Medair - Unsere Werte in Einsatz

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Unsere Werte im Einsatz Medair-Jahresbericht 2007


„Am meisten hat mich an Medair beeindruckt, dass die Organisation während des Krieges blieb, als andere Gesundheitszentren und Nichtregierungsorganisationen entweder schlossen oder das Land verliessen. Da Medair blieb und trotz aller Gewalt und Gefahr weiterhin aktiv war, geniesst die Organisation höchste Anerkennung in der gesamten Region.“ Alphonsine Unwang, gemeinschaftliche Koordinatorin von SYNERGIE (NGO der Demokratischen Republik Kongo)

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MEDAIR Jahresbericht 2007

Kongolesische Familien unterwegs


Inhaltsverzeichnis Medair 2007

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Übersichtstabelle zu den Programmen

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Brief von Randall Zindler, CEO

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Die Werte von Medair

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Kernkompetenz Nothilfe

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Kernkompetenz Wiederaufbau

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Fachbereich Medizinische Versorgung

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Fachbereich Wasser und sanitäre Einrichtungen

14 – 15

Fachbereich Unterkunft und Infrastruktur

16 – 17

Landesprogramme

18 – 35

Hinter den Kulissen

36 – 38

Der Wert der Menschen

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Nachhaltige Veränderungen

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Unsere Partner

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Zertifizierungen

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Impressum

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Medair steht den Menschen zur Seite, die in Krisen-, Kriegs- oder Katastrophengebieten am dringendsten Hilfe benötigen, und unterstützt sie durch lebensrettende Soforthilfe- und Wiederaufbaumassnahmen. 3


AFGHANISTAN • PAKISTAN •

SUDAN • (Nordstaaten)

• SÜDSUDAN • UGANDA

INDONESIEN •

DEMOKRATISCHE • REPUBLIK KONGO

• MADAGASKAR

Medair 2007 • 2.313.317 Hilfsempfänger • 8 Landesprogramme • 7 Einsatzländer • 1 internationaler Hauptsitz in der Schweiz, 53 Stellen • 5 Länderbüros in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und den USA • 119 internationale Mitarbeiter in den Einsatzländern • 979 nationale Mitarbeiter

Länder

Krisen

Afghanistan

Konflikt

• Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts (in Gebieten, in denen Medair aktiv ist)

Naturkatastrophen

• Erdbeben • Dürre

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen

Demokratische Konflikt Republik Kongo

Herausforderungen

• Vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen

Indonesien

Naturkatastrophen

• Tsunami • Erdbeben • Vulkanausbruch

Madagaskar

Naturkatastrophen

• Wirbelstürme • Überschwemmungen

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Nahrungsmittelkrisen

Naturkatastrophen

• Erdbeben

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung

Pakistan

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MEDAIR Jahresbericht 2007

Länder

Krisen

Südsudan

Konflikt

• Vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Hohe Flüchtlingsrate

Naturkatastrophen

• Überschwemmung • Dürre

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen

Konflikt

• Andauernder Konflikt • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Hohe Flüchtlingsrate

Naturkatastrophen

• Überschwemmung • Dürre

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen

Konflikt

• Vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Hohe Flüchtlingsrate

Naturkatastrophen

• Überschwemmung • Dürre

Andere Krisen

• Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen

Sudan (Nordstaaten)

Uganda

Herausforderungen


Brief von Randall Zindler, CEO Jedes Jahr führt Medair Soforthilfe- und Rehabilitationsprojekte für mehr als zwei Millionen Menschen durch. Wir arbeiten im gegenseitigen Respekt mit unseren Interessengruppen zusammen, die Nichtregierungsorganisationen, Regierungen und unsere Versorgungsempfänger sind. Unsere Qualitätsstandards sind hoch angesetzt und grössere sowie private Spender verstärken ihre Unterstützung. Des Weiteren betonen unsere Mitarbeiter oft unseren bemerkenswerten Teamgeist, vor allem angesichts unserer verschiedenen kulturellen, ethnischen und sprachlichen Hintergründe. Warum Medair eine besondere Organisation ist? Wie wir es schaffen, Jahr für Jahr grosse Erfolge zu erzielen und dabei Respekt und Unterstützung von anderen zu erfahren sowie ein engagiertes Team zu erhalten, das mit Leidenschaft dabei ist?

Dieser Bericht gibt einen Eindruck unserer Tätigkeiten und der Wirkung, die wir zugunsten der Schwächsten entfalten konnten: von Soforthilfemassnahmen zur Lebensrettung in Madagaskar und im Südsudan bis zu längerfristigen Rehabilitationsmassnahmen, dank denen Menschen in Uganda, Afghanistan und Indonesien ihre Würde zurückgegeben wurde.

Sie werden Safia Jabeen begegnen, einer 21 Jahre alten Frau, die seit dem Erdbeben in Pakistan verwitwet ist und jetzt ihr Leben und ihre Lebensgrundlage mithilfe einer Schulung von Medair, in der sie das Nähen erlernte, wieder neu aufbaut. Sie werden auch über die Hebamme Ruth Mutanga aus der krisenreichen Demokratischen Republik Kongo lesen, die bis zu diesem Jahr ihr eigenes kleines Heim als Geburtshaus nutzte, bis Medair ein eigenes Gebäude dafür errichtete. Oder Awad Abbas aus der südsudanesischen Region Kordofan, der ausgebildet wurde, um Biosandfilter für sein Dorf als Teil eines laufenden Projektes von Medair zu bauen, wodurch die Wasserversorgung in seinem „Worin liegt die Land sicherer und zukunftsfähiger gestaltet werden soll. Besonderheit von

Medair?“

Diese Fragen dienten 2007 als Anstoss für Worin liegt die Besonderheit von Medair? Randall Zindler ein innerhalb der gesamten Organisation Unsere Werte allein sind inspirative Ideale, durchgeführtes Projekt, bei dem die Identität während unser Handeln tatsächlich die und die Werte von Medair festgelegt und definiert Schutzbedürftigen unterstützt. Die Besonderheit unserer wurden. Von unserem Schweizer Hauptsitz bis hin zu Organisation liegt jedoch in der Kombination aus Werten und den abgelegensten Länderbüros führten wir ausführliche Handeln, durch die wir einen starken Einfluss auf das Leben Untersuchungen darüber durch, wer wir sind, was wir unserer Mitarbeiter und der Menschen ausüben können, tun und wie wir dies tun können. Durch diesen Prozess denen wir treu dienen. wurden übereinstimmend und mit voller Klarheit sechs unterschiedliche Werte herausgearbeitet: Hoffnung. Praktizierte Nächstenliebe. Menschenwürde. Verantwortliches Handeln. Integrität. Glaube. Das sind die Werte von Medair, nach denen unsere Mitarbeiter jeden Tag leben und arbeiten, sowohl in Zeiten des Friedens als auch in Krisenzeiten. Sie sind die Grundlage für alles, was wir tun, und die Motivation für all das, was wir sein wollen. In diesem Jahr trug unser Konsultationsprozess Früchte und führte zu einem besseren Verständnis der Identität von Medair. Für uns innerhalb der Organisation war es ein ereignisreiches Jahr. Unsere Aktivitäten erreichten Millionen von Menschen, und das nicht nur durch Soforthilfemassnahmen, sondern auch durch Hilfe zur Selbsthilfe. Der Jahresbericht 2007 von Medair ist durch unsere neu formulierte Identität geprägt, was in einer Sammlung von überzeugenden Geschichten, Fotografien und Filmen aus unseren acht Einsatzländern verdeutlicht wird.

Randall und pakistanische Einheimische feiern die Eröffnung einer von Medair gebauten Schule

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„Mitarbeiter aller Bereiche von Medair wurden in die vor Kurzem durchgeführte Überprüfung der Werte unserer Organisation einbezogen. Nach Abschluss dieses Prozesses ist es immer wieder spannend, wie leidenschaftlich die Mitarbeiter von Medair diese Werte leben, wenn sie die verschiedensten Arbeiten innerhalb der Organisation ausführen.“ Jonathan Tame, Gründungsvorstandsmitglied von Medair

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MEDAIR Jahresbericht 2007

Gesundheitsunterricht in Pakistan


Verantwortliches Handeln Hoffnung Menschenwürde Praktizierte Nächstenliebe Glaube Integrität

Die Werte von Medair

Verantwortliches Handeln Wir streben nach vorbildlicher Leistung in unserer Organisationsführung und bei all unseren Aktivitäten. Wir fühlen uns unseren Förderern, unseren Mitarbeitern und den Menschen, denen wir helfen, zur Rechenschaft verpflichtet und erbitten ihren Rat zur weiteren Verbesserung unserer Hilfsarbeiten und unserer Arbeitsweise. „Nach zehn Jahren Berufserfahrung im Bereich Treuhand, Handel, Risikokapital und Fondsbuchführung begann ich im Februar 2007 für Medair zu arbeiten. Am meisten beeindruckte mich in fast einem Jahr, dass man hier wirklich tut, was man verspricht, und auch daran glaubt! Wenn man in einem offenen Bereich wie den Finanzen arbeitet, kann man ganz ehrlich sagen, dass die Dinge oft je nach den Eigeninteressen der grossen Bosse gedreht werden können.

Tat umgesetzt. Anstatt sich von Prüfungen und neuen Regelungen bedroht zu fühlen, betrachten wir es als eine Chance, uns zu verbessern. Solch eine Herausforderung verlangt Einsatzbereitschaft und Strategien, die für alle Mitarbeiter weltweit gelten. Ich bin glücklich, in einer Umgebung zu arbeiten, in der mir eine tiefe Überzeugung für Verantwortlichkeit vermittelt wird.“

Eine transparente und exakte Buchführung ist bei Medair nicht nur eine Wertvorstellung, sondern wird in die

Francine Kohli, eine in der Schweiz zertifizierte Fachkraft für Finanzen und Buchführung, internationaler Hauptsitz

Praktizierte Nächstenliebe Wir wollen das Leid der Menschen in Krisen-, Kriegs- und Katastrophensituationen lindern. So stehen wir den Schwächsten zur Seite und leisten ihnen praktische Unterstützung durch Nothilfe- und Wiederaufbaumassnahmen. „Nach jahrelanger Arbeit in der Demokratischen Republik Kongo hatte ich Angst, dass ich bei der neuen Arbeit am internationalen Hauptsitz in der Schweiz nicht dieses tiefgehende Verantwortungsbewusstsein vorfinden würde, das ich bei meinem Einsatz kennengelernt hatte. Aber auch hier habe ich die Werte von Medair genauso wiedergefunden wie bei meinem Arbeitseinsatz. Eines Tages wurden wir darüber informiert, dass eine vor Ort rekrutierte Mitarbeiterin von Medair in Kampala, eine ugandische Frau namens Bea, ein gesundheitliches Problem habe, das chirurgisch behandelt werden müsse. Die Kosten der Operation seien für sie sehr hoch. Am Hauptsitz wurden wir über ihre Lage unterrichtet und dazu aufgefordert, freiwillig eine Spende zu leisten, wenn wir uns dazu berufen fühlten.

Ich kannte Bea von meinen vielen Reisen nach Kampala persönlich, also war ich selbstverständlich bereit zu spenden. Allerdings war ich zutiefst gerührt, als ich hörte, welch hoher Betrag für Bea am Hauptsitz gesammelt worden war. Zu sehen, dass viele Kollegen, die noch nie in Uganda gewesen waren, ganz selbstverständlich einen hohen Betrag für Bea gespendet hatten, liess mir bewusst werden, wie stark sie sich dafür interessierten, was sich dort ereignete. Und es kommt oft vor, dass wir zusammen Zeit verbringen und für einzelne Bedürftige oder für die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter beten. Dadurch leben wir den Wert der Barmherzigkeit, der nicht nur als Barmherzigkeit gegenüber Menschen in Krisensituationen zu verstehen ist, sondern auch als Nächstenliebe.“ Donata Schneider, Projektverantwortliche, Demokratische Republik Kongo

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Menschenwürde Wir glauben, dass jeder Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen und daher einzigartig, kostbar und grösster Achtung wert ist. Folglich setzen wir uns für alle Not leidenden Menschen ein, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihres Alters oder ihrer Nationalität. Wo immer möglich gestalten wir unsere Hilfe individuell, indem wir die jeweiligen Bedürfnisse und die persönliche Situation des Einzelnen berücksichtigen und so die Würde und Eigenständigkeit der Menschen achten. „Das Herzstück eines Medair-Einsatzes ist die Partnerschaft. Wir sind nicht in Madagaskar, um einfach nur unsere Projekte durchzuführen oder Wasserstellen für die Bevölkerung vor Ort zu bauen. Wir sind hier, um mit den Gemeinden zusammenzuarbeiten und ihnen zu helfen, ihre Lebensbedingungen würdevoll zu verbessern.

Die Partnerschaft bei unserem Projekt Rano Tsara (gutes Wasser) basiert auf gegenseitigem Respekt und dem gegenseitigen Austausch von Wissen. Entscheidungen werden auf Gemeindeebene erst nach intensiver Befragung der Bevölkerung vor Ort getroffen und dabei wird sichergestellt, dass persönliche Bedürfnisse wahrgenommen und berücksichtigt werden. Dieser Ansatz fördert das Selbstwertgefühl und erkennt die angeborene Würde jeder Person an, der wir dienen.“ Christophe Roduit, Landesdirektor von Medair, Madagaskar

Hoffnung Wir bringen all den Menschen Hoffnung, die sich in einer praktisch aussichtslosen Lage befinden und an ihrer Not verzweifeln. Gemeinsam mit der Bevölkerung vor Ort streben wir nachhaltige Verbesserungen an und helfen ihnen, sich eine bessere Zukunft aufzubauen. „Als ich mit Medair im nördlichen Uganda arbeitete, spielte ich gelegentlich mit ehemaligen Kindersoldaten Fussball und freute mich, dass sie wie normale Kinder spielten. Ich hörte sie oft sagen: “Wenn ich Fussball spiele, ist es so, als ob ich all meine Probleme vergesse.“ Diese konfliktbeladenen Kinder haben jetzt die Möglichkeit, sich wieder in ihre Gemeinschaften zu integrieren. Sie brauchen aber Hilfe, um ihr eigenes Selbstvertrauen aufzubauen und um wirklich daran zu glauben, dass sie ein normales Leben führen können. Ein ehemaliger Kindersoldat war bei allem auf seine Nachbarn angewiesen. Er hatte kein Geld, um die Schule zu besuchen, und nur sehr wenig Hoffnung. Ich begann ihn zu ermutigen, darüber nachzudenken, wie er sein Problem lösen könne, und schon bald hatte er die Idee, Zement auf dem Markt zu 8

MEDAIR Jahresbericht 2007

verkaufen. Schliesslich verdiente er genug, um zur Schule zu gehen. Es war so schön zu sehen, wie er zu hoffen begann. Einmal oder zweimal war er jedoch am Boden zerstört und kam zu mir. Er begann zu weinen und mir all die Dinge zu erzählen, die er gemacht hatte – er schämte sich noch immer dafür. Ich sagte: „Aber jetzt ist es doch vorüber, du bist jetzt ein guter Mensch und du bist kein Mörder.“ Wir versuchen mit den Programmen von Medair und dem persönlichen Umgang unserer Mitarbeiter, diesen verwundbaren jungen Menschen dabei zu helfen, wieder in ein normaleres Leben zurückzufinden. Und das Beste, was wir in ihnen aufbauen können, ist die Hoffnung – die Hoffnung, dass sie wie jedes andere Kind auf der Welt sein können.“ Michael Wurzner, ehemaliger Medair-Logistikmanager, Uganda


Verantwortliches Handeln Hoffnung Menschenwürde Praktizierte Nächstenliebe Glaube Integrität

Die Werte von Medair

Glaube Wir setzen uns für Menschen in Not ein, weil wir Jesus Christus folgen, der uns lehrte, dass unser höchstes Ziel darin besteht, Gott zu lieben und den Bedürftigen zu helfen. Unser Glaube motiviert uns, unter allen Umständen unser Bestes zu geben. Vor schweren Entscheidungen bitten wir Gott um Weisheit und um Mut für die schwierigen und oft gefährlichen Situationen, in denen wir leben und arbeiten. „Es wurde jemand gebraucht, um die Stelle des Projektkoordinators für einige Wochen zu übernehmen. Da ich in Khartoum arbeitete, kam ich für die Stelle in Frage. Wenn es um ein Grossprojekt in einer instabilen und komplexen politischen Situation geht, wünscht man sich wirklich ein besseres Urlaubsziel. Ausserdem war ich mir nicht sicher, ob ich dieser Aufgabe gewachsen war. Aber ich vertraute Gott und ging mit Frieden im Herzen dorthin. Ich wusste, dass ich am richtigen Ort angelangt war, auch wenn sich die Sicherheitslage verschlechterte. Man gewöhnte sich sogar daran, Schiessereien zu hören, sogar daran, dass furchteinflössende, grün getarnte Helikopter über unseren Köpfen kreisten, dass Zivilisten getötet oder ein paar Bomben

wenige Kilometer entfernt abgeworfen wurden und auch daran, dass die Rebellen jeden Tag näher rückten... Selbst wenn die Müdigkeit in meine Glieder kroch und meine Aufgabenliste immer länger wurde, während sich die Welt weiterdrehte, unbeeindruckt von diesen Schiessereien mit Maschinengewehren in West-Darfur, sogar dann fühlte ich Frieden im Herzen. Wir wussten, dass wir am richtigen Ort waren, denn die Gebete im Team bei der Arbeit, in Khartoum oder an unserem Hauptsitz hörten nie auf. Ich zweifelte nicht an meinem Glauben, nur weil ich immer noch keine Antworten auf Gewalt und Leid hatte. Mein Glaube verstärkte sich und nährt immer weiter meine Überzeugung, diesem Leiden entgegenzutreten. Dort habe ich gelernt, dass ich nicht auf alles Antworten haben muss, ich entscheide mich einfach nur dort zu sein und im Glauben zu handeln.“ Fabienne Laurenzio, Koordinatorin für medizinische Aufgaben, Sudan (Nordstaaten)

Integrität Wir setzen alles daran, unsere Werte und Prinzipien auf allen Ebenen der Organisation und an jedem Ort konsequent zu leben, am entlegensten Einsatzort genauso wie am internationalen Hauptsitz. Bei unserer gemeinsamen Arbeit im Team wollen wir mit unserer Einstellung, unseren Worten und Taten der Vision und dem Charakter von Medair treu bleiben. „Alle Menschen in den Gebieten, in denen Medair arbeitet, sind sehr glücklich. So hat sich beispielsweise bei allen Sitzungen gezeigt, dass niemand etwas gegen Medair hat. Medair hat auch aufgrund der Gesundheitsdienste den besten Ruf in der Bevölkerung, denn Medair setzt sich für die bedürftigen Menschen ein. Ein weiterer Trumpf ist, dass Medair immer in den ländlichen Gebieten arbeiten will und sich dort für die Bedürftigsten einsetzt.“ Najibullah, nationaler Verantwortlicher von Medair für den Bereich Finanzen und Verwaltung, Afghanistan

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Nothilfe Wenn eine plötzliche Krise oder eine Naturkatastrophe eintritt, reagiert Medair schnell und effektiv, um Leben zu retten und Leiden zu mindern. Aus den Fluten gerettet Im August zerstörte eine schwere Überschwemmung im südlichen Sudan Häuser und tausende von Menschen verloren ihr Obdach. Durch das Hochwasser war es sehr schwierig, die am stärksten betroffenen Menschen zu erreichen. Die Mitarbeiter von Medair und Tearfund marschierten über 40 Kilometer durch dicken Schlamm und durch Sümpfe, in denen es von Schlangen wimmelte, um die überraschten Einwohner von Oriny zu erreichen, die von den

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MEDAIR Jahresbericht 2007

Fluten hart getroffen worden waren. Das Team stellte vor Ort fest, was die Bevölkerung am dringendsten brauchte, und 10 Tage später konnten drei Flugzeuge mit Gütern für die Notfallversorgung sicher in Oriny landen und der Gemeinde in Zeiten der Not lebenswichtige Hilfe leisten.

Fotos, oben: Sudanesische Frauen gehen durch das Hochwasser unten: Mitarbeiter von Medair im Überschwemmungsgebiet


Kernkompetenz

Wiederaufbau Sobald der Bedarf an Nothilfemassnahmen gedeckt ist, arbeitet Medair mit den bedürftigen Gemeinden zusammen, um sie dabei zu unterstützen, die Dienste und Lebensgrundlagen wiederherzustellen oder gar leicht zu verbessern. Wir konzentrieren uns darauf, die örtliche Gemeinde dabei zu unterstützen, ihre Fähigkeit zu erweitern, um auf Krisen in der Zukunft reagieren zu können. Fotos, von oben nach unten:

Messung von Entfernung, Höhe und Gefälle zwischen Dorf und Wasserquelle Gemeindemitglieder heben den 1,4 km langen Graben für die Rohre aus Eine Handwascheinrichtung als Teil des Wasserversorgungssystems des Dorfs

Wasserversorgung eines Dorfes Im Juli ging Medair eine Partnerschaft mit der Gemeinde Malamavato in Madagaskar ein, um dort ein System zur Wasserversorgung aufzubauen, das nach den Regeln der Schwerkraft funktioniert und die 700 Bewohner mit sauberem Wasser direkt im Dorf versorgt. Die Quelle für die Wasserversorgung lag 1,4 Kilometer entfernt. Also hing der Erfolg dieses Projektes sowohl von der engagierten Arbeit des ganzen Dorfes als auch von unseren MedairMitarbeitern ab. Die Wasserquelle wurde angezapft und abgesichert. Zwölf Tonnen Baumaterial wurden über einen zweistündigen Fussmarsch herbeigetragen. Für die Kunststoffrohre wurden Gräben ausgehoben und Sand, Kies und Steine wurden für die Baustelle gesammelt. Das Projekt wurde im Oktober abgeschlossen und nun wird das Dorf und damit mehr als 1000 Menschen direkt mit sauberem Wasser versorgt. Dieses Wiederaufbauprojekt in der Gemeinde wurde durchgeführt, um die Gesundheit und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern: Es diente aber auch dazu, die Beziehungen innerhalb des Dorfes zu stärken, denn alle haben zusammengearbeitet, um gemeinsam zu einem dauerhaften Erfolg beizutragen. 11


Medizinische Versorgung Wir leisten medizinische Versorgung und unterstützen medizinische Einrichtungen seit Beginn unserer Tätigkeit, also seit nunmehr fast 20 Jahren. In dieser Zeit haben wir unschätzbare Erfahrungen gesammelt und sind jetzt vor allem damit beschäftigt, die Qualität und die Nachhaltigkeit der medizinischen Versorgung in entlegenen und unsicheren Gebieten der Erde zu verbessern. Auch wenn durch Naturkatastrophen und Krisen grössere Verletzungen verursacht werden, liegen die schweren gesundheitlichen Gefahren doch im Ausbrechen von herkömmlichen Erkrankungen und Krankheiten, die meist nach Krisen auftreten. Die Gesundheitsrisiken sind dann erhöht, wenn diese Krankheiten in Gebieten mit mangelhaftem Zugang zu medizinischer Grundversorgung auftreten. Unser Anliegen ist, vor allem die medizinische Grundversorgung abzudecken. Dabei richten wir unseren Blick vor allem auf die Vorbeugung und Behandlung von Infektionskrankheiten, sowie darauf, die Fähigkeiten des vor Ort arbeitenden medizinischen Personals und der Einrichtungen zu verbessern. Wir garantieren besseren Zugang zu qualitativ hochwertigerer medizinischer Versorgung, die auch zukunftsfähig ist. Wir verfolgen einen flexiblen Ansatz, nach dem in Notfallsituationen geholfen und eine spezialisierte medizinische Betreuung bei Bedarf ermöglicht wird. 12

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Bedarf an medizinischer Versorgung

Aufgaben von Medair

Erkrankungen und Infektionskrankheiten

Heilbehandlung • Kliniken zur medizinischen Grundversorgung • Kontrolle von Krankheiten • Einweisung in Krankenhäuser Vorbeugende Massnahmen • Verteilen von Moskitonetzen (Malariavorbeugung) • Impfkampagnen • Aufklärung zu Gesundheitsfragen und Hygiene

Plötzliches Ausbrechen einer Infektionskrankheit

• Soforthilfe • Heilbehandlungen und vorbeugende Massnahmen

Gesundheitliche Probleme von Frauen und Müttern

• Reproduktionsgesundheit und sichere Behandlung während der Schwangerschaft • Schwangerschaftskliniken

Von Konflikten betroffene Frauen und Kinder

• Psychosoziale Unterstützung in Flüchtlingslagern und für spezielle Zielgruppen (auch für Männer) • Hilfe für Opfer sexueller Gewalt

Unterernährung

• Versorgung mit Nahrungsmitteln • Verteilen von Nahrungsmitteln • Verteilen von Saatgut

Qualität und Nachhaltigkeit der medizinischen Versorgung in einer Region

• Kapazitätsaufbau und Unterstützung des medizinischen Grundversorgungssystems • Unterstützung der örtlichen Gesundheitsstrukturen und der Mitarbeiter • Kontrolle und Überwachung von Kliniken und Mitarbeitern • Ausbildung des medizinischen Personals • Management und Unterstützung des medizinischen Informationssystems • Umfragen, Bewertungen, Feldstudien und operative Forschung


Fachbereich

Ein neuer Tag in Melut Town Der Gesundheitsdienst von Medair ermöglicht eine medizinische Grundversorgung im südlichen Sudan. Die grösste Herausforderung für das neue Zentrum für medizinische Grundversorgung (Primary Health Care Centre (PHCC)) von Medair in Melut Town könnte die sehr hohe Bevölkerungszahl dieser Stadt werden. „Die Menschen sind so glücklich“, sagte Paul Akoch, ein von Medair ausgebildeter medizinischer Betreuer der Gemeinde (Community Health Worker (CHW)). „Die Neuigkeiten verbreiten sich schnell und immer mehr Menschen kommen von weit her, um sich hier behandeln zu lassen.“

Grosser Bedarf an guter medizinischer Versorgung in Melut „Zuerst haben die Menschen im Bezirk Melut wirklich leiden müssen“, sagte Paul. „Sie mussten zu Ärzten gehen, die über keine Praxen verfügten, und sie mussten auf den Markt gehen, um sich die verschriebenen Medikamente zu besorgen. Aber sie wussten nie wirklich, ob das Medikament das richtige war. Viele Menschen starben aufgrund falscher medizinischer Versorgung.“ Anfang 2007 baute Paul zusammen mit dem MedairTeam ein provisorisches Zentrum zur medizinischen Grundversorgung in Zelten auf, das nicht ausreichend Schutz vor Umwelteinflüssen bot. Mittlerweile hat der Bau eines dauerhaften Zentrums zur medizinischen Grundversorgung begonnen, das im November eröffnet worden ist. „Jetzt steht dort nicht nur ein richtig stattliches Gebäude inmitten des riesigen Geländes in den Aussenbezirken von Melut“, sagte Wendy van Amerongen, die Presseverantwortliche von Medair, „sondern man kann auch erkennen, dass dort Ordnung, Hygiene und System

herrschen, wodurch die bedürftigen Patienten eine wirksame Behandlung und Betreuung erfahren.“

Eine Vielzahl von Patienten im neuen PHCC Bei einer vor Kurzem durchgeführten Besichtigung der neuen Einrichtung traf Wendy einen kleinen Jungen namens Ayuel Joseph Manyeut. Er wurde entlassen, nachdem er fünf Tage lang wegen einer Lungenentzündung und einer Verletzung behandelt worden war. Unglücklicherweise waren Wunden entstanden, als sein Bruder versucht hatte, den kurzatmigen Jungen nach Hause zu seiner Mutter zu tragen und ihn dabei aus Versehen fallen liess. Da es unmöglich war, ihn in der Nähe seines Zuhauses richtig zu behandeln, brachte Ayuels Familie ihn per Boot nach Melut, wo er die richtigen Medikamente erhielt und auf einem sauberen Bett unter direkter Beobachtung stand. „Die Arbeit ist jetzt einfacher“, sagte David Akol Deng, ein Assistenzarzt von Medair. „Das einzige Problem besteht darin, dass hier zu viele Patienten behandelt werden müssen.“ Jeden Morgen warten schon 100 Patienten vor der Tür, wenn das Zentrum öffnet. Nach Davids Meinung zieht nicht nur das Gebäude die Leute an, sondern auch die ordentliche Hygiene und das ausgezeichnete Personal. „Es liegt auch daran, dass Medair mit Leidenschaft arbeitet und sich Zeit nimmt, um sich jede einzelne Geschichte anzuhören. Deshalb kommen immer mehr Menschen hierher.“

Fotos: links: Eine Medair-Krankenschwester füttert ein sudanesisches Neugeborenes rechts: Ein Krankenpfleger von Medair untersucht einen kleinen Jungen

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Wasser & sanitäre Einrichtungen In den vergangenen 15 Jahren hat das Fachwissen rund um Wasser und sanitäre Anlagen (WatSan) enorm zugenommen, um den Bedürftigsten der Welt lebensnotwendige und langfristige Unterstützung zu geben. Heute haben über eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und eine noch grössere Anzahl von Menschen hat keine angemessenen sanitären Anlagen (2,6 Milliarden). Ohne sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen steigt das Risiko der Übertragung tödlicher Krankheiten dramatisch. Jedes Jahr sterben 1,8 Millionen Menschen an Durchfallerkrankungen wie Cholera, und kleine Kinder sind davon am stärksten betroffen: Über 5.000 Kinder unter 5 Jahren sterben pro Tag aufgrund mangelnder sanitärer Anlagen und mangelnder Hygiene. Durchfall ist weltweit die zweithäufigste Ursache für Kindersterblichkeit(1). Solche ernüchternden Statistiken motivieren Medair, den Projekten rund um Wasser und sanitäre Anlagen in Krisengebieten eine hohe Priorität einzuräumen. Sowohl bei zeitlich begrenzter Soforthilfe als auch bei mittelfristigem Wiederaufbau wollen wir mit unseren WatSan-Projekten lebensnotwendige Unterstützung geben, zur allgemeinen Gesundheit beitragen und den von uns unterstützten Menschen auch ein Stück weit ihre Würde wieder zurückgeben. Unsere Hilfe kommt besonders Frauen und 14

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WatSan-Bedarf

Aufgaben von Medair

Hygiene Mangelndes Bewusstsein und schlechte Angewohnheiten bezüglich gesunder Hygiene

• Förderung gesunder Hygienepraktiken, vor allem Händewaschen • Schulung in Klassenräumen, gezielte Gruppengespräche, Rollenspiele, Lieder und Puppentheater

Wasserversorgung und -aufbereitung Eingeschränkter Zugang zu Trinkwasser in ausreichender Menge und Qualität

• Bohren von Wasserlöchern, Graben von Brunnen, Schützen von Quellen • Reinigen, Wiederaufbau und Unterhalt von Wasserstellen • Einrichtung von Wasserverteilungssystemen, Regenwasserauffanganlagen und nach dem Gravitationsprinzip arbeitende Wassersysteme • Einsatz mobiler Systeme zur Aufbereitung von Wasser in Notfallsituationen • Verteilung von Chemikalien an Haushalte zur Aufbereitung des Wassers • Bau von Haushaltsandfilter

Latrinen und sanitäre Anlagen Unzureichende Anzahl angemessener sanitärer Anlagen

• Bau von schnell errichtbaren Latrinen für kurzfristige Notfallsituationen und überfüllte Camps • Bau von Latrinen mit lokalem Material zur längerfristigen Nutzung • Bau von Einrichtungen zum Händewaschen und Baden

Hausmüllentsorgung Organischer Hausmüll sammelt sich an und birgt ein Gesundheitsrisiko

• Müllsammelstellen in Camps

Nachhaltigkeit Wasser und sanitäre Anlagen in einer Region dauerhaft etablieren

• Schulung der Wassergremien des Dorfes • Ausbildung von Klempnern und Hausmeistern • Planungen zur langfristigen Wasserversorgung einschliesslich Überwachung des Grundwassers

Kindern zu Gute, die oft schwere Arbeit verrichten müssen, zum Beispiel beim täglichen Wasser holen. (1)

UNICEF: Internationales Jahr der sanitären Grundversorgung 2008


Fachbereich

Bessere Gesundheit durch Änderung von Gewohnheiten In den Medair-Projekten im Wasser- und Sanitärsektor (WatSan) werden umfassende Veränderungen eingeführt, die die Lebensbedingungen in den abgelegenen Teilen Afghanistans verbessern sollen. Medair befragte 2006 eine Gruppe von abgelegenen afghanischen Gemeinden in den Provinzen Wardak und Bamyan und fand heraus, dass eigentlich keine sauberen Wasserquellen und Latrinen vorhanden waren. Die Menschen tranken das Wasser direkt aus dem Hauptfluss oder aus ungeschützten Quellen und luden ihren Abfall an Stellen ab, wo Wasser sehr leicht verunreinigt werden konnte. Entsprechend war dort auch eine hohe Inzidenz an Durchfallerkrankungen zu verzeichnen. Tatsächlich erzählten die meisten Frauen unserem Team, dass sie mindestens ein Kind verloren hatten, weil es z.B. an Durchfall erkrankt war. „Laut Aussagen von Dorfbewohnern leidet jeder Einwohner in den beiden Provinzen mindestens zweimal pro Sommer an blutigem Durchfall“, sagte Torsten Zellmer, Leiter des WatSan-Programms von Medair. „Ungefähr 75 Prozent der Frauen leiden auch an Harnwegsinfektionen. Einer der Gründe ist, dass sie bewusst nicht genug trinken, um regelmässiges Wasserlassen zu vermeiden, da es oft am Schutz vor neugierigen Blicken fehlt, der mit einer Latrine gegeben wäre.“ Im Jahr 2007 starteten wir dann ein grosses WatSan-Projekt, um die Bedürfnisse dieser Gemeinden abzudecken. Einfache Brunnen, geschützte Quellen, Latrinen und Badeplätze wurden gebaut und ausgebessert; gleichzeitig wurden Hygieneförderungsmassnahmen durchgeführt.

Das Graben von Brunnen und der Bau von Latrinen erwies sich als grössere Herausforderung, denn die meisten dieser Menschen arbeiten sechs Monate im Jahr auf ihren Feldern. Medair arbeitet mit den Gemeinden zusammen und so kamen wir in Zeiten, in denen die Dorfbewohner nicht helfen konnten, nur langsam voran. Die Region erlebte ausserdem einen harten Winter, also musste die Arbeit unterbrochen werden, wenn die Schneefälle stärker wurden. Trotzdem konnten bis Ende des Jahres viele neue saubere Wasserverteilungsstellen und Latrinen gebaut werden. „Die Menschen sind begeistert und sie unterstützen den Bau von Latrinen und geschützten Quellen mehr als wir es zu Beginn des Projektes erwartet hatten“, sagte Torsten. „Ausserdem wurde die Umgebung der Häuser und Dörfer von Unrat befreit, was zu einer gesünderen Umwelt beiträgt.“ Wir freuen uns, dass wir einer bedürftigen Bevölkerung in den Provinzen Wardak und Bamyan neue Perspektiven vermitteln konnten, da die WatSan-Aktivitäten bessere Gesundheit und mehr Würde versprachen.

Fotos, links: In Madagaskar werden sichtbare Fortschritte gemacht rechts: Brunnengrabungen von Medair in Afghanistan

Begeisterte Reaktion Aufklärung über gute Hygiene kann die öffentliche Gesundheit enorm beeinflussen, weshalb wir dieses Thema in den Vordergrund unseres Einsatzes stellten. Um den Erfolg zu garantieren, bildeten wir Einwohner vor Ort aus, die gute Hygienepraktiken erlernen und in der Gemeinde fördern sollten. „Wir haben damit im Juli begonnen und können bereits feststellen, dass die Menschen ihre Gewohnheiten ändern“, sagte Haroon, ein von Medair ausgebildeter Hygienebeauftragter. „Bei Treffen mit den Dorfbewohnern sprechen wir auch über die persönliche Hygiene, darüber, wie Durchfall vermieden und wie das Haus sauber gehalten werden kann. Immer mehr Menschen kommen zu unseren Treffen, auch wenn es jetzt etwas schwierig ist, da die Arbeit auf dem Feld ruft.“ Soraya besuchte ein Hygienetreffen und war beeindruckt davon, was sie gelernt hatte. „Ich wusste nicht, dass man vom Wasser Durchfall bekommen kann und dass Latrinen nicht in der Nähe von Flüssen sein sollten“, sagte sie. „Das sind wichtige Informationen, besonders für unsere Kinder. Wenn wir stärker darauf achten, können wir Durchfall und Hautprobleme vermeiden, und es wird ihnen gesundheitlich besser gehen.“ 15


Unterkunft & Infrastruktur Medair-Projekte im Bereich Unterkunft und Infrastruktur werden durchgeführt, um für die Bedürftigen lebensrettende Unterkünfte in Notfallsituationen zur Verfügung zu stellen und um die Projekte im Bereich Gesundheit, Wasser und sanitäre Anlagen während der Zeiten des Wiederaufbaus zu unterstützen. Das Vorhandensein einer einfachen Unterkunft ist neben Nahrungsmitteln, Wasser und Kleidung eine der Hauptvoraussetzungen, die zum Überleben eines Menschen gehören. In vielen Gebieten der Erde kann der Mensch nur ein paar Tage ohne angemessenen Schutz vor Umwelteinflüssen überleben. Zum Beispiel war es am Tag nach dem verheerenden Erdbeben in Pakistan unbedingt notwendig, sofort Notunterkünfte zu errichten und Haushaltsgegenstände (Decken, Kleidung, Kochutensilien usw.) zu verteilen, um Leben zu retten. Wenn sich die Lage der Bevölkerung erst einmal stabilisiert hat, kann die wirkliche Arbeit des Wiederaufbaus beginnen. Dadurch soll eine Situation geschaffen werden, in der die Bevölkerung selbstständig überleben kann. Im Bereich Unterkunft und Infrastruktur zielen die Projekte darauf ab, die grundlegende Infrastruktur, die es vor einer Krisensituation gab, wiederherzustellen und hoffentlich sogar zu verbessern. Indem Schulungsund Unterstützungsmassnahmen mit dem Aufbau einer dauerhaften Infrastruktur verbunden werden, versuchen wir 16

MEDAIR Jahresbericht 2007

Bedarf an Unterkünften & Infrastruktur

Aufgaben von Medair

Durch Krisensituationen verlieren Menschen ihr Obdach

• Vorübergehende Zuteilung von Unterkünften • Verteilen von notwendigen Produkten, die keine Nahrungsmittel sind

Langfristige Unterkünfte werden benötigt

• Verteilen von Unterkünften auf mittelfristige Sicht • Bau oder Wiederaufbau dauerhafter Unterkünfte

Lebensnotwendige Infrastruktur wird gebraucht

• Bau oder Wiederaufbau von Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Strassen und Brücken

Längerfristige Unterstützung

Kapazitätsaufbau • Schadensminderungsstrategie und Umsetzung • Ausbildung zu einer erdbebensicheren Bauweise • Unterstützung des Existenzaufbaus • Unterstützung im Bildungsbereich

den bedürftigen Gemeinden sowohl das Wissen als auch die Werkzeuge zu vermitteln, die notwendig sind, um ihre Lebenssituation zu verbessern.


Fachbereich

Schulunterricht auf den Berggipfeln Medair hilft im Bereich Unterkunft und Infrastruktur auch in höheren Gebirgslagen Pakistans mit Sofortmassnahmen und Wiederaufbau. Die staatliche Mittelschule Ghundi Serrari für Jungen wurde bei einem Erdbeben im Oktober 2005 bis auf ihre Grundmauern zerstört. Innerhalb von Minuten war die Schule für die Gemeinde in der abgelegenen Region Hajira Tehsil im Poonch-Distrikt unbenutzbar geworden. Medair initiierte innerhalb von wenigen Tagen nach dem Erdbeben ein Soforthilfeprogramm, in dem Unterkünfte bereitgestellt und die notwendige Versorgung bedürftiger Familien abgesichert wurde. Nachdem die Krisensituation vorüber war, beschloss Medair, elf erdbebensichere Schulen zu bauen, wovon jede über drei bis neun Klassenzimmer sowie über Personalräume, Latrinen und eine Versorgung mit sauberem Wasser verfügen sollte. Der Bau einer Schule in einer Gemeinde wie Ghundi Serrari war eine logistisch wahrhaft schwierige Herausforderung. Da die Gemeinde in den Bergen auf einer Höhe von über 2000 Metern gelegen ist, war sie nur für robuste Fahrzeuge mit Vierradantrieb zugänglich. In der Gemeinde konnte sich niemand vorstellen, wie der Bau der Schule umgesetzt werden sollte. Die Abgeschiedenheit von Ghundi Serrari war aber ein Grund dafür, dass sich Medair entschied, dort eine der elf Schulen zu bauen: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die unzugängliche Schule auf den Wiederaufbauplänen der Regierung ganz oben stehen würde.

Grosse Herausforderungen, grosse Anerkennung Der Bau begann im August 2006 und sehr bald konnten wir das Ausmass der Herausforderung, die vor uns lag, überschauen. Schwere Schneefälle haben immer wieder die Baumassnahmen und den Zugang zu den Gebieten

behindert. Auch häufige Erdrutsche blockierten Strassen und füllten die bereits ausgehobenen Baugruben. In der Zwischenzeit wurde der Bau an den zehn weiteren Schulen fortgesetzt und im Juni 2007 schlossen wir den Bau unserer ersten Schule ab, der staatlichen KathiaraMittelschule für Mädchen. Nur vier Monate später haben wir den Bau der Schule in Ghundi Serrari beendet. Bei der Eröffnungsfeier erschien die gesamte Gemeinde, um ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Sie erschienen mit Transparenten, auf denen zu lesen war: „Danke Medair! Wir sind Ihnen dankbar für Ihre Freundlichkeit!“ Bis Ende Oktober wurde der Bau aller elf Schulen abgeschlossen, obwohl einige grössere Hindernisse zu überwinden gewesen waren. Generalleutnant Nadeem Ahmed, stellvertretender Vorsitzender der staatlichen Wiederaufbaubehörde bei Erdbebenkatastrophen ERRA (Earthquake Reconstruction and Rehabilitation Authority) bat persönlich darum, einen Rundflug per Hubschrauber mit dem Landesdirektor von Medair, Hylton Cannon, unternehmen zu dürfen, um sich selbst alle neu erbauten Schulen ansehen zu können. „Der General war über alles, was er sah, sehr erfreut. Vor allem darüber, selbst sehen zu können, in welch schwer zugänglichen Gebieten einige dieser Schulen gebaut worden waren“, sagte Hylton. „Die Gemeinden selbst waren völlig begeistert von der Qualität der neuen Einrichtungen. Wir glauben, dass sie mindestens die nächsten 50 Jahre ihre Freude an diesen Schulen haben werden.“ Fotos, links: Die Paspul-Klinik in Afghanistan rechts: Pakistanische Mädchen in ihrer neuen, von Medair gebauten Schule

17


0 0

50

Uganda

100 km 50

SUDAN

100 mi

Kaabong Abim Pader

DEM. REP. KONGO

Uganda Kampala

KENIA

• Übergangszeit nach der Krise mit vielen andauernden Unruhen • Über 1 Million Menschen sind immer noch auf der Flucht • Hunderttausende Flüchtlinge sind unterwegs und bilden kleine neue Siedlungsstätten • Eines der ärmsten Länder der Welt mit minimalen sozialen Diensten • Die Bevölkerung wurde 2007 von wiederholten Dürreperioden und schweren Überschwemmungen heimgesucht

TANZANIA RWANDA

Der lange Weg nach Hause Nach der humanitären Krise im nördlichen Uganda treten die Menschen ihre lange Reise nach Hause an und brauchen dringend Zugang zu grundlegenden Dingen wie sauberes Wasser und medizinische Versorgung. Ende 2006 existierte Namabili noch nicht. Ein Jahr später leben fast 2.000 Menschen an dieser Siedlungsstätte, die meisten waren von einem überfüllten Flüchtlingslager weggegangen, das in der Nähe lag. Die Angst vor Unruhen hielt 2007 viele Einwohner Ugandas davon ab, nach Hause zurückzukehren. Das Umziehen in kleinere Siedlungen wie Namabili brachte sie jedoch näher an das Land ihrer Vorfahren.

„Es war schön zu sehen, dass die Betroffenen immer näher in Richtung der Gebiete ihrer Vorfahren zogen. Den Menschen war es nun möglich, mehr Land zu besiedeln und so bekamen sie die Chance, dort ihr Leben und ihre Würde neu aufzubauen.“

allem Kinder waren von diesem fürchterlichen Krieg betroffen, denn Tausende wurden gezwungen, als Kindersoldaten oder Konkubinen zu arbeiten und viele andere blieben als Waisen zurück, wie Okot und seine Schwestern. Die Massenflucht zerbrach alte Klanstrukturen, ohne die es fast keine sozialen Systeme mehr gab, um die bedürftigen Kinder aufzufangen.

Michelle Wilson, Programmverantwortliche in Patongo

Für den 15 Jahre alten Okot und seine Familie war der Umzug nach Namabili auch ein Neubeginn. Der Vater war auf brutale Art und Weise von der Widerstandsarmee Gottes (Lord’s Resistance Army) im Jahre 2001 umgebracht worden und dann infizierte sich die Mutter durch einen anderen Mann mit dem HI-Virus. Sie war dann zwei Jahre lang bettlägrig, ehe sie Ende 2007 starb und Okot und seine jüngeren Zwillingsschwestern als Waisen zurückliess. Die Jahre des gewaltsamen Konflikts und der Vertreibung traumatisierten viele Menschen im nördlichen Uganda. Vor

Im Jahr 2007 arbeitete Medair daran, diese grosse Lücke zu schliessen, und unterstützte die Region mit psychosozialem Beistand. In Namabili und an anderen Orten bildeten wir Freiwillige in den Gemeinden zu Beratern aus (Community Volunteer Counsellors (CVCs)), um so die Bedürftigsten zu unterstützen. Ein Medair-CVC entschied, dass Okot und seine Familie Hilfe brauchten, und versorgte sie mit Wasserbehältern, Kochutensilien, Bettzeug und Kleidung. Die Kinder wurden zu Beratungssitzungen geschickt, die ihnen halfen, mit ihrem Kummer umzugehen. Okot und seine Schwestern haben jetzt an emotionaler Stärke gewonnen und durch eine Ziege, die sie geschenkt bekommen haben, eine Unterstützung für ihre zukünftige Lebensgrundlage erhalten. Diese Art produktiver Zusammenarbeit mit den CVCs ist ein Paradebeispiel für die Art und Weise, wie die Medair im letzten Jahr mit den Gemeinden zusammenarbeitete, um mit ihnen nach den besten Lösungen zu suchen.

Von Namabili nach Karamoja In Namabili und im Bezirk Pader arbeitete Medair in bestehenden Gesundheitseinrichtungen, um dort über 400.000 Personen zu behandeln, denen ansonsten wohl kaum geholfen worden wäre. Wir schulten auch Gesundheitsteams in Dörfern, um so die medizinische 18

MEDAIR Jahresbericht 2007


Grundversorgung der Einheimischen sicherzustellen, die in ihre Gebiete tief im Busch zurückgekehrt waren. Unsere Teams bohrten neue Wasserlöcher und schulten die Einheimischen darin, diese selbst zu reparieren. Um ihnen dabei zu helfen, Eigenverantwortung zu übernehmen, wurden Wassernutzungskomitees (Water User Committees (WUCs)) darin geschult, ihre eigene Wasserversorgung aufrechtzuerhalten, und die Wasserversorgungssysteme wurden auf Solarenergie umgestellt. Wir bildeten auch Bedürftige in Namabili und anderen Siedlungsstätten darin aus, Latrinen zu bauen. Diese Strategie hatte vielfache Auswirkungen, denn an noch vielen anderen Orten gab es dann am Ende des Jahres Sanitäranlagen mit gutem Standard. In Uganda war Medair eine der zwei einzigen NGOs, die in der abgelegenen Region Karamoja tätig waren, einem Gebiet, das durch Dürre, schlechte Gesundheitsversorgung und chronische Unterentwicklung vollkommen am Boden war. Trotz der grossen Unsicherheit aufgrund anhaltender Überfälle durch bewaffnete Krieger verbesserte Medair die Wasser- und Sanitäranlagen in der Region, bohrte neue Wasserlöcher und bildete die WUCs darin aus, selbst mit ihnen umgehen zu können. Nach Berichten über Hungersnöte führten wir auch eine Bewertung der Ernährungssituation des vergessenen Ik-Stammes in einer abgelegenen Bergregion durch. „Medair besuchte uns und sah, dass wir nichts zu essen hatten und um unser Überleben kämpften“, sagte Akot Grace, ein Mitglied des Ik-Stammes. “Sie informierten die Behörden und in der darauffolgenden Woche erhielten wir zum ersten Mal im Rahmen des Welternährungsprogramms (WFP) Nahrungsmittel. Dank Medair müssen wir nicht länger hungern.“ Unsere Teams reagierten im Falle von Krisen je nach Bedarf. Als die Regenzeit im September Überschwemmungen in Namabili mit sich brachte, war die Gemeinde von lokalen Märkten, Nahrungsmittelausgaben und der medizinischen

Versorgung abgeschnitten. Die Bewohner von Namabili baten uns um Hilfe und wir reparierten und säuberten mit ihnen zusammen die Strasse. Wir freuten uns, dass Gemeinden wie Namabili nach mehreren Jahren der Vertreibung in diesem Jahr einen Schritt in Richtung Unabhängigkeit machten. Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfsempfänger 2007

241.500

Mitarbeiter von Medair

18 international rekrutierte Mitarbeiter 102 national rekrutierte Mitarbeiter

Gesundheit - Soforthilfe • 200 Notfallhilfesets wurden an 4 Siedlungsstellen an Flutopfer verteilt • 1 Bewertung der Ernährungssituation des Ik-Stammes führte zu erneutem Verteilen von Nahrungsmitteln Wiederaufbau • 417.960 Patienten wurden in 5 Unterbezirken behandelt • 16.978 Moskitonetze wurden an Haushalte und Krankenhäuser verteilt • 367 Gesundheitsarbeiter wurden in Dörfern und Gemeinden verteilt • 1.600 psychosoziale Beratungssitzungen für Kinder wurden abgehalten • 16.000 Schulkindern wurde dreimal pro Jahr Lehrmaterial verteilt • 2.663 Waisen wurden Haushaltsutensilien, Kleidung und Schulsachen abgegeben Wasser & sanitäre Anlagen - Wiederaufbau • 53 Wasserlöcher wurden gebohrt, errichtet oder repariert • 146 Wassenutzungskomitees wurden geschult, damit diese lernten, selbst Wasserquellen zu warten • 616 Mechaniker für Pumpentechnik, Hygienespezialisten und mobile Einsatzkräfte wurden ausgebildet • 642 Latrinen an über 28 Orten wurden fertiggestellt • 55.757 Personen erhielten Zugang zu 10 Liter sauberem Wasser pro Tag • 73.009 Personen erhielten Zugang zu verbesserten sanitären Einrichtungen Unterkunft & Infrastruktur - Soforthilfe • 1 Strasse wurde erneuert, um 2.000 Dorfbewohner zu erreichen Fotos, links: Mitarbeiter von Medair in einem Waisenhaus in Uganda rechts: Eine Familie bekommt Trinkwasser aus einer Medair-Pumpe

Für weitere Informationen zu Uganda und der dortigen Medair-Arbeit siehe www.medair.org/uganda 19


ZENTRALAFRIKANISCHE REBPUBLIK

SUDAN

KAMER.

Isiro Kongo

REP. KONGO GABUN

Dem. Rep. Kongo

Bunia

Kisangani

UG. R.W

Lual

ab

BURU.

a

Kinshasa

Ä q u a t or

TANS.

ANGOLA

0 0

200

400 km 200

SAMBIA 400 mi

D.R. Kongo • Erholung nach Jahren der Unruhen, in denen fast 5,4 Millionen Menschen durch Gewalt oder kriegsbedingte Erkrankungen ihr Leben liessen • Über 1 Million Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben • Anhaltende Gewalt und Brutalität, besonders in der Region Ituri im Nordosten des Landes • UN-Funktionäre bezeichnen dieses Land als das schlimmste Beispiel sexueller Gewalt weltweit • Ausbrüche von tödlichen Seuchen wie Cholera und Meningitis sind an der Tagesordnung • Sehr eingeschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung für die höchst bedürftige Bevölkerung

Ein feierlicher Augenblick Am 16. Juni 2007 feierte Medair zehn Jahre Hilfsarbeit, in denen die Organisation den Bedürftigsten in der Demokratischen Republik Kongo zur Seite gestanden hat. Ein Jahrzehnt, das von gewaltsamen Konflikten und Grausamkeiten geprägt war, die bis heute andauern. Im Dorf Zitono, das nahe der Stadt Gety gelegen ist, haben die Bewohner, die seit Langem leiden, mehr Gewalt ertragen müssen als man sich vorstellen kann.

Reaktion trotz Unsicherheit

Die unsichere Lage war auch 2007 wieder ein wichtiger Faktor, der die Aktivitäten von Medair behinderte. In Ituri griffen Milizgruppen und „Dieses Gebiet ist so viele Male undisziplinierte Soldaten angegriffen und das Dorf in Fahrzeuge an, um die Insassen den letzten Jahren sechsmal auszurauben. Des Weiteren „Ich bin vor allem für völlig zerstört worden“, sagte plünderten sie medizinische den Wiederaufbau der Ruth Mutanga, Hebamme in Einrichtungen, um Medikamente Gesundheitszentren dankbar, die Zitono. „Jedes Mal ist auch die zu bekommen, die sie dann auf während des Krieges zerstört worden Klinik zerstört worden, wodurch dem Schwarzmarkt verkaufen Schwangere keinen Ort mehr hatten, konnten. Trotz dieser vielen waren. Jetzt können die Kranken wo sie Hilfe bekamen, wenn die Gewalttaten verbesserte sich die wieder in die Klinik kommen, um Wehen einsetzten.“ Sicherheitslage im Laufe des Jahres bessere Behandlung zu erhalten.“ überall, als der Friedensprozess Polydor Uketo, ein Bedürftiger aus Walendu/Bindi Nachdem die Klinik bei einem Angriff viele der umherstreifenden im Jahre 2006 nur noch eine Ruine Milizgruppen erreichte. war, begann Ruth ihr eigenes kleines Haus als provisorisches Geburtenhaus für Schwangere zu nutzen. Sie schlief auf dem Im Verlauf des Jahres haben wir über einer Million Menschen Fussboden, um mehr Platz für die Patienten zu haben. Medair in den abgelegenen nordöstlichen Regionen des Uélés und – die einzige Nichtregierungsorganisation, die in Zitono tätig ist des Ituri geholfen. Wir haben 490 medizinische Einrichtungen – schickte 2007 einen Bautrupp zum Wiederaufbau der Klinik mit subventionierten Medikamenten, monatlichen Kontrollen nach Zitono und traf sich dort mit Ruth. Sie befürwortete den und mit der Ausbildung medizinischen Personals unterstützt. Bau einer richtigen Entbindungsstation. Unser Soforthilfeteam war ständig im Einsatz, indem es auf Krankheitsausbrüche im gesamten Nordosten des Landes Obwohl jeder einsah, dass eine richtige Entbindungsstation reagierte. Zur selben Zeit baute unser Bautrupp zwei Duzend benötigt wurde, stimmte die örtliche Kommission dagegen Kliniken wieder auf oder verbesserte sie, darin inbegriffen auch und entschied, ihr Geld in eine Klinik zu investieren, die das Ziegelsteingebäude in Zitono. aus Ziegeln gebaut war, um damit zukünftigen Angriffen besser standzuhalten. Unser Bautrupp und Ruth waren Am Ende bekam Ruth auch noch ihre Entbindungsstation. aber der Überzeugung, dass eine Entbindungsstation Als der Bautrupp von Medair zu einem späteren Zeitpunkt benötigt werde, jedoch war es unsere Aufgabe, mit der im Jahr ins Dorf zurückkehrte, schlossen sich Einwohner Gemeinde zusammenzuarbeiten und nicht unseren Willen dem Team von Medair an und bauten Ruth gemeinsam eine durchzusetzen. Und natürlich verstanden wir die Ängste der grosse Entbindungsstation. „Jetzt sind wir alle zufrieden“, örtlichen Kommission. sagte Ruth. “Ich habe meine Entbindungsstation und dank 20

MEDAIR Jahresbericht 2007


Medair hat die Gemeinde eine Klinik aus Ziegelsteinen, die einem künftigen Angriff besser standhalten dürfte.“

Betreuung traumatisierter Menschen Der Krieg, den die bedürftigen Menschen ertragen mussten, war unbeschreiblich brutal. Zivilisten, darunter viele Kinder, mussten eine zügellose sexuelle Gewalt erfahren. Im Jahr 2007 vermittelte unser Team ortsansässigen Einwohnern eine psychosoziale Ausbildung, besonders in den Schulen. Dadurch konnten sie den am stärksten Betroffenen helfen, diese schrecklichen Traumata zu verarbeiten. „Wir sind alle sehr dankbar, dass Gott uns Medair trotz all der Schwierigkeiten in dieser Region nach Ituri und Lolwa gebracht hat“, sagte Justin Ngombele, Direktor einer Grundschule in Lolwa. „Aber ich möchte der Organisation auch danken, dass sie die Schulen in ihr Programm aufgenommen hat. Die Arbeit mit den Kindern ist nicht einfach, und ich freue mich so sehr, dass sie nicht vergessen werden.“ Medair bildete in allen Gesundheitseinrichtungen einheimische Ärzte und Krankenschwestern aus und vermittelte ihnen wertvolle technische Fähigkeiten, damit sie selbstständig arbeiten können. Wir haben auch ein neues Projekt begonnen, um die Wasserversorgung und die Sanitäranlagen für die Bevölkerung durch den Bau von Latrinen, den Schutz von Wasserquellen und die Installation von Regenwasserauffangbecken zu verbessern. Zudem haben wir unsere Aktivitäten in neue Gebiete wie Aungba und Dingila ausgedehnt, was teilweise nur dank neuer Sponsoren, die unsere Arbeit unterstützen, möglich war.

Gesundheitszentren und Nichtregierungsorganisationen entweder schlossen oder das Land verliessen“, sagte Alphonsine Unwang, gemeinsame Koordinatorin der lokalen NGO SYNERGIE. „Die Tatsache, dass Medair hier blieb und trotz aller Gewalt und Gefahr weiterhin aktiv war, macht Medair zu der Organisation mit dem höchsten Ansehen der gesamten Region.“ Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

1.068.000

Mitarbeiter von Medair

10 internaional rekrutierte Mitarbeiter 119 national rekrutierte Mitarbeiter

Medizinische Versorgung - Soforthilfe • 10 Einsätze wegen Ausbruch von Krankheiten (Cholera, Meningitis, Röteln und Pest), 426 Personen behandelt Wiederaufbau • 1.068.000 Personen kamen in medizinische Einrichtungen • 523 medizinische Einrichtungen für die Grundversorgung von 2,5 Mio. Menschen unterstützt • 51.520 Geburten in Kliniken, die von Medair unterstützt wurden (2.879 Kaiserschnitte) • 84 Tonnen Medikamente verteilt • 197.386 Impfungen gegen 5 verschiedene Krankheiten vorgenommen • 17.600 Moskitonetze verteilt • >1000 medizinische Angestellte zu medizinischen Themen ausgebildet; 55 wurden zu psychosozialen Themen ausgebildet • 666 Gemeindeverantwortliche, 1.512 Lehrer und 5.754 Schüler von Sekundarschulen für psychosoziale Themen sensibilisiert Wasser & sanitäre Anlagen - Wiederaufbau • 22 Wasserquellen geschützt • 100 Latrinen gebaut • 25 Regenwasserauffanganlagen in Gesundheitszentren gebaut

„Die Organisation mit dem höchsten Ansehen“ Im Alltag der Soforthilfe und des Wiederaufbaus konzentrieren wir uns oft auf die dringenden Bedürfnisse und die Arbeit, die getan werden muss, um diese Bedürfnisse zu befriedigen. Unser zehnjähriges Jubiläum bot Medair die seltene Gelegenheit, Erfolge zu reflektieren und die schwere Arbeit und Ausdauer zu feiern, die viele Leben gerettet hat und den Menschen die Hoffung auf eine bessere Zukunft gab. „An Medair beeindruckt mich am meisten, dass die Organisation während des Krieges vor Ort blieb, wogegen andere

Unterkunft & Infrastruktur - Wiederaufbau • 24 Gesundheitsstationen wiederaufgebaut oder neu erbaut, Nutzung von 81.669 Patienten • 1 Krankenpflegestation mit einer Aufnahmekapazität von 20 stationären Patienten errichtet

Fotos, links: Psychosoziales Training in der D.R. Kongo rechts: Der Bau einer Medair-Klinik geht rasch voran

Für weitere Informationen über die D.R. Kongo und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/Kongo 21


ÄGYPTEN

LIBYA

SAU. AR.

Nordstaaten States TSCHAD

Omdurman

Geneina

Khartoum

ERITREA

Sudan

West Darfur

Kadugli

0 0

ÄTHIOPIEN

Südsudan

Z.A.R

300 km 300 mi

DEM. REP. KONGO

UGANDA

KENIA

Sudan (Nordstaaten) • Wiederaufbau nach dem am längsten andauernden Bürgerkrieg in Afrika, der 2005 endete • Die anhaltende Konfliktlage in Darfur führte zu der weltweit grössten humanitären Hilfsaktion. • Sehr wenig funktionierende soziale Dienste West-Darfur • Anhaltende Unruhen bedrohen die Bevölkerung und schränken die Möglichkeiten zu humanitärer Hilfe ein • Über 1,2 Millionen Menschen sind betroffen, darunter 700.000 Binnenflüchtlinge Staat Khartoum • 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge • Anhaltende Gefahr von Unterernährung und dem Ausbruch von Krankheiten Südliches Kordofan • Grosse Anzahl von Heimkehrern • Sehr beschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung oder Wasser & Sanitäranlagen

Wenn die Brunnen austrocknen Im Jahr 2007 versuchte Medair alles, um mit den Gemeinden zusammenzuarbeiten und Projekte durchzuführen, die langfristige Auswirkungen haben sollten, um Leben zu retten und für eine Zukunft in Unabhängigkeit zu sorgen. Awad Abbas lebt in einem kleinen Dorf um die knappen Wasserressourcen. Awad namens Ruseris, das in den felsigen schaffte es, die Produktion zu steigern, und Hügeln des südlichen Kordofan gelegen baute Filter für 80 Haushalte. „Wenn es diese Klinik ist. Ein Gebiet, durch das vor nur nicht gäbe, dann wüsste zwei Jahren noch eine Grenzlinie des Entwicklung nachhaltiger ich nicht, wohin wir sonst Bürgerkrieges verlief. In der Regenzeit Lösungen gehen sollten.“ trinken alle Einwohner aus einem Khor Der Zugang zu sauberem Trinkwasser (einem jahreszeitlich bedingten Fluss), ist eines der Hauptprobleme des Sudan. Naira Elkheir, Versorgungsempfänger, West-Darfur der durch das Dorf fliesst. Obwohl das Das Bohren von Wasserlöchern ist eine Trinken des Wassers aus dem Khor Methode, um Wasser zu fördern. Viele zu schwerwiegenden Krankheiten führen kann, beziehen Wasserschichten können jedoch nur erreicht werden, wenn mindestens 40 Prozent der Menschen im südlichen Kordofan durch mehr als 100 Meter Felsen gebohrt wird. „Das ist ihr Wasser aus ungeschützten Wasserquellen wie dieser. übermässig teuer und es hilft nicht, das Problem bei der Wurzel zu packen“, sagte Ali Lima Mohammed, Projektassistent für Um dieses Problem anzugehen, bildete Medair Awad Wasser- und Sanitäranlagen von Medair. „Grundwasser ist und neun weitere Personen aus anderen Dörfern darin nur beschränkt vorhanden.“ aus, Biosandfilter zu bauen. Dadurch können die schlimmsten Schadstoffe aus dem Wasser entfernt Im Jahr 2007 ermutigte Medair die Bevölkerung dazu, werden. Als Pilotprojekt baute Awad Filter in der Grösse nachhaltige Lösungen für ihr Wasserproblem zu finden. Es von Regentonnen für 25 Haushalte in Ruseris. Die Leute wurden Trainingskurse durchgeführt, in denen Wissen über schütteten Khor-Wasser durch ihre neuen Filter und waren die Methoden des Nachfüllens von Wasserschichten, des Baus sehr erfreut über das Ergebnis. von unterirdischen Dämmen und Terrassen und Biosandfiltern „Das Wasser des Baches ist verseucht und schmutzig, aber sowie des Auffangens von Regenwasser vermittelt wurden. das durch den Filter gelaufene Wasser ist tamaam (gut) und sauber“, sagte Awad. Die Einwohner müssen ihre eigene Unabhängigkeit entwickeln, die sie ab dem Tag brauchen werden, an dem Medair die Die Nachfrage nach den Biosandfiltern stieg enorm an, Region verlässt. Die Ausbildung von einheimischem Personal nachdem die Bewohner bemerkten, dass gefiltertes Wasser klar und anderen Bewohnern war das Hauptziel unserer Aktivitäten. und frisch war und dass damit weniger Durchfallerkrankungen Wir haben aber auch bestehende Kliniken des Ministeriums in Ruseris auftraten. Inzwischen war die Bevölkerungszahl für Gesundheit, wo immer dies möglich war, unterstützt, und in Ruseris und in anderen Dörfern im südlichen Kordofan im arbeiteten mit den Versorgungsempfängern zusammen, Verlauf des Jahres angewachsen, denn Flüchtlinge kehrten nach indem wir die Koordination mit den Gesundheitskomitees Hause zurück. Die Einwohner und Heimkehrer kämpften nun der Dörfer übernahmen. 22

MEDAIR Jahresbericht 2007


Im südlichen Kordofan war der Strom der Heimkehrer eine Belastung für die wenigen Dienste, die im Staat vorhanden waren. Also konzentrierte sich Medair neben der Verbesserung eines dauerhaften Zugangs zu Wasser auch auf die Unterstützung des Gesundheitssystems. Im Staat Khartoum lag der Hauptschwerpunkt auf der Verbesserung der medizinischen Versorgung der Flüchtlinge. Wir haben lebensrettende Hilfe geleistet, indem wir stationäre und mobile Gesundheitsdienste unterstützten, die 50.000 Flüchtlinge betreuten. Im Mai waren wir sehr erfreut, dass wir die Erlaubnis erhielten, eine zweite mobile Klinik zu eröffnen; diesmal in Hamas Koreib, wo 8.000 Flüchtlingsfamilien medizinische Hilfe benötigten.

Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

415.000

Mitarbeiter von Medair

29 international rekrutierte Mitarbeiter 223 national rekrutierte Mitarbeiter

Medizinische Versorgung Südliches Kordofan – Wiederaufbau • 20 Gesundheitseinrichtungen unterstützt Staat Khartoum – Soforthilfe • 2.500 Plastikplanen zum Schutz vor schlechtem Wetter Staat Khartoum - Wiederaufbau • 50.000 Binnenflüchtlinge durch 1 Klinik und 2 mobile Kliniken versorgt • 1.800 Haushalte pro Monat zum Thema Gesundheit aufgeklärt

Herausforderung in West-Darfur

West-Darfur – Soforthilfe • 1 Ausbruch von Hepatitis E, Gegenmassnahme innerhalb von 5 Tagen

So sehr wir uns auch bemühen, unsere Programme nachhaltig zu gestalten, so gibt es doch immer wieder Umstände, unter denen dies aufgrund der gefährlich unsicheren Lage besonders schwierig ist. Aus diesem Grund wurden unsere Einsätze in West-Darfur 2007 stark behindert. Die Gefahr von Gewalt auf den Strassen bedeutete, dass UN-Hubschrauber benötigt wurden, um die Projektstätten zu erreichen. Unruhen und Flugbeschränkungen machten den Zugang jedoch oft unmöglich. Unser Einsatzteam nutzte kreative Wege, um die Bedürftigen sicher zu erreichen, verzichtete zugunsten gewöhnlicher Passagierfahrzeuge oder Eselskarren auf die traditionellen weissen NGO-Geländefahrzeuge.

• 20 Gesundheitseinrichtungen unterstützt, Beratung von 300.000 Patienten

Trotz beträchtlicher Hindernisse schaffte es Medair, einige bemerkenswerte Ergebnisse in West-Darfur zu erzielen. In unserer Klinik konnten in diesem Jahr mehr als 300.000 Patienten beraten werden. Wir konnten auch 130.000 Personen den Zugang zu sauberem Wasser ermöglichen, indem wir wo immer möglich einheimische Mitarbeiter und Freiwillige in Kapazitätsaufbau schulten. Dass wir es geschafft haben, eine solche Wirkung in einer derart grauenvollen Umgebung zu erzielen, spricht für den Einsatz unserer Mitarbeiter und den Glauben, der ihnen Kraft gibt. Sie haben in diesem Jahr nicht locker gelassen und haben an ihren mutigen Einsätzen festgehalten, um den Bedürftigsten ohne Unterlass zu helfen.

• 52 Mechaniker ausgebildet, um die Wasserabnahmestellen zu reparieren und warten zu können

• 10.000 Geburten von Hebammen durchgeführt, die von Medair unterstützt wurden • 900 Mitarbeiter für Gesundheitsförderung überwacht Wasser & sanitäre Anlagen Südliches Kordofan – Wiederaufbau • 7.500 Personen bekamen besseren Zugang zu sauberem Wasser. • 4 Regenwasserauffangsysteme fertiggestellt und 112 Biosandfilter produziert West-Darfur – Soforthilfe • 3 Notfallsituationen mit entsprechenden Gegenmassnahmen in Bir Dageeg, Kondebe und Um Shelaya • 130.000 Personen bekamen Zugang zur Wasserversorgung.

• 2.000 Latrinen gebaut

Fotos, links: Die Trinkwasserquelle von Medair ist sehr beliebt bei den

Sudanesen – und ihren Eseln

rechts: Sudanesische Frauen möchten sich in einer Medair-Klinik

behandeln lassen

Für weitere Informationen über Sudan und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/sudan 23


ÄGYPTEN

LIBYA

SAU. AR.

Nordstaaten

TSCHAD

Khartoum

Sudan

ERITREA

Renk Melut Malakal

Aweil

Akobo

d d Südsudan

ÄTHIOPIEN

Z.A.R 0 0

300 km 300 mi

DEM. REP. KONGO

Yei

Juba UGANDA

KENIA

Südsudan • Wiederaufbau nach dem am längsten andauernden Bürgerkrieg Afrikas, der 2005 endete • Zerbrechlicher Frieden mit vielen Unruhen • Sehr wenige funktionierende soziale Dienste • Die Zahlen für Ernährung, Bildung, Zugang zu Wasser, Gesundheit von Mutter und Kind und Ausbruch von Krankheiten gehören zu den schlechtesten weltweit • Millionen von Flüchtlingen • Schwere Flut im Jahr 2007

In Bewegung Im Dezember schickte Medair ein Ärzteteam, das eine Gruppe von schätzungsweise 6.000 Mbororos, die als Nomaden leben und sich in einer prekären Lage befinden, unterstützen sollte. Ihr Gesundheitszustand war schlecht und sie lebten in einem abgelegenen Gebiet des südlichen Sudan. Der Sudan ist aufgrund des Bürgerkrieges Heimat für Schulung zu Gesundheit und Hygiene durch und verteilte Millionen Flüchtlinge. Viele leben im Norden und sind hunderte von Flaschen mit medizinischen Lotionen, um die dabei, wieder in den Süden in ihre Häuser zurückzukehren. Krätze gänzlich zu beseitigen. Gruppenmigrationen bringen jedoch immer erhöhte Spannungen mit sich, „Wir sind Ihnen für Ihre Hilfe sehr die zu Gewalt führen können, da dankbar, ganz besonders für die umherreisende Bevölkerungsgruppen Impfungen“, sagte Abdalla Mohamed, die nur minimal vorhandenen Dienste einer der Mbororo-Oberhäupter. „Jetzt „Ich fühle mich sehr ermutigt, und Mittel noch stärker belasten. fühlen wir uns viel sicherer, wenn wir weil sie Frauen dazu ausbilden, Richtung Norden ziehen.“ die Bohrlöcher zu pflegen und Das Mbororo-Volk stammt ursprünglich zu schützen. IIhr Training ist aus Westafrika, jedoch sind bestimmte Dieser Soforthilfeeinsatz war nur eine sehr gut. Können Sie noch Gruppen jahrzehntelang durch den von vielen wirkungsvollen Aktionen, Sudan und in die benachbarten Länder die Medair 2007 durchführte. Unsere mehr tun?» gezogen. Sie liessen ihre abertausenden Notfallteams, die 2007 ihren Sitz Nyanyul Akonjok, Wasserkomitee des Dorfes Tiere auf diesem Land grasen. Da die in Loki hatten, konnten schnell auf Ressourcen im südlichen Sudan sehr Notfallsituationen im südlichen Sudan knapp waren, zeigten sich die örtlichen reagieren. Wir griffen siebenmal wegen Gemeinden zunehmend feindselig und waren der Meinung, Krankheitsausbrüchen ein: einmal wegen Unterernährung dass das Vieh wertvolle Ernten zerstöre. Deshalb gab ihnen und mehrmals im Bereich Wasser & Sanitäranlagen. Nach die Regierung des Sudans ein Stück Land im Blue Nile State, einer schlimmen Überschwemmung im Bezirk Fashoda, den viele Mbororos als ihr territoriales Erbe ansehen. Ein Ort, brachten die Mitarbeiter von Medair und Tearfund Stunden an dem sie sich sicher niederlassen konnten. Für die Reise damit zu, durch Schlamm zu marschieren, der ihnen bis brauchten sie fast ein Jahr. zur Hüfte reichte, um Notfallhilfe in einem isolierten Dorf zu leisten. Die Bewohner begrüssten sie mit grösstem Die nomadische Lebensart forderte von den Mbororos gewiss Erstaunen, denn sie hatten nie erwartet, dass eine NGO ihren Tribut. Ohne verlässlichen Zugang zu sauberem Wasser durch die gefluteten, mit Schlangen verseuchten Sümpfe zu oder Gesundheitseinrichtungen litten viele von ihnen an ihnen kommen würde, um ihnen zu helfen. schweren Formen vermeidbarer Krankheiten. Sie waren nie geimpft worden und über die Hälfte der Bevölkerung war mit „Medair ist eine sehr engagierte Organisation“, sagte der Krätze infiziert. Einheimische Eg Chol Deng. “Sie kümmert sich wirklich um die Menschen und handelt schnell.“

Von der Einleitung der Soforthilfe... Als Medair von ihrer Not erfuhr und gebeten wurde, Soforthilfe zu leisten, begannen wir damit, mobile Kliniken aufzustellen, und in weniger als zwei Wochen hatten wir mehr als 1.200 Kinder und Erwachsene gegen Meningitis, Masern und Polio geimpft. Unser Team führte auch eine 24

MEDAIR Jahresbericht 2007

...bis zum Wiederaufbau Wir sind seit 1992 aktiv im südlichen Sudan tätig. Wir haben Notfallhilfe durchgeführt und den Wiederaufbau für die Bedürftigsten veranlasst. Im Jahr 2007 waren wir die einzige NGO, die medizinische Versorgung in den Landkreis Melut


brachte, eines der unterversorgtesten Gebiete des Landes. Wir erweiterten unsere medizinische Unterstützung und errichteten mehrere neue dauerhafte sowie behelfsmässige Kliniken. Gleichzeitig bohrten unsere WatSan-Teams neue Löcher von 90 bis 100 Metern Tiefe, installierten handbetriebene Pumpen, gruben Brunnen und installierten für Notfallsituationen Systeme zur Aufbereitung von Oberflächenwasser an vielen bedürftigen Orten. Bei jedem Projekt bildete Medair auch Personal zur Gesundheits- und Hygieneförderung und der Wartung der Wassersysteme aus. Dadurch wurde die Eigenverantwortlichkeit gefördert, was die Übergabe der Systeme an die lokalen Gemeinden erleichterte.

Situation beobachten, falls weitere Hilfe nötig ist, genauso wie wir tausende der Bedürftigsten auf ihrem Weg zu einem besseren Leben unterstützen. Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

298.813

Mitarbeiter von Medair

28 international rekrutierte Mitarbeiter 210 national rekrutierte Mitarbeiter

GESUNDHEIT - Soforthilfe • 23 Bewertungen von Notfallsituationen • 14 Eingriffe bei Ausbrüchen von Krankheiten

„Wir danken Medair sehr für die Ausbildung, die wir erhalten haben“, sagte die Teilnehmerin Mary Majok nach einem Einsatz. „Wir werden das Wissen, das wir erworben haben, an die Mitglieder unserer Gemeinde weitergeben, damit wir alle zusammen unser Dorf verbessern können.“ Klaas van Mill, Medair-Landesverantwortlicher des südlichen Sudans, war sehr erfreut über die Gesamtergebnisse der Programme im Jahr 2007. „Die vielen Unruhen und die starke Regenzeit, die sehr schlimme Überflutungen mit sich brachte, waren für uns sicherlich eine Herausforderung“, sagte Klaas. “Insgesamt jedoch hat sich in diesem Jahr die Sicherheit in der Region verbessert und wir konnten uns über eine Anzahl von organisatorisch positiven Entwicklungen freuen. Unser grösster Erfolg war wahrscheinlich die fortschreitende Ausdehnung unserer medizinischen Versorgung, die ihren Höhepunkt in der Eröffnung unseres stationären Zentrums für medizinische Grundversorgung (PHCC) in Melut Town hatte.“ Was die Mbororos betrifft, waren einige von ihnen schon einen Monat nach unserem Einsatz bis nach Juba gekommen. Unsere Mitarbeiter freuten sich, wie sehr sich die gesundheitliche Lage der Gruppe in so kurzer Zeit verbessert hatte. Wenn sie ihre Reise Richtung Norden fortsetzen, werden wir die

• 1 Einsatz wegen Unterernährung • 193.990 Personen wurden durch Fallmanagement behandelt: Impfkampagnen, Verteilung und Förderung von Gesundheit und Hygiene Wiederaufbau • 1 Zentrum zur medizinischen Grundversorgung gebaut und eröffnet • 5 Einrichtungen zur medizinischen Grundversorgung befinden sich noch im Bau, 4 von ihnen wurden eröffnet • 59.697 Hilfsempfänger • 167 medizinische Mitarbeiter im PHCC im Landkreis Melut ausgebildet • 305 Mitglieder der Gemeinde wurden geschult, medizinische Pflege zu übernehmen WATSAN - Soforthilfe • 8 Notfallsysteme zur Aufbereitung von Wasser errichtet • 105 Latrinen gebaut • 41.100 Hilfsempfänger Wiederaufbau • 6 Bohrlöcher und 5 handgegrabene Brunnen • 4.026 Hilfsempfänger • 23 Wasserkomitees wurden ausgebildet oder ihr Wissen aufgefrischt (5 Mitglieder pro Komitee) • 68 Förderer mit Wissen über Gesundheit und Hygiene wurden ausgebildet oder ihr Wissen aufgefrischt

Fotos: Eine Medair-Krankenschwester behandelt eine Frau der Mbororo

Für weitere Informationen über den Südsudan und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/sudan 25


Paspul in Afghanistan kann von diesem Medair-Mitarbeiter im Winter nur per Pferd erreicht werden

Die bed端rftigsten Menschen der Welt

26

MEDAIR Jahresbericht 2007

Transport von Medair-Fahrzeugen in Madagaskar


Mitarbeiter von Medair auf dem Weg zu 端berschwemmten D旦rfern im S端dsudan

... sind oft am schwersten zu erreichen.

Mitarbeiter von Medair 端berqueren den Wadi Ruei, Darfur, Sudan (Nordstaaten)

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Maroantsetra

MOZAMBIQUE CHANNEL

Madagaskar • Häufige Wirbelstürme richten grosse Schäden an und bringen Überschwemmungen mit sich • Über 70 Prozent der Bevölkerung leben in Armut • Stark eingeschränkter Zugang zu sauberem Wasser • Fünf Wirbelstürme oder Tropenstürme im Jahr 2007

Toamasina

Antananarivo

Madagaskar INDIAN OCEAN

0

100 200 km

0

100

200 mi

Gutes Wasser bei stürmischem Wetter Jedes Jahr suchen Wirbelstürme und tropische Stürme Madagaskar heim, verursachen verheerende Überschwemmungen und stürzen die bedürftigen Bewohner immer wieder in den zermürbenden Kreislauf der Armut. Die Menschen im abgelegenen Nordosten Madagaskars kennen sich mit den Gefahren der Wirbelstürme bestens aus. Als Frau Volona im letzten März hörte, dass sich ein Wirbelsturm näherte, entschieden sie und ihre Familie, einfach dort zu bleiben, wo sie waren. Leider wurde die Warnmeldung am Morgen des 15. März wahr und der Wirbelsturm Indlala fegte mit 265 km/h über die Insel hinweg und verursachte Überschwemmungen, die ganze Dörfer unter Wasser setzten.

“Medair kam schnell zu dem Ort, an dem wir uns befanden, obwohl wir gedacht hatten, dass keiner zu uns vordringen konnte. Dank dieses Eingreifens konnten wir Epidemien von Durchfall verhindern, durch die unsere kleinsten Kinder so oft hatten sterben müssen.“ Nirina Rajaonahery, Gemeinde Antakotako, Bezirk Maroantsetra

Im Dorf von Nirina Rajaonahery hatten er und seine Familie im Haus eines Nachbarn Unterschlupf gefunden. Trotzdem bliesen die starken Winde das Dach weg und zwangen sie, für mehrere Stunden unter Tischen auszuharren. Dort schauten sie ängstlich zu, wie der Wasserspiegel immer höher stieg. „Es war so, als ob das Haus zum Meer würde“, sagte Nirina. „Wir mussten uns trotz des Windes, der immer stärker wurde, auf einen kleinen Hügel retten. Es war entsetzlich!“

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In der Zwischenzeit hatte der tobende Sturm auch Frau Volona davon überzeugt, mit ihren drei Kindern in höher gelegene Gebiete in die Berge zu flüchten.

MEDAIR Jahresbericht 2007

In der nachfolgenden Woche sassen Menschen aus der ganzen Region ohne Nahrung und sauberes Wasser auf den Berggipfeln fest. In einigen Dörfern lebten die Menschen fünf Tage lang auf den Dächern ihrer Häuser, umgeben von braunem Wasser, das zum Kochen, zum Waschen und als Toilette benutzt wurde.

Die Tausenden von Gestrandeten erreichen Unser Medair-Team machte sich so schnell wie möglich auf den Weg, um für tausende Flüchtlinge im Bezirk Maroantsetra lebensnotwendige Hilfe zu leisten. Sich fortzubewegen ist jedoch in Madagaskar nie ein einfaches Unterfangen. Es gibt in den ländlichen Regionen, in denen wir arbeiten, keine gepflasterten Strassen, sondern nur schlammige Wege mit Brücken, die aus brüchigen Holzbrettern gebaut worden sind. Unsere Teams fahren schwere Geländewagen, und unsere Fahrer benötigen eine grosse Menge Erfahrung und Mut, um auf diesen Strassen fahren zu können. Natürlich sind viele Dörfer nicht an das Strassennetz angebunden, und es dauert Stunden, um zu Fuss oder per Boot zu ihnen zu gelangen. Und wenn die Insel überflutet ist, sind die betroffenen Dörfer natürlich noch schwerer zu erreichen. Nach dem Wirbelsturm Indlala entschieden wir schnell, dass kanuartige Boote und Flachbodenboote die beste Variante seien, um zu den festsitzenden Menschen vorzudringen. Trotz der Herausforderungen erreichte unser Team alle betroffenen


Dörfer ziemlich schnell und konnte 10.000 Familien mit schneller Hilfe versorgen. „Wir waren so glücklich, als wir die Boote von Medair mit der ersten Hilfe sahen!“, sagte Frau Volona. „Sie waren die ersten, die ins Dorf kamen.“ Die Zeit der Wirbelstürme im Jahre 2007 war besonders verheerend. Auch vor Indlala hatten eine Reihe von Stürmen schlimme Überschwemmungen in der Hauptstadt von Antananarivo verursacht und 25.000 der ärmsten Einwohner mussten in überfüllte und unhygienische Camps flüchten. Medair arbeitete mit UNICEF zusammen und baute in den Camps provisorische Latrinen und Einrichtungen zum Händewaschen auf. Sie verteilten auch wichtige Utensilien, die halfen, den Zugang zu sicherem Wasser und zur Hygiene zu verbessern.

Der Erfolg von Rano Tsara Unser Hauptprojekt im Jahr 2007 hiess Rano Tsara oder Gutes Wasser. Ein Projekt, für das es notwendig war, Partnerschaften mit einheimischen Gruppen zu schliessen, um diesen zu helfen, in Zukunft eigenständig mit Krisen umgehen zu können und ihre Lebensbedingungen langfristig zu verbessern. Wir konzentrierten uns gemeinsam darauf, Wasserstellen zu bauen, Latrinen zu errichten, den Umgang mit Hygiene zu verbessern und sich auf zukünftige Wirbelstürme vorzubereiten. Im Jahr 2007 war es ein grosser Erfolg, dass wir unsere Arbeit im Bezirk Maroantsetra von drei auf sechs Gemeinden ausdehnen konnten und auch auf zwei weitere im Bezirk Fénérive-Est. Die katastrophalen Überschwemmungen erwiesen sich als Härtetest für die Methoden von Medair und die Richtigkeit unserer Arbeit mit Rano Tsara. Im Laufe der letzten Jahre hatten wir zusammen mit lokalen Stellen über 350 Wasserstellen in Maroantsetra errichtet, die als „überschwemmungssicher“ galten. Als der Wasserspiegel der Flut in diesem Jahr sank, hatten wir die einmalige Chance zu sehen, ob unsere Wassersysteme ihrem Namen auch alle Ehre machten. Unsere Untersuchungen ergaben, dass fast alle offenen Brunnen in der Region verseucht waren, aber sich fast alle unsere überschwemmungssicheren

Wasserstellen in makellosem Zustand befanden und sauberes, sicheres Wasser lieferten, das nicht desinfiziert werden musste. „Die Bedürftigsten auf dieser Insel werden regelmässig von Überschwemmungen heimgesucht, durch die ihr Trinkwasser verseucht, ihr Hab und Gut zerstört und ein Fortschritt in Richtung Wohlstand unmöglich gemacht wird“, sagte Christophe Roduit, der nationale Verantwortliche von Medair. „Doch wenn wir es schaffen, auch weiterhin langfristige Ergebnisse wie in diesem Jahr zu erzielen, dann können wir daran glauben, dass eine bessere Zukunft vor uns liegt.“ Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

150.000

Mitarbeiter von Medair

7 international rekrutierte Mitarbeiter 60 national rekrutierte Mitarbeiter

Wasser & Sanitäranlagen - Soforthilfe • 25 Flüchtlingscamps mit Latrinen und Einrichtungen zum Händewaschen ausgestattet • 1.300 offene Brunnen desinfiziert • 2.410 Häuser und 123 Zelte desinfiziert, um ein Rückkehren der Flüchtlinge zu ermöglichen • 15.049 Wasserreinigungslösungen verteilt und auch 13.384 Stück Seife • 50.000 Menschen in 6 Gemeinden über Hygiene in Notfallsituationen aufgeklärt, viele weitere in den Flüchtlingslagern auch Wiederaufbau • 70 neue überschwemmungssichere Wasserstellen gebaut und mit Canzee-Handpumpen ausgestattet • 250 Latrinen für Familien errichtet • 6 kommunale Behörden und 35 Vereine der Gemeinden im Management von Wassersystemen geschult • 35 Frauenvereine zum Thema Hygiene geschult • 10.000 Personen durch 18 Kampagnen zum Thema Hygiene angesprochen • 4 Notfallkomitees im Umgang mit Wirbelstürmen geschult Unterkunft & Infrastruktur - Wiederaufbau • 15 Brücken neu errichtet und 11.000 Meter Abflusskanäle gebaut

Fotos, links: Familien nach dem verheerenden Zyklon Indlala rechts: Mitarbeiter von Medair leisten Hilfe nach dem Zyklon

Für weitere Informationen über Madagaskar und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/madagaskar 29


Indonesien

Banda Aceh MALAYSIA

Gunung Sitoli NIAS ISLAND Teluk Dalam

Indonesien

Jakarta 0

500 310

1000 km 620 mi

• Von häufigen Naturkatastrophen betroffen • Noch vom Tsunami in Asien angeschlagen • Auf der Insel Nias sind die Auswirkungen des Erdbebens von 2005, das eines der stärksten Erdbeben der Geschichte war, noch immer sichtbar 10 Prozent der Bevölkerung verloren ihr Zuhause Hunderte von Schulen und Kliniken wurden zerstört • Eingeschränkter Zugang zu sauberem Wasser und medizinischer Versorgung in den abgelegenen Gebieten

Eine Quelle des Lebens Die Bewohner der Insel Nias kämpfen mit dem Wiederaufbau nach den letzten Naturkatastrophen. – Sie versuchen besseren Zugang zu wichtigen lebensrettenden Einrichtungen zu bekommen, doch ihre Bitten um Hilfe von aussen blieben zu oft unbeachtet. Während der Regenzeit sprudelt eine Quelle im Dorf Hilizaria „Die Menschen in Nias sind daran gewöhnt, unabhängig zu im Bezirk Lolomatua. Es ist eine Quelle mit sauberen, kaltem arbeiten“, sagte Chris McDonald, der Landesverantwortliche Wasser für die 300 Menschen, die von Medair in Indonesien. „Sie hier leben. Zu anderen Zeiten im sind sich der Naturkatastrophen Jahr jedoch versiegt die gleiche und Krankheiten wohl bewusst, Quelle, und sauberes Trinkwasser aber es fehlt ihnen an bestimmtem „Ich schätze es sehr, wie viel Zeit sich wird ein seltenes Gut. Wissen und an den Mitteln, die Medair für die Pflege der Beziehungen sie brauchen, um mit diesen zu den Gemeinden nimmt. Das macht „Unsere Quelle führt nur sehr wenig Problemen umgehen zu können. die Organisation wirklich sehr gut.“ Wasser in der Trockenzeit“, sagte Medair zielt mit ihrer Hilfe darauf Nan Talosa, die Direktorin des ab, diese Lücken zu schliessen.“ Gregoire Labhardt, Glückskette (Finanzierungspartner), Vorstands der örtlichen Grundschule bei einem Besuch des Nias-Projekts in Hilizaria. „Wenn es einen Monat Um eine produktive Partnerschaft lang nicht regnet, haben wir in der mit Hilizaria aufzubauen, wurde nachfolgenden Woche gar kein Wasser.“ im Dorf ein Entwicklungsgremium (Village Development Committee (VDC)) gegründet, für das Mitglieder von Die Gemeinde und der Schulvorstand haben die Regierung ihren Dörfern gewählt wurden, die als Hauptvertreter und um Hilfe gebeten, bekamen jedoch keine Antwort. Vielleicht Entscheidungsorgane in diesem VDC fungieren. wegen ihrer abgelegenen Lage. Die Insel Nias ist leider schon daran gewöhnt, von der Aussenwelt vergessen zu werden. Bis zum Sommer entwarfen Medair und das VDC koordinierte Nachdem der Tsunami die Insel verwüstet hatte, erhielten sie Pläne, um die Quelle zu schützen und einen Wassertank zu nur einen kleinen Anteil der Hilfe, die nach dem Tsunami den bauen. Medair gab dafür technische Unterstützung und lieferte bessergestellten Regionen Indonesiens zuteil wurde. Hinzu die Materialien, die vor Ort nicht verfügbar oder käuflich zu kommt, dass Medair die einzige internationale Nichtregierungserwerben waren. Wir spendeten auch Beton, sodass eine organisation ist, die im Bezirk Lomatua humanitäre Hilfe leistet. Rückhaltewand für die Klinik gebaut werden konnte, um diese vor zukünftigen Erdrutschen zu schützen. Gleichzeitig lieferte das Dorf freiwillige Arbeitskräfte für viele der anfallenden Mit den Bedürftigsten zusammenarbeiten Arbeiten. Sie lieferten Holz für die Betoneinfassungen und Als unser Team von den Bedürfnissen in Hilizaria erfuhr, boten bauten einen Zaun, um die Quelle zu schützen. wir unser Können im Bereich Wasser und Sanitäranlagen an. Da die Bewohner von Nias kaum Unterstützung von „Die Gemeinde ist Medair sehr dankbar“, sagte Nan. aussen erhielten, entstand unter den Bewohnern und „Seit das Projekt rund um die Quelle mit Medair innerhalb der Familien grosser Neid darüber, wer mit Medair durchgeführt worden ist, hatten wir keine Probleme mehr zusammenarbeiten würde. Einfache Unternehmungen, wie mit der Wasserversorgung.“ zum Beispiel das Kaufen von einheimischen Materialien oder das Aussuchen von Hilfspersonal aus der Gemeinde, wurden Dieses erfolgreiche dreiwöchige Projekt war charakteristisch für zum Auslöser von Konflikten. die Art und Weise, nach der Medair versucht, jenen zu helfen, 30

MEDAIR Jahresbericht 2007


die von Naturkatastrophen in Indonesien betroffen sind. Ausser der Verbesserung von Wasserversorgung und Sanitäranlagen boten wir auch medizinische Unterstützung auf Nias an. Darin inbegriffen sind Ausbildungsprogramme für medizinisches Personal, Geburtspfleger und freiwillige Sozialarbeiter. Mittlerweile konnten wir an der Westküste des Bezirkes Aceh die Wasserversorgung verbessern und Latrinen und Baderäume bauen, sodass sich die Überlebenden der Tsunamikatastrophe in neuen Häusern niederlassen konnten.

Ziel ist, mit den Gemeinden zusammenzuarbeiten, so dass die Menschen beim nächsten Erdbeben oder Tsunami die Folgen für sich und ihre Angehörigen begrenzen können.“ Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

42.200

Mitarbeiter von Medair

14 international rekrutierte Mitarbeiter 121 national rekrutierte Mitarbeiter

Leben verbessern, Wildtieren aus dem Weg gehen

Medizinische Versorgung - Soforthilfe

Trotz einiger Unsicherheiten konnten in unserem AcehProjekt für die abgelegenen Gemeinden viele bedeutende Ergebnisse erzielt werden. Es wurde der Zugang zu sauberem Wasser für Haushalte, Schulen und Dörfer ermöglicht. Frauen schätzten es sehr, dass sie jetzt ungestört baden konnten, denn zuvor hatten sie Wände aus Baumzweigen als Sichtschutz benutzt. Sowohl die Männer als auch die Frauen freuten sich, dass Latrinen in der Nähe ihrer Häuser gebaut wurden, was bedeutete, dass sie nicht mehr eine weite Strecke in der Nacht zurücklegen mussten und damit Gefahr liefen, Wildschweinen, Hunden, Tigern oder Elefanten zu begegnen.

• 6.500 Moskitonetze für Betten verteilt

Eine der weniger bekannten Auswirkungen des Erdbebens 2005 war, dass der gesamte Küstenstreifen von WestAceh um 1,5 Meter absank. Das verursacht Probleme bei der Zugänglichkeit und Überschwemmungen vieler Hauptstrassen. Im Oktober führte unser Team eine Bewertung einer schwer zugänglichen überfluteten Sumpfregion in Aceh durch, die man nur per Kanu erreichen konnte. Das Erkundungsteam berichtete, dass es durch Gewässer paddelte, in denen es von Krokodilen wimmelte, und Gemeinden entdeckte, die das schlammige Wasser ebenso als Trinkwasser wie auch zum Waschen benutzten.

• 40 traditionelle Geburtshelfer ausgebildet • 5 Dörfer begannen wieder ein freiwilliges medizinisches Betreuungsprojekt • 1 örtliches Ernährungsprogramm der Nichtregierungsorganisation mit Nahrungsmittelspenden unterstützt Wasser & Sanitäranlagen - Wiederaufbau • 644 Haushalte mit Badezimmern, Brunnen, Toiletten und Kläranlagen ausgestattet • 162 Brunnen wieder aufgebaut oder neu errichtet • 11 Regenwassersammelanlagen in 10 Schulen und in Ernährungszentren errichtet • 19 Latrinen in 2 Schulen und im Ernährungszentrum wieder aufgebaut oder errichtet • 40 Haushalte konnten ein nach dem Gravitationsprinzip arbeitendes Wassersystem nutzen • 7 WatSan-Komitees ausgebildet, um die Wasserversorgung aufrechtzuerhalten und die Hygiene zu fördern • 1.500 Hygienepakete verteilt • 15 einheimische Unternehmer ausgebildet, Biosandfilter zu bauen und zu vermarkten • 1 Quelle abgedeckt und ein Speichertank gebaut Unterkunft & Infrastruktur - Wiederaufbau • 1 Wiederaufbau eines Gesundheitszentrums begonnen Foto : Kinder erfreuen sich an der Trinkwasserquelle in Hilizaria

„Wir wollen bald eine Entscheidung treffen, um dort einzugreifen“, sagte Chris. „Es ist egal, wo wir arbeiten. Unser

Für weitere Informationen über Indonesien und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/indonesien 31


USBEKISTAN

CHINA

TADSCHIKISTAN

Yawan

TURKMENISTAN

Faizabad

Bamian

Kabul

Behsud

Afghanistan

Jalâlâbâd

In

Kandahâr

dus

Ghazni

PAKISTAN

0 IRAN

0

100 200 km 100

INDIEN

200 mi

Afghanistan • Konfliktregion seit fast 30 Jahren • Anhaltende Unsicherheit in vielen Regionen • Massive Verwahrlosung und Unterentwicklung im ganzen Land Stark eingeschränkter Zugang zu medizinischer Grundversorgung 70 Prozent der Haushalte haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser Lebenserwartung von nur 42 Jahren Eines der Länder mit der höchsten Müttersterblichkeitsrate in der Welt • Viele Gebiete bleiben durch schlechte Wetterbedingungen, Unsicherheit, unzureichende Infrastruktur und gefährliches Gelände von der Aussenwelt abgeschnitten

Keine Hoffnung für Paspul? Jahrelang war Afghanistan von vielen lebensrettenden Projekten abgeschnitten, positive Veränderungen sind jedoch sogar in den entlegensten Gebieten zu verzeichnen. „Niemand kann irgendetwas für Paspul tun. Hilfe gibt es für unser Dorf oder unser Gebiet nicht“, sagte Gouverneur DaMullah Fakhruddin. Dabei klang seine Stimme so hoffnungslos wie seine Worte. Das war im April 2005. Kohistan ist bekannt als der „verlorene“ Bezirk der Provinz Badakhshan, die sich in einem tiefen dunklen Tal befindet, das oft von Erdrutschen heimgesucht wird. Die Bauern versuchen auf dem kargen Boden etwas anzubauen, während die jungen Menschen vermehrt in grössere Städte ziehen.

sowie darauf, eine Anzahl von Einheimischen für die alleinige Leitung von Kliniken auszubilden. Mit der Bereitstellung eines umfangreichen Notdienstes für Geburtshilfe konnten wir 2007 viele weitere positive Fortschritte verzeichnen.

„Sauberes Wasser bedeutet eine grosse Veränderung in unserem Leben! Wir werden auch Wasser im Winter haben, und im Sommer werden wir weniger an Durchfall erkranken.“

Als wir anfingen, Kliniken im Land zu errichten, wurde den Frauen aufgrund der konservativen Einstellung der Familien oft verboten, dorthin zu gehen.

„Es ist nicht leicht, Mentalitäten zu verändern. Manchmal wollen die Menschen ihre Kinder aus religiösen Sharifi Mohammed, Einwohner von Marak in der Gründen oder weil diese davon Fieber Provinz Wardak Als die Mitarbeiter von Medair vor zwei bekommen könnten, noch nicht einmal Jahren zu Pferd nach Paspul ritten, impfen lassen“, sagte Seema, eine trafen sie sich mit dem verzweifelten Gouverneur. Er wollte Ärztin von Medair. „Wir müssen es ihnen erklären, und die das Dorf durch den Bau eines neuen Basars, etwas weiter Dinge ändern sich dann schrittweise.“ oben auf dem Hügel, wieder zu neuem Leben erwecken. Dort oben sei mehr Platz, und auch die benachbarten Gemeinden Unsere Mitarbeiter konnten sogar ermutigt feststellen, dass hätten besseren Zugang. Die Bewohner von Paspul standen sich das Verhalten auf diesem Gebiet schon ändert. „Es seinen Plänen allerdings skeptisch gegenüber. konnten also grosse Fortschritte gemacht werden, und die Lage verbessert sich zunehmend“, sagte Gabriele Fänder, Leiterin für technische Entwicklung von Medair. Dort, wo es früher den Verbesserung der medizinischen Versorgung in Frauen noch nicht einmal gestattet war, zum Arzt zu gehen, Badakhshan sind heute mehr als die Hälfte aller Patienten weiblich.“ Im traditionsbewussten Afghanistan ist Widerstand gegen Veränderungen häufig, insbesondere in der Provinz Badakhshan. Im Jahr 2002 wurde dort die bisher höchste Abgeschiedene Gemeinden erreichen Müttersterblichkeitsrate verzeichnet. Ausserdem gab es fast Im Winter ereignete sich in einem abgeschiedenen Dorf eine gar keine medizinische Versorgung. Tragödie: Eine Reihe von Lawinen kostete 14 Einwohner das Leben, und 65 Menschen wurden verletzt. Trotz des Seither hat Medair für die wichtige medizinische Versorgung schrecklichen Wetters machten sich unsere medizinischen in der Provinz gesorgt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Mitarbeiter sofort auf den zwölfstündigen Fussmarsch bis der Aufklärung der Menschen über Gesundheit und Hygiene zum Dorf, um den Verwundeten zu helfen. Wir schickten 32

MEDAIR Jahresbericht 2007


noch einen Notfalltransport per Hubschrauber nach, der Nahrungsmittel, Medikamente und Decken lieferte.

Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

101.000

In diesem Jahr dehnten wir unsere Einsätze aus und schlossen auch das zentrale Hochland in unser Gebiet mit ein. Es ist eine weitere isolierte Region mit unzureichendem Zugang zu medizinischer Versorgung oder zu sauberem Wasser. Jahre der Dürre und mangelnde Entwicklung waren für einen der schlimmsten Nahrungsmittelengpässe des Landes verantwortlich. Obwohl die Strassen sehr steil und das Erreichen der Gemeinden höchst gefährlich war, schafften wir es, mit einer gelungenen Nahrungsmittellieferung zu reagieren, um die Bedürftigsten dabei zu unterstützen, durch den Winter zu kommen. Wir arbeiteten ausserdem daran, das Bewusstsein im Bezug auf Hygiene zu verstärken und den Zugang zu sauberem Wasser zu verbessern. Es wurden Brunnen gegraben und Wasserstellen gesichert, um das Risiko der Übertragung von Krankheiten durch unsauberes Wasser zu verringern.

Mitarbeiter von Medair

8 international rekrutierte Mitarbeiter 127 national rekrutierte Mitarbeiter

Medizinische Versorgung - Soforthilfe • 1 Einsatz wegen Lawinen – medizinische Versorgung der Verwundeten; Verteilen von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Decken • 280 bedürftige Haushalte (2.000 Personen) erhielten Nahrungsmittelrationen für den Winter Wiederaufbau • 8 Kliniken zur medizinischen Grundversorgung (Basic Health Clinics (BHC)) unterstützt, 4 den einheimischen Partnern übergeben • 93 Stützpunkte mit medizinischem Personal in den Gemeinden unterstützt, 34 den einheimischen Partnern übergeben • 90.600 Personen nutzten medizinische Einrichtungen • 44.632 Impfungen bei 9.000 Kindern und Schwangeren vorgenommen • 62 Freiwillige zum Thema Ernährung, Stillen und Hygiene ausgebildet • 1 untergeordnetes Gesundheitszentrum errichtet • 1 BHC in Paspul gebaut

In der Zwischenzeit ereignete sich auch in diesem Jahr eine grosse Veränderung in Paspul, die der Gouverneur mit Freude annahm. Alle männlichen Mitglieder der Gemeinde Paspul hatten sich versammelt, um eine neue Klinik einzuweihen, die wir auf der Kuppe des Hügels direkt neben dem neugeplanten Basar errichtet hatten. Plötzlich hatte auch die begeisterte Gemeinde kein Problem mehr mit der Errichtung eines Basars auf dem Hügel. „Wir sind sehr glücklich über diese neue Klinik. Den Patienten wird es hier viel besser gehen“, sagte der Einwohner Gul Feroz. „Durch die Klinik wird sich das Dorf weiterentwickeln können, da mehr Menschen kommen und vielleicht im neuen Basar einkaufen werden. Das ist unsere Hoffung!“

• 1 Notdienst für Geburtshilfe eingerichtet Wasser & Sanitäranlagen - Wiederaufbau • 1.178 Haushalte (9.000 Personen) mit Entnahmestellen für sauberes Wasser versorgt • 30 Brunnen fertiggestellt, 35 Quellen gesichert • 235 Latrinen in Gemeinden gebaut, 130 Bäder fertiggestellt • 12.251 Teilnehmer an Aufklärungsveranstaltungen zum Thema Hygiene

Fotos, links: Hygieneunterricht in Afghanistan rechts: Mitarbeiter von Medair bringen Medikamente per Pferd zur

Klinik in Paspul

Für weitere Informationen über Afghanistan und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/afghanistan 33


UZB.

TURKM.

TAD. CHINA

Islâmâbâd AFGHANISTAN

IRAN

KASCH

MIR

Râwalpindi

Pakistan

u

s

Ind

INDIEN

Hyderâbâd Karâchi

0 100 200 km 0

100

200 mi

Pakistan • Starkes Erdbeben im Oktober 2005: 73.000 Tote 128.000 Verletzte 3 Millionen Menschen ohne Obdach • Bergige und verarmte Gebiete erlitten den grössten Schaden • Im abgelegenen Bezirk Poonch waren über 80 Prozent der Bevölkerung betroffen • Hunderte staatliche Schulen wurden beschädigt oder zerstört

Wiederaufbau der Ruinen In einem kurzen Augenblick machte das Erdbeben viele pakistanische Frauen zu Witwen, die dann der harten Realität ins Auge sehen mussten, was es bedeutet, Geld verdienen zu müssen, um zu überleben und für ihre Familien sorgen zu können. Safia Jabeen war an diesem schrecklichen Oktobertag im Jahr 2005 gerade erst 21 Jahre alt. Durch das Erdbeben hat sie ihren Mann verloren und ihr Haus ist zerstört worden, was ihr Leben für immer veränderte. Die junge Frau und ihr kleines Kind wurden in Trauer zurückgelassen und mussten ohne Obdach und Unterstützung überleben. Im abgeschiedenen und bergigen Bezirk Poonch, wo Safia lebte, leitete unser Medair-Team nur wenige Tage nach dem Erdbeben Soforthilfemassnahmen ein. Wir verteilten tausende von Zelten und wiesen provisorische Unterkünfte zu, um die Bedürftigsten vor den Witterungseinflüssen des Winters zu schützen. „Ich hatte kein Zuhause mehr, aber Medair gab mir eine Unterkunft, was sehr hilfreich war“, sagte Safia. „Darin lebte ich in Frieden. Ich verbrachte den ganzen Winter darin.“

Lebensgrundlagen aufbauen Das Nähprojekt in Kathiara war nur ein Teil eines grösser geplanten Einsatzes von Medair, um Lebensgrundlagen für die Menschen aufzubauen, die vom Erdbeben betroffen gewesen waren. In den vergangenen Jahren haben wir den Familien Wasserbüffel gegeben und Saatgut an sie verteilt. Im Jahr 2007 entschieden wir uns jedoch, dass unsere Anstrengungen vor allem Frauen zugute kommen sollten, die sich selbst oder ihre Familien nicht versorgen konnten. In enger Zusammenarbeit mit der örtlichen NGO NRSP (National Rural Support Programme/Nationales Hilfsprogramm für die ländlichen Gebiete) eröffnete Medair Nähzentren an 12 verschiedenen Standorten in Poonch. Im Laufe des Jahres nahmen fast 320 Schüler an dem Programm teil und lernten dabei nicht nur, wie sie Kleidung für sich und ihre Familien schneidern konnten, sondern bekamen auch wertvolles Wissen mit auf den Weg, das beim Geldverdienen nützlich ist.

Trotzdem benötigte Safia am dringendsten eine Möglichkeit, ihr eigenes Geld zu verdienen. „Wir wissen die Anstrengungen von Leider gab es nur sehr wenige Das Nähzentrum eröffnete auch Medair in diesem unzugänglichen Chancen für ungelernte der 20 Jahre alten Zohra Sharif Arbeiterinnen wie sie. Eines neue Möglichkeiten und bot ihr Gelände und unter diesen schwierigen Tages im Jahr 2007 erfuhr eine neue Lebensperspektive. Wetterbedingungen sehr zu schätzen. sie von der Eröffnung eines (Es) war ein grosser Beitrag, der half, neuen Nähzentrums im oberen „Durch das Zentrum lernte und unseren nachfolgenden Generationen Kathiara. Dort sah sie überrascht, glaube ich, dass ich selbst etwas eine bessere Zukunft zu sichern.“ dass Medair die Frauen mit schaffen und meine Familie mit Raja Tariq Mehmood, Programmverantwortlicher, Nähwerkzeugen ausstattete einem Einkommen unterstützen Wiederaufbautrupp des Bezirks Poonch und sie im Nähen ausbildete, kann“, sagte Zohra. „Ich bin für damit sie ihren eigenen die Unterstützung des Zentrums Lebensunterhalt verdienen sehr dankbar.“ konnten. „Nähmaschinen, Stühle, Kleidung und alle anderen Materialien wurden von Medair kostenfrei zur Verfügung Ein ehrgeiziges Wiederaufbauprojekt für Schulen gestellt!“, sagte Safia. „Ich musste keine Gebühren Eine andere grosse Errungenschaft im Jahr 2007 war der bezahlen. Ich lernte Nähen, Schneidern und Sticken und Bau von 11 erdbebensicheren Grund- und Mittelschulen in kann jetzt Schneiderarbeiten durchführen.“ abgelegenen Gebieten. 34

MEDAIR Jahresbericht 2007


Dieses Projekt war eine grosse Herausforderung für uns, weil logistische Probleme entstanden, dieses gewaltige ingenieurtechnische Projekt in diesem bergigen Gebiet durchzuführen. Das Wetter stand auch nicht auf unserer Seite. Es tobten die schwersten Monsune seit 15 Jahren und verursachten Erdrutsche und blockierten Strassen, wodurch der Zugang zu den Baustellen unmöglich gemacht wurde. Die bereits ausgehobenen Baugruben wurden wieder zugeschwemmt. Trotz der Verzögerungen konnte die letzte der Schulen im Oktober fertiggestellt werden, was mit einer grossen Eröffnungszeremonie gefeiert wurde. „Das war eine sehr spannende Zeit für die Schüler, das Lehrpersonal und die gesamte Gemeinde“, sagte Hylton Cannon, der nationale Verantwortliche von Medair für Pakistan. „Eine grosse Schar von Menschen war anwesend und verteilte Blumengirlanden, sogar an die Männer. Es zeigte sich grosse Freude auf ihren Gesichtern. Auf einmal schien sich der Kampf, den wir geführt hatten, um bis hierher zu kommen, gelohnt zu haben.“

stabilisiert. Die Menschen haben eine Unterkunft und die Regierung arbeitet allmählich etwas schneller langfristige Entwicklungspläne aus, deren Umsetzung viele Jahre dauern wird. Unser Auftrag ist erfüllt.“ Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Bedürftigen 2007

4.004

Mitarbeiter von Medair

5 international rekrutierte Mitarbeiter 17 national rekrutierte Mitarbeiter

Wasser & Sanitäranlagen - Wiederaufbau • 11 Schulen mit einer geschützten Wasserzufuhr versorgt • 2.682 Kilometer langes Rohrleitungssystem gebaut, Betontanks errichtet und Quellen geschützt • 50 Toiletten und Einrichtungen zum Händewaschen für die 11 Schulen gebaut Unterkunft & Infrastruktur - Wiederaufbau • 11 erdbebensichere Schulen gebaut und mit Tischen, Stühlen und Bänken ausgestattet • 45 Klassenräume und 22 Büroräume in den Schulen errichtet • 1.230 Schüler und 35 Lehrer in die Schulen aufgenommen

Medair verlässt Pakistan Ende Oktober war das Medair-Programm in Pakistan abgeschlossen. Wir haben all unsere Ziele mit Erfolg erreicht und unsere Versorgungsempfänger und die Behörden waren mit der Qualität unserer Arbeit sehr zufrieden. “Wir verlassen fast genau zwei Jahre nach dem Erdbeben das Land und haben in kurzer Zeit eine Menge erreicht“, verkündete Mark Screeton, Desk Officer von Medair für Pakistan. „Der Zustand der Bevölkerung hat sich

• 12 Nähzentren eingerichtet • 318 Frauen im Nähen ausgebildet und betriebswirtschaftlich ausgebildet • 21 Frauen zu Lehrerinnen des Nähzentrums ausgebildet • 120 Nähmaschinen, 60 Stickmaschinen und andere Möbel geliefert • 2.400 (ca.) Familienmitglieder durch die Schüler und Lehrer des Nähprojekts unterstützt Foto : Nähen als neue Einkommensquelle für Familien in Pakistan

Für weitere Informationen über Pakistan und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/pakistan 35


In diesem Jahr waren über 1.000 Mitarbeiter von Medair in einigen der bedürftigsten Länder der Welt tätig Hier werden einige von ihnen vorgestellt: reist. Aber das hat auch seinen Reiz, denn sie arbeitet an den meisten neuen Programmen mit, lernt viele Kulturen kennen und trifft ständig neue Leute.

Heather Amstutz Verantwortliche für Soforthilfe

Heather kann es nur empfehlen, bei Medair zu arbeiten, selbst wenn es nur für ein Jahr ist. Sie sagt, dass die Erfahrung sie für immer verändert hat. „Ich glaube nicht daran, dass man es schafft, sich nicht zu verändern, wenn man unter Menschen ist, die grosses Leid ertragen müssen“, sagte sie. „Man entwickelt eine sehr viel ausgewogenere Sicht auf das Leben.“

Heather hat einen der faszinierendsten und schwierigsten Jobs bei Medair. Als Verantwortliche für Soforthilfe ist sie eine der ersten in einem Land, um auf eine grössere Krise oder Katastrophe zu reagieren. Die amerikanische Staatsbürgerin führt jetzt das Leben eines Nomaden. Während ihrer sechs Jahre bei Medair hat sie in acht verschiedenen Ländern gearbeitet. Bevor sie zu Medair stiess, arbeitete Heather mehr als 10 Jahre als Ingenieurin. Im Jahr 2001 änderte sie ihr Leben dann völlig und begann als Logistikerin für Medair in Angola zu arbeiten. Sie hatte sich für Medair entschieden, da diese Organisation nach den Werten des christlichen Glaubens arbeitet, keine Bürokratie hat und ihren Arbeitsschwerpunkt auf Problemgebiete legt. Ihre vorangegangene Berufserfahrung bildete eine gute Basis für diesen neuen Arbeitsbereich. Sie konnte in abgelegenen und körperlich anspruchsvollen Gebieten arbeiten, genauso aber auch in kulturübergreifenden Umgebungen, und sie hatte Vertrauen, Ausdauer und Initiative entwickelt, um Dinge schnell in die Tat umsetzen zu können. „An dieser Arbeit gefällt mir wirklich sehr, Lösungen für Probleme an einem unbekannten Ort zu finden und die richtige Unterstützung zur richtigen Zeit den richtigen Menschen geben zu können“, sagte Heather. „Ich bin immer wieder über den Einfallsreichtum unserer Mitarbeiter und der Einheimischen erstaunt, wenn sie innovative Lösungen für die Probleme aus dem Ärmel schütteln.“ Es fällt ihr schwer, ihre Teams und Gemeinden zurückzulassen, wenn sie an einen neuen Einsatzort 36

MEDAIR Jahresbericht 2007

Angelina Chuol Ruot, Köchin und Leiterin einer Wäscherei SÜDSUDAN

Angelina ist eine ausgezeichnete Köchin und Leiterin einer Wäscherei: So ist es auch nicht verwunderlich, dass ihre Dienste in Malakal sehr gefragt sind. Im vergangenen Jahr erhielt sie Angebote von ihrem ehemaligen Arbeitgeber und auch von der UNO, sie solle doch von Medair weggehen und für sie für das doppelte Gehalt arbeiten. Angelina entschied sich aber, auf diese Chance, mehr Geld zu verdienen, verzichten und weiterhin für Medair zu arbeiten. „Ich würde gerne bei euch bleiben“, sagte sie, „da ihr mich jeden Morgen mit einem Handschlag und einem Salaam begrüsst. Ihr versucht die Sprache zu lernen, die ich spreche, und ich hörte, wie ihr für mich bei den Andachten gebetet habt, also weiss ich, dass Gott mich mit euch segnet. Ich bin kein Helfer, der kaum Beachtung findet, sondern ich fühle mich als Teil von Medair.“


Hinter den Kulissen

Dominique Rousseau Landesverantwortlicher D.R. KONGO Der gebürtige Franzose Dominique arbeitete 15 Jahre in der Privatwirtschaft, meistens als IT-Manager, bis er den Drang verspürte, etwas mit grösserer persönlicher Bedeutung zu tun. Er stiess 2005 zu Medair und liess sich für ein Jahr von seiner Arbeit freistellen. Er wurde Logistikmanager in Uganda. Medair war beeindruckt von seinem professionellen Managementwissen, und nachdem sein einjähriger Vertrag ausgelaufen war, bot ihm die Organisation eine Stelle als Landesverantwortlicher der Demokratischen Republik Kongo an. Dominiques vorherige Managementerfahrungen dienten ihm als wichtige Vorbereitung auf seine Rolle, jedoch musste er sich sowohl an die Lebensvielfalt als auch an die Leitung eines multinationalen Teams gewöhnen. Ferner musste er sich an die humanitären Grundsätze im Vergleich zu wirtschaftlichen Geboten anpassen. Dominique sagt, dass er es sehr schätzt, dass die Menschen bei Medair zusammenarbeiten, um ihre Probleme zu lösen. „Wir alle vertreten gemeinsame Werte, und ich kann diese auch mit meinen eigenen Werten vereinbaren.“ Er ist gern in Afrika und verbringt am liebsten Zeit mit afrikanischen Menschen in ihrer eigenen Kultur und ihrem eigenen Land:

Gabriele Fänder, Leiterin Technische Entwicklung AFGHANISTAN Sie war ursprünglich Krankenschwester in Falkenau, Deutschland. Gabriele nutzt jetzt ihr Wissen und ihre Ausbildung, um einigen der Bedürftigsten auf der Welt zu helfen. Sie begann 2004, in Afghanistan zu arbeiten, und ihre Anwesenheit hat in der Gemeinde einen dauerhaften Eindruck hinterlassen. In Afghanistan ist es für Frauen sehr ungewöhnlich, im Land umherzureisen und mit Behörden, Dorfältesten und Ärzten zu verhandeln. Als Gabriele zum ersten Mal ins Dorf kam, schauten sie einige der Älteren während der Treffen überhaupt nicht an. Einmal verliess ein Mullah unverzüglich den Raum, als er sah, dass eine Frau am Treffen teilnahm. Trotz dieser Herausforderungen ist Gabriele an dieser Aufgabe mit grossem Erfolg gewachsen. Besonders geholfen hat ihr unter anderem das Erlernen der Sprache der Einheimischen, was viele der Einwohner als sehr beeindruckend empfanden. „Männer grüssen mich jetzt, wenn ich zu Fuss oder zu Pferd in der Gegend unterwegs bin“, sagte sie. „In den Dörfern kennen die Menschen meinen Namen. Die Dorfältesten grüssen mich freundlich, und oft machen wir zusammen sogar Spässe.“

„Wir können von der afrikanischen Lebensart viel lernen. Man hat eine ganz andere Einstellung zum Leben, wenn die Lebenserwartung bei nur 47 Jahren liegt. Afrikanische Menschen sind viel weniger materialistisch eingestellt als wir. Im Westen haben wir eine falsche Einstellung zum Thema Sicherheit. Die Menschen in Afrika vertrauen Gott. Sie geniessen jeden Tag und danken Gott, sogar für die kleinen Dinge.“ 37


Hinter den Kulissen

Anne Reitsema Projektkoordinatorin WEST-DARFUR SUDAN (NORDSTAATEN)

Anne wurde in die humanitäre Hilfe hineingeboren, denn sie ist die Tochter eines niederländischen Missionarehepaares in einem Krisengebiet Südafrikas. Sie sagt, dass sie mit dem „Zählen der Gewehrschüsse in der Nacht aufwuchs, und hörte, wie Bomben Häuser zerstörten. Das prägte meine Kindheit.“ Anne studierte, um Sozialarbeiterin und Beraterin zu werden, und passte wie selbstverständlich zu Medair. Anne arbeitete zuerst in Simbabwe. Ihre anfänglichen Ziele waren, mit Kindern zusammenzuarbeiten oder eine beratende Tätigkeit durchzuführen. Stattdessen war sie jedoch verantwortlich für ein Programm zur Schulspeisung und wartete 20 Motorräder und 6 Geländefahrzeuge. Obwohl sie keine Mechanikerin war, empfand sie die Erfahrung als positiv und lernte sehr viel dabei. „Im Grunde genommen ging es um Mitarbeitermanagement“, sagte Anne, „und ich lernte eine ganz neue technische Seite der humanitären Hilfe am Praxisbeispiel kennen.“ Als nächstes unterstützte Anne Heimkehrer dabei, sich in Angola wieder anzusiedeln. Dabei hatte sie mit verschiedenen Menschen zu tun: Aus Sambia kamen einige zu Fuss durch Minenfelder, andere wurden von der UNO zurückgeflogen. Manche von ihnen waren seit 40 Jahren nicht mehr zu Hause gewesen. Ihr nächster Einsatz brachte sie nach Uganda, wo sie als stellvertretende Landesverantwortliche arbeitete und psychosoziale Programme sowie Programme für Wasser- und Sanitäranlagen überwachte.

Klaas van Mill Landesverantwortlicher SÜDSUDAN

Nach 20-jähriger leitender Tätigkeit in der Privatwirtschaft bei Gillette fühlte der Niederländer Klaas, dass er sein Leben ändern musste. Er wollte in der Welt eine Veränderung bewirken, die das Leben der Menschen berührt. Zuerst konnte er sich allerdings nicht vorstellen, wie er mit seinen Fähigkeiten in den humanitären Bereich passen könnte. Ein glückliches Treffen mit der ehemaligen Einsatzleiterin von Medair überzeugte ihn jedoch davon. „Sie sagte, dass Medair erfahrene Manager fast dringender als alles andere brauche.“ Klaas bekam bei Medair eine gehobene Position als stellvertretender Landesverantwortlicher für den Südsudan. Ihm wurde alle Verantwortung, die mit dieser Arbeit verbunden war, übertragen: Schreiben von Berichten und Management von Logistik und Finanzen. Ausserdem unterstanden ihm zahlreiche Mitarbeiter, von denen viele schon länger bei der Organisation waren als er. In den ersten Monaten durchlief er eine sehr intensive Lernphase. Er lernte die humanitären Zusammenhänge kennen und war erfreut zu sehen, dass seine Managementerfahrung aus der Privatwirtschaft übertragbar war. Bald verlangte er nach mehr Arbeit und Verantwortung, woraufhin Medair auf seine Initiative reagierte und ihm den Bereich Geldbeschaffung und Sicherheitsmanagement übertrug. Ausserdem sollte er neue Manager auf diesem Gebiet ausbilden.

Anne hat jetzt die Aufgabe einer Projektkoordinatorin in West-Darfur im Sudan übernommen. Obwohl sie immer noch etwas Zeit mit den Betroffenen verbringen kann, organisiert sie doch meistens verschiedene Programmpunkte und leitet das grosse West-Darfur-Team.

Klaas glaubt an eine Form von Management, die auf Coaching setzt. „Sie übernehmen nicht einfach eine solche Rolle und sagen zu den Leuten, ‘So werden wir das eben machen!’ Nein, Sie müssen sagen: Hey, da stehen wir jetzt und werden zusammen mit einem Team die Veränderungen in ihrem Zusammenhang bewerten und auf die Stärken und Schwächen schauen. Danach kann die Ausrichtung des Progamms gemeinsam festgelegt werden. Es soll nicht ein hierarchischer Prozess nach dem Top-down-Prinzip werden, sondern ein gemeinsames Unterfangen.“

„Ich mag Medair. Ich habe dem Team, mit dem ich zusammenarbeitete, immer gesagt, dass ‘wir Medair sind’“, sagte Anne. „Wenn uns etwas nicht gefällt, dann können wir darüber reden und es verändern. Ihr könnt sogar mit dem CEO sprechen, wenn ihr wollt. Wir sind klein genug dafür. Wir kennen unsere Werte ganz genau.“

Der mittlerweile als Landesverantwortliche tätige Klaas hat herausgefunden, dass beim Arbeiten in Afrika andauernd Herausforderungen anzutreffen sind, dass aber die Arbeit reich belohnt wird. “Persönlich lerne ich daraus. Und wenn man jeden Tag seine Arbeit mit Leidenschaft erledigt, lernt man dabei auch die spirituelle Seite kennen.“

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MEDAIR Jahresbericht 2007


Der Wert der Menschen Der freiberufliche Fotograf Layton Thompson macht eindrucksvolle Bilder von Krisensituationen überall auf der Welt. Nachdem er das Medair-Programm in Uganda besucht hatte, berichtete er über seine Erfahrungen. Ich habe noch nie eine so herzliche Begrüssung wie zwischen den Mitarbeitern von Medair im nördlichen Uganda erlebt. Es ist einzigartig. Ich habe es zum ersten Mal in Abim festgestellt, als einige der Teammitglieder zum Basiscamp zurückkehrten. Da gab es Freude, Gelächter, Aufregung, Umarmungen – es war alles sehr lebhaft. Nach einer Woche kehrten dann Teams aus verschiedenen Camps zur Station Patongo zurück, und die Begrüssungen unter den Mitarbeitern von Medair, sowohl den einheimischen als auch den internationalen, waren überwältigend. Diese Atmosphäre spiegelt sehr gut wider, was den Mitarbeitern von Medair in Uganda wichtig ist: der Wert der Menschen. Ich war von dem Engagement, mit dem die Mitarbeiter von Medair ihre Arbeit leisten, sehr beeindruckt. Keine andere NGO bleibt in den Camps, nur die Teams von Medair sind von Montag bis Freitag zugegen. Weil das Team vor Ort arbeitet und lebt, ist es jederzeit verfügbar, wenn die Menschen dringend Hilfe benötigen.

wurde sie von den Medair-Mitarbeitern unter dem Licht ihrer Kopfleuchten (denn es gab keinen Strom) untersucht. Das kleine Mädchen hatte Malaria. Am zweiten Abend kam ein Vater zu uns, der seine vier Jahre alte Tochter auf dem Arm hatte, die ohne Unterbrechung zitterte. Auch sie hatte Malaria. Nach einer Spritze sah sie bald viel besser aus. Diese Erfahrung liess in mir die Frage hochkommen: Welche Alternative hätten diese Menschen, wenn Medair nicht in diesen Camps bliebe? Fotos, oben: Layton Thompson fängt ein freudiges Wiedersehen von Medair-

Mitarbeitern ein

unten: Layton Thompson portraitiert Hilfsempfänger in Uganda

An zwei Abenden klopfte es an der Tür, als wir uns gerade zum Schlafen hinlegten. In der ersten Nacht wurde ein junges Mädchen zu uns gebracht, das über starke Magenkrämpfe klagte. Nachdem sie sich auf den Boden gelegt hatte, 39


Nachhaltige Veränderungen In diesem Jahr reiste der Hauptsponsor von Medair, die Glückskette Schweiz, mit in den Iran, um die Wirkung unserer Arbeit drei Jahre nach dem Erdbeben von Bam zu beurteilen. Als sich das Erdbeben 2003 ereignete, führte Medair ein umfangreiches Programm zur Soforthilfe und zum Wiederaufbau im Iran durch. Eines der grössten Projekte war der Bau von 516 Häusern. Die Schweizer Glückskette finanzierte die Fertigstellung von 373 Häusern zum Teil mit. Mehr als ein Jahr nach Abschluss des Programms wollte die Glückskette selbst bewerten, ob unsere Arbeit die Erwartungen erfüllt hatte und wie sie der Gemeinde zugute gekommen war. Hylton Cannon, ehemaliger Landesverantwortlicher von Medair im Iran, wurde gebeten, den Bewertungsanalysten Grégoire Labhardt bei seiner Arbeit auf der Rückreise nach Bam zu begleiten. „Eines unserer Hauptanliegen beim Bau der Häuser war die Beachtung von Spezifikationen über die Erdbebensicherheit“, sagte Hylton, „Wir konnten jedoch unmöglich voraussagen, ob diese einem Erdbeben tatsächlich standhalten würden.“ Anfang 2007 wurden die Medair-Häuser einer schweren Prüfung unterzogen, als ein Erdbeben mit einer Stärke von 5,3 auf der Richterskala Bam erschütterte. „Man kann sich ja vorstellen, dass ich keine Ahnung hatte, was wir bei unserem Besuch vorfinden würden“, sagte Hylton. „Wir waren höchst erstaunt. Wir wurden an allen Projektstätten, die wir besuchten, von sehr glücklichen Menschen empfangen, und tatsächlich waren die Häuser vom Erdbeben völlig unbeschädigt geblieben.“ Grégoire Labhardt war auch sehr begeistert und meinte, dass er „über die Ergebnisse sehr erfreut sei“. In seiner Bewertung berichtete er, dass die Qualität der Bauarbeiten von Medair gut sei. Des Weiteren formulierte er, dass Medair gute Beziehungen zu den Betroffenen aufgebaut habe und dass der Einsatz der Medair-Mitarbeiter sehr hoch sei und „einen der Hauptfaktoren für den Erfolg des Projektes darstellt“. Ausserdem stellte Labhardt fest, dass die betroffenen Menschen ein starkes Gefühl von Eigenbesitz bezüglich ihrer Häuser aufgebaut hatten. Einige führen zusätzliche Arbeiten an den Häusern durch und kümmern sich im Allgemeinen sehr gut um diese. Alle Betroffenen bedankten sich für die Unterstützung, die sie erhalten hatten. 40

MEDAIR Jahresbericht 2007

Eine dauerhafte Wirkung Eine dieser Betroffenen war Rababi Rangbar, eine Witwe, die ihre Familie durch Näharbeiten unterstützt hatte, bis das Erdbeben alles zerstörte, was sie besessen hatte – einschliesslich ihrer Nähmaschine. Im Jahr 2005 rief Medair ein Nähprogramm ins Leben und warb Rababi als Lehrerin an. Sie übernahm die Leitung dieses Projektes, als wir das Land verliessen. Als Hylton in diesem Jahr wieder dorthin fuhr, stellte er erfreut fest, dass das Nähprojekt unter Rababis Führung in vollem Gange war. Sie bildet ungefähr fünf Schüler pro Monat aus und hat einigen von ihnen sogar eine Anstellung angeboten. Sie war Medair sehr dankbar, dass sie durch die Organisation die Möglichkeit bekommen hatte, ihr Leben noch einmal neu beginnen zu können. Für Hylton war die Rückkehr zu dieser einst verwüsteten Projektstätte sehr aufschlussreich. Zu sehen, dass Betroffene Aufgaben übernommen hatten und die MedairProjekte weiterhin unabhängig fortführten, sprach nicht nur für die Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer Wiederaufbaumassnahmen, sondern auch für das Durchsetzungsvermögen des menschlichen Geistes. „Ich möchte Medair gern für die geleistete Arbeit danken“, sagte Grégoire Labhardt abschliessend. „Nach dem was ich gesehen habe, konnte ich feststellen, dass das von den Schweizern gespendete Geld wirksam eingesetzt wird. Es hat den Menschen von Bam in der Not geholfen und hat sie dabei unterstützt, sich vom Erdbeben zu erholen. Die Unterstützung von Medair erreichte ein hohes Mass der Zufriedenheit bei den Betroffenen.“ Fotos, links: Hylton Cannon spricht mit einem Aufragnehmer von Medair rechts: Medair-Haus in Bam


Unsere Partner 2007

Spenden von über USD 20.000 nach Spendenumfang geordnet

Partner der Vereinten Nationen

Institutionelle Partner

• Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen - UNDP

• Aligro (CH)

• Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen - UNICEF

• Tearfund (UK)

• Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen - WHO

• Schweizer Glückskette (CH)

• Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen - UNFPA

• Metterdaad (NL)

Regierungspartner • Abteilung für humanitäre Hilfe der Europäischen

Kommission - ECHO (über Medair UK) • Büro der US-amerikanischen Auslandsförderung in

Krisensituationen - OFDA (US) • Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit - DEZA (CH) • Abteilung für internationale Entwicklung - DFID (UK) • Amt für Zusammenarbeit der Europäischen Kommission - EuropeAid (über Medair UK) • Schwedische Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit - SIDA (SE) • Abteilung für internationale Entwicklung - DFID (UK, über Arcadis) • Aussenministerium - BuZa (NL) • Französische Botschaft - (MDG) • Wiederaufbauprogramm Nördliches Uganda - (EU-NUREP) • Bureau Central de Coordination - BCECO (Weltbank) (DRK)

• ZOA Flüchtlingshilfe (NL) • Stiftung Pierre Demaurex (CH) • Stiftung Agha Khan - AKHS (CH) • Zwischenkirchliche Organisation für die

Entwicklungskooperation (NL) • Tearfund (NZ) • Red een Kind (NL) • Dorcas Aid International (NL) • Woord en Daad (NL) • Tearfund (NL) • CARE International (US) • Cedar Fund (HK)

Wir danken auch all unseren privaten Spendern. Wir möchten uns bei all unseren Sponsoren für ihre grosszügige Unterstützung bedanken, ohne die wir unseren Auftrag nicht erfüllen könnten. Foto: Eine Frau an einem von Medair geschützten Brunnen in Afghanistan

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Zertifizierungen ISO 9001-2000 - Zertifikat Weltweit Medair ist weltweit nach der ISO 9001-2000 Qualitätsnorm zertifiziert. Diese bescheinigt, dass Hilfsgüter und Hilfeleistungen auf die Bedürfnisse der Notleidenden ausgerichtet wirksam eingesetzt werden.

EU-CORD Medair ist Mitglied der EU-CORD, eines Netzwerks von Organisationen für Notfallhilfe und Entwicklung der EU, das 1998 mit dem Ziel gegründet wurde, den Armen wirksamer zu helfen und die Lebensbedingungen der benachteiligten Menschen der Welt zu verbessern.

ZEWO Schweiz ZEWO-Zertifikat, nur für staatlich geprüfte Schweizer Organisationen zugänglich, bescheinigt die gezielte und wirksame Nutzung privater Spenden. Das ZEWO-Zertifikat bescheinigt die Integrität der Publikationen von Medair und insbesondere der Spendenaufrufe. ZEWO-Standards zeugen von bester Buchführung und betrieblicher Transparenz, was durch laufende unabhängige Überwachung bestätigt wird.

HAP-I Medair ist Mitglied von HAP International, deren Ziel es ist, die höchsten Prinzipien der Rechenschaftspflicht zu beachten und zu fördern. Dies erfolgt durch Selbstregelung seitens der Mitglieder, die durch die gemeinsame Achtung vor den Rechten und der Würde der Empfänger verbunden sind.

RfB Niederlande Das RfB-Zertifikat gibt den Sponsoren einen hohen Grad an Sicherheit, dass die beim niederländischen MedairBüro eingegangenen Gelder für den Zweck verwendet werden, für den sie gespendet wurden.

Auszeichnungen Intelligent Giving, UK 2007 wurde Medair UK von dieser unabhängigen Organisation, die Wohltätigkeitsorganisationen nach Transparenz und Qualität der Berichterstattung bewertet, aufgrund ihrer qualitativ hochwertigen Berichterstattung zur Nummer 1 von 195 britischen Wohltätigkeitsorganisationen dieser Art gewählt.

Mitgliedschaften ASAH, Frankreich ASAH ist ein Verband glaubensbasierter Organisationen, die sich für internationale Solidarität engagieren und um Bereiche wie humanitäre Hilfe, internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, fairer Handel und Wiedereingliederung in die Gesellschaft kümmern. CONCORD Durch ihre Mitgliedschaft in EU-CORD ist Medair auch Mitglied von CONCORD, der European Confederation for Relief and Development. Coordination SUD, Frankreich Medair Frankreich ist Mitglied dieser Koordinationsstelle französischer NGOs, deren Ziel es ist, ihre Werte gegenüber privaten und öffentlichen Institutionen sowohl in Frankreich als auch im Ausland weiterzuvermitteln.

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MEDAIR Jahresbericht 2007

ImpACT Coalition, UK Medair UK ist Mitglied der ImpACT Coalition, die für ein besseres Verständnis für die Funktionsweise wohltätiger Organisationen und des Nutzens wirbt, der der Gesellschaft gebracht werden kann. People in Aid Medair ist Unterzeichner des „Code of Good Practice in the Management and Support of Aid Personnel“ von People in Aid. Dieser Kodex zeigt die steigende Fokussierung der Hilfsgruppen auf Themen wie Gesundheit und Sicherheit, Verschiedenartigkeit und Gleichstellung, ist für Organisationen wichtig, die im Entwicklungsoder Advocacy-Bereich sowie in der Nothilfe tätig sind. The Fundraising Standards Board, UK Das Fundraising Standards Board (FRSB) ist die Selbstregulierungsorganisation für Spendengelder im Vereinigten Königreich. Ihre Mitglieder arbeiten bei ihren Geldbeschaffungsmassnahmen nach höchstem Standard guter Praxis. VOICE Medair ist Mitglied von VOICE, einem europaweiten Netzwerk von NGOs, die im Bereich der humanitären Hilfe tätig sind, unter anderem Notfallhilfe, Wiederaufbau, Katastrophenvorbereitung und Konfliktprävention.

Prinzipien Internationales Rotes Kreuz Medair ist ein Unterzeichner des “Verhaltendskodex für die internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung sowie Nichtregierungsorganisationen in der Katastrophenhilfe“. Sphere Das Sphere-Projekt wurde 1997 von einer Gruppe humanitärer NGOs und der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ins Leben gerufen. Sphere veröffentlichte ein Handbuch mit einem breit abgestützten Prozess der Zusammenarbeit und einem Engagement für Qualität und Rechenschaftspflicht.


Impressum Chefredakteur: Randall Zindler Leitende Redakteure: Lynn Denton, Mark Wallace, Timothy Chapuis Texter: Mark Wallace Inhaltsberater: Mark Screeton Deutsches Übersetzungsbüro: KERN AG, Deutschland Deutsche Korrekturleser: Catja Bruckmann, Martina Fink, Markus Mettler Bildredakteure: Sandra Alefsen, Sarah Deriaz Mitwirkende: Medair-Mitarbeiter auf der ganzen Welt Grafikdesignkonzept: Barefoot Creative, Inc., Kanada Grafikdesign: Brain4You, Belgien Druck: Brain4You Fotoauswahl: Die Fotos wurden von Medair-Mitarbeitern gemacht mit Ausnahme von: Titelseite, Seiten 6, 9, 14, 15, 16, 32, 41, 43, Rückseite © Medair/Odile Meylan; Seiten 2, 7, 8, 18, 43 © Medair/Mélanie Frey; Seite 7 © Medair/Michel Bührer; Seite 37 © Vianney Prouvost; Seite 39 © Layton Thompson Wo als erforderlich erachtet wurden Namen von Personen und Orten in den Artikeln geändert, um die Identität von Hilfsempfängern und Mitarbeitern zu schützen. Die international rekrutierten Mitarbeiter werden nach der Anzahl Stellen gezählt. National rekrutiertes Personal wird nach der Anzahl Personen 2007 angegeben. © Medair, 2008 Die hierin enthaltenen Informationen dürfen nur mit der vorherigen schriftlichen Genehmigung von Medair vervielfältigt werden. Medair verlangt eine Kopie der fraglichen Veröffentlichung. Eine elektronische Version des Jahresberichts 2007 von Medair – Unsere Werte im Einsatz (in Englisch, Niederländisch, Französisch oder Deutsch erhältlich) kann unter www.medair.org heruntergeladen werden. Haftungsausschluss: Die Angaben in diesem Bericht in Form von Karten bedeuten nicht, dass Medair hierzu irgendeine Meinung zum rechtlichen Status eines Landes oder Territoriums, seiner Behörden oder Grenzen äussert. Detaillierte aktuelle Informationen zu den Landesprogrammen von Medair sowie der Jahresbericht 2007 mit konsolidierten Finanzdaten sind unter www.medair.org oder auf schriftliche Anfrage beim internationalen Hauptitz verfügbar. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte mithilfe der Kontaktinformationen auf der Rückseite dieses Berichts an Medair, oder besuchen Sie unseren Internetauftritt unter www.medair.org.

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Internationaler Hauptsitz Medair Chemin du Croset 9 CH-1024 Ecublens Schweiz Tel. +41 (0) 21 694 35 35 info@medair.org

Medair Frankreich 1 rue Bizet 26000 Valence Frankreich Tel. +33 (0) 475 59 88 28 france@medair.org

Medair Deutschland Köhlerstr. 3 82110 Germering Deutschland Tel. +49 (0) 89 82 00 09 73 deutschland@medair.org

Medair Niederlande Amsterdamseweg 16 3812 RS Amersfoort Niederlande Tel. +31 (0) 87 874 11 10 nederland@medair.org

Medair Schweiz Chemin du Croset 9 CH-1024 Ecublens Schweiz Tel. +41 (0) 21 695 35 00 schweiz@medair.org

Medair UK Unit 3, Taylors Yard 67 Alderbrook Road London, SW12 8AD Tel. +44 (0) 20 8772 0100 united.kingdom@medair.org

Medair US PO Box 4476 Wheaton, IL 60189 USA Zollfrei 1-866-599-1795 united.states@medair.org

Als Wohltätigkeitsverein in England & Wales unter der Nummer 1056731 registriert. Das Unternehmen ist in England & Wales unter der Nummer 3213889 gemeldet.

Fotos, Titelseite: Familie an einer Medair-Pumpe in Madagaskar Rückseite: Aushärten von Beton für handgegrabene Medair-Brunnen in Afghanistan

www.medair.org


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