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Goldgräber-Stimmung verflogen
from Medijuana 68
Die Goldgräber-Stimmung ist verflogen, große Ernüchterung macht sich in der CannabisBranche breit. Mit der Vorstellung der Eckpunkte und des Gesetzesentwurfs ist klar, dass die lukrativen Gewinne mit Cannabis in Deutschland nicht zu machen sind. Der Stoff kann vorerst nicht in lizenzierten Fachgeschäften in deutschen Fußgängerzonen gekauft werden.
Die deutsche Legalisierung ist der große Durchbruch für die Konsumenten, die ihren Joint nicht weiter in der Illegalität rauchen müssen. Bei den Investoren herrscht laut Analysten aber
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Katerstimmung. Die Rendite der meisten Gras-Aktien berauschen wenig.
Börsennotierte Firmen aus Nordamerika waren in den Markt gedrängt, als Kanada als weltweit erste Industrienation den Cannabis-
Konsum vollständig freigegeben. Mit Canopy Growth oder Aurora konnten Anleger von Anfang 2017 bis im Oktober 2018 sagenhafte Kursteigerungen von über 600 Prozent erreichen. Seitdem kannten die Bewegungen der Kurse nur eine Richtung: nach unten. Die Geschäftszahlen hatten sich schwächer als erwartet entwickelt. Die größten CannabisWerte sind in vergangenen fünf Jahren um 90 Prozent und mehr gefallen.
Das 2013 gegründete US-amerikanische Unternehmen Tilray setzte 2022 rund 200 Millionen Dollar um. Der Big Player hat seine Prognose, bis 2024 einen Jahresumsatz von vier Milliarden Dollar zu erzielen, längst gestrichen. Bereits 2019 hatte das Unternehmen mit Blick auf die Legalisierung einen internationalen Beirat mit dem deutschen Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) besetzt.
Die Aktien der Synbiotic SE aus München – nach Eigendarstellung Europas größtes Cannabisunternehmen – sind mit den Ankündigungen der Berliner Ampelregierung immer stärker unter die Räder gekommen. Der Kurs war bis Ende März – von über 40 Euro kommend - auf 8 Euro abgesackt und bewegt sich Mitte Mai bei 4,20 Euro. Synbiotic-Geschäftsführer Lars Müller sagt: „Wir warten auf den detaillierten Gesetzesentwurf der Bundesregierung für die erste Säule der Cannabis-Legalisierung und werden auf dieser Grundlage unsere Strategie präzisieren.“ Müller rechnet mit massiver Nachfrage nach Stecklingen, Saatgut und dem notwendigen Anbauzubehör.
Der Cannabis-Markt braucht einen langen Atem, sagt der Münchner Startup-Gründer Wenzel Cerveny. Der Legalisierungsaktivist war 2017 mit einem Crowdfounding-Projekt in den Markt eingestiegen und geht demnächst an die kanadische Börse. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge sieht er auf den Legalisierungsprozess: „Cannabis ist ein langfristiges Geschäft.“ Die zunächst angekündigte Legalisierung habe zu einer Goldgräberstimmung geführt. „Die geplante Legalisierung light führt jetzt dazu, dass sich der Markt langsam entwickeln kann“, findet Cerveny positiv. Die Modellprojekte der zweiten Säule der deutschen Legalisierung seien auf fünf Jahre ausgelegt.
Als großen Vorteil des deutschen Legalisierungsweges sieht Wenzel Cerveny, dass THC-arme Produkte frei verkauft werden können. Es gebe viele Leute, die Entspannung mit CBD suchen, sagt der Gründer von 19 Fachgeschäften. Der Umgang mit THC kann nach seiner Ansicht so besser gelernt werden. Seine Läden seien auf eine Teilnahme an einem Modellprojekt vorbereitet.
Der Branchenverband deutsche Cannabiswirtschaft (BvCW) sieht die Pläne der Bundesregierung, ein zwei Säulen-Modell “Club Anbau & Regional-Modell“ (CARe) einzuführen, als „ersten guten Schritt auf einem langen, aber sinnvollem Weg“. Ziel muss laut ein „regulierter, kontrollierter und legaler Markt“ bleiben. BvCW-Geschäftsführer Jürgen Neumeyer begrüßt die angekündigte Herausnahme von Cannabis aus dem Betäubungsmittel-Gesetz (BtMG). „Wichtig ist, dass bei der Belieferung der Modellprojekte Vielfalt gewährleistet wird. Es müssen Strukturen geschaffen werden, Investitionen in den kontrollierten Cannabismarkt dauerhaft attraktiv machen“, heißt es beim BvCW.