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Berlin
STADT WEIN GARTEN
Die Bundeshauptstadt ist eigentlich nicht als Weinbauland bekannt, auch wenn der Rebensaft dort bei unzähligen offiziellen und privaten Anlässen ausgeschenkt wird. Bier wird in Berlin gebraut, Schnaps gebrannt, aber Wein kultiviert? Doch tatsächlich wachsen Reihen von Reben in Sichtweite des Wasserturms, in der Nähe des Kollwitz-Platzes.
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Riesling wird als einzige Rebsorte im Weingarten Berlin angebaut Szenen einer Großstadt: Dass in der Nähe Trauben wachsen, wissen nicht viele
Lautlos gleitet ein junger Mann auf einem E-Scooter in Sichtweite der Weinreben vorbei und wischt um die nächste Straßenecke, sein Jacket flattert im Fahrtwind. Ein langer Berliner Sommer geht zu Ende. Die Ferien und die Pause vom Regierungsalltag waren wegen der Coronakrise in diesem Jahr anders als sonst. Zwischen Demonstrationen, Pressekonferenzen, Kabinettssitzungen, Debatten und öffentlichen Auftritten der Politiker versuchen sich die Menschen nun etwas von ihrem Alltag zurückzuerobern. Darum freut es viele, dass die Tage gegen Ende September noch einmal sonnig und warm sind. Bis spätabends sitzen die Gäste auf den Terrassen der Bars und Restaurants am Käthe-Kollwitz-Platz. Besagter Kollwitz-Platz befindet sich im Bezirk Prenzlauer Berg – ehemals Ost-Berlin – und war zu DDR-Zeiten wegen seiner zentralen Lage und der preisgünstigen Wohnungen bei Künstlern, Oppositionellen und Rentnern beliebt. Günstig sind die Mieten zwar schon lange nicht mehr, aber beliebt ist die Gegend immer noch. Nach
Dr. Frank Pietsch
Ist von Beginn an dabei: Dr. Frank Pietsch legte den Weingarten 1999 mit an
der Wende entstand eine interessante Gastronomie und die verfallenden Altbauten sind heute aufwendig saniert. Dass gerade hier Wein angebaut wird, überrascht.
Wie ist das im Zentrum einer Großstadt mit mehr als dreieinhalb Millionen Einwohnern möglich? „Wein gibt es in Berlin schon seit 700 Jahren“, sagt Wolfgang Krause mit Blick auf die Reben. Krause ist braungebrannt, macht einen sportlichen Eindruck und kennt sich aus mit der Geschichte des Weins in Berlin und der brandenburgischen Umgebung. Zur Begrüßung haben wir uns zeitgemäß mit den Ellbogen berührt, auch das kommentierte der fröhliche Berliner mit einem Lachen. Bis zu seiner Pensionierung war Wolfgang Krause Leiter des Grünflächenamtes im Bezirksamt Prenzlauer Berg. „Berlin wurde ursprünglich einmal aus dem Westen besiedelt“, so Krause. „Die Siedler brachten den Wein mit und bauten ihn hier an.“ Bereits im Jahr 1173 wurde Weinbau in Brandenburg erstmals erwähnt, die Gründung Berlins wird auf 1237 datiert. Es waren vor allem Prämonstratenser-Mönche und der Ritterorden der Johanniter, die die ersten Anbauflächen mit Reben anlegten. Im 16. Jahrhundert hatte der Weinbau in Berlin eine beachtliche Größenordnung erreicht: 70 Weinberge, 26 Weingärten mit einer Fläche von etwa anderthalb Quadratkilometern. Wolfgang Krause erzählt, dass in dieser Epoche auch größere Mengen von Wein erst nach Hamburg, und von dort in andere Länder Europas ausgeführt wurden. Im Jahr 1578 erließ Kurfürst Johann Georg eine erste Weinmeisterordnung, mit dem Ziel, den Berliner Weinbau zu fördern und Qualität sowie Erträge zu steigern. Die historischen Daten und die Geschichte des Weinbaus in seiner Heimatstadt faszinierten Wolfgang Krause von jeher. Mit Gleichgesinnten gründete er darum den Verein Weingarten Berlin. „Von der Gründung her, sind wir eigentlich ein Geschichtsverein“, so Krause. „Wir haben uns an der Geschichte des Weins in Berlin orientiert und wollten darüber informieren, um so mehr Menschen zum Wein zu bringen.“ Auf immer noch sichtbare Spuren der Berliner Weinhistorie trafen die Vereinsmitglieder an vielen Orten ihrer Stadt. Wenn man erst einmal forschte, tauchten die entsprechenden Hinweise auf. „Heute ist noch Vieles in den Straßennamen überliefert“, erzählt Wolfgang Krause voller Begeisterung. „Es gibt die Weinmeisterhornstraße, oder die Weinstraße am Friedrichshain und den Weinbergsweg am Rosenthaler Platz. Zwischen diesen beiden Straßen lagen die ältesten Weinfelder in Berlin.“ Dass der geschichtsbewusste Weinenthusiast von Weinfeldern spricht, und auch der Name des Vereins Weingarten Berlin lautet, hat etwas damit zu tun, dass die Topographie Berlins nichts hergibt, auf das die Bezeichnung Berg – ebenso Weinberg – auch nur annähernd passen würde. Trotzdem gibt es den Kreuzberg – der noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts als Runder Weinberg oder Götzes Weinberg bekannt war – und auch einen Teufelsberg, letzterer wurde von Menschenhand aus Trümmern nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeschüttet. Später bauten die Amerikaner auf ihm eine Radarstation, um weit in den Osten hinein zu spionieren. Auf dem Gelände der heutigen Charité befand sich der Hohe Weinberg, der nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. mit französischen und italienischen Rebstöcken
Circa 3 500 Quadratmeter Rebfläche hat der Weingarten
neu bepflanzt wurde. Doch Berge im eigentlichen Sinne sind diese Erhebungen nicht. Die Berliner, erläutert Wolfgang Krause, hätten zwar keine steilen Bergflanken, die über tiefen Flusstälern in die Sonne aufragen, wie andere berühmte Weinanbaugebiete, aber dafür die Barnim-Hangkante. „Was bitte ist das?“, muss ich nachfragen. Barnim-Hangkante, davon habe ich bislang noch nichts gehört. „Wir sind hier auf einem Höhenzug“, erläutert Krause. „Berlin ist von zwei Höhenzügen umgeben: Einmal der Teltow bis Kreuzberg, und hier ist es der Barnim. Der geht bis zum Oderbruch und ist im höchsten Falle 90 Meter höher als das Urstromtal der Spree. Das war seinerzeit der Anreiz dafür, Wein am Südhang des Barnim anzubauen.“ Beim Barnim, auf dem sich heutzutage gleich mehrere Anbauflächen von Weingarten Berlin – und ein nicht unerheblicher Teil der städtischen Bebauung – befinden, handelt es sich um einen pleistozänen Höhenzug. Der zwar nicht sehr hoch, aber geeignet ist, um Reben an den Hängen anzubauen. Immerhin etwas.
Was der Blütezeit des Weinbaus im historischen Berlin den Garaus machte, waren zwei aufeinanderfolgende, strenge Winter. Zweimal wochenlang minus 40 Grad, so die Überlieferung, danach spielte der Weinbau in Berlin keine Rolle mehr. Die Anbauflächen wurden vielfach mit Getreide bepflanzt und es begann der Aufstieg der Brauereien in der Stadt. In den folgenden zweieinhalb Jahrhunderten wurde Berlin zwar für das dort gebraute Bier bekannt, Weinbau im Stadtgebiet geriet jedoch weitgehend in Vergessenheit. Dies änderte sich, als in den 1970er Jahren wieder Versuche unternommen wurden, Reben in der Großstadt anzubauen. Das war zuerst überwiegend im damaligen Westteil Berlins der Fall. An den Hängen des Kreuzbergs reckten sich Weinreben gen Himmel, und sogar auf der ehemaligen Tribüne eines Sportstadions in Wilmersdorf. Obwohl bei den Gründern von Weingarten Berlin anfangs das Interesse an der Historie im Vordergrund stand, geriet der Blick auf die Vergangenheit dann auch zu einem Blick in die Zukunft. Es wurde der Beginn der Renaissance des Weinbaus entlang der BarnimHangkante. Bei meinem Gang durch die Reihen der Reben auf der größten Anbaufläche des Vereins – irgendwo zwischen Kleingartensiedlung und Plattenbauten – begegnen wir einem älteren Herren, der mit sichtlicher Hingabe dabei ist, einige Rosenstöcke, die in der Nähe der
Kennt sich mit Weinbau in Berlin bestens aus: Wolfgang Krause
Durch die Reben des Weingartens sieht man den Wasserturm am KollwitzPlatz
Reben wachsen, zu beschneiden. „Dr. Frank Pietsch“, stellt er sich vor. Dr. Pietsch gehört wie Krause zu denen, die den Weingarten im Jahr 1999 anlegten und 2003 den Verein Weingarten Berlin gründeten. Von Beginn an war Dr. Pietsch der Vorstandsvorsitzende. Behutsam klappt er die Rosenschere zu. Weißes Haar, helles Hemd, Dr. Pietsch macht einen distinguierten Eindruck. Die Rosen, erklärt er mir, dienten nicht etwa zur Zierde, sondern als Indikatoren für möglichen Pilzbefall, der die Anbaufläche befallen könnte. Der würde zuerst die Rosen angreifen, dann erst den Wein. Auf die Frage, nach den Anfangsjahren von Weingarten Berlin sagt Dr. Pietsch: „Es war eine kühne Idee von uns, hier 1999 Wein anzupflanzen.“ Wolfgang Krause fügt hinzu, am Anfang seien die meisten von ihnen mehr Weintrinker als Winzer gewesen. „Wir hatten wenige – zumeist theoretische – Kenntnisse darüber, wie man Wein pflegt und behandelt. Aber das haben wir dann im Laufe der Zeit gelernt. Wir haben mit 400 Rebstöcken angefangen, kurze Zeit später kamen nochmal 100 dazu.“
Heute bewirtschaftet Weingarten Berlin etwa 600 Reben auf circa 3500 Quadratmetern. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Riesling. „Unter dem Gesichtspunkt des Anbaus hätten wir uns wahrscheinlich für eine andere Rebsorte entscheiden sollen und nicht gerade für Riesling“, sagt Wolfgang Krause. „Riesling braucht um die 170 Sonnenstunden. Unser Standort ist nicht sonnenoptimal. Das müssen wir durch längere Reifezeiten ausgleichen. Aber wir dürfen auch keinen Botrytis-Befall riskieren.“ Die Entscheidung, ausgerechnet den schwierigen Riesling in Berlin anzubauen, habe laut Krause nur einen einzigen Grund gehabt: „Wir haben uns vom Geschmack leiten lassen.“ Der sandige Berliner Untergrund scheint dem Wein jedenfalls zu bekommen. Außer bei Neupflanzungen muss nicht zusätzlich bewässert werden. Ein weit größeres Problem stellen die mitunter tiefen Temperaturen dar. Berliner Winter sind eisig und dauern manchmal bis ins Frühjahr hinein an. „Die Spätfröste sind ein Problem“, sagt Dr. Pietsch. „Das Umfeld der Stadt lässt zwar die Temperaturen im Durchschnitt um zwei bis vier Grad ansteigen, aber gerade, wenn zu den Eisheiligen Frostnächte kommen, sind wir in Sorge. In der Stadt kann man ja auch schlecht Feuer anzünden, um die Reben zu schützen. Wenn Frost ist, dann ist es auch meistens Bodenfrost. Wir lassen immer eine Frostrebe stehen. Meistens ist die angebundene Rebe betroffen und die Frostrebe hat es geschafft.“ Um den Zuckergehalt des Weines auf natürlichem Weg zu erhöhen, versuchen die Weingärtner die Ernte möglichst lange hinauszuzögern und auch noch die letzten Sommertage Anfang Oktober mitzunehmen. Die Weinlese findet dann öffentlich statt. Ebenso wie beim Rebschnitt im Frühjahr müssen sich die – mittlerweile mehrere Dutzend zählenden – Vereinsmitglieder daran beteiligen. Bei einer doch relativ kleinen Anbaufläche, so Dr. Pietsch, können die Qualitätsschwankungen mitunter größer sein, als es bei größeren Flächen der Fall ist. Mittlerweile liegt die jährliche Produktion von Weingarten Berlin zwischen 300 und 1200 Flaschen. Auf die große Diskrepanz zwischen den einzelnen Jahrgängen angesprochen, lacht Wolfgang Krause: „Wir hatten auch schon Missernten.“
Von Anfang an waren sich die Weingärtner darin einig, nicht selbst keltern zu wollen. „Das wäre zu viel geworden“, sagt Dr. Pietsch. „Wir wollten ja einen guten Wein haben. Also haben wir überlegt, wo wir keltern lassen können. Da haben wir uns nach Meißen gewandt. Das ist von Berlin ja nicht sehr weit entfernt. Wir haben beim Prinzen zur Lippe angefragt. Der schickte dann seinen Kellermeister, den Herrn Schwarz, vorbei. Zu unserem Glück hatte der eine Freundin in Berlin und hielt sich oft in der Stadt auf. Wenn wir Probleme hatten, konnte er vorbeikommen und uns beraten. Aus der Zusammenarbeit ist dann eine sehr feste Verbindung geworden und wir haben immer ordentliche Qualitäten.“ So entstand nach der ersten Weinlese 2003 der „Berliner Riesling Prenzlauer Berg“ genannte Wein.
Weil Meißen im Bundesland Sachsen liegt, müssen die Trauben aus Berlin bei jedem Transport über die Landesgrenzen hinweg mit den nötigen Ausfuhrpapieren versehen sein. Da Berlin keine Rebrechte besaß und die kommerzielle Ausfuhr von Trauben zur Weinherstellung durch Weingarten Berlin überhaupt möglich wurde, hatte der Berliner Senat eine Duldung für den Weinbau ausgesprochen. Neue Probleme tauchten im Jahr 2016 auf, als einige Änderungen im Zusammenhang mit dem Weinrecht der Europäischen Union in Kraft traten. Irgendwie passt es zur Lage in der Hauptstadt, dass Politik und Verordnungen auch das Leben im Weingarten in Unruhe versetzen können. Jedenfalls reichte von da an eine Duldung des Senats für den Weinbau in Berlin nicht mehr aus. Es war das Bundesland Hessen, das seine Hilfe anbot, indem es vier Hektar Rebfläche an Berlin abgab. Damit wurde Berlin ganz offiziell zu einem Weinanbaugebiet. Allerdings galt es dann noch weitere Hürden zu nehmen. „Wir bekamen zwar eine Bestätigung, dass wir nun Rebrechte hatten“, so Dr. Pietsch, „aber dann kam ein ganzer Rattenschwanz hinterher.“ Wolfgang Krause erinnert sich: „Wir mussten ein neues Etikett herausgeben. Das haben wir beim Ministerium in Hessen eingereicht. Es wurden sofort 13 einzelne Punkte darauf beanstandet. Zum Beispiel haben wir den Alkoholgehalt mit 12,2 Prozent angegeben. Die hat der Wein tatsächlich. Man teilte uns aber mit, dass man entweder 12,0 oder 12,5 Prozent angibt. Das hatten wir bis dahin nicht gewusst.“ Als weitaus gravierender für die Berliner Weingärtner sollte sich jedoch herausstellen, dass Hessen vier Hektar Anbaufläche der untersten Qualitätskategorie abgetreten hatte. Damit durften die Bezeichnung Riesling und eine Herkunftsangabe nicht mehr auf dem Etikett erscheinen. Dies war das offizielle Ende für den „Berliner Riesling Prenzlauer Berg“, – jedoch nicht für den Wein an sich. Kurzentschlossen, das erzählen Krause und Pietsch stolz, bat der Vereinsvorstand seine Mitglieder, Vorschläge für einen neuen Namen einzureichen. Am Ende kamen drei davon in die engere Auswahl. Auf einer Mitgliederversammlung entschied man sich für die Bezeichnung „Der Besondere“. Mehrere Jahrgänge des „Besonderen“ wurden seitdem hergestellt. 2018 sei bislang der Beste gewesen, sagt Wolfgang Krause. Nun – Anfang Oktober – bereitet man sich auf die Weinlese 2020 vor. „Bis jetzt sieht es gut aus, aber wir jonglieren mit dem Frost“, so Dr. Pietsch. „Wir hatten ja in Brandenburg schon den ersten Frost. Aber die letzten sonnigen Tage, die bringen nochmal einen höheren Zuckergehalt. Das ist schon wichtig für uns.“ Wolfgang Krause stimmt zu. „Wir lesen meistens um den 20. Oktober herum. Gestern haben wir nochmal gemessen: Die Trauben, die am weitesten zurück sind, haben um die 50 Grad Oechsle, alles andere zwischen 60 und 70 Grad Oechsle.“ Bei der öffentlichen Weinlese werden wieder die meisten Vereinsmitglieder zusammenarbeiten. Etwas worauf sich Krause und Pietsch freuen. Dr. Pietsch betont, dass der Weingarten Berlin für
Zum Greifen nahe beieinander: Großstadtleben und Weinbau in der Hauptstadt
einen Verein eine relativ junge Altersstruktur besitzt. Wolfgang Krause versucht das steigende Interesse am Weinbau in Berlin zu erklären: „Viele der Neuzugezogenen in Berlin stammen ursprünglich aus Weinbaugegenden. Die sind sehr interessiert. Es wiederholt sich da etwas, das den Wein auch ursprünglich nach Berlin gebracht hat.“ Mittlerweile hat der Verein sogar Mitglieder aus verschiedenen Nationen, man sei international aufgestellt, sagt Dr. Pietsch: „So wie Berlin es auch ist!“ Überhaupt ist er der Ansicht: „Wein hat so viel Fluidum, da entsteht etwas. Ost und West lassen sich auch irgendwie verbinden.“ Und auf den Weinanbau im Berliner Stadtgebiet trifft das wahrscheinlich ganz besonders zu.
Martin Specht ist normalerweise auf der ganzen Welt unterwegs, um in Krisengebieten zu recherchieren. Dieses Jahr verbrachte er mehr Zeit in seiner Heimat.
NEUSIEDLER SEE, BURGENLAND EIN SEE VOLLER
Der Neusiedler See ist etwas ganz Besonderes. Er ist nicht nur ein Paradies für Wassersportler, Ornithologen und Urlauber aller Couleur, sondern kennzeichnet auch die besonders charaktervollen (Zweigelt-)Weine der Region als Neusiedlersee DAC.
ERLEBNISSE
Der Wind bläst kräftig, die Wasseroberfläche kräuselt sich wild und glitzert in der Spätsommersonne.
Paradies für Wassersportler, prägend für Winzer und Weine: der Neusiedler See In der Ferne ziehen ein paar Surfer vorbei – wir sitzen in der Mole West in Neusiedl am See und haben einen herrlich fruchtigen Zweigelt im Glas. Ein Wohlfühlmoment, wie er im Buche steht. „Wenn ich den See seh’, brauch’ ich kein Meer mehr“ heißt es auf der Homepage der Mole West. Und es stimmt: Sitzt man am Neusiedler See, hat man wirklich das Gefühl, am Meer zu sein. 35 Kilometer ist er lang und zwischen drei und zwölf Kilometer breit; ein tolles Reiseziel mit einem besonderen Merkmal: sein hoher Salzgehalt. Auch ein Geheimnis birgt der See, oder besser einen Naturschatz. Unter dem Neusiedler See befindet sich das größte Mineralwasservorkommen Europas. 250 Quadratkilometer schlummern weit unter dem See, der an seiner tiefsten Stelle nur zwei Meter tief ist.
Umkranzt vom Leithagebirge wird der salz haltige See grob in drei Teile geteilt: in die Orte im Norden von Neusiedl am See bis Halbturn, den Seewinkel im Südwesten rund um Illmitz und Apetlon und den Teil rund um Andau und Tadten. Im Norden und Osten befindet sich das größte Weinbaugebiet des österreichischen Burgenlands mit einer Vielfalt an Rebsorten. Auf 6675 Hektar Rebfläche reifen hier an den Ufern des Sees die Trauben für Weiß-, Rot- und Süßweine heran. Die besonders gebiets typischen Weine werden unter der Herkunftsbezeichnung Neusiedlersee DAC vermarktet und bezeichnen einen fruchtig-harmonischen Zweigelt mit samtigem Tannin. Die Steigerung dessen ist die Neusiedlersee DAC Reserve, hier handelt es sich um einen reinsortigen Zweigelt, der ausdrucksstark seine Herkunft widerspiegelt. Auch eine Neuerung gibt es: Künftig werden unter der geschützten Ursprungsbezeichnung Neusiedlersee DAC auch fruchtsüße Weine (Spätlesen und Auslesen) vermarktet und unter der Neusiedlersee DAC Reserve auch edelsüße Weine wie Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen. Darüber hinaus ist die Angabe der engeren Herkunft Seewinkel erlaubt, wenn die Trauben für den Wein aus den Gemeinden Apetlon, Illmitz oder Podersdorf stammen.
DER NORDEN: GOLS & CO.
Mit diesem Wissen im Gepäck machen wir uns auf den Weg ins Weinkulturhaus in Gols, in dem sich die Gebietsvinothek und die Tourismusinformation befinden. Circa 100 offene Weine können hier verkostet werden und beim Stromern durch die Räumlichkeiten, die nach Rot- und Weißweinen arrangiert sind, erkennt man auf den ersten Blick, mit welcher Vielfalt man es in dieser Region zu tun hat. „Zugänglich. Vielfältig. Authentisch. Wie das Land so sein Wein.“ So lautet dann auch die zentrale Botschaft von Neusiedlersee DAC, zu der über 100 Winzer gehören. Am besten, Sie planen am Ende Ihres Urlaubs einen Abstecher hierher, decken sich mit Weinen ein und erleben zu Hause Ihren Urlaub immer wieder nach. Das Weinkulturhaus ist aber nicht nur zum vinophilen Shoppen da, es ist auch der Ausgangspunkt für den WeinWegGols, der auf zehn Kilometern Länge durch die besten Weinlagen führt. Hier kann man herrlich wandern oder zu einer Fahrradtour aufbrechen, denn es gehört auch ein ausgeklügeltes Radwegenetz zur Region. Einen traumhaften Blick über die Landschaft erhaschen Sie zum Beispiel am Rastplatz Ungerberg, hier ist auch ein Schauweingarten mit den zehn bedeutendsten Rebsorten angelegt, an dem Sie Ihr Weinwissen vertiefen können.
Nach so viel Bewegung möchten wir nun Weine verkosten und besuchen einen Golser Familienbetrieb, das Weingut Allacher Vinum Pannonia. Michael Allacher hat sich mit dem imposanten Weingut einen Traum erfüllt und ein Zeichen gesetzt; der Neubau aus Holz, Stahl und Glas ist direkt in den Hang gebaut und thront erhaben in der Weinlandschaft. Von hier oben hat man einen spektakulären Blick über die Reben. „Zur Ernte 2018 konnten wir den Neubau einweihen“, berichtet Michael Allacher und drückt
Thront erhaben über den Reben: das Weingut der Familie Allacher
Zweigelt: Österreichs erfolgreichste Rotwein-Rebsorte ist auch beim Neusiedlersee DAC tonangebend uns erst mal sein jüngstes Baby in die Hand, einen Pet Nat aus gelbem Muskateller, ein cooler Sparkler zum Einstieg in eine phantastische Weinprobe. Die Allachers verstehen sich als Wegbegleiter der Natur und bewirtschaften ihre Weinberge entsprechend naturnah und respektvoll. Tradition und modernes Wissen gepaart mit der allerneusten Ausstattung im Keller tun ihr übriges und so kann Michael Allacher mit Stolz auf zahlreiche Auszeichnungen für seine Weine blicken. Sein Sortiment ist von beachtlicher Frische und Qualität und kann täglich in bezauberndem Ambiente verkostet werden. Gäste sind hier an jedem Tag der Woche willkommen.
Für jeden Urlauber findet sich in dieser Region das maßgeschneiderte Konzept. So sind auch Reisende, die im Wohnmobil unterwegs sind und am liebsten ihrem ganz eigenen Rhythmus folgen, am Neusiedler See gut aufgehoben. Gerhard und Brigitte Schaller bieten auf ihrem Weingut sieben Stellplätze samt Wasser und Strom an und wer ein Weinpaket kauft, darf eine Nacht umsonst parken. Während wir uns neugierig umschauen, kommt gerade ein Paar aus Regensburg mit ihrem Camper vorbei und erzählt begeistert von ihrer bisherigen Reise. Ihnen ist es am wichtigsten, dass sie während ihrer Touren unabhängig dort Halt machen können, wo es ihnen gefällt. „Wir leben am schönsten Ort der Welt und möchten das natürlich mit unseren Gästen teilen“, schwärmt die quirlige Brigitte Schaller. Sie ist mit Herz und Blut Gastgeberin und freut sich über jeden, der vorbeikommt. Das Publikum ist international und das Konzept „Wohnen beim Winzer“ oder besser „mobil wohnen beim Winzer“ wird super angenommen. Weinprobe inklusive. Das Weingut ihres Mannes umfasst zehn Hektar Rebfläche und wenn man einen Beweis für den Spruch „die Weine spiegeln die Persönlichkeit ihrer Winzer wider“ haben möchte, muss man das Weingut Schaller vom See besuchen – hier werden unkomplizierte, frische und fruchtbetonte Weine produziert, die Spaß machen.
DER SEEWINKEL
Am Neusiedler See gehen Weintourismus und Naturtourismus Hand in Hand und so brechen wir auf Richtung Seewinkel, dessen Name von der L-förmigen Ausrichtung der drei Orte Podersdorf, Illmitz und Apetlon stammt. Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel zählt zu einem der bedeutendsten Vogelschutzgebiete Europas und ist Brutgebiet für über 300 Vogelarten. Wer alles intensiv erleben möchte, der geht am besten mit einem Guide auf Tour, die Nationalpark-Verwaltung in Illmitz bietet regelmäßig Touren an. Unser „Ranger“ heißt Tina und ist eine junge Studentin, die die Gegend wie ihre Westentasche kennt. Gemeinsam wandern wir – mit Ferngläsern bewaffnet – in den Schilfgürtel zu einem Aussichtspunkt und erhaschen einen Blick auf das weitläufige Gebiet aus Schilf, salzhaltigen Lacken und sumpfartigen Wiesen. Der Nationalpark wurde 1993 gegründet, seit 2001 wurde die Region um den Neusiedler See nicht umsonst zum UNESCO-Welterbe erklärt. Naturbegeisterte werden es lieben. Wir lernen, dass der Neusiedler See schon dreimal komplett ausgetrocknet war und dass man in dieser Zeit auf der Fläche Reis angebaut hat. Tina begeistert während der Exkursion mit ihrem Wissen und wir sind beeindruckt von der Stille, die im Schilfgürtel herrscht. Gemeinsam mit unserem „Ranger“ werfen wir noch einen Blick auf die dort heimischen Graurinder und erhaschen einen weiteren auf die weißen Esel, die mit ihrem Anblick unzählige Besucher entzücken. Ein herrlicher Ausflug, der einen Einblick in eine unvergessliche Landschaft sowie eine große Pflanzen- und Tierwelt bietet. Seit diesem Jahr kann man sich am Ausgangspunkt der Tour im angrenzenden Museum auch die heimischen Tiere – witzig in durchsichtigen Kugeln präsentiert – und Pflanzen anschauen und interaktiv vieles über die Region lernen. So viel frische Luft und Bewegung macht Appetit und weckt die Lust auf ein Glas Wein. Haben wir doch unterwegs gelernt, dass die Salz- und Soda-Lacken für besondere Aromen
Heimisch im Seewinkel sind die Graurinder mit den langen Hörnern
Natur pur: Der Schilfgürtel ist ein bedeutendes Vogelschutzgebiet
Urgemütlich übernachten können Gäste im Arkadenweingut Heiss – Weinprobe von Christian Heiss inklusive
„DAC“ IST KLAR: Herkunft zählt!
Mittlerweile werden in 16 österreichischen Gebieten Qualitätsweine mit der Zusatzbezeichnung DAC vinifiziert. Die Bedingungen für diese regionaltypischen Weine und ihre Profile (etwa Rebsorte, Alkohol, Restzucker) werden in den jeweiligen regionalen Weinkomitees festgelegt. Erhält ein Wein einen DAC-Status, so bedeutet dies, dass er besonders regionstypisch ist und auch einen geschützten Ursprung hat. Ein NEUSIEDLERSEE DAC zum Beispiel bezeichnet daher beim Rotwein einen besonders herkunftstypischen Zweigelt, die Leitsorte dieser Region. Dies gibt dem Konsumenten hundertprozentige Herkunftssicherheit und Typizität in den Weinen sorgen. Das Salz dringt hier nicht nur über den Boden in die Rebe ein, sondern wird zum Teil auch durch den Wind in die Pflanze geweht.
Ganz in der Nähe des Nationalparks treffen wir Christian Heiss, der uns eine Einführung in die Weine des Familienweinguts gibt. Darüber hinaus kann man im Arkadenweingut Heiss entspannt Urlaub machen. „Früher hat meine Großmutter sich um die Zimmer gekümmert, heute macht’s die Mama“, berichtet Christian Heiss, der kurz vor der Matura steht, aber schon voller Energie und Tatendrang seinen ersten eigenen Wein vinifiziert hat. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Daniel Tschida hat er die Sorten Welschriesling und Sauvignon Blanc vereint und daraus die Cuvée Stoak kreiert. Ein wahrlich starker und eleganter Tropfen. Und so viel sei verraten: Eine Rotweincuvée wird definitiv folgen. Gäste, die es familiär und unkompliziert wünschen, kommen gerne hierher und fühlen sich bestens umsorgt. Das Weingut ist der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge und Aktivitäten, abends lädt die Familie in die gemütliche Weinlaube und zur Weinprobe ein.
Wir bleiben auf den Spuren des Oenotourismus und besuchen das Weingut Salzl Seewinkelhof in Illmitz. Bereits seit 1840 betreibt die Familie Weinbau, heute arbeiten drei Generationen Hand in Hand. Die Stimmung ist ausgelassen, als wir die moderne Vinothek betreten, etliche Besucher lehnen entspannt mit einem Glas in der Hand am Tresen und genießen die Weine. Wir sind mit Josef Salzl verabredet und verkosten uns gemeinsam mit ihm durch das Sortiment. „Chardonnay ist für mich die größte Weißweinsorte“, verrät der geborene Gastgeber und schenkt uns seine 2019 Chardonnay Selection ins Glas. Der Wein zeigt, zu was die Sorte (und der Winzer) in der Lage sind. Hier vereinen sich Schmelz und gelbe Frucht mit eben der für die Region typischen salzigen Mineralität; am Gaumen ist der Wein saftig ohne Ende mit Noten von Mandarine und erfrischendem Zitruskick. Seine Zweigelt spiegeln die Region ebenso wider, dabei ist Josef Salzl die Weichheit dieser Sorte wichtig: „Unsere Gebäude haben ja auch keine Ecken und Kanten“, lacht er und ist froh, in dieser Region zu Hause zu sein. Seit 1995 gehört eine Vier-Sterne-Pension mit schickem Pool zum Weingut, die von April bis Oktober regelmäßig ausgebucht ist. Ein Ort zum Kräfte tanken, wo die Familie Salzl nur darauf wartet, ihren Gästen in einem familiären Umfeld die Wünsche von den Augen abzulesen. Am besten gleich da bleiben. Oder Sie buchen sich in der St. Martins Therme & Lodge am Rande des Nationalparks ein und genießen das dortige Wellnessangebot.
DER OSTEN: ANDAU & CO.
Früher war die Gegend rund um Andau dem Ackerbau und dem Gemüseanbau vorbehalten, doch seit einigen Jahren ist nicht nur der Weinbau auf dem Vormarsch, sondern die heimischen Winzer verstehen es, mit außergewöhnlichen Konzepten rund um den Wein, Gäste anzuziehen. Wenn Sie zum Beispiel gerne üppig frühstücken, müssen Sie einen Besuch bei Hannes Reeh einplanen. Zunächst: Das Weingut ist ein Traum … Die modernen Gebäude, deren Herzstück der gestylte Innenhof bildet, sind mit grauen Schieferplatten verkleidet, alles folgt einer geradlinigen Architektur und ist absolut sehenswert. Dahinter steckt Hannes Reeh, der von Anfang an einen klaren Plan hatte: das Familienweingut an die Spitze führen. Inzwischen macht er das Thema Essen und Wein für seine Gäste zugänglich und so dient das Weingut als Bühne für Events: Vom Private Dining, über Pop-up-Heurige, Barbecues, Kinoevents, Workshops und Kochshows wird hier einiges angeboten. „Wine is my Reehligion“, ist so auch nicht nur ein guter Spruch für die T-Shirts der Mitarbeiter, sondern tatsächlicher Fokus. Wir treffen uns zum Brunch und können kaum glauben, welche regionalen Köstlichkeiten uns da aufgetischt werden. Von Schinken über Käse, Marmeladen, Aufstriche, frisches Brot, Tapas und Süßigkeiten ist alles da, was das Herz begehrt. Die Weine gehören mit zum Besten, was die Region zu bieten hat. So duftet der Neusiedlersee DAC Zweigelt nach Veilchen, Lakritz, Waldbeeren und etwas Schokolade und zeigt sich am Gaumen kirschfruchtig mit weicher Art – ein Zweigelt, wie er im Buche steht.
Wie dynamisch die Region gerade in Sachen Oenotourismus auf dem Vormarsch ist, zeigt sich am Beispiel des Weinguts Scheiblhofer. Macht man eine Führung durch den Betrieb,
Im Dorfmuseum in Mönchhof können Besucher in der Vergangenheit wandeln Spitzengastgeber mit vielen kulinarischen Events: das Weingut Hannes Reeh
Einladend: das Familienweingut Salzl Seewinkelhof von Josef Salzl in Illmitz
OENOTOURISMUS
Allacher Vinum Pannonia 7122 Gols www.allacher.com
Weingut Schaller vom See 7141 Podersdorf www.schallervomsee.at
Arkadenweingut Gästehaus Heiss 7142 Illmitz www.arkadenweingut-heiss.at
Weingut Salzl Seewinkelhof 7142 Illmitz www.salzl.at
Hannes Reeh 7163 Andau www.hannesreeh.at
Weingut Scheiblhofer 7163 Andau www.scheiblhofer.at
Schloss Halbturn 7131 Halbturn www.schlosshalbturn.com
AUSFLUG-TIPPS
Nationalpark Informationszentrum 7142 Illmitz Dorfmuseum 7123 Mönchhof WeinWegGols 7122 Gols
VINOTHEKEN
Weinwerk Burgenland 7100 Neusiedl am See Weinkulturhaus 7122 Gols SailerS Vinothek 7132 Frauenkirchen
GASTRONOMIE
Zur blauen Gans 7121 Weiden am See Zur Dankbarkeit 7141 Podersdorf Zum fröhlichen Arbeiter 7143 Apetlon Mole West 7100 Neusiedl am See
NEUSIEDLERSEE.COM | NEUSIEDLERSEE-DAC.WINE
Personifiziert den Erfolg und Aufschwung der gesamten Region: Neusiedlersee DAC Gründungsobmann Erich Scheiblhofer lernt man schnell, dass das Thema „think big“ nicht nur dahingesagt ist. „We are the wine“, heißt es von Erich Scheiblhofer und bei der Geschwindigkeit, mit der er uns durch die Wirkungsstätten führt und seine Visionen aufzeigt, wird es einem schon leicht schwindlig. Aber der Erfolg spricht für ihn: Pro Jahr kommen 50000 Besucher aufs Weingut und nutzen das Angebot von Betriebsführungen, Weinverkostungen in der modernen Vinothek oder mieten die „Hall of Legends“ für Events oder Präsentationen. Die Zahl wird noch steigen. Denn derzeit entsteht ein „Wein-Wellness-Erlebnis-Ressort“, das im Herbst 2021 eröffnet werden soll. Beim Besichtigen der Baustelle erfahren wir, was geplant ist. Eine lichtdurchflutete Galerie, ein Fine-Dining-Restaurant, ein Spa-Bereich, Bars … Kurz: „think big“ in Reinform. Wenn man eine Person mit dem Titel „Visionär“ umschreiben kann, dann Erich Scheiblhofer. Er möchte – und er wird – seinen Gästen höchsten Luxus bieten und ist dabei, etwas Einzigartiges zu schaffen. Über den Mehrwert für die Region brauchen wir gar nicht sprechen. Dafür aber über die Weine, die Erich Scheiblhofer und sein Team vinifizieren: Weine, die ihre Sorte präzise widerspiegeln, ihre Region erkennen lassen und doch eigenständig genug sind, um weiterhin viele Besucher aufs Weingut zu locken.
Nach so viel Schlagkraft ist uns nach etwas Geschichte. Wir besuchen Schloss Halbturn, das 1701 bis 1711 als Jagdschloss für Kaiser Karl VI. erbaut wurde, und flanieren durch den wunderschönen Garten und den Innenhof. Auch hier kann man sich in eines der schönen Zimmer einmieten, die schlosseigenen Weine verkosten und gediegen speisen. Für Radfahrer gut zu wissen: Es liegt am Kultur-Radweg und ist bequem zu erreichen. Ein Stück Vergangenheit schnuppern können Sie auch im bezaubernden Dorfmuseum in Mönchhof. Hier wurden in akribischer Kleinarbeit ganze Lebensräume aus den Vorgängergenerationen wieder zusammengetragen und aufgebaut. Herrlich ist zum Beispiel der alte Friseursalon oder die Dorfschule, in der man sich an seine Großeltern erinnert fühlt oder das Schaufenster mit den Kurz- und Miederwaren aus den 50er-Jahren. Herrlich. In der alten Wirtschaft kann man sich dann tatsächlich wie in alten Zeiten bewirten lassen und noch ein Glaserl zur Stärkung trinken.
So langsam heißt es Abschied nehmen nach einer Reise mit schier unendlichen Eindrücken. So führt unser letzter Besuch wieder nach Neusiedl am See in die Vinothek Weinwerk & Greißlerei Burgenland, die sich in einem liebevoll restaurierten Bürgerhaus aus dem 15. Jahrhundert befindet. Fast 600 Weine von 150 Winzern gilt es hier zu entdecken und wir begegnen dem einen oder anderen „Bekannten“. Dazu finden Genießer leckere Speisen aus der hauseigenen Greißlerei … Überhaupt ist die Gastronomie der Region sehr zu empfehlen. Zu deren Highlights zählen die Blaue Gans oder das stylische Das Fritz in Weiden am See, das Gasthaus zur Dankbarkeit in Podersdorf oder die eingangs erwähnte Mole West, die seit einigen Jahren ins schicke Ambiente mit tollem Blick auf den See lockt. Clevere Ideen wie das von der Mole West veranstaltete Open-Air-Sommerkino oder Picknick to go sind sinnbildlich für die Gastfreundschaft in dieser Region …
Ilka Lindemann war am Neusiedler See unterwegs und ist begeistert von der Vielfalt der Angebote und der Gastfreundschaft. Nach Weingut, Heurigen & Eventhalle folgt im Herbst 2021 das nächste ScheiblhoferProjekt: ein Wein-WellnessErlebnis-Resort
Steile Sache: Reben wachsen im Wallis auf bis zu 1 150 Metern
Köstlich: Der geschmolzene Raclettekäse ist eine Walliser Spezialität 264 Kilometer sind es, welche sich die Rhone auf Schweizer Staatsgebiet hinzieht: vom Rhonegletscher bis zur französischen Grenze, über drei Kantone. Wer dem Fluss folgt, wird nicht nur trinkbare Überraschungen entdecken, sondern auch eine Fülle von gastronomischen Erfahrungen machen, Naturschönheiten finden und historische Zusammenhänge begreifen.
WALLIS
EIN PARADIES HISTORISCHER REBSORTEN
Doch zunächst sollte sich der Neugierige ein paar Kilometer von der Rhone entfernen, um den Überblick zu gewinnen. Von ganz oben hat man bekanntlich die beste Aussicht, und hoch hinauf geht es im Wallis schnell. Das Tal ist schmal, die Berge sind steil. Kein Wunder, dass die Winzer seit Jahrhunderten auf die Hänge ausweichen, fast alle nutzbaren Flächen mit Reben bepflanzen. Aber dass es jemand so weit getrieben hat wie die Winzer in Visperterminen, erstaunt dann doch immer wieder. Zumal die Weinberge oberhalb von Visp in Zeiten des Klimawandels mehr Zukunft haben als je zuvor. Bis auf 1150 Metern geht es hinauf, nirgendwo in Europa existieren so große zusammenhängende Rebflächen in dieser Höhe. Und die Sache ist ja auch sinnvoll: Gewürztraminer vom Berg kann, bedingt durch die herrschenden Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, unglaublich frisch und fein ausfallen.
Doch Gewürztraminer, respektive seine etwas weniger würzige Variante namens Heida, ist nur eine von unzähligen Sorten, die auf der Walliser Rebfläche von insgesamt rund 4800 Hektar gedeihen. Zu finden sind auch rare, fast nur oder ausschließlich hier gedeihende Spezialitäten. Petite Arvine und Amigne, Himbertscha oder Lafnetscha unter den Weißweinsorten, Cornalin oder Humagne Rouge bei den Rotweinen. Warum sich so vieles erhalten hat? Es ist wohl dem einst abgelegenen Alpental zu verdanken, aber auch dem Beharrungsvermögen der Walliser, die ungern bewährte Traditionen aufgeben.
Im Naturpark Pfyn-Finges allerdings ist vieles anders als früher. Räuber sollen sich hier in grauer Vorzeit versteckt haben. Aber heute lässt sich das Naturschutzgebiet Pfynwald, einer der größten zusammenhängenden Föhrenwälder der Alpen mit seinen heißen Steppen und der einzigartigen Landschaft, sicher und ungestört entdecken. Salgesch, gleich nebenan, hat sich mit Haut und Haaren dem Rotwein verschrieben und überdies Maßstäbe im Marketing gesetzt; schon 1988 wurde hier der Grand Cru ins Leben gerufen, eine auf besondere Qualität hinweisende Auszeichnung. In Sierre kann man das überprüfen und Salgescher Pinot Noir zum Terroir-Raclette im Restaurant Château de Villa genießen. Gruppen ab zehn Personen können noch eine Übernachtung im Château Mercier anschließen. Im Schloss inmitten der Weinberge zu schlafen und am nächsten Morgen ein deftiges Walliser Frühstück zu genießen, gehört zu den Höhepunkten einer Rhone-Tour. Weil zum Walliser Gesamtpaket aber auch der Käse gehört, darf ein Besuch der Augstbord-Schau käserei nicht fehlen. Oenologischer Höhepunkt ist anschließend die Berggemeinde Grimentz. Hier lässt sich der legendäre Gletscherwein entdecken, der seit vielen Generationen in alten, immer wieder aufgefüllten Fässern reift. Da laufen einem schon beim geführten Rundgang historische Schauer über den Rücken.
Degustieren ist freilich das eine, ausgiebiges Schlemmen das andere – und da hat das Wallis einiges zu bieten, auf dem Berg und im Tal. Aus ihrem Café du Centre in Chamoson haben Maria und Stéphane eine der attraktivsten Gastroadressen des Kantons gemacht. Halb Weinbar, halb Bistro, servieren sie Charbonnade oder Fondue, Pinot Noir oder Walliser Syrah. Zu Beginn des Essens sollte es aber ein Glas Fendant sein, wie der Chasselas auf Walliser Art heißt. Jung und frisch, ist dies ein eher säurearmer, fruchtiger Weißwein, über den man nicht lange nachdenken muss, der aber im besten Falle erstaunliche Komplexität aufweist. Ein ganzes Menü mit
Historie zum Schmecken: der legendäre Gletscherwein aus Grimentz
Weitblick: Aussicht über den Pfynwald in das Rhonetal von Salgesch
Sternekoch Franck Giovannini des Restaurants l’Hôtel de Ville in Crissier Rebenmeer und atemberaubender Seeblick: der Genfersee im Lavaux
Deftig gut: Waadtländer Wurst ist ein kulinarisches Schmankerl
dem passenden Walliser Wein zu begleiten, wäre hier eine Leichtigkeit, ist aber auch in Zermatt möglich, dem hochgelegenen, für den Autoverkehr gesperrten Ausflugsort. Hauke Pohl, Küchenchef im luxuriösen Boutiquehotel The Omnia, kocht auf kreative Weise, und die Sommelière Ramona Reich zeigt, dass Walliser Wein mitnichten jung getrunken werden muss, sondern ausgezeichnet reifen kann.
WAADT
DAS LAND DES CHASSELAS
Apropos Reife. Genau diese Eigenschaften besitzen auch viele jener Gewächse, die im Nachbarkanton erzeugt werden. In die Waadt gelangt der Reisende automatisch, denn bevor die Rhone in den Genfersee mündet, bildet sie die Grenze zwischen Wallis und Waadtland. Chasselas ist die mit Abstand wichtigste Sorte, die auf den fast 3800 Hektar Rebfläche der Waadt angebaut wird. Stammt er von guten Winzern und besten Lagen, lässt er sich ohne Probleme zehn oder 20 Jahre einlagern. Er wird oft sogar spannender, entwickelt im besten Fall nussige Würze und passt perfekt zu vielen Käsesorten. Der 1975 Dézaley, den neulich Sommelier Edmond Gasser im Lausanner Restaurant AnneSophie Pic servierte, begeisterte alle Anwesenden. Zwar ist das Dézaley traditionell Nummer eins, was die Chasselas-Herkünfte der Waadt angeht, aber es mangelt auch jenseits der steil
zum Genfersee abfallenden Felsen nicht an erstklassigen Chasselas. Das lässt sich sogar wissenschaftlich unterfüttern durch einen Besuch im Conservatoire du Chasselas in Mont-sur-Rolle und Rivaz. Die Vielfalt alter Klone soll hier erforscht und das genetische Erbe der seit mehr als 1000 Jahren in der Gegend nachweisbaren Sorte bewahrt werden. Wer an die Theorie noch ein bisschen Praxis anschließen möchte, kann die Badouxthèque aufsuchen, eine schicke Kombination aus Weinbar und -laden. Wo sich ganz nebenbei herausfinden lässt, dass am Chasselas doch ein paar Wege vorbeiführen. Sauvignon Blanc, Pinot Gris oder Viognier haben sich in der Waadt nämlich ebenfalls als Weißweinsorten etabliert, im roten Bereich sollte man Merlot, Garanoir und Gamaret versuchen. Wer noch tiefer in die Geschichte des Weinbaus und des Kantons eindringen will, fährt am besten aufs Château d’Aigle – Reben draußen, Weinmuseum und Etikettensammlung drinnen – und bucht gleich noch eine Tour mit dem Lavaux Express: Die bunt bemalte Bahn durchquert die Weinberge in dieser spektakulären Landschaft.
Und weil Zugfahren bekanntlich Appetit macht, schließt sich für echte Gourmets die Suche nach dem besten Restaurant an. Zum Glück hat sich die Waadt zu einer der attraktivsten Genießerregionen der Schweiz entwickelt und pendelt zwischen deftigen Klassikern wie dem Saucisson Vaudois, der Waadtländer Wurst, und französischen Finessen. Montreux und Lausanne sind allemal für feinste Küche gut, aber höchste Steigerung wird in einem unscheinbaren Ort namens Crissier erreicht. Chefkoch Franck Giovannini steht in der Tradition seiner berühmten Vorgänger wie Frédy Girardet und Benoît Violier. Im Restaurant de l’Hôtel de Ville verteidigt er die drei Sterne im Guide Michelin und hat in Camille Gariglio einen herausragenden Sommelier gefunden. Ein ganzes Menü nur mit Walliser, Waadtländer und Genfer Weinen begleiten zu lassen, ist für diesen die kleinste aller Übungen. Nach dem Essen aber bitte nicht den Spaziergang durch die Weinberge vergessen, vielleicht
Big City Life: Großstadtflair des gleichnamigen Kantonhauptorts Genf
Empfehlenswert: eine Bootstour auf dem Genfersee oder auf der Rhone
Idyllischer als in der City: die ländliche Seite des Kantons Genf
Schmackhaft: Käse wie der Le Gruyère passen perfekt zu Rhoneweinen
durch jene in der Gegend von Morges. Die Wanderung vom Schloss Vufflens zum Schloss von Morges zeigt nicht nur die Schönheit des Weinbaugebietes La Côte, das wie das Lavaux zur Waadt gehört, sondern auch eine unglaubliche Fülle an mittelalterlicher Kultur.
GENF
DIE SELBSTBEWUSSTE METROPOLE
Von der Idylle geht es schnurstracks in die Metropole. Von Ruhe und weintrinkender Beschaulichkeit ist in Genf keine Spur zu finden. Täglich kommen viele zum Arbeiten aus Frankreich über die Grenze, Touristen sitzen am Ufer des Genfersees, internationale Diplomaten treffen sich in einem der vielen Gourmetrestaurants zum Mittagessen. Und dennoch muss man nicht weit fahren, um das andere Genf zu erleben, den ländlichen Teil jenen Kantons, der gemessen an der Einwohnerzahl eine verblüffende Menge Wein produziert. Vielfalt ist auf den rund 1400 Hektar Reben wichtig, und neben den beiden Klassi-
SEHEN & ERLEBEN
Naturpark Pfyn-Finges www.pfyn-finges.ch Augstbord-Schaukäserei www.augstbordkaeserei.ch La Balade des Divins www.siontourisme.ch Gletscherwein www.valdanniviers.ch Weintouren auf der Rhone www.valaiswallisadventures.ch Oenopark der Celliers de Sion www.celliers.ch
Château d’Aigle www.chateauaigle.ch Lavaux Express www.lavauxexpress.ch Conservatoire du Chasselas www.conservatoiremondial duchasselas.com
Kreuzfahrt auf der Rhone www.swissboat.com Reblehrpfad in Dardagny www.stephane-gros.ch/ sentier-didactique kern Chasselas (weiß) und Gamay (rot) haben sich längst andere Sorten etabliert. Ein paar Winzer zu besuchen und sich durchzukosten, bei Pinot Noir und Cabernet Franc, bei Sauvignon Blanc und Aligoté, wäre die eine Möglichkeit, Genfer Weinkultur zu erleben. Die andere begänne mit einer Kreuzfahrt auf der Rhone: Während einer zweieinhalbstündigen Flussreise lässt sich entdecken, welche Bedeutung der Wein für das kulturelle Selbstverständnis der Einheimischen hat. Ein Rundgang auf dem Reblehrpfad von Dardagny führt auf sechs Kilometern in die Tätigkeit des Winzers übers Jahr hinweg und in das Engagement der hiesigen Erzeuger ein. Dass ein Großteil des Genfer Weines vor Ort getrunken wird, in traditionellen Gasthäusern wie der Auberge de Chouilly oder in modernen Gourmetbistros wie dem Café de Peney, ist angesichts der Qualität nicht verwunderlich. Zum Abschluss einer Reise entlang der Rhone sollte man sich aber doch ein ausgiebiges Mittag- oder Abendessen bei Philippe Chevrier gönnen, dem wohl berühmtesten Koch des Kantons Genf. Der diensthabende Maître erläutert hier oben auf dem
ESSEN & TRINKEN
Château de Villa www.chateaudevilla.ch Café du Centre www.cafelecentre.ch Mont-Rouge www.mont-rouge.ch The Omnia www.the-omnia.com
Badouxthèque www.badouxtheque.ch Auberge du Vigneron www.aubergeduvigneron.ch Auberge communale de Féchy www.aubergefechy.ch Restaurant Anne-Sophie Pic www.brp.ch Restaurant de l’Hôtel de Ville www.restaurantcrissier.com
Les Armures www.lesarmures.ch Café de Peney www.cafe-de-peney.ch Auberge de Choully www.auberge-de-choully.com Hügel von Peney-Dessus die kostbaren Schätze des Käsewagens. Diese stammen aus der Schweiz oder – Berührungsängste gibt es im Grenzgebiet nicht – aus dem nahen Savoyen, und auch zum Soufflé mit hausgemachten Vanilleeis danach findet sich Passendes von Genfer Weingütern. Zumindest einigen der vielen Geheimnisse des Schweizer Rhoneweines kommt man so auf die Schliche. Um auch alle anderen zu lüften, bleibt indes nur die Rückreise über die Waadt ins Wallis.
Wolfgang Faßbender ist Journalist und Gastrokritiker und lebt sowohl in der Schweiz wie auch in der Pfalz.
Caveau de Bacchus www.caveaudebacchus.ch
ÜBERNACHTEN
Château Mercier www.chateaumercier.ch Colline de Daval www.collinededaval.ch Hotel des Vignes www.hoteldesvignes.ch
Auberge de la Couronne www.aubergedelacouronne.ch Auberge de Rivaz www.aubergederivaz.ch Hotel du Mont-Blanc www.hotel-mont-blanc.ch
Domaine de Châteauvieux www.chateauvieux.ch Hôtel Le Montbrillant www.montbrillant.ch L’Auberge de Confignon www.auberge-confignon.ch
rechts:
dgfaectur? Berem et veliquidelit as ut quibus aut faccuptae exerum
unten
dgfaectur? Berem et veliquidelit as ut quibus aut faccuptae exerum
PORTUGAL: DOUROTAL
QUINTA DE VENTOZELO
Das Dourotal ist eine der erstaunlichsten Weinregionen der Welt. Inmitten dieser wunderschönen Weinlandschaft liegt die Quinta de Ventozelo, ein Weingut mit langer Tradition, auf dem man auch herrlich Urlaub machen kann.
Suchen Sie die absolute Ruhe? Dann ist ein Urlaub auf der Quinta de Ventozelo ein Traum
links oben:
Liebevoll wurde die Quinta de Ventozelo für Besucher hergerichtet
links Mitte:
Sie liegt mitten in der einzigartigen Weinlandschaft des Dourotals
links unten:
Spektakulär: der Ausblick vom Infinitypool in die Landschaft
Die Quinta de Ventozelo ist ein ganz besonderer Ort. Wenn man am frühen Morgen aufsteht und sich mit einer Tasse Kaffee in der Hand auf die Terrasse stellt, ist es vor allem die Stille, die beeindruckt, aber auch der Geruch, den die Sonne auf dem Schiefer hinterlässt. Alles scheint friedlich, als sei man allein in der Natur. Mitten in den Reben auf den terrassierten Hängen auf etwa 600 Höhenmetern – alles grün, gesund, saftig. Man schöpft automatisch Kraft und Energie aus dieser Landschaft. In der Ferne hört man einen Specht, der gegen den Stamm eines alten Olivenbaums klopft.
Die Quinta de Ventozelo ist ein Zufluchtsort für Erholungssuchende inmitten der Weinberge mit Blick auf den Douro. Seit 2014 gehört die Quinta zum Portweinproduzenten Gran Cruz, zu dem die weltbekannte Marke Porto Cruz zählt. Jüngst eröffnete das Unternehmen das oenotouristische Angebot, zu dem nun 29 elegante Zimmer, ein Weinmuseum, ein herrlicher Infinitypool mit Blick ins Dourotal und ein Restaurant gehören. Gäste können hier Weintastings machen, schick essen gehen, wandern oder einfach die Umgebung genießen …
Einst wurde das Weingut von Zisterziensermönchen bewirtschaftet, die erste urkundliche Erwähnung gab es im Jahr 1288. 200 Hektar Rebfläche gehören zur Quinta de Ventozelo, die praktisch komplett auf trockene Weine spezialisiert ist und umweltschonend arbeitet. Toll ist zum Beispiel der Malvasia Fina aus dem Jahrgang 2017, der mit herrlicher Salzigkeit und Mineralität sowie mit Noten von weißen Blüten, Steinobst, etwas Pfeffer und fordernder Kraft und viel Grip perfekt zum Essen passt.
Die Quinta de Ventozelo produziert neben Weinen auch herrlich frische Olivenöle, einen
Ein perfekter Tag: im Liegestuhl Platz nehmen und am liebsten nicht mehr aufstehen
Stilvoll und doch geerdet: die Cantina de Ventozelo
Fisch vom Grill gefällig?
... Im Restaurant der Quinta wird am liebsten Regionales verarbeitet
IM ÜBERBLICK
Ventozelo Hotel & Quinta Ervedosa do Douro 5130-135 S. João da Pesqueira Portugal Tel. +351 254249670 hotel.quintadeventozelo.pt
Ausstattung: > 29 Zimmer, aufgeteilt auf sieben verschiedene Gebäude, die sich über das gesamte Gelände erstrecken und zum
Teil im Farmhaus-Stil restauriert wurden > Ausstattung mit Kamin und Terrassen mit Blick auf den Douro > Infinitypool mit Blick auf den Fluss > Besucherzentrum mit modernem, interaktivem Weinmuseum, in dem man auf spielerische Art in die Geschichte der Region eintauchen kann > Restaurant Cantina de Ventozelo (kann man auch besuchen, wenn man kein Gast der Quinta ist) Craft Dry Gin und zwei Portweine auf hohem Niveau. Gäste fühlen sich hier aufgehoben wie in Abrahams Schoß und wer Lust aufs Wandern hat, kann sich zu einem Ausgangspunkt seiner Wahl fahren lassen und sich mit einer App (Audioguia da Quinta de Ventozelo), die man sich aufs Smartphone lädt, durch die Landschaft führen lassen. Die App bietet verschiedene audiogeführte Routen an, liefert an zahlreichen Stellen Informationen und gewährt spannende Einblicke in die Geschichte der Region, die Böden, die Weinberge, die Rebsorten und sogar über Korkeichen. Je nach Ausgangspunkt benötigt man etwa drei Stunden für den Parcours, feste Schuhe sind zu empfehlen und unbedingt etwas zu trinken mitnehmen. Verfügbar ist die App auf Portugiesisch, Englisch und Französisch.
> Weinproben > kleines „Kaufhaus“ für Weine und lokale Produkte wie Olivenöl, Kekse,
Marmeladen, Honig, frisches Gemüse
Preis: ab circa 140,00 € pro Nacht
Flughafen: Von zahlreichen deutschen Flughäfen wie Frankfurt, Düsseldorf, München, Berlin oder Hamburg fliegt man nach Porto und fährt danach am besten mit einem Mietwagen weiter ins Dourotal. Die Fahrtzeit beträgt etwa eine Stunde.
Ausflugtipps: > Bootstouren auf dem Douro > Teilnahme an der Wein- und Olivenernte > Wanderungen > Besuche weiterer berühmter Weingüter im Dourotal Somit können Sie eintauchen in die saftiggrünen steilen Hänge, die sich bis hinunter zum Douro ziehen und die seit 2001 zum geschützten UNESCO Weltkulturerbe gehören. An jeder Kurve gibt es garantiert einen neuen atemberaubenden Blick in das weltberühmte Dourotal. Mal tiefe Schluchten, dann wieder grünes Hochland mit in den Schiefer gehauenen Terrassen, die sich bis auf 700 Meter Höhe ziehen. Und vielleicht erhaschen Sie ja einen Blick auf eine der seltenen Tierarten, die in dieser Region heimisch sind.
Und wenn Sie sich dann noch für den Portwein interessieren, sind Sie hier ebenfalls goldrichtig. Hier liegt die Wiege des Portweins, der seit Jahrhunderten zu den Klassikern der Weinwelt zählt und seine Fans begeistert. Es lohnt sich, in die Welt des Portweins einzutauchen, denn er besticht mit enormer Vielfalt. Erstmals erwähnt wurde Portwein übrigens 1678 in Zolldokumenten. Damals wurde dem Wein, um ihn auf der langen Reise vor dem Verderben zu schützen, eine kleine Menge Branntwein zugegeben. Heute ist das „Verstärken“ das fundamentale Element der Portweinbereitung.
Transportiert wurden die Portweinfässer damals mit den Rabelos, Booten mit geringem Tiefgang, in denen der Portwein mit Hilfe der Strömung flussabwärts Richtung Porto geschifft wurde. Heute liegen die Rabelos noch zu touristischen Zwecken am Douroufer in Porto. Aber das nur am Rande, denn Sie möchten sich ja erholen – und das können Sie auf der Quita de Ventozelo perfekt!
Ilka Lindemann hat im Sommer eine kleine Pause auf der Quinta de Ventozelo eingelegt und war begeistert.
ITALIEN
VENETIEN
Am Rande des klassischen Valpolicella-Gebiets, nur ein paar Kilometer vom Gardasee und der schönen Stadt Verona entfernt, finden Weinliebhaber das Villa Quaranta Tommasi Wine Hotel & Spa … Eine Quelle der Erholung.
Umringt von einem Park und malerischen Gärten, befindet sich das Anwesen auf einem Grundstück mit 20000 Quadratmetern Land. Das luxuriöse Hotel gehört zum Weingut Tommasi und steht für die hundertjährige Familientradition und prestigeträchtigen Weinbau. Das Unternehmen wurde im Jahr 1902 gegründet und wird heute von der vierten Generation geführt. Seit diese im Jahr 1997 das Ruder in die Hand nahm, wurde das Portfolio über die Grenzen des Valpolicella-Gebiets hinaus erweitert. So ist Tommasi heute einer der Top-Produzenten von Amarone und gilt als einer der wichtigsten weltweiten Botschafter. Neben Tommasi Viticoltori in Verona gehören auch über 570 Hektar aus den folgenden Weinregionen Italiens zum Tommasi Family Estate: Die Tenuta Caseo in Oltrepò Pavese in der Lombardei, Podere Casisano in Montalcino in der Toskana, Poggio al Tufo in Maremma in der Toskana, Masseria Surani in Manduria in Apulien und Azienda Vinicola Paternoster in Barile in der Basilikata.
Mitten in der entzückenden Parklandschaft befindet sich eine Venezianische Villa aus dem 17. Jahrhundert, die früher als Sommerresidenz der adligen Veroneser Familie Quaranta diente und die heute das charmante Restaurant Borgo Antico beherbergt. Auf dem Gelände befinden sich auch die Zimmer sowie eine romanische Kapelle und ein kleiner See. Die 79 komfortablen Zimmer sind in klassischem Stil eingerichtet, Besucher werden von den Fresken und antiken Möbeln begeistert sein. Charakteristisch ist in allen Bereichen die Kombination von modernstem Equipment mit den antiken Elementen. Auch ein mit Hightech ausgestattetes Kongress- und Eventcenter, das aus acht Modulen besteht und Raum für 450 Teilnehmer bietet, gehört zur Villa Quaranta.
Und wer in die faszinierende Welt der Speisen und Weine eintauchen möchte, ist hier ebenfalls bestens aufgehoben. Mehr als 1300 Weine listet die umfangreiche Weinkarte, die schon mehrfach vom amerikanischen Magazin Wine Spectator ausgezeichnet wurde. Dazu gibt es traditionelle und saisonale Veroneser Spezialitäten auf höchstem Niveau. Tastings in der Bottega del Gusto oder im historischen Weinkeller unter der Villa sorgen für unvergessliche Genusserlebnisse.
Gäste können sich aber auch im 2500 Quadratmeter großen Wellnessbereich verwöhnen lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Weintherapie, oder Anti-Aging-Behandlungen auf der Basis von Valpolicella- oder Amarone-Weinen? Oder Sie nutzen die Thermen, um Ihren Körper und Geist zu entspannen: Es warten 1000 Quadratmeter Poolbereich, 225 Quadratmeter Saunalandschaft, 520 Quadratmeter Fitness Area und 500 Quadratmeter Beautycenter darauf, erobert zu werden. Ein Urlaub auf der Villa Quaranta ist ein Urlaub für alle Sinne.
KAMPANIEN
DOLCE VITA
Die Region Kampanien im Südwesten Italiens steckt voller Überraschungen: blaues Meer, strahlendes Licht ein quirliges Neapel, Traumstrecke Amalfiküste und kulinarische Vielfalt im Überfluss.
Urlaubs-Goals: Blick auf die malerische Hafenstadt Salerno Auf bis zu 600 Metern über dem Meer wächst Wein in der Provinz Salerno
Typisch für Kampanien: die regionale Rebsorte Tintore di Tramonti
Widerrede zwecklos. Wenn Signor Gaetano Rizzo seine Gäste über sein 15 Hektar großes Anwesen vor den Toren von Salerno führt, wird probiert. „Hier, die Feigen sind reif“, sagt der alte Herr. Schon pflückt er eine samtigweiche Frucht vom Baum. Er bricht sie auf. Ein köstlicher Duft zieht in die Nase, zum Reinbeißen gut. „Und dort, das ist alles Wein!“ Rizzo, Chef des Viersternehotels Villa Rizzo, ist nicht mehr zu stoppen. Schnurstracks läuft er zu den Weinreben. Blau und grün leuchten die prallen Trauben. Ein leichter, warmer Wind streicht über die Rebstöcke. Flugs ist eine Handvoll Beeren abgeknipst. „Bitte kosten“, sagt er und schmunzelt. So, als hätte er Freude daran, eine kleine Lektion in Sachen Dolce Vita zu geben – zum Auftakt einer Reise durch das kulinarische Kampanien. Die Trauben schmecken köstlich …
EINES DER ÄLTESTEN WEINBAUGEBIETE ITALIENS
Kampanien und der Wein. Die Region an der Westküste des Stiefellandes gehört mit seinem mediterranen Klima zu den ältesten Weinbaugebieten Italiens. Aus gutem Grund. Denn der nahe Vesuv hat mit seinen wiederkehrenden Ausbrüchen ganze Städte in Schutt und Asche gelegt, der Landschaft aber gleichzeitig höchst fruchtbare Böden beschert. Und sie in eine Reiseschönheit verwandelt, die mit jeder Menge
Winzerin Fiorina Apicella von der Cantine Giuseppe Apicella in Tramonti
regionalen Spezialitäten und so manchem guten Tropfen lockt. Schon circa 1000 vor Christus gründeten Griechen dort Kolonien und nannten die Gegend um den Golf von Neapel „Oinotria“, was so viel bedeutet wie „Land der Reben, die an Pfählen gezogen werden“. Später dann, unter den Römern, wurde das Gebiet um das sagenhafte Pompeji ein Zentrum des Weinhandels. Noch heute zeugen zahlreiche antike Amphoren in der Ruinenstadt davon, die den Vulkanausbruch 79 nach Christus unbeschadet überstanden haben.
WIE EINST DIE ETRUSKER
Fiorina und Prisco Apicella ziehen noch heute Reben an Pfählen. In Tramonti in der Provinz Salerno liegen die sonnendurchfluteten Weinhänge ihres Gutes bis zu 600 Meter über dem Meer – und sind echte Hingucker. Von staksigen Holzgerüsten gestützt, rankt der Wein gen Himmel und bildet mit seinem Laub ein Dach wie eine Pergola. „Dieses sistema pergolato ist uralt“, erzählt Fiorina Apicella von der Cantine Giuseppe Apicella. „Die Art der Kultivierung geht auf die Etrusker vor mehr als 2500 Jahren zurück, die ebenfalls in dieser Region siedelten. Der Ackerboden war begrenzt und durch diese Technik konnte man unter dem Wein gleich noch Gemüse anbauen.“ Was praktisch war, denn die Bauern ernteten sogar auf drei Ebenen. Über der Pergola breiten noch heute einzelne Obst- und Kastanienbäume ihre fruchttragenden Äste aus.
VON DER REBLAUSPLAGE VERSCHONT
Ein Spaziergang durch die Rebhaine hat es in sich. Die Weintrauben baumeln verführerisch direkt vor der Nase. Es sind rote, einheimische Rebsorten wie Tintore di Tramonti, der „Rote aus Tramonti“, und Piedirosso, der „Rotfuß“, eine sehr alte Sorte. Echte Originale sind sie dazu. Denn die Pflanzen haben noch ihren ursprünglichen „Fuß“, sind wurzelecht. Das ist deshalb so außergewöhnlich, weil die gefräßige Reblaus im 19. und bis ins 20. Jahrhundert so gut wie jeden Stock in Europa befallen und den Weinbau auf dem Kontinent zum Erliegen gebracht hatte. Nur ganz wenige Gegenden blieben verschont. Wie diese ... Der Grund: Der Boden auch in Tramonti ist vulkanisch – dem Vesuv sei Dank. Für Rebläuse ein wahrer Graus. Und auch das Meer hat die Pflanzen wie ein Schutzwall vor einem mas siven Insektenbefall bewahrt. Zum Glück, denn so kann man bei Fiorina und Prisco Apicella authentische, lokale Weine mit der Herkunftsbezeichnung Costa d’Amalfi kosten. Wein von der Amalfiküste …
FRISCHER MOZZARELLA VOM BIO-WASSERBÜFFEL
Zu einem guten Gläschen passen regionale Produkte wie der berühmte Mozzarella aus Kampanien. In der Bio-Büffelfarm Tenuta Vannulo in Capaccio Paestum zum Beispiel liefern rund 600 Tiere die Milch. Die Kühe haben keine festen Melkzeiten. Wann sie ihre rund acht Liter pro Tag abgeben möchten, entscheiden sie selbst – begehbare Melkroboter machen es möglich. Fürs Wohlergehen sorgen mehrere Duschen und rotierende Bürsten für die kleine Massage zwischendurch. Und in den Krippen landet ausschließlich biologisches Futter. Die sehr fetthaltige Milch wird direkt vor Ort verarbeitet. Durch eine große Scheibe schaut der Besucher in das Herz der Produktionsräume. Da zupfen Mitarbeiter mit weißen Hauben wieselflink kleine und große Mozzarellas in Form, einer flicht sogar gerade einen Zopf daraus. Zehn Liter Büffelmilch stecken in drei Kilo-
Ein Traum in Pastelltönen: die kleinen Städtchen an der Amalfiküste
Bei der Arbeit: Die Sterneköchin Rosanna Marziale kreiert Köstliches aus Mozzarella … … die italienische Käsespezialität sollten Sie sich auf keinen Fall entgehen lassen
gramm Mozzarella. Der leckere Käse hat Geschichte: Bereits vor 2000 Jahren bereiteten die Römer die schmackhafte Kugel zu. Geschmeidig und ganz fluffig – so muss sie sein! Dann heißt es: Bitte das gute Stück mal auf der Zunge zergehen lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kostprobe ist ein Gedicht! Und macht Lust auf mehr.
EINE ZIEMLICH RUNDE SACHE: KOCHKURS MIT MOZZARELLA-KNÖDEL
Wer könnte besser mit so einem einheimischen Produkt umgehen als die Sterneköchin Rosanna Marziale aus Caserta nördlich von Neapel? Wenn es um Italiens berühmtes Käserund geht, kennt ihr Einfallsreichtum keine Grenzen. Klar, Mozzarella schmeckt auch als wunderbarer Begleiter sonnengereifter Tomaten. Doch Marziale macht viel mehr daraus, erfindet den cremig-frischen Klassiker jenseits von Caprese & Co. immer wieder neu und präsentiert ihn von süß bis herzhaft. Mal friert sie ihn ein, um ihn anschließend als Deko über Desserts zu raspeln. Mal lässt sie ihn bei ihrer „Pizza verkehrt herum“, der „Pizza al Contrario“, in Form einer ausgewalzten großen Scheibe als „Teigboden“ daherkommen. Oder sie füllt ihn wie einen Knödel zur Abwechslung mal mit grünen Nudeln. Ihre Fantasie wundert wenig. Seit 2013 ist die Frau mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Sie gilt als eine der besten des Landes und hat in der von Männern dominierten Spitzengastronomie selbstbewusst ihren Weg gemacht.
LEKTION VON DER STERNEKÖCHIN
Aber wie um Himmels willen bekommt man Nudeln in einen Weichkäse? Am besten schaut man sich das mal persönlich an. Also hinein ins Allerheiligste und der Dame über die Schulter geschaut. Kochkurs bei Rosanna! Das heißt: Schürze umbinden, Hände waschen und ab an Topf und Schüssel. Eine solche Chance bietet sich schließlich nicht alle Tage in einem Restaurant dieser Kategorie. Schon geht es los. Für die Knödel zieht sie ein Stück Mozzarella zunächst in eine längliche Form, umwickelt damit die schon gekochten Nudeln, schließt das Ganze wie ein Säckchen, rollt den Kloß mit den Händen zu einem kugelrunden Ball, paniert ihn, frittiert ihn, fertig. „Das geht ganz einfach“, sagt Rosanna Marziale. „Und die beiden italienischen Vorzeige-Produkte passen perfekt zusammen!“ Zumal sie das Ganze auch noch von einem Pesto-Sößchen begleiten lässt. Von der Karte ihres Restaurants „Le Colonne“ ist das Gericht namens „Palla di Mozzarella“ gar nicht mehr wegzudenken. Und dort genießen ihn die Kochschüler nach getaner Arbeit ebenfalls als Teil eines Menüs – den eigenhändig fabrizierten, versteht sich. In einem Sternelokal das zu essen, was man selbst gekocht hat, passiert auch nicht alle Tage. Dazu serviert Rosanna Marziale natürlich noch weitere Gänge, vom Risotto über Pasta bis hin zu herrlich süßen Petits Fours.
Warum kann Rosanna so gut kochen? Gelernt hat sie es im Restaurant ihrer Familie, schon ihr Vater stand dort am Herd. Den Schliff bekam sie bei Maestros wie dem italienischen Sternekoch Gianfranco Vissani und dem Ausnahme-Küchenchef Martín Berasategui. Da kommt Rosanna Marziale aus der Küche an den Tisch, fragt, wie es denn gemundet hat – und strahlt. Hübsch ist sie, wie sie so dasteht, rank und schlank, mit dem schwarzen, am Hinterkopf zusammengeknoteten Haar und der weißen Kochjacke. Das fanden wohl auch andere. Denn sie war sogar die Hauptfigur einer Cartoon-Serie namens „La cuoca girovaga“. Die Idee dahinter: Die „herumziehende Köchin“ macht Kindern Lust aufs Kochen. Und erst im vergangenen Jahr stand sie Modell für eine Barbiepuppe. Eine Puppe mit großen, dunklen, kugelrunden Augen, einer weißen Kochjacke, schwarzer Hose – und einem Rührbesen in der Hand. Ganz Rosanna eben.
Kirsten Lehmkuhl ist Journalistin aus Leidenschaft. In Kampanien hat sie ihre Liebe zum Wein entdeckt …
WEINREISEN 2021
Anbieter von kleinen, feinen Genuss- und Weinreisen dieser Art ist Italienkenner Thomas Köster von „Dem Wein auf der Spur“. Hier ein paar Reisetermine für 2021:
KÖSTLICHES KAMPANIEN Genuss zwischen Neapel, Vesuv & Amalfiküste Die Autorin Kirsten Lehmkuhl hat diese Reise miterlebt und macht mit ihrem Erlebnisbericht Lust, dorthin zu reisen. Weitere Infos: Kampanien kulinarisch, 28. September bis 3. Oktober 2021. Preis: circa 1 360,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise.
KULINARISCHES FRIAUL Wo San Daniele und Friulano zu Hause sind Unter anderem erwartet Reisende der Besuch von drei Weingütern, ein Kochkurs in der Altstadt von Triest und eine Verkostung des weltberühmten San-Daniele-Schinkens. Übernachtet wird im „Franz“, einem Viersternehotel im urgemütlichen Gradisca d’Isonzo – im Herzen des Friauls. Weitere Infos: Unterwegs im Friaul – wo San Daniele und Friulano zu Hause sind, 7. bis 12. September 2021. Preis: circa 1 300,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise.
GENUSS IM PIEMONT Dolce vita mit Trüffelsuche Warum nicht selbst auf die Suche nach den weißen Albatrüffeln gehen? Der Herbst ist dafür die ideale Zeit. Teil des Programms: Stippvisiten bei drei Winzern. Nach spannenden Exkursionen geht’s abends zum Übernachten in ein ehemaliges Kloster: in das Viersternehotel Somaschi nahe der Altstadt von Cherasco. Weitere Infos: Trüffelzeit im Piemont, 25. bis 30. Oktober 2021. Preis: circa 1 230,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise.
SIZILIEN MAL ZWEI Gaumenfreuden am Fuße des Ätna & an der Küste Westsiziliens An den Hängen des Ätna gedeihen besondere Insel-Spezialitäten wie die roten Nerello Mascalese-Trauben, die schließlich als echte Terroirweine vom Vulkanboden in den Gläsern leuchten. Liebhaber historischer Landgüter kommen ebenfalls auf ihre Kosten, denn übernachtet wird in einem ehemaligen Gutshof zwischen Catania und Taormina. Oder doch lieber Westsizilien? Ausgangspunkt sind die pulsierende Stadt Palermo und die dortigen schönen Küstenabschnitte. Weitere Infos: Der Osten Siziliens, 19. bis 24. April 2021. Preis: circa 1 100,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise. Oder West-Sizilien, 26. April bis 2. Mai 2021. Preis: circa 1 410,00 € pro Pers./DZ bei eigener Anreise.
ABSTECHER NACH FRANKREICH
Zauberhaftes Burgund – Weine von Weltruhm
Neu im Programm ist eine Reise zur Hochburg des Weins: Beaune und die Côte de Beaune! Weitere Infos: Unterwegs im Burgund, 8. bis 13. Juni 2021. Preis: circa 1 300,00 € pro Pers./DZ bei individueller Anreise.
Alle Weinreisen und Infos finden Sie unter www.weinspuren.de. Änderungen aufgrund der Reise- und Sicherheitshinweise vorbehalten.
GASTRO TIPPS ESS-LUST Um gut zu essen und großartig zu trinken, muss man selten allzu weit reisen. Neuentdeckungen und unterschätzte gastronomische Klassiker befinden sich häufig in unmittelbarer Nähe: in den Schweizer Alpen, auf den Kanaren, in der Metropole Berlin oder in der oberfränkischen Provinz.
AUS ALT WIRD SPEKTAKULÄR
LAS PALMAS (GRAN CANARIA)
Die alten Speisekarten und Prospekte, die in den Gängen des Hotels aushängen, machen schnell klar, wie das „Santa Catalina“ vor 130 Jahren aussah. Ziemlich luxuriös! Einen Pool gab es damals zwar nicht, schon gar nicht auf dem Dach, so wie heute, aber in der Saison 1889/1890, der allerersten des neu eröffneten Hotels, wurden den anreisenden Gästen immerhin Billardraum, Lesezimmer und Badezimmer mit warmem Wasser offeriert. Das war zu jener Zeit am oberen Rande des Möglichen und begeisterte die vielen Briten, die hier bald wochenlang das milde Klima genossen. Die Umgebung des Hauses war zu jener Zeit übrigens noch weitgehend leer. Inzwischen ist der Trubel der Gran Canaria-Hauptstadt Las Palmas ziemlich ans Hotel herangerückt, doch der Park schirmt die meisten Einflüsse der Metropole ab. Weil nach Umbau und Neueröffnung des Hotels Ende 2019 ein großer Wellnessbereich und umfassende gastronomische Angebote zur Verfügung stehen, muss man das Anwesen eigentlich gar nicht verlassen. Zur Konzeption des Gourmetlokals „Poemas“ wurden die Padrón-Brüder von der Nachbarinsel Teneriffa verpflichtet; ständig vor Ort ist die junge Küchenchefin Iciar Pérez. Zu Blumenkohl mit Trüffel oder dem unweit des Hotels gefangenen Atlantikfisch werden natürlich die Weine aus autochthonen Rebsorten der Kanaren serviert. Es gibt sie aber auch im Zweitrestaurant des Hotels: Die offene Küche des Bistros „1890 La Bodeguita“ hätte anlässlich der Eröffnung des Hotels vor 130 Jahren gewiss für Furore gesorgt, wirkt aber auch heute überaus attraktiv. >
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Hotel Santa Catalina Calle Léon y Castillo 227 Las Palmas, Gran Canaria Spanien Tel. +34 928 243040 www.barcelo.com/de-ch/santacatalina-a-royal-hideaway-hotel
Öffnungszeiten Das Hotel und das Restaurant „1890 La Bodeguita“ haben immer geöffnet, nach den Öffnungszeiten des Gourmetrestaurants sollte man sich kurzfristig erkundigen.
Speisen + Weine Gourmetküche auf der einen Seite, regionale Spezialitäten aus der offenen Küche auf der anderen.
Der besondere Tipp Die Dachterrasse lohnt nicht nur des Pools wegen die Auffahrt, sondern bietet auch Ausblick auf den Hafen, eine schicke Bar und eine kreativ gestaltete Cocktailkarte.
IM ÜBERBLICK
Posthotel Alexander Herrmann Marktplatz 11, 95339 Wirsberg Tel. 09227 2080 www.herrmanns-posthotel.de
Öffnungszeiten Das Gourmetrestaurant hat von Januar bis März von Donnerstag bis Samstag, sonst Mittwoch bis Samstag geöffnet; das Bistro hat täglich abends geöffnet, Samstag und Sonntag auch mittags.
Speisen + Weine Bistroküche mit fränkischem Einschlag, Zweisterneküche mit einem Faible für vegetarische Spezialitäten im Gourmetbereich. Das Sechsgang-Gourmetmenü kostet 189,00 €, das dreigängige Tapasmenü ist für 54,90 € zu haben.
Der besondere Tipp Um Herrmanns Kreativität zu erleben, kann man auch in Nürnberg reservieren: „Imperial“ by Alexander Herrmann, Königstraße 70, 90402 Nürnberg, www.ah-imperial.de).
FERNSEHKOCH & TEAM
WIRSBERG (BAYERN)
Alexander Herrmann ist selbst da bei unserem Besuch. Kann man nicht von jedem Tag des Jahres behaupten, denn der Franke ist bekanntlich nicht nur in der eigenen Küche aktiv, sondern auch der des Fernsehens. Wer TV-Kochsendungen schätzt, kann ihn immer mal wieder als Juror erleben. Dass Herrmann beruhigt wegfahren kann und sein Haus dennoch in sicheren Händen weiß, verdankt er dem Team, in dem ganz vorn natürlich Küchenchef Tobias Bätz steht, das aber auch noch zahlreiche andere langjährige Mitarbeiter umfasst. Wer einmal hier angefangen hat, als Koch oder Servicemitarbeiter, geht nur selten weg.
Auf den Gast trifft Ähnliches zu: Wer mal die Fülle an großartigen fränkischen Tapas im Bistro erleben dufte – Achtung, die Portionen sind gewaltig! –, verlängert gern seinen Aufenthalt. Das mit zwei Sternen im Guide Michelin gekrönte Gourmetrestaurant wiederum hat immer ein Menü ohne Fisch und Fleisch im Angebot, legt besonderen Wert auf fränkische Produkte. Weil Herrmann mit einem Tropenhaus in der Umgebung zusammenarbeitet, sind immer wieder mal exotische Früchte aus der Region im Angebot.
Der original fränkische Kaffee wird bislang allerdings nur in derart kleinen Mengen erzeugt, dass man schon großes Glück haben muss, ihn verkosten zu dürfen. Stattdessen gibt es geschmortes Wagyu-Schäufele im Salzteig mit in Asche gegartem Lauch sowie die fränkische Weinbegleitung, die vielleicht reifen Gewürztraminer vom Würzburger Bürgerspital, Muskatsilvaner von Schloss Sommerhausen oder süßen Rosenmuskateller aus Randersacker umfasst.
INNOVATION À LA ALPEN
ZERMATT (SCHWEIZ)
Die allermeisten Hotels in den Alpen lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Entweder grandioser Luxus Marke „vorletzte Jahrhundertwende“ oder familiärer Chalet-Stil. Ein paar allerdings brechen die Tradition auf, sind chic und komfortabel, aber auch cool und innovativ. Sieht man beim „Cervo Mountain Resort“ auf den ersten Blick – vor allem jetzt, da vieles erneuert wurde.
Den ganzen Sommer hat man hier auf eine Neugestaltung und -konzeptionierung verwendet – und die Ergebnisse lassen staunen. Nicht nur die 61 Zimmer, Suiten und Lodges bieten selbstsicheren Stil, auch das kulinarische Konzept ist verblüffend durchdacht. Klassische Gourmetküche? Weit gefehlt! Stattdessen der lebhafte „Bazaar“, in dem man sich schon beim Frühstück trifft, später auch beim Abendessen. Im Schwesterrestaurant „Ferdinand“ geht es um Käse von Raclette bis zu Fondue, und das „Madre Nostra“ bietet nicht nur den Stil eines Chalets aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, sondern auch hausgemachte Pasta.
Wer herausfinden möchte, wie viel Spaß durchdachte Gastronomie machen kann, kann dies hier tagelang tun. Was auch an den Getränken liegt, die nämlich Erzeugnisse Walliser Winzer, allerlei unerwartete Natural Wines oder geniale Cocktails in der Bar „Grapes & Juniper“ umfassen.
Am Schluss des Hotel- und Gourmeterlebnisses Cervo fühlt sich der Gast vielleicht ein bisschen ermattet, aber glücklich. Zumal auch das Frühstück überdurchschnittlich ausfällt und statt auf Beliebigkeit auf Walliser Qualität setzt.
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Cervo Mountain Resort Riedweg 156, 3920 Zermatt, Schweiz Tel. +41 27 968 1212, www.cervo.swiss
Öffnungszeiten Das Cervo eröffnet im Dezember zur Wintersaison 2020/2021.
Speisen + Weine Vielfältige Küche, von Raclette bis zu mediterranen Spezialitäten, steht auf dem Plan – ohne Sterneambitionen, aber mit Sinn für Qualität.
Der besondere Tipp Vrony und Max Cotting-Julen betreiben in Findeln, ein Stück oberhalb von Zermatt, eines der bekanntesten Ausflugsrestaurants der Schweiz – mit hohen Ansprüchen an die Qualität von Hauswurst, Trockenfleisch und Rösti (Chez Vrony, Findeln, 3920 Zermatt, Tel. +41 27 967 2552, www.chezvrony.ch).
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Schloss Neuweier Mauerbergstraße 21 76534 Baden-Baden-Neuweier Tel. 07223 800870 www.weingut-schloss-neuweier.de
Öffnungszeiten Das Restaurant „Goldenes Loch“ hat Montag, Donnerstag und Freitag geöffnet, immer ab 17.30 Uhr, Samstag ab 12 Uhr durchgehend, Sonntag nur am Mittag.
Speisen + Weine Unkomplizierte, abwechslungsreiche Küche – das Dreigangmenü kostet 49,00 €. Eine Flasche Großes Gewächs gibt es schon für 65,00 €.
Der besondere Tipp Badische Spezialitäten oder Klassik? In der „Talmühle“ (Talstraße 36, 77887 Sasbachwalden, Tel. 07841 1001, www.talmuehle.de) beherrscht die Küche beides perfekt.
SCHLOSS MIT WEINKULTUR
BADEN-BADEN-NEUWEIER (BADEN-WÜRTTEMBERG)
Armin Röttele, einer der bekanntesten Köche im Umkreis von Baden-Baden und viele Jahre lang mit einem Stern ausgezeichnet, verließ das Haus im Sommer 2020. Was bedeutet, dass sich das „Schloss Neuweier“ kulinarisch neu aufgestellt hat.
Statt ganz großer Küche sind nun pfiffige, zwischen regionaler, mediterraner und asiatischer Ausrichtung pendelnde Spezialitäten angesagt im Restaurant „Goldenes Loch“. Joachim Altvater verantwortet dieses Prinzip, das Teriyaki-Aubergine mit Garnelen und schwarzem Knoblauch oder eine bei niedrigen Temperaturen gegarte Gänsekeule mit Rotkohl und Serviettenknödel umfasst.
Macht auch deshalb viel Spaß, weil die Weinbegleitung überdurchschnittlich durchdacht ist. Winzer Robert Schätzle hat das Weingut Schloss Neuweier zu einem der badischen Spitzenbetriebe und sich vor allem mit Riesling einen Namen gemacht; sogar ältere Jahrgänge des legendären Mauerwein-Rieslings stehen auf der Karte. Bei den Themen Chardonnay und Pinot Noir kennt sich Schätzle allerdings auch gut aus, und als Begleitung von Brezel-Scheiterhaufen oder Schwarzwälder 2.0 sollte man unbedingt an den Neuweierschen Gewürztraminer in der restsüßen Version denken. Übrigens: In sehr komfortablen Zimmern lässt sich anschließend auf ländliche Weise übernachten.
Eine Verkostung mit Chefwinzer Robert Schätzle am nächsten Morgen muss natürlich rechtzeitig angemeldet werden. Bei dieser Gelegenheit erfährt der historisch Interessierte auch, warum hier ein Teil der Weine nach wie vor in die aus Franken bekannten Bocksbeutel gefüllt wird. Diese Flaschenform besitzt in Neuweier Tradition.
Den Inhaber dieser nagelneuen Weinbar kennen manche als Sommelier, manche als Blogger, wieder andere als umtriebigen Multiplikator. Dass Serhat Aktas mitten in der Krise ein Weinlokal eröffnete, in einem kleinen Ladenlokal in Schöneberg, ist mutig. Dass er auch noch allerlei Winzer in Deutsch-
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Der Weinlobbyist Kolonnenstraße 62 10827 Berlin Tel. 030 30640772 www.weinlobbyist.de
Öffnungszeiten Das Lokal hat von Donnerstag bis Montag ab 17 Uhr geöffnet.
Speisen + Weine Tapasartige Kleinigkeiten mit mediterranem Charme. Offene Weine ab 3,50 €, Flaschen ab 25,00 €. Snacks ab 4,00 € (!).
Der besondere Tipp Nicht gerade ums Eck (sondern am Prenzlauer Berg), aber ebenfalls neu und empfehlenswert ist dieser authentische Thailänder: Bangkok Bites, Schönhauser Allee 10-11, 10119 Berlin, Tel. 030 27995606 land und Österreich überredete, ihm Raritäten aus der Schatzkammer anzuvertrauen, ist Anerkennung wert. Eigentlich sollte die Weinkarte gar nicht so umfangreich werden, aber da ist die Leidenschaft dann durchgegangen mit Aktas. Eine solche Jahrgangs- und Lagentiefe bei einzelnen Winzern bieten nur sehr wenige Weinbars des Landes: Allein von Philipp Kuhn aus der Pfalz sind mehr als zwei Dutzend(!) Sorten vorrätig – bis 2006 zurück. Wenn man irgendwo in Berlin herausfinden kann, wie gut deutscher Wein reift, dann hier. Sogar glasweise ist Exzellentes zu haben: der 2016er Blaufränkisch von Umathum, der lang auf der Hefe gereifte Weißburgundersekt von Münzberg, die Shiraz-Cabernet-Cuvée von Dr. Balzhäuser aus Rheinhessen. Was das Essen angeht: Wir haben uns durchgekostet durchs Angebot und Leckereien bekommen, die erstens preiswert und zweitens präzise zubereitet waren. Garnelen mit japanischer Mayonnaise und Ananas, den Lachs mit Zitrusfrüchten und Ponzu oder die Okraschoten mit Kichererbsen und Minzjoghurt. Weil auch Flammkuchen und Käse-Schinken-Platten verfügbar sind, eignet sich der Laden nicht nur zum Apéro-Besuch, sondern auch zum echten Abendessen.
Wolgang Faßbender ist erfahrener Restauranttester und schreibt unter anderem auch für MEININGERS WEINWELT Gastrokritiken. Chefredakteurin Ilka Lindemann lindemann@meininger.de
Art Director Sabine Wulffert
Bild- und Textredaktion Carla Bongers, Christine Neubecker Sabrina Throm (Volontärin) Autoren Wolfgang Faßbender, Kirsten Lehmkuhl, Stefan Nink, Martin Specht Layout Manfred Bachtler, Sabine Wulffert
Leitung Produktion/Grafik Patrick Rubick
Geschäftsleitung Media Ralf Clemens · clemens@meininger.de Mediaberater/in Charlotte Diemer · diemer@meininger.de Jörg Sievers · sievers@meininger.de
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Verlag Meininger Verlag GmbH Maximilianstr. 7-17 67433 Neustadt/Weinstraße Tel. 06321 8908-0
MEININGERS WEINREISEN ist eine Sonderausgabe der Zeitschrift MEININGERS WEINWELT
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EINE ANDERE ART ZU REISEN ...
Der Hausarzt hat unserem Kolumnisten Stefan Nink zu Ruhe und Gewichtsreduktion geraten, und er hat – eine Schrothkur gemacht. Im Allgäu, in Oberstaufen. Das sind seine Aufzeichnungen:
1. KURTAG: 81,4 KILO
Das steht da wirklich, unten, auf der Waage: 81,4 Kilo. Der Kurarzt runzelt die Stirn. Und erklärt, dass da eine Fünftageskur natürlich nicht viel ändere. „Zwei Wochen wären für Sie ideal.“ Er blickt gedankenverloren aus dem Fenster. Darf man eigentlich rauchen? Nach dem Essen, eine Havanna, zur Entspannung? Und was ist mit Rotwein? Der Kurarzt zieht die Luft ein. Er sieht sehr traurig aus.
Oberstaufen ist ganz bezaubernd! Der Ort schmiegt sich in sattgrünes Hügelland, dahinter kratzen Zackenberge an den Wolken, sehr hübsch ist das alles. Ich gehe hinüber zu „Mollywood“ und schaue mir die Sonderangebote an. Und dann zurück ins Hotel, zum Mittagessen, an die Selbstbedienungstheke. Obwohl ich ganz nah herantrete, entdecke ich nur ein bisschen Trockenobst und etwa 73 Teesorten. „Sie dürfen sich so viel nehmen, wie Sie möchten“, meint die Bedienung. Ich glaube, einen Moment des Bedauerns in ihrem Gesicht FOTO: PRIVAT erkennen zu können. 2. KURTAG: 80,2 KILO Bei einer Schrothkur bekommt man eine eiweiß und salzfreie Diät, soll sich viel bewegen und wird morgens in kalte Laken gewickelt, um Giftstoffe auszuschwitzen, wo immer die herkommen sollen. Um vier in der Früh stürmt eine Angestellte aus Kasachstan ins Hotelzimmer, und bevor man weiß, wie einem geschieht, wird man in ein nasses Laken eingeschlagen, bis man aussieht wie Tutanchamun kurz vor Sarkophagschließung. Am Ende gibt es noch einen Frotteeturban um den Kopf.
Als ich zwei Stunden später ausgepackt werde, fühle ich mich, als ob ich sieben Tage mit hohem Fieber im Bett gelegen hätte. Ganz wabbelig ist mir, ich muss mich sofort wieder hinlegen und anschließend bin ich bis halb zwölf sowas wie ohnmächtig. Und was gibt es zu Mittag? Etwas, das als „eingeweichte Dörrpflaumen im eigenen Sud“ bezeichnet wird. Da muss man sich nicht wundern, dass die Kraft später nur für eine schleppende Runde durch die Felder reicht. Ich muss öfter stehen bleiben, weil mir ganz blümerant wird. Das abendliche „Wokgemüse aus Keimlingen“ mit seinen geschätzt 137 Gramm Gesamtgewicht ändert nichts an der Situation.
3. KURTAG: 79,3 KILO
Na, da staunen Sie, oder? Bin aber auch eisern. Das Frühstück hab ich gleich mal ausgelassen, dieses Trockenfruchtzeugs wird sowieso überschätzt. Stattdessen ging es sogleich hinaus mit dem Mountainbike. Überall bimmelten zufrieden aussehende Kühe, überall winkten die CaféBedienungen dem Kurgast zu, wenn er sich kraftlos keuchend den Berg hochrackerte. Natürlich habe ich ihr Sirenengesäusel ignoriert, und natürlich gab es keinen Schwarzwaldbecher mit Sahne. Wäre ja noch schöner. Schließlich wartete im Hotel ein Kartöffelchen an frischen Kräutern.
4. KURTAG: 78,5 KILO
Heute war ich Golf spielen, gleich nach der Packung. Wurde mir empfohlen. Golf ist ein sehr anstrengender Sport. Man läuft acht Kilometer durchs Gelände, schleppt einen Sack mit Eisenschlägern und drischt hundert Mal auf einen kleinen Ball ein. Normalerweise esse ich da zwei Käsebrötchen, eine Banane und einen Energieriegel. Wie eine Runde Golf nach zwei Scheiben Knäckebrot aussieht, kann man sich da ja vorstellen. Und auch, wie viele Bälle man braucht. Die Tiere in den Auen von Oberstaufen Stefan Nink werden noch Jahre davon sprechen. ist vielfach ausgezeichneter Reisejournalist. 5. KURTAG: 77,4 KILO Seine humorvollen Ich sehe aus wie nach sieben Wochen NordseeUrlaub, der Blick hellwach, der Gang be Geschichten und schwingt, alles neu! Nachher um sechs gibt es noch ein Konzert der Staufner Alphorn haarsträubenden Reisebläser, das will ich noch mitnehmen. Mit einem Achterl Roten setze ich mich dick ver abenteuer rund um den packt auf eine Gartenliege und sehe mir an, was das frühe Nachmittagslicht mit den Globus wurden bereits in Bergen anstellt. Doch, ich mag dieses Oberstaufen, denke ich, und anschließend sinniere ich dann darüber, warum da jetzt plötzlich ein dicker Vollmond am schwarzen Himmel klebt und ein Käuzchen ruft. Ist übrigens auch ein Nebeneffekt der Schrothkur: Man 17 Sprachen übersetzt. Seinen Blog und Podcast finden Sie unter: www.tracksandtravels.com kann plötzlich unglaublich gut schlafen.