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Eine Frage der Fairness, Achtung und Wertschätzung

«Der Landtag fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, die AHV-Rentenanpassung an die Hand zu nehmen. Warum eigentlich?», schreibt Hansrudi Sele in einem kürzlich erschienenen Leserbrief. Tatsächlich haben sich bis auf die Freie Liste alle Parteien immer wieder dahingehend geäussert, dass eine Rentenanpassung nach nunmehr elfjährigem Einfrierungszustand schon ein Thema ist, aber man drückt sich lavierend vor einer wirklichen Entscheidung. Ehrliche Verantwortung sieht anders aus. Text: Johannes Kaiser, FBP-Landtagsabgeordneter

Man müsse zuerst den Armutsbericht vor sich liegen haben, die Gegenfinanzierung müsse von den Befürwortern dargelegt werden, man habe in Liechtenstein ohnehin höhere Renten als in der Schweiz usw. Betrachten wir diese Ausflüchte der Reihe nach.

Armutsbericht müsse zuerst vorliegen Es ist klarzustellen, dass der von der Regierung in Aussicht gestellte Armutsbericht mit einer Rentenanpassung und Rückkehr zum Mischindex, welcher im Gegensatz zur Schweiz im Jahr 2011 infolge der Staatshaushaltssanierung verlassen und infolgedessen seit nun mehr als elf Jahren keine Rentenerhöhung vorgenommen wurde, nichts zu tun hat. Die AHV-IV-Renten sind auch bei einer maximalen Rente unter dem Existenzminimum. Sie bilden lediglich eine Basis, und sie werden an «Arm» und «Reich» ausgerichtet, ungeachtet der wirtschaftlichen Verhältnisse des Rentners zum Zeitpunkt des Rentenbezugs. Genau dieser Fakt, dass die Rentenhöhe nicht von der wirtschaftlichen Bedürftigkeit des Rentners abhängt, zeigt klar, dass man nicht auf den Armutsbericht warten muss.

Rentenerhöhung ist heute schon ohne Zusatz-Einschüsse finanzierbar Die Zahlen der Regierung in der Beantwortung der FBP-Interpellation auf entsprechende Finanzierungsfragen verdeutlichen, dass eine 2,4-prozentige Rentenerhöhung heute bereits möglich ist. Sie entspräche den gesetzlichen Vorgaben des technischen Gutachtens vollauf, im Zeitbogen von 20 Jahren die Reserve von fünf Jahresausgaben zu sichern. Eine 2,4-prozentige Rentenerhöhung ist also ohne zusätzlichen Finanzierungseinschuss möglich.

Werfen wir einen Blick auf die Eidgenossenschaft, stellen wir fest, dass die Schweizer AHV schon heute zu einem wesentlich höheren Anteil durch öffentliche Gelder mitfinanziert wird, als es in Liechtenstein der Fall ist. Jedenfalls führt dies deutlich vor Augen, dass die Schweiz grossen Wert darauf legt, bei ihren AHV-Renten auch in Zukunft die «wirkliche» Teuerung auszugleichen. Seit 2011 gab es in der Schweiz für die Rentenbezüger insgesamt bereits vier Mal eine Teuerungsanpassung – in Liechtenstein gar keine.

Der Schweizer Gewerkschaftsbund verlangt zudem schon seit längerem die Einführung einer 13. Rente. «Eine Erhöhung der AHV-Renten sei nötig», wird der Gewerkschaftsbund am 11. Februar 2022 zitiert.

Einfrierungsmassnahme bleibt auch bei 2,5 Millarden Staatsreserve starr Bis 2011 lag der Berechnung der Rente in Liechtenstein die gleiche Formel zugrunde wie in der Schweiz: der Mischindex zwischen Konsumentenprei-

Der Weg über eine parteiübergreifende Initiative ist wohl reif und wird als nächster Schritt anzustreben sein.

Johannes Kaiser, Landtagsabgeordneter

sen und Lohnentwicklung. Unter dem Damoklesschwert der Staatshaushaltssanierung wurde dieser Mischindex verlassen und eine Berechnungsgrundlage gewählt, die den Rentnern eine künftige Rentenerhöhung praktisch verwehrt und die Staatskasse saniert. Heute verfügt Liechtenstein über 2,5 Milliarden Franken Staatsreserven, doch wurde die damalige finanzielle Einfrierungsmassnahme bei den Rentnern nicht aufgehoben.

Mein Fazit Es ist einfach nicht gerecht, korrekt und fair, dass der Staat bei den Rentnern ein System anwendet, das keine Rentenanpassung ermöglicht, dies auch nicht mit der Perspektive auf die nächsten zehn Jahre. Für den Landtag liegen mit dem ursprünglichen und revidierten technischen Gutachten (LIBERA), mit sogar mehreren Interpellationsbeantwortungen durch die Regierung im Verlaufe der letzten vier Jahre sowie mit den jährlichen Geschäftsberichten der AHV alle Fakten auf dem Tisch. Das Herumlavieren und permanente Drücken vor einer Entscheidung ist gegenüber den Rentnerinnen und Rentner nicht mehr vertretbar. Der Weg über eine parteiübergreifende Initiative ist wohl reif und wird als nächster Schritt anzustreben sein.

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