unser Wohlstand hängt maßgeblich am Exporterfolg unserer Unternehmen. Freihandel und der Abbau von Handelshemmnissen sind in unserem ureigenen Interesse. Wir fordern die Politik auf, nicht nachzulassen, wenn es darum geht, Handelsabkommen mit allen Wirtschaftsräumen der Welt zu schließen. Vorrang sollten dabei Abkommen der WTO haben. Das schließt bilaterale Vereinbarungen, die durch die EU-Kommission abgeschlossen werden, nicht aus. Wichtig ist, dass die Interessen des Mittelstands gewahrt werden. Konkret heißt dies, den Mittelstand in jeder Verhandlungsphase einzubinden. WEITERE FORDERUNGEN §§ Protektionismus überwinden – Handelshemmnisse transparent abbauen Die Europäische Union sollte alles daransetzen, Verhandlungen auf WTO-Ebene zum Erfolg zu führen. Die Verhandlungen dürfen
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nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden. Auf diese Weise ließen sich Widerstände vermeiden, die beispielsweise in den Verhandlungen mit Kanada (Ceta) und den USA (TTIP) massiv aufgetreten sind. Als positives Beispiel ist das EU-Japan Abkommen (Jefta) zu nennen, wodurch 90 Prozent aller Exportzölle der EU wegfallen. §§ Außenhandel von KMU unterstützen KMU brauchen eine maßgeschneiderte Unterstützung bei der Erschließung ausländischer Märkte. Anders als Großunternehmen verfügen sie in der Regel nicht über umfangreiche Erfahrungen mit bürokratischen Verfahren rund um formale Erfordernisse wie Genehmigungen oder Lizenzen. Staatliche Unterstützung durch Beratung, Betreuung und Messebeteiligung sind daher essenziell für den Aufbau von Exportaktivitäten – besonders in Staaten, in denen ein schwieriges Umfeld für Investitionen herrscht. §§ Fördermittelvergabe für Auslandsaktivitäten vereinfachen Der BVMW fordert die Konzentration der Fördermittel auf wenige Institutionen. Das spart Ressourcen für die eigentliche Aufgabe der Unterstützung von Unternehmen beim Aufbau des Auslandsgeschäftes. In einer effizienten Koordinierung der Institutionen im Inland sowie Bündelung und Vernetzung der Kräfte im Ausland liegt der Schlüssel für den Erfolg der Außenwirtschaftsförderung.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Europa schützen
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Deutschland und Europa stehen vor den größten sicherheitspolitischen Herausforderungen seit dem Ende des Kalten Krieges. Der Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger ist Aufgabe des Staates. Unsere Sicherheit basiert auf der Bundeswehr und unserem Verteidigungsbündnis. NATO und Europäische Union sind Garanten für Frieden, Freiheit und Sicherheit. Angesichts vielfältiger Krisen in der Welt muss Europa auch im Bereich der Außen-, Sicherheitsund Verteidigungspolitik enger zusammenrücken und handlungsfähiger werden. Deswegen wurde die Europäische Verteidigungsunion aus der Taufe gehoben. Ihre Vision ist eine gemeinsame europäische Armee. Weitere Schwerpunkte innerhalb der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sind die Stärkung der EU-NATO-Zusammenarbeit, die Cybersicherheit, die Migrationspolitik und die Terrorismusbekämpfung. UNSERE KERNFORDERUNG: EINSTIMMIGKEITSPRINZIP BEIBEHALTEN Um die vielfältigen Aufgaben erfolgreich zu meistern, sind klug ausbalancierte Änderungen der EU- Verträge notwendig. Der Vorschlag, das Einstimmigkeitsprinzip zugunsten eines Mehrheitsprinzips bei Entscheidungsprozessen abzuschaffen, ist jedoch nicht zielführend. Der Wegfall des Einstimmigkeitsprinzips würde das Risiko eines weiteren Auseinanderdividierens der Mitgliedstaaten beinhalten. Dies ist angesichts vieler weiterer Herausforderungen in der Außen- und Sicherheitspolitik kontraproduktiv. Der Konsens der Mitgliedstaaten in diesem hochsensiblen Bereich bedarf auch zukünftig der Einstimmigkeit.
muss bis spätestens 2024 1,5 Prozent und bis 2030 2,0 Prozent für Verteidigung ausgeben. Nur so kann Deutschland glaubwürdig seiner tragenden Rolle in der europäischen Sicherheitspolitik und der NATO adäquat nachkommen.
Ferdinand Munk Geschäftsführer Günzburger Steigtechnik Vorsitzender der Kommission Bundeswehr und Mittelstand des BVMW
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§§ Europäische Verteidigungs- und Sicherheitsunion stärken Die Zusammenarbeit der europäischen Armeen und Sicherheitsbehörden sollte weiter verstärkt werden. So könnten etwa europäische Rüstungsprojekte durch Kooperationen und Konzentration auf weniger Waffensysteme schneller und kostengünstiger realisiert werden. §§ Gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen Mit dem Dienst in den Streitkräften leisten Menschen einen Beitrag für Frieden und Wohlstand. Die gesellschaftliche Anerkennung und der Rückhalt für die Streitkräfte sollte deshalb stärker zum Ausdruck gebracht werden. So könnten Uniformtragende berechtigt werden, den öffentlichen Personennahverkehr unentgeltlich zu nutzen. §§ Reservekräfte stärken Um die Durchhaltefähigkeit und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte zu steigern, muss die Reserve gestärkt werden. Viele Reservistinnen und Reservisten sind im Mittelstand beschäftigt. Um die Bereitschaft der Betriebe zu steigern, diese für Reservedienstleistungen freizustellen, müssen Bundeswehr und mittelständische Wirtschaft enger kooperieren und der Gesetzgeber geeignete Anreize schaffen.
Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen können, die sind ein Stück vorbei. Mit diesem Satz hat Bundeskanzlerin Merkel den europäischen Geist im letzten Bundestagswahlkampf beschworen – mit Erfolg. Nachdem der erste Versuch zur Gründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in den 1950er Jahren scheiterte, haben sich im Dezember 2017 die EU-Verteidigungsminister auf mehrere Projekte zur Zusammenarbeit in der europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik geeinigt. Der deutsche Mittelstand wird seinen Beitrag zum Erfolg dieser Projekte leisten.
WEITERE FORDERUNGEN §§ Verteidigungsbudget erhöhen Das Erstarken von autoritären Herrschaften und die Entstehung neuer Bedrohungen, z. B. durch Cyberangriffe, erfordern eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Europas. Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches wirtschaftliches Handeln. Deshalb muss das Verteidigungsbudget von 2,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von allen europäischen Staaten eingehalten werden. Deutschland
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Bildung – Intensiver Austausch für eine gemeinsame Zukunft
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Gute Bildung ist unser Zukunftskapital. Die Mitgliedstaaten sollten dabei neben dem Erasmus-Projekt für Universitäten auch europaweite Kooperationen auf Schul- und Ausbildungsebene fördern. Dadurch werden zukünftige Generationen animiert, nicht nur landesweit, sondern auch europaweit zu denken. Außerdem bieten sich, gerade im Zuge der Digitalisierung, Chancen, durch schnelle und grenzüberschreitende Kommunikation einen regen Austausch zu schaffen und Bildungsstandards in Europa anzuheben.
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Eine zielgerichtete und nachhaltige Bildung ist die Grundlage für Europas Wohlstand. Der Mittelstand leistet als Ausbilder im praktischen Bereich einen großen Beitrag dafür, dass auch weiterhin exzellent ausgebildete Menschen in Europa arbeiten. Doch besonders in der dualen Ausbildung muss die Politik aktiver werden. In allen Mitgliedsländern gibt es ungenutzte Potenziale, besonders im Bereich der beruflichen Qualifikation, welche durch Förderprogramme, Austausch und Kooperationen stärker ausgeschöpft werden müssen. UNSERE KERNFORDERUNG: ERASMUS FÜR ALLE STÄRKEN Europa profitiert davon, dass jedes Jahr tausende von Studierenden im Rahmen des ERASMUS-Programms die europäische Vielfalt kennenlernen. Neben Studierenden sollen auch junge Menschen in beruflicher Ausbildung bestärkt werden, während eines Austauschs im europäischen Ausland lernen und arbeiten zu können. Deswegen muss das ERASMUS+ Programm für Menschen in beruflicher Ausbildung ausgeweitet und stärker beworben werden. Noch zu wenig Menschen in beruflicher Ausbildung nehmen diese Angebote wahr. Als Beispiel kann das Pilotprogramm „Mobilise SME“ dienen, ein ERASMUS für den Mittelstand und seine Mitarbeiter. Viele mittelständische Unternehmen agieren schon heute weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Je kompetenter die eigenen Mitarbeiter für den Markt geschult sind, desto besser lassen sich die Chancen der gesamten europäischen Wirtschaft wahrnehmen.
WEITERE FORDERUNGEN: §§ Standards gemeinsam anheben Die Vergleichbarkeit der schulischen und beruflichen Bildung in Europa endet zu häufig an den Landesgrenzen. Um gemeinsam das allgemeine Lernniveau in Europa zu steigern, müssen die nationalen Bildungssysteme vergleichbar werden. So werden alle Länder zu Spitzenleistungen im Bildungssektor animiert. §§ Digitale Bildung europaweit ausbauen Zukünftig werden mehr als acht von zehn Personen mit digitalen Kompetenzen arbeiten (BPM-Befragung 2018). Deshalb müssen schon jetzt die Weichen gestellt werden, damit zukünftige Generationen die Chancen der Digitalisierung wahrnehmen können. Von europäischer Seite müssen verstärkt Anreize zur Modernisierung der nationalen Bildungssysteme gesetzt werden. Hier gilt es, insbesondere von digitalen Vorreiterländern zu lernen und sich beispielsweise auf einem europäischen Kongress für digitale Bildung verpflichtend auszutauschen und zu vergleichen. §§ Schulkooperationen intensivieren Viele europäische Schulen haben schon heute Partnerschaften innerhalb der Union. Ein Auslandsjahr erweitert nicht nur Sprachkompetenzen, sondern fördert auch den kulturellen Austausch. Davon profitiert am Ende auch die Wirtschaft. Deshalb müssen Kooperationen zwischen Schulen stärker von der Politik unterstützt und gefördert werden.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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Arthur Zimmermann Vorstand des BVMW Vorsitzender der Bildungskommission des BVMW
Rosine-Annick Michaelis Expats gms Vertreterin der Mittelstandsallianz Afrika
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Afrika – Der Mittelstand für eine wirksame Afrikapolitik Afrika ist ein Kontinent der Chancen mit einem großen wirtschaftlichen Potenzial. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Mittelstand als treibende Kraft für Innovation. Aufgrund des langfristig angelegten Engagements unterstützen mittelständische Unternehmen eine nachhaltige, sozioökonomische Entwicklung in besonderem Maße und sind damit ein zentraler Bestandteil wirksamer Afrikapolitik. Die Vernetzung kleiner und mittlerer Unternehmen Europas und Afrikas fördert die wirtschaftliche Entwicklung beider Kontinente. Wir werden deshalb auf Grundlage des EUAfrika Mittelstand Gipfels 2019 eine Plattform für interkontinentale Unternehmens- und Verbandskooperation als Sprachrohr europäischafrikanischer Mittelstandsinteressen schaffen. UNSERE KERNFORDERUNG: INTERKONTINENTALE WIRTSCHAFTSKOOPERATION VEREINFACHEN Grundlegend für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen europäischen und afrikanischen Unternehmen ist nicht nur Rechtssicherheit innerhalb eines verbindlichen Regelwerks. Es gilt auch, die Rahmenbedingungen interkontinentaler Wirtschaftskooperation zur Förderung der europäisch-afrikanischen mittelständischen Wirtschaftsbeziehungen gemeinsam zu vereinfachen. WEITERE FORDERUNGEN: §§ Investitionen fördern und absichern Da die Hürden der Finanzierung unternehmerischer Aktivitäten in ausländischen Märkten
für kleine und mittlere Unternehmen besonders hoch sind, ist ein funktionsfähiges und flexibles Mikrokreditsystem für afrikanische Partnerunternehmen notwendig. Zur Reduzierung von Finanzrisiken braucht es Förderung und Investmentgarantien. Deshalb fordert der BVMW die Schaffung eines European-African Entrepreneurship Fonds. §§ Ausbildung und Wissenstransfer unterstützen Um Synergien zwischen den Kontinenten zu fördern und zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung des afrikanischen Kontinentes beizutragen, ist es nötig, Fachkräfte vor Ort auszubilden. Das duale Ausbildungssystem ist ein Modell, das den örtlichen Bedürfnissen angepasst werden kann. Austauschprogramme wie ERASMUS for young entrepreneurs, ERASMUS Pro und Mobilise SME sind ein wichtiger Bestandteil des Wissenstransfers.
Gewerbe, Dienstleistungen und Produktion sind in Afrika mittelständisch geprägt. Der rohstoffreiche Kontinent bietet die Vor-Ort Produktion und damit Handlungsoptionen für europäische Mittelständler. Es wird ein interkontinentales Netzwerk benötigt, das europäische Expertise und afrikanischen Entwicklungshunger zusammenbringt. Nun braucht es Unterstützung durch die Politik sowie staatliche Rückversicherung für Investitionsrisiken.
§§ Interkontinentalen Wirtschaftsdialog fördern Zur Ausweitung europäisch-afrikanischer Wirtschaftskooperation bedarf es des Ausbaus interkontinentaler Netzwerkaktivitäten durch verstärkte Kooperation mittelständischer Verbände sowie permanenter Dialoge innerhalb der Privatwirtschaft. Darüber hinaus ermöglichen Verbindungsplattformen die digitale Partnersuche und schaffen Transparenz und Vertrauen.
Europa . Bürokratieabbau . Binnenmarkt . Brexit . Banken und Euro . Steuern . Migration . Arbeit und Soziales . Innovation und Forschung . Digitalisierung . Mobilität . Energie . Umwelt . Land- und Forstwirtschaft . Außenhandel . Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik . Bildung . Afrika
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ZUM BVMW §§ Der BVMW vertritt im Rahmen seiner Mittelstandsallianz über 900.000 Mitglieder §§ Die rund 300 BVMW-Repräsentanten vor Ort haben rund 800.000 direkte Unternehmerkontakte im Jahr §§ Mehr als 2.000 Veranstaltungen im Jahr, wie z. B. Roadshows, Workshops, Seminare (u. a. Veranstaltungsreihe zur digitalen Aufklärung) §§ Bundeswirtschaftssenat (circa 200 herausragende Unternehmerpersönlichkeiten, darunter zahlreiche Weltmarktführer sowie vier deutsche Nobelpreisträger) §§ Politischer Beirat (Beratungsgremium hochrangiger Persönlichkeiten des politischen Lebens) §§ Kommissionen (Energie und nachhaltiges Wirtschaften, Recht, Bildung, Internet und Digitales, Arbeit und Soziales, Gesundheit, Steuern und Finanzen, Bundeswehr und Mittelstand, Logistik und Mobilität, Start-ups und Unternehmensgründung, Unternehmenssicherheit) MITTELSTÄNDISCHE UNTERNEHMEN §§ Sind 99,6 % aller umsatzsteuerpflichtigen Betriebe §§ Schaffen 60 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze §§ Stellen 83 % der Ausbildungsplätze §§ Schaffen 56 % der Bruttowertschöpfung aller Unternehmen §§ Stellen 1.307 der weltweit rund 2.700 Hidden Champions
IMPRESSUM Herausgeber: BVMW – Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschlands e. V. Präsident Mario Ohoven Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz 10785 Berlin Tel.: 030 / 53 32 06-0 Fax: 030 / 53 32 06-50 politik@bvmw.de www.bvmw.de @BVMWeV
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Das Unternehmerprogramm des Mittelstands zur Europawahl 2019 wurde gedruckt auf 100 % Altstoff-Recycling-Papier. Februar 2019 2. Auflage © BVMW 2019. Alle Rechte vorbehalten. EU-Transparenzregisternr. 082217218282-59