02/2010 - Höhenluft Sommer 2010

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Sommer 2010 / € 5,–

Atemberaubend

Spektakuläre Luftakrobatik am Ahorn Dieses HÖHENLUFT kann freeriden, seine Schwingen erheben und Gipfel erklimmen.

www.mayrhofen.at



Inhalt

Höhenluft

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Eine runde Sache Kurvige Bergstraßen, gemütliche Uferpromenade – unterwegs mit Bike-Profi Sigi Rieger.

10 Himmlische Höllenfahrt Unvergessliches Freeriden auf den beiden Single-Trails von Mayrhofen.

12 Auf dem Weg nach oben

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Spitzenbergsteiger Peter Habeler über den Berg als Herausforderung und Ruhepunkt.

16 Greifvögel zum Greifen nah Die Adlerbühne Ahorn ist die neue Attraktion am Genießerberg.

22 Bauer mit Leib und Seele Der 84-jährige Gratzer Veitl über sein Leben „mit der Sense auf Augenhöhe“.

24 Waidmannsheil, Staude! Die Geschichte der Floitenschlagstaude, Tirols berühmtester Wildschützin.

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26 Tempo, Tempo

Fotos: Cover: Mayrhofen; Gerhard Berger, Mayrhofen

Markus Kröll, Mayrhofner und Österreichs erfolgreichster Bergläufer, im Wordrap.

28 Vertikales Wunderland Kletterer Gerhard Hörhager über die felsigen Hotspots seiner Heimat.

30 Aufgegeigt und abgerockt Roland Brandner ist Sänger und Gitarrist einer Rockband und bei der Geigenmusik.

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32 Lebensmittelpunkt Ein englisches Paar erzählt, warum es Mayr­hofen seiner Heimat vorzieht.

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Mayrhof‘sche Tatsachen

Sommersaison 2010: 18.04. – 27.11.2010 Naturerlebnisse am Ahorn Genießerrundweg: Verbindung von Wohlfühloasen auf dem Ahornplateau Panoramaplattform mit Blick über das Ahornplateau Grillplatz Ruhegarten Adlerbühne Ahorn: Greifvogelvorführungen von Juni bis Oktober

Naturerlebnisse am Penken zwei ausgezeichnete Klettergebiete Startplatz für Paraglider kinderwagentauglicher Wanderweg Paraglider-Schaukel Fahrrad-Ergometer zwei Singletrails: „Himmelfahrt“ & „Höllenritt“

Kletter-Eldorado Mayrhofen 27 Sportklettergebiete 11 Alpinklettergebiete 15 Bouldergebiete Schwierigkeit: 3 bis 9 (französische Skala)

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Run & Walk Park


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Wandern in Mayrhofen Rundwanderung zum Steinerkogl, Wanderung zur Berliner Hütte, Wanderungen im Naturpark, Hochalmweg Ginzling, Weg auf das Schönbichlerhorn, Schmugglerpfad Zamsgatterl-Pfitscherjoch, Ginzling Maxhütte, „Mehrtagestouren-Klassiker“ Berliner Höhenweg, Themenwege in den Gründen (auch mit dem Bus erreichbar),

Fotos: Mayrhofen, CUBE

„Neumarkter Runde“ ab Schlegeisspeicher und viele mehr.

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Höhenluft

Eine runde Sache Biken in Mayrhofen. Durchatmen, reintreten: Kurvige Bergstraßen, steile Single Trails, gemütliche Uferpromenade – in Mayrhofen kommen Mountainbikes, Touren- und Rennräder nicht nur ins Rollen, sondern richtig in die Gänge.

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Fotos: Gerhard Berger

reffen sich ein Rennrad, ein Mountainbike und ein Tourenrad in Mayrhofen. Sagt das massiv wirkende Mountainbike zum zarten Rennrad: „Himmel hilf, wie siehst denn du aus? Dir muss jemand mal ordentlich Luft in den Reifen pumpen. Sonst kommst du doch nie lebend die Steilkurven, schottrigen Forststraßen und Wurzelwege am Penken runter!“ Dem Rennrad klappern voller Empörung die Clickpedale, als es entgegnet: „Pff, Federgabel, Scheibenbremsen: So einen Schnickschnack brauche ich nicht! Er wäre ja auch überflüssig, denn Wurzelwerk und Steine sind nicht mein Terrain, ICH bin der König des Asphalts. Lass uns doch die Zillertaler Höhenstraße runterrollen, dann kannst du dir meine Reifen von hinten ansehen. Zumindest, solange ich noch in deiner Sichtweite bin.“ Dem Tourenrad kostet das HickHack nur ein keckes Blinken mit seinen Katzenaugen: „Ach, ihr mit eurer Action und Hektik. ICH rolle gemütlich entlang der Uferpromenade der Ziller. Von dort aus habe ich einen herrlichen Ausblick auf Berggipfel, Fauna wie Flora, komme durch viele nette Ortschaften und kann mich zwischendurch zum Verschnaufen an einer gemütlichen Parkbank anlehnen. Und wenn ich zum Zurückfahren zu müde bin, stelle ich mich einfach in die Zillertalbahn und lasse mich nach Hause bringen. So einfach kann das Leben sein!“

Friede, Freude, Bikerspaß Was für ein Glück, dass sich die drei nicht in die Lenkräder kommen brauchen, denn in Mayr­ hofen findet jedes Bike den richtigen Auslauf. Es gibt sogar einen Ort, wo 250 unterschiedlichste

Bikes friedlich nebeneinander stehen und darauf warten, von Gästen ausgeliehen und in ihr Terrain ausgeführt zu werden. Der „Herr“ über diese Räder ist Sigi Rieger. „An einem guten Tag verleihen wir an die 150 Räder. Unsere Kunden sind damit entweder im sonnigen Talboden unterwegs – 2010 ist der Radweg ja bis raus nach Jenbach komplett ausgebaut und beschildert – oder sie machen eine Tour in eines der Seitentäler. Viele nutzen die Penken-Bergbahn, um sich ein paar Höhenmeter zu ersparen, um innerhalb kürzester Zeit Aug’ in Aug’ mit dem fabelhaften Panorama der Zillertaler Schmankerln zu sein“, erzählt der im Zillertal heimisch gewordene Steirer. Auf der

„Innerhalb kürzester Zeit Aug’ in Aug’ mit dem fabelhaften Panorama der Zillertaler Schmankerln.“ Bike Station hat man sich jedoch nicht nur auf den Verleih von Cube-Bikes spezialisiert, sondern bietet überdies auch noch geführte Touren an. So erspart man sich den Blick in die Karte, um zu wissen, wie der Gipfel vor einem heißt, lernt den einen oder anderen Schleichweg kennen und kehrt garantiert dort ein, wo die Stärkung am besten schmeckt. Das Tourenangebot der Bike Station wird übrigens der Nachfrage angepasst – so kann auf individuelle Wünsche Rücksicht genommen werden. Doch auch wer sich auf eigener Faust bewegt, wird sich durch das gut beschilderte Wegenetz gut zurechtfinden. Allein am

Alles Radl? Kein Rad dabei? Kein Problem! Diese Bikespezialisten freuen sich auf Sie! Bahnhof Mayrhofen Bahnhof Ramsau Sport Fankhauser Tankstelle Obermair Rental bei Kaplenig Bicycle Holidays Max Hürzeler Eisenbacher Hervis Testcenter Seasonality Rund 30 Mayrhofner Hotels haben sich auf die Bedürfnisse von Radfahrern spezialisiert und bieten besten Service für die Sportler und ihr Bike.

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In Mayrhofen gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten, sich radlerisch auszutoben: von sportlich-engagiert bis gemütlichregenerativ – das macht vom Genuss- bis zum Extrembiker alle glücklich.

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Höhenluft

Sigi, warum hat sich die Bike Station in Mayrhofen angesiedelt? „Max Hürzeler hat zwanzig Jahre Erfahrung mit der Organisation von Radsportferien in Mallorca und ist dort Marktführer. Wir wissen also, worauf es ankommt, und haben mit Mayrhofen ins Schwarze getroffen. Mit der Bike Station in Mayrhofen haben wir ein optimales Standbein, um unseren Gästen eine lange Saison zu bieten. Das Zillertal bietet einfach perfekte Bike-Voraussetzungen, sowohl in Hinblick auf Infrastruktur als auch in puncto Niveau. Wege, Unterkünfte und Kulinarik befinden sich auf einem Top-Level.“ „Mayrhofen hat eine breite Palette an Gästen. Und wir haben eine breite ­Palette an Rädern. Alle finden in Mayrhofen ihr Glück auf zwei Rädern: ­Speedhungrige Rennradfahrer, adrenalinsüchtige Downhiller, fitness­ orientierte Mountainbiker, genuss­orientierte Tourenradler – für jeden ­ gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten sich auszutoben.“

Penken gibt es für Mountainbiker 17 verschiedene Touren zu entdecken – die Bergbahn bietet die Möglichkeit, das Bike mitzunehmen, um sogleich ein paar Höhenmeter „über den Dingen“ zu starten. Das Wegenetz – mal sportlich-engagiert, mal gemütlich-regenerativ – macht vom Genuss- bis zum Extrembiker alle glücklich. Was besonders die Rennradfahrer freuen wird: Dank dem Stauseebau führen asphaltierte Straßen selbst tief in malerische Seitentäler – Stichwort Stilluptal und Zillergrund. Zumindest einen Teil der insgesamt 55 Dreitausender des Zillertals hat man dabei immer im Blickfeld.

Fotos: Mayrhofen/CUBE

Rauf, runter, geradeaus Sigi, der im Jahr zirka 20.000 Kilometer im Fahrradsattel absolviert, verrät uns eine seiner Lieblingstouren am Mountainbike: Um die Kräfte zu schonen, fährt man mit der Penkenbahn bis zum Panoramaweg an der Gschößwand. Auf einer nicht zu steilen Schotterstraße erreicht man

das Penkenjoch (wo man unbedingt einen leckeren Kaiserschmarrn schmausen sollte) und von dort aus geht‘s weiter über die Wanglalm runter bis nach Vorderlanersbach. „Das ist eine wunderschöne Tour mit herrlichem Panorama“, so seine Begründung. Außerdem ist es – wenn man, statt mit der Penkenbahn hinaufzugondeln, die 1150 Höhenmeter per Bike bewältigt – eine optimale Trainingsstrecke für all jene, die an der dreitägigen Zillertal Bike Challenge (siehe Infobox) teilnehmen wollen. Wenn Sigi mit dem Rennrad unterwegs ist, testet er die Fitness seiner Waden an der Zillertaler Höhenstraße. Wem das „zu steil“ klingt: Bei 800 Kilometern bestens ausgebauten Bikerouten, auf denen man insgesamt bis zu 30.000 Höhenmeter absolvieren kann, sollte für jeden „Drahteselsportler“ das Richtige dabei sein. Und sollte einmal die Kraft ausgehen und keine der insgesamt 130 Hütten in der Nähe sein, ist das beste (legale) Doping trotzdem griffbereit: Traumpanorama und klare Bergluft.

Bike Challenge Mountainbiker aufgepasst! Wer vom 2. bis 4. Juli 2010 nicht davor zurückschreckt, innerhalb von drei Tagen wahlweise ca. 10.000 oder ca. 5000 Höhenmeter bzw. 200 oder 150 Kilometer zu absolvieren, kann sich unter www.zillertal-bikechallenge. com anmelden. Und vom 19. bis 21. August 2010 findet das beliebte Women‘s Bike Camp in Mayrhofen statt!

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Für die steilen Sprünge und spektakulären Kurven auf den Trails von Mayrhofen verantwortlich: Alex Ganster

Himmlische Höllenfahrt Zuerst kommt die Himmelfahrt, und wenn man die überstanden hat, folgt ein echter Höllenritt. Unfair? Die Freerider, die mit ihren vollgefederten Bikes nach Mayrhofen kommen, sind hier anderer Meinung. Traust du dich? Streckenprofil Himmelfahrt Gesamtstrecke: 2,61 km Höchster Punkt: 1940 m Summe Gefälle: 294,4 m Streckenprofil Höllenritt Gesamtstrecke: 3,95 km Höchster Punkt: 1650 m Summe Gefälle: 650 m

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ie stetig wachsende Freeride-Community weiß, dass keine PetrusBeleidigung daran Schuld ist, wenn man vom Himmel in die Hölle kommt. Es reicht, sein Bike von der Mayrhofener Bergbahn auf den Actionberg Penken transportieren zu lassen. Am Start des 2009 eröffneten Singletrails „Almdudler Himmelfahrt“ angekommen, heißt es: Vollvisierhelm, Rückenprotektor und Gelenksschoner anziehen und ab ins adrenalinhaltige Vergnügen. Los geht es auf rund 2000 Höhenmetern, wo die Himmelfahrt mit ihren knapp 300 Höhenmetern

Gefälle und 2,6 Kilometern vor einem liegt – gespickt mit flüssig zu fahrenden Steilkurven, Sprüngen, S-Kurven mit Drop-Möglichkeiten, Holzbrücken und dem langen North Shore Wallride. „Der North Shore Wallride ist eine klasse Spielerei, das Ding hat einen Radius von knapp zehn Metern und ist an der höchsten Stelle vier Meter hoch“, schildert Trail-Erbauer Alex Ganster. Nach knappen zwei Monaten Streckenaufbau mit Hilfe von Schreitbaggern, Schaufeln und Muskelkraft, denen eine genaue Geländeanalyse vorausgegangen ist, kennt er die beiden


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Fotos: CUBE (3), Mayrhofner Bergbahnen (1), privat (1)

Atemberaubende Ausblicke, steile Kurven und rasante Abfahrten sorgen beim Freeriden für befreiende Adrenalinkicks.

aufeinander folgenden Trails Himmelfahrt und Höllenritt wie seine Westentasche. „Am Ende des Himmelfahrt Trails an der Horbergbergstation kann man entweder zurück zum Start der Himmelfahrt radeln oder am ruppigen Höllenritt-Gelände bis ins Tal runter fahren. Der Höllenritt ist ein extrem ­schmaler, naturbelassener Weg, der einem mit einigen Leckerbissen wie Spitzkehren und kniffligen Gegenanstiegen ordentlich in Bewegung hält.“

Adrenalin & Risiko Was sich für Otto-Normal-Biker anhört wie ein Suizidkommando, trügt: „Freeriden ist keine Extremsportart, bei der es unkontrollierbare Elemente wie Lawinen gibt. Dieser Sport ist kontrolliertes Risiko, bei dem man versucht, an seine Grenzen zu gehen. Das Hirn ist dabei mindestens so wichtig wie funktionierende Bremsen“, schildert Alex, der sich in seiner Freeride-Karriere noch nie gröber verletzt hat. Die Rechnung für Selbstüberschätzungen wird einem beim Freeriden ohnehin umgehend prä-

sentiert – gut, dass es entlang der beiden Trails sogenannte „Chickenways“ gibt, falls einem die Vernunft rät, das eine oder andere Hindernis besser auszulassen. Himmelfahrt und Höllenritt sind so konstruiert, dass Downhill-Profis und Amateure gleichermaßen Spaß daran finden, denn: „Die Abwechslung macht’s. Ein guter Trail muss Flow haben. Dafür sorgt eine gute Mischung aus technischen Herausforderungen und speedigen Strecken“, so Alex, der zirka sechsmal die Woche durch Himmel und Hölle fährt. Leicht war der Weg bis dahin nicht, denn das Wetter war während der Bauphase so nass, wie das Fegefeuer heiß sein muss: „Trotz einer wetterbedingt nicht gerade optimalen Saison, die den Wegen teilweise übel mitgespielt hat, habe ich nur positives Feedback bekommen“, freut sich der Trail-Erbauer, der an sonnigen Tagen an die 150 Downhiller auf der „Spielwiese“ zählen konnte. Für die Saison 2010 darf das DownhillPublikum gespannt sein, was in Zukunft noch alles ausgeheckt wird.

Freeriden Ist das was für mich? Solange du kein Bewegungslegastheniker bist, kannst du die fürs Freeriden notwendige Technik erlernen. Auch Angsthasen können vom richtigen Lehrer behutsam in die Technik eingewiesen und an das Single-Trail-Vergnügen herangeführt werden. Apropos richtiger Lehrer: Alex Ganster geht auch gerne mit dir auf Freeride-Tour.

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Auf dem Weg nach oben Spitzenbergsteiger Peter Habeler 체ber den Berg als Herausforderung und Ruhepunkt, die Faszination am Gehen, das Austesten der eigenen Leistungsf채higkeit und seine Zillertaler Gipfel. 12


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Eine Bergtour schließt bei Peter Habeler das „Erlebnis Hütte“ mit ein, ist für ihn Teil der alpinen Kultur und macht das Bergerlebnis erst rund: Kasseler (links) und Olperer Hütte sind beliebte Einkehrmöglichkeiten.

Fotos: privat (1), Mayrhofen (2)

Höhenluft: Peter, du bist einer der weltbesten und populärsten Bergsteiger unserer Zeit. Du warst sehr viel unterwegs, bist aber immer gern wieder ins Zil­ lertal zurückgekehrt. Weshalb? Peter Habeler: Ich bin hier geboren und aufgewachsen – ich bin einfach ein Zillertaler. Einer, der immer wieder gern heimkommt, aber auch gern wieder wegfährt. Ich war in meinem Leben sehr viel unterwegs, habe etwa in den Bergen Südamerikas, im Himalaja und im Karakorum viel Schönes erlebt. Mittlerweile war ich auch so oft in Nepal, dass es mir schon fast zur zweiten Heimat geworden ist. Aber zu Hause bin ich hier in Mayrhofen. Vor allem mit den Zillertaler Bergen bin ich sehr verbunden. Sie waren die Triebfeder für mich, immer wieder zurück zu kommen. Höhenluft: Wie kamst du eigentlich zum Berg­ steigen? Peter Habeler: Mein Vater starb früh und meine Mutter musste viel arbeiten, deshalb sind mein Bruder und ich recht selbstständig aufgewachsen. So bin ich als kleiner Knirps einfach losmarschiert. Auf die Ahornspitze, den Kolm oder den Grinberg – alles, was von Mayrhofen aus zu erreichen war. Ich war begeistert und wissbegierig und hatte riesige Freude am Gehen und Steigen. Dabei habe ich viele Bergführer getroffen und von ihnen gelernt. Ich hatte immer das Glück, dass ich zur richtigen Zeit die richtigen Leute traf, die mich forderten und förderten. Ich

kann mich beispielsweise noch sehr gut an den Volgger Toni erinnern, der mir beibrachte, im Gebirge keine langsamen Schritte zu machen, denn Schnelligkeit sei Sicherheit. Das hat mich meinen ganzen weiteren alpinistischen Lebensweg geprägt. Ich schaute von klein auf darauf, dass ich nicht zu lange herumdokterte, dass ich mein Ziel erreichte, zum Gipfel kam und dann wieder in die Sicherheit des Tales zurückkehrte. Mit 16 habe ich dann schon meine ersten Schillinge als Hilfsbergführer verdient. Beim Führen war ich glücklich. Ich war in meinen geliebten Bergen und verdiente auch noch ein bisschen Geld dabei. Deswegen war bald für mich klar, dass ich die Bergführerausbildung machen wollte. Höhenluft: Was fasziniert dich an der Bewegung im Gebirge? Peter Habeler: Früher war da oben auf den Bergen einfach alles neu. Mir gefiel die sportliche Aktivität und das Austesten der eigenen Leistungsfähigkeit. Ich wollte an meine Grenzen gehen bzw. vielmehr diese Grenzen überwinden. Ich verstand steile Wände immer als Herausforderung, der ich mich stellen wollte. Ich wollte einfach da hinauf. Ich setzte mir ein Ziel, wollte auf einen Gipfel und schaute, dass ich möglichst flott, sicher und gut hinaufkam. Bei Erstbegehungen kam der Reiz des Ungewissen hinzu, was faszinierend war. Etwas Neues zu tun. Etwas zu erleben, was vorher noch keiner erlebt hat. Schwierigkeiten zu überwinden. Es ist eine

Zur Person Der Mayrhofner Peter Habeler, Jahrgang 1942, wurde 1978 weltbekannt, als ihm gemeinsam mit Reinhold Messner die Erstbesteigung des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff gelang. Weitere erfolgreiche Achttausender-Expeditionen, z. B. zum Nanga Parbat oder Cho Oyu, folgten. Peter Habeler leitet gemeinsam mit seinem Sohn Christian eine Ski- und Alpinschule in Mayrhofen, ist gerichtlich beeideter Sachverständiger für Alpinistik und gibt Vorträge. 1999 wurde ihm für seine Verdienste im alpinen Sicherheitswesen der Professorentitel zugesprochen.

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Von Mayrhofen aus lassen sich viele Gipfel erklimmen und Naturschönheiten erobern.

große Genugtuung, wenn alles funktioniert hat. Letztlich ist Bergsteigen ein Kampf gegen den eigenen inneren Schweinehund. Und ich habe diesen Kampf immer gerne geführt. Heute steht vielleicht weniger die Leistung im Vordergrund und mehr das Erlebnis – ich bin natürlich nicht mehr so ungestüm und wild und versetze Grenzen. Aber ich habe weiterhin meine Ziele. Ziele und Herausforderungen, die meinem Können und meiner Verfassung entsprechen.

Landschaftlich bezaubernde Wanderungen lassen sich am hinteren Ende des Zillertals ebenso finden ...

… wie technisch anspruchsvolle Hochtouren, einzig­artige Gratklettereien und Bergpanoramen der Sonderklasse.

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Höhenluft: Der Berg als Herausforderung? Peter Habeler: Schon, aber Berge sind nicht nur Herausforderung, sondern auch Ruhepunkt für mich. Wenn ich allein unterwegs bin, gehe ich sehr schnell. Ich tanze fast und springe auch. Es ist mir ein großes Vergnügen, rhythmisch und gezielt Fuß vor Fuß zu setzen, schnell und präzise den nächsten Schritt zu wählen. Ich bin ein leidenschaftlicher Geher. Das Gehen ist für mich überhaupt das Maß aller Dinge. Langes Gehen, ausgedehntes Wandern ist meditativ und Balsam für Seele und Körper. Selbst wenn ich schlecht gelaunt von daheim weggehe, weil mir etwas durch den Kopf geht, das ich nicht klären kann – sobald ich unterwegs bin, auf dem Weg nach oben, fällt diese Beklemmung von mir ab. Ich habe Zeit, um meinen Gedanken nachzuhängen,


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Was zieht dich immer wieder nach Mayrhofen, Peter Habeler? Ich fühle mich diesem Tal und dieser Landschaft, in der ich aufgewachsen bin, sehr verbunden. Die Berge hier sind einfach am schönsten! Wenn ich aus dem Inntal hereinfahre, schon ganz draußen bei Fügen, und da sehe ich den Löffler in der Sonne leuchten, sehe die Westflanke und den steil abfallenden Ostgrat – also das ist ein Berg! Wie ein Achttausender steht der herinnen, fast wie der Makalu: so scharfkantig, einfach fantastisch. Ich genieße es, dass ich mich hier innerhalb kürzester Zeit in eines der ruhigen Täler zurückziehen kann. Genau aus dem Grund verstehe ich auch die Menschen, die aus der Großstadt herauswollen und bei uns Ruhe oder die Begegnung mit der Natur suchen. Oder sich sportlich betätigen wollen, damit sie Abstand vom Alltag finden.

Fotos: Mayrhofen (1), Archiv Peter Habeler (1), Michael Rathmayr (1), Paul Sürth (2)

um die Maßstäbe wieder zurechtzurücken. Der Kopf wird frei. Ich gehe auf einen Gipfel, und wenn ich wieder herunterkomme, bin ich ein anderer Mensch. Höhenluft: Du bist ja nach wie vor als Bergfüh­ rer tätig. Welches Erlebnis wünschst du dir für deine Schützlinge? Peter Habeler: Ja, ich mache das immer noch liebend gerne. Das Schöne am Vermitteln des Bergsteigens ist, dass die Leute Freude am Berg haben. Fantastisches Wetter, eine wunderbare Umgebung, wo man viel sieht und erlebt, der Gipfel, wenn man schlussendlich wieder wohlbehalten unten ankommt und der Gast ausgelastet, glücklich wegen all der Eindrücke und zufrieden ist – das macht allen eine Gaudi. Was mir auch am Herzen liegt, ist, den Leuten bewusst zu machen, dass auch Einfachheit eine Faszination der Berge ist. Man geht, man rastet, man kommt auf eine Hütte, man isst dort. Man hat ein Ziel vor Augen, macht den Gipfel, steigt wieder ab. Ein bewusst einfaches Leben. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Wenn ich auf eine Hütte gehe, kann ich kein Hotel erwarten. Es braucht eine gewisse Bereitschaft, sich auf ein anderes Leben einzustellen, was manchen Leuten, die es gewohnt sind zu konsumieren, leider nicht leicht fällt. Höhenluft: In deinem Buch „Das Ziel ist der Gipfel“ schreibst du, dass „die schönsten Berge

daheim stehen“. Hast du für unsere HÖHENLUFTLeser ein paar Tipps parat? Peter Habeler: Die Zillertaler Berge bieten alles, was du dir als Bergsteiger wünschen kannst: Steilwände mit extremen Schwierigkeiten, einzigartige Gratklettereien, lohnende Hochtouren, landschaftlich bezaubernde Wanderungen, gemütliche Berghütten, und, wenn man möchte, auch Einsamkeit. Auch wenn das Zillertal sehr erschlossen ist, ist viel von der Ursprünglichkeit des Tales erhalten geblieben. Neben den auf Normalwegen erreichbaren alpinen Zielen Reichenspitze, Wollbachspitze, Großer Löffler, Großer Möseler und Olperer liegen heute wieder Bergwanderungen von Hütte zu Hütte im Trend. Als eine der wohl schönsten Durchquerungen der gesamten Ostalpen gilt der Zillertaler Höhenweg von der Kasseler Hütte zur Geraer Hütte. Auf der Nordseite des Alpenhauptkamms führt ein sehr schön angelegter Steig von einer Hütte zur anderen, die Tagesetappen schwanken zwischen vier und sechs Stunden. Besonders ambitionierten Bergwanderern kann ich noch den Siebenschneidenweg, den Übergang von der Edelhütte zur Kasseler Hütte, empfehlen. Leichtere, auch bei schlechtem Wetter empfehlenswerte Alternativen finden sich im Bereich Mayrhofen, Lanersbach und Finkenberg, etwa von Brandberg auf das Kolmhaus oder von Mayrhofen auf die Edelhütte.

Lesenswertes „Das Ziel ist der Gipfel“ Tyrolia Verlag, 200 Seiten. In persönlichen Texten und in Gesprächen mit der renommierten Alpinautorin Karin Steinbach erzählt Peter Habeler von seinen großen Bergerlebnissen. „Der einsame Sieg“ Frederking & Thaler, 219 Seiten. Peter Habeler beschreibt das packende Abenteuer der Erstbesteigung des Mount Everest ohne Sauerstoffgerät, das er mit Reinhold Messner teilte.

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Greifvögel zum Greifen nah Adlerbühne Ahorn. Der Genießerberg Ahorn ist um eine spektakuläre Attraktion reicher. Greifvögel wie Adler, Bussard und Uhu haben hier eine Heimat gefunden. Falkner Didi Wechselberger und sein Team geben bei ihren Vorführungen mit den Königen der Lüfte einzigartige Einblicke in die Lebensgewohnheiten der Tiere. Und im HÖHENLUFT-Interview hinter die Kulissen.

Fotos: Michael Rathmayr

Höhenluft: Didi, du hast in der Vergangenheit die unterschiedlichsten Berufe ausgeübt. Du warst einer der ersten, die zahlreiche Extremsportarten gewerblich betrieben haben, du warst im Personenschutz tätig und jahrelang begeisterter Hüttenwirt. Wann wusstest du, dass du Falkner werden möchtest? Didi Wechselberger: Ich fühlte mich schon als kleiner Bub zu Tieren hingezogen, was großartig war, da ich auf der Edelhütte auf über 2200 m Seehöhe aufgewachsen bin. Da war ich den ganzen Tag draußen unterwegs, hab geschaut und beobachtet. Ich erinnere mich gut daran, wie ich stundenlang vor einem Murmeltierbau sitzen konnte, in dem eine Mutter mit ihren sieben Jungen lebte. Die Kleinen sprangen um mich herum und krabbelten auf mich drauf – sie hatten mich völlig akzeptiert. Und eines Tages schaffte ich es sogar, eine Gams einzufangen. Auch die Beziehung zu den Greifvögeln war immer schon da. Ein Adler hatte nicht unweit von uns seinen Horst und ich habe ihn viele Stunden beobachtet, bis ich merkte, dass auch er mich akzeptiert hatte. Höhenluft: Wie kamst du zur Falknerei? Didi Wechselberger: Nachdem ich über sechs Jahre lang im Personenschutz gearbeitet hatte und dort Stars wie Eros Ramazotti, Joe Cocker und Peter Maffay begleitet habe, bin ich nach Mayrhofen zurückgekehrt und habe mit meiner Familie einen Alpengasthof im Stilluptal gepachtet. Dort hat es sich ergeben, dass wir Platz für Volieren hatten, und ich hielt ein paar Vögel dort, u.a. Lenny, den Harris Hawk, den ich noch heute unter meinen Fittichen habe. Ich hab mich so mit den Tieren beschäftigt, dass ich eine Ausbildung zum Falkner begann und Vorführungen vor meinen Gästen machte. Höhenluft: Was macht die Faszination Falknerei für dich aus?

Didi Wechselberger: Es ist das von gegenseitiger Akzeptanz geprägte Zusammenleben von Mensch und Tier. Nur der Falkner, der stets versucht, mit den Augen des Vogels zu sehen und sich immer wieder in seine Lage zu versetzen, wird mit seinem Vogel perfekt harmonieren. Man kann vieles lernen, doch wer im Herzen nicht versucht, die Sprache der Tiere zu verstehen, wird wahrscheinlich nie ein zufriedener Falkner sein. Höhenluft: Nun, du dürftest allerdings ein sehr zufriedener Falkner sein, schließlich wurde im Frühjahr und Sommer 2009 die Adlerbühne Ahorn erbaut. Wie kam es zur Idee der Adlerbühne? Didi Wechselberger: Ich habe vor drei Jahren ein erstes Konzept für Greifvogelvorführungen in Mayrhofen gemacht und es mit Bürgermeis-

„ Wer im Herzen nicht versucht, die Sprache der Tiere zu verstehen, wird wahrscheinlich nie ein zufriedener Falkner sein.“ ter Günter Fankhauser besprochen, der in seiner Funktion als Aufsichtsrat der Mayrhofner Bergbahnen dann einen Kontakt zur Bahn hergestellt hat. Im Frühjahr 2009 haben dann die Mayrhofner Bergbahnen ein aufwendiges Behördenverfahren angestrebt, welches damit endete, dass wir gemeinsam im August des vergangenen Jahres eine sensationelle Bühne – die Adlerbühne Ahorn – in einer ersten Testphase mit sechs Vögeln einweihen konnten.

Die Stars STEPPI – Steppenadler Der eindrucksvolle Steppen­ adler hat eine Flügelspann­ weite von bis zu 190 cm. LENNY – Harris Hawk Die Körperlänge liegt zwischen 45 und 60 cm. Seine Spann­ weite bei fast 1,20 m. JESSY & ROCKY – Rotschwanzbussarde Werden bis zu 63 cm groß. 14 Unterarten, die unterschiedlich gefärbt sind, aber alle einen „roten“ Schwanz haben. BILLY & VIRGINIA – Virginia-Uhus Der Virginia-Uhu erreicht eine Flügelspannweite von bis zu 150 cm und zählt somit zu den größten Eulen überhaupt.

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www.mayrhofen.at 18


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Faszinierende Geschรถpfe: Didi Wechselberger ist mit Leib und Seele Falkner und weiร zu jedem Zeitpunkt um die Befindlichkeit seiner Vรถgel Bescheid. Oben: Rotschwanzbussard Rocky, unten: Steppi, der atemberaubende Adler.

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Greifvogelvorführungen am Ahorn auf 2000 m Täglich, um 14.00 Uhr. Von 12. Juni bis 10. Oktober 2010. Mit spektakulärer Luftakrobatik begeistern Adler und andere Greifvögel die Besucher der neuen Adlerbühne Ahorn in Mayrhofen. Aus nächster Nähe können Sie am Genießerberg Ahorn bei informativen Greifvogelvorführungen die imposanten und eleganten Tiere erleben. Während die Vögel stolz und erhaben über Ihren Köpfen kreisen, erzählen die professionellen Falkner ­Wissenswertes über die Gewohnheiten und Fähigkeiten der kleinen und großen Greifvögel. Um eine optimale Integration in den bestehenden Naturraum gewährleisten zu können, wurden für die Adlerbühne am Ahorn ausschließlich natürliche Baustoffe wie Holz, Stein und Erde verwendet. Sie bietet rund 800 Zuschau­ ern Platz. Infos unter: www.mayrhofner-bergbahnen.com

Fotos: Michael Rathmayr, Mayrhofner Bergbahnen

Höhenluft: Wodurch unterscheidet sich deine Vorführung von anderen? Didi Wechselberger: Wir haben aus Prinzip nicht so viele Vögel in unserer Show, weshalb es möglich ist, sich sehr intensiv mit den Tieren auseinanderzusetzen. Und natürlich schlägt sich das in einer sehr engen Beziehung zum Vogel nieder. Noch keiner unserer Vögel ist je ausgebüchst und davongeflogen. Ich erzähle von den Lebensgewohnheiten der Tiere, außerdem auch über die Schönheit und die Zerbrechlichkeit unseres Ökosystems samt seinen vielschichtigen und sensiblen Zusammenhängen. Und das ist nur hier oben am Ahorn unmittelbar vor dem natürlichen Lebensraum etlicher Greifvögel möglich. Höhenluft: Was fasziniert die Besucher am meisten? Didi Wechselberger: Am meisten beeindruckt die Menschen immer noch die Nähe zum Tier selbst, was ja eine sehr ungewöhnliche Begegnung ist. Egal, ob es sich um den Adler oder den Uhu handelt – unsere Vögel sind natürlich etwas Besonderes, da sie an das Treiben in der Adlerbühne gewöhnt sind und die Nähe der Menschen akzeptieren. So können Roy und ich, an den Wochenenden auch gemeinsam mit meinem Sohn Thomas, die Vögel den Besuchern hautnah in einer Vorführung in Deutsch und Englisch prä-

sentieren. Der Schnabel unseres Steppi oder die riesigen Augen unseres Billy faszinieren unsere Gäste. Höhenluft: Für jene, die von den Greifvögeln nicht genug bekommen können, hast du mit den Bergbahnen das Programm „Falkner für einen Tag“ entwickelt. Was erwartet den Interessierten da genau? Didi Wechselberger: An festgelegten Tagen im Sommer, haben Gruppen bis zu fünf Personen die Gelegenheit, Adler, Bussarde und Uhus einen Tag lang hautnah zu erleben. Man trifft sich bereits in der Früh bei der Talstation der Ahornbahn in Mayrhofen und fährt gemeinsam zur Vogelstation auf 2000 Metern Seehöhe. Dort ist man mit dabei, wenn die Tiere vorgestellt, gefüttert, abgewogen und gepflegt werden und lernt ihre Eigenschaften und Fähigkeiten kennen. Als absoluter Höhepunkt steht die Teilnahme an der interaktiven Vorführung auf dem Programm. Danach neigt sich mit der Nachversorgung der Vögel ein ereignisreicher Tag dem Ende entgegen und wir fahren gemeinsam mit der Gondel zurück ins Tal. Höhenluft: Das klingt ganz nach einem unvergesslichen Erlebnis ... Didi Wechselberger: Für mich ist es das jeden Tag!

Das Falkner-Team Didi Wechselberger Falkner und Leiter der Adlerbühne, Falkner seit zehn Jahren Hobbys: Jagd, WildtierBeobachtungen, Greifvögel, Bogenschießen, Kampfsport und vor allem die Familie. Roy Butterfield Falkner der Adlerbühne, Falkner-Anwärter seit zwei  Jahren. Hobbys: Skifahren, Langlauf mit Hunden, Hundeschlitten fahren, Bogenschießen, Fo­ tografieren, Greifvögel, Natur und Jagd. Thomas Wechselberger Gastfalkner Adlerbühne, Lehrling in der Elektro­ branche, Falkner-Anwärter Referenzen: Jüngster Adler­ träger Österreichs 2007 Hobbys: Fußball, Bogenschie­ ßen, Jagd, Greifvögel, Natur.

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Bauer mit Leib und Seele Die im 12. Jahrhundert entstandenen Wiesen und Weidefl채chen sind auch heute noch Grundlage f체r das (land-) wirtschaftliche Leben am Brandberg. Der Gratzer Veitl hat es schon vor dem technischen Fortschritt gekannt. 22


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In seinem Brandberg ist der Gratzer Veitl glücklich: „Wenn ich mal fort war, war es immer am schönsten, den Brandberg heraufzufahren. Schon beim Brettfalltunnel konnte ich es kaum erwarten, heim zu kommen.“

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as ‚Gstelle‘ spielt halt nicht mehr ganz so mit“, erzählt der Gratzer Veitl etwas wehmütig und spaziert an seinem Stock bis zu jener Stelle, von der aus er so gerne in den Zillergrund blickt. Eines der vier malerischen Seitentäler, die sich von Mayrhofen aus auffächern. „Wenn ich noch gut bei Fuß wäre, würde ich gern bis nach Häusling dort vorne gehen, von wo aus man auf die Boden­alm kommt.“ Die Bodenalm. Das ist jene auf 1671 m Seehöhe idyllisch gelegene Alm, auf der Vitus Thanner, bekannt unter dem Hausnamen „Gratzer Veitl“, mit seinem Vieh über 50 Sommer verbracht hat. Gemeinsam mit zwei anderen Bergbauern hat er sie bewirtschaftet.

Fotos: Gerhard Berger

Kein ungefährlicher Arbeitsplatz Die Bodenalm zählt zu einer der wenigen Almen, die bis heute noch durch keine Straße erschlossen wurden und ihn noch haben – den typischen und ursprünglichen Almcharakter. Vorbei an Almhütten und Almställen geht es dorthin auf einem urigen und abwechslungsreichen Steig, den man heute als „abenteuerlich“ beschreiben würde, vor Jahrzehnten aber nur als „beschwerlich und gefährlich“ bezeichnen konnte. „Wir mussten mit unserem Vieh über eine ausgesetzte, in Fels geschlagene Treppe. Jede Kuh haben wir einzeln hinauf getrieben“, erzählt der heute 84-Jährige. Ist man oben angekommen, eröffnete sich am Plateau jedoch ein kleines Paradies, ein wunderschönes Fleckerl, von dem jeder Mayr­hofner schwärmt. Dort oben wurde das Vieh gemolken, gehütet und wieder gefunden, wenn es sich verstiegen hatte. Unter harten Bedingungen wurde das karge Heu eingeholt, das in dieser Höhe nur einmal wächst, und gekast. Die

schweren Käselaibe wieder über den steilen Weg nach unten gebracht. Der Tag war lang – um halb fünf begannen die drei Bauern mit der Arbeit –, die Saison eine kurze. „Im Juni ging es mit dem Vieh hinauf und im August gab es schon wieder den Almabtrieb“, erinnert sich der Gratzer Veitl. „Daheim gab es ja auch noch einen Hof zu bewirtschaften.“

Brandberg

Die Sense auf Augenhöhe 1970 war‘s, als der Veitl den elterlichen „Gratzerhof“ in Brandberg mit 11 ha Land übernahm. Gemeinsam mit seiner Frau und den fünf Kindern galt es, Kühe, Ziegen, Schafe, Hühner und Schweine zu versorgen, die Ställe und Zäune instandzuhalten und die steilen Felder zu bestellen. „Wir haben auch die steilsten Wiesen mit der Sense gemäht und sie dabei wirklich auf Augenhöhe gehabt. Und manchmal bin ich mit der Krax‘n bis zu 35-mal am Tag vom Berg runter, um das Heu einzubringen. Den ersten Mäher konnte ich mir erst Mitte der 70er leisten“, weiß Veitl noch heute. Bei all der Arbeit hat sich der Gratzer Veitl aber den Humor und seine Offenheit gegenüber allem erhalten. „Ich habe lange und gerne die Harfe mit der Brandberger Schuachplattlergruppe gespielt, hab es aber nie nach Noten gelernt, sondern nur nach Gehör gespielt“, weiß er mit breitem Grinsen zu berichten. Und auch dem „Bauernschnapsen“, dem Kartenspiel, nach der Kirche war der Veitl nicht abgeneigt. Ob er seine Arbeit in seinem wohlverdienten Ruhestand denn vermisse? „Ich habe immer gern gearbeitet, mich nach einem Herzinfarkt aber nicht schwer von der Arbeit getrennt. Denn das Leben ist auch zum Genießen da.“

Sonnendorf des Zillertals Der 360-Einwohner-Ort zeichnet sich durch seine extreme Steilheit und die südseitige Lage im Zillergrund aus. Als Herzstück des „Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen“ zählt dieser sicher zu den landschaftlich schönsten Bereichen im Zillertal. Dass hier für lange Zeit die Natur der einzige Lebensfaktor der Menschen war, ist auch heute noch erlebbar, immer wieder kann man die harte Arbeit der Bergbauern auf einer der vielen Wanderungen beobachten, wie beispielsweise auf einer Wanderung entlang des „Bergmähderweges“. Rund um Brandberg stehen ca. 85 km Wege zum Wandern zur Verfügung. Die idyllische Bodenalm ist in zwei bis drei Stunden zu erreichen.

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Waidmannsheil, Staude! Bloß nicht erwischen lassen – das wohl wichtigste Gebot im Leben der Floitenschlagstaude, Tirols berühmtester Wildschützin.

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Höhenluft

Das Buch zur Frau: „Die Floitenschlagstaude“, Berenkamp Verlag.

E

s war ein hartes, entbehrungsreiches Leben, das Elisabeth Lackner von 1845 bis 1921 führte. Unter ihrem bürgerlichen Namen kennen sie die wenigsten, hatte die dunkelhaarige Schönheit doch einen viel einprägsameren Spitznamen.

Fotos: Mayrhofen

Schmal von der Statur, zäh wie eine Staude und voller Stolz Vom Bergdorf Ginzling aus sieht man hinauf zum Floitenschlag. Inmitten des steilen Geländes auf 1436 Metern Seehöhe stand einst eine Hütte, das „Hoamatl“ der schlanken und groß gewachsenen Frau. Aufgrund ihrer auffälligen Statur war Elisabeth Lackner gemeinhin als Floitenschlagstaude oder kurz – Staude – bekannt. Sie war ein zähes wie dürres Gewächs, diese Frau, denn so beschwerlich wie der Weg rauf zu ihrem „Hoamatl“ war, so beschwerlich war auch ihr Leben: Drei ihrer insgesamt neun Kinder starben an Diphtherie, eines wurde von der Ferkelsau gefressen, als es aus der Wiege flog, ein Knabe stürzte beim Heueinbringen ab, ein weiterer wurde von einer unbekannten Seuche hinweggerafft. Auch ihr wesentlich älterer Mann starb früh, wodurch sie mit ihren Kindern auf sich allein gestellt war. Einfallsreichtum war gefragt: Wer rund um die Hütte Futter am Boden verstreut, kann Gämsen vom Fensterbrett aus erlegen – entsprechende Zielsicherheit vorausgesetzt. Gut, dass Staude das Waidwerk schon als kleines Mädchen von ihrem Vater gelernt hatte. Das jüngste von acht Kindern lernte dabei sicher so manchen Trick, wie man sich bei der illegalen Pirsch nicht erwischen lässt. „Besser

als ein leerer Magen und hungrige Kinder“, mag sie sich gedacht haben, als sie diese Opfer brachte. Ihren Stolz verlor sie nie.

Sie konnte gar nicht anders Gegen den Hunger mag die Wilderei sinnvoll gewesen sein, doch eines brachte sie ihr nicht ein: Ansehen. Gerne wird vergessen, dass es der Staude nicht ums Jagdvergnügen, sondern primär ums nackte Überleben ging. Martina Schwemberger, die Leiterin der Mayrhofener Volksbühne, schrieb ein Theaterstück, in dem sie die Staude in ein anderes Licht rückte: „Mir war es wichtig zu zeigen, wieso diese Frau so gehandelt hat. Das Leben hat sie zu einer harten Frau gemacht, sie konnte gar nicht anders.“ Das Stück wurde im Sommer 2008 14-mal unter freiem Himmel nahe dem Originalschauplatz aufgeführt, die 300 Karten waren jedes Mal ausverkauft. Martina Schwemberger spielte die Hauptrolle. „Das war der Höhepunkt meiner Schauspielkarriere, ich habe mich so gut in die Staude hineinfühlen können“, schwärmt die Mayrhofenerin. Auf die Frage, was man von der Staude lernen kann, meint sie: „Dass man nicht gleich das Handtuch wirft, wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorstellt. Ich bewundere die Staude dafür, dass sie nie aufgegeben hat. Sie war durch und durch eine Kämpferin“. Den Kampf gegen ein Magenleiden hat die Staude schlussendlich nicht gewonnen: Sie starb als einsame und verarmte Frau. Ihr Gewehr hat man übrigens bis heute nicht gefunden, so geschickt hatte sie es versteckt.

Auf der Staude Spuren Auf 999 Metern im hinteren Zillertal liegt Ginzling. Ein idyllisches, ruhiges Dorf, in dem viele Bergerlebnisse ihren Anfang nehmen. In den Wäldern und Berghängen rundherum, wo damals die Floitenschlagstaude auf der Pirsch war, „jagen“ heute Wanderer, Biker, Kletterer, Paragleiter und Skitourengeher ihrem Vergnügen nach. Der „Nasenwandklettersteig“ beispielsweise führt direkt zum Floitenschlag. Ginzling ist auch der Standort des Naturparkhauses, wo die Verwaltungen des Naturparks, der Gemeinde Ginzling sowie eine Alpin- und Regionalbibliothek untergebracht sind. Das Herzstück des Gebäudes ist jedoch die moderne und familiengerechte Erlebnisausstellung. Übrigens, schon mal vom Steinbockmarsch gehört? Das stolze Alpentier findet sich nicht nur im Wappen der Ortschaft, sondern gibt dem alljährlichen Ginzlinger Wandertag einen klingenden Namen. Die Staude hätte sicher gerne einen erlegt.

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l l ö r K s u k ar

M

wischen z r h a J m i t g rgl­äufer le e B r e t s h ch im c i u e A r . g l k o c f r ü r e u s z h Österreic er laufend t e m o l i K 0 0 vor. 0 6000 und 7 Wordrap legt er Tempo Höhenluft Natur Mayrhofen

Etwas vom Wichtigsten überhaupt! Ich möchte den Berglauf gerne weiter forcieren, damit er noch mehr Leute erreicht,

Meine Heimat und Trainingsgebiet. Da, wo ich mit meiner

weil man u. a. die Natur so bewusst wahrnehmen kann.

Familie lebe.

Und egal, wo man ist, man kann immer neue Wege für sich

Lebensmotto Das lautet: „Niemals aufgeben!“ Vor drei Jahren bin ich beim

entdecken. Künstler, die mich beflügeln

Dolomitenmann mit gerissenen Bändern mitgelaufen, was mir

Das sind eindeutig Albin Egger-Lienz und Alfons Walde. Von

den Spitznamen „der Kämpfer“ eingebracht hat.

ihren Bildern kann ich mich gar nicht satt sehen.

Lieblingsplatz

Ausdauer

Der existiert in meinen Gedanken – es ist das „Ruhebild“ vor

Bedeutet harte Arbeit und Schmerzen, aber auch große

meinen Rennen. Dabei stelle ich mir vor, dass ich am Grat

Befriedigung.

des Grinbergs sitze und ins Tal blicke. Auf den Grinberg gehe ich wirklich sehr gern, sommers wie winters, laufend oder mit Tourenski. Faszination Berglauf

Groigg‘n Eine Zillertaler Spezialität, die man unbedingt kosten muss und die neben Nudeln auf meinem Speiseplan zu finden ist. Dabei wird Schweinefett in Würfel geschnitten, in einer Pfan-

Die Natur um einen ringsum, die Höhenmeter in möglichst

ne erhitzt und im eigenen Schmalz so lange gesotten, bis die

kurzer Zeit zu überwinden und als Belohnung vom Berg auf

Würfel goldgelb werden und das meiste Fett flüssig geworden

ein tolles Panorama zu schauen. Unvergleichlich!

ist. Dazu werden Zwiebel gemischt und man isst Brot und

Harakiri-Lauf Das ist schon auch ein bisschen mein Baby! Er fand erst einmal statt und war von Start weg ein sensationelles Ereignis. Da der Harakiri-Lauf am Penken von der World Mountain Running Association (WMRA) von Anfang an als offizielles

„Rabernes Kraut“ (Rübenkraut). Früher dachte ich ... ... blindlings, dass ich alles erreichen kann. Heute weiß ich, ...

Grand-Prix-Rennen eingestuft wurde, lockte er sofort die

... wie schwer es tatsächlich ist, etwas richtig Gutes zu

Weltelite des Berglaufs nach Mayrhofen.

erreichen. Aber ich bin überzeugt davon, das Maximum

www.mayrhofen-harakiri.com

erzielt zu haben.

Jonathan Wyatt Ein neuseeländischer Architekt, mein bester Freund und gleichzeitig mein größter Konkurrent im Berglauf. Zeit Sie ist mein größter Luxus und gleichzeitig mein größter Gegner. Ich genieße es z. B. als Maler mal sechs Stunden durch zu arbeiten. Auf der anderen Seite frag ich mich manchmal, wie ich zeitlich bloß alles unter einen Hut bekommen kann.

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Höhenluft

Fotos:

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Markus Kröll setz boomend t sich se en Bergla it Jahren uf ein un Mayrhofe für den d ist stolz n seinen darauf, d G ä s te n acht abw mit dem ass Run & W echslung alk Park sreiche king-Tra Lauf- un ils anbie d Nordic ten kann -Wal. Hauptb eruflich malt er.

John Wyatt ist sein bester Freund und erbittertster Konkurrent, Zeit sein größter Luxus und sein mächtigster Gegner. Er selbst ist seit zehn Jahren Weltklasse-Bergläufer in aller Herren Länder und arbeitet als Lüftlmaler, Illusionsmaler, Restaurator und Vergolder in Mayrhofen. Markus Kröll im Spannungsfeld der Kontraste. www.markus-kroell.com


Ein vertikales Wunderland Der in Ginzling aufgewachsene Kletterer Gerhard Hörhager kann gut erklären, warum sich Felsenliebhaber im Zillertal allgemein und im Besonderen rund um Mayrhofen wie Alice im Wunderland fühlen. Pioniere Die Haupterschließer des Mayr­ hofener Kletterado sind: Uwe Eder, Zlu Haller, Martin Hammerer, Gehrad Hörhager, Martin Mayer, Emmi Moosbrugger, Cornelius Obleitner, Wolfgang Rottensteiner, Reini Scherer, Markus Schwaiger, Jorg Verhofen, Guido Unterwurzacher, Georg Weber.

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er Bergführer, dessen kräftige Hände seine Passion erahnen lassen, kennt jede Felsnische, die es im Zillertal zu erklettern gibt – vom Boulder bis zur Mehrseillängentour – und fängt an aufzuzählen: „Im Zillertal gibt es momentan zirka 30 Klettergärten mit über 600 Routen und ungefähr 20 Bouldergebiete mit mindestens 500 Bouldern. Allein in Talnähe finden sich zehn Gebiete für Mehrseillängentouren mit um die 70 Routen.“ Aufgewachsen in einer bergsportbegeisterten Familie auf der Berliner Hütte

hoch über Ginzling, packte ihn mit 14 Jahren die Leidenschaft fürs Klettern. Seine Erfolge machten ihn zu einem der bekanntesten Kletterer Österreichs und ließen ihn die Welt entdecken. Obwohl er viele Erstbegehungen und Wiederholungen schwieriger Routen und Boulder in den verschiedensten Klettergebieten in den USA, Australien und Europa machte, sagt er: „Daheim ist es am schönsten! Es gibt einfach traumhafte Spots, auch unabhängig vom Klettern. So wie ich es betreibe, ist Klettern in erster Linie ein Natursport, und da macht das


Höhenluft

„Beim Naturerlebnis Klettern kann man nichts erzwingen, man gibt sein Bestes und freut sich über das, was man erntet. Das lässt körperliche und emotionale Fitness wachsen.“ – Gerhard Hörhager über seine Leidenschaft, das Klettern. natürlich einen Unterschied, ob man in irgendeinem Steinbruch herumklettert, wo nebenbei die Bagger rasseln, oder ob man sich in einer naturbelassenen Landschaft aufhält. Die Klettergebiete im Zillertal liegen zum Glück großteils noch an so schönen Plätzen. Das macht es neben dem Felspotenzial und der Felsqualität einfach aus.“

Fotos: Gerhard Berger (2), Mayrhofen

Kletterspielplätze deluxe Zwei Namen sollten sich kletternde Zillertalbesucher einprägen: Zemmgrund und Zillergrund. In Bezug auf Klettern finden sich dort eine Vielzahl verschiedener Gebiete – vom Boulder bis zur Mehrseillängentour – für gut gesichertes Sportklettern und alpine Abenteuer. „Da ist für jeden was dabei, vom dritten bis zum elften Grad. Vom Level her bietet das Zillertal eine Menge Abwechslung, ob für Anfänger oder für

Topkletterer“, so Gerhard, der gleich ein paar Tipps nachschießt: „Das Herz des Kletterns im Zillertal sind die Ewigen Jagdgründe in Ginzling – das ist ein Gebiet, wo jeder etwas findet. Hier stehen bis zu 50 Meter hohe freistehende Granittürme mitten im Talboden, ein gewaltig schöner Platz, der dementsprechend beliebt ist. Intermediates sollten zur unteren Bergstation oder zur Nasenwand direkt hinterm Ort in Ginzling gehen. Wer richtig draufhauen will, versucht sein Können an der oberen Bergstation in Ginzling oder probiert die Schwarze Wand im Zillergrund. Bouldern im Sundergund/ Zillergrund sollte man keinesfalls auslassen.“ Wo auch immer man seine Magnesiumspuren hinterlassen will – das Zillertal muss man als Liebhaber des felsigen Vergnügens unbedingt erklettern. Gerhard meint: „Wem im Zillertal fad wird, dem ist nicht zu helfen!“

Felsige Hotspots Zum Bouldern: Sundergrund, Zillergrund, Wald im Zillergrund, Zemmschlucht, Saustein, Ginzling Wald und Breitlahner Wald sowie die Klausen Alm in Ginzling. Zum Routenklettern: Ewige Jagdgründe, Bergstation in Ginzling, Fürstein und Schwarze Wand im Zillergrund. Mehrseillängen-Gebiete: Taufenkopf, Jägerwand und Freie Sprünge in Ginzling, Mühlwand im Zillergrund.

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Aufgegeigt und abgerockt Roland Brandner kann zwar keine ­Noten lesen, den richtigen Ton trifft er trotzdem. Und zwar sowohl als Sänger und Gitarrist einer Rockband als auch bei der Geigenmusik.

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ieses Multitalent ist nur auf den ersten Blick verwunderlich, denn Musik liegt den Zillertalern im Blut. Der klingende Beweis dafür sind die mehr als 200 Musikgruppen. Außerdem waren es Zillertaler, die das Weihnachtslied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ weltbekannt gemacht haben. Die Verdienste der Rainer-Sänger in Ehren, aber gäbe es eine Auszeichnung für den vielfältigsten Musiker des Zillertals, Roland Brandner wäre einer von den prämierten. Denn egal ob er mit der rockigen Band Ciela auftritt, die sich der „Zillachtola Dialect Musig“ verschrieben hat, oder ob er bei der „Schwendberger Geigenmusig“ aufgeigt – wohl fühlt er sich in beiden Welten. Die Abwechslung, die sich dadurch einstellt, gehört zu seinem Musikverständnis wie das Auf und Ab zum Leben. Der Kontrast sorgt dafür, dass es spannend bleibt. Gitarre und Geige sind die zwei „tonangebenden“ Instrumente im Leben von Roland, wobei er ersteres mit 15 zu spielen begann, zweiteres zwanzig Jahre später. Beide Instrumente brachte sich Roland selbst bei. Von der Blasmusik, bei der


Höhenluft

Roland surft sowohl um diverse Gitarrenriffs als auch am Geigenbogen so sicher dahin wie ein Profisurfer auf einer Welle. Mit dem Unterschied, dass der Zillertaler Musiker es vorzieht, seine Leidenschaft nicht zum Beruf zu machen.

sein Vater war, hielt er sich fern – die Liebe zur Musik teilten sie sich ungeachtet dessen.

Fotos: Michael Rathmayr

Hoi, Ciela! 1989 war es so weit: Fünf Musiker aus dem Zillertal gründeten die Band Ciela. Seitdem sind drei Alben erschienen: Hoi, Umbrell und Munter. Ein viertes ist derzeit in Arbeit, „zehn oder 14 Lieder werden wir einspielen“, so Roland. Er und seine Bandkollegen wollen unabhängig bleiben, verzichten deshalb auf Agentur und Label – und damit vielleicht auf die Möglichkeit, finanziell gesehen von der Musik leben zu können. „Musik soll Spaß bleiben und nicht zum Beruf werden“, begründet Roland, der seine „Brötchen“ bei der Zillertal Bahn verdient, diese Entscheidung. Große Hallen füllt die Band, die im Zillertal Kultstatus hat, ohnehin: „Wir treten nicht jedes Wochenende in einer kleinen Kneipe auf, sondern lieber etwas seltener, dafür aber umso intensiver. Wenn schon, denn schon!“ So kommt es, dass Konzerte schon mal vier Stunden dauern können – das geht nur dann, wenn den Musikern vom Publikum ebenso viel Energie entgegenströmt, wie die Musiker zum Spielen brauchen. Und genau das ist das Ziel von Roland: „Wenn Musikant und Publikum dasselbe

Gefühl haben, alle leidenschaftlich dabei sind – dann passt’s.“ Das gilt ebenso für die Geigenmusig, zu der er über einen Freund kam. Die Stücke, die sie bei der Schwendberger Geigenmusig so unverfälscht und ohne Verstärker spielen, klingen genau wie vor 100 Jahren: „Diese Lieder sind von Generation zu Generation, von Gehör zu Gehör weitergegeben worden. Damals gab es ja kein Radio oder Stereoanlagen, da musste man schon selber spielen“, erzählt Roland, der bei den volkstümlichen Auftritten natürlich in Zillertaler Tracht fidelt. Die Geigenmusig mag seine Art sein, Heimatverbundenheit fernab der kommerziellen Schiene zu leben. Manchmal ist sie jedoch auch eine willkommene Möglichkeit, die Musikschiene zu wechseln, wenn etwas „vom vielen Proben zu sehr auf die Nerven geht“. Aber das dürfe nicht so oft passieren, ist doch die Zeit fürs gemeinsame Proben berufsbedingt eher rar. Immerhin hat Roland ja auch eine Familie – Frau und zwei Söhne –, einen Garten, den er liebevoll pflegt, und Autos, die wahrscheinlich bald als „Oldtimer“ gelten. Eines steht fest: Solange Roland nicht die Finger abfallen, wird man ihn jedenfalls noch lange beim Aufgeigen und Abrocken erleben können.

So klingt das Zillertal Die Musik, die aus dem Zillertal kommt, hat ähnliche Bandbreiten wie die Landschaft: mal rockig-schroff wie ein Felsmassiv, mal fidel wie das Plätschern der Ziller, mal so ruhig wie die Stille in einem Seitental, mal so lebendig-kommerziell wie das Treiben in einer vollen Hütte ... Hauptsache, für jeden Geschmack ist das Richtige dabei. Die Ferienregion Mayrhofen/ Hippach steht heuer unter dem Motto „Musiksommer 2010“. Infos zu den zahlreichen Veranstaltungen finden Sie unter: www.mayrhofen.at

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Lebensmittelpunkt Mayrhofen Ein englisches Paar erzählt, warum es Mayrhofen seiner Heimat Isle of Man vorzieht.

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an könnte sagen, der Snaefell war’s. Mit seinen 621 Metern Seehöhe ist er die höchste Erhebung auf der Isle of Man, der Heimat von Lesley und Mike. Nicht die beste Voraussetzung, um dort Skifahren zu lernen. Von den milden Wintern ganz zu schweigen. „Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass sich Mayrhofen sehr gut für Skianfänger und Familien eignet. Und da wir mit unserer Tochter und unserem Enkel unterwegs waren, war der einwöchige Skiurlaub rasch gebucht. Das war vor 13 Jahren.“ Eine Woche, die für die Familie prägend sein sollte. Der damals 56-jährige Mike verliebte sich in den Wintersport auf zwei Brettern, die Tochter in einen Mayrhofner – und allesamt waren sie auf Anhieb

von Land und Leuten begeistert. „Die Einwohner sind so herzlich und zuvorkommend“, erzählt Lesley. Und Mike fügt hinzu: „Hier ist alles so sauber, ordentlich und sicher – und die Landschaft unvergleichlich!“ Weitere Aufenthalte folgten, schon allein deshalb, um ihre Tochter, die mittlerweile geheiratet hatte und mit ihrem Sohn nach Mayrhofen gezogen war, regelmäßig zu besuchen. Vor fünf Jahren dann entschlossen sich Lesley und Mike, neun Monate im Jahr fix in Mayrhofen zu verbringen. „Wir leben von Juli bis September und von November bis April im Zillertal und genießen jeden einzelnen Tag. Unsere Tochter samt Familie ist übrigens vor zwei Jahren nach Spanien gezogen“, schmunzelt Mike über diese Situation.


Höhenluft Zwei Engländer in Mayrhofen: In der Konditorei Kröll (linke Seite) und im „Sieghard“ (oben links) sind Lesley und Mike häufig anzutreffen.

Bei Lesleys Shoppingtouren in der Mayrhofner Hauptstraße ist Mikes Meinung gefragt. Im Downtown (oben rechts) findet sich Modisches für Lesley, während im Salewa Store (unten rechts) Bergschuhe auf den ersten Wandereinsatz mit Mike warten. Auch auf News aus der Heimat muss in Mayrhofen nicht verzichtet werden!

Fotos: Gerhard Berger

Lesley und Mike’s Mayrhofen „In der Zeit, in der wir hier sind, bin ich jeden Vormittag auf dem Berg“, erzählt Bergfex Mike, im Sommer mit dem Rucksack, im Winter mit den Skiern. Wenn Lesley ihn nicht begleitet, pflegt sie derweil ihre Bekanntschaften: „Es gibt eine Vielzahl an schmucken Cafés und Res­taurants in Mayrhofen und Hippach, ich treffe mich gern mit meinen Freundinnen dort. Ganz besonders genieße ich die Mehlspeisen und Kuchen. Außerdem locken mich selbstgemachte Schokoladen und Pralinen in die Konditoreien, von denen es hier ja einige gibt.“ Wir haben immer wieder liebe Freunde aus England

in Mayrhofen zu Besuch“, so Mike. „Mit ihnen entdecken wir jedesmal neue kulinarische Spezialitäten – von der Zillertaler Schmankerlkost bis zum Haubenmenü.“ Der Rest des Nachmittags lässt sich dann gut beim Flanieren in der Mayrhofner Hauptstraße verbringen. „Ich habe mir in einem Modeladen zwei Handtaschen zur Seite legen lassen und du musst mit mir entscheiden, welche besser zu mir passt“, fordert Lesley Mike auf, der lachend die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. „Lesley findet immer etwas zu kaufen.“ Etwas an seinem Lachen lässt erkennen, dass auch er nicht leer ausgehen wird ...

Hauptstraße Egal, ob auf der Flaniermeile Mayr­hofens der Bauch brummt, die eingetrocknete Kehle Erfrischung sucht, eine Tour gebucht werden soll oder die Garderobe frischen Wind braucht – hier wird man fündig. Begegnung mit einem (Hollywood-)Star nicht ausgeschlossen, Begegnung mit gut gelaunten Menschen garantiert.

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Höhenluft

Impressum

Winter durch das Auge des Fotografen

Herausgeber:

N

Vorschau

Ferienregion Mayrhofen/Hippach,

aturfotografie auf den winterlichen Bergen des Zillertales heißt, mit klammen Fingern nicht mehr in der Lage sein, das Objektiv zu wechseln, wegen der Kälte vorzeitig geleerter Batterien abbrechen müssen, das Stativ nicht einsetzen können, weil es im tiefen Schnee haltlos nach Festigkeit tastet, heißt stundenlang in der Kälte warten, ausharren, bis das ersehnte Licht kommt, das dann vielleicht doch nicht kommt ...“, weiß der Fotograf Paul Sürth über seine Leidenschaft zu berichten. Was Fotografie für ihn noch bedeutet, welches sein Lieblingsmotiv im Zillertal ist und wie es sich anfühlt, mit Paul Sürth auf Motivsuche in den winterlichen Bergen zu sein, erfahren Sie in der nächsten Winterausgabe von HÖHENLUFT. Ab September 2010 erhältlich!

A-6290 Mayrhofen, www.mayrhofen.at Verleger: target group publishing gmbh – Zielgruppen Verlag, A-6020 Innsbruck Redaktion: pro.media kommunikation, A-6020 Innsbruck, Tel. 0043 (0) 512/214004, E-Mail: promedia.innsbruck@ pressezone.at, www.pressezone.at Mitarbeiter: Andreas Lackner, Mag. Doris Dengg (TVB Mayrhofen/Hippach), Mag. (FH) Sarah Krös­bacher, Hannes Fritzer (Mayrhofner Bergbahnen), Mag. (FH) Katharina Glatz, Mag. Tanja Lauton (pro.media kommunikation)

Wer steckt dahinter?

Übersetzung: Übersetzungsbüro Babel, A-6020 Innsbruck Art-Direktion & Grafik: Markus Anderwald Fotos: Gerhard Berger, Christian Forcher, Michael Rathmayr Druck: Niederösterreichisches Pressehaus

„Kleines Zillertaler Wörterbuch für Gäste und Einheimische“, Wolfgang Ingenhaeff, Berenkamp Verlag,

Gewinnen Sie mit dem Höhenluft-Bilderrätsel. Welcher Mayrhofner Weltklassesportler ist hier abgebildet? Wenn Sie HÖHENLUFT noch einmal durchblättern, dürfte es Ihnen nicht schwerfallen zu erkennen, wer sich in diesem Bildausschnitt verbirgt. Die Lösung ist eines von drei Büchern zur Floitenschlagstaude wert! Die Lösung senden Sie bitte bis zum 31. August 2010 per E-Mail an gewinnspiel@mayrhofen.at Der Gewinner wird unter Ausschluss des Rechtsweges ermittelt und schriftlich verständigt.

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Fotos: Paul Sürth, Red Bull Photofiles, Archiv

144 Seiten.

Zillachtolerisch – Deutsch Damit Sie sich in Ihrem Urlaub nicht allzu sehr über Dialektausdrücke wundern und vielleicht schon ein wenig mitreden können. schiàn gièn – Urlaub machen kraggsln – klettern hådèrdaggsl – Eidechse dúcht – Durst gwàff – Essbesteck



Tourismusverband Mayrhofen/Hippach Dursterstr. 225, A-6290 Mayrhofen www.mayrhofen.at

Mayrhofner Bergbahnen AG Hauptstr. 472, A-6290 Mayrhofen www.mayrhofner-bergbahnen.com

Tel.: 0043 (0) 5285/67 60-0 Fax: 0043 (0) 5285/67 60-33

Tel.: 0043 (0) 5285/62 277 Fax: 0043 (0) 5285/62 277-161

info@mayrhofen.at

info@mayrhofner-bergbahnen.com


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