CME_Horch:Fortbildung
29.01.2009
14:44 Uhr
Seite 17
CME-FORTBILDUNG
Chirurgie der Narben Grundlagen, Prävention und Behandlungsmethoden Gunther Arco, Raymund E. Horch
Die Literatur zeigt ein weites Spektrum an Empfehlungen zur Behandlung von Narbenbildungsstörungen, wobei insbesondere Konturstörungen reifer Narben sehr gut chirurgisch behandelt werden können. Für Keloide und hypertrophe Narben jedoch wurden bisher nur wenige Therapieansätze durch kontrollierte, randomisierte Studien evaluiert, so dass derzeit das Gros der Empfehlungen überwiegend empirisch ist. Mit zunehmendem Wissen über Ablauf und Fehler der Narbenbildung wird man sich einerseits nochmals über die klinische Narbeneinteilung Gedanken machen müssen, um dann entsprechende Be handlungsstrategien stadiengerecht einsetzen zu können. Andererseits werden sich dadurch auch neue Therapieansätze entwickeln.
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ede Operation führt unweigerlich zu einer Narbe. Durch minimal-invasive Verfahren wird zwar seit längerem versucht, chirurgische Zugänge und damit auch die Zugangsnarben zu minimieren, dennoch können auch kleinere Narben störend sein. Dass dieses Phänomen der Narbenbildung nach chirurgischen Eingriffen als Problem empfunden wird, zeigt sich momentan an der aktuellen Diskussion über den Versuch einiger Chirurgen, mit Operationen durch den Magen, die Vagina oder andere Körperöffnungen – unter Inkaufnahme der bewussten Perforation von Hohlorganen – zu versuchen, selbst kleinere Narben zu vermeiden. Die Begeisterung für die unter der Abkürzung NOTES bekannt gewordene Technik hat dazu geführt, dass neue chirurgische Instrumente entwickelt werden. Im gegenwärtigen, noch eher experimentellen Stadium werden hier sogar potenzielle neue Komplikationen in Kauf genommen, die man zu beherrschen glaubt. Die Wundheilung, die Narbenbildung und deren Einflussfaktoren sind ein sehr komplexes und gleichzeitig wichtiges Thema, da sie seit jeher zum täglichen Brot des Chirurgen gehören. Nach einem gelungen Eingriff hofft jeder Operateur, dass sich im Anschluss eine schöne Narbe bildet, weil die Patienten den Wert beinahe jeder Operation zumindest
zum Teil am kosmetischen Resultat eben dieser Narbe messen. Dies ist verständlich, weil in der Regel die Wunde und später die Narbe oft das Einzige sind, das der Patient mit eigenen Augen sehen kann [1]. Die Bildung einer kosmetisch oder funktionell störenden Narbe oder gar eines Keloids gehören somit naturgemäß zu den bekannten und unangenehmen postoperativen Szenarien.
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Auch Narben, die primär heilen, können unbefriedigend sein, etwa wenn sie einen Konturfehler aufweisen
Wenn der narbige Umbau einer Wunde in einem sehr schmalen, etwas helleren Strich endet, so haben wir eine reife unauffällige Narbe als Resultat einer Primärheilung und alle sind zufrieden. Doch auch Narben, die primär heilen, können unbefriedigend sein, etwa wenn sie einen Konturfehler aufweisen (Abb. 1–3) oder dehiszent und atroph werden (Abb. 4). Reife Narben, mit oder ohne Konturstörungen erkennt man daran, dass sie bereits erblasst sind. Eine Narbe, die noch stark gerötet erscheint, ist entweder noch unreif oder bereits hypertroph oder es handelt sich um ein Keloid. Obwohl sowohl hypertrophe Narben als auch Keloide seit langem bekann-
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Abb. 1a–d Schema verschiedener Konturstörungen: a) Erhabene Narbe bei erhöhter Spannung b) Taschenbildung bei diagonaler Kontraktur aufgrund einer schrägen Inzisionc) Stufenbildung bei Adaptation von Hautseiten mit verschiedener Dicke (z.B. bei Lappen) d) Trapdoor-Phänomen bei halbkreisförmiger Kontraktur bei parallel verlaufenden Narben
17 CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009