Jahresbericht 2009
20 Jahre Medair
„Eine gute Tat vergisst man nie. In unserer Zande-Kultur heisst es, dass man einen Freund in schwierigen Zeiten daran erkennt, dass er zu Hilfe eilt. Und genau das sehen wir in der Arbeit von Medair.” Jean B. G. Dakatina, Vorsitzender der Binnenvertriebenen in Doruma, D.R. Kongo
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MEDAIR Jahresbericht 2009
Blutdruckmessung durch eine Medair-Krankenschwester bei einer Frau in einer Klinik der D.R. Kongo
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Inhaltsverzeichnis 4
Medair-Übersicht 2009
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Brief von Randall Zindler
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Rückblick auf die ersten 20 Jahre von Medair
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Kernkompetenz Soforthilfe
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Kernkompetenz Wiederaufbau
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Fachbereich Medizinische Versorgung
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Fachbereich Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene
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Fachbereich Unterkunft und Infrastruktur
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Landesprogramme
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Würde und Schönheit inmitten der Krise
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Landesprogramme
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Verantwortliches Handeln
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Langjähriges Engagement
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Besuch eines Medair-Partners
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Finanzierungspartner 2009
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Zertifizierungen und Mitgliedschaften
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Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
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Impressum
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AFGHANISTAN •
Sudan • (Nordstaaten)
• Somalia/Somaliland
Südsudan •
• UGANDA Indonesien •
Demokratische Republik Kongo
• Madagaskar
Medair-Übersicht 2009 •3 201 852 Hilfeempfänger •8 Landesprogramme •7 Einsatzländer • 1 internationaler Hauptsitz in der Schweiz, 69 Stellen • 5 Länderbüros in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, den USA und dem Vereinigten Königreich • 1 20 internationale Mitarbeiter in den Einsatzländern •4 5 kenianische Mitarbeiter • 1 065 nationale Mitarbeiter •2 9 Nationalitäten unter den Medair-Mitarbeitern
Länder
Krisen
Afghanistan
Konflikt Naturkatastrophen Andere Krisen
D.R. Kongo
Konflikt
Andere Krisen Indonesien
Naturkatastrophen
Madagaskar
Naturkatastrophen Andere Krisen
Somalia/ Somaliland
Konflikt Naturkatastrophen Andere Krisen
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Herausforderungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts (in Gebieten, in denen Medair aktiv ist) • Dürre • Überschwemmungen und Erdrutsche • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Wasserkrankheiten • Nahrungsmittelkrisen • Vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Zahlreiche Binnenvertriebene • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Tsunami • Erdbeben • Wirbelstürme • Überschwemmungen • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Nahrungsmittelkrisen • Unsicherheit • Vertreibungen • Dürre und Überschwemmungen • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Nahrungsmittelkrisen • Seuchen
MEDAIR Jahresbericht 2009
Länder
Krisen
Südsudan
Konflikt
Sudan (Nordstaaten)
Uganda
Herausforderungen
• Vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Zahlreiche Binnenvertriebene und Heimkehrer Naturkatastrophen • Überschwemmungen • Dürre Andere Krisen • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen Konflikt • Andauernder Konflikt • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Zahlreiche Binnenvertriebene Naturkatastrophen • Dürre Andere Krisen • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen Konflikt • Vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen • Wiederaufbau nach Beendigung des Konflikts • Binnenvertriebene Naturkatastrophen • Dürre Andere Krisen • Hohe allgemeine Verwundbarkeit der Bevölkerung • Seuchen • Nahrungsmittelkrisen
Brief von Randall Zindler Vor 20 Jahren machte sich ein kleines Team Freiwilliger aus Europa auf, um seine Vision einer raschen, mobilen Nothilfe in gefährdeten Ländern umzusetzen. Bei seinem ersten Einsatz im Konfliktland Uganda half das Team Binnenvertriebenen bei der Rückkehr in ihre Heimatdörfer. Von dort flog das neu gegründete „Medair“-Team in den vom Krieg zerrütteten Südsudan, wo es – sofern es nicht den Bomben ausweichen und zur eigenen Sicherheit abziehen musste – medizinische Nothilfe leistete und die Versorgung mit sicherem Trinkwasser und Lebensmitteln übernahm. Bald dehnte Medair die Aktivitäten auf drei weitere Länder aus: Irak, Liberia und Somalia. In den Anfangsjahren standen der Organisation nur sehr bescheidene finanzielle Mittel und nur wenige engagierte Freiwillige zur Verfügung, und dennoch konnte sie das Leben Tausender Menschen in Not retten. In den vergangenen 20 Jahren hat Medair erheblich an Erfahrung gewonnen und enorme Veränderungen erlebt. Wir haben uns zu einer Hilfsorganisation entwickelt, die sowohl kurzfristige Nothilfe als auch längerfristige Wiederaufbauhilfe leistet. Aus den anfangs fünf Freiwilligen sind mittlerweile 1300 bezahlte Mitarbeiter auf vier Kontinenten geworden. Wir waren bisher in 27 benachteiligten Ländern im Einsatz und wurden von zahlreichen Finanzierungspartnern grosszügig unterstützt. Unzählige Millionen Menschen konnten mit unserer Unterstützung gerettet und ihre Lebenssituation verbessert werden. Medair hat den Ruf einer äusserst professionellen und wahrhaft mitfühlenden Hilfsorganisation erworben. Wir sind bekannt dafür, dass uns kein Weg zu weit ist und wir in entlegene, schwer zugängliche Gebiete fahren, um jene Menschen zu erreichen, denen sonst niemand helfen würde. Und wir sind bekannt dafür, dass wir verantwortlich gegenüber den Hilfeempfängern handeln, ihre Bedürfnisse berücksichtigen und ihnen entsprechend ihren – nicht unseren – Bedürfnissen helfen. Unseren Wurzeln verbunden Auch wenn sich Medair im Laufe der Jahre stark verändert hat, sind der Charakter und die Qualität unserer Arbeit aus den Samenkörnern gewachsen, die wir vor langer Zeit säten. So half unsere noch junge Organisation 1993 in Armenien Tausenden Familien, die durch das Erdbeben von 1988 obdachlos geworden waren. Sie lebten in Schiffscontainern und hatten kaum Nahrung. Dennoch erhielten sie so gut wie keine Hilfe von der restlichen Welt. Medair führte eine detaillierte Erhebung aller Familien in der Schiffscontainersiedlung von Gumry durch. So etwas hatte es in den fünf Jahren seit dem Erdbeben nicht gegeben: Das Medair-Team ging von Container zu
Container, hörte sich die individuellen Bedürfnisse der Familien an und dokumentierte die Lebensbedingungen der 16 620 Familien. Auf dieser Grundlage koordinierte Medair die Nahrungsmittelsoforthilfe und verbesserte die sanitären Verhältnisse. Darüber hinaus gab Medair alle Informationen aus der Bevölkerungsbefragung an andere NGOs und die Lokalbehörden weiter. Nachdem die internationalen Hilfsorganisationen sich der Situation deutlicher bewusst wurden, bekamen die Familien in Gumry bald die so dringend benötigte Aufmerksamkeit und Hilfe. 20 Jahre Medair Als Medair-Geschäftsführer erfüllen mich die bemerkenswerten Leistungen von Medair in den letzten 20 Jahren mit Demut. In diesem besonderen Jahresbericht „20 Jahre Medair“ sind viele weitere Beispiele zu finden, wie Medair den Schwächsten der Schwachen in den vergangenen Jahren geholfen hat, und einige Gedanken unserer dienstältesten Mitarbeiter. Doch vor allem berichten wir über unsere lebensrettenden Hilfsmassnahmen 2009. Auf den nachfolgenden Seiten erfahren Sie etwas über die zweijährige Suad aus Somaliland und die erfolgreiche Behandlung ihrer schweren Unterernährung. Ausserdem berichten wir über ein innovatives Projekt zum Bau unterirdischer Dämme im Dürreland Uganda, was dort ein absolutes Novum ist. Aus dem entlegenen Afghanistan erfahren Sie etwas über ein kommunales Strassenbauprojekt und die neuen Chancen, die sich damit für eine ganze Region eröffnen. Diese Berichte werden Ihnen zeigen, wie Medair fest verwurzelt zu einer blühenden Organisation voller Weitblick, Kompetenz und Integrität geworden ist. Wenn wir den Blick auf die nächsten 20 Jahre richten, sind wir uns bewusst, dass uns eine Zukunft voller Herausforderungen in einer sich weiter verändernden Welt bevorsteht. Medair sieht dieser Zukunft im Vertrauen auf unsere solide und tragfähige Basis und eine 20-jährige reiche Erfahrung im Dienste der Bedürftigsten dieser Welt entgegen.
Randall Zindler, Geschäftsführer
Randall Zindler bei der Fotoausstellung zum 20-jährigen Jubiläum von Medair
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Medair: 1989 - 2009
Rückblick auf die ersten 20 Jahre von Medair Es begann damit, dass im Dezember 1988 ein kleines Team engagierter Freiwilliger Nothilfe für Heimkehrer aus Flüchtlingslagern im ugandischen Soroti leistete. Das Team war mit der Unterstützung von drei Partnerorganisationen gebildet worden, die am Aufbau einer Hilfsorganisation für schnelle Nothilfeeinsätze interessiert waren: Médicaments pour l’Afrique, Mission Aviation Fellowship und Jugend mit einer Mission. 1989 gründete diese engagierte Gruppe Freiwilliger in der Schweiz offiziell die Hilfsorganisation Medair.
„Ich hatte das Privileg, mit vielen freiwilligen MedairHelfern zusammenarbeiten zu dürfen. Wir haben gemeinsam Sümpfe durchquert und sind 14 Stunden am Tag gelaufen, um Dörfer zu erreichen, von denen niemand überhaupt wusste. Wir haben nächtelang gearbeitet, um Kriegsopfer zu retten oder Frauen bei einer komplizierten Geburt beizustehen.
20 Jahre später beschäftigt Medair 1300 Mitarbeiter auf vier Kontinenten und unterstützt jährlich Millionen Menschen durch Soforthilfe- und Wiederaufbaumassnahmen.
Wir haben gelacht, bis uns alles weh tat, und wir haben geweint, bis ein neuer Tag anbrach. Wir haben Könige und Stammesführer getroffen und uns für die Menschen eingesetzt, denen wir helfen wollten. Und bei all dem haben wir das Leben Hunderter Menschen verändert und diese Menschen haben unser Leben verändert.
Foto: I n den Anfängen von Medair waren die Mitarbeiter unbezahlte
Wenn das nicht das Leben in seiner ganzen Fülle ist!”
Freiwillige, die ihren Unterhalt selbst finanzierten. Heute arbeiten bezahlte Fachkräfte mit oft langjähriger Erfahrung in der humanitären Arbeit für Medair.
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MEDAIR Jahresbericht 2009
Sheryl Haw, Medair-Mitarbeiterin von 1991 bis 2004
Länder
Krisen
Von Medair durchgeführte Massnahmen
Afghanistan
Konflikte, Naturkatastrophen, Nahrungsmittelkrisen
Medizinische Versorgung, WASH, Infrastruktur
Albanien
Flüchtlinge aus Konfliktgebieten
Betrieb von Flüchtlingslagern, Verteilung lebenswichtiger Güter
Angola
Bürgerkrieg
Medizinische Versorgung, WASH, Infrastruktur, Nahrungsmittelverteilung
Armenien
Erdbeben
Befragung der Bevölkerung, Nahrungsmittelverteilung, Sanitärmassnahmen
Bangladesch
Überschwemmung
Medizinische Versorgung, Saatgutverteilung, Überschwemmungsfrühwarnsystem
D.R. Kongo
Konflikt
Medizinische Versorgung, Ernährungshilfe, Medikamentenverteilung, Wiederaufbau von Kliniken, WASH
Indien
Erdbeben
Wiederaufbau von Unterkünften und Infrastruktur
Indonesien
Naturkatastrophen
WASH, medizinische Versorgung, Unterkunft und Infrastruktur
Inguschetien
Bürgerkrieg
Unterkünfte und sanitäre Einrichtungen für Flüchtlinge
Irak
von Konflikten betroffene Binnenvertriebene
Wiederansiedlung, medizinische Versorgung, Sanitärmassnahmen, Unterkünfte, Agrarbeihilfe
Iran
Erdbeben
Unterkunft und Infrastruktur, WASH, Verteilung lebenswichtiger Güter
Kenia
anhaltende Dürre
WASH, Nassnahrungsprogramm und -monitoring
Kosovo
Konflikt
Unterkunft und Infrastruktur, medizinische Versorgung (zahnmedizinische und psychosoziale Betreuung)
Libanon
Konflikt
Unterstützung eines Waisenhauses
Liberia
Bürgerkrieg
Medizinische Versorgung (psychosoziale Betreuung, medizinische Grundversorgung, Versorgung mit Medikamenten)
Madagaskar
Wirbelstürme
WASH, Infrastruktur, Katastrophenvorsorge
Mosambik
Überschwemmung
Medizinische Versorgung, WASH, Unterkunft und Infrastruktur
Nord-Ossetien
Bürgerkrieg
Unterkünfte und sanitäre Einrichtungen für Flüchtlinge, Friedensförderung und Versöhnung
Pakistan
Erdbeben
Unterkunft und Infrastruktur, Wiederherstellung der Lebensgrundlage
Ruanda
Bürgerkrieg
Wiederansiedlung, medizinische Versorgung (medizinische Grundversorgung, psychosoziale Betreuung), WASH
Simbabwe
Hungerkatastrophe
Medizinische Versorgung, Ernährungsergänzungsprogramm
Somalia
Bürgerkrieg, Überschwemmungen, Dürre
Medizinische Versorgung, Ernährungshilfe, WASH, Unterkunft und Infrastruktur
Sri Lanka
Tsunami
WASH, Unterkunft und Infrastruktur, Verteilung lebenswichtiger Güter
Sudan (Nordstaaten)
Bürgerkrieg, Dürre
Medizinische Versorgung, WASH, Unterkunft und Infrastruktur
Südsudan
Bürgerkrieg, Überschwemmungen, Dürre
Medizinische Versorgung, Nothilfeteams, WASH, Infrastruktur
Tschad
Dürre
Ernährungshilfe, Nahrungsmittel- und Saatgutverteilung
Tschetschenien
Bürgerkrieg
Bau von sanitären Einrichtungen, Verteilung von Baumaterialien
Uganda
Konflikt
Medizinische Versorgung, WASH, Unterkunft und Infrastruktur
Foto: Ä thiopische Flüchtlinge im Sudan bei der Lebensmittelausgabe durch Medair
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Medair: 1989 - 2009
Seit zwei Jahrzehnten im Einsatz Irak: 1991 - 1992
Nach dem Golfkrieg entsandte Medair ein Team in den NordIrak, um den verfolgten Kurden zu helfen, die zu Millionen aus ihren Häusern vertrieben worden waren. Im Bergdorf Penjwin leisteten wir in verschiedenen Fachbereichen Hilfe für die 110 000 Kurden, die dort Schutz suchten.
„Ich werde nie die 500 Kinder in dem Waisenhaus vergessen, das ich besuchte”, schreibt MedairMitarbeiterin Dr. Rhiannon Lloyd. „Bei unserem Rundgang hörten wir Gesang aus einem der Gebäude. ‘Das sind die Christen’, wurde mir erklärt. Wir trafen eine Gruppe Kinder an, die einander durch Lieder trösteten. Sie sangen: ‘Sei nicht traurig! Wir werden unsere Lieben vor Gottes Thron wiedersehen, und Gott wird all unsere Tränen trocknen.’ ”
Balkan: 1998 - 2000
Medair reagierte rasch auf den Kriegsausbruch auf dem Balkan, in dessen Folge 800 000 Menschen aus dem Kosovo nach Albanien flohen. Wir waren eine der ersten NGOs vor Ort, betrieben ein Zelt für die Registrierung der Flüchtlinge und übernahmen die Gesamtkoordination des Hilfseinsatzes.
„Wir werden die Medair-Mitarbeiter nie vergessen”, sagt der Bürgermeister von Penjwin,„weil ihr den ganzen Winter lang im Schnee in euren Zelten bei uns geblieben seid. Ihr habt uns nie verlassen.”
Ruanda: 1994
Im April 1994 begann der unsägliche Völkermord in Ruanda, der das Gewissen der Welt erschütterte: In 100 Tagen wurden schätzungsweise 800 000 Tutsi niedergemetzelt. Ein halbes Jahr lang leistete Medair lebensrettende Hilfe in der Not leidenden Region Bugasera, in der nur 20% der ursprünglichen Bevölkerung noch geblieben waren.
Im Laufe des Jahres half Medair den Heimkehrern im Kosovo, ihre zerstörten Unterkünfte vor dem Winter wieder aufzubauen. Allerdings konnte das Trauma des Krieges bei Weitem nicht durch materielle Reparaturen überwunden werden: „Ihr helft uns bei der Reparatur unserer Häuser, aber wer wird uns bei der „Reparatur“ unserer Psyche helfen?” fragte ein Mann, der zusehen musste, wie seine Frau ermordet wurde, unter Tränen. Daraufhin initiierte Medair in Schulen im ganzen Kosovo ein psychosoziales Programm, mit dem traumatisierten Kindern geholfen werden sollte, mit den Gräueln des Krieges fertig zu werden.
Sri Lanka: 2004 - 2005
Als der gewaltige Tsunami im Dezember 2004 Sri Lanka heimsuchte, war Medair binnen 24 Stunden vor Ort und binnen fünf Tagen einsatzbereit. Wir versorgten ein vernachlässigtes Fischerdorf mit sauberem Trinkwasser und Behelfsunterkünften für die Bedürftigsten. Höhepunkt des Projekts war die Verteilung neuer Fischerboote und Netze an die zur Normalität zurückkehrende Bevölkerung. „Auf den Tag genau einen Monat nach dem Tsunami wurde in Sri Lanka der Opfer gedacht”, schreibt ein MedairMitarbeiter. „Zuerst gingen wir in den buddhistischen Tempel, dann in die Moschee, dann in die römischkatholische Kirche und schliesslich in den Hindu-Tempel. Wir haben hier so viel zu tun und keine Zeit zu verlieren, aber wir dürfen nicht vergessen, uns für jene Menschen Zeit zu nehmen, die viel verloren haben, und mit jedem Einzelnen von ihnen zu trauern...”
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MEDAIR Jahresbericht 2009
Aus dem Zuständigkeitsbereich von Dr. David Sauter D.R. Kongo 1997 - 2009
Angesichts des unsäglich brutalen Kriegs, dem 5,4 Millionen Menschen zum Opfer fielen, organisierte Medair medizinische Versorgungsleistungen und Nahrungsmittel für den weitläufigen Nordosten der D.R. Kongo, in den bis dahin noch keine internationale NGO vorgedrungen war und wo manche Orte nur aus der Luft zu erreichen waren. „Wir möchten unsere tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck bringen“, schrieb ein kongolesischer Arzt aus einer entlegenen Klinik, „nicht nur für diese lebensrettenden Medikamente, sondern auch für die Liebe und Sorge, die sich durch Ihre Unterstützung für die Bedürftigsten unserer Gesellschaft zeigen. Das Flugzeug brachte uns Hoffnung wie ein Schutzschild gegen die Waffen, die uns bedrohten.“ Nach Kriegsende und während des anschliessenden Wiederaufbaus half Medair der bedürftigen Bevölkerung der D.R. Kongo weiter bei der Wiederherstellung der Infrastruktur, des Gesundheitswesens und der Lebensgrundlagen.
Pakistan: 2005 - 2007
Als 2005 ein schweres Erdbeben die Region Kaschmir erschütterte, war Medair binnen fünf Tagen vor Ort und einsatzbereit. Mehrere Millionen Menschen hatten kein Dach über dem Kopf. Angesichts des nahenden Wintereinbruchs ging unser Team in den Bergdörfern des abgelegenen Bezirks Poonch von Tür zu Tür und verteilte Materialien für lebensrettende Notunterkünfte an Tausende Familien. Nach der kritischsten Phase brachte Medair der Bevölkerung bei, wie man erdbebensichere Häuser baut. Wir verteilten Wasserbüffel und Saatgut an Familien, richteten zwölf Nähzentren für Frauen ein und bauten elf Schulen in entlegenen Bergdörfern wieder auf. „Wir wissen die Anstrengungen von Medair in diesem unzugänglichen Gelände und unter diesen schwierigen Wetterbedingungen sehr zu schätzen”, erklärt der Bezirksverantwortliche Raja Tariq Mehmood. „Es war ein grosser Beitrag, der half, unseren nachfolgenden Generationen eine bessere Zukunft zu sichern.“
Der derzeit dienstälteste Medair-Mitarbeiter blickt auf seine 15-jährige Tätigkeit für die Organisation zurück. Als ich im September 1994 bei Medair begann, gab es nur fünf Mitarbeiter am Hauptsitz. Ich hatte mich für Medair entschieden, weil es sich nicht nur um eine Hilfsorganisation im Gesundheitsbereich, sondern um eine kleine, junge und dynamische Organisation handelte, die ihre Arbeit und Werte auf den christlichen Glauben stützte. Ich erinnere mich, wie alle Mitarbeiter am Hauptsitz im Dezember 1994, als alle Projekte in den Einsatzländern beendet waren, um den Tisch sassen. „Wie geht es weiter?” beteten wir gemeinsam. Ein ganz besonderer Augenblick. Welche Antwort bekamen wir? Im Februar gingen wir erneut in den Südsudan, und ab da nahm die Zahl der gleichzeitig durchgeführten Medair-Länderprogramme auf schliesslich acht in den letzten Jahren zu. Ich unterstützte das Team in der D.R. Kongo als Länderreferent zehn Jahre lang, von denen einige sehr schwer für das Land waren. Im Juni 2007 feierten wir unser zehnjähriges Jubiläum im Bereich der medizinischen Versorgung im Osten der D.R. Kongo. Bei den Feierlichkeiten erlebte ich, wie dankbar die Menschen gegenüber den Medair-Mitarbeitern für all die unglaubliche Arbeit waren, die wir mit ihnen zusammen geleistet hatten. Heute sind meine innigste Hoffnung und mein grösster Traum, dass Medair die bisherige gute Arbeit ausweiten und verbessern kann. Wir sollten unsere Werte weiterhin festigen, damit wir noch besser in der Lage sind, unsere Mission zu erfüllen und kreativ die besten Lösungen für eine wirksame Hilfe zu finden. Angesichts der Qualität und Hingabe der Medair-Mitarbeiter am Hauptsitz und in den Einsatzländern bin ich felsenfest davon überzeugt, dass dieser Traum auch in Zukunft wahr wird, denn ich hatte in den letzten 15 Jahren das Privileg, die Realisierung dieses Traums erleben und mitgestalten zu dürfen. Foto: D r. David Sauter an einer neu gebauten Canzee-Handpumpe im Bezirk
Maroantsetra, Madagaskar
Fotos, links oben: Frauen im Irak waschen unter primitiven
Bedingungen Geschirr. links unten: Flüchtlinge im Binnenvertriebenenlager nach dem Völkermord in Ruanda von 1994
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Soforthilfe In Notsituationen kann Medair rasch ein erfahrenes Team internationaler Helfer mobilisieren, das oft mit Unterstützung qualifizierter einheimischer Mitarbeiter den Menschen bei lebensbedrohenden Naturkatastrophen, Konflikten und Krisen beisteht. „Ich bin alt und habe nicht mehr die Kraft, mich auf die Suche nach Wasser zu begeben”, erklärte der 60-jährige Guled Mohamed Agararan letzten Mai in Somaliland. „Ich wartete auf den Tod, weil niemand mehr da war. Alle hatten das Dorf auf der Suche nach Wasser verlassen.“ Im Jahr 2009 führte eine schwere Dürre zu einer massiven Landflucht in Somaliland. Wegen des Wassermangels drohte Millionen Not leidender Menschen der Tod. Medair führte eine Bedarfsanalyse für die am stärksten gefährdeten Dörfer durch und kam zum Ergebnis, dass die Menschen in den ländlichen Gemeinden zum Überleben dringend Trinkwasser brauchten. Da es in dieser Notsituation um Leben und Tod ging, blieb keine Zeit, langfristige Wasserversorgungsmöglichkeiten wie Brunnenbohrungen oder die Reparatur von kaputten Berkads (Zisternen) ins Auge zu fassen.
Stattdessen füllte Medair im Rahmen einer Nothilfemassnahme Lkws mit sicherem Wasser und schickte sie in die Dörfer, in denen es am dringendsten benötigt wurde. In diesen staubtrockenen Dörfern waren die Schwächsten der Schwachen in vielen Fällen zurückgelassen worden. Angesichts der kaum vorhandenen Niederschläge und ohne Trinkwasser dachte Guled, dass er sicher sterben würde. „Doch dann kam Medair und rettete mir das Leben”, sagt Guled voller Dank. „Gott schütze Medair und möge ihnen mehr Mittel geben, um den Bedürftigen helfen zu können.” In der Trockenzeit zwischen Mai und Oktober brachte Medair insgesamt 3,2 Millionen Liter Wasser per Lkw. „Medair hat vielen Menschen das Leben gerettet, seit die Organisation die Region per Lkw mit Wasser versorgt”, meint Abdirisak Mohamed Ajep, Direktor der Wasserversorgung in der Region Togdheer. Foto: Z wischen Mai und Oktober stellte Medair in Somaliland insgesamt
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MEDAIR Jahresbericht 2009
3,2 Millionen Liter lebensnotwendiges Wasser bereit.
Kernkompetenzen
Wiederaufbau Medair hilft Gemeinden in Krisen, ihre Fähigkeit zu verbessern, grundlegende Versorgungsleistungen für die Bewohner anbieten zu können, und letztlich das Risiko zukünftiger Krisen zu beseitigen oder zu verringern. Die madagassische Stadt Maroantsetra liegt in einem Flussgebiet, das bei Wirbelstürmen und starken Regenfällen überschwemmt wird. Die Bevölkerung leidet dann unter schweren Krankheiten, weil das Trinkwasser durch Unrat und Fäkalien verseucht wird. In diesem Jahr traten der Bürgermeister und die Lokalbehörden mit einem Plan an Medair heran: Sie wollten mehr Kanäle ausheben und ein Abfallentsorgungssystem zur Säuberung des bestehenden Kanalnetzes einführen. Auf diese Weise sollten Schmutzwasseransammlungen weggeschwemmt und die Stadt so vor Krankheiten bei künftigen Überschwemmungen geschützt werden. Medair begrüsste den Plan des Bürgermeisters zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Maroantsetra. Unser Team leistete strategische Beratung zum Plan, half bei der Organisation der Arbeitsabläufe und bot finanzielle Unterstützung an. Mit unserer Unterstützung führte die Stadt ein System zur regelmässigen Beseitigung des Unrats aus 25 km
Entwässerungsgräben ein. Gemeinsam hoben wir zudem zwei Kilometer neue Gräben aus, bauten 34 neue Düker und errichteten 20 Abfallcontainer. Insgesamt arbeiteten 1524 Menschen an der Infrastrukturverbesserung mit und verdienten dabei Geld und Nahrung für ihre Familien. Die positive Wirkung war sehr gross, da das Projekt in einer für Maroantsetra wirtschaftlich schweren Zeit durchgeführt wurde, als der Reis allgemein zur Neige ging und es kaum Arbeit gab. „Wir arbeiten gerne mit Menschen in Not, die motiviert sind, ihre eigenen lokalen Lösungen zu präsentieren und umzusetzen”, erklärt der Landesverantwortliche Aurélien G. Demaurex. „So müssen wir die Idee nur noch weiter vorantreiben... und wir arbeiten mit den Menschen, nicht trotz der Menschen. So wird eine langfristige Wirkung sichergestellt.”
Foto: H ilfeempfänger und Medair-Mitarbeiter säubern
Entwässerungsgräben in Maroantsetra.
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Medizinische Versorgung Die amerikanische Kinderärztin und Spezialistin für öffentliches Gesundheitswesen, Dr. Wendy Dyment, die als Gesundheitsberaterin für Medair tätig ist, erläutert die Arbeitsweise von Medair im Zusammenhang mit der Verbesserung der Gesundheit Not leidender Bevölkerungsgruppen. Wenn wir von einem Problem im Gesundheitsbereich einer Gemeinde hören, ermitteln wir zunächst die wichtigsten gesundheitlichen Bedürfnisse und Prioritäten und beurteilen, inwiefern die Gemeinde in der Lage ist, mit ihren eigenen Ressourcen zu reagieren. Wenn wir uns entscheiden einzugreifen, setzen wir Prioritäten, um eine grösstmögliche Wirkung zu erzielen. Die Verbesserung der medizinischen Grundversorgung hat oft oberste Priorität und ist ein Bereich, in dem Medair sehr gut ist. Medair leistet Nothilfe und hat dabei die weitere Entwicklung im Blick. Manche Hilfsorganisationen handeln nach dem Motto: „Hier ist unser Hilfspaket; darauf beschränkt sich unsere Leistung.” Sie nehmen sich nicht die Zeit, sich mit dem Gesundheitsministerium abzustimmen oder mit anderen NGOs oder Gemeindeverantwortlichen zusammenzuarbeiten. Sobald sie ihr Hilfspaket „abgeliefert“ haben und die Notsituation vorbei oder die Finanzierung abgeschlossen ist, endet ihr Einsatz oft abrupt und sie ziehen schlagartig ab.
Auch wenn diese winzigen Veränderungen auf der Ebene einzelner Menschen erstaunlich sind, beeindrucken die Veränderungen, die sich für die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt ergeben, noch wesentlich stärker. Sie sind auf die von Medair geleistete Gesundheitsaufklärung zurückzuführen. Mit der Zeit erkennt man, dass sich die Hilfeempfänger bewusst werden, dass sie für ihre eigene Gesundheit verantwortlich sind. Man stellt fest, dass sie anfangen, ihre Mitmenschen zu mobilisieren, die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen und gemeinsam Veränderungen im Gesundheitsbereich zu bewirken. Wie viele andere Medair-Mitarbeiter habe ich mich bewusst dafür entschieden, mein lukrativeres Leben als Ärztin in den USA aufzugeben und mich für die Gesundheit von Müttern und Kindern in schwierigen Situationen einzusetzen. Für mich ist es Berufung und nicht nur Beruf. Es ist viel Arbeit, doch es ist die Mühe wert, so viel Zeit und Energie auf die Verbesserung der Gesundheitssituation von Menschen in einer Krise zu verwenden.
Um jedoch langfristige Veränderungen im Gesundheitsbereich zu bewirken, muss man die Bevölkerung von Anfang an einbeziehen. Man muss wirklich partnerschaftlich mit der Bevölkerung zusammenarbeiten und darf nicht nur ein vorgefertigtes Programm an Hilfsleistungen abspulen, ohne die grössten Bedürfnisse ermittelt zu haben. Wenn wir zum Beispiel eine Massnahme im Gesundheitsbereich durchführen, möchten wir, dass die Menschen eine neue Klinik nicht als Medair-Klinik, sondern als ihre GemeindeKlinik ansehen. Medair unterstützt sie, aber es ist ihre Gemeinde, ihre Gesundheit und ihre Klinik. Wir leisten als Hilfsorganisation zwar humanitäre Arbeit, versuchen aber die Entwicklung und den langfristigen Nutzen zu berücksichtigen. Trotzdem ist bei den kurzfristigen Seucheninterventionseinsätzen der Erfolg oft sofort sichtbar, weil man rasche Veränderungen sieht und unmittelbar Leben gerettet werden. Bei einem Choleraausbruch hielt fast jedes Mal, wenn ich die Klinik verliess, jemand mein Fahrzeug an, damit ich einem Kranken am Strassenrand helfe. Es ist wunderbar, wie Menschen, die nur wegen Flüssigkeitsmangels und eines niedrigen Blutzuckerspiegels bewusstlos waren, binnen ein, zwei Stunden nach Flüssigkeitszufuhr das Bewusstsein wiedererlangen. Ohne Versorgung wären sie gestorben, und dann plötzlich schlagen sie die Augen auf und sprechen – das ist schon überwältigend. 12
MEDAIR Jahresbericht 2009
Fachbereich Medizinische Versorgung (Beispiele) • Unterstützung von Einrichtungen der primären Gesundheitsversorgung • Soforthilfeeinsätze bei Seuchenausbrüchen oder Vertreibungen • Programme zum Schutz von Müttern und zur medizinischen Versorgung von Kindern einschliesslich Kliniken für die prä- und postnatale Betreuung • Ernährungsnotprogramme und Nahrungsmittelsoforthilfe • Impfkampagnen • Aufklärung zu Gesundheitsfragen und Hygiene • Verteilung von Moskitonetzen (Malariavorbeugung) • Stärkung des Gesundheitswesens und Kompetenztransfer • Unterstützungsbetreuung, Ausbildung, Überwachung von Kliniken und Mitarbeitern • Grundlagenerhebungen sowie rasche Gesundheitsund Ernährungsbedarfsanalysen • Hilfe für Opfer sexueller Gewalt • psychosoziale Betreuung der von Konflikten betroffenen Menschen Foto: D r. Wendy Dyment und nationale Medair-Mitarbeiter beim Besuch eines Binnenvertriebenenlagers in der D.R. Kongo
Fachbereiche
Notfall mitten in der Nacht In West-Darfur sind von Medair unterstützte Hebammen für das Überleben von Müttern und Kindern von grösster Bedeutung. In einer heissen Nacht im Mai erschien Aziza im Schwangerenfürsorgezentrum von Medair in Sisi, einem Flüchtlingslager in West-Darfur. Sie war zu Hause von einer traditionellen Geburtshelferin betreut worden und hatte bereits seit neun Stunden Wehen. Nour, die Hebamme im Nachtdienst, begriff sofort, dass Aziza in Gefahr schwebte. Die Müttersterblichkeitsrate im Sudan liegt bei 450 Todesfällen pro 100 000 Geburten1 – einem enorm hohen Wert im Vergleich zu den meisten westlichen Ländern (unter 10 Todesfälle pro 100 000 Geburten). Die Gesundheitsexperten sind sich einig, dass eine ausgebildete Betreuerin bei jeder Geburt, die mindestens über geburtshelferische Kenntnisse verfügen muss, diesem tragischen Verlust von Menschenleben entscheidend entgegenwirken würde. Wochen zuvor hatten unsere Hebammen Aziza dringend geraten, zur Geburt ihres Kindes ins Krankenhaus nach El Geneina zu fahren, da sie bei ihrer ersten Schwangerschaft wegen Komplikationen per Kaiserschnitt hatte entbinden müssen. „Dank der Schulung durch Medair können die Hebammen frühzeitig erkennen, welche Frauen für eine möglicherweise lebensrettende Geburtshilfebetreuung an ein Krankenhaus verwiesen werden sollten”, erklärt Emily Chambers, MedairGesundheitskoordinatorin in West-Darfur. Aziza beschloss jedoch, für die Geburt zu Hause zu bleiben, und nun ging es um Leben und Tod. Sie musste dringend für einen Notkaiserschnitt ins Krankenhaus nach El Geneina.
„In den ländlichen Gebieten wurden die Frauen bei der Geburt schon immer von traditionellen Geburtshelferinnen betreut”, erklärt Hebammenbetreuerin Margaret Poni Thomas. „Doch in Wirklichkeit stellt eine Hausgeburt ein grosses Risiko dar. Ich versuche, die traditionellen Geburtshelferinnen über mögliche Komplikationen aufzuklären, damit sie die Frauen an eine Klinik verweisen.” Die wichtigste von Medair in West-Darfur durchgeführte Massnahme im Bereich Mutterschutz ist die Unterstützung der Ausbildung qualifizierter Hebammen. Dank unserer Bemühungen gibt es mittlerweile in 18 Kliniken im Projektgebiet von Medair qualifizierte Hebammen, die 2009 über 6700 Geburten betreuten. So standen den Schwangeren ein sauberes Bett und sterile Hilfsmittel für die Entbindung sowie eine ausgebildete Hebamme zur Verfügung, die weiss, wann eine Überweisung ins Krankenhaus erforderlich ist. Die Hebammen begleiten die Frauen mit Wehen auch ins nächste Krankenhaus, genau so wie Nour mit Aziza im Mai ins Krankenhaus ging. Sofort nach ihrer Ankunft im Krankenhaus von El Geneina führte ein Arzt einen Kaiserschnitt durch und rettete so das Leben von Aziza und ihrem Neugeborenen. Erschöpft aber glücklich feierten Nour und die Mitarbeiter der Klinik in Sisi die erfolgreiche Geburt. „Die von uns ermittelte Müttersterblichkeitsrate unter den Frauen, die von unseren Hebammen betreut wurden, liegt deutlich unter dem allgemeinen Wert im Sudan”, erklärt Emily. „Das ist ein bedeutender Erfolg, der zeigt, wie wichtig und lebensrettend die Arbeit von Medair für die am stärksten gefährdeten Menschen in West-Darfur ist.” 1
http://www.unicef.org/infobycountry/sudan_statistics.html
Fotos, l inks: Medair hält wichtige Schulungen für Hebammen ab, dank
denen sie das Leben von Müttern und Babys retten können. oben: Menschen und Tiere vor der Medair-Klinik für werdende Mütter in Sisi, einem Binnenvertriebenenlager in West-Darfur
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Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene (WASH) Der deutsche Ingenieur Jürgen Matheis, Medair-WASH-Berater (2002-2009), erklärt, warum richtige Hygiene genauso wichtig ist wie ein verbesserter Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Bei meinem ersten Medair-Einsatz im Südsudan war meine Hauptaufgabe, in Otalo, einem Dorf im Bezirk Dschungali, von Hand einen Brunnen zu bohren. Bis dahin war es Medair noch nie gelungen, erfolgreich einen Brunnen im Sudan zu bohren. Wegen des tiefen Grundwasserspiegels und der Sicherheitslage brauchten wir lange für die Bohrung. Doch schliesslich hatte unser Team Erfolg. Und den mussten wir nicht einmal verkünden. Von nah und fern trafen Frauen mit Kanistern ein und warteten geduldig, bis sie an der Pumpe an der Reihe waren. Die Dorfbewohner hielten eine Zeremonie zur Feier ihres neuen Brunnens ab. Sie schenkten uns in Anerkennung unserer Leistung eine Kuh, und der alte König sagte in seiner Ansprache: „Jetzt ist der Fluss im Dorf.” Diese Eindrücke werde ich nie vergessen. Jeder Mensch braucht Wasser zum Überleben, aber ironischerweise kann ebendieses lebenserhaltende Wasser krank machen, wenn die Wasserqualität schlecht ist. Der Mensch braucht auch ausreichende Mengen an Wasser für Hygienezwecke wie etwa Händewaschen, um sich vor Durchfall und anderen Krankheiten zu schützen. Latrinen ermöglichen eine sichere Fäkalienentsorgung und wahren gleichzeitig die Würde, insbesondere die der Frauen. Darüber hinaus geht die Hygieneaufklärung immer Hand in Hand mit der Bereitstellung neuer Wasserquellen und Latrinen. Im 19. Jahrhundert, als es noch keine modernen Wasser- und Abwassersysteme gab, kamen in Städten wie London oder Hamburg unzählige Menschen durch Cholera-Epidemien ums Leben. Dies änderte sich erst, als die Ursache für die Krankheit entdeckt wurde und Behörden und Privatpersonen sich für systematische Veränderungen einsetzten. Medair bemüht sich um eine Beschleunigung derartiger Veränderungen für Menschen, die auch heute noch keinen Zugang zu diesen lebensrettenden Fortschritten haben. Dazu errichtet Medair Latrinen und Wasserquellen (Brunnen, Regenwassergewinnungssysteme etc.). Um ein besseres Hygieneverhalten zu erreichen, setzt Medair auf Aufklärung mithilfe von Puppentheateraufführungen, Liedern und Radiobotschaften, aber auch traditionellen Lehrmethoden. 14
MEDAIR Jahresbericht 2009
Doch das WASH-Konzept von Medair kann nur funktionieren, wenn die Hilfeempfänger in vollem Umfang mit einbezogen werden. Sie bilden Ausschüsse, in denen sie lernen, ihre Wassersysteme instand zu halten und die Verantwortung für die Umsetzung neuer Hygienepraktiken zu übernehmen. Deshalb hat es mich sehr gefreut, als ich ein Jahr nach Abschluss der Brunnenbohrung nach Otalo zurückkehrte und sah, dass die Pumpe immer noch funktionierte und ständig in Gebrauch war. Dank der Schulung, die die Dorfbewohner erhalten hatten, hielten sie den Brunnen instand und fühlten sich für die dauerhafte Versorgung mit sicherem Wasser verantwortlich. Fachbereich WASH (Beispiele) • Hygieneförderung mit Schwerpunkt auf sicherem Trinkwasser, Händewaschen und sicherer Fäkalienentsorgung • Neue Wasserentnahmestellen: Bohren und Graben von Brunnen und Schützen von Quellen • Wiederaufbau und Instandhaltung bestehender Wasserentnahmestellen •E inrichtung von Regenwasserauffanganlagen und nach dem Gravitationsprinzip arbeitenden Wasserversorgungssystemen •B au unterirdischer Dämme • Wassernotversorgung per Lkw •E rrichtung und Betrieb mobiler Wasseraufbereitungssysteme in Notfallsituationen •B ereitstellung von Keramikfiltern für Haushalte •B au von Latrinen •B au von Einrichtungen zum Händewaschen und Baden •M üllsammelkampagnen • Schulung von Wasserausschüssen in den Dörfern und von Pumpenmechanikern Foto: J ürgen Matheis prüft die Wasserausbeute in der Region Dschungali (2002).
Fachbereiche
Das lange Warten auf Wasser Medair verbessert den öffentlichen Zugang zu sicherem Trinkwasser und bekämpft die Cholera im südsudanesischen Yei. Jahrelang kämpfte die Stadt Yei mit einem Dauerproblem: dem mangelnden Zugang zu sicherem Trinkwasser. „Die Warteschlangen an unseren zwei Brunnen waren lang, was zu Auseinandersetzungen und Konflikten führte”, sagt Grace Kiden, Vorsitzende eines Wasserausschusses in Yei. „Man ging um vier oder fünf Uhr morgens zum Brunnen. Manchmal musste man zwei bis drei Stunden warten und durfte dann doch nur zwei Kanister füllen.” Brunnen sind die Haupttrinkwasserquelle für die 115 000 Einwohner von Yei. Allerdings sind die Menschen wegen der langen Schlangen an den Brunnen vor allem in der Trockenzeit versucht, ihr Wasser aus dem Fluss Yei zu holen. Das Wasser des Yei ist jedoch schmutzig, da Mensch und Vieh ihre Notdurft in Ufernähe verrichten und der Regen die Fäkalien in den Fluss spült. „Durch den Gebrauch dieses Wassers steigt das Risiko, an einer Wasserkrankheit wie Cholera zu erkranken“, erklärt Kees van Bemmel, WASH-Projektmanager (Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene) bei Medair.
Choleragefahr
Die Cholera ist eines der schwerwiegendsten Probleme in Yei. In drei der letzten vier Jahre kam es in der Stadt zu Ausbrüchen dieser Krankheit. Um den Cholerakreislauf zu durchbrechen, bat UNICEF Medair um den Aufbau zweier Wasserverteilungssysteme mit Rohrleitungsnetzen, über die grosse Gebiete mit Wasser aus förderstarken Brunnen versorgt werden können. Während Medair die Gesamtprojektbetreuung übernahm, wurden die Bewohner in hohem Masse mit einbezogen: Sie beteiligten sich an Besprechungen, gaben Rückmeldungen und stellten ihre Arbeitskraft zur Verfügung.
Jedes System verfügt nun über mehrere Entnahmestellen, an denen die Bewohner Wasser holen können, ohne lange anzustehen. „Die Wasserverteilung ist nun deutlich wirksamer und der Zugang zu Wasser für alle bequemer”, erklärt Kees. „Dadurch werden Choleraausbrüche in der Gegend verhindert, da die Menschen nun kaum mehr das verunreinigte Wasser aus dem Yei nehmen werden.” Nach Abschluss der Bauarbeiten schulte Medair lokale Ausschüsse im Betrieb und in der Wartung der Wasserverteilungssysteme, und die Einwohner von Yei nahmen ihre neuen Wassersysteme in Besitz. „Ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem neuen System”, sagt Regina Yata, die in Lomuku für die Entnahmestelle Nr. 16 verantwortlich ist. Jetzt können wir schlafen und müssen nicht so früh aufstehen, um noch vor sechs Uhr in der Schlange zu stehen. Die Schlangen waren sehr lang, den ganzen Hügel hinunter.” Sauberes Trinkwasser allein reicht nicht aus, um Cholera zu verhindern. Die Bevölkerung muss sich auch in Sachen Hygiene richtig verhalten. Aus diesem Grund schulte Medair 30 Personen, die richtiges Hygieneverhalten in Yei fördern sollen. „Das neue System wird sehr geschätzt und ist sehr wirksam”, sagt Grace. „Es gibt keine Streitigkeiten mehr wegen der Wasserversorgung, und das Team hier ist sehr engagiert.”
Fotos, links: Einwohner der südsudanesischen Stadt Yei helfen beim Bau
des neuen Wasserversorgungssystems. rechts: Eine Familie holt sauberes Wasser an einer der neuen Entnahmestellen in Yei.
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Unterkunft und Infrastruktur Der britische Architekt Mark Wooding, Medair-Berater für Unterkünfte und Wiederaufbau, erklärt, warum Unterkunftsund Infrastrukturprojekte so wichtig sind. In Grossbritannien habe ich viel Gewerbearchitektur geschaffen und dabei Häuser, Schulen, Kunstgalerien, Bibliotheken und Stadtzentren entworfen. Doch es zog mich beruflich in benachteiligte Länder. Und so arbeitete ich, bevor ich zu Medair kam, zweieinhalb Jahre in Malawi und später als Landesverantwortlicher für Habitat for Humanity vier Jahre in Kenia. 2008 fing ich als Berater für Unterkünfte und Wiederaufbau bei Medair an. Ich arbeite von der Schweiz aus, bin aber für die Unterstützung unserer Länderprogramme verantwortlich und im Bedarfsfall für Nothilfeeinsätze auf Abruf bereit. Meine Aufgabe bei Medair besteht darin, unsere Mitarbeiter zu unterstützen und im Bedarfsfall für Nothilfeeinsätze abrufbereit zu sein. Da Medair viele Baumassnahmen durchführt (wir haben in den letzten 10 Jahren über 12 000 Notunterkünfte und Häuser auf- bzw. ausgebaut), müssen wir unsere Mitarbeiter vor Ort unterstützen. Die Mitarbeiter mit Ein- oder Zweijahresverträgen wissen, unabhängig von ihrer Vorqualifikation, nicht alles über den Ablauf der Bauprojekte von Medair, weshalb ich sie am Anfang erst einmal schule. Wichtiger ist jedoch, dass ich ihnen im Alltag bei allen technischen Fragen zur Seite stehe und ihnen Projektmanagementtools an die Hand gebe, die ihnen eine effektive Durchführung ihrer Arbeit ermöglichen. Um mein Wissen über die weltweit angewandten Strategien im Bereich Unterkunft und Wiederaufbau aktuell zu halten, nehme ich an den im Zweijahresrhythmus in Genf stattfindenden internationalen Tagungen zum Thema Unterkünfte und den Global Emergency Shelter Cluster Meetings teil. Wir analysieren bereits erfolgte Nothilfeeinsätze und entwickeln für das Rote Kreuz, UN-Hilfsorganisationen sowie nationale und internationale NGOs wie Medair bessere Methoden für rasche und geeignete Hilfsmassnahmen im Bereich Unterkünfte. Ich werde manchmal gefragt, warum der Bereich Unterkunft und Infrastruktur in der humanitären Arbeit so wichtig ist. Das ist interessant, da die Wiederaufbaukosten in der abschliessenden Statistik einer Naturkatastrophe oft den grössten Anteil ausmachen. Dennoch bleibt dieser Fachbereich in Bezug auf Fachkompetenz, Koordination und 16
MEDAIR Jahresbericht 2009
zeitgerechte Finanzierung hinter Gesundheit, Ernährung, Wasser und Sanitäranlagen zurück. Ganz gleich, ob Medair ein Gesundheitsprogramm durchführt, die Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen verbessert oder das Bildungssystem mit Schulspeisungsprogrammen unterstützt, gibt es immer etwas zu bauen. Ausserdem werden durch Naturkatastrophen wie Wirbelstürme und Erdbeben Tausende, wenn nicht gar Millionen Menschen obdachlos, sodass ein dringender Primärbedarf an Unterkünften besteht. Der Fachbereich gewinnt zunehmend an Anerkennung, da sich die Spender der Notwendigkeit längerer Finanzierungsfristen für Unterkunfts- und andere Wiederaufbauprojekte bewusst werden. Sie erkennen, dass viel für die Reduzierung des Sterbeund Gefährdungsrisikos bei künftigen Naturkatastrophen getan werden kann. Ausserdem wird Medair mittlerweile als einer der wichtigsten Akteure in diesem Fachbereich anerkannt, und aufgrund unserer einschlägigen Praxiserfahrung werden wir gebeten, zur Unterkunftsdebatte beizutragen. Ich bin froh, dass Medair teil dieses Wandlungsprozesses ist, und hoffe, dass wir die von unseren engagierten Mitarbeitern vor Ort erbrachten Leistungen für die Hilfeempfänger in Bezug auf geeignete, lebensrettende Wiederaufbauprojekte weiter verbessern können. Fachbereich Unterkunft und Infrastruktur (Beispiele) • Verteilung und Bau von Not- und Behelfsunterkünften • Verteilung von lebenswichtigen Gütern ausser Nahrungsmitteln (Decken, Küchenutensilien, Werkzeug etc.) • Bau oder Wiederaufbau dauerhafter Unterkünfte • Bau oder Wiederaufbau von Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Strassen, Brücken und Flugpisten • Katastrophenschutzstrategie und deren Umsetzung, einschliesslich Schutzbauten gegen Wirbelstürme • Ausbildung im Bau erdbebensicherer Gebäude und Vermittlung anderer geeigneter Bauweisen • Wiederherstellung der Lebensgrundlage einschliesslich einkommensschaffender Gemeinschaftsprojekte, Essen-für-Arbeitund Geld-für-Arbeit-Projekte • Wissensvermittlung F oto: M ark Wooding unterrichtet Hilfeempfänger zum Thema Bau
von Unterkünften.
Fachbereiche
Eine Strasse für die Menschen Ein Strassenbauprojekt in den abgelegenen afghanischen Tälern Surkh Joi und Shahi beeinflusst und verändert die gesamte Region. Jamila verliess ihr Dorf im zerklüfteten Shahi-Tal nur selten. Ohne Strasse durch das tückische Gelände war sie von den umliegenden Gemeinden abgeschnitten. „Letztes Jahr war ich sehr krank. Auf einem Esel ritt ich zu einer Klinik im nächsten Tal“, erklärt die 35-jährige verwitwete Mutter von fünf Kindern. „Aber der Weg war für den Esel so beschwerlich, dass ich herunterfiel und mir Knochenbrüche zuzog.“ Als Jamila berichtete, wie hart sie für das Überleben ihrer Familie arbeitete, erzählte sie eigentlich eine verzweifelte Geschichte, die für diese entlegenen und zerklüfteten Gebiete nur allzu typisch ist. Die Dürre brachte die Menschen an den Rand der Unterernährung. Keine Strasse bedeutete ebenfalls keinen Handel und nur sehr wenig Arbeit; die Familien schickten ihre Männer fort, um im Ausland Geld zu verdienen. Wir berieten uns mit Gemeindevorstehern und Dorfbewohnern, wobei sehr deutlich wurde, dass die Menschen vor allen Dingen Nahrungsmittel brauchten – oder Arbeit, um sich das Geld dafür zu verdienen. Darüber hinaus brauchte die Region wirklich eine Strasse, um die Lebensmittelversorgung langfristig sicherzustellen.
„Seit ich aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt bin, hatte ich nie eine bezahlte Arbeitsstelle. Das gibt es in dieser Gegend nicht, ausser hier“, sagt Ishmael, einer der Arbeiter. „Und wenn die Strasse fertig ist, kann ich durch den Verkauf von Kleintieren immer noch Geld verdienen, da es dann leichter sein wird, zum Markt zu kommen.“ Die Monate vergingen, und die Schnelligkeit sowie der Erfolg des Strassenbauprojekts übertrafen die Erwartungen. Als die Arbeiter die geplanten 17 Kilometer fertiggestellt hatten, belohnte Medair den Einsatz und die Unterstützung der Gemeinde und weitete die ursprünglich geplante Strecke auf insgesamt 31 Kilometer aus – fast das Doppelte der ursprünglichen Länge. Die Gemeinden machten sich sofort an die Arbeit, und noch bevor der erste Schnee fiel, war die gesamte Strasse fertig.
Zeichen der Hoffnung
Mit der neuen Strasse sind die Bedürftigsten heute nicht mehr so isoliert und hoffnungslos wie noch vor einem Jahr. Durch den leichteren Zugang zu den Märkten haben sich die wirtschaftlichen Chancen in der Region verbessert. Und Jamila, die auf ihrem Weg zum Gesundheitszentrum vom Esel stürzte und sich Knochenbrüche zuzog, kann die Klinik nun problemlos erreichen. „Ich lieh mir einen Esel, mit dem ich dann die neue Strasse benutzte“, sagt sie. „Dieses Mal war es so einfach, ins Gesundheitszentrum zu gelangen. Ich freue mich sehr über diese Strasse!“
Der Bau einer Strasse durch diese Täler und über diese Berggipfel war eine schwierige Aufgabe, doch Medair und die Gemeinden beschlossen, beim Bau von 17 Kilometern Strasse zusammenzuarbeiten, und – was besonders wichtig war – sie vereinbarten, dass die Einwohner der Gemeinde Bargeld für ihre Arbeitsleistung erhalten sollten, um sich davon Lebensmittel kaufen zu können.
„Das Vorhandensein einer Strasse in dieser Gegend ist ein grosser Fortschritt“, meint Herr Balal, ein Vertreter des Gouverneurs des Bezirks Shahi. „Die Menschen sind nun weniger anfällig, da Kranke schneller Hilfe bekommen und der Handel mit Lebensmitteln erleichtert wurde.“ Fotos, links: Durch die Arbeit an der neuen Strasse verdiente Ishmael Geld,
mit dem er Lebensmittel und Kleidung für seine Familie kaufen konnte. oben: Die Bewohner der afghanischen Täler Surkh Joi und Shahi bauten 31 Kilometer Strasse, durch die ihre Region leichter Zugang zu Märkten und Gesundheitszentren erhielt.
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Somalia/Somaliland
GOLF VON ADEN
DSCHIBUTI
Hargeisa
Somaliland
ÄTHIOPIEN
Somalia INDISCHER OZEAN
Mogadischu KENIA 0 100 200 km 0
100
400 mi
Gewaltsame Konflikte, politische Instabilität, schlimme Dürrekatastrophen und horrende Lebensmittelpreise haben Somalia/Somaliland in eine der schlimmsten humanitären Krisen der Welt gestürzt. Knapp die Hälfte der Bevölkerung benötigt lebensrettende Soforthilfe. Die lange Liste lebensbedrohender Probleme umfasst hohe Unterernährungsraten bei Kindern, Müttersterblichkeit und Ausbrüche vermeidbarer Krankheiten. Hinzu kommt noch, dass die überall unsichere Lage Somalia zu einem der schwierigsten Einsatzländer für Hilfsorganisationen macht.
Kinder in einer schrecklichen Krise In der eskalierenden Krise leistete Medair Ernährungshilfe für Tausende Kinder und unerlässliche Nothilfe für die Schwächsten der Schwachen. Mit ihren zwei Jahren wog Suad gerade einmal fünf Kilo. Sie konnte weder essen noch trinken und übergab sich. Als die Medair-Mitarbeiter sie fanden, wussten sie, dass das Mädchen ohne sofortige Hilfe nicht viel länger überleben würde. Suad wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht und über eine Sonde ernährt, doch sie übergab sich weiter. Alle fürchteten, dass sie sterben würde.
Einsatz, einem Gebiet, in dem grosse Not herrscht, aber wegen der allgemeinen prekären Sicherheitslage keine internationalen Hilfskräfte vor Ort sind. Das internationale Medair-Team leistete im sichereren Burao in Somaliland in Flüchtlingslagern und ländlichen Gebieten Hilfe und koordinierte von dort aus den Einsatz in Cadale.
2009 behandelte Medair eine erschreckend hohe Zahl Kinder in Somalia/Somaliland gegen Unterernährung. In unser ambulantes therapeutisches Ernährungsprogramm wurden 2331 (statt der erwarteten 225) stark unterernährte und in unser Ernährungsergänzungsprogramm doppelt so viele an leichter Unterernährung leidende Kinder als erwartet aufgenommen.
In beiden Gebieten veranlasste uns die alarmierende Hilfebedürftigkeit der Bevölkerung, neben der Versorgung mit Nahrungsmitteln eine Reihe medizinischer Leistungen anzubieten. In Cadale stellte unser umfassendes Gesundheitsprogramm die einzige medizinische Versorgungsmöglichkeit im gesamten Bezirk dar.
Angesichts der sich in alarmierender Geschwindigkeit verschlimmernden Situation ging Medair mit mobilen Ernährungskliniken in die bedürftigsten Dörfer und Camps, um unterernährte Kinder ausfindig zu machen und zu behandeln. Diese erhielten im Rahmen der ambulanten Behandlung von uns „Plumpy Nut”, eine energiereiche Erdnussbutterpaste. Wer wie Suad zu schwach war, um selbst zu essen, wurde für eine Spezialbehandlung ins nächste Krankenhaus gebracht. Zudem erhielten Familien mit kranken Kindern zusätzliche Nahrungsmittelrationen. „Nach wenigen Wochen geschah ein Wunder bei Suad”, sagt die Medair-Landesverantwortliche für Somalia/ Somaliland, Henrieke Hommes. „Sie nahm langsam zu und wurde kräftiger. Was für eine Freude, wenn man sieht, dass die Kinder in unserem Programm so schnell an Kraft und Gewicht zulegen, was ihnen und ihren Familien Hoffnung für die Zukunft gibt!”
In Cadale und Burao
Im Jahr 2009 war Medair in Zusammenarbeit mit einer lokalen NGO im somalischen Bezirk Cadale im 18
MEDAIR Jahresbericht 2009
Die medizinische Betreuung von Müttern und Kindern mit Schwangerenfürsorge, sicheren Entbindungen und monatlichen Einsätzen mit mobilen Impfkliniken hatte oberste Priorität. Wann immer möglich integrierten wir die Gesundheits- und Hygieneerziehung in die Programme. Wasser ist ein wertvolles Gut im Dürreland Somaliland. 2009 wurde die Situation so desaströs, dass Medair im Rahmen einer Nothilfemassnahme Lkws mit Wasser füllte und sie in die Dörfer schickte, in denen die Not am grössten war. Insgesamt wurden im Laufe des Jahres über 3 Millionen Liter Wasser per Lkw geliefert. In Cadale setzte Medair Brunnen instand, um eine nachhaltigere Wasserversorgung zu ermöglichen. Die Teams errichteten ausserdem in beiden Gebieten neue Latrinen, um die Hygienesituation zu verbessern und die Ausbreitung von Krankheiten zu reduzieren.
Erfolgsgeschichten
In dieser von einer derart gravierenden Krise beherrschten Region hatte Medair erhebliche operative und finanzielle Herausforderungen zu bewältigen, um unter diesen schwierigen Einsatzbedingungen Leben retten zu können.
Trotz der Herausforderungen eröffnete Medair im Laufe des Jahres vier zusätzliche Ernährungskliniken und betrieb damit in Somaliland insgesamt zehn. „Ich habe meinen Sohn im Programm untergebracht, weil er krank war”, erklärt Zainab Abdullahi. „Es geht ihm zunehmend besser, und auch meine anderen Kinder haben Nahrungsmittelrationen erhalten. Dadurch hat sich unser Leben sehr verändert.” Erfolge wie dieser bestärkten die Medair-Mitarbeiter, ihre unermüdliche Arbeit fortzusetzen. „Wenn ich mir die Entwicklung der Kinder vom Programmbeginn bis zu ihrer Genesung ansehe, bin ich überglücklich über den Erfolg, den nur wenige Wochen Therapie bewirken”, sagt der kenianische Ernährungsprojektmanager George Mutwiri.
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
237 094
Medair-Mitarbeiter
6 internationale Mitarbeiter 5 kenianische Mitarbeiter 31 nationale Mitarbeiter
Medizinische Versorgung – Soforthilfe • 1 2 605 unterernährte Kinder behandelt • 1 5 072 Frauen erhielten Unterricht zum Thema Ernährung • 43 754 Impfungen bei Kindern und Frauen im gebärfähigen Alter • 5 4 002 Menschen erhielten Gesundheitserziehung • 1 0 145 Menschen in der Mutter-Kind-Gesundheitseinrichtung und den Krankenstationen behandelt, davon 908 Kinder (<5 Jahren) gegen wässrigen Durchfall •2 006 Mütter mindestens einer Schwangerenfürsorgeuntersuchung unterzogen; 21 085 Menschen erhielten Unterricht zu prä- und postnatalen Themen Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Soforthilfe •3 ,2 Millionen Liter Wasser per Lkw in 60 Dörfer gebracht • 8 Brunnen in Notsituationen mit Chlor versetzt (Cadale)
„Es ist so befriedigend zu sehen, wie vormals hilflose Kinder Hilfe bekommen und wieder lächeln und vormals hoffnungslose Mütter wieder Hoffnung erlangen.“ Hinweis: Somaliland erklärte sich 1991 für unabhängig von Somalia. Die Unabhängigkeit wurde jedoch von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt.
• 400 Eimer und 25 000 Chlortabletten in Notsituationen verteilt Wiederaufbau • 22 Flachbrunnen wiederaufgebaut • 100 Wasserfilter und 940 Kanister verteilt • 2200 Handwascheinrichtungen und 2820 Stück Seife verteilt • 475 Latrinen gebaut • 48 615 Menschen durch Hygieneförderung erreicht • 1 35 Hausmüllbunker gebaut, Reinigungswerkzeuge verteilt und Reinigungskampagnen in 5 Binnenvertriebenenlagern durchgeführt
Programmfinanzierungspartner Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Entwicklungshilfeorganisation der Vereinigten Staaten, Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen, EOMetterdaad (NL), TEAR Fund (NZ), Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Europäisches Amt für humanitäre Hilfe Privatspenden: Demaurex & Cie SA – Marchés Aligro (CH) Sachspenden: Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Welternährungsprogramm
Unterkunft und Infrastruktur – Soforthilfe • 1 000 Plastikplanen an Vertriebene in Burao vor Beginn der Regenzeit verteilt Foto: Medair sorgt dafür, dass stark unterernährte Kinder mit
medizinischen Komplikationen eine besondere medizinische Versorgung erhalten.
F ür weitere Informationen über Somalia/Somaliland und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/programm-somalia. 19
ZENTRALAFRIKANISCHE REBPUBLIK
Kongo
REP. KONGO GABUN
Dem. Rep. Kongo
Poko
Dungu
Isiro Bunia Kisangani
UG.
Von 1998 bis 2003 tobte in der D.R. Kongo der sogenannte Afrikanische Weltkrieg. In den zehn Jahren zwischen 1998 und 2008 kamen 5,4 Millionen Menschen durch kriegsbedingte Gewalt, Unterernährung und Krankheiten ums Leben. Die geschwächte Nation kämpft nun mit dem Wiederaufbau, doch vereinzelt auftretende Auseinandersetzungen stören den zerbrechlichen Frieden immer wieder. Medair, die NGO, die am längsten in der Region Hilfe leistet, unterstützt das Gesundheitswesen des Landes aktiv seit 1997.
RUA. Lual
BURU.
ab
a
Kinshasa
Ä q u a t or
D.R. Kongo
SUDAN
Doruma
KAMERUN
TANS.
ANGOLA
0 0
200
400 km 200
SAMBIA 400 mi
Eine gute Tat vergisst man nie 2009 förderte Medair das nationale Gesundheitssystem und verbesserte die Fähigkeit der kongolesischen Gesundheitskräfte, die Millionen Bedürftigen zu versorgen, die sich noch immer vom Konflikt erholen. Nachdem sich Schwester Regine die Zahlen lange angesehen hatte, wusste sie, dass etwas nicht stimmte: Selbst im entlegenen Nordosten der D.R. Kongo dürften nicht derart viele Mütter und Neugeborene sterben. Sie musste selbst nachsehen, was da los war. Sie machte sich mit ihrem Motorrad auf, um eine dringende Lageeinschätzung durchzuführen. Dabei fuhr sie auf den schmalen Verbindungswegen, die die Region in einem chaotischen Netz überziehen. „Die Babys wurden von Krankenschwestern entbunden, die kaum oder gar nicht ausgebildet waren”, erklärt sie. „Sie wussten nicht, wie man Blutungen nach der Geburt stoppt, sie wussten nicht, wie man sterile Bedingungen schafft, sie wussten nicht, wie man Risiken erkennt... Sie mussten weiter und besser ausgebildet werden.” 2009 übernahm Medair von den Stützpunkten in Bunia, Isiro und Dungu aus die monatlichen Schulungs- und Anleitungsaufgaben in über 400 Kliniken in der Province Orientale. Wir unterstützten über eine Million Menschen mit weitreichenden Programmen in den Bereichen medizinische Grundversorgung, medizinische Behandlung von Opfern sexueller Gewalt sowie HIV/Aids-Beratung und -Behandlung.
blutiger Durchfälle kam, beluden unsere Mitarbeiter sofort vier Motorräder mit lebensrettenden Medikamenten und machten sich auf die zweitägige Reise. „Wir kamen gerade rechtzeitig”, erklärt der medizinische Betreuer Florentin Inikpio Manga. „Die medizinischen Einrichtungen hatten ihre letzten Antibiotika am Tag unserer Ankunft verbraucht.”
Besserer Mutterschutz
Nach ihrer Rückkehr machte Regine sich in Zusammenarbeit mit der regionalen Gesundheitsbehörde an die Erarbeitung eines Weiterbildungsprogramms für Geburtshilfe. Sie lud Krankenschwestern und Ärzte aus vier verschiedenen Gesundheitszentren in unser Büro ein, wo sie einen zehntägigen Intensivkurs absolvierten. „Nach dem Kurs besuchten wir die Krankenschwestern in den Gesundheitszentren, um ihre neu erworbenen Kenntnisse zu erweitern und aufzufrischen”, sagt Regine. „Diese Krankenschwestern tun sich jetzt leichter, bessere Entscheidungen im klinischen Alltag zu treffen.” Eines Tages, als Regine gerade einer Entbindungsstation in Gombari einen Betreuungsbesuch abstattete, kam eine Frau zur Entbindung, die in der Vergangenheit bereits drei Totgeburten gehabt hatte.
Darüber hinaus führten wir in 184 Gesundheitszentren ein gross angelegtes Malaria-Projekt für 721 000 Menschen durch, bei dem die medizinischen Mitarbeiter in der Diagnose, Behandlung und Prävention geschult und 55 000 Moskitonetze verteilt wurden.
Vor der Weiterbildung wussten die medizinischen Mitarbeiter nicht so recht, wie und wann man ein Partogramm (ein wirksames Hilfsmittel zur Überwachung des Geburtsverlaufs und damit zur Verringerung von Komplikationen) verwendet. Doch jetzt konnten die Mitarbeiter auf ihr neues Wissen über das Partogramm zurückgreifen und den Verlauf der Geburt verfolgen. So sahen sie, dass die Geburt zwar normal begann, dann jedoch nicht weiter vorankam.
Als es in dem von 6000 Binnenflüchtlingen bewohnten Dorf Amadi zu einem lebensbedrohenden Ausbruch
Daher wurde ein Notkaiserschnitt durchgeführt und die Frau von einem gesunden Kind entbunden.
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MEDAIR Jahresbericht 2009
Mittlerweile wird das Partogramm in allen Kliniken in der Gesundheitszone Gombari eingesetzt.
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
1 438 000
Eine unsichere Region
Medair-Mitarbeiter
18 internationale Mitarbeiter 111 nationale Mitarbeiter
Anhaltende Gewalttaten von Rebellengruppen behinderten unseren Zugang zu manchen von der Aussenwelt abgeschnittenen Gemeinden. Um gefährliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, mussten wir häufig unsere Pläne und Reiserouten ändern. Im Laufe des Jahres vertrieben aufständische Milizengruppen 100 000 Menschen aus ihrem Zuhause in der Region um Gety südlich von Bunia. Einige der Vertriebenen hatten in den vergangenen acht Jahren aufgrund der anhaltenden Konflikte zehnmal fliehen müssen.
Medizinische Versorgung – Soforthilfe •2 94 000 Binnenvertriebene kostenlos medizinisch versorgt • 3 Einsätze wegen Krankheitsausbrüchen, 272 Patienten behandelt Wiederaufbau •4 38 Gesundheitszentren jeden Monat unterstützt • 1 209 000 neue Patienten behandelt •6 7 000 Geburten betreut •2 51 000 Kinder geimpft •4 19 000 Vorsorgeuntersuchungen für Kinder unter 5 Jahren • 1 12 000 Malariapatienten behandelt; 55 000 Moskitonetze verteilt •3 72 Krankenschwestern und Hebammen geschult •7 61 Opfer sexueller Gewalt behandelt
Medair übernahm in Gety die kostenlose medizinische Versorgung von weit mehr Menschen als erwartet: 7000 jeden Monat. Gleichzeitig sorgten wir in Dungu und Doruma weiterhin für die kostenlose medizinische Versorgung Zehntausender Menschen, die vor der Gewalt geflohen waren. „Eine gute Tat vergisst man nie“, sagt Jean B.G. Dakatina, Vorsitzender der Binnenvertriebenen in Doruma. „In unserer Zande-Kultur heisst es, dass man einen Freund in schwierigen Zeiten daran erkennt, dass er zu Hilfe eilt. Und genau das sehen wir in der Arbeit von Medair.”
•9 25 Menschen auf HIV getestet und beraten; 361 mit antiretroviralen Medikamenten versorgt Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Wiederaufbau • 8 Gesundheitszentren mit Latrinenanlagen, Plazenta- und Abfallgruben ausgestattet • 9 Wasserauffangsysteme errichtet Unterkunft und Infrastruktur – Wiederaufbau • 7 Gesundheitszentren neu errichtet und 4 wiederaufgebaut Fotos, links: Schwester Regine auf ihrem Motorrad rechts: Frauen warten mit ihren Kindern in einer von Medair
unterstützten Klinik in Doruma, D.R. Kongo, auf ihre Behandlung.
Programmfinanzierungspartner Europäisches Amt für humanitäre Hilfe, Amt für Zusammenarbeit EuropeAid der Europäischen Kommission (EuropeAid), Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Pooled Fund/ UNOCHA, Schweizer Glückskette, Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Global Fund/UNDP/Cordaid Privatspenden: Demaurex & Cie SA – Marchés Aligro (CH) Sachspenden: Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Für weitere Informationen über die D.R. Kongo und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/programm-kongo.
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USBEKISTAN TADSCHIKISTAN
CHINA
Yawan
TURKMENISTAN
Faizabad
Behsud
Jalâlâbâd
Ghazni
Kandahâr
dus
Afghanistan
30 Jahre Krieg hinterliessen Afghanistan in einem desolaten Zustand. So grundlegende Dinge wie medizinische Versorgung, Wasser, Strassen und Bildung wurden allzu lange vernachlässigt. Zudem sind viele Gemeinden aufgrund der extremen Witterungsbedingungen, des bergigen Geländes und der schlechten Strassenverhältnisse voneinander abgeschnitten.
Kabul
In
Bamian Waras
Afghanistan
PAKISTAN 0 IRAN
0
100 200 km 100
INDIEN 200 mi
Den Berg hinabgerutscht 2009 führte Medair Notfallmassnahmen durch und stärkte die Kompetenzen der Gemeinden zur Reduzierung des Katastrophenrisikos. „In meinem ganzen Leben habe ich noch nie eine solche Verwüstung gesehen“, sagt Dorfoberhaupt Mohammed Daed. „70 Häuser verschwanden an einem einzigen Tag.“
(Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene) durch. Die extremen Witterungsbedingungen erwiesen sich dabei jedoch als ein enormes Hindernis für die Arbeit von Medair.
Im Frühjahr 2009 führten heftige Regenfälle und die rasche Schneeschmelze zu tödlichen Erdrutschen und Überschwemmungen in den Bergdörfern der entlegenen Provinz Badakhshan. Über 60 Menschen starben und unzählige Häuser und Bauwerke wurden zerstört.
Trotz des schwierigen Zugangs übergab Medair 2009 71 neue Brunnen und 51 Entnahmestellen mit eingefassten Quellen an Gemeinden in Waras und schulte neue Wasserausschüsse und Pumpenmechaniker.
Medair entsandte sofort ein Team, das sich zu Pferd durch den Schlamm in die betroffenen Gemeinden aufmachte, um die Schäden zu begutachten. Im Dorf Adnil hatte sich während des 4-Uhr-Gebets der Männer ein gewaltiger Erdrutsch ereignet. „Als wir Schreie von unseren Frauen und Kindern hörten, rannten wir zurück und sahen, wie unser Dorf zusammenstürzte und den Berg hinabrutschte,“ berichtet einer der Männer. Medair reagierte mit einem Soforthilfeprojekt, mit dem über 1000 Familien durch die Verteilung von Baumaterialien, Lebensmitteln und unentbehrlichen Haushaltsutensilien unterstützt wurden. Im Zuge der Katastrophenvorsorge entsandten wir ein Sondierungsteam in 75 abgelegene Dörfer, um die Gemeinden zu ermitteln, die am stärksten von Naturkatastrophen bedroht sind. Daraufhin wurden in 27 der am meisten gefährdeten Dörfer Katastrophenvorsorgeschulungen durchgeführt. In Zusammenarbeit mit den Gemeinden ermittelten wir die Risiken und entwickelten Notfallpläne zur Verringerung der Auswirkungen künftiger Naturkatastrophen. „Ich bin sehr gespannt, weil Medair diese Art Projekt zum ersten Mal durchgeführt hat”, erklärt Medair-Mitarbeiter Kaihan Majeed. „Es ist so wichtig, die Dorfbewohner stärker zu sensibilisieren. Bisher wussten sie nicht, wie sie sich gegen Naturkatastrophen schützen können. Jetzt schon.”
Durch Regen und Schnee
In Badakhshan und im Bezirk Waras in der Provinz Bamyan führte Medair ein umfassendes WASH-Programm 22
MEDAIR Jahresbericht 2009
Vor unserem Hilfseinsatz in Waras verfügte die Bevölkerung nur über minimale Hygienekenntnisse. Die meisten verwendeten schmutziges Oberflächenwasser, und viele hatten noch nie eine Latrine benutzt. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich die Gesundheit der Bevölkerung durch unsere Bemühungen enorm verbessern wird. 2009 organisierte Medair die medizinische Grundversorgung in der Provinz Badakhshan. Wir errichteten eine neue Klinik in Patir und übernahmen die Schulung, Unterstützung und Betreuung der afghanischen Gesundheitsdienste. Auch diesmal spielte die Müttergesundheit eine zentrale Rolle: Das Überweisungssystem zwischen den Kliniken wurde verbessert, und mehr Frauen wurden überzeugt, die Schwangerschaftsfürsorge und postnatale Betreuung in Anspruch zu nehmen. Am Jahresende konnte Medair das gesamte Gesundheitsprogramm in Badakhshan erfolgreich an eine afghanische NGO übergeben. „Vor sechs Jahren gab es in diesem entlegenen Teil der Provinz fast keine Kliniken”, erklärt MedairMitarbeiter Johan ten Hoeve. „Heute gibt es sieben Gesundheitseinrichtungen und 55 Krankenstationen. Das Gesundheitswesen hat sich nachhaltig entwickelt, und das Gesundheitsministerium der Provinz sowie die einheimischen Gesundheitsdienste verfügen mittlerweile über die nötige Kompetenz, um es langfristig ohne unsere Unterstützung zu betreiben. Das ist eine bemerkenswerte Verbesserung für die Bevölkerung.”
Neues Leben für Mutter und Kind Im Mai flog Medair die schwangere 22-jährige Bibi Leila von einer kleinen Krankenstation ins Krankenhaus nach Faizabad, weil sie in Lebensgefahr schwebte. Sie benötigte einen Kaiserschnitt, da ihr Baby für tot erklärt worden war. Die in Faizabad durchgeführte Ultraschalluntersuchung zeigte Erstaunliches: Ihr Baby war noch am Leben. Die Ärzte führten sofort einen Kaiserschnitt durch und entbanden ein Mädchen.
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
154 320
Medair-Mitarbeiter
10 internationale Mitarbeiter 179 nationale Mitarbeiter
Medizinische Versorgung – Soforthilfe • 1 062 von Naturkatastrophen betroffene Familien erhielten je eine Monatsration Lebensmittel Wiederaufbau •7 Gesundheitseinrichtungen und 55 Krankenstationen boten 109 100 Menschen Zugang zu medizinischer Grundversorgung • 1 86 Mitarbeiter des Gesundheitswesens geschult •8 1 857 Patienten behandelt
Alles in allem hatte Bibi Leila fünf Tage lang in den Wehen gelegen und war stundenlang auf einer Trage transportiert worden, 100 Kilometer mit dem Flugzeug geflogen und 40 Minuten auf schlechten Strassen im Krankenwagen gefahren.
•4 44 Geburten in Kliniken betreut
„Als man mir sagte, dass mein Baby am Leben sei, schwebte ich vor Glück”, sagt Bibi Leila. „Nach Gott seid ihr der Grund dafür, dass mein Baby und ich am Leben sind.”
•6 52 Latrinen und 300 Badezimmer in Privathaushalten gebaut
Programmfinanzierungspartner Europäisches Amt für humanitäre Hilfe, Weltgesundheitsorganisation, Canadian Foodgrains Bank, EO-Metterdaad (NL), TEAR Fund (NZ), Mennonitisches Zentralkomitee (USA, Kanada), Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (CH) Privatspenden: Demaurex & Cie SA – Marchés Aligro (CH), Vontobel Foundation (CH), Diakonia Leiding Foundation (NL), Fondation Gertrude Hirzel (CH) Sachspenden: Entwicklungshilfeorganisation der Vereinigten Staaten – Tech-Serve
F ür weitere Informationen über Afghanistan und die dortige Arbeit von Medair siehe www.medair.org/programm-afghanistan.
•9 000 Kinder und Schwangere im Rahmen einer mobilen Impfkampagne geimpft Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene Wiederaufbau • 72 von Hand gegrabene Brunnen, 144 Entnahmestellen mit eingefassten Quellen errichtet, 2 Wasserstellen instand gesetzt • 1 55 Hygieneaufklärer geschult; 38 220 Menschen erhielten Hygieneerziehung • 1 86 Wasserausschüsse gegründet Unterkunft und Infrastruktur – Soforthilfe • 1 062 von Naturkatastrophen betroffene Familien erhielten Materialien für den Bau von Unterkünften und je ein Paket Nicht-Nahrungsmittel Wiederaufbau • 31 km Strasse gebaut • 1 Klinik neu gebaut • 730 Menschen erhielten Anreize nach dem Prinzip Geld für Arbeit, um die Wiederherstellung der Lebensgrundlagen zu unterstützen • 27 Dörfer erhielten Katastrophenvorsorgeschulungen und erarbeiteten einen Gemeindeaktionsplan • 13 544 Schüler und Lehrer in 22 Schulen erhielten Katastrophenvorsorgeschulungen Foto: Im Frühjahr 2009 wurden durch Erdrutsche und Überschwemmungen
60 Menschen getötet und unzählige Familien obdachlos.
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ÄGYPTEN
LIBYEN
SAU. AR.
Nordstaaten TSCHAD
Khartoum
Geneina
Sudan
West-Darfur
Muglad
0
Kadugli
ÄTHIOPIEN
Südsudan
Z.A.R 0
ERITREA
300 km 300 mi
DEM. REP. KONGO
UGANDA
KENIA
Sudan (Nordstaaten) Die sudanesischen Nordstaaten sind nach dem langen Bürgerkrieg noch immer angeschlagen. Millionen Sudanesen haben weiterhin nur sehr beschränkten Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen, und in Darfur bleibt die prekäre Sicherheitslage ein Problem. Medair ist die internationale NGO, die am längsten in West-Darfur Hilfe leistet. Wir passen unsere Hilfsprogramme entsprechend der instabilen Sicherheitslage, der An- bzw. Abwesenheit anderer Hilfsorganisationen und den Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung an.
Neue Hoffnung in Hereeka Im Jahr 2009 half Medair, von Krisen betroffene Gemeinden zu entlasten, indem gemeinsam Projekte umgesetzt wurden, um den lebenswichtigsten Bedarf zu decken und eine grössere Eigenständigkeit zu ermöglichen. Im Dorf Hereeka haben die 1400 halbnomadischen Hirten ein schweres Leben. Wasser ist in vielen Teilen des Sudan knapp, aber hier in Süd-Kordofan zwingt der saisonale Wassermangel die Bewohner, südwärts zu ziehen, wo sie Reibereien mit den dortigen Gemeinden riskieren, die ihre eigenen Wasserreserven schonen müssen. Wenn es in Süd-Kordofan Wasser gibt, trinken Tiere und Menschen aus demselben Trog, wodurch Krankheiten vorprogrammiert sind. 2009 beriet sich Medair mit der Gemeinde, und es wurde gemeinsam ein Plan für die Errichtung eines Wasserreservoirs mit ganzjähriger Wasserversorgung erarbeitet. „Die Gemeinde beriet uns hinsichtlich der Gestaltung des Wasserreservoirs, half beim Bau und ist nun für den täglichen Betrieb und die Wartung verantwortlich“, erklärt Medair-Mitarbeiter Jonathan Middelbos. „Durch die Zusammenarbeit sieht die Gemeinde ihre Erfolge und kann stolz auf ihre Teilhabe an den Projekten sein.” Die Bewohner sind von ihrem Wasserreservoir mit den zwölf neuen Wasserhähnen und vier separaten Trögen für Tiere sehr begeistert. „Das Wasserreservoir ist eine wirkliche Verbesserung für Hereeka”, sagt Dorfbewohner Ali Osman.
Süd-Kordofan
Hereeka war einer von zehn Orten in Süd-Kordofan, an denen Medair 2009 neue WASH-Projekte (Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene) durchführte. Im März übergab Medair erfolgreich elf Kliniken an Lokal- und Bundesstaatsbehörden, ein positiver Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Leistungsangebot. Mit der Übergabe konnte unser Team auch unser
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MEDAIR Jahresbericht 2009
Versorgungsgebiet auf 14 neue Standorte für Gesundheitsprojekte ausweiten. Die Zugänglichkeit blieb allerdings ein Problem: Aufgrund schwerer Regenfälle konnten viele Orte wie Hereeka mitunter monatelang nicht erreicht werden. Unsere Mitarbeiter legten grosse Entfernungen auf der Strasse zurück – eine der Herausforderungen, die Einsätze bei entlegenen Nomadengemeinden mit sich bringen. „Eines Tages machten wir uns auf den Weg zu Om Pakhateen, einer der 24 Nomaden-Hebammen, die wir dieses Jahr durch Weiterbildung und medizinische Verbrauchsgüter unterstützten”, berichtet MedairMitarbeiterin Rebekka Frick. „Wir folgten den Wegbeschreibungen der Einheimischen und kamen nach stundenlanger Fahrt zu einem schmalen Pfad, der ins Dickicht führte – von der Hebamme aber keine Spur. Ich wollte nicht aufgeben, kletterte aufs Autodach und rief laut ihren Namen in der Hoffnung, ihr Zelt könnte in der Nähe sein. „Nach einigen Minuten trat ein lächelnder Nomade aus dem Dickicht! Er führte uns zu Om Pakhateen und ihrer Familie, die uns herzlich begrüssten. Wir sprachen mit ihr über ihre jüngsten Fälle, gaben neue medizinische Verbrauchsgüter ab und übten mit ihr das Blutdruckmessen. Ein erfolgreicher Tag in Süd-Kordofan!”
West-Darfur
Anfang 2009 unterstützte Medair 20 Einrichtungen der primären Gesundheitsversorgung im umkämpften West-Darfur und führte gleichzeitig WASH-Projekte für über 150 000 Menschen durch. Im Laufe des Jahres weitete Medair die Hilfsprogramme aus, um
Versorgungslücken zu schliessen. So wurden fünf weitere Gesundheitseinrichtungen unterstützt, und es kamen ein WASH-Projekt und ein Nothilfeeinsatz hinzu. Im Dorf Bir Dageeg verbesserte sich die Sicherheitslage so weit, dass Medair eine 2007 zerstörte Klinik wiederaufbauen und -eröffnen konnte. Der Zugang zu den Einsatzorten war aufgrund der Sicherheitslage und der gezielten Angriffe auf Hilfsorganisationen (dreimal auch auf Medair) eine ständige Herausforderung. Auch wenn dadurch unsere Einsätze behindert wurden, konnten wir Angriffspausen nutzen, um die Not leidende Bevölkerung zu erreichen und zu unterstützen. Unser Team legte zudem den Schwerpunkt erneut auf den Kompetenztransfer und hielt diesbezüglich in enger Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium Schulungskurse für die kommunalen Gesundheitsdienste in El Geneina ab. Darüber hinaus schulten wir Wasserausschüsse und Pumpenmechaniker, damit diese ihre eigenen Wassersysteme betreiben können. „2009 verfolgten wir unser Ziel, den Gemeinden zur Seite zu stehen und sie eine Zeit lang zu entlasten”, erklärt die Landesverantwortliche Anne Reitsema abschliessend, „und zusammen fanden wir kreative und wirksame Wege, ihren Grundbedürfnissen zu begegnen.” Programmfinanzierungspartner Entwicklungshilfeorganisation der Vereinigten Staaten, Ministerium für internationale Entwicklung des Vereinigten Königreichs, Schwedische Behörde für internationale Entwicklungszusammenarbeit, Common Humanitarian Fund (UNDP), TEAR Fund (NZ) Privatspenden: Demaurex & Cie SA – Marchés Aligro (CH) Sachspenden: Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
436 500
Medair-Mitarbeiter
26 internationale Mitarbeiter 334 nationale Mitarbeiter
Medizinische Versorgung – Soforthilfe West-Darfur •3 00 486 Untersuchungen in 24 Kliniken zur medizinischen Grundversorgung •6 591 von Hebammen betreute Geburten Süd-Kordofan • 1 1 Kliniken für die medizinische Grundversorgung erfolgreich an Gesundheitsbehörden übergeben • 1 3 590 Kinder gegen Kinderkrankheiten geimpft •2 130 Frauen im gebärfähigen Alter gegen Tetanus geimpft •7 100 Hilfeempfänger zu den Themen Bilharziose und HIV/Aids aufgeklärt, davon 5300 gegen Bilharziose behandelt Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Soforthilfe West-Darfur • 1 55 000 Menschen mit sicherem Trinkwasser versorgt • 52 Pumpenmechaniker für die Durchführung von Reparaturarbeiten geschult •7 70 Notfalllatrinen gebaut, 6 Brunnen gebohrt Süd-Kordofan • 1 2 Brunnen gebohrt, die 19 926 Hilfeempfänger mit sicherem Wasser versorgen • 103 Pumpenmechaniker geschult Wiederaufbau West-Darfur • 2648 Latrinen gebaut oder instand gesetzt • 5 Brunnen gebohrt, mit denen 1 Wasserturm und 1 Wasserreservoir mit hoher Kapazität betrieben werden Süd-Kordofan • 1 Wasserreservoir instand gesetzt und damit die zuverlässige Wasserversorgung einer Gemeinde mit 1400 Einwohnern sichergestellt • 279 Latrinen gebaut bzw. instand gesetzt sowie Material für 130 Latrinen bereitgestellt • 11 600 Menschen in Hygieneförderung geschult • 3600 Menschen durch Regenwassergewinnungssysteme geholfen
F ür weitere Informationen über den Sudan (Nordstaaten) siehe www.medair.org/programm-sudan-nordstaaten.
Foto: D ie Medair-Mitarbeiter legten grosse Entfernungen zurück, um die von der
Aussenwelt abgeschnittenen Nomadenfamilien in Süd-Kordofan, Sudan (Nordstaaten), zu erreichen.
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Würde und Schönheit inmitten der Krise In der humanitären Arbeit werden Bedürftige, die Hilfe erhalten, als „Hilfeempfänger“ bezeichnet. Ihre Identität beruht auf der Hilfe, die sie empfangen, nicht auf der Persönlichkeit des Einzelnen. 2009 feierten wir das 20-jährige Bestehen von Medair mit Fotoausstellungen in unserem Gründungsland Schweiz. Wir veranstalteten diese Ausstellungen, um die aussergewöhnliche Belastbarkeit unserer Hilfeempfänger – der Menschen, denen wir tagtäglich zur Seite stehen – zu würdigen und ihre Stärke, Würde und Schönheit als Menschen zu zeigen.
„In Ländern, die massiv von Krieg betroffen sind, hat man den Eindruck, dass sich die Menschen gerne fotografieren lassen. Als würden sie denken: Wenn man mich fotografiert, bedeutet das, dass ich am Leben bin. Das Foto ist eine Art Existenzbeweis. Das Schlimmste, was diesen Menschen passieren kann, ist, dass wir sie völlig vergessen. Es ist sehr wichtig, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen Gehör zu verschaffen.” Jan-Joseph Stok, Fotograf im Auftrag von Medair
„Dieses Foto habe ich im südsudanesischen Melut in einer “My image isaufgenommen. in Melut, Southern Sudan, a clinic beside Klinik am Nil Ringsum istat die Welt eben, the Nile. All around a flat, Mittendrin, ochre-coloured universeauf of dust ockerfarben und staubig. wie Blumen and wind. Suddenly, likeuns flowers on a volcano, colourful einem Vulkan, erinnern die bunten Haargummis im bows in theHaar blackdieses hair ofkleinen this little girl remind us that schwarzen Mädchens daran, dass sich beauty andund poetry canüberall hide everywhere. Schönheit Poesie verbergen können.” Odile Meylan, Fotografin photographer im Auftrag for Medair von Medair
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MEDAIR Jahresbericht 2009
„Ich habe diese Bilder am frühen Morgen in einem Flüchtlingslager im ugandischen Patongo aufgenommen. Es war “I took theseund photos in ganz neblig dauerte the early in a lange, bismorning das Tageslicht refugee campInindieser Patongo, durchbrach. Uganda. ThereStimmung was a ganz eigenen lot of fog. It die tookMenschen a long erschienen time forSilhouetten the day’s light nur als undto appear. InDurch this very Schatten. denspecial Dunst atmosphere, people sah es so aus, als wären were onlygezählt, silhouettes ihre Tage als or shadows. Through warteten sie darauf,the dass mist, they seemed to be on ihnen geholfen wird und borrowed waiting sie wiedertime, voll ins Lebenfor relief, waiting können.” to be able to zurückkehren come back fully to life.” Mélanie Frey, Fotografin im Auftrag von Medair Mélanie Frey, photographer for Medair
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ÄGYPTEN
LIBYEN
SAU. AR.
Nordstaaten
TSCHAD
Khartoum
Sudan Aweil
Manyo Melut
ERITREA
Renk
Malakal Akobo
Südsudan
ÄTHIOPIEN
Z.A.R
Yei 0 0
300 km 300 mi
DEM. REP. KONGO
Juba UGANDA
KENIA
Südsudan Der Südsudan gehört zu den Gebieten mit den weltweit schlechtesten Werten in den Bereichen Nahrung, Wasserversorgung, Mutter-Kind-Gesundheit, Bildung und Ausbrüche von häufigen, vermeidbaren Krankheiten. Mit der Unterzeichnung des sogenannten „Umfassenden Friedensabkommens“ endete 2005 zwar offiziell der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und Süden des Landes, doch es sterben weiterhin Tausende Menschen aufgrund der prekären Sicherheitslage und der mangelnden Grundversorgung. Eskalierende Stammeskonflikte machten 2009 zum Jahr mit den meisten Gewalttaten seit der Unterzeichnung des Abkommens.
Kein Weg ist zu weit Trotz der zunehmend prekären Sicherheitslage, die den Zugang erschwerte und wiederholt einen kurzfristigen Abzug erforderlich machte, führte Medair unermüdlich ein umfassendes Programm an lebensrettenden Projekten im Südsudan durch. Als Medair von den wiederholt auftretenden Masernepidemien unter den Nomaden im Bezirk Pibor erfuhr, machte sich unser Emergency Response Team (ERT) auf den Weg zu einigen der am schwersten zu erreichenden Menschen im Land. Um dem Stamm der Kajibu zu helfen, bewältigten die Medair-Mitarbeiter einen Zweitagesmarsch auf einem kaum passierbaren und von Felsblöcken übersäten Weg durch die Berge. Nachdem 1200 Kajibu-Kinder geimpft waren, machte sich das ERT auf die Suche nach den schwer auffindbaren Lagern der Viehhirten des Stammes Jie. Das Team ging stundenlang in brütender Hitze zu Fuss durch Sümpfe, um zu den Kindern zu gelangen und sie zu impfen. Noch schwieriger war es, die Murle-Nomaden aufzuspüren. „Um manche ihrer Dörfer zu erreichen”, berichtet die ERTKrankenschwester Gaby Service, „mussten wir an einer Stelle, an der es nach Aussage der Einheimischen keine Krokodile gibt, durch einen Fluss schwimmen. Unsere leeren Kochtöpfe dienten als Floss für unsere Ausrüstung.” Trotz dieser Schwierigkeiten war der Einsatz ein durchschlagender Erfolg, denn unserem ERT war im wahrsten Sinne des Wortes kein Weg zu weit, um mehr als 2000 der gefährdetsten Kinder der Welt zu schützen.
Früher starben wir in der Dunkelheit
Nothilfeeinsätze bildeten 2009 eine der Säulen unserer Tätigkeit. In enger Zusammenarbeit mit der UNO und dem Gesundheitsministerium beobachteten wir das Auftreten von Notsituationen, um rasch reagieren zu können. Es gelang uns, Teams in weniger als drei Tagen zu mobilisieren, die dann im ganzen Südsudan Hilfe in den verschiedensten Notsituationen leisteten. Im März impfte eines unserer Gesundheits-ERTs zur Meningitisprävention knapp 70 000 Menschen im Bezirk 28
MEDAIR Jahresbericht 2009
Budi. Unsere WASH-ERTs (Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene) stellten sichere Trinkwasserquellen in der Region zur Verfügung, darunter auch im umkämpften Akobo, wo wir zudem ein Ernährungsnotprogramm für unterernährte Kinder durchführten. Bei unseren Nothilfeeinsätzen zeigten wir den Einwohnern, wie sie lebenswichtige Funktionen innerhalb der Gemeinde übernehmen können, verbesserten die Kompetenzen der einheimischen Mitarbeiter und konzentrierten uns in einigen Fällen gänzlich auf die Schulung der Bevölkerung. Im November kämpfte sich ein Medair-Team im Bezirk Old Fangak durch den Busch zu abgelegenen Dörfern durch, wo es die Bewohner in der Erkennung und Prävention der tödlichen Krankheit Kala-Azar schulte. „Früher starben wir in der Dunkelheit, ohne zu wissen, woran”, sagte Elisabeth Nyayiech Bipal nach der Schulung. „Aber jetzt wissen wir, was Kala-Azar ist und wie wir uns schützen können. Dieses Wissen können wir in unseren Dörfern weitergeben und damit Licht ins Dunkel bringen.”
Nachhaltiger Nutzen
2009 sorgten unsere WASH-Teams für den Zugang zu sicherem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen. Zudem schulten sie in vielen Gemeinden Hygieneförderer, Wasserausschüsse und Pumpenmechaniker. In Kapoeta-Süd, einer der Gegenden, in denen der Medinawurm weltweit am stärksten verbreitet ist, bohrten wir erfolgreich zehn Brunnen für die Versorgung mit sicherem Wasser. In Yei errichteten wir 20 Latrinenanlagen in Schulen, wodurch knapp 4500 Kinder Zugang zu sanitären Einrichtungen erhielten. Ausserdem bot Medair umfangreiche medizinische Grundversorgungsleistungen in vielen Kliniken in den unterversorgten Bezirken Melut und Manyo an, in denen Medair als einzige NGO präsent war.
Wir arbeiteten eng mit dem Gesundheitsministerium, lokalen Mitarbeitern des Gesundheitswesens und Gemeindeverantwortlichen zusammen, um den nachhaltigen Nutzen unserer Projekte sicherzustellen. 2009, unserem ersten Jahr im Bezirk Manyo, arbeiteten wir bis Dezember von kleinen Lehmhütten aus, bevor wir eine geräumige neue Klinik mit drei Räumen eröffnen konnten. Derweil verlagerte sich unsere Aufgabe in Melut von der direkten medizinischen Versorgung der bedürftigen Bevölkerung zur verstärkten Ausbildung und Unterstützung der lokalen Mitarbeiter des Gesundheitswesens. Das Gesundheitsministerium im Bundesstaat Obernil legte sogar die in Melut geleistete Kompetenztransferarbeit von Medair als Massstab für die medizinische Grundversorgung in anderen Bezirken fest. „Medair führt viele Aus- und Weiterbildungsmassnahmen durch”, sagt Ahoch Ayong Athon, der seine Ausbildung als Community Health Worker (CHW) in Melut soeben erst abgeschlossen hat. „Viele Menschen hatten während des Krieges keine Möglichkeit, etwas zu lernen. Daher ist es sehr gut, dass Medair ihnen Wissen vermittelt. Falls Medair uns jemals verlassen muss, sind wir besser darauf vorbereitet und in der Lage, allein zurechtzukommen.” Programmfinanzierungspartner Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission, Basic Services Fund (DFID, UK), Common Humanitarian Fund (UNDP), Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Weltgesundheitsorganisation, Tearfund (UK) Sachspenden: Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Internationale Organisation für Migration, Welternährungsprogramm
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
308 710
Medair-Mitarbeiter
36 internationale Mitarbeiter 40 kenianische Mitarbeiter 210 nationale Mitarbeiter
Medizinische Versorgung – Soforthilfe •2 0 Notfallbedarfsanalysen, davon 1 im Ernährungsbereich • 12 Nothilfeeinsätze durchgeführt und damit 145 102 Menschen geholfen • 1 577 Kinder gegen Unterernährung behandelt • 5 40 medizinische Mitarbeiter geschult Wiederaufbau • 5 9 175 ambulante Behandlungen in 3 Zentren und 8 Stationen für primäre Gesundheitsversorgung •2 306 Geburten von traditionellen Geburtshelfern, Hebammen und CHWs begleitet •9 141 Impfungen im Bezirk Melut durchgeführt • 20 667 mal in Kliniken und Kampagnen zum Thema Gesundheit aufgeklärt • 1 933 Menschen an insgesamt 705 Tagen zu verschiedenen medizinischen Themen geschult Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Soforthilfe • 7 Oberflächenwasseraufbereitungsanlagen (SWATs) errichtet; 35 SWAT-Bediener geschult •2 7 Brunnen wiederaufgebaut; 21 Notfalllatrinen eingerichtet; 20 Handpumpenmechaniker geschult • 1 00 Mitglieder von Wasserausschüssen geschult • 5 5 neue Hygieneförderer geschult; 77 an Auffrischungsschulung teilgenommen Wiederaufbau • 14 neue funktionsfähige Brunnen gebohrt; 25 Handpumpenmechaniker geschult •2 0 Latrinenanlagen in Schulen in Yei und 2 Wasserversorgungssysteme in Yei errichtet • 1 21 neue Hygieneförderer geschult; 122 neue Mitglieder von Wasserausschüssen geschult Unterkunft und Infrastruktur – Soforthilfe •4 241 Pakete mit Nicht-Nahrungsmitteln an 21 110 Menschen im Bundesstaat Obernil verteilt Foto: Medair impfte im Südsudan im Rahmen eines Nothilfeeinsatzes bei
einer grossflächigen Masernepidemie mehr als 2000 Kinder.
F ür weitere Informationen über den Südsudan siehe www.medair.org/programm-suedsudan. 29
0 0
50
Uganda
100 km 50
SUDAN
100 mi
Kaabong Patongo
Abim
DEM. REP. KONGO
Uganda Kampala
KENIA
Zwei Jahrzehnte lang entführte die Lord’s Resistance Army (LRA) in Acholiland im Norden Ugandas Kinder und verübte andere Gräueltaten. Auf dem Höhepunkt des Konflikts lebten über eine Million Menschen in überfüllten Flüchtlingslagern. Im September 2006 zog sich die LRA aus Uganda zurück; seitdem unterstützt Medair die Flüchtlinge bei der Rückkehr in ihre Heimatdörfer. Die Menschen im Halbtrockengebiet Kaabong in Karamoja haben kaum Zugang zu sicherem Wasser und sanitären Einrichtungen. Zudem leiden sie unter der seit vier Jahren währenden Dürre.
TANSANIA RUANDA
Wasser ist Leben Als sich die Sicherheitslage verbesserte, zog Medair aus der Region Acholiland ab, in der sich eine bis dahin von der Weltöffentlichkeit kaum beachtete humanitäre Krise abgespielt hatte. Gleichzeitig starteten wir ein innovatives Wasserprojekt im Dürregebiet Karamoja. „Für die Menschen in Kaabong ist Wasser das wertvollste Gut. Wasser ist Leben”, sagt Dr. Eladu Frederick, Produktionsverantwortlicher für den Bezirk Kaabong. In Kaabong im Gebiet Karamoja haben die Viehhirten Mühe, genügend Wasser und Weideland für ihre Herden zu finden. Jedes Jahr blicken sie voller Sorge zum Himmel hinauf und hoffen auf Regen für ihre kleinen Felder und ihre Herden. Angesichts eines weiteren verheerenden Dürrejahres entschied sich Medair 2009, etwas Neues auszuprobieren, etwas, was in Uganda noch nie ausprobiert worden war. In Kooperation mit lokalen Gemeindeverantwortlichen und Arbeitskräften baute Medair vier Dämme unter sandigen Flussläufen. Mit diesen Dämmen wird in der kurzen Regenzeit Wasser unter dem Sand festgehalten, wodurch es nicht abfliessen und verdunsten kann. Das Wasser wird einfach im Sand unter der Oberfläche gespeichert. „Die Karamajong-Hirten müssen jetzt nur noch ein flaches Loch ausheben, in dem sich sofort Wasser sammelt, das ihr Vieh trinken kann”, erklärt Projektmanager Phil Candy. „Diese Lösung ist wirksam, kostengünstig und nachhaltig. Da die Dämme ohne bewegliche Teile auskommen, sind sie wartungsarm bzw. wartungsfrei.“ Das Projekt ist so erfolgreich, dass der ugandische Staat und andere Hilfsorganisationen nun den potenziell überlebenssichernden Nutzen eines Baus weiterer unterirdischer Dämme in Karamoja untersuchen. „Medair brachte eine neue Technik, die bis dato im Bezirk nie bedacht worden war”, sagt Dr. Frederick voller Dankbarkeit.
Wiederherstellung der Eigenständigkeit und Würde Andernorts in Kaabong verbesserte Medair den Zugang zu sicherem Trinkwasser und errichtete mehrere Hundert Latrinen. Um den Teufelskreis der Abhängigkeit von 30
MEDAIR Jahresbericht 2009
kostenloser Nahrungsmittelhilfe zu durchbrechen, führten wir mehrere Geld-für-Arbeit-Projekte durch. Die einheimische Bevölkerung richtete 42 Kilometer Strasse wieder her und nahm weitere Infrastrukturverbesserungen vor, wofür sie ein Einkommen erhielt. Die Bauern im niederschlagsreicheren Westen Kaabongs erhielten Saatgut und Geräte zur Unterstützung des Existenzaufbaus. Im Laufe des Jahres beendete Medair langjährige Hilfsprogramme in den Bezirken Pader und Abim oder gab diese an lokale Verantwortliche ab. Die Sicherheitslage verbesserte sich so sehr, dass bis Ende 2009 80% der Bevölkerung in ihre Heimatdörfer zurückkehren konnten. Es war das letzte Jahr für Medair in Acholiland, und das Team bemühte sich intensiv, unsere Projekte abzuschliessen und dafür zu sorgen, dass sie einen langfristigen und positiven Nutzen haben. Allein im Jahr 2009 hat Medair neue Brunnen gebohrt, beim Bau von Latrinen in Privathaushalten geholfen, Latrinen in Schulen ausgehoben, richtiges Hygieneverhalten vermittelt, auf Ausbrüche von Kinderlähmung und Hepatitis E reagiert, bedürftigen Kindern geholfen, ihre Chancen im Leben zu verbessern, und die Kompetenzen im Gesundheitswesen gefördert.
Sichere Heimkehr
2009 verliessen wir Acholiland im Wissen, dass sich die Kenntnisse und Kompetenzen der einheimischen Bevölkerung seit unserer Ankunft erheblich verbessert hatten. Wir hatten Gesundheits-, Wasser-, Sanitär-, Hygiene- und Kinderschutzprogramme durchgeführt, medizinische Fachkräfte besser ausgebildet und die Gesundheits- und Hygienekenntnisse der Bevölkerung enorm verbessert. „Von Medair habe ich gelernt, welche Gefahren von Hepatitis E ausgehen, und wie ich mich davor schützen kann”, sagt die 45-jährige sechsfache Mutter und Witwe Alicandorina Ajok.
„Jetzt, da ich Kanister habe, kann ich Wasser in sauberen Behältern holen und aufbewahren. Ich habe bereits festgestellt, dass meine Kinder seltener über Bauchweh klagen!” 2009 führte Medair in Acholiland zudem Infrastruktur verbesserungsmassnahmen durch, von denen die Gemeinden noch viele Jahre profitieren werden. So haben wir z. B. in der Grundschule von Rogom Latrinen eingerichtet und den Wassertank repariert. Wir haben Schulmaterialien für die Kinder bereitgestellt und den Erwachsenen gezeigt, wie sie die Rechte der Kinder schützen und die Schule zu einem sicheren Ort für die Mädchen und Jungen machen können. „Wir sind sehr froh, dass ihr hier seid und unsere Sanitäranlagen verbessert habt”, sagt Benito Summy Epuia, ein Schüler der Schule in Rogom. „Wir danken euch auch, dass ihr unsere Sicherheit verbessert. Ich wünsche euch eine sichere Heimkehr!” Programmfinanzierungspartner Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission, Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Entwicklungshilfeorganisation der Vereinigten Staaten, Mercy Corps (USA), Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Schweizer Glückskette, UNICEF Uganda Sachspenden: Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
F ür weitere Informationen über Uganda siehe www.medair.org/programm-uganda .
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
340 292
Medair-Mitarbeiter
8 internationale Mitarbeiter 103 nationale Mitarbeiter
Medizinische Versorgung – Soforthilfe • 28 106 Kinder während einer Kinderlähmungsepidemie geimpft Wiederaufbau • 115 222 Menschen liessen sich in von Medair unterstützten Kliniken versorgen • 3447 Schwangere nahmen Schwangerenberatungen in Anspruch • 10 951 Kinder routinemässig geimpft Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Soforthilfe • 103 000 Menschen erhielten Kanister, Seife und Hygieneförderung bei einem Nothilfeeinsatz wegen Hepatitis E Wiederaufbau • 13 Brunnen gebohrt, die 19 500 Menschen versorgen • 1 Pumpe in einem Krankenhaus installiert und damit 30 000 Menschen geholfen • 18 Pumpenmechaniker geschult • 20 Latrinen in Schulen und 1227 in Privathaushalten gebaut und damit 7828 Menschen geholfen • 115 Mitglieder von Wasserausschüssen geschult • 3 Latrinen in Gesundheitszentren gebaut und damit 10 000 Menschen geholfen Unterkunft und Infrastruktur – Wiederaufbau • 5 354 Menschen direkt von Geld-für-Arbeit-Programmen profitiert •7 Strassen, 50 Viehtröge und 4 unterirdische Dämme gebaut • 395 Menschen in Kinderschutzfragen geschult • 6270 bedürftige Kinder mit Kleidung, Schulmaterialien und Ziegen versorgt Foto: Interessierte Kinder beobachten einen Medair-Mitarbeiter beim Bau
neuer Latrinen für ihre Grundschule.
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Maroantsetra
STRASSE VON MOSAMBIK
Fénérive-Est Toamasina
Antananarivo
Madagaskar INDISCHER OZEAN
0
100 200 km
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100
Madagaskar Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt: 85% der Bevölkerung leben von weniger als 2 US-Dollar am Tag. Jedes Jahr suchen tropische Wirbelstürme die Insel heim, wobei die Region Analanjirofo im Nordosten besonders bedroht ist. Die immer wieder durch Wirbelstürme verursachten Schäden machen es für die Bevölkerung schwer, der Armut zu entkommen. 2009 kam es zu einer grösseren politischen Krise, die zu einer Destabilisierung des Landes führte, wodurch sich die Armut weiter verstärkte und sich einige Medair-Massnahmen verzögerten.
200 mi
Durch Simulationsübungen und Lieder lernen Im Nordosten Madagaskars verbesserte Medair den Zugang zu sicherem Wasser und sanitären Einrichtungen, leistete Nothilfe bei Wirbelstürmen und half durch Katastrophenvorsorgemassnahmen, potenzielle Schäden durch künftige Wirbelstürme zu verringern. „Wenn alle 17 000 madagassischen Dörfer so wie dieses auf Wirbelstürme und Überschwemmungen vorbereitet wären, könnten wir in der Wirbelsturmsaison unbesorgt schlafen”, sagt Jaotiana Rasolomamonjy von der Nationalen Katastrophenschutzbehörde nach Wirbelsturmnothilfeübungen von Medair. Vor den Simulationsübungen baten wir die Dorfbewohner, einen Plan für die Vorbereitung auf Wirbelstürme zu erstellen. Anschliessend koordinierten wir eine zweitägige Simulationsübung für die Bewohner und Behörden, damit diese aus der Praxis lernen konnten, wohin man bei einem Wirbelsturm geht, wen man kontaktiert und wie man Lebensmittel, Tiere und Wasserstellen schützt. „Es ist beeindruckend, welchen praktischen Nutzen die Simulation hat und wie gut sie organisiert ist”, sagt Jaotiana. „Besonders bemerkenswert fanden wir, wie gut die einheimische Bevölkerung einbezogen wurde und die Botschaften verstand.”
Am 6. April erreichte Wirbelsturm Jade die Nordostküste Madagaskars. Tausende Menschen waren von den schweren Überschwemmungen betroffen. Unser Notfallteam verteilte Wasseraufbereitungs- und Hygieneutensilien (WASH-Sets) an 1426 Haushalte im überschwemmten Dorf Anjanzana. „Wir haben 4000 WASH-Sets bevorratet, um von der Überschwemmung betroffenen Gemeinden wie Anjanzana sofort helfen zu können“, erklärt Medair-Mitarbeiter Dr. David Sauter. „Ermutigend ist auch, dass die neuen überschwemmungssicheren Wasserstellen, die Medair in vielen Orten errichtet hat, eine Verseuchung des Wassers wirksam verhindern.” Ebenfalls positiv: Unserem Infrastruktur-Team gelang es, erhebliche logistische Herausforderungen zu bewältigen und ein innovatives wirbelsturmsicheres Schutzgebäude in Anjanzana sowie sechs weitere in anderen gefährdeten Dörfern zu errichten.
Ein so positives Urteil bestärkte uns in unserem partizipatorischen Ansatz in Madagaskar. „Dreh- und Angelpunkt unserer Arbeit ist die aktive Beteiligung unserer Hilfeempfänger und der Lokalbehörden”, erklärt der Landesverantwortliche Aurélien G. Demaurex. „Wir schulen die Menschen so, dass sie ihre Hygiene-, Sanitär- und Sicherheitslage selbst verbessern können.”
Rano Tsara (Gutes Wasser)
Fiaro Tsara (Guter Schutz)
Als wir das System offiziell an die Gemeinde übergaben, empfingen uns die Bewohner mit Jubelgesängen und Zeremonien. „Die Dorfverantwortlichen dankten Gott und brachten ihre grosse Anerkennung für unsere Unterstützung bei der seit Langem benötigten Versorgung mit sicherem Trinkwasser zum Ausdruck”, berichtet der Stellvertretende WASH-Verantwortliche Claudel Mbotivelo. „Wir waren überglücklich, an der Freude der Menschen teilhaben zu dürfen, als sie ihr neues Wasserversorgungssystem in Besitz nahmen.”
Das ganze Jahr über schulte Medair einheimische Erzieher, Ausschüsse und Frauengruppen in Sachen Katastrophenvorsorge und Hygieneförderung. Diese wiederum gaben ihr Wissen in Workshops, Puppentheatervorstellungen, Radiosendungen und Filmen an Tausende Menschen weiter. Wir erhielten unsere Krisenreaktionsfähigkeit im Falle eines Wirbelsturms aufrecht, bevorrateten Hilfsgüter und errichteten Hunderte wirbelsturmsichere Wasserstellen. Im April wurden diese Vorbereitungsmassnahmen auf die Probe gestellt. 32
MEDAIR Jahresbericht 2009
2009 unterstützte Medair die Errichtung von 229 neuen Wasserstellen, von denen zwei mit nach dem Gravitationsprinzip arbeitenden Wasserversorgungssystemen ausgestattet wurden. Eines davon wurde im entlegenen Dorf Sakatihina errichtet, das von Maroantsetra drei Stunden mit dem Einbaum entfernt liegt.
Gesangswettbewerb
Im Juni half Medair bei der Organisation eines gross angelegten Gesangs- und Tanzwettbewerbs. Dabei boten Chöre originelle Lieder dar, mit denen vermittelt werden sollte, wie man sich am besten auf Wirbelstürme vorbereitet. „Wir wollten, dass die Menschen die Botschaft nicht nur verstehen, sondern auch hören, erleben und sich zu eigen machen”, erklärt Medair-Mitarbeiterin Noémie Arnold. „Das hat es noch nie gegeben!”
Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
285 000
Medair-Mitarbeiter
10 internationale Mitarbeiter 83 nationale Mitarbeiter
Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Soforthilfe •6 000 Menschen mit WASH-Sets und Notfallhygieneaufklärung versorgt Wiederaufbau •2 29 neue, überschwemmungssichere Brunnen gebohrt und mit Handpumpen und Ablauf ausgestattet • 2 nach dem Gravitationsprinzip arbeitende Wasserversorgungssysteme mit Handwascheinrichtungen in einer Schule gebaut
Am Tag des Wettbewerbs herrschte eine knisternde Atmosphäre, als mehr als 1000 Menschen kamen, um zu singen, zu tanzen und sich das Konzert anzuhören.
• 468 Latrinen für Familien errichtet, 504 Latrinen für Familien auf Eco-San umgerüstet
„Ich erfuhr von dem Gesangswettbewerb und wollte unbedingt, dass die Frauen aus meinem Dorf daran teilnehmen”, sagt die 26-jährige Landria. „Durch unser Lied habe ich gelernt, welche Vorkehrungen man vor einem Wirbelsturm und der anschliessenden Überschwemmung treffen muss. Der Text handelt von den Gesundheits- und Sicherheitsmassnahmen, mit denen wir uns vor Wirbelstürmen und den damit verbundenen Krankheiten schützen können.”
• 21 740 Erwachsene und 10 198 Kinder direkt mithilfe von Hygieneförderungsveranstaltungen erreicht
Schliesslich ging der Preis für das beste Lied – eine ZebuKuh – an den Chor aus Maranina. „Ehrlich gesagt profitieren alle, wenn die Bevölkerung stark in eine kreative Massnahme wie diese eingebunden wird”, sagt Noémie. „Wenn die Wirbelstürme kommen, werden sich die Menschen dank der Lieder leichter an die Schutzvorkehrungen erinnern können.”
• 9 Schulungsworkshops für Katastrophen- und Risikomanagement-Ausschüsse
• 5 Schulen mit Handwascheinrichtungen ausgestattet • 74 Frauenvereine und 262 Freiwillige in Hygieneförderung geschult
• 169 530 Menschen mithilfe von 345 Puppentheater- und Filmvorstellungen über das Thema Hygiene und 110 000 Menschen im Rahmen von Radiosendungen informiert • 22 WASH-Workshops zu Fach-, Bewirtschaftungs- und Organisationsfragen durchgeführt • 77 dörfliche WASH-Ausschüsse gegründet und unterstützt • 20 Katastrophen- und Risikomanagement-Ausschüsse auf lokaler Ebene, 10 auf kommunaler Ebene und 1 auf Bezirksebene in Bezug auf die Planung des Wirbelsturmrisikomanagements beraten
• 20 lokale Ausschüsse erhielten Notversorgungsmaterialien Unterkunft und Infrastruktur – Wiederaufbau • 7 überschwemmungssichere Schutzgebäude errichtet (für je 200 Personen) • 34 kleine Brücken wiederaufgebaut, 2 km Gräben ausgehoben und 1 städtisches Abfallentsorgungsprojekt gestartet Foto: Begeisterte und engagierte Teilnehmerinnen des Medair-
Programmfinanzierungspartner Europäisches Amt für Zusammenarbeit (EuropeAid), Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission
Gesangswettbewerbs
F ür weitere Informationen über Madagaskar siehe www.medair.org/programm-madagaskar. 33
Indonesien
Banda Aceh MALAYSIA
Indonesien wird häufig von Naturkatastrophen heimgesucht. In den letzten Jahren hat das Land Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche erlebt, die verheerende Folgen für die ohnehin schon arme Bevölkerung hatten.
Padang Pariam
Indonesien
Jakarta 0
500 310
1000 km 620 mi
Wir spüren oft, dass die Erde zittert Nach vier Jahren der Not- und Wiederaufbauhilfe verliess Medair im Juli Indonesien, kehrte jedoch später zurück, als drei gewaltige Erdbeben das Land kurz hintereinander erschütterten. „Wir sind Erdbeben gewohnt. Wir spüren oft, dass die Erde zittert“, sagt die 70-jährige Witwe Zaenab, die mit ihrem Bruder, dem blinden muslimischen Würdenträger M. Nur im Dorf Lubuk Puar zusammenlebt. „Doch dieses Erdbeben war viel stärker als alle zuvor. Wir hatten grosse Angst.” Am 30. September richteten drei starke Erdbeben kurz hintereinander grossen Schaden in der Provinz West-Sumatra an. Manche Dörfer wurden durch die darauffolgenden Erdrutsche komplett zerstört oder verschüttet. Insgesamt verloren mehr als 1000 Menschen ihr Leben und 280 000 Familien ihr Zuhause. „Als es vorüber war, liefen wir schnell zu unserem Haus“, berichtet Zaenab. „An der Rückseite waren die Wände komplett eingestürzt. Wären wir im Haus gewesen, hätte das zu einer Katastrophe geführt. So sind wir zwar am Leben, aber obdachlos.” Medair entsandte sofort ein Sondierungsteam und entschloss sich in Zusammenarbeit mit der einheimischen Partnerorganisation Cipta Fondasi Komunitas (CFK), den obdachlosen Familien mit dem Bau von Behelfsunterkünften (T-Shelters) beizustehen. Anfang 2009 hatte unser Indonesien-Team die Arbeiten an knapp 600 Sanitäranlagen in Aceh Jaya beendet und das Indonesien-Programm abgeschlossen. „Jetzt führen wir einen neuen Einsatz in West-Sumatra durch, bei dem es u. a. um die Planung von T-Sheltern und die Erstellung von Schulungsunterlagen zu erdbebensicheren Bauweisen geht”, erklärt der MedairBerater für Wiederaufbau, Mark Wooding. 34
MEDAIR Jahresbericht 2009
Beim Sumatra-T-Shelter wird mit Materialien, die nach dem Abriss wiederverwendet werden können, und alten Kokospalmen, die auf jedem Grundstück wachsen, eine neue Unterkunft in einer innovativen, erdbebensicheren Bauweise errichtet. „Wir gehen davon aus, dass viele der T-Shelter zu einer dauerhafteren Unterkunft ausgebaut werden oder als Kerngebäude für weitere Anbauten genutzt werden”, teilt Mark Wooding mit. Im Dezember wurden Zaenab und ihre Grossfamilie als Empfänger der ersten T-Shelter ausgewählt. Der Bau ging schnell voran, da weitere Dorfbewohner mit anpackten. Und so konnten Zaenab und ihre Familie am Ende des Jahres aus ihrem Zelt an einen sichereren Ort zum Schlafen umziehen, in die erste von vielen weiteren Behelfsunterkünften für Familien in Lubuk Puar bei Pariaman. Programmhöhepunkte Gesamtzahl der Hilfeempfänger 2009
1936
Medair-Mitarbeiter
6 internationale Mitarbeiter 14 nationale Mitarbeiter
Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene – Wiederaufbau •3 02 Bade- und Latrineneinrichtungen repariert •3 83 Reinigungssümpfe instand gesetzt •3 18 Personen in Bezug auf ihre Sanitäranlagen geschult (1. Runde); 582 Personen geschult (2. Runde) Unterkunft und Infrastruktur – Wiederaufbau • 1 0 Personen ausgebildet, die die einheimische Bevölkerung in der Planung und Ausführung von T-Sheltern schulen sollen • 1 Werkzeugkiste für Gemeinden ausgegeben • 1 T-Shelter gebaut Foto: Zaenab mit ihrem Bruder M. Nur vor ihrem eingestürzten Haus
Programmfinanzierungspartner Schweizer Glückskette, Tearfund (UK) Privatspenden: Demaurex & Cie SA – Marchés Aligro (CH)
F ür weitere Informationen über Indonesien siehe www.medair.org/programm-indonesien.
Verantwortliches Handeln Verantwortliches Handeln ist einer der zentralen Werte von Medair. Wir legen Rechenschaft gegenüber unseren Finanzierungspartnern, anderen NGOs, den lokalen Behörden und – am wichtigsten – den Hilfeempfängern, ab. In der Vergangenheit zwangen einige Hilfsorganisationen ihre gut gemeinten Pläne zur Lösung der Probleme eines Landes der Bevölkerung ohne Rücksicht auf deren Willen oder Fähigkeiten und die möglichen negativen Folgen für den Einzelnen und die Allgemeinheit auf. Heute legen die Hilfsorganisationen glücklicherweise grossen Wert auf verantwortliches Handeln.
Bevölkerung an unseren Entscheidungen, welche Projekte gestartet werden sollen, und involvieren sie in die Planung, Umsetzung und Überwachung. Wir kommunizieren offen und machen es den Menschen leicht, Anregungen oder Beschwerden zu einem bestimmtem Projekt zu äussern.
Medair ist Vollmitglied von Humanitarian Accountability Partnership International. Folglich beteiligen wir die
Wir wissen, dass wir als internationale NGO die Macht haben, grosse Veränderungen im Leben der Menschen und in ihren Gemeinden zu bewirken. Mit dieser Macht geht die Verantwortung einher, bescheiden aufzutreten und den Menschen, denen wir helfen wollen, mit Respekt zu begegnen. Dieser Respekt verpflichtet uns, die Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen.
Verantwortliches Handeln in Madagaskar
Projekt Rano Tsara (Gutes Wasser)
Bei unserem Madagaskar-Programm zum Beispiel stehen die Hilfeempfänger im eigentlichen Mittelpunkt eines jeden Projekts. Sie werden nicht bloss an den MedairProjekten beteiligt, sondern Medair ist an den Projekten der Gemeinden unterstützend beteiligt.
Bezirk Maroantsetra, Madagaskar
Einen Beleg hierfür findet man am Eingang der Dörfer, in denen Medair Baustellen hat: grosse Schilder mit allen Projektdetails und den Namen der wichtigsten Projektteilnehmer. Madagassische Kompetenztransfer-Teams setzen sich für die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Partnern, d. h. Medair, den örtlichen Behörden und den Hilfeempfängern, ein. Sie sorgen ferner dafür, dass die Hilfeempfänger den Entscheidungsträgergruppen gegenüber Probleme melden sowie Beschwerden, Feedback und Vorschläge äussern können. Die Medair-Teams unterstützen die Hilfeempfänger bei der Entscheidungsfindung und stellen sicher, dass die Entscheidungen den übrigen Hilfeempfängern mitgeteilt werden. Medair macht die Auswahl des lokalen Bohrunternehmens, der Baustellenleitung und der Reparatur- und Wartungsarbeiter für die Infrastruktur transparent. In Radiosendungen können zudem Anliegen öffentlich diskutiert werden. Die Medair-Teams holen Rückmeldungen von den Hilfeempfängern ein, geben diese an die Fachbereichsleiter weiter und verbreiten Reaktionen aus der Bevölkerung übers Radio, damit die Hilfeempfänger die Projekte besser verstehen. Während einer unserer Livesendungen 2009 hatten die Hilfeempfänger die Möglichkeit, beim Radiosender anzurufen, um Fragen zu stellen oder Kommentare abzugeben. Wie in allen unseren Landesprogrammen bildet auch in Madagaskar das verantwortliche Handeln gegenüber den Hilfeempfängern einen festen Bestandteil all unserer Aktivitäten. Auf diese Weise bringen wir die Achtung und den Respekt vor der unveräusserlichen Würde der Menschen, denen wir jeden Tag zur Seite stehen, zum Ausdruck.
Medair-Mitarbeiter mit dem Fahrrad unterwegs zu den am Projekt Rano Tsara beteiligten Lokalausschüssen
Das Kompetenztransfer-Team eines Dorfes hilft den örtlichen Behörden bei der Wahl des zu beauftragenden Bohrunternehmens und des künftigen Standorts der Wasserpumpen.
Eine Medair-Mitarbeiterin fragt einen Dorfbewohner nach seiner Meinung zum Clean-Water-Projekt in seinem Dorf.
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Langjähriges Engagement Anlässlich unseres 20-jährigen Jubiläums möchten wir acht unserer dienstältesten Einsatzkräfte vorstellen. Diese wunderbaren Menschen setzen sich voller Leidenschaft und Engagement für die Ärmsten der Welt ein.
Anwar Rahimi Technischer Bau- und Projektberater Afghanistan 1999 bis heute
Wenn andere Afghanen Anwar auf Medair ansprechen, erzählt er ihnen von Koh e Beron: „Bevor Medair sich engagierte, waren die Bewohner von Koh e Beron von der Aussenwelt nahezu abgeschnitten”, erklärt er. „Jetzt hat sich durch die Wasser-, Gesundheits- und Strassenbauprojekte viel verändert. Das zeichnet ein gutes Bild für die Menschen... und es gibt noch viele weitere Beispiele wie dieses!”
Anwar ist lieber woanders als am Schreibtisch. Der afghanische Bauingenieur ist seit elf Jahren mit Rat und Tat für Medair im Einsatz. „Anfangs betreute ich die Planung und Ausführung verschiedener Projekte”, erzählt er. „Später durfte ich andere Aufgaben auf verschiedenen Fachgebieten übernehmen, z. B. die Gemeinwesenentwicklung, den WASHBereich (Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene), die Nahrungsmittelsicherheit oder die Betreuung von Geldfür-Arbeit-Projekten. Ausserdem habe ich für Medair am Bau von Schulen, Kliniken, Brücken, Strassen und anderen Infrastrukturen mitgewirkt.” Im Winter verbringt Anwar die meiste Zeit im Medair-Büro in Kabul, wo er Mitarbeiterschulungen organisiert, Berichte prüft und Projekte plant. „Ich bin mehr der Praxistyp”, sagt er. „Ich habe also meine Tiefs im Winter, wenn ich im Büro bin. Wir bekommen dann zwar Englisch- und ComputerUnterricht, was sehr wertvoll ist, aber ich bin lieber draussen im Einsatz.“ Anwars Fachkompetenz und Erfahrung ist es zu verdanken, dass viele Projekte erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Bei einem dieser Projekte arbeitete Anwars Team knapp zehn Wochen lang von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, um in kürzester Zeit viele Wasserstellen zu errichten. „Der Teamgeist war aussergewöhnlich”, erinnert er sich. „Das Team arbeitete sehr hart für den Erfolg des Projekts und konnte am Ende mehr Wasserstellen errichten als ursprünglich geplant.” Anwar stellt fest, dass die Medair-Projekte im Laufe der Jahre umfangreicher und komplexer geworden sind. „Unsere kleinen technischen Schulungen haben sich zu sehr grossen WASH-Projekten und vielen anderen Massnahmen entwickelt”, berichtet er. „Ausserdem haben unsere Projekte dank unserer Erfahrung jetzt eine viel höhere Qualität.”
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MEDAIR Jahresbericht 2009
Dr. Marian Wetshayvan der Snoek Technische Einsatzberaterin (Gesundheitswesen) D.R. Kongo 1998 bis heute „Gott rief mich vor 20 Jahren in den Kongo”, sagt Marian, die nur zwei Jahre nach ihrem Medizinstudium die Niederlande verliess und in ein kleines Regenwalddorf im Nordosten der D.R. Kongo zog. Dort arbeitete sie vier Jahre in einem kleinen Krankenhaus, bis sie bei Kriegsbeginn 1996 fliehen musste. „Ich arbeitete ein Jahr lang in verschiedenen Jobs als Ärztin in Holland, bis ich von Medair erfuhr”, sagt sie. Hilfsorganisationen boten die einzige Möglichkeit, während des Krieges in der D.R. Kongo zu arbeiten. „Medair war die richtige Organisation für mich, weil sie die gleichen Ziele und Werte verfolgt und in der selben Gegend tätig ist, in der ich das kongolesische Volk lieben gelernt hatte”, sagt sie. „Medair machte es mir möglich, auch in den Jahren des Krieges Gottes Ruf zu folgen.” Zwölf Jahre später sind Marian und Medair noch immer hier. „Mehr als fünf Jahre Krieg haben sicherlich auch meine Persönlichkeit geprägt“, meint sie. „Das hinterlässt Narben, hat mich aber auch stärker gemacht, weil ich erfahren habe, dass Gott in jeder Situation da ist.” Die seelische Stärke der Kongolesen inspiriert Marian sehr. „Nach der Zerstörung durch den Krieg haben sie die Kraft für den Wiederaufbau”, sagt sie. „Selbst an die Orte, an denen grausame Massaker stattfanden, kehren die Menschen zurück. In Nyankunde, einem dieser Orte, wurden 2002 mehr als 1000 Menschen ermordet. Jetzt wird das Krankenhaus wiederaufgebaut und das Team dort ist sehr gut.”
Langjähriges Engagement
„Das Beste, was man tun kann, ist, in Menschen zu investieren: Viele materielle Dinge, in die wir vor 2002-2003 investiert hatten, wurden in den Kriegsjahren zerstört, doch die Investitionen in Menschen – jene, die überlebten – zahlen sich noch immer aus, da sich ihre Fähigkeiten enorm erweitert haben.” Und es gab noch eine wichtige Entwicklung für Marian: „2006 lernte ich meinen späteren Mann in einer kleinen Kirche in Bunia kennen, wohin er für einen dreimonatigen Arbeitsaufenthalt aus Kinshasa gekommen war. Mittlerweile sind wir seit zwei Jahren glücklich verheiratet!” Sophia Kahinga ERT-Projektmanagerin im Gesundheitswesen Südsudan 1999 bis 2004; 2006 bis heute Die gebürtige Kenianerin Sophia arbeitet schon so lange im Sudan, dass er ihre Wahlheimat geworden ist. Sie kann sich aber noch gut daran erinnern, wie anders es hier anfangs für sie war. „Ich hatte vier Jahre als Krankenschwester in Kenia gearbeitet und war es gewohnt, dass die Menschen an den unterschiedlichsten Krankheiten litten”, sagt sie. „Aber die Menschen im Sudan litten nicht nur an Krankheiten, sondern hatten noch mit vielen weiteren Problemen zu kämpfen.” Von 1999 bis 2000 arbeitete Sophia im extremen Gefahrengebiet beiderseits der Kriegsfront, als es noch keine feste Grenze zwischen dem Norden und dem Süden gab und das Militär verschiedene Zonen kontrollierte. „Einmal musste ich mich wegen der schlechten Sicherheitslage fast 48 Stunden im Busch verstecken“, sagt sie. „Aber bei Medair sind wir immer an so gefährlichen Orten, wo nur wenige andere hin wollen.” Danach arbeitete Sophia in den sudanesischen Nordstaaten und im Süden. Ihre Aufgaben reichten von der medizinischen Unterstützung in Kliniken bis zu Nothilfeeinsätzen. Dabei wuchs auch allmählich ihre Verantwortung von der praktischen Pflege über Schulungen und Supervisionsaufgaben bis zur Leitung. „Früher übernahm ich typische Einsatzarbeiten wie die Verteilung von Nichtnahrungsmitteln an Flüchtlinge”, sagt sie. „Allein die Gewissheit, dass ein Kind unter einem Moskitonetz schlafen und deshalb keine Malaria bekommen würde, bereitete mir Freude.” Bei ihrem letzten Einsatz organisierte Sophia in einer aussergewöhnlichen Kälteperiode die Verteilung von 500 Decken an Kala-Azar-Patienten. „In meinem neuen
Aufgabenbereich freut es mich, das Team unterstützen zu können, das in die Einsatzgebiete geht und von uns ermittelte Versorgungslücken schliesst”, sagt sie. „Die Medair-Mitarbeiter sind sehr engagiert. Was wir tun, tun wir mit Leidenschaft”, sagt sie abschliessend. „Wir identifizieren uns mit den Menschen, denen wir helfen. Und wenn man die Lebenssituation eines Menschen auf diese Weise verbessert, erfüllt einen das mit Freude.“
Adam Gelal Edin Alias Projektleiter Sudan (Nordstaaten) 2002 bis heute Adam ist Sudanese und kam 2002 zu Medair. 2003 wurden er und vier weitere Medair-Mitarbeiter in Darfur von einer bewaffneten Bande entführt. Die Entführer hielten sie in einem Wald gefangen, misshandelten Adam und zwangen ihn zu einem 15-tägigen Marsch. Während Adams Entführung besuchte unser Landesverantwortlicher seine Familie dreimal am Tag, sprach ihnen Mut zu und versicherte ihnen, dass Medair alles erdenklich Mögliche tue, um Adam sicher heim zu bringen. Schliesslich wurde Adam freigelassen. Er hörte bald von den häufigen Medair-Besuchen bei seiner Familie, und es wurde ihm klar, dass er bei Medair eher ein Familienmitglied als ein Angestellter ist: „Ich werde nie vergessen, was Medair für meine Familie getan hat, als ich weg war”, sagt er. In den sechs Jahren seither stellte Adam seine Wertschätzung und Loyalität immer wieder unter Beweis. Er durchlief mehrere Positionen vom Sprachmittler bei Einsätzen über Projektassistent (Klinikmanagement) bis zu seiner derzeitigen Position als Projektleiter. Adam ist für neun Kliniken mit 36 Mitarbeitern verantwortlich und schult ausserdem alle Village Health Committees in unserem West-Darfur-Projekt. Adams Fähigkeiten sind auch anderen aufgefallen. Er hat zahlreiche Jobangebote von der UNO und anderen Hilfsorganisationen in Darfur bekommen – und alle abgelehnt. „Geld reizt mich nicht, auch wenn man es zum Leben braucht”, sagt er. „Ich bin sehr zufrieden mit dem, wie es bei Medair läuft. Besonders zufrieden macht es mich, wenn ich sehe, welchen Nutzen erfolgreiche Projekte bewirken.“
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Durch seine Arbeit bei Medair hat Adam neue Englischkenntnisse, Selbstbewusstsein und die Zuversicht gewonnen, dass nichts unmöglich ist. Als Moslem begrüsst es Adam, dass Medair humanitäre Hilfe ohne politische oder religiöse Hintergedanken leistet. „Bei der Arbeit von Medair steht der Mensch im Mittelpunkt”, sagt er. „Obwohl in unserem Team verschiedene Religionen vertreten sind, eint uns unser starker Teamgeist.”
Henrieke Hommes Landesverantwortliche Somalia/Somaliland 2004 bis heute Henrieke arbeitete früher in den Niederlanden als Krankenschwester. Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie mehr tun müsse. „Ich wuchs in einem reichen Land auf mit all der Liebe, die ein Kind braucht, und der Bildung, die ich wollte”, erklärt sie. „Dass ich die mir von Gott gegebenen Talente für Not leidende Menschen einsetzen kann, ist ein grosses Privileg.” Vor sechs Jahren kam Henrieke als Gesundheitsspezialistin zu Medair in Simbabwe und wechselte dann nach einem halben Jahr nach Uganda. Mit der Zeit wurde ihr immer mehr Verantwortung übertragen. „Ich hatte immer gesagt, dass ich niemals Leitungsaufgaben übernehmen würde, aber man wächst da einfach hinein und stellt fest, dass man es kann”, sagt sie. „Das ist das Schöne an Medair: Wenn die Organisation sieht, dass ein Mitarbeiter Potenzial hat, sorgt sie für seine Weiterentwicklung und bietet ihm Möglichkeiten zu wachsen.” Nach dreieinhalb Jahren ging Henrieke nach Somalia, um Medair beim Aufbau der Gesundheits- und Ernährungsprojekte zu helfen. Mittlerweile ist sie die Landesverantwortliche. In dieser Funktion führt sie Gespräche mit Geldgebern und den örtlichen Behörden, entwickelt Programmstrategien, schreibt Anträge und Berichte und ist für die Sicherheit, Personalführung und Finanzen verantwortlich. „Beruflich habe ich vieles gelernt, was ich nie gelernt hätte, wenn ich weiter in meiner Heimat gearbeitet hätte”, sagt sie. „Das gefällt mir wirklich sehr.” „Ich habe auch gelernt, wie differenziert die Welt ist”, stellt sie fest. „Von der sicheren Heimat aus kann man leicht eine Meinung zum Weltgeschehen haben. Aber wenn man in diesen Ländern arbeitet, sieht man, wie kompliziert es ist, und dass man unmöglich die Konflikte bis ins Letzte verstehen kann, weil so viele Faktoren eine Rolle spielen.” 38
MEDAIR Jahresbericht 2009
Die grossen Fortschritte, die sie und ihr Team erreicht haben, helfen jedoch, alles ins rechte Licht zu rücken. „Wir konnten Abertausende Kinder ernähren und impfen“, sagt sie. „Viele von ihnen waren krank und stark unterernährt, aber sie überlebten dank des Hilfsprogramms von Medair. All diese positiven Aspekte machen die Probleme wett und motivieren mich weiterzumachen!”
Hylton and Avril Cannon Landesverantwortlicher und Projektsupportmanagerin 2004 bis heute „Irgendwie haben wir uns nicht bewusst dafür entschieden, im humanitären Bereich zu arbeiten”, sagen Hylton und Avril Cannon, die 2004 zu Medair kamen. „Es war eher so, als wären wir dazu hingeführt worden.” Das seit 27 Jahren verheiratete Paar aus Südafrika hat für Medair bereits im Iran, in Pakistan und in Indonesien gearbeitet und ist nun in Simbabwe im Einsatz. „Obwohl sich unsere Stellenbezeichnungen im Laufe der Jahre eigentlich nicht geändert haben”, sagt Hylton, „hat sich unser Aufgabenfeld doch um einiges erweitert, bis schliesslich auch Projektmanagement, Personalwesen, Logistik und IT dazugehörten. Der Ausdruck ‚Alleskönner’ trifft den Nagel auf den Kopf.” Die humanitäre Arbeit steckt oft voller Herausforderungen. Deshalb lautet ihr Rat für interessierte Paare, nur in die humanitäre Arbeit zu gehen, wenn ihre Ehe tragfähig genug ist, um mögliche Schwierigkeiten zu bewältigen. „Als verheiratetes Paar muss man bedenken, dass die meisten, manchmal auch alle, Teamkollegen alleinstehend sind”, sagt Avril. „Als Verheirateter hat man einen Partner, dem man alle Höhen und Tiefen anvertrauen kann; ein Alleinstehender hat das nicht.” „Wenn ich beruflich mit Avril zu tun habe, muss ich mir immer bewusst machen, dass ich ihr Vorgesetzter bin”, sagt Hylton, „und darf mich bei meinen Entscheidungen nicht davon leiten lassen, dass sie meine Frau ist.” Die beiden haben diese und viele andere Herausforderungen bisher gut gemeistert. „In Kashmir sollten wir elf Schulen bauen, von denen drei nur schwer oder gar nicht über eine Strasse zu erreichen waren. Selbst der Gutachter hatte Zweifel, dass alle Schulen je fertig würden”, sagt Hylton. „Doch wir bauten alle elf und waren die einzige NGO, die so viele baute und auch noch ihr Soll erreichte. Das war ein grosser Erfolg für Medair und das Pakistan-Team.”
Langjähriges Engagement „Alle Projekte, an denen wir beteiligt waren, bleiben uns auf ganz besondere Weise im Gedächtnis”, sagt Avril abschliessend. „Man kann einfach nicht den Bedürftigen in ihrem Elend und ihrer Not beistehen, ihnen Hoffnung und Würde wiedergeben und dann gehen, als wäre nichts gewesen.”
Eva Kyalimpa Leitende Hauswirtschafterin Uganda 1997 bis heute „Mama” Eva ist seit 13 Jahren bei Medair Uganda und hat in dieser Zeit schon einige Veränderungen erlebt. „Die Organisation ist gewachsen!”, sagt sie voller Begeisterung. „Ganz am Anfang reichten die Mittel gerade, um Kanister verteilen zu können, und auch der Transport war schwierig, weil Medair nur ein Auto hatte.” Auch Evas Verantwortungsbereich ist grösser geworden. „Anfangs war ich nur für das Kochen und Putzen zuständig“, sagt sie. „Dann kam der Einkauf des Gemüses hinzu. Jetzt bin ich auch mehr für die Planung und Erstellung der Wochen- und Monatslisten für den Lebensmitteleinkauf verantwortlich.” Neben diesen Aufgaben bildete Eva ausserhalb Kampalas an entlegenen Aussenstandorten, z. B. in Abim, Köchinnen aus. Eine davon gründete später ein eigenes Unternehmen für Restaurantdienstleistungen. „Catherine zur Köchin auszubilden ist einer meiner grossen Erfolge”, sagt Eva. „Jetzt kann sie richtig gut kochen.” Eva hat es gerne, wenn andere mit ihr in der Küche arbeiten und sehen, wie sie kocht und welche Zutaten sie verwendet. Aber ihre Rezepte verrät sie nicht. „Nach ihren leckeren Mahlzeiten wird sie oft wegen eines Rezepts angefleht, aber dann lächelt sie nur freundlich”, sagt Medair-Mitarbeiterin Steffie van der Bijl. Eine der grössten Herausforderungen für Eva ist die Zubereitung von genug Essen für unerwartete Gäste und Mitarbeiter, die zu viel essen! Aber da ist sie vielleicht das Opfer ihres eigenen Erfolges. Die Mitarbeiter lieben ihre Küche einfach so sehr. Zu den Highlights ihrer Tätigkeit zählen für Eva ein abendlicher Restaurantbesuch mit dem Team und vor vielen Jahren eine gemeinsame Fahrt zu einer Insel: „Damals war ich zum ersten Mal auf einem Schiff!” sagt sie. Am besten gefallen Eva die Hilfsbereitschaft ihrer Kollegen und der Zusammenhalt des Teams. „Medair-Mitarbeiter, die weggehen um woanders zu arbeiten”, meint sie, „sagen oft, was für eine gute Zeit sie hier hatten.”
Tsotso Rakotonjatovo Stellvertretender Projektmanager Madagaskar 2002 bis heute Tsotso studierte Gemeinwesenentwicklung in der Schweiz. Während seiner Zeit dort lernte der Madagasse die Gründer von Medair kennen. Er bat sie eindringlich, in Madagaskar Hilfe zu leisten und die höchst bedürftige Bevölkerung zu unterstützen. Nach sorgfältiger Überlegung kam Medair zum Schluss, dass die Versorgungslücken enorm sind und ein Hilfsprogramm in Madagaskar gestartet werden müsse. Seitdem arbeitet Tsotso für Medair. Dabei konnte er seine breit gefächerten Fähigkeiten und Kenntnisse in den Bereichen Gemeinwesenentwicklung, Kompetenztransfer, Öffentlichkeitsarbeit und jetzt auch Management hervorragend einsetzen. „Mir gefällt die Mission von Medair und der christliche Aspekt. Dadurch kann ich Herz, Hand und Verstand einbringen”, sagt er. Besonders gut gefällt Tsotso an Medair die familiäre Atmosphäre im Team. „Ich habe das Gefühl, Teil einer Familie zu sein, in der die berufliche Hierarchie und die Herkunft des Einzelnen keine Rolle spielen“, sagt er. „Das macht es für uns einfacher, uns so auf unsere Ziele zu konzentrieren, dass jeder sein Bestes geben kann.” Dass es im Team so familiär zugeht, liegt vielleicht daran, dass auch Tsotsos Frau für Medair arbeitet. „Unsere Familie und Freunde freuen sich, dass wir etwas Sinnvolles für unsere Mitmenschen tun und gleichzeitig unsere christlichen Werte praktisch umsetzen”, sagt Tsotso. „Bei dem Gebiet, in dem Medair Hilfe leistet, handelt es sich um eine arme Region, die kaum staatliche Unterstützung erhält. Auch das macht unsere Familie stolz.” Nach den von Medair im Land bewirkten Veränderungen gefragt, berichtet Tsotso von Andranafotsy, einem Dorf, in dem Medair 2004 nach einem Wirbelsturm eine Wasserstelle errichtete. Dadurch verbesserte sich im Dorf der Gesundheitszustand, besonders bei den Kindern. „Doch als die Pumpe 2008 kaputt ging, tranken die Dorfbewohner wieder Flusswasser. Die fast verschwundenen Krankheiten kamen bald wieder und suchten die Kinder heim. „2009 besuchten unsere Hygieneförderer Andranafotsy und klärten die Bewohner auf, wie wichtig sicheres Trinkwasser ist. Die Dorfbewohner verstanden und beschlossen, Geld für die Reparatur der Pumpe zu sammeln. Deshalb ist unsere Aufklärungsarbeit so wichtig – sie ist der Schlüssel zur langfristigen Versorgung der Madagassen mit sicherem Trinkwasser.” 39
1
2
Besuch eines Medair-Partners Wie Sie aus dem vorliegenden Jahresbericht erfahren haben, führt Medair in zahlreichen benachteiligten Ländern die unterschiedlichsten Hilfsprogramme durch. Damit retteten und schützten wir im Jahr 2009 das Leben von mehr als drei Millionen Menschen.
Nach seinem Besuch liess uns Julius Court seine Einschätzung zukommen:
Die Kosten dieser Hilfsprogramme sind jedoch beträchtlich, insbesondere weil wir in einigen der am schwersten zugänglichen und unsichersten Regionen der Welt im Einsatz sind. Unsere Arbeit ist nur dank der finanziellen Unterstützung engagierter Finanzierungspartner möglich. Manche von ihnen sind grosse, von einer Vision getragene Institutionen, andere wiederum sind Privatpersonen, die unsere Arbeit grosszügig aus ihrer eigenen Tasche unterstützen.
„Medair leistet hervorragende Arbeit bei der Versorgung der Menschen im Südsudan und der Unterstützung der dortigen Behörden. Ich war sehr beeindruckt von dem, was die Teams erreicht haben, und gleichzeitig noch stärker motiviert, mich für die weitere Unterstützung dieser Arbeit einzusetzen.
Wir fühlen uns unseren institutionellen Geldgebern gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet und gewähren ihnen deshalb auf Wunsch Einsicht in unsere Unterlagen und Zugang zu unseren Büros. Auf diese Weise können sie vorgeschriebene Prüfungen unserer Arbeit durchführen. 2009 waren das bei Medair weltweit 53. Einige institutionelle Geldgeber möchten sich auch in der Praxis ein Bild von unseren Landesprogrammen machen. So fuhr Julius Court, der Vertreter eines Finanzierungspartners, zusammen mit Medair-Mitarbeitern vier Tage mit dem Boot im Südsudan auf dem Nil, um fünf unserer Projekte bzw. Kliniken zur medizinischen Grundversorgung in den Bezirken Melut und Manyo zu besuchen. Julius Court vertrat das Joint Donor Team (JDT) für das koordinierte Hilfsengagement der sechs Staaten Dänemark, Grossbritannien, Kanada, Niederlande, Norwegen und Schweden im Südsudan. 40
MEDAIR Jahresbericht 2009
Fotos, von links nach rechts:
1. Julius Court vom Joint Donor Team begleitet Medair bei Besuchen in entlegenen Kliniken für medizinische Grundversorgung im Südsudan. 2. Steve Moore vom Malaria Consortium sieht gemeinsam mit Julius Court Klinikunterlagen durch, während eine Patientin auf ihren Termin in der Klinik wartet. 3. Julius Court sieht einer Klinikmitarbeiterin zu, wie sie Medikamente an einen kleinen Patienten ausgibt. 4. Julius Court neben sudanesischen Hilfeempfängerinnen vor einer Klinik
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Finanzierungspartner 2009 Partnerschaften mit mehreren Geldgebern
Institutionelle Partner
internationale Entwicklung des Vereinigten Königreichs) •C ommon Humanitarian Fund, Südsudan (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) •C ommon Humanitarian Fund, Sudan (Nordstaaten) (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) •P ooled Fund, D.R. Kongo (Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen) •G lobal Fund, D.R. Kongo (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, Katholische Organisation für Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit, CORDAID-NL)
•M ercy Corps (USA)
•B asic Services Fund, Südsudan (Ministerium für
Partner der Vereinten Nationen
•K inderhilfswerk der Vereinten Nationen •W eltgesundheitsorganisation •E ntwicklungsprogramm der Vereinten Nationen •A mt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten
der Vereinten Nationen •U NICEF Uganda
Regierungspartner
•A bteilung für humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission •E ntwicklungshilfeorganisation der Vereinigten Staaten
Innerhalb der jeweiligen Kategorie in absteigender Reihenfolge des Spendenumfangs (≥ USD 20 000).
•S chweizer Glückskette
•C anadian Foodgrains Bank •E O-Metterdaad (NL) •T EAR Fund (NZ) •T earfund (UK) •M ennonitisches Zentralkomitee (USA, CAN) •G lobale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (CH)
Partner aus der Privatwirtschaft
• Demaurex & Cie SA – Marchés ALIGRO (CH) • Oak Foundation (CH) • Seneff Family Foundation (USA) • Stiftung Pierre Demaurex (CH) • Vontobel-Stiftung (CH) • The Reed Foundation (UK) • Miss S.F. Morfield Charitable Trust (UK) • Diakonia Leiding Foundation (NL) • Emeraude International (F) • Fondation Gertrude Hirzel (CH)
Partner für Sachspenden
•K inderhilfswerk der Vereinten Nationen
•S chweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit
•E ntwicklungsprogramm der Vereinten Nationen
•E uropäisches Amt für Zusammenarbeit (EuropeAid)
•W elternährungsprogramm
•M inisterium für internationale Entwicklung des
• I nternationale Organisation für Migration
Vereinigten Königreichs •S chwedische Behörde für internationale
•E ntwicklungshilfeorganisation der Vereinigten Staaten
Tech-Serve
Entwicklungszusammenarbeit
Wir möchten uns bei allen privaten Spendern für ihre grosszügige Unterstützung bedanken, ohne die wir unseren Auftrag nicht erfüllen könnten. 41
Zertifizierungen und Mitgliedschaften ISO 9001:2000 – weltweit Medair ist weltweit nach ISO 9001:2000 zertifiziert, was bescheinigt, dass Hilfsgüter und Hilfeleistungen auf die Bedürfnisse der Notleidenden ausgerichtet wirksam eingesetzt werden. ZEWO Schweiz Das nur für staatlich geprüfte Schweizer Organisationen zugängliche Zertifikat bescheinigt die gezielte und wirksame Nutzung privater Spenden sowie die Integrität der Publikationen und Spendenaufrufe von Medair. ZEWO-Standards zeugen von bester Buchführung und betrieblicher Transparenz, was durch laufende unabhängige Überwachung bestätigt wird. RfB Niederlande Das RfB-Zertifikat gibt den Spendern eine hohe Sicherheit, dass die bei Medair NL eingegangenen Gelder für den beabsichtigten Zweck verwendet werden. Auszeichnungen Intelligent Giving, Grossbritannien Bei dieser unabhängigen Spenderberatungsorganisation ist Medair UK seit 2008 sowohl bei den religiösen als auch bei den internationalen Wohltätigkeitsorganisationen auf Platz 1. Mitgliedschaften Algemeen Nut Beogende Instelling Medair NL ist von der niederländischen Regierung als ANBI (gemeinnützige Organisation) anerkannt. ASAH, Frankreich ASAH ist ein Zusammenschluss glaubensbasierter Organisationen, die sich für internationale Solidarität engagieren und um humanitäre Hilfe, internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, fairen Handel und gesellschaftliche Wiedereingliederung kümmern. CONCORD Durch die Mitgliedschaft bei EU-CORD ist Medair auch Mitglied von CONCORD, der European Confederation for Relief and Development.
Solidarité Urgence Développement
Coordination SUD, Frankreich Medair Frankreich ist Mitglied dieser Koordinationsstelle französischer NGOs, die ihre Werte gegenüber privaten und öffentlichen Institutionen in Frankreich und im Ausland weitervermitteln wollen. EU-CORD Medair ist Mitglied dieses 1998 gegründeten Netzwerks von Not- und Entwicklungshilfeorganisationen mit Hauptsitz in Europa, dessen Ziel darin besteht, den Armen wirksamer zu helfen und die Lebensbedingungen der benachteiligten Menschen weltweit zu verbessern.
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MEDAIR Jahresbericht 2009
HAP-I Medair ist Vollmitglied von HAP International, die die höchsten Prinzipien der Rechenschaftspflicht beachten und fördern will. Dies erfolgt durch Selbstregulierung seitens der Mitglieder hinsichtlich der Beachtung der Rechte und Würde der Empfänger. ImpACT Coalition, Grossbritannien Medair UK ist Mitglied der ImpACT Coalition, die für ein besseres Verständnis für die Funktionsweise von Wohltätigkeitsorganisationen und deren Nutzen für die Gesellschaft wirbt. People in Aid Medair ist Unterzeichner des „Code of Good Practice in the Management and Support of Aid Personnel“ in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Verschiedenartigkeit und Geschlechtergleichstellung. The Fundraising Standards Board, Grossbritannien Dieses Gremium ist die Selbstregulierungsorganisation für Spendengelder in Grossbritannien. Die Mitglieder arbeiten bei ihren Geldbeschaffungsmassnahmen nach höchstem Standard guter Praxis. VOICE Durch die Mitgliedschaft bei EU-CORD ist Medair Mitglied des europaweiten Netzwerks von NGOs, die in der humanitären Hilfe tätig sind: Notfallhilfe, Wiederaufbau, Katastrophenvorbeugung und Konfliktprävention. European Interagency Security Forum (EISF) Das European Interagency Security Forum (EISF) bietet eine Reihe von Anlaufstellen im Bereich Sicherheit für internationale europäische Hilfsorganisationen und befasst sich mit den Sicherheitsaspekten humanitärer Hilfseinsätze. Prinzipien Sphere Das Sphere-Projekt, das von einer Gruppe Hilfsorganisationen und der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung gegründet wurde, beinhaltet ein Handbuch, ein Regelwerk für die Zusammenarbeit und eine Verpflichtungserklärung zu Qualität und Verantwortung. Internationales Komitee vom Roten Kreuz Medair ist Unterzeichner des „Verhaltenskodex für die internationale Rotkreuz- und RothalbmondBewegung sowie Nichtregierungsorganisationen in der Katastrophenhilfe“.
Medair Ecublens, Schweiz
Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
Medair verwendet den US-Dollar als funktionale Währung. Auf den nachstehenden Seiten sind alle Beträge in US-Dollar angegeben.
Dieses Dokument ist eine Übersetzung des englischen Originals. Obwohl Medair sich bemüht, in allen Veröffentlichungen korrekte Informationen abzugeben, wurde nur die konsolidierte Jahresrechnung in englischer Sprache geprüft und kann folglich als offizielle Referenz dienen. Das englische Dokument erhalten Sie unter www.medair.org oder durch briefliche Anfrage an den Hauptsitz von Medair, Chemin du Croset 9, 1024 Ecublens, Schweiz.
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Bericht über die Finanzlage Unser Leitbild
Medair hat es sich – vom christlichen Ethos geleitet – zur Aufgabe gemacht, das Leid der Menschen in Not- und Katastrophensituationen durch einfühlsame Sofort- und Wiederaufbauhilfe in verschiedenen Fachbereichen zu lindern.
Unsere Strategie
Unsere derzeitige Strategie besteht darin, den Menschen zur Seite zu stehen, die in Krisen-, Kriegsoder Katastrophengebieten am dringendsten Hilfe benötigen, und sie durch lebensrettende Soforthilfe- und Wiederaufbaumassnahmen zu unterstützen. Unsere Stärken liegen in der medizinischen Versorgung, der Verbesserung des Zugangs zu sicherem Wasser und Sanitäranlagen sowie der Bereitstellung von Unterkünften und Infrastruktur.
Bericht des Präsidenten
Im Jahr 2009 war es Medair dank der grosszügigen Unterstützung durch zahlreiche institutionelle und private Spender möglich, im Rahmen von acht Landesprogrammen Notund Wiederaufbauhilfe in sieben Ländern zu leisten. Gegen Ende des Jahres entsandten wir Mitarbeiter nach Simbabwe, wo sie die Vorarbeiten für ein neues Landesprogramm übernahmen. Unsere humanitären Ausgaben beliefen sich 2009 auf USD 29,2 Millionen; 2008 waren es USD 27,7 Millionen gewesen. Trotz der anhaltenden Finanzkrise 2009 konnten wir unsere Programme in den Einsatzgebieten aufrechterhalten. Die privaten Spenden gingen jedoch 2009 von USD 6,6 Millionen auf USD 5,7 Millionen erheblich zurück.
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MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
Es ist sehr wichtig, dass eine Kehrtwende bei den privaten Spenden eintritt und der Wachstumstrend früherer Jahre wieder einsetzt. Eine finanzielle Unterstützung durch grosszügige Privatpersonen, die unsere Werte verstehen und teilen, ist für die Erfüllung unserer Aufgaben unerlässlich. Unsere Betriebskostenstruktur gestaltet sich im Vergleich zu anderen NGOs nach wie vor sehr positiv. 86% aller eingehenden Mittel werden für die Hilfeempfänger in unseren Programmen in den Einsatzgebieten aufgewendet. Unsere Liquiditätslage hat sich das zweite Jahr in Folge verschlechtert. Diese Verschlechterung spiegelt sowohl die anhaltende Tendenz bei den Geldgebern wider, bereits entstandene Kosten zu erstatten, anstatt im Voraus Mittel für Einsatzverträge zur Verfügung zu stellen, als auch den im Berichtsjahr verzeichneten Rückgang bei den privaten Spenden. Dadurch werden unsere Reserven weiter belastet, und wir sind angehalten, unsere Privatmittel stärker zu erhöhen. Ich möchte jedem einzelnen Mitarbeiter und jedem einzelnen Spender, der unsere Arbeit in diesem Jahr ermöglicht hat, meinen persönlichen Dank und meine aufrichtige Anerkennung aussprechen.
Hans Gitsels Präsident
Foto: E ine Medair-Mitarbeiterin erklärt einen wichtigen Aushang am
Medair-Informationsbrett für Hilfeempfänger im ugandischen Kapedo.
Die Führung von Medair Das Kuratorium wird von den Mitgliedern des Medair-Vereins gewählt. Es muss mindestens fünf Mitglieder umfassen, die jeweils drei Jahre im Amt bleiben. Um die Kontinuität in der Führung sicherzustellen, darf höchstens ein Drittel des Kuratoriums in einem Jahr ersetzt werden. Der Geschäftsführer (CEO) wird vom Kuratorium ernannt und ist diesem gegenüber rechenschaftspflichtig. Seine Aufgabe ist die Führung und Verwaltung der Organisation. Er wird dabei vom Management-Team unterstützt. Die Mitglieder des Kuratoriums und des Management-Teams zum 31. Dezember 2009 sind nachstehend aufgeführt. Die Mitglieder des Finanzausschusses sind mit einem Sternchen (*) versehen.
Kuratorium
Arie de Boer*, Schatzmeister, 2008 Nelleke Bosshardt, 2009 Christina Bregy, 2009 Hans Gitsels, Präsident, 2001 Max Gove, Sekretär, 1998 Ton Jansen, 2008 Adriaan Korevaar*, 2009
Management-Team
John Farmer, 2004 Oliver Fink, 2007 Jim Ingram, 2007 Patrice Leguern, 2005 John Rigstad, 2001 David Sauter, 1994 Randall Zindler, Geschäftsführer, 2003 Foto: F rauen und Kinder im Südsudan mit ihren Masern-Impfausweisen
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Finanzstatistiken EINNAHMEN UND AUSGABEN DER PROGRAMME 2009 (USD)
8 000 000 7 000 000 6 000 000 5 000 000 4 000 000 3 000 000 2 000 000 1 000 000
Afghanistan D.R. Kongo Indonesien Madagaskar Somalia
NordSudan
Süd-Sudan
Uganda
Simbabwe
Einnahmen 3 748 474
3 996 158
622 650
1 538 226
3 019 841 5 932 229
6 853 291
3 215 808
127 140
Ausgaben
4 129 167
607 795
1 759 715
3 045 417 6 425 192
7 193 171
3 362 708
122 284
3 984 639
Foto: Medair-Mitarbeiter halten Hygieneunterricht für Frauen in Afghanistan ab.
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MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
AUSGABEN DER PROGRAMME NACH SEKTOREN Landwirtschaft & Lebensmittelsicherheit 1,8%
Wasser & Sanit채r 32,5%
Baumassnahmen 4,9% Katastrophenvorsorge 3,0% Lebensgrundlagen 3,4%
Medizinische Versorgung 45,6%
Ern채hrung 8,8%
BETRIEBSEINNAHMEN 2009 Sachspenden 8,4%
Sonstige Einnahmen 0,3%
Private Spenden 18,3%
Stiftungen & NGOs 5,7% Regierungen, EU & UNO 67,3%
BETRIEBSAUSGABEN 2009
Humanit채re Aufwendungen (direkt) 80,5%
Humanit채re Aufwendungen (indirekt) 6,5%
Spendenkampagnen 5,9% Verwaltung 7,1%
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48
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
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Bilanz per 31. Dezember 2009 Alle Beträge sind in USD angegeben. 2009 2008 Anmerkung
USD
USD
AKTIVA UMLAUFVERMÖGEN Barmittel und Bankkonten 10 5 264 188 5 785 391 Spendenforderungen 11 11 493 237 18 000 071 Allgemeine Forderungen 11 85 041 199 581 Bestand 12 41 240 25 346 Im Voraus bezahlte Aufwendungen 13 407 209 507 297 17 290 915
24 517 687
ANLAGEVERMÖGEN Finanzanlagen 14 124 552 125 862 Sachanlagen 15 1 299 777 1 577 501 1 424 329
1 703 362
AKTIVA, GESAMT
18 715 244
26 221 049
KURZFRISTIGE VERBINDLICHKEITEN Spendenverbindlichkeiten 6,16 7 811 918 13 557 073 Verbindlichkeiten 16 539 498 828 297 Kurzfristiges Darlehen 16 1 926 782 1 420 950 Kurzfristiger Anteil an langfristigen Darlehen 16 202 435 253 241 Aufgelaufene Verbindlichkeiten 17 174 375 168 821 Rückstellungen 33 193 664 65 376 10 848 672
16 293 758
LANGFRISTIGE VERBINDLICHKEITEN Leistungen bei Vertragsauflösung 188 847 188 847 Langfristige Darlehen 18 199 054 188 847
387 901
ZWECKGEBUNDENE FONDS 28 Zweckgebundene Einkommensfonds 683 916 577 415 Zweckgebundene Programmfonds 364 329 794 185 1 048 245
1 371 600
ZWECKFREIE FONDS 29 Zweckfreies Kapital 1 081 161 853 546 Zugeteiltes Kapital 5 548 322 7 314 242 6 629 483
8 167 788
PASSIVA UND FONDSRESTBETRÄGE
PASSIVA UND FONDSRESTBETRÄGE, GESAMT
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MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
18 715 244
26 221 049
Gewinn- und Verlustrechnung 2009 Alle Beträge sind in USD angegeben. 2009 2008 Anmerkung
Zweckfrei
Zweckgebunden
Gesamt
Gesamt
EINNAHMEN
3 Spendenzuwendungen 5,6 23 007 956 23 007 956 Private Spenden 19 4 347 000 1 431 025 5 778 025 Sachspenden 20 2 650 082 2 650 082 Weitere Einnahmen 21 238 837 -131 119 107 719
BETRIEBSEINNAHMEN
4 585 837
26 957 945
31 543 782
AUSGABEN 3 Humanitäre Aufwendungen 22 -29 197 509 -29 197 509 Administrative Aufwendungen 23 -4 369 351 -4 369 351
BETRIEBSAUSGABEN
26
-33 566 860
-
-33 566 860
26 597 519 6 614 457 1 274 128 280 534
34 766 638
-27 655 192 -4 332 041
-31 987 234
OPERATIVES ERGEBNIS
-28 981 023
26 957 945
Finanzerträge 6 119 Finanzaufwendungen -93 149 Realisierte Kursgewinne 9,24 -1 151 908 -9 219 Nicht realisierte Kursgewinne 9 1 378 372 139 435 -9 219
NETTOERGEBNIS
-28 841 588
26 948 726
-2 023 078
2 779 404
6 119 -93 149 -1 161 127 1 378 372 130 216
125 896 -106 390 -367 876 -1 618 880 -1 967 249
-1 892 862
812 155
FONDSVERÄNDERUNGEN IM BERICHTSZEITRAUM Erträge zweckgebundene Fonds 29 179 403 29 179 403 Aufwendungen zweckgebundene Fonds 3 Erträge zweckfreie Fonds Aufwendungen zweckfreie Fonds
-29 516 681 3 602 644 -5 158 229 -31 072 266 29 179 403
-29 516 681 3 602 644 -5 158 229 -1 892 862
31 981 845 -31 511 646 6 250 437 -5 908 483 812 155
ZUWEISUNG DES NETTOERGEBNISSES 3 Zweckgebundene Fonds -323 356 Zweckfreie Fonds -1 569 507 -1 569 507 -323 356
-323 356 -1 569 507 -1 892 862
459 945 352 210 812 155
ERGEBNIS NACH ZUWEISUNG -29 502 759 29 502 759 0
0
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Kapitalflussrechnung 2009 Alle Beträge sind in USD angegeben. Anmerkung 2009 2008 CASHFLOW AUS LAUFENDER GESCHÄFTSTÄTIGKEIT Nettoergebnis -1 892 862 Nettoabschreibung 15 677 001 (Zunahme)/Abnahme der Spendenforderungen 11 6 506 833 (Zunahme)/Abnahme der allgemeinen Forderungen 11 114 540 (Zunahme)/Abnahme des Bestands 12 -15 894 (Zunahme)/Abnahme der im Voraus bezahlten Aufwendungen 13 100 088 Zunahme/(Abnahme) der Spendenverbindlichkeiten 6 -5 745 155 Zunahme/(Abnahme) der Verbindlichkeiten 16 -288 799 Zunahme/(Abnahme) der aufgelaufenen Verbindlichkeiten 17 5 554 Zunahme/(Abnahme) der Rückstellungen 33 128 288 Zunahme/(Abnahme) der Leistungen bei Vertragsauflösung 18 - Nicht realisierte Kursgewinne/(-verluste) 30 252 -380 153
812 155 687 113 -1 658 507 -55 929 -7 106 21 071 -99 496 -176 152 45 978 -624 164 114 837 -51 081 -1 165 346
CASHFLOW AUS DER ANLAGETÄTIGKEIT (Anlagen in)/Veräusserung von Finanzwerten 14 1 310 (Zugänge) von Sachanlagen 15 -446 447 Abgänge von Sachanlagen 15 48 115 -397 023
-20 480 -811 479 33 720 -798 239
CASHFLOW AUS DER FINANZIERUNGSTÄTIGKEIT Zunahme/(Abnahme) der kurzfristigen Darlehen 16 Zunahme/(Abnahme) der langfristigen Darlehen 18
505 832 -249 860 255 973
1 420 950 -178 662 1 242 289
-521 203
-721 296
VERÄNDERUNG DES BARGUTHABENS 10 Anfangsbestand 5 785 391 Endbestand 5 264 188
6 506 687 5 785 391
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VERÄNDERUNG BEI LIQUIDEN MITTELN, GESAMT
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
-521 203
-721 296
Aufstellung der Eigenkapital- und Fondsänderungen 2009
2009
Alle Beträge sind in USD angegeben.
Anfangs- Zweckfreie Anmerkung bestand Erträge
ZWECKGEBUNDENE FONDS
Zweck- gebundene Programm- Erträge aufwendungen
Finanzgewinn/ (-verlust)
Fonds- transfers
Endbestand
28
Zweckgebundene Einkommensfonds Afrikafonds 35 1 517 860 52 836 -1 570 730 Nothilfefonds 440 923 40 088 - -13 - Fonds für die vergessenen Opfer -1 139 220 - Medizinischer Fonds 78 912 - - 1 315 -80 224 Oak-Fonds - 254 708 -254 708 Medair-Deutschland-Fonds - 12 444 1 982 -14 426 Wasserfonds 49 466 7 720 - 78 -53 109 Mitarbeiterversorgungskapitalfonds 138 543 Mitarbeiterversorgungs- & -entwicklungsfonds 23 091 Kapazitätsmanagementfonds 23 091 Jubiläumsfonds 2 522 5 666 -8 188 Fonds für private Aktivitäten 5 560 - 10 Kumulative Währungsumrechnung 577 415 - 2 023 349 - 56 427 -1 981 385 Zweckgebundene Programmfonds 28 Afghanistan 192 213 3 040 057 -3 984 639 68 215 726 254 Angola 9 943 -8 114 - -1 426 - D.R. Kongo 78 127 2 933 216 -4 129 167 109 264 1 037 807 Indonesien 11 493 490 553 -607 795 -16 215 132 078 Iran 5 536 - - Irak 379 - Madagaskar 207 375 1 095 203 -1 759 715 31 288 448 340 Pakistan 28 354 - - 3 099 Somalia 46 108 3 010 895 -3 045 417 -4 743 64 345 Sri Lanka 71 - - 91 685 5 362 887 -6 425 192 441 959 558 214 Sudan – Nordstaaten Sudan – Südsudan 83 489 6 361 271 -7 193 171 301 217 541 836 Uganda 34 802 2 642 663 -3 362 708 123 792 572 695 Simbabwe 4 612 5 966 -122 284 533 121 274 Kumulative Währungsumrechnung 794 185 - 24 934 596 -30 630 090 1 056 982 4 202 843
ZWECKGEBUNDENE FONDS, GESAMT
1 371 601
- 26 957 945 -30 630 090 1 113 409
0 480 997 358 3 4 154 138 543 23 091 23 091 5 569 8 110 683 916
42 100 402 29 247 10 113 5 536 379 22 491 31 453 71 187 71 29 553 94 642 11 243 10 101 5 811 364 329
2 221 458 1 048 245
29 ZWECKFREIE FONDS Zweckfreies Kapital Nicht zugeteilte Fonds 853 546 4 353 631 333 265 -4 473 875 1 066 567 Kumulative Währungsumrechnung 8 14 593 Nicht zugeteilte Fonds 853 546 4 353 631 - 333 265 -4 473 875 1 081 161 Zugeteiltes Kapital Verwaltungsfonds 1 100 664 228 230 - -2 717 708 a) -985 729 3 447 232 1 072 690 Fonds für Anlagevermögen 916 604 3 975 -213 562 -14 223 249 860 942 653 Fonds für Einsätze 5 234 070 - -317 613 -1 444 676 3 471 781 Fonds für Schulungen 62 904 - -5 500 1 107 - 58 511 Kumulative Währungsumrechnung 2 687 7 314 242 232 205 - -2 936 770 -1 316 458 2 252 416 5 548 322 ZWECKFREIE FONDS, GESAMT 8 167 788 4 585 837 - -2 936 770 -983 193 -2 221 458 6 629 483
EIGENKAPITALÄNDERUNG, GESAMT
9 539 388
4 585 837 26 957 945
-33 566 860
130 216
- 7 677 728
a) Hierbei handelt es sich um einen bereinigten Betrag nach dem Beitrag aus den Einsatzgebieten zur Unterstützung für die administrativen Kosten.
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Anhang zum konsolidierten Jahresabschluss 2009 Vorstellung
1. Medair ist eine private, gemeinnützige und nichtstaatliche Organisation; sie steht den Menschen zur Seite, die in Krisen-, Kriegs- oder Katastrophengebieten am dringendsten Hilfe benötigen, und unterstützt sie durch lebensrettende Soforthilfe- und Wiederaufbaumassnahmen. Medair wurde 1988 ins Leben gerufen und 1989 als Verein im Sinne des Artikels 60 ff. des schweizerischen Zivilgesetzbuches gegründet. Medair ist weder politisch, wirtschaftlich, sozial noch religiös gebunden.
Medair Deutschland Postfach 15 01 42 70075 Stuttgart Deutschland
Medair US P.O. Box 4476 Wheaton, IL 60189-4476 USA
Medair France 5, avenue Abel 26120 Chabeuil Frankreich
Medair UK Unit 3, Taylors Yard 67 Alderbrook Road London SW12 8AD Grossbritannien
Buchführungsgrundsätze
Stichting Medair Nederland Amsterdamseweg 16 3812 RS Amersfoort Niederlande
Medair Invest-In-Aid Chemin du Croset 9 CH-1024 Ecublens Schweiz
2. Konsolidierungskreis Dieser Jahresabschluss stellt die konsolidierten Aktivitäten der Niederlassungen von Medair auf der ganzen Welt dar. Der internationale Hauptsitz von Medair befindet sich im schweizerischen Ecublens. Medair Chemin du Croset 9 1024 Ecublens Schweiz Fünf Niederlassungen und eine Schweizer Stiftung sind in diesem Jahresbericht konsolidiert. Jede Niederlassung ist eine unabhängige Einrichtung mit einem gesonderten Kuratorium, unterstützt jedoch die Arbeit von Medair weltweit. Medair Invest-in-Aid ist eine unabhängige Schweizer Stiftung, die die langfristige Finanzentwicklung und die Stiftungseinnahmen für Medair fördert. 54
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
Ausserdem beinhaltet dieser Jahresbericht die Erträge und Aufwendungen für alle humanitären Programme an den Aussenstandorten. Einige dieser Programme werden zwar möglicherweise in Ländern durchgeführt, in denen sich ein rechtsgültig eingetragenes Medair-Büro befindet, die operative Kontrolle (einschliesslich der Befugnis, die Geschäfts- und Finanzpolitik der Programme zu leiten) wird jedoch durch den internationalen Hauptsitz in der Schweiz ausgeübt.
Foto: M edair-Mitarbeiter beim Bau einer neuen Klinik in Gombe in der
D.R. Kongo
3. Grundsätze zur Erstellung des Jahresabschlusses Der Jahresabschluss wurde nach Massgabe aller Swiss-GAAP-FER-Standards erstellt, mit Ausnahme derjenigen, die nicht auf Medair anwendbar sind, wie z. B. FER 14 (Versicherungsunternehmen) und FER 26 (Personalvorsorgeeinrichtungen). Dieser Jahresabschluss spiegelt eine richtige und sachliche Sicht der Aktivitäten und der Finanzsituation von Medair wider. Diese Grundsätze zwingen die Verantwortlichen der Organisation zu sachkundigen Entscheidungen, bestmöglichen Schätzungen und Annahmen, die die ausgewiesenen Beträge von Aktiva, Passiva, Erträgen und Aufwendungen beeinflussen können. Die tatsächlichen Ergebnisse können von diesen Schätzungen abweichen. Medair wendet das Verfahren zur Rechenschaftslegung über zweckgebundene Mittel (Fund Accounting) an, bei dem alle Erträge und Aufwendungen bestimmten Fonds zugewiesen werden. Erträge werden je nach Kennzeichnung des Spenders als zweckgebunden oder zweckfrei verzeichnet. Alle Aufwendungen gelten als zweckfrei. Das Nettoergebnis der aktuellen Jahresaktivitäten wird zum Abschluss des Geschäftsjahres auf die Fondsrestbeträge verteilt. Dieser Jahresbericht wurde unter Anwendung des Anschaffungswertprinzips erstellt. Für Erträge und Verwaltungsaufwendungen, die in der Schweiz und den nationalen Büros anfielen, wurde die Methode der periodengerechten Abgrenzung angewandt. An den Aussenstandorten wurde für die lokalen Einnahmen und programmspezifischen Ausgaben die EinnahmenAusgaben-Rechnung verwendet. Alle Beträge sind in US-Dollar angegeben. 4. Änderungen bei der Darstellung des Abschlusses seit 2008 Wir haben unsere Darstellung der Trennung von humanitären und administrativen Aufwendungen nach Massgabe der aktuellen ZEWO-Richtlinien aktualisiert. Die 2008 dargestellte Trennung wurde nach denselben Richtlinien wie für 2009 überarbeitet. Die überarbeitete Darstellung ist Anmerkung 26 unten zu entnehmen. 5. Verbuchung von Zuwendungserträgen Zuwendungserträge werden als konstruktive Einnahmen gemäss der Percentage-of-Completion-Methode (PoCM) dargestellt. Der Anteil der konstruktiv eingenommenen Zuwendungen wird durch die Berechnung der tatsächlichen Projektaufwendungen im Verhältnis zum Gesamtbudget des Projekts am Jahresende bestimmt. Ende 2009 waren keine wesentlichen Kostenüberschüsse bei den Projektbudgets zu verzeichnen. 6. Rechnungsabgrenzung auf Spendenzuwendungen Spendenverträge laufen oftmals länger als das aktuelle Geschäftsjahr. In der Tabelle unten sind die
Abgrenzungsbeträge für jedes Landesprogramm dargestellt. Zum Jahresende beliefen sich die Spendenforderungen auf USD 11 493 237 mit einem Rechnungsabgrenzungsbetrag von USD 7 811 918. Die Rechnungsabgrenzung ist in der Bilanz als Verbindlichkeit gegenüber dem Spender dargestellt. USD Afghanistan
2009
2008
-778 059
-970 208
Afrika
-1 515 008
Angola
-157 789
D.R. Kongo
-345 528
-1 643 410
Indonesien
-91 372
-727 711
Madagaskar
-423 015
-1 363 656
-61 331
-1 252 371
Sudan, Nordstaaten
-2 911 163
-3 389 229
Sudan, Südsudan
-2 216 432
-1 191 669
Uganda
-189 726
-1 346 022
Oak Foundation
-745 292
Somalia
Procter & Gamble
-50 000
GESAMT
-7 811 918
-13 557 073
7. Behandlung organisationsinterner Vorgänge Alle organisationsinternen Vorgänge wurden aus diesem Jahresabschluss herausgenommen. Diese bestehen aus Spendenzuwendungen, zweckgebundenen und zweckfreien Spenden, Forderungen und Verbindlichkeiten. Humanitäre Zuwendungen von staatlichen Spendern wurden von Medair UK unterzeichnet und anschliessend an Medair (Schweiz) zur Anwendung abgetreten. Diese Zuwendungen wurden aus den Zahlen zu Erträgen und Verbindlichkeiten von Medair UK herausgenommen. 8. Funktionale Währung und Umrechnung von Fremdwährungen Medair (Schweiz) führt die Geschäftsbücher in USDollar. Die Niederlassungen in Europa führen ihre Geschäftsbücher in lokaler Währung. Ausserdem führt Medair UK ein Geschäftsbuch in Euro, um Spendenzuwendungen der Europäischen Kommission zu erfassen. Alle Zahlen aus den Geschäftsbüchern der Niederlassungen wurden für die Gewinnund Verlustrechnung zu den durchschnittlichen Jahreskursen und für die Darstellung der Bilanz zu den Schlusskursen in US-Dollar umgerechnet. 2009
2008
Schlusswechselkurs
CHF / USD
0,96360
0,94730
Durchschnittl. Wechselkurs
CHF / USD
0,92362
0,92644
Schlusswechselkurs
EUR / USD
1,43330
1,40970
Durchschnittl. Wechselkurs
EUR / USD
1,39463
1,47134
Schlusswechselkurs
GBP / USD
1,59280
1,44790
Durchschnittl. Wechselkurs
GBP / USD
1,56593
1,85518
55
Vorgänge, die im Einsatzgebiet in lokaler Währung erfolgen, werden anhand der Zeitmethode in unsere Basiswährung umgerechnet, als wären sie in US-Dollar erfolgt. 9. Umgang mit Kursgewinnen und -verlusten Medair nutzt bei der Darstellung von Währungsumrechnungen die Methode der Umrechnung zu Stichtagskursen. Währungsumrechnungen, die bei der Umrechnung der lokalen Währung der Geschäftsbücher der Niederlassungen oder der Stiftung in die Basiswährung US-Dollar entstehen, werden in der Bilanz entweder als zweckgebundene oder zweckfreie Finanzmittel dargestellt. Dieser Fonds ist die kumulative Währungsumrechnungsberichtigung. Nicht realisierte Gewinne und Verluste, einschliesslich der Neubewertung von Bilanzposten, werden in der Gewinnund Verlustrechnung nach Massgabe von FER 2 aufgeführt. Sämtliche realisierten Kursgewinne und -verluste aus operativen Aktivitäten werden in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Umrechnungsunterschiede bei organisationsinternen Vorgängen wurden in der Gewinnund Verlustrechnung je nach Herkunft in der Niederlassung 56
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
als realisierte Gewinne und Verluste auf entweder zweckgebundene oder zweckfreie Erträge verzeichnet.
Anhang zur Bilanz
10. Barmittel und Bankkonten Geldkonten bestehen hauptsächlich aus Devisenkonten an den Aussenstandorten. Zu den Bankkonten gehören die Konten der Aussenstandorte sowie der Verwaltungsbüros. 11. Forderungen Zu den Forderungen zählen Spendenzuwendungen, allgemeine Forderungen und Schuldner von Medair. Spendenforderungen werden verzeichnet, wenn Zuwendungsverträge abgeschlossen werden. Vernünftigerweise kann man davon ausgehen, dass sich Medair an die Bestimmungen der Zuwendungsverträge hält, weshalb der Geldeingang üblicherweise gesichert ist. Zu den Medair-Schuldnern gehören die Forderungen gegenüber Mitarbeitern und die Medair Staff Assistance Foundation (MSAF). Foto: Familien mit Kindern, die im Medair-Kinderernährungsprojekt
behandelt werden, erhalten zusätzliche Nahrungsmittelrationen in Burao, Somaliland.
Forderungen (USD) Staatliche Geldgeber
2009
2008
9 618 895
13 516 422
NGOs & institutionelle Geldgeber
1 181 726
1 636 318
692 616
2 847 331
11 493 237
18 000 071
32 181
89 071
Vereinte Nationen Spendenforderungen Allgemeine Schuldner Medair-Schuldner
52 860
110 511
85 041
199 581
11 578 279
18 199 652
Allgemeine Forderungen Gesamt
12. Bestand Zum Bestand gehören Materialien und Vorräte in der Schweiz, die für Programme in den Einsatzgebieten verwendet werden. Lagervorräte werden bei der Beschaffung in den Bestand aufgenommen und zum Einkaufspreis bewertet. Für aufgewandte Posten wird die FIFO-Methode angewandt. Bestandsposten werden ausschliesslich für Programme in den Einsatzgebieten verwendet und sind nicht zum gewerblichen Wiederverkauf gedacht. USD Gesamt
Anlagengruppe
14. Finanzanlagen Zu diesen Anlagen zählen gesperrte Einlagenkonten und Einlagekapital bei der Medair Staff Assistance Foundation (MSAF). Aus dieser Stiftung sind keine Erträge verzeichnet. 15. Sachanlagen Zu den Sachanlagen gehören die Anlagegüter, die am internationalen Hauptsitz in der Schweiz oder bei der Durchführung der humanitären Aktivitäten verwendet werden. Die gesamten Anlagegüter für die Standorte in den Einsatzgebieten gelten als zweckgebunden. Die Medair-eigenen Anlagegüter werden zu Anschaffungskosten aktiviert.
Büro
Computer
Komm.
Energie
Eröffnungsbuchwert
73 507
693 456
53 023
37 865
6 242
16 465
1 99 879
497 063
1 577 501
Endbestand 31.12.08
Sonstige Pumpen Gebäude Fahrzeuge Gesamt
1 54 125
1 379 995
121 308
55 075
25 847
23 709
254 657
1 040 739
3 055 455
Aktiva Aufgelaufene Abschreibung
Währungsumrechnung
-2 012
-7 553
-
-
-609
-
-
-
-10 173
Anfangsbestand 1.1.09
152 113
1 372 443
121 308
55 075
25 239
23 709
254 657
1 040 739
3 045 281
-
-
-
-
-
-
-
-
Zugänge 2009
5 451
89 864
50 564
13 914
26 315
-
79
260 225
446 412
Abgänge 2009
-36 413
-299 023
-26 430
-5 886
-16 383
-
-79
-6 292
-390 506
Endbestand 31.12.09
121 151
1 163 284
145 441
63 103
35 171
23 709
254 657
1 294 672
3 101 187
Endbestand 31.12.08
-79 591
-683 106
-68 285
-17 209
-19 322
-7 244
-54 778
-543 675
-1 473 210
Währungsumrechnung
986
4 120
-
-
325
-
-
-
5 431
Anfangsbestand 1.1.09
-78 606
-678 986
-68 285
-17 209
-18 997
-7 244
-54 778
-543 675
-1 467 731
Umbuchung
Umbuchung
-
-
-
-
-
-
-
-
Abgänge 2009
35 987
269 350
10 246
4 133
16 383
-
-
6 292
342 391
Abschreibung 2009
-23 016
-184 614
-57 362
-17 945
-2 227
-7 903
-49 618
-334 318
-677 001
Endbestand 31.12.09
-65 635
-594 251
-115 401
-31 021
-4 841
-15 148
-104 396
-871 701
-1 802 394
203
719
55 720
569 752
Währungsumrechnung
Gesamt
13. Im Voraus bezahlte Aufwendungen Zu den im Voraus bezahlten Aufwendungen gehören im Voraus geleistete Mietzahlungen im Einsatzgebiet, im Voraus bezahlte Flugkosten im Einsatzgebiet, Beiträge zur beruflichen Altersversorgung, Beiträge für Versicherungen gegen Datenverluste, Diebstahl, Unfälle und für Gehaltszahlungen im Krankheitsfall.
Endbuchwert
61 30 040
Abschreibungen Die linearen Abschreibungskosten werden auf der Grundlage der erwarteten Nutzungsdauer des Anlagegegenstands errechnet. Die Abschreibungskosten beginnen im Monat nach dem Erwerb. Der Wert der Anlagegüter wird zum Jahresabschluss bestimmt. Falls es Anzeichen für einen Wertverfall gibt, sodass der verbleibende Wert der Anlagegüter geringer als sein angegebener Buchwert ist, wird in der Gewinnund Verlustrechnung sofort ein Wertverlust verzeichnet.
32 081
30 391
983 8 562
1 50 261
422 971
Büroausstattung
3 Jahre
Computerausrüstung
3 Jahre
Software
3 Jahre
Kommunikationsgeräte Energiegeräte
1,5 bis 4 Jahre 2 bis 3 Jahre
Einrichtungsgegenstände
5 Jahre
Mietbesitz – Ausbauten
5 Jahre
Fahrzeuge
1 299 777
2 bis 3 Jahre
57
16. Spendenverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten Zu den Verbindlichkeiten gehören nicht realisierte Beträge aus Zuwendungen, die gegenüber Spendern fällig sind, Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten, gesetzlich vorgeschriebene Verbindlichkeiten und Verbindlichkeiten gegenüber Mitarbeitern von Medair. Zum Umgang mit Zuwendungen von institutionellen Spendern siehe Anmerkungen 5 und 6. Verbindlichkeiten von USD 92 168 gegenüber Mitarbeitern von Medair und der Medair Staff Assistance Foundation (MSAF) sind in der Gesamtsumme enthalten. Verbindlichkeiten von USD 202 435, der derzeitige Anteil an dem langfristigen Darlehen, sind getrennt ausgewiesen. Das kurzfristige Darlehen besteht aus einem Cashflow-Darlehen von USD 1 926 782. 17. Aufgelaufene Verbindlichkeiten Zu diesem Posten zählen die Verpflichtungen zu gesetzlichen, konsolidierten und Spenderprüfungen plus zurückliegende, in den Einsatzgebieten erfolgte Aufwendungen, für die zum Jahresende keine Rechnungen vorlagen.
Medair teilt die Tätigkeiten geografisch nach Ländern ein. In der folgenden Tabelle sind die Erträge je Land zum Vergleich aufgeführt. Erträge gesamt 2009
2008
3 766 311
3 738 460
-8 114
-
D.R. Kongo
3 971 023
5 131 669
Indonesien
622 630
1 374 192
Madagaskar
1 543 543
1 977 094
-
1 318
Mosambik Somalia Sudan, Nordstaaten Sudan, Südsudan
58
3 762 867
127 240
-
Schweiz/Niederlassungen
2 406 343
2 876 972
Gesamt
31 543 782
34 766 638
20. Sachspenden Sachspenden sind ein wesentlicher Bestandteil des humanitären Programms von Medair. Medair ist in vollem Umfang für die Entgegennahme, die Lagerung, den Transport, die Verbuchung und die Verteilung dieser Materialien verantwortlich. Eingegangene Sachspenden werden als Einnahmen und Ausgaben in unseren Geschäftsbüchern verzeichnet. Die vollständige Aufschlüsselung der Sachspenden ist nachfolgend dargestellt. 2009
3 075 240
936 270
5 921 101
7 603 151
6 903 107
7 364 646
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
2008
Afghanistan
65 274
108 668
D.R. Kongo
827 512
356 842
Somalia
19. Erfassung von Erträgen Zum Umgang mit Zuwendungen von institutionellen Spendern siehe Anmerkungen 5 und 6. Private Spenden werden nach Erhalt als Erträge verzeichnet und je nach Kennzeichnung des Spenders in zweckgebundene oder zweckfreie Erträge eingeteilt. Spendenzusagen werden nicht als Erträge behandelt.
Angola
3 215 358
Madagaskar
Anhang zur Gewinn- und Verlustrechnung
Afghanistan
Simbabwe
USD
18. Langfristige Verbindlichkeiten Zu diesen Verbindlichkeiten zählen Leistungen bei Vertragsauflösung für nationale Mitarbeiter in unseren Programmen im Einsatzgebiet und ein Darlehen von Microsoft Financing für den Erwerb neuer Software, das 2010 vollständig zurückbezahlt sein wird.
USD
Uganda
123 802 976 461
Sudan, Nordstaaten
267 713
56 668
Sudan, Südsudan
458 397
308 235
54 724
314 616
Uganda Medair UK Gesamt
5 297 2 650 082
1 274 128
21. Weitere Einnahmen Zu den weiteren Einnahmen zählen Verkaufseinnahmen, Schulungsgebühren für unseren Relief and Rehabilitation Orientation Course (ROC) sowie die Beiträge von Hilfeempfängern bei Programmen in Einsatzgebieten und sonstige Einnahmen. 22. Humanitäre Aufwendungen Humanitäre Aufwendungen umfassen die Gesamtkosten für die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen für die Begünstigten durch Medair. Dazu gehören die Kosten für die Umsetzung dieser humanitären Programme, z. B. Mitarbeiter-, Verpflegungs- und Lebenshaltungskosten im Rahmen des Projekts, Kommunikations- und Energiegeräte, Fahrzeuge, Transport und Lagerung von Materialien sowie logistische und finanzielle Aufwendungen. Dazu gehören auch die vom Hauptsitz im schweizerischen Ecublens erbrachte Recherche, Vorbereitung, Planung, Auswahl, Nachbereitung und Kontrolle der humanitären Programme. Zu den Programmausgaben zählen die gesamten humanitären Kosten und ein Beitrag für die indirekten Kosten. Das Budget jedes humanitären Programms enthält einen solchen Beitrag von 15% als Unterstützung für die administrativen Kosten von
Medair. Diese Kosten sind nicht bei den humanitären Aufwendungen aufgeführt, jedoch in der Aufstellung zur Eigenkapitaländerung unter dem Punkt Programmaufwendungen enthalten.
nachfolgend dargestellt sind. Die Ergebnisse basieren auf den innerhalb von 90 Tagen nach Spendenbeginn eingegangenen Einnahmen (früher 60 Tage). Die Ergebnisse der Spendenkampagnen in unseren nationalen Büros in Europa wurden 2008 nicht gleichermassen nachverfolgt, sodass sie nicht dargestellt werden können.
23. Administrative Aufwendungen Zu den administrativen Aufwendungen gehören die Kosten des Medair-Büros im schweizerischen Ecublens und die administrativen Kosten für jede Niederlassung sowie die Stiftung Invest-in-Aid. Dazu zählen die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen, einschliesslich Personal-, Betriebs- und Logistik-, Finanz- sowie Marketing- und Fundraising-Aufwendungen.
USD
Humanitäre Arbeit Direkt
13
Kosten gesamt
271 826
227 063
Einnahmen gesamt
578 908
523 762
Verwaltung Allgemeine Verwaltung
Unterstützung
10 815 251
13
26. Organisatorische Aufwendungen Diese Aufwendungsklassen dienen ausschliesslich zur Information. Sie stellen eine zweckbetonte Aufschlüsselung der operativen Aufwendungen dar und sind keine Darstellung nach Aktivitäten wie der Jahresabschluss.
25. Kosten für Spendenaufrufe Medair (Schweiz) führte im Jahr 2009 13 Spendenkampagnen durch, deren Ergebnisse
USD
2008
Anzahl Kampagnen
24. Realisierte Kursgewinne Darunter ist das Nettoergebnis der realisierten Gewinne und Verluste zu verstehen, das in der Gewinnund Verlustrechnung verzeichnet ist.
Sektoren
2009
Spendenkampagnen
Organisationsausgaben gesamt 10 815 251
Personal
9 008 725
1 909 936
1 238 148
771 244
12 928 053
Reisen & Repräsentanz
2 199 446
130 952
71 296
45 509
2 447 203
Verwaltung
2 204 284
129 955
635 915
51 245
3 021 399
636 917
0
91 285
Unterhalt Abschreibung
452 365
Sonstige Ausgaben
728 202
224 635
677 000
1 697 685
11 994
130 178
37 964 1 071 932
1 071 932
27 014 673
2 182 837
2 391 458
1 977 895
33 566 860
Spendenkampagnen direkt Gesamt
1 877 821
In der folgenden Tabelle sind nur die humanitären Aufwendungen je Land aufgeführt. USD
Sektoren
Personal
Reise
Unterst.aufwend.
Verwaltung
Unterhalt
Abschreibung
Sonstige Ausgaben
55 498
147 819
3 473 680
280 680
3 754 360
Gesamt
Gesamt
Afghanistan
1 731 813
973 304
200 613
273 704
90 930
D. R. Kongo
1 920 448
1 078 897
168 152
257 298
91 510
6 674
213 944
3 736 922
301 950
4 038 873
Indonesien
239 132
190 739
40 697
17 655
1 689
4 496
25 585
519 993
42 016
562 010
Madagaskar
719 351
513 745
66 797
98 585
37 728
1 700
101 081
1 538 986
124 353
1 663 339
Somalia
1 407 816
716 499
95 866
168 541
6 257
4 292
377 065
2 776 335
224 333
3 000 668
Sudan, Nordstaaten
1 844 858
2 085 489
579 327
616 070
125 032
106 172
253 212
5 610 160
453 312
6 063 471
Sudan, Südsudan
1 844 634
2 340 633
812 450
570 886
185 252
154 233
406 297
6 314 384
510 214
6 824 598
Uganda
1 107 200
1 075 767
204 264
197 023
98 519
118 711
136 393
2 937 877
237 386
3 175 263
0
33 654
31 280
4 523
0
589
36 290
106 334
8 592
114 926
10 815 251
9 008 725
2 199 446
2 204 284
636 917
452 365
1 697 685
27 014 673
2 182 837
29 197 509
Simbabwe GESAMT
59
Anhang zur Aufstellung der Eigenkapital- und Fondsänderungen
27. Darstellung der Fondsrestbeträge Die Erträge und Aufwendungen aus den Schweizer Konten, einschliesslich der Vorgänge in den Büros der Einsatzgebiete, sind in US-Dollar angegeben. Die Erträge und Aufwendungen des laufenden Jahres pro Fonds aus den Niederlassungen und der Stiftung werden zu durchschnittlichen Jahreswechselkursen aus der lokalen Währung umgerechnet. Die Differenz zwischen einem berechneten Fondsrestbetrag (Anfangsbestand plus Erträge minus Aufwendungen) und einem umgerechneten Fondsrestbetrag zum Schlusswechselkurs wird in die Zeile der kumulativen Währungsumrechnung im entsprechenden Fonds eingetragen. 28. Zweckgebundene Fonds Zu den zweckgebundenen Fonds gehören zweckgebundene Einkommensfonds und zweckgebundene Programmfonds. Sie werden entsprechend der Zuweisung des Spenders verwendet. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass das Kuratorium die Fonds neu zuweisen oder den Zweck eines zweckgebundenen Fonds ändern muss, wird die vorherige Genehmigung der betroffenen Spender eingeholt. Zweckgebundene Einkommensfonds Für zweckgebundene Einkommensfonds wird bei privaten Spendern für einen bestimmten Verwendungszweck geworben. Sie werden verwendet, um die Programmfonds bei bestimmten humanitären Einsätzen zu erhöhen. Sie können auch für den organisatorischen Kapazitätsaufbau wie Schulungen, entsprechende Materialien, Durchführung von Mitarbeiter-Workshops etc. verwendet werden. Die Zuweisung dieser Fonds zu speziellen Programmen liegt im Ermessen des Management-Teams.
Mitarbeiterversorgungskapitalfonds
Die Zinserträge aus diesem Fonds werden dem Mitarbeiterversorgungs- & -entwicklungsfonds zugewiesen. Es handelt sich um einen Fonds von Medair Invest-In-Aid.
Mitarbeiterversorgungs- & -entwicklungsfonds
Dieser Fonds vereinfacht die Versorgung einzelner Medair-Mitarbeiter im Falle besonderer Bedürfnisse und für Schulungen. Es handelt sich um einen Fonds von Medair Invest-In-Aid.
Kapazitätsmanagementfonds
Dieser Fonds vereinfacht den Betrieb der Stiftung Medair Invest-In-Aid.
Jubiläumsfonds
Zweckgebunden für Aufwendungen zum 20-jährigen Jubiläum von Medair 2009
Private Aktivitäten
Mittel, die durch ständig im Ausland lebende Mitarbeiter für spezielle Projekte beschafft werden.
Zweckgebundene Programmfonds Programmfonds sind kurzfristige Verbindlichkeiten für humanitäre Programme, die zum Jahresende noch nicht beendet sind. Sie bestehen aus noch nicht verwendeten lokalen Zuwendungen und privaten Spenden, die zur Unterstützung von speziellen humanitären Einsätzen erteilt wurden. Für jedes Land, in dem Medair tätig ist, wird ein zweckgebundener Programmfonds geführt. 29. Zweckfreie Fonds Diese Fonds sind die allgemeinen Reserven von Medair. Sie setzen sich aus zweckfreiem Kapital und zugeteilten Geldmitteln zusammen, die das operative Management erleichtern. Die Nutzung dieser Fonds liegt im Ermessen des Management-Teams. Zweckfreies Kapital Nicht zugeteilte Fonds
Private Spenden, die vom Spender keinem speziellen Programm oder Anlass zugewiesen werden
Zweckgebunden für Programmaktivitäten in Afrika. Für diesen Fonds geht eine jährliche pauschale Zuwendung der Schweizer Regierung ein, die auf länderspezifische Programmfonds umverteilt wird.
Kumulative Währungsumrechnungen
Das aufgelaufene Ergebnis von nicht realisierten Währungsumrechnungen
Administrativer Fonds
Für die allgemeinen Verwaltungskosten der Organisation
Nothilfe
Dieser Fonds vereinfacht das sofortige Einschreiten im Falle einer neuen oder im Entstehen begriffenen humanitären Notsituation.
Fonds für Anlagevermögen
Für den Erwerb von Medair-eigenen Vermögensgegenständen verwendet. Siehe Anmerkung 14.
Fonds für Einsätze
Vergessene Opfer
Zweckgebunden für Programme, die mit gefährdeten oder vertriebenen Menschen arbeiten
Zur Unterstützung des Cashflow-Bedarfs für Projekte im Einsatzgebiet verwendet
Schulungsfonds
Zur fachlichen Weiterbildung der MedairMitarbeiter
Afrikafonds
Medizinischer Fonds
Zweckgebunden für Programmaktivitäten mit medizinischem oder gesundheitlichem Fokus
Oak-Fonds
Zweckgebunden für Kapazitätsverbesserungen am Hauptsitz
Medair-DeutschlandFonds
Zweckgebunden für Programme in den Einsatzgebieten
Wasserfonds
Zweckgebunden für Programme, die direkt mit Aktivitäten zur Wasseraufbereitung und Abwasserentsorgung zusammenhängen
60
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
Zugeteiltes Kapital
30. Bewegungen zwischen den Fonds Zweck dieser Fondstransfers ist die Erhöhung der Geldmittel der institutionellen Geldgeber bei der Erarbeitung von humanitären Programmen für das Einsatzgebiet. Institutionelle Geldgeber verlangen oftmals, dass Projekte mit Kapital aus anderen Quellen mitfinanziert werden. Die Tabelle oben stellt die Fondstransfers des Jahres 2009 dar.
USD Zielfonds
QUELLFONDS Afrikafonds
Oak-Fonds
Jubiläumsfonds
MDE-Fonds
Medizinischer Fonds
Wasserfonds
Nicht zugeteilte Fonds
Fonds für Einsätze
Nothilfefonds
0
Fonds für die vergessenen Opfer
0
Afghanistan
2 503
10 000
5 000
274 035
434 717
726 255
6 167
10 000
5 000
883 516
79 388
1 037 808
10 000
121 980
Angola D.R. Kongo
0 53 737
Indonesien
98
132 078
Iran Madagaskar
0 438 340
10 000
448 340
Mosambik
0
Somalia
130
15 139
49 076
64 345
Sri Lanka
0
Sudan – Nordstaaten
1 146
10 084
15 109
Sudan – Südsudan
516 610
1 749
15 000
8 000
Uganda
562 044
651
10 000
Simbabwe
532 351
558 690 541 359 572 695
10 000
111 274
Fonds für Anlagevermögen
121 274
249 860
Verwaltungsfonds GESAMT
GESAMT
1 570 731
254 708
8 188
1 982
254 708
8 188
14 426
Weitere Informationen
31. Vergütung des Kuratoriums Die Mitglieder des Kuratoriums von Medair (Schweiz) und die entsprechenden Organe der Niederlassungen in Europa arbeiteten im Jahr 2009 ehrenamtlich und erhielten weder ein Gehalt noch eine Entschädigung. Die Kuratoriumsmitglieder können sich ihre Reisekosten erstatten lassen. 32. Eventualverbindlichkeit Im Januar 2010 beauftragte das Europäische Amt für humanitäre Hilfe (ECHO) eine externe Prüfung der Projektausgaben für 2006, 2007 und 2008. Der Abschlussbericht liegt noch nicht vor. Auf der Grundlage der vorläufigen Entwürfe verbuchte Medair einen Rückstellungsaufwand von EUR 135 120.
80 223
53 109
249 860
2 251 784
930 571
4 473 876
1 444 676
3 447 233
der Abhilfemassnahmen verringert. Dieser Restbetrag wurde 2009 vollständig in Anspruch genommen. 33. Rückstellungen Die Ende 2007 vorgenommene Rückstellung wurde 2009 vollständig für die restlichen Abhilfebaumassnahmen in Indonesien verwendet. Eine weitere Rückstellung von USD 193 664 wurde für die im Januar 2010 von ECHO durchgeführte Prüfung vorgenommen. USD Anfangsbestand
2009
2008
65 376
689 540
Zuführung
193 664
Inanspruchnahme
65 376
Auflösung Endbestand
593 543 30 621
193 664
65 376
Im März 2008 erhielt Medair die Ergebnisse einer Beurteilung der Arbeit im Rahmen unseres Landesprogramms in Indonesien im Jahr 2007. Diese Beurteilung ergab, dass die Arbeitsqualität bei einem bestimmten Projekt nicht dem Standard entsprach. Folglich mussten die Mängel behoben werden, und unsere Kostenschätzung für diese Arbeit lag Ende 2007 bei USD 825 000. Medair stellte im Jahr 2007 USD 500 000 für diese Abhilfebaumassnahmen zurück. Ein Grossteil davon wurde durch Spender abgedeckt, und folglich wurde die Rückstellung 2008 auf USD 65 376 für den für 2009 verbliebenen Anteil 61
34. Plan für die berufliche Altersversorgung Die Mitarbeiter von Medair in der Schweiz sind gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität und Tod gemäss dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) bei der BVG-Sammelstiftung Winterthur-Columna versichert. Nach Massgabe des definierten Beitragsplans der Sammelstiftung zahlen Mitarbeiter und Arbeitgeber festgelegte Beiträge. Mit diesem Plan beeinflusst die Nettorendite aus dem Anlagevermögen des Plans die Beiträge nicht, und die Schlussrückstellung ist nicht garantiert. Die Risiken werden von der Sammelstiftung getragen.
Wirtschaftlicher Nutzen / wirtschaftliche Verpflichtungen und Vorsorgeaufwand in CHF
Über- / Unterdeckung am 31.12.09
Vorsorgeeinrichtungen ohne Über-/Unterdeckung
Wirtschaftlicher Anteil der Organisation am 31.12.09
0
38. Verbindungen zu angeschlossenen Organisationen Die Medair Staff Assistance Foundation (MSAF) ist eine unabhängige Schweizer Stiftung, die ständig im Ausland lebenden Mitarbeitern bei medizinischen Ausgaben, Krankenversicherung und Rückführung im Auftrag von Medair Hilfe leistet. Der Jahresabschluss dieser Stiftung ist nicht in diesem konsolidierten Abschluss enthalten, da der Nettoeffekt auf den Jahresabschluss unerheblich ist.
Veränderung zum Vorjahr bzw. erfolgswirksam im Abschlusszeitraum am
Auf die Periode abgegrenzte Beiträge
31.12.08
0
0
Die Jahresbeiträge zum Plan für die berufliche Vorsorge werden in der Gewinn- und Verlustrechnung im jeweiligen Bezugszeitraum verbucht. Ständig im Ausland lebende ehrenamtliche Mitarbeiter profitieren nicht von dem Plan für die berufliche Vorsorge, obwohl ausgewanderte Schweizer, die ihren Wohnsitz in der Schweiz behalten haben, durch die BVG-Sammelstiftung Winterthur-Columna versichert sind. 2009 und 2008 waren zwei ausgewanderte Schweizer über diesen Plan versichert. Die Mitarbeiter der nationalen Büros in Europa profitieren von einem Plan für die Altersversorgung bei einem staatlichen Versicherungsunternehmen. Medair führt für die nationalen Büros keinen unabhängigen Plan für die Altersversorgung. 35. Kurzfristiges Darlehen Aufgrund eines punktuellen Liquiditätsbedarfs im Jahr 2008 wurde ein Darlehen aufgenommen. Der Darlehensrestbetrag beläuft sich derzeit auf CHF 3 000 000. Der Zinssatz für das Darlehen beträgt 3% pro Jahr. Das Darlehen hat keine Fälligkeit. 36. Einkommenssteuer Medair ist gemäss einer Entscheidung des Finanzdepartements des Kantons Waadt vom 19. März 1992 von der Schweizer Einkommens- und Vermögenssteuer befreit.
62
37. Versicherung Medair (Schweiz) verfügt über eine Versicherung gegen Feuerschäden für Einrichtungsgegenstände und Geräte in Höhe von CHF 957 935.
MEDAIR Geprüfter konsolidierter Jahresabschluss 2009
0
331 568
Vorsorgeaufwand im Personalaufwand 2009
2008
331 568
302 632
39. Abgesehen von der ECHO-Prüfung im Januar 2010, den in den Anmerkungen 32 und 33 bereits offengelegten Sachverhalten und der Erhöhung des kurzfristigen Kreditlimits um CHF 1 000 000 gab es keine signifikanten Ereignisse nach dem Abschluss, die diesen Jahresabschluss für 2009 beeinflussen. 40. Kopien des Jahresberichts Kopien des gesetzlich vorgeschriebenen Schweizer Jahresberichts 2009 und des konsolidierten Jahresberichts 2009 sind auf schriftliche Anfrage an Medair, Chemin du Croset 9, 1024 Ecublens, Schweiz, erhältlich.
Ein Kinderschutz-Team in Uganda macht sich auf den Weg, um der Bevölkerung zu zeigen, wie gefährdete Kinder geschützt werden können. Chefredakteur: Randall Zindler Leitende Redakteure: Lynn Denton, Mark Wallace Texter: Mark Wallace Bildredakteurin: Lynn Denton Mitwirkende: Medair-Mitarbeiter auf der ganzen Welt Grafikdesign und Druck: Brain4You, Belgien Fotoauswahl: Die Fotos wurden von Medair-Mitarbeitern gemacht mit Ausnahme von: S. 3, 40-41 © Julius Court; S. 5 © Medair/Joana Abriel; S. 3, 19, 26, 56 © Medair/J. J. Stok; S. 31, 44 © Medair/Sheryl Sims; S. 21, 54 © Medair/ Miguel Sampler; S. 26 © Medair/Odile Meylan; S. 27 © Medair/Melanie Frey. Wo als erforderlich erachtet, wurden Namen von Personen und Orten in den Artikeln geändert, um die Identität von Hilfeempfängern und Mitarbeitern zu schützen. Die internationalen Mitarbeiter werden nach der Anzahl der Stellen gezählt. Nationales Personal wird nach der Anzahl Personen 2009 angegeben. Aus Platzgründen sind nur Spender mit Beiträgen von über USD 20 000 aufgeführt. © Medair, 2010 Die hierin enthaltenen Informationen dürfen nur mit der vorherigen schriftlichen Genehmigung von Medair vervielfältigt werden. Medair verlangt eine Kopie der fraglichen Veröffentlichung. Eine elektronische Version des Jahresberichts 2009 „20 Jahre Medair” (auf Englisch, Französisch oder Deutsch erhältlich) kann unter www.medair.org heruntergeladen werden. Haftungsausschluss: Die Angaben in diesem Bericht in Form von Karten bedeuten nicht, dass Medair hierzu irgendeine Meinung zum rechtlichen Status eines Landes oder Territoriums, seiner Behörden oder Grenzen äussert. Detaillierte aktuelle Informationen zu den Medair-Programmen sind unter www.medair.org verfügbar. Darüber hinaus können Informationen auch auf schriftliche Anfrage beim internationalen Hauptsitz angefordert werden. Wenden Sie sich bitte mithilfe der Kontaktinformationen auf der Rückseite dieses Berichts an Medair, oder besuchen Sie unseren Internetauftritt unter www.medair.org.
Kinder im Südsudan zeigen ihren lila gefärbten Daumen, an dem zu erkennen ist, dass sie bereits ihre Entwurmungsmittel erhalten haben.
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Fotos, Titelseite: Medair-Mitarbeiter und Hilfeempfänger arbeiten an einem Brückenbauprojekt, mit dem der Zugang zu einer
entlegenen WASH-Projekt-Baustelle im madagassischen Mahalevona ermöglicht wird.
Rückseite: Ein Medair-Mitarbeiter befragt in Madagaskar einen Lehrer zum Infrastrukturbedarf der Schule.
Veröffentlicht im Juli 2010 Medair steht den Menschen zur Seite, die in Krisen-, Kriegs- oder Katastrophengebieten am dringendsten Hilfe benötigen, und unterstützt sie durch lebensrettende Soforthilfe- und Wiederaufbaumassnahmen.
unterstützt Medair
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