DREHBÜHNE MAGAZIN DES SALZBURGER LANDESTHEATERS
Kampftraining für die Schlacht um Orléans Tristan und Isolde im Schwebezustand Eine Choreographie entsteht Ein ganz normaler Tag mit der Regieassistentin
AUSGABE 1 SPIELZEIT 12 \13
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EIN SOMMERNACHTSTRAUM
LA TRAVIATA
WOZZECK
BEATLES
PTERODACTYLUS
MUSICA SPERANZA
EDITORIAL
EDITORIAL R
ELEMENTS
NIPPLEJESUS
und 300 Mitarbeiter zählt die Belegschaft des Salzburger Landestheaters. Eine stattliche Zahl, die manchen aber vielleicht trotzdem überraschen wird. Denn auf der Bühne selbst oder im Orchestergraben bekommt man davon als Zuschauer gerade mal ein Drittel zu sehen. Unter allen Darstellern haben Sie auch diesen Sommer wieder Ihre ganz persönlichen Lieblinge der Spielzeit 2011/2012 gewählt. Zum Beispiel Franz Supper, der bei Mozart und Berg Vielseitigkeit bewies und als Baloo im „Dschungelbuch“ ebenso beim jungen Publikum punkten konnte. Bei den Sängerinnen hatte Emily Righter ganz knapp die Nase vorn, die mit Rollen in „The Sound of Music“, „La Traviata“ und „Wozzeck“ gleich bei allen drei Stockerlplätzen der Opern-Sparte auf dem Besetzungszettel zu finden war und Salzburg inzwischen Richtung New York verlassen hat. Auch die „Beliebteste Schauspielerin“, Ulrike Walther, freut sich nach drei Spielzeiten am Landestheater nun auf neue berufliche Herausforderungen in Meiningen, allerdings nicht ohne sich mit einem herzlichen „Danke“ von „ihrem“ Salzburger Publikum zu verabschieden. Weiterhin freuen dürfen Sie sich hingegen auf die Auftritte von Sebastian Fischer, Ihrem „Beliebtesten Schauspieler“, der bereits eifrig für das Projekt „Wir gründen eine Bank“ probt. Und wer weiß, vielleicht löst diese Inszenierung ja „Das weite Land“ als „Beliebteste Produktion“ ab. Wer sich beim Ballett in die Herzen des Publikums getanzt hat und welche Junges Land-Produktion beim Nachwuchs den meisten Anklang gefunden, verraten wir noch nicht. Das erfahren Sie anlässlich der Premieren von „Momo“ und „Marie Antoinette“. Nicht vergessen werden sollen darüber allerdings die vielen fleißigen Hände, deren Arbeit diese Darbietungen überhaupt erst möglich machen. So berichtet die „Drehbühne“ auch regelmäßig über die zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die hinter der Bühne, in den Werkstätten oder der Verwaltung dafür sorgen, dass Sie in der laufenden Saison wieder 29 Produktionen im Landestheater und den übrigen Spielstätten des Hauses erleben können. Welche Vorbereitungen müssen zum Beispiel getroffen werden, um für „Tristan und Isolde“ die Bühne im Haus für Mozart unter Wasser zu setzen? Wieviel Blut, Schweiß und Tränen wurden bei den Vorbereitungen auf die Schlacht um Orléans vergossen? Und wer ist eigentlich der Mann, der die Darsteller ins rechte Licht rückt? Das alles und noch einiges mehr können sie auf den folgenden Seiten lesen.
DER RING DES NIBELUNGEN Tobias Hell 3
INHALT 03 Editorial 04
So funktioniert…
Schweben über dem Wasser
06 Tristan und Isolde Ewig einig ohne End! 08
Die Jungfrau von Orleans Die Kunst des Bühnenkampfs
10 Ein ganz normaler Tag… Mit der Regieassistentin 12 O blinde Augen! Drei Frauen 13 14 16 18 20
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Drei Männer
Marie Antoinette Ein Ballett entsteht
Vom Wert des Menschen
Gedanken zum Themenschwerpunkt
Bürger auf die Bühne Theater zum Mitmachen
Mein Mozart
Stimmen aus dem Ensemble
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Blöde Herzen
Im Portrait Eduard Stipsits
Hör ich das Licht?
Beleuchtung kurz und bündig
Die Rampensau
25 Termine
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SCHWEBEN
SO FUNKTIONIERT´S
ÜBER DEM WASSER
Auf der Suche nach einer neuen, eigenen Bildsprache für Wagners „Tristan und Isolde“ warten Eike Gramss und Christian Floeren mit einer überraschenden Lösung auf. Was es mit den Flammen schlagenden Theatereffekten auf sich hat, das konnten Sie an dieser Stelle ja bereits lesen und darüber hinaus das pyrotechnische Knowhow unserer Kollegen gerade in der „Jungfrau von Orleans“ wieder mit eigenen Augen bestaunen. Ähnlich wie einst für Tamino und Pamina in der „Zauberflöte“ stand nun aber auch für die Crew des Landestheaters nach der Feuer- gleich noch eine Wasserprobe an, bei der nicht nur die Kräfte aller Abteilungen gebündelt, sondern auch die Bühnentechniker eigens mit neuen Gummistiefeln ausgerüstet wurden. Denn für die Neuproduktion von Wagners „Tristan und Isolde“ fluten Regisseur Eike Gramss und Ausstatter Christian Floeren kurzerhand die Bühne im Haus für Mozart. Ganze 240 Quadratmeter Teichfolie wurden dafür verlegt, um die 7000 Liter Wasser zu halten und die sensible Untermaschinerie zu schützen. Denn genau wie Feuer birgt auch das Wasser seine ganz eigenen Risiken, weshalb sich Bühnenbildner sonst beim Spiel mit den Elementen oft und gerne diverser Theatertricks bedienen. Wie zum Beispiel die Wellenmaschinen des Barocktheaters, bei denen gegenläufig drehende Walzen wilden Seegang simulierten, während im Inneren der Figuren emotionale musikalische Sturmfronten aufzogen. Sicher hat auch „Tristan und Isolde“ allein durch den Schauplatz des ersten Aufzuges, ein über dem Wasser schwebendes Schiffsdeck, einen eindeutigen Bezug zum Meer. Doch Gramss und Floeren sehen den Einsatz von echtem H2O trotzdem keineswegs als Naturalismus, sondern als eine Metapher für den Urzustand des Lebens, die sich durch die gesamte Inszenierung zieht. Zusätzlich wird es durch seine Lichtreflexionen und die sich in ihm spiegelnden Bilder gewissermaßen selbst zu einem Mittel der Verfremdung. Wodurch ein ebenso stimmungsvoller wie symbolträchtiger Rahmen für das von Friedrich Nietzsche als „Opus Metaphysikum der Liebe“ bezeichnete Musikdrama geschaffen wird.
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EWIG EINIG OHNE END! „Tristan und Isolde“, ein Meilenstein nicht nur im Schaffen Richard Wagners. Nichts war nach der Uraufführung dieser „Handlung in drei Aufzügen“ mehr wie zuvor. Mit seinem Musikdrama lotete Wagner die Grenzen der Tonalität neu aus und bereitete so den Boden für nachfolgende Generationen von Komponisten. Doch nicht nur damit verweigerte sich der Dichterkomponist den Konventionen seiner Zeit.
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it Vorliebe nannte Richard Wagner seine Werke als „ersichtlich gewordene Taten der Musik“. Und nirgendwo in seinem kompositorischen Schaffen traf diese Bezeichnung eines Bühnenstücks besser zu als bei seinem Musikdrama „Tristan und Isolde“. Die Gattungsbezeichnung „Handlung“, die eine wortwörtliche Übersetzung des griechischen Begriffs „Drama“ ist, bezieht sich sowohl auf den Text des Librettos, als auch auf die Partitur, die ihren Ausdruck in der proxemischen Narration des Bühnengeschehens, der Inszenierung eines Dramas, wiederfinden. „Tristan und Isolde“ bildet nicht nur im Kontext von Wagners Leben, sondern 6
auch innerhalb seines musikalischen Œuvres, eine markante Zäsur. Die Arbeit an „Siegfried“ wurde unterbrochen, sein Liebesleben, oft von kurzlebigen Liebeleien begleitet, lag in Trümmern. Mit seiner ersten Ehefrau Minna lebte er bereits getrennt und auch die sich neu anbahnende Beziehung zur Frau seines Freundes, des Dirigenten Hans von Bülow, war für den bereits im schweizerischen Exil lebenden Wagner kein Hindernis, sich in die Affäre mit Mathilde, der Frau seines Mäzens Otto Wesendonck zu stürzen. Für die Komposition des zweiten Aufzugs, der den Kern des „Tristan“-Handlung und gleichzeitig den dramatischen Wendepunkt darstellt, begab sich Richard
Wagner nach Venedig, an einen Ort ohne „Fuhrwerklärm“. Nur dort konnte es ihm mitten in der Schaffens- und Persönlichkeitskrise gelingen, die zentrale Szene des Stücks, die „Nacht der Liebe“ – die mit ihren knapp 40 Minuten Länge das mit Abstand größte Liebesduett der Opernliteratur darstellt – überhaupt zu Papier zu bringen. Die musikalischen Kaskaden des orchestralen Zwischenspiels zum zweiten Aufzugs, die ihr Pendant im Lied des jungen Seemanns im ersten sowie in der auf dem Englischhorn vorgetragenen „Alten Weise“ im dritten Aufzug finden, stellen ein expressiv-nervöses und erwartungsvolles Entrée zum dramaturgischen Gipfel des Stücks dar. Der abgeschiedene Waldgarten
TRISTAN UND ISOLDE
Cornwalls steht als Natur-Ort abseits der gesellschaftlichen Klischees und funktioniert somit als rechtliche aber auch als sittliche Grauzone. Die Begegnung des Liebespaares soll hier ihre lang ersehnte Erlösung im gemeinsamen Liebestod finden. Dabei bleibt zwischen Tristan und Isolde vieles unausgesprochen und der Text des Librettos deutet auf verschiedene Liebeskonzepte beider Protagonisten hin. Er bewegt sich zwischen Isoldes Zweifeln und Tristans Entschlossenheit, aus der grausamen Tages-Welt – einer starren Welt der gesellschaftlichen Muster und Rollen – in das erlösende „Wunderreich der Nacht“ zu scheiden. (Isolde: „So stürben wir, um ungetrennt...“ - Tristan: „So starben wir um ungetrennt...“). Das, was Tristan will und Isolde nur ahnt, weiß die Musik bereits und offenbart es im Liebesgesang „O sink hernieder“ als „tönendes Schweigen“. In diesem Amoroso-Satz in As-Dur wird mittels einer schwebenden, sich der Tonika verwehrenden Harmonik dem harmonischen Verständnis des Zuhörers in scheinbar endlosem Gefühlsrausch einfach der Boden entzogen. Diffuser Rhythmus in rauschenden Triolen und Synkopen erzeugt eine Art Schwebezustand, in dem Tristan und Isolde im Zwiegespräch die Moral jener Epoche, vor allem aber deren christliche Vorstellung zum Einsturz bringen. Und nicht nur das. Richard Wagner zerschmettert mit dieser Szene die bislang gängige Dramaturgie eines Liebesduetts als Konflikt zweier Lebenskonzepte und beeinflusst maßgeblich die weitere Entwicklung der Gattung. Die gewaltige dramatische Wirkung dieses Zwiegesangs wird in der nachfolgenden Szene nochmals verstärkt. Das Erscheinen von König Marke und des Verräters Melot mag auf den ersten Blick als überflüssig und zudem für den Handlungsverlauf äußerst retardierend
«O ew’ge Nacht, süße Nacht! Hehr erhabne Liebesnacht! Wen du umfangen, wem du gelacht, wie wär’ ohne Bangen aus dir er je erwacht? Nun banne das Bangen, holder Tod, sehnend verlangter Liebestod! In deinen Armen, dir geweiht, urheilig Erwarmen, von Erwachens Not befreit! Wie sie fassen, wie sie lassen, diese Wonne. Fern der Sonne, fern der Tage Trennungsklage!» Tristan und Isolde
erscheinen. Doch in dieser Szene konfrontiert Wagner nochmals kongenial die Musikdramaturgie des Liebesduetts mit den damals gängigen gattungsspezifischen Konventionen. Es ist Tristan, der sich in das Schwert Melots wirft. Jenes Schwächlings an der Seite Markes, der angetrieben durch seine Eifersucht auf Tristan als Günstling des Königs auch vor dem Freundesverrat nicht zurückschreckt, von allein jedoch zu solch entscheidender Tat gar nicht fähig wäre. Vielmehr erscheint dieses fatale Ereignis als Schlussfolgerung der Motivation Tristans, der sich die Bestätigung seiner Entscheidung nochmals bei Isolde erfragt: „Wohin nun Tristan scheidet, willst du, Isold‘, ihm folgen?“ Zwischen den Lebenskonzepten der „Nachtgeweihten“ Tristan und Isolde und den „Tagesknechten“ Marke, Melot, Kurwenal und Brangäne reißt von nun an eine Kluft auf, deren Unüberbrückbarkeit im Schlussgesang des dritten Aufzugs in aller Deutlichkeit hervortritt und in der überwältigenden Katharsis von Isoldes Verklärung mündet. Durch die Aufhebung der klassisch aufgebauten Harmonik erfand Wagner in seinem „Tristan“ eine eigene und für die damaligen Verhältnisse vollkommen revolutionäre musikalische Sprache, die das Drama sowohl als „das aus unserem schweigenden Innern zurückgeworfene Spiegelbild der Welt“ (Brief Wagners an H. von Stein, Venedig, 31. Januar 1883) als auch als Reflektion unseres in den weltlichen Erscheinungen gespiegelten Inneren erschienen ließ. Die originelle und innovative Musikdramaturgie des Liebesduetts von „Tristan und Isolde“ zeigt, welch‘ eine außerordentliche und einzigartige Stellung innerhalb der Opernliteratur Wagners Musikdramas einnimmt. Robert Bayer
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Mit seiner „Jungfrau von Orleans“ schuf Schiller ein wortgewaltiges Drama, das sich mit Fanatismus und Gewaltbereitschaft auseinandersetzt. Und wo die Worte versagen, spricht das Schwert. Für die spektakulären Kampfszenen musste daher ein intensives Kampftraining absolviert werden, für die ein guter alter Bekannter nach Salzburg zurückkehrte.
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n der Spielzeit 2010/2011 war er noch selbst in „Kiss me, Kate“ als leidgeplagter Vater der widerspenstigen Katharina auf der Bühne des Landestheaters erleben. Zum Auftakt der neuen Saison konnte man Volker Ullmann nun allerdings in einer anderen Funktion kennenlernen. Neben seiner Arbeit als Schauspieler zählt der Hamburger nämlich ebenfalls zu den gefragtesten Bühnenkampftrainern im deutschsprachigen Raum. Für die neue Salzburger „Jungfrau von Orleans“ schuf Volker Ullmann gemeinsam mit Regisseur Klaus Hemmerle eine Reihe effektvoller Kampfszenen, für die das Ensemble sechs Wochen lang zweimal täglich den richtigen Umgang mit Lanzen, Schwertern und Dolchen erlernte. Dramaturg Tobias Hell hat sich auf der Probe mit ihm unterhalten. 8
Wie kam es zum Schritt vom Schauspieler zum Kampfchoreographen? Ich studierte an der Westfälischen Schauspielschule in Bochum, wo ich u. a. einen sehr guten Fechtlehrer hatte, der das Fach Bühnenfechten so attraktiv machte, dass ich Spaß am Kämpfen bekam. Als ich neben der Schauspielerei ein zweites Standbein suchte, kam ich wieder auf das Fechten und habe in London Spezialkurse belegt, um mich weiterzubilden. Die Engländer waren uns damals nämlich in der Hinsicht weit voraus. Was war die erste Produktion, die Sie als Fechtmeister betreut haben? Das waren gleich „Die drei Musketiere“. Ein Paradestück für Bühnenkampf. Ein Schauspieler, der den D’Artagnan spielen
wollte, bat mich ihn zu trainieren, dabei kam die Idee auf, mich dem Regisseur auch als Kampfchoreograph vorzustellen. Ich wurde engagiert und am Schluss waren es dann elf Kämpfe und es wurde ein riesiger Erfolg. Nachdem es zu der Zeit in Deutschland noch nicht wirklich viele Kampftrainer gab, kam dann ein Angebot nach dem anderen und ich bin langsam immer mehr in diese Schiene hineingerutscht. Wie viel Arbeit steckt konkret in einer Kampfszene? Das hängt immer von der Produktion ab. Hier am Landestheater hatte ich zum Glück genügend Zeit für die Einstudierung der Kämpfe. Dies ist nicht an jedem Theater selbstverständlich. Zuerst wird den Darstellern die Technik des Bühnenkamp-
AUF DER PROBE
VOLKER ULLMANN Als ausgebildeter Schauspieler war Volker Ullmann unter anderem am Theater in Bochum und am Hamburger Thalia Theater engagiert. In London absolvierte er zusätzlich eine Ausbildung als Bühnenfechtmeister, der bis heute zahlreiche Inszenierungen folgten. So etwa am Staatstheater Saarbrücken, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg oder an der Wiener Staatsoper. 1986 gründete er die „Stage School of Dance and Drama“ und 1991 den Ullmann Verlag für Film, Fernsehen und Theater. Seit 1994 ist er auch als Theater- und Drehbuchautor tätig. Gemeinsam mit dem Autor Thomas Finn schrieb Volker Ullmann das Textbuch für das Musical „Fluch der Piraten“ sowie die Theaterstücke „Robin Hood, König von Sherwood Forest“ und „D'Artagnans Tochter & die drei Musketiere“, bei deren Uraufführung erneut sein Wissen als Fechtmeister gefragt war.
DIE KUNST DES BÜHNENKAMPFS fes vermittelt, dann folgt die Einstudierung der Choreographie, die man vorher erarbeitet und mit dem Regisseur abgestimmt hat. Generell besteht ein Gefecht immer aus verschiedenen Sequenzen, die manchmal nur zwei bis drei kurze Bewegungsabläufe beinhalten. Die zusammengesetzten Sequenzen bilden den Kampf mit Einleitung, Hauptteil und Finale. Gab es im Ensemble schon erfahrene Kämpfer? Einige Schauspieler hatten schon Grundkenntnisse, auf denen man gut aufbauen konnte. Fechten ist wie Fahrrad fahren. Das verlernt man nicht. Es hat mich beeindruckt, wie das Ensemble mit Enthusiasmus und großer Disziplin bei der Erstellung der Kämpfe mitgearbeitet hat. Während
der Proben lernt man das Potential der einzelnen Darsteller kennen, das man dann in der Choreographie berücksicht. Voraussetzung aber für ein gutes Gefecht ist vor allem Körperbewusstsein. War es schwierig, das Vertrauen der Darsteller zu gewinnen? Eigentlich gar nicht, denn die Technik des Bühnenkampfes behält in höchstem Maße die Sicherheit im Auge, damit nichts ins Auge geht! Und erst danach kommt die „Show“. Das wurde bei den Proben immer ganz klar angesagt, deshalb ist jeder Kampf bis in die kleinste Bewegung hinein durchdacht und genauestens choreographiert. In welchem Verhältnis stehen Schauspiel und Kampfchoreographie?
Das Kämpfen mit der Waffe muss aus einer dialogähnlichen Folge von Angriffen und Verteidigungsmaßnahmen bestehen, die einander logisch ergänzen, so wie bei einer Schauspielszene eine Auseinandersetzung aus Rede und Gegenrede besteht. Vor der Entstehung einer Kampfchoreographie ist es natürlich sehr wichtig, sich mit dem Regisseur abzusprechen, wie er die Figuren zueinander in Beziehung setzen will. Mehr noch als bei einer Schauspielszene muss bei der Kampfszene der Schauspieler ganz auf seinen Partner eingehen und seine Bewegungen aufnehmen, weil er sonst Gefahr läuft, den Partner zu verletzen oder selbst verletzt zu werden. Über die Qualität des Kampfes entscheidet letztendlich der kämpfende Darsteller. 9
EIN GANZ NORMALER TAG...
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ALS REGIEASSISTENTIN
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FRAUENPOWER
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Drei große Frauenschicksale bestimmen quer durch die Sparten den Spielzeitbeginn des Landestheaters. Auch, wenn offiziell nur zwei von ihnen allein im Fokus stehen. Wagners Isolde muss sich bekanntermaßen den Titel der nach ihr benannten Oper mit ihrem Tristan teilen. Was im Theateralltag gerne mal vergessen wird, wo sich das monumentale Musikdrama des Bayreuther Meisters im Sprachgebrauch einfach nur als „Tristan“ eingebürgert hat. Fair erscheint dies nicht! Denn selbst wenn die männliche Titelpartie mit Fug und Recht zu den schwersten des Repertoires zählt, handelt es sich eben doch nicht um eine One-Man-Show. Egal, wie gut er sich schlägt, gehört das letzte Wort am Ende doch Isolde, deren „Liebestod“ das jäh unterbrochene Duett des zweiten Aktes zum Abschluss bringt. Und trotzdem hat die „Diskriminierung“ eine lange Tradition, die schon in Wagners Text anklingt. So muss die irische Prinzessin ihren Ritter in der gemeinsamen Liebesnacht erst einmal 12
erinnern: „Doch unsre Liebe, heißt sie nicht Tristan und – Isolde? Dies süße Wörtlein: und.“ Ein Wort, das man keineswegs vergessen sollte, denn letzten Endes ist und bleibt Isolde die treibende Kraft der Geschichte. Sie ist es, die in ihrer Erzählung die Vorgeschichte noch einmal aufrollt, die ihrerseits unübersehbare Parallelen zur „Jungfrau von Orléans“ aufweist. Denn auch Johanna wird sich im dritten Aufzug von Schillers Tragödie in einer ähnlichen Situation wie Isolde wiederfinden und es nach einem tiefen Blick in Lionels Augen nicht übers Herz bringen, den geliebten Feind zu töten. Anders als ihrer Schwester im Geiste bleibt Johanna jedoch der verklärte „Liebestod“ versagt. Sie wird keineswegs „besiegt, verraten und verkauft“, wie es die französische Feministin Cathérine Clement den meisten Opernfrauen nachsagt. Schiller erlöst seine Titelheldin schon im Prolog aus der Passivität, lässt sie gegen den Vater aufbegehren und den Bräutigam in spe ebenso abblitzen wie die Verkupplungsversuche des schwachen Königs, um stattdessen mit den Männern in die Schlacht zu ziehen. „Und ihr seht in mir nichts als ein Weib?“, lautet Johannas legitime Frage, als man sie trotz militärischem Sieg zurück in
die klassische Rolle der Ehefrau drängen will. Dafür bog der Autor sogar bereitwillig einige historische Tatsachen zurecht. Denn während die echte Jeanne d’Arc nie selbst ein Schwert in der Hand hielt, wird sie bei Schiller zur mitleidslosen Amazone, die vor nichts zurückschreckt, um ihre Mission zu erfüllen. Von derartigen Sympathien, wie sie Schiller für „sein Mädchen“ Johanna hegte, konnte Marie Antoinette dagegen nur träumen, die bis zu ihrem Tod den Hass einer ganzen Nation auf sich zog. Wie Isolde hat auch sie in der Auswahl ihres Zukünftigen nicht unbedingt ein Wörtchen mitzureden und wird der politischen Raison gehorchend verheiratet, um die Beziehungen zwischen ihrer österreichischen Heimat und Frankreich zu festigen. Wo aber Isolde und Johanna in ähnlicher Situation zum Schwert greifen, lernt Marie nach kleineren Anfangsschwierigkeiten das höfische Spiel zu spielen und stürzt sich in ein Leben voller Luxus und Verschwendung. Gut gehen kann das zu Zeiten der französischen Revolution aber wohl auch nicht lange. Tobias Hell
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DREI MÄNNER,
EIN BLICK!
„O blinde Augen! Blöde Herzen“ – ja, wenn’s um Liebe geht, hat der Verstand nichts mehr zu melden. Und deshalb ist die Liebe eines der liebsten Themen des Theaters. In der neuen Spielstätte des Salzburger Landestheaters, der Bühne 24 im Marionettentheater, verkörpern Gabriel Barylli, Alfons Haider und Sascha Oskar Weis alias Peter Steiner, Stefan Kowalski und Martin Sterneck drei Facetten des Prinzips Mann und befragen dessen Möglichkeit(en), ein Leben mit dem Prinzip Frau zu führen. Wie sieht es aus bei ihren „Kollegen“ Lionel, Tristan und Ludwig XVI? Gibt es ein funktionierendes Lieben zwischen Mann und Frau? Für Johanna von Orleans bedeutet der Blick in Lionels Augen den Bruch mit allen Werten, die ihr bis dahin heilig waren: sich keinem Mann hinzugeben und einem aus dem Feindeslager erst recht nicht. Doch was hat Lionel eigentlich aktiv dazu beigetragen, der von Johanna besiegte Engländer, dessen reiner Augenaufschlag die Kämpferin im Nu besiegt hat? Und was trägt er zu einem Lebensentwurf mit der Geliebten an seiner Seite bei?
Auch Isolde genügt ein Blick in die Augen des freien Mannes, der verletzt in ihre Gewalt geraten ist. Sie erkennt in ihrem Patienten Tantris schnell Tristan, der ihren Verlobten Morold im Kampf getötet hat, und doch pflegt sie seine Wunden, heilt ihn liebend gesund. Er aber führt sie seinem „müden König“ Marke als Braut zu! Ist er kalt? Will er Isolde in den höchsten Stand erheben? Merkt er nicht, dass sie den nur an seiner Seite erleben würde? „Mir erkoren, mir verloren, her und heil, kühn und feig!“ Da hilft nur noch Zauberei, ein Liebestrank, von der Dienerin statt des erbetenen Todestrankes verabreicht, der dem Helden den Mut gibt, seine Liebe zu gestehen, auf dass sie herabsteigt, die „Nacht der Liebe“, die doch der Dämmerung des Alltags mit seinen gesellschaftlichen Konventionen weichen muss. Isolde kann nur im Tod Hoffnung finden: „In des Welt-Atems wehendem All – Ertrinken, versinken – Unbewusst – höchste Lust!“ Es scheint so, als ob die starken Frauen Johanna und Isolde die kühnen Helden Lionel und Tristan im Bereich der Gefühlswelt einschüchtern, ihre männliche Handlungskraft in Schockstarre versetzen.
Schade eigentlich. Und wie steht Ludwig zu Marie Antoinette, dem österreichischen Kind, das ihm aus politischen Zwängen als Lebenspartnerin an die Seite gestellt wird, ohne auf diese Aufgabe vorbereitet zu sein? Eine Ehe, so unerhört öffentlich, wie man es sich kaum denken kann, eine Verbindung unter ständiger Beobachtung, die einzig dem Zweck dient, durch möglichst schnellen Kindersegen zwei Völker miteinander zu verbinden? Hätten Ludwig und Marie Antoinette unter besseren äußeren Bedingungen gemeinsam eine Chance gehabt, ihren politischen Einfluss positiv zu nutzen, wäre die Französische Revolution unterblieben, wenn die ungeliebte „Autrichienne“, die Österreicherin, weniger verschwenderisch an der Seite des Königs gelebt hätte? Die Liebe ist eine Himmelsmacht - ganz ohne Wertung - und Männer und Frauen können sich zu Großem beflügeln, ein stilles Leben in Glück erleben oder sich in den Untergang treiben. Auf dem Theater sprechen wir gelegentlich von den ganz Glücklichen (dann ists die eher heitere Version mit Happy End) oder, überwiegend, von den ganz Unglücklichen. Friederike Bernau
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AUS DEN BÜCHERN AUF D
Die große Stärke von Choreograph Peter Breuer ist das Geschichtenerzählen. In dieser Spielzeit hat er sich dafür mit „Marie Antoinette“ erneut einer schillernden Frauenfigur angenommen. Doch von der Idee ersten zum fertigen Ballettabend liegt ein weiter Weg. Produktionsdramaturgin Maren Zimmermann wirft mit uns einen Blick hinter die Kulissen.
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Häufig wird mir die Frage gestellt, wie ein Ballettabend wie „Marie Antoinette“ eigentlich entsteht. Nun, zunächst mit viel Kaffee, einem Stapel Büchern und langen Gesprächen. Nach der Lektüre diverser Biografien und einer kleinen Auffrischung der eigenen Geschichtskenntnisse gab es ein erstes Treffen von Peter Breuer, dem Bühnenbildner Dorin Gal und mir. Und ein langes Gespräch über die Frage, warum eigentlich ausgerechnet diese Königin bis heute eine so große Faszination ausübt und aus welcher Perspektive wir ihre Geschichte erzählen wollen. Die Person der Marie Antoinette ist eine perfekte Projektionsfläche, die von ihren Verehrern als ein Opfer der politischen Umstände und von ihren Gegnern als eine skrupellose, vergnügungssüchtige Vertreterin einer zurecht entmachteten Schicht angesehen wird. Eine Interpretationsspanne, die Lust macht, sie als Figur auf die Bühne zu stellen. Im ersten Gespräch kristallisierten sich schnell zwei Themen heraus. Zum einen, dass wir es uns nicht anmaßen möchten, zu urteilen über ein 14-jähriges Mädchen, das von einem Tag auf den andern zu einer der öffentlichsten Personen Frankreichs wurde. Bewegt hat uns eher die Tatsache, dass sie eine Führungspersönlichkeit sein sollte zu einem Zeitpunkt, wo ihre Persönlichkeit noch gar nicht gefestigt sein konnte. Und zum anderen, dass sie ab dem Tag, als sie den französischen Hof betrat kein Privatleben mehr hatte. Vom morgendlichen Ankleideritual bis zum nächtlichen Geschehen in ihrem Schlafzimmer stand
BALLETT
DIE BÜHNE WIE EIN BALLETT ENTSTEHT alles unter (zunehmend bösartiger) Beobachtung. Daran hat sich eigentlich bis heute nichts geändert: Wie viele Medien leben ausschließlich von unserer Lust am Voyeurismus, unserer Gier nach intimen Details aus dem Leben Prominenter und unserer Schadenfreude bei deren Scheitern. Gleichzeitig wünschen wir uns das vermeintlich sorglose Leben in Luxus, das damals Marie Antoinette zu führen schien.
Von der Theorie zur Praxis
Bei einem weiteren Treffen kam der Filmemacher Peter Schreiner zum Team hinzu. Peter Schreiner, der Videos für die Aufführung kreiert, lässt die Welt von heute und im Kontrast unseren Traum von der Luxuswelt der Marie Antoinette aufleben. Nach diesen beiden Gesprächen im ganzen Team gingen die Beteiligten in ihre „Werkstätten“. Peter Breuer und ich arbeiteten in Salzburg an einem detaillierten Plot und entwickelten Szene für Szene die Geschichte. Dorin Gal entwarf an der Ostsee den Bühnenraum und die Kostüme. Beides hat im Ballett besondere Anforderungen. Natürlich muss die Atmosphäre des jeweiligen Ortes klar sein, gleichzeitig müssen die Tänzer genügend Raum für ihre Bewegungen haben. Das gilt genauso für die Kostüme, die eine Zeit spiegeln sollen, die verrückt nach opulenter Mode war. Aber natürlich müssen sich die Tänzer frei bewegen können. Dank der modernen Technik bekamen wir nicht nur von Dorin Gal erste
Entwürfe über einen Internetaccount zu sehen, auf den das ganze Team Zugriff hat, auch Peter Schreiner stellte in Wien immer wieder Videosequenzen ein. So blieben wir mit der Arbeit der anderen bis zum nächsten gemeinsamen Treffen in Kontakt. Parallel zur Entwicklung der Geschichte machte sich Peter Breuer auf die Suche nach geeigneten Musiken für den Abend. Also in diesem Fall zuerst die Geschichte, dann die Musik. Die Musik legt den Schwerpunkt auf französische Komponisten, neben heutigen hauptsächlich aus der Zeit Marie Antoinettes. Zum Beispiel sind wir auf ihren Hofkomponisten Johann Ludwig Dussek gestoßen, der nach ihrem Tod zu ihren Ehren sogar einen Klavierzyklus komponierte: The Sufferings of the Queen of France. An unserem Abend ist er allerdings mit einem anderen Werk vertreten. Ab diesem Zeitpunkt vervollständigte Eduardo Boechat das Team. Der in Rio de Janeiro ansässige Musiker und Komponist, von Peter Breuer regelmäßig per Skype kontaktiert, arrangiert die Musik, wie er es schon für „Elements“ getan hat. Schon längst hat natürlich die Arbeit im Ballettsaal begonnen und die eine oder andere Änderung ergibt sich dadurch, dass die Figuren durch die Tänzer für uns nun lebendig und zu Persönlichkeiten werden. Für das Team ist jede Produktion eine Abenteuerreise und erst am Premierenabend können wir wirklich sehen, ob all das, was durch unsere Köpfe gegangen ist, auch auf der Bühne erlebbar wird.
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VOM WERT DES MENSCHEN Auch, wenn sich die wirklich wichtigen Dinge im Leben nicht mit Gold aufwiegen lassen, die alte Wahrheit bleibt doch bestehen: Geld regiert die Welt!
Ein großes Projekt steht auf dem Spielplan des Landestheaters. In jeder Hinsicht spannend ist der theatrale Versuch, der globalen Geldkrise und der verzweifelt hilflosen Unzufriedenheit der Menschen mit dem Bankenwesen, dem Finanzsystem, der schreienden Ungerechtigkeit, dass „oben“ verzockt wird, was „unten“ hart erarbeitet und erspart wurde, zum Thema des Theaters zu machen. Aber muss man gleich eine Bank gründen wollen? Haben wir nicht mit Brechts Frage „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ gelernt, diesbezüglich lieber recht skeptisch zu sein? Was ist Geld eigentlich? In der Nachfolge des Tauschgeschäftes von Naturalien zunächst wertvolles Metall, später ein papierener Wertgutschein, heute meist virtuelles Guthaben, das via Plastikkarten 16
transportiert und getauscht wird. Geld ist der Wert unserer Arbeit und gewährt uns eine einfache oder luxuriöse Lebensweise. Und die meisten von uns streben danach, immer mehr davon zu haben, weil wir persönliche Vorzüge, Sicherheit, Macht, Ansehen damit verbinden. Die wenigen, denen Geld egal zu sein scheint, gelten als exotisch, als religiöse Spinner, als Träumer. Die konkreten Utopien des Sozialismus und des Kommunismus haben in den zuletzt praktizierten Versuchen als Alternative nicht standgehalten, geht jetzt der Kapitalismus zu Grunde? Für das Projekt „Wir gründen eine Bank“ sollen konkrete Utopien entwickelt und überprüft werden. Haben Theaterleute Wirtschaftswissenschaftlern und Politikern tatsächlich machbare Visionen voraus?
Wahrscheinlich nicht. Also gilt es zunächst, schon Gedachtes kennenzulernen, selbst zu denken, Position zu beziehen. Und da gibt es Erkenntnisse, die nicht neu, aber doch schockierend sind: Nur noch ca. 5 % Realwirtschaft stehen ca. 95 % Spekulationsgeschäften gegenüber und dass jede Finanzkrise aus der Spekulation resultiert, ist eine Weisheit, die schon die Spatzen von den Dächern pfeifen. Wieso hört sie niemand? Aber wie könnte man’s besser machen? Die Globalisierung mit ihrer Anonymisierung, mit dem nicht mehr Nachvollziehbaren steht als großer Schwarzer Mann schnell auf dem Plan, man denkt über regionale Lösungen nach. Was sollte sie denn können, eine Salzburg-Währung beispielsweise? Ein „Salzburger“ oder „Salzburgtaler“? Vielleicht könnte das eine Rabattkar-
HINTERGRUND
te für in Salzburg lebende Menschen sein, die die vielen individuellen Rabattsysteme der einzelnen Unternehmen auf einer Karte zusammenfasst. – Immerhin wäre das praktisch (nur eine Karte im Geldbeutel, nicht zig verschiedene) und würde die Bürger einer von starkem Tourismus geprägten Stadt entlasten. Hm. Wie sieht es eigentlich mit dem alten Prinzip des Tauschens aus? Abgesehen davon, dass es auch eine Tauschbörse in Salzburg schon gibt, wird der Gedanke neu durchgespielt. Gut: Leistung gegen Leistung. Ich kann ein Fahrrad reparieren – du singst ein Lied für mich? Jede Leistung ist grundsätzlich gleich viel wert – geht das so? Oder geht es um Zeiteinheiten? Also 5 Minuten Arie gegen 5 Minuten Computer konfigurieren? 5 Minuten Zahnziehen gegen fünf Minuten Straßenkehren? Stopp. Da sind wir ganz schnell bei den Grauen Herren von der Zeitsparkasse. Die schwatzen den Menschen ihre Zeit ab, lehren sie, immer mehr zu arbeiten, um immer mehr Zeit ansparen
zu können. Deshalb: Keine Kaffeekränzchen mehr, nicht mit der alten Dame im Rollstuhl plaudern, nicht zu Momo ins Amphitheater gehen, obwohl die so gut zuhören kann, wie niemand sonst und Streit schlichtet durch ihre bloße Anwesenheit … Gut, dass Michael Ende seiner Heldin Momo auch den Mut verliehen hat, gegen eine erkannte Gefahr tapfer vorzugehen. Und so gewinnt wenigstens hier durch das Engagement eines kleinen Mädchens eine Gruppe von Nachbarn und Freunden ein Stück gelassene Lebensqualität zurück. Und das gelingt sicher vor allem deshalb so gut, weil Momo zu diesen wenigen oben schon genannten Ausnahmemenschen gehört, denen Gut und Geld nichts bedeutet, das Zusammensein mit Menschen, das Geschichtenerzählen, das Engagement für andere alles. Aber welche Bedeutung hat das Geld tatsächlich im Beziehungskreislauf des Menschen? Oder: Was sagt unser Bankkonto über unseren Wert aus? Was passiert
eigentlich mit mir, wenn mein Land pleite geht und an Investoren verkauft wird? Bin ich Bestandteil der Konkursmasse meines Landes? Macht es dann einen Unterschied, ob ich Geld auf dem Konto habe oder arbeitslos bin? Kann ich mich freikaufen durch Geld oder soziale Leistungen – und was heißt überhaupt „frei“? In der Farce „Sale“ von Georg Heinzen wird dieser Fall in all seinen absurden Spielarten untersucht und hinterlässt doch das beklemmende Gefühl, die Realität könnte gerade wieder einmal die absurdeste Vision eines Dichters von rechts überholen. Was kann Theater also in solchen Zeiten? Es will, mit all seinen sinnlichen Mitteln, zum Denken einladen (denn „Das Denken gehört zu den größten Vergnügungen der menschlichen Rasse“ – wieder Bertolt Brecht) und es kann, das ist eine seiner vornehmsten Aufgaben, dem Unausgesprochenen, dem scheinbar Unaussprechlichen, seine Stimme verleihen. Und damit das Schweigen brechen.
«Als ich jung war, glaubte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Jetzt, wo ich alt bin, weiß ich, daß es das Wichtigste ist.» Oscar Wilde
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BÜRGER AUF DIE BÜHNE THEATER ZUM MITMACHEN Die Bürgerbühne Salzburg lädt seit der Spielzeit 2010/2011 spielfreudige Salzburgerinnen und Salzburger ein, selbst auf der Bühne zu stehen. Im Rahmen von Festivals geben unterschiedliche Formate – Inszenierungen, Forumtheater, Aktionen oder auch nur Workshops – Gelegenheit, das Theater, noch mehr als bisher, als Ort des kreativen Miteinanders und Diskurses zu erleben. Die Menschen sind aufgerufen ihre Erfahrung, ihr Selbst ins Theater einzubringen und dieses aus neuer Perspektive zu betrachten. Um gemeinsam zu erkunden, wie sie sich die Zukunft vorstellen, welche Wünsche, Träume und Utopien sie in sich tragen. Die Bürgerbühne Salzburg möchte künstlerische und inhaltliche Akzente gegen existentielle Ungerechtigkeit zu setzen, einen Treffpunkt des Diskurses und der gesellschafts-politischen Konfrontation bereit stellen. Wie kann man gesellschaftspolitische Probleme theatral und künstlerisch aufbereiten? Das Theater soll als Transportmittel für Gedanken, Emotionen und Utopien eines jeden erprobt werden. 18
Selber auf der Bühne stehen anstatt einfach nur zuzusehen. So lautet das Motto der Salzburger Bürgerbühne, die sich immer wieder aktuell relevanten Themen widmet und damit das Repertoire des Salzburger Landestheaters sinnvoll ergänzt und immer wieder auch die Stadt selbst als Spielort nutzt. Am Anfang standen die „Fluchtwege“ ein Stationendrama über die bürokratischen Prozesse, mit denen Flüchtlinge in der für sie fremden neuen Heimat konfrontiert werden. Wobei im Konzept von Angela Beyerlein und Astrid Großgasteiger von Anfang an fest verankert war, dass neben dem Ensemble des Landestheaters auch theaterbegeisterte Salzburgerinnen und Salzburger mitwirken. Aus ihnen hat sich mittlerweile die Salzburger Bürgerbühne formiert, die nun im dritten Jahr bei „Wir gründen eine Bank“ erstmals auch eine Produktion im großen Haus aktiv mitgestalten wird. Schauspielerinnen der ersten Stunde sind unter anderen die
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freie Journalistin Waltraud Prothmann und Monika Petschenig, die hauptberuflich im Pflege- Qualitätsmanagement des LKH tätig ist und die beide nun bereits zum dritten Mal mit von der Partie sind. Wie sind Sie beide zur Bürgerbühne gekommen? W.P.: Das Thema „Fluchtwege“ hat mich spontan angesprochen und fasziniert. Ich wollte sehen, wie man diese Problematik auf die Bühne bringt, um dann darüber zu berichten. Schauspielerisches Talent hätte ich bei mir nicht vermutet. Dann kam die überraschende Einladung von Angela und Astrid, es einfach mal selbst zu versuchen. Und weil ich das Theater von jeher liebe, hat mich dieser Vertrauensvorschuss ermutigt und inspiriert. M.P.: Bei mir war es reine Neugier. Also nicht der große Traum von den „Brettern, die die Welt bedeuten“. Ich habe damals in der Zeitung darüber gelesen und wollte mir die Sache einfach mal ansehen, weil ich zu meinem relativ strukturierten Job einen kreativen Ausgleich gesucht habe. Was ist für Sie das Besondere an der Arbeit der Bürgerbühne? M.P.: Hier geht es um Dinge, die Menschen beschäftigen und die man einfach auf die Bühne bringen muss. Als Zuschauerin habe ich viele Stücke gesehen, die mir gefallen haben, aber ich habe mir dabei oft auch gedacht, dass das nicht unbedingt immer etwas mit uns heute zu tun hat. Und Formate wie das Forumtheater bringen eben wirklich Dinge auf die Bühne, die sich im wahren Leben abspielen. Und das sehr eindringlich und aus sehr vielen unterschiedlichen Perspektiven. W.P.: Sozialkritische Themen mit Laiendarstellern auf die Bühne zu bringen, finde ich lebensnah und spannend. Vielleicht kann das sogar ein neues Bewusstsein anregen? Für mich ist es vergnüglich, mit Leuten aus den vielfältigsten Berufen und unterschiedlichsten Generationen gemeinsam etwas Sinnvolles zu gestalten. Manche könnten meine Kinder sein und sind es doch nicht. Das ist so erfrischend! Wird auf der Probe viel diskutiert? Gerade bei kontroversen Themen? W.P.: In meinem fortgeschrittenen Alter betrachtet man manches aus einer anderen, vielleicht festgefahrenen Warte. Darüber kann ich mich jetzt auf neutraler Ebene austauschen. Das öffnet den Blick. Amüsant finde ich, wie sich die Sprache seit meiner eigenen
Jugend verändert hat: Manche Ausdrücke und Redewendungen versteh’ ich in ihrer subtilen Bedeutung inzwischen besser! Haben Sie durch das Spielen neue Seiten an sich selbst entdeckt? M.P.: Es ist schon mehr das Schlüpfen in einen anderen Charakter auf den man sich einlassen muss. Für mich war es sehr spannend, weil ich beim ersten Stück eigentlich eine ganz andere Rolle machen wollte. Aber ich habe dadurch persönlich viel gelernt, weil man mir immer gesagt hat, ich wäre in der Rolle als Polizistin zu nett. Ich bin da erst langsam hineingekommen. Auch die Erfahrung, was eine Uniform ausmacht. Denn die Leute begegnen einem dann auf einmal ganz anders. W.P.: Ich kann mich nicht so leicht in eine andere Person einfühlen. Die Dolmetscherin habe ich zunächst empathisch und voller Mitleid gespielt, weil ich dachte, dass ich wohl selber so handeln würde. Aber während des wiederholten Spielens habe ich bemerkt, wie zunehmend ungeduldig ich mit jammernden Flüchtlingen werden kann. Ich musste mir sagen lassen, dass ich die Rolle im zweiten Jahr unbeteiligter und unfreundlicher gegeben hätte und auf diese Weise authentischer gewirkt habe. Auch wenn man es nicht wahrhaben will: Plötzlich kann man nachempfinden, wie es Beamten geht, die sich täglich mit Hilfesuchenden und ihren Ansprüchen befassen müssen. Hatten Sie Hemmungen vor Publikum zu stehen? M.P.: Überhaupt nicht, weil ich in meinem Beruf auch viel mit Menschen zu tun habe. Bei mir war es eher die Furcht, dass ich keinen zu langen Text bekomme, weil ich eher der spontane Typ bin. Mir ist oft lieber, wenn ich einfach nur einen roten Faden bekomme und darum improvisieren kann. Das macht mir richtig Spaß. W.P.: Doch, hatte ich schon. Ein bisschen. Deshalb hilft mir, wenn ich mit meiner persönlichen Überzeugung hinter einer Darstellung stehen kann. Das Thema „Bankrott“ kenne ich aus eigener Erfahrung: Vor Jahren habe ich meine damaligen Ersparnisse durch eine Aktieninvestition verloren. Lustig ist, dass erst kürzlich ein Meinungsforschungsinstitut bei uns angerufen hat und wissen wollte, wie wir mit unserer Bank zufrieden sind. Da konnte ich gleich meinen neuen Rollentext aufsagen! Das Gespräch führte Tobias Hell 19
MEIN MOZART
Simon Schnorr und Julianne Borg 2010/2011 in „Don Giovanni”
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TAMARA GURA (Dorabella) Meine erste Begegnung mit Mozart war als ich meinen ersten Cherubino sang. Als Studentin nahm ich an einem Sommerkurs teil, bei dem wir in einem kleinen alten Theater in der Toskana den „Figaro“ spielten. Dieses Dorf mit seinen mittelalterlichen Straßen war die perfekte Kulisse für diese Oper. Als 19-jährige Studentin hat mich das sehr inspiriert.
Wolfgang Amadeus Mozart und Salzburg, das ist längst eine untrennbare Einheit. Doch auch jenseits von Mozartkugeln und patriotischer Verbundenheit mit dem großen Sohn der Stadt gibt es für ein Theater stets genügend Gründe ein Werk aus seiner Feder auf den Spielplan zu setzen.
M
ozart ist ein Komponist, an dem man eigentlich nicht vorbei kommt. Und warum sollte man auch? Gesangspädagogen weltweit schwören auf ihn, wenn es darum geht, dem Nachwuchs die Feinheiten des Singens zu lehren und zahlreiche gestandene Operstars betrachten Mozarts Musik als probates Mittel um die Stimmbänder geschmeidig zu halten. Darüber hinaus haben seine vielschichtigen Bühnenwerke immer wieder Anlass für spannende Interpretationsansätze und neue Deutungsmöglichkeiten gegeben. Und jede Generation hat dabei über die Jahrhunderte ihren ganz eigenen Zugang gefunden. So hat Mozart selbstverständlich auch am Landestheater seiner Heimatstadt einen fixen Platz im Spielplan, wo er jede Saison mit einer seiner Opern unter den Premierentiteln vertreten ist. Nach dem spartenübergreifenden Projekt „Musica Speranza” geht nun der Da Ponte-Zyklus in seine dritte Runde. Mit Jacopo Spirei und Leo Hussain ist erneut das Erfolgsduo des „Don Giovanni” und auch das Ensemble des Landestheaters hat endlich wieder Gelegenheit seine besondere Verbundenheit mit dem Komponisten unetr Beweis zu stellen. Aus diesem Anlass haben wir das Team der neuen „Così fan tutte”Produktion nach seinen ganz persönlichen Gedanken zu Mozart befragt.
Meine Traumpartie ist der Sesto in „La clemenza di Tito.“ Die Musik die Mozart hier geschrieben hat, ist voll von emotionalen Kontrasten und „Parto …“ ist eine der schönsten Arien, die Mozart für Mezzo geschrieben hat.
Ein Leben ohne Mozart wäre für mich sehr ein-dimensional. Seine Musik beschreibt die innigsten Gefühle von Menschen – Emotionen die wir im normalen Leben zu verbergen versuchen. Das macht ihn so zeitlos. Was ich Mozart schon immer sagen wollte: Ich wollte ihm danken, dass er eine so wundervolle Partie wie Idamante in „Idomeneo“ geschrieben hat. Diese Rolle ist für mich sehr wichtig, weil es um die tiefe Beziehung zwischen Vater und Sohn geht. Als ich sie gesungen habe, war das knapp 2 Monate nachdem mein eigener Vater gestorben war. Es war für mich ein Geschenk diese Rolle spielen zu dürfen.
SIMON SCHNORR (Guglielmo)
LEO HUSSAIN (Musikalischer Leiter)
Meine erste Begegnung mit Mozart war 1778 in Paris.
Meine erste Begegnung mit Mozart war mit sieben, als ich im Rahmen eines traditionellen Konzerts am Weihnachtstag als Mitglied des King's College Chapel Choir die „Krönungsmesse“ sang.
Meine Traumpartie ist ist der Hagen in der „Götterdämmerung“ (Anm.d.Red.: Zwar kein Mozart, aber auch nicht schlecht!) Ein Leben ohne Mozart wäre für mich wie Kapaun ohne Petersilie. Was ich Mozart schon immer fragen wollte: Wie hast Du es nur so lange in Salzburg ausgehalten?
Meine Lieblingsrolle ist Barbarina, weil ihre Arie einer der schönsten Momente im „Figaro“ ist und in eine völlig andere, dunkle Welt entführt. Ein Leben ohne Mozart wäre für mich in Salzburg sicher unerträglich, weil die Stadt dann nur für „The Sound of Music“ bekannt wäre. Was ich Mozart schon immer fragen wollte: Nichts, weil seine Musik Antwort auf alles gibt, was man wissen muss.
MARCELL BAKONYI (Don Alfonso) Meine erste Begegnung mit Mozart war leich als ich anfing Gesangsunterricht zu nehmen. Ich war noch ein kleiner Bub (etwa 17), als ich die kleine Osmin-Arie einstudierte und überzeugt war, dass es wie für mich geschrieben ist. Ich hatte aber damals noch keine Ahnung, in welcher Situation er dieses traurige Lied singt. Die Musik hat mich einfach berührt, und seitdem liebe ich Mozart. Meine Lieblingsoper ist „Don Giovanni“. Besonders mag ich das Finale 2. Ich finde an dieser Stelle hat Mozart etwas Überirdisches komponiert
und ich bekomme immer Gänsehaut, wenn ich diese Musik höre. Bisher habe ich Leporello gesungen, eine Rolle, die unglaublich viel Spaß macht, aber später möchte gerne auch einmal die Titelpartie machen. Ein Leben ohne Mozart wäre für mich schwer, da ich keine dramatische Stimme für Wagner habe. :)) Was ich Mozart schon immer fragen wollte: Du Wolfgang, du hättest noch mehr Oper komponieren können!
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PORTRAIT
EDUARD STIPSITS BELEUCHTUNGSINSPEKTOR
Theater? Nein, das war eigentlich nicht der Plan. Denn abgesehen von ein paar Theaterbesuchen mit der Schule spielten die „Bretter, die die Welt bedeuten” für den jungen Eduard Stipsits keine allzu große Rolle. Doch der Zufall wollte es anders. Als der gebürtige Steirer nach einer vierjährigen Ausbildung zum Elektrotechniker in Graz 1972 nach Salzburg kam, ergab sich spontan die Möglichkeit zu einem Bewerbungsgespräch am Landestheater und kurz darauf wurde er als Lichttechniker fest ans Haus engagiert. Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut hat. „Schon am zweiten Tag wusste ich, das ist es. Das möchte ich machen! Allein wegen der Leute, die ich hier kennengelernt habe. Es sind einfach besondere Menschen, die sich für die Arbeit am Theater entscheiden.” Und so sind es mittlerweile 40 Jahre geworden, in denen er – nach der erfolgreich abgelegten Prüfung zum Beleuchtungsmeister – schließlich 1992 zum Leiter der Abteilung Licht wurde. Und bei mehr als zwei Dutzend Neuproduktionen, die pro Saison ins rechte Licht gerückt werden wollen, gibt es dabei für ihn und sein zehnköpfiges Team mehr als genug zu tun. „Das Schöne ist vor allem die Vielfalt, die der Job mit sich bringt. Auch nach 40 Jahren ist für mich kein Stück Routine, weil einen jede Produktion wieder vor neue Herausforderungen stellt.” Und die persönliche Qualitätsmesslatte liegt nach wie vor auf der obersten Stufe. „Jedes Stück ist für mich ein A-Stück und bekommt die gleiche Aufmerksamkeit, egal ob ,Momo' oder ,Tristan', ob Kammerspiele oder Festspielhaus. Wir versuchen immer unser Bestes zu geben.” Diesen Einsatz wissen ebenfalls die Regisseure und Ausstatter zu schätzen, deren Bühnenbildern er durch sein feinfühliges Lichtdesign den letzten atmosphärischen Schliff verleiht. Auch international hat Stipsits neben seiner Tätigkeit für das Landestheater und die Salzburger Festspiele bereits gearbeitet. So etwa bei einer „Zauberflöte” in Lausanne oder in Madrid, wohin ihn Bühnenbildner Pet Halmen für seine Inszenierung von „La clemenza di Tito” einlud, nachdem das Team bereits in Salzburg mehrfach erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Vor ein paar Jahren lockte darüber hinaus sogar mal ein Angebot aus Wien, das jedoch dankend ausgeschlagen wurde. Denn inzwischen ist nicht nur seine Familie fest an der Salzach verwurzelt. Auch die „Theaterfamilie”, möchte er nicht mehr missen.
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„HÖR ICH
PORTRAIT
DAS LICHT?” Lichtdesign kurz und bündig Das Licht hören? Eigentlich eine absurde Aussage, die Wagner seinem Tristan in den Mund legt. Und doch irgendwie passend. Denn die emotionale Kraft des Lichtes auf der Bühne lässt sich mit Worten nur schwer beschreiben. Licht kann das Publikum verzaubern, es kann aber auch viel kaputt machen, wenn man nicht mit der nötigen Sorgfalt an die Sache herangeht. Deshalb sind der Beleuchtungsinspektor und sein Team bereits auf der ersten Bauprobe sechs Monate vor der Premiere mit von der Partie, um die möglichen Optionen zu besprechen, die das geplante Bühnenbild bietet. Welche Atmosphäre wünscht die Regie? Wie lässt sich ein Raum durch Licht aufwerten oder womöglich nur durch Licht erzeugen? Eine Frage, die vor allem das Ballett beschäftigt, wo den Tänzern ihre Bewegungsfreiheit nicht durch große Aufbauten genommen werden soll. Von seinen technischen Möglichkeiten her, muss sich das Landestheater dabei hinter keinem österreichischen Haus verstecken. Denn über die Jahre wurde immer wieder aufgerüstet, um die Beleuchtungstechnik auf den neuesten Stand zu bringen. Rund 400 Scheinwerfer stehen heute insgesamt für die verschiedenen Spielstätten des Ensembles zur Verfügung. Ebenso ein neues digitales Lichtpult, mit dem sich Korrekturen in Windeseile durchführen lassen. Und wo früher für die sommerlichen Festspielproduktionen noch so manche Extragimmicks herangekarrt wurden, sind es heute hin und wieder sogar die Festspielkollegen, die sich hier etwas ausleihen. Denn auch hier gilt die Devise, nur mit dem optimalen Equipment lässt sich die optimale Leistung erzielen.
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„Das Schweigen brechen“ heißt die Überschrift unserer Spielzeit 2012/2013. Im Landestheater wurden daher einige Rituale eingeführt, die dieses Motto auch im Theateralltag lebendig werden lassen sollen. So wird vor jeder Leitungssitzung – so heißt die Vollversammlung aller Sparten- und Abteilungsleiter – eine Schweigeminute abgehalten, die eine Konzentration auf das Wesentliche und Abstand vom hektischen Alltagsgeschäft schaffen soll. Auch im Bühnengeschehen wurde das Schweige-Motiv verankert: Jeder Regisseur wurde angehalten, in seiner jeweiligen Inszenierung – sei es im Schauspiel, Ballett oder Musiktheater – einen Moment des absoluten Schweigens einzubauen. Einige Kollegen, die diesen Moment dann verbal oder mit einer Aktion brechen sollten, befürchteten daraufhin, unter Verdacht zu geraten, einen so genannten „Hänger“ zu haben. „Hänger“ oder besser gesagt „TextHänger“ sind die Augenblicke im Theater, die den Reiz des Live-Events erst ausmachen: Ein Schauspieler oder Sänger vergisst seinen Text und muss diesen Fehler nach einer kurzen Schreck-Sekunde überspielen oder durch geschicktes Taktieren einem anderen Kollegen, der sich ebenfalls auf der Szene befindet, in die Schuhe schieben. Vielleicht haben Sie das als Zuschauer auch schon beobachtet: Zuerst panische Blicke aller Beteiligten, dann der betont souveräne Versuch, den Fehler auszubügeln. Wer jetzt die Nerven verliert, 24
steht als scheinbarer Verursacher des unbeabsichtigten Moment des Schweigens dar. In einer „Fledermaus“-Vorstellung begab sich eine dieser Situationen, wie sie offensichtlicher nicht hätte sein können: Besagte Blicke, dann das kapitulierende Geständnis „Jetzt habe ich den Text vergessen ...“. Werner Friedl, Darsteller des „Frosch“ und NICHT Verursacher der Panne, ging in die Offensive: „Das kann doch jedem passieren. Dann schau ma halt ins Textbuch!“. Friedl ging daraufhin von der Bühne, nahm das Textbuch der verdutzen Inspizientin und gab es dem Sänger auf offener Szene zum Nachlesen seiner verpatzten Zeilen. Das Publikum goutierte den pragmatischen Einsatz mit Beifall, aber der Regisseur wäre wohl lieber im Erdboden versunken. Was uns in dieser Saison noch erwartet? – Wir dürfen gespannt sein! Auf jeden Fall steht trotz des Mottos weder „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss, noch „Das Schweigen der Lämmer“ als Musical auf dem Spielplan. Und das ist auch gut so. „Der Rest ist Schweigen“, so auch in diesem Beitrag Ihrer Rampensau: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................................... ..................................... ..................................... ..................................... ............ In diesem Sinne: Viel Spaß im Landestheater!
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BESETZUNGEN & TERMINE DIE FLEDERMAUS
COSÌ FAN TUTTE
Johann Strauss
Wolfgang Amadeus Mozart
Musikalische Leitung Leo Hussain \ Adrian Kelly \ Inszenierung Andreas Gergen Choreografie Peter Breuer \ Bühne Court Watson \ Kostüme Regina Schill Mit Katharina Bergrath \ Alexandra Steiner, Tamara Gura, Nicole Viola Hinz \ Karolina Plicková , Netta Or \ Talia Or; Werner Friedl, Einar Gudmundsson, Felix Mayrhofer, Tobias Scharfenberger, Philipp Schausberger, Simon Schnorr, Franz Supper Ballett des Salzburger Landestheaters Chor, Extrachor und Statisterie des Salzburger Landestheaters Mozarteumorchester Salzburg
Musikalische Leitung Leo Hussain \ Adrian Kelly Inszenierung Jacopo Spirei \ Ausstattung Bettina Richter Mit Katharina Bergrath, Tamara Gura, Gillian Ramm; Marcell Bakonyi, Sergey Romanovsky, Simon Schnorr Chor und Statisterie des Salzburger Landestheaters Mozarteumorchester Salzburg
In deutscher Sprache
20.01. \ 22.01. \ 27.01.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Termine
Termine
07.11. \ 18.11. \ 22.11. \ 28.11. \ 30.11. 12.12. \ 14.12. \ 21.12. \ 26.12. \ 30.12.2012 \ 03.01. \ 24.01.2013
THE SOUND OF MUSIC
Musik von Richard Rodgers, Gesangstexte von Oscar Hammerstein II Buch von Howard Lindsay und Russel Crouse
TRISTAN UND ISOLDE Richard Wagner
Musikalische Leitung Leo Hussain \ Adrian Kelly \ Inszenierung Eike Gramss Ausstattung Christian Floeren Mit Jeanne-Michèle Charbonnet, Katharine Goeldner; Michael Baba, Einar Gudmundsson, Frode Olsen, Detlef Roth, Simon Schnorr, Franz Supper Chor, Extrachor und Statisterie des Salzburger Landestheaters Mozarteumorchester Salzburg In deutscher Sprache
Termine
31.10. \ 03.11. \ 06.11. \ 09.11. \ 11.11. \ 17.11.2012
Musikalische Leitung Peter Ewaldt \ Stefan Müller Inszenierung Andreas Gergen und Christian Struppeck Choreografie Kim Duddy \ Ausstattung Court Watson Kindercoach Wolfgang Götz Mit Franziska Becker \ Vasiliki Roussi, Nicole Viola Hinz \ Karolina Plicková, Milica Jovanovic \ Wietske van Tongeren, Hanna Kastner, Marianne Larsen \ Frances Pappas; Werner Friedl, Uwe Kröger, Tim Oberließen, Sebastian Smulders, Hubert Wild u. a. Ballett des Salzburger Landestheaters, Chor und Statisterie des Salzburger Landestheaters, Mozarteumorchester Salzburg In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln Wiederaufnahme
Termine
01.12. \ 02.12. \ 13.12. \ 15.12. \ 19.12. \ 22.12. \ 29.12.2012 \ 05.01. \ 12.01.
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Così fan tutte Die Fledermaus The Sound of Music
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GETANZTE GEFÜHLE Ballettgala Marie Antoinette Blues im Berg
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DIE VIELFALT DES THEATERS Così fan tutte Marie Antoinette Die Möwe
PREISE AB € 38 25
BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS FELIX KRULL Thomas Mann
Inszenierung Volkmar Kamm \ Ausstattung Konrad Kulke Mit Britta Bayer, Elisabeth Halikiopoulos; Tim Oberließen, Walter Sachers-von Philippovich
HEISS UND FETTIG Konzept Werner Friedl \ Ausstattung Marouan Dib
Werner Friedl
Termine
16.11. \ 17.11. \ 23.11. \ 25.11. \ 27.11. \ 29.11. \ 06.12. \ 07.12. \ 18.12. \ 28.12.2012 31. 12. 2012 \ 10.01. \ 18.01.\ 23.01.2013
Termine
04.11. \ 13.11. \ 18.11. 13.12. \ 15.12. \ 17.12 \ 19.12. \ 27.12. \ 29.12.2012
WIR GRÜNDEN EINE BANK
Émile Zola, Astrid Großgasteiger und andere Autoren
DIE JUNGFRAU VON ORLEANS
Friedrich Schiller
Inszenierung Klaus Hemmerle \ Ausstattung Stefan Mayer Kampfchoreografie Volker Ullmann Mit Claudia Carus, Beatrix Doderer, Christiani Wetter; Marco Dott, Sebastian Fischer, Robert Herrmanns, Armin Jung, Peter Marton, Axel Meinhardt, Gero Nievelstein, Florian Stohr, Christoph Wieschke
Termine
Inszenierung Astrid Großgasteiger und Carl Philip von Maldeghem Bühne Court Watson \ Kostüme Alois Dollhäubl und Court Watson Mit Claudia Carus, Elisabeth Halikiopoulos, Christiani Wetter; Sebastian Fischer, Peter Marton, Gero Nievelstein, Tim Oberließen, Christoph Wieschke, Walter Sachers-von Philippovich Uraufführung
Termine
24.11. \ 27.11. \ 04.12. \ 11.12. \ 20.12.2012 04.01. \ 11.01. \ 13.01. \ 15.01. \ 26.01. \ 30.01.2013
02.11. \ 14.11. \ 20.11. \ 06.12. \ 09.12. \ 17.12. \ 28.12.2012 09.01. \ 10.01. \ 23.01.2013
SALE
BUTTERBROT
Gabriel Barylli
Inszenierung und Ausstattung Gabriel Barylli Mit Gabriel Barylli, Alfons Haider, Sascha Oskar Weis
Termine
07.11. \ 08.11. \ 09.11. \ 10.11. \ 11.11. \ 14.11. \ 15.11.2012
ANZEIGE Ö1
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Georg Heinzen Inszenierung Thomas Schendel \ Ausstattung Daria Kornysheva Mit Beatrix Doderer, Elisabeth Halikiopoulos, Shantia Ullmann; Marco Dott, Axel Meinhardt, Tim Oberließen, Florian Stohr, Christoph Wieschke Uraufführung
Termine
25.01. \ 27.01. 01.02. \ 06.02. \ 10.02. \ 13.02. \ 14.02. \ 16.02. \ 19.02. \ 21.02. \ 23.02.2013
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MOMO
MARIE ANTOINETTE
Michael Ende
Peter Breuer \ Maren Zimmermann
Inszenierung Marco Dott \ Ausstattung Manuela Weilguni \ Choreographie Nicole Viola Hinz Mit Britta Bayer, Eva Christine Just, Valerie Mackinger, Lisa Müller-Trede, Shantia Ullmann; Werner Friedl, Axel Meinhardt, Marco Stahel, Florian Stohr
Idee und Konzeption Peter Breuer \ Maren Zimmermann Choreographie Peter Breuer \ Ausstattung Dorin Gal Mit Tänzerinnen und Tänzern des Salzburg Balletts
Termine
Termine
08.12. \ 18.12. \ 06.01. \ 01.02.2013
10.11. \ 13.11. \ 21.11. \ 25.11. \ 02.12. \ 07.12. \ 09.12. \ 12.12. \ 13.12. \ 14.12. \ 16.12. \ 18.12. \19.12. \ 20.12. \ 21.12. \ 27.12. \ 06.01.2013
BEATLES
TÜRKISCH GOLD
Peter Breuer
Szenische Konzeption und Choreographie Peter Breuer Ausstattung Katja Schindowski Mit Tänzerinnen und Tänzern des Salzburg Balletts
Tina Müller
Inszenierung Marco Dott \ Ausstattung Manuela WeilguniMit Anna Unterberger; Sebastian Fischer
Termin 31.12.2012
Termine
28.11. \ 29.11. \ 30.11. \ 03.12.2012
BALLETTGALA Mit internationalen Gastsolisten des Dutch National Ballet, des Hamburg Balletts, des Ungarischen Staatsballetts u. a., sowie den Tänzerinnen und Tänzern des Salzburg Balletts.
Termin 19.01.2013
PROBENBESUCH GEWINNEN! Wollen auch Sie zu den Ersten gehören, die einen exklusiven Blick auf eine unserer Neuproduktionen werfen dürfen? Dann haben Sie jetzt die Gelegenheit dazu. Denn unter unseren Zuschauern verlosen wir nun 3 x 2 Karten für einen Probenbesuch bei „Così fan tutte“. Schreiben Sie uns bis zum 15. Dezember 2013 mit dem Stichwort „Drehbühne“ an folgende Adresse: Salzburger Landestheater, Dramaturgie, Schwarzstr. 22, 5020 Salzburg Oder schicken Sie eine e-mail an: verlosung@landestheater.at
SERVICE SALZBURGER LANDESTHEATER Schwarzstraße 22, 5020 Salzburg
KARTEN +43 (0) 662 / 87 15 12 - 222 Fax +43 (0) 662 / 87 15 12 - 291 service@salzburger-landestheater.at
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Eigentümer, Herausgeber, Verleger: Salzburger Landestheater \ Intendant Dr. Carl Philip von Maldeghem \ Redaktionsleitung: Tobias Hell \ Autoren dieser Ausgabe: Robert Bayer, Friederike Bernau, Andreas Gergen, Tobias Hell, Maren Zimmermann \ Fotos: Martin Baumann, Christina Canaval, Jürgen Frahm, Brigitte Haid, Tobias Hell, Denise Huber, Christian Schneider, jameek / photocase.com \ Design: erfrischt. werbung & design, Melanie Müller \ Druck: Druckerei Roser, Hallwang \ Redaktionsschluss: 28.10.2012
Fax +43 (0) 662 / 87 15 12 - 291 abo@salzburger-landestheater.at
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Kultur bereichert unseren Alltag. Vor allem, wenn sie nicht alltäglich ist. Kunst und Kultur gehen neue Wege. Mit Unterstützung von Siemens.
Die Förderung kultureller Projekte hat eine lange Tradition bei Siemens. Kunst und Kultur bereichern die Gesellschaft mit neuen und innovativen Ideen. Deshalb sind wir stolz,
in zahlreichen Ländern mit vielfältigen Initiativen und Projekten gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
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