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VERTRAUEN PROFESSOR TAPANI VUORINEN üBER DAS POTENZIAL NEUARTIGEN ZELLSTOFFS ÖKOEFFIZIENTE VERPACKUNGEN REDUZIEREN LEBENSMITTELABFÄLLE UNTERSEKRETÄR MARTTI HETEMÄKI ZUR WÄHRUNGSRETTUNG
INHALT 1/2012
Metsä Fibres Kundenmagazin
3 Leitartikel Vertrauen ist das wichtigste Kapital in Geschäftsbeziehungen. 4 Aktuelles Nachrichten, Ereignisse und Ernennungen.
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8 Blick auf einen Wachstumsmarkt Türkischer Tissuemarkt im Aufwind. 12 Zuverlässigkeit und Vertrauen sind aus gleichem Holz geschnitzt Laut Ismo Nousiainen von Metsä Fibre müssen sich Kundenbedürfnisse auf die Produktqualität auswirken. 16 Der besten Faser auf der Spur Lebensmittelkartons sind eine Kunst für sich. 18 Ökoeffiziente Verpackungen für länger haltbare Lebensmittel und weniger Abfälle Juha-Matti Katajajuuri, Forschungsleiter bei MTT, räumt mit Umweltmythen auf.
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21 Kolumne: Nachhaltige Entwicklung – und dann? Riikka Joukio von Metsä Group nimmt Stellung zur nachhaltigen Entwicklung von heute und morgen. 22 Gemeinsame Währungsrettung Martti Hetemäki, Untersekretär in Finnlands Finanzministerium, beäugt den Zustand des Euro und die Zukunft der finnischen Wirtschaft. 26 Neuartiger Zellstoff auf dem Vormarsch Professor Tapani Vuorinen sieht für Zellstoff zahlreiche neue Möglichkeiten. 30 Technische Qualität hat Vorrang Die Produktion technisch anspruchsvoller Papiere fasziniert Jiang Fengwei, CEO des chinesischen Unternehmens JiangHE.
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32 Zusammenarbeit 2.0 Koji Kato und Shi Xin von Itochu Shanghai berichten, wie die gestärkte Partnerschaft in der alltäglichen Arbeit sichtbar ist. 35 Über Problemlösung zu gemeinsamem Erfolg Vorgestellt wird Tom Nickull, Leiter des technischen Kundendiensts bei Metsä Fibre. 36 Langfristige Vertrauensbildung CEO Ilkka Hämälä erörtert Aspekte einer langfristigen Zusammenarbeit. 38 Dunkle Polar- und helle Sommernächte des Nordens schimmern im Papier Die Unternehmerin Sirpa Kivilompolo stellt Designerlampen aus Papier her. 40 RFID-Applikator Die neue Bildserie stellt von Metsä Fibre eingesetzte Technologien vor.
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METSÄ FIBRE — ECHO 1/2012
Echo, das Kundenmagazin von Botnia, erscheint in deutscher, englischer, chinesischer und finnischer Sprache. Chefredakteurin: Saija Tuomikoski, saija.tuomikoski@metsagroup.com Redakteure:
Ari Harmaala, Mikael Lagerblom, Ursula Lumme, Tom Nickull, Markku Ruokanen und Saija Tuomikoski
Redaktion:
Metsä Fibre und Recommended Finland (Hanna-Maija Kause, Niko Kilkki, Päivi Rikala, Arja Rintamäki, Markku Ruokanen, Alpo Räinä und Anna-Mari Vimpari)
Grafische Gestaltung:
Recommended Finland
Übersetzung:
RAPU Kielikonsultit Oy
Druck:
Savion Kirjapaino
Gedruckt auf:
Umschlag: Galerie Art Silk 250 g/m2 Innenseiten: Galerie Art Silk 130 g/m2
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VERTRAUEN PROFESSOR TAPANI VUORINEN üBER DAS POTENZIAL NEUARTIGEN ZELLSTOFFS ÖKOEFFIZIENTE VERPACKUNGEN REDUZIEREN LEBENSMITTELABFÄLLE UNTERSEKRETÄR MARTTI HETEMÄKI ZUR WÄHRUNGSRETTUNG
Titelbild: Professor Tapani Vuorinen fotografiert von Pekka Kiirala.
ISSN 1795-1089 (Printausgabe), ISSN 1795-1097 (Online-Ausgabe) Die Wiedergabe von Artikeln in diesem Kundenmagazin ist nur mit Genehmigung von Metsä Fibre gestattet.
LEITARTIKEL
bild SEPPO SAMULI
Lernen, die Bedürfnisse des Anderen zu erkennen, ist der erste Schritt zu gegenseitigem Vertrauen Wirtschaftszeitungen aus aller Welt berichten, dass sich die Unternehmen, teilweise sogar ganze Staaten, neu erfinden müssten. Sie sehen sich zunehmend rückläufiger Wettbewerbsfähigkeit ausgesetzt, und obwohl dies seit langem abzusehen war, wurden keine Gegenmaßnahmen ergriffen. Meiner Meinung nach muss man zunächst zuhören und lernen, bevor man sich weiterentwickeln kann.
Das Zellstoffgeschäft verändert sich rasant
von einer lokalen, integrierten Rohstoffproduktion zu einem globalen marktorientierten Handel. Um sich den Kunden als langfristiger Partner zu empfehlen, bedarf es daher zur Unterstützung eines qualitativ hochwertigen Produkts auch Spitzenkompetenz und Mehrwert schaffender Services. Metsä Fibre sichert sich systematisch seine Marktposition durch profunde Kenntnisse über die Prozesse der Kunden. Am globalen Markt bedeutet dies, kontinuierlich auf neue Unternehmensumfelder und unterschiedliche Wettbewerbssituationen zu stoßen und aus ihnen zu lernen. Das jüngste Beispiel für Metsa Fibres enge Beziehung zu den Geschäftspartnern und Kunden am asiatischen Markt ist der Anteilserwerb der Itochu Corporation an Metsä Fibre in Höhe von 24,9 Prozent. Dies wird sowohl unsere Zusammenarbeit dort in Vertrieb und Marketing erhöhen als auch unsere Position als einer der weltweit größten Akteure am Zellstoffmarkt stärken. Die anderen Wachstumsmärkte sollten wir aber auch nicht aus den Augen verlieren. In dieser Ausgabe von ECHO werfen wir einen Blick in die Türkei und erfahren, wie türkische Hersteller von Tissuepapier in neue Technologien investieren und neue Kundenbeziehungen in Ländern mit boomender Nachfrage nach Konsumgütern aufbauen. Wir unterstützen sie dabei mit Faser-Know-
how und anderen Mehrwert schaffenden Services zur Produktentwicklungs- und Wachstumsförderung. In gesättigteren Märkten hingegen müssen wir unseren Kunden hilfreich zur Seite stehen, wenn es um die Lösung von Problemen hinsichtlich Kosten oder den Lebenszy klus der Technologien geht. Um unsere Führungsposition im technischen Service und Know-how in der Faserverarbeitung halten zu können, vergleichen wir unsere Fähigkeiten mit anderen führenden Experten der Prozessindustrie. Unsere Ambition ist es, unseren Kunden kontinuierlich einen höheren Mehrwert zu bieten. Dies beinhaltet auch gegenseitige Hilfe wenn „business is not as usual“. Vertrauen ist ein Kapital, das häufig gerade in Momenten der Diskontinuität oder Krise entsteht. Daher möchte ich unsere gesamte Belegschaft ermutigen, auch Ausnahmesituationen anzuerkennen und zu bewältigen, um unseren Kunden mit Hilfe unseres Produkts bessere Ergebnisse zu ermöglichen. Auf lange Sicht möchten wir das weltweit vertrauenswürdigste Zellstoffunternehmen sein, das überragende Zellstoffprodukte und Services bietet. Und dies mit Hilfe von Metsä Fibres Markenzeichen Botnia. Ari Harmaala
Senior Vice President Vertrieb und Marketing
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aktuelles
TEXT HANNA-MAIJA KAUSE UND NIKO KILKKI bilder LEHTIKUVA, ALEKSI KOSKINEN, MIKKO SÄTERI, TUULA VIITANEN uND SHUTTERSTOCK
Botnia Nordic Pine Botnia Nordic Birch Botnia Nordic Strong Botnia High Yield Botnia lebt als Marke weiter
Metsä-Botnia heißt jetzt Metsä Fibre Der Metsäliitto-Konzern änderte letzten Februar seinen Namen in Metsä Group und erneuerte zeitgleich sein Unternehmensimage. Die Namen der Konzerngeschäftsbereiche wurden einheitlich mit dem Präfix „Metsä“ versehen. Das für das Zellstoffgeschäft zuständige Metsä-Botnia wurde nun in Metsä Fibre umbenannt. Mit neuem Namen und Image präsentiert sich die erneuerte Metsä Group als noch homogenerer und stärkerer Akteur in der Forstwirtschaft. Metsä Fibre zählt zu den größten Zellstoffproduzenten Europas und bietet das weltweit umfassendste Produktsortiment. Metsä Fibres Kernprodukte sind gebleichte Zellstoffe aus Nadel- und Hartholz für die Herstellung qualitativ hochwertiger Fein-, Zeitschriften- und Tissuepapiere sowie Kartons. Die weiteren Geschäftsbereiche der Metsä Group sind Metsä Tissue, Metsä Board, Metsä Wood sowie der für Holzbeschaffung und Forstdienstleistungen verantwortliche Bereich Metsä Forest.
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Das Markenzeichen Botnia gehört trotz der Namensänderung des Unternehmens noch nicht der Geschichte an. Es lebt in Metsä Fibres hochwertiger Produktfamilie mit den Brands Botnia Nordic Pine, Botnia Nordic Strong und Botnia Nordic Birch weiter. Der Namensteil „Nordic” steht für die nordische Herkunft des Rohstoffs, für Verantwortlichkeit und für die hohe Qualität der Fasern. „Das Markenzeichen Botnia ist der Garant dafür, dass die Kunden exakt das Produkt, den Zellstoff und den damit verbundenen Mehrwert erhalten, den die Marke und unser Kundenversprechen Fibres of Success verkörpern”, sagt Metsä Fibres Kommunika tionsleiterin Saija Tuomikoski. „In Fibres of Success finden Metsä Fibres Werte Ausdruck: Zuverlässigkeit, Erneuerung, Zusammenarbeit und verantwortliche Effizienz“, unterstreicht Tuomikoski. In der Praxis bedeutet dies sowohl konstant hohe Qualität der Produkte als auch deren nachhaltige Herstellung, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, erstrangige technische Kompetenz, eine zuverlässige Lieferkette und kontinuierliche Entwicklung und Erneuerung. Fünf Teilbereiche machen den Kern der Marke Botnia aus: als erstes die hohe Qualität der Fasern, hinter der sich Humankapital und Kompetenz in beachtlichem Maße verbirgt. Die zweite Gesamtheit, die auf dem Respekt vor Umwelt und Menschen beispielsweise durch Umweltzertifizierung und Arbeitssicherheit basiert, kann mit dem Begriff nachhaltige Entwicklung beschrieben werden. Als drittes ist die preisliche Wettbewerbsfähigkeit zu nennen, die gewährleistet, dass der Kunde stets den vollen Gegenwert für sein Geld erhält. Das technische Know-how stützt sich auf eine einzigartige Faserexpertise, die durch die Optimierung von Sachkenntnissen und Tools sowie eine nachhaltige Entwicklungsarbeit gesichert wird. Und als fünftes steht die Marke Botnia für logistische Zuverlässigkeit, mit anderen Worten: für ortungsfähige und fehlerfreie Lieferungen. In den kommenden Ausgaben von ECHO halten wir Sie mit weiteren Informationen über Erweiterungen und Erneuerungen des Botnia-Produktsortiments auf dem Laufenden.
Direktor Ichiro Tsuge von der Itochu Corporation und Metsä Groups Generaldirektor Kari Jordan am 11. April 2012.
Kooperation zwischen Itochu und Metsä Fibre auf Anteilsebene vertieft Metsä Groups Muttergesellschaft Metsäliitto Osuuskunta, Metsä Board und die Itochu Corporation haben im April ein Geschäft abgeschlossen, wonach Japans drittgrößtes Handelshaus Itochu einen strategischen Anteil von 24,9 Prozent der Metsä Fibre Oy erwirbt. Dieser Deal in Höhe von 472 Millionen Euro entspricht für Metsä Fibre einem Unternehmenswert von 2.040 Millionen Euro. Nach Abschluss des Geschäfts beläuft sich der Anteil der Metsäliitto Osuuskunta an Metsä Fibre auf 50,2 Prozent, und der Anteil von Metsä Board und Itochu auf jeweils 24,9 Prozent des gesamten Aktienbestands. Metsä Group und Itochu arbeiten bereits seit mehreren Jahrzehnten geschäftlich zusammen, eine intensivere Kooperation in Marketing und Vertrieb besteht seit dem Jahr 2004. Im Zuge des Aktiengeschäfts unterzeichneten die Partner auch einen weiteren Vertrag, in dem Itochus Stellung als Repräsentant für Metsä Fibres langfaserigen Zellstoff in Asien und umgekehrt Metsä Fibres Stellung als Repräsentant für Itochus kurzfaserigen Zellstoff in Europa neu definiert wurden. Laut Vertrag wird Metsä Fibre jährlich 500.000 Tonnen Langfaserzellstoff nach Asien verkaufen und Itochu seinerseits 150.000 Tonnen Kurzfaserzellstoff nach Europa. Der Aktiendeal zählt zu den größten ausländischen Investitionen der letzten Jahre in Finnland. Der starke Handelspartner an Asiens Wachstumsmarkt festigt Metsä Fibres Position als einer der führenden Player am globalen Zellstoffmarkt. Die intensivierte Zusammenarbeit wird allen am Geschäft beteiligten Parteien in den nächsten Jahren bedeutende Synergievorteile bescheren. Itochu verfügt über etwa 130 Geschäftsstellen in nahezu 70 Ländern. Weiteres über die Kooperation mit Itochu und Metsä Fibres Position in Asien ist im Artikel ”Zusammenarbeit 2.0” auf Seite 32 dieser Ausgabe von ECHO nachzulesen.
Der Probelauf der im Bau befindlichen Vergasungsanlage im Werk Joutseno beginnt im Juli 2012.
Metsä Groups Werk in Joutseno investiert in erneuerbare Energien Metsä Fibres Vorstand beschloss im Februar des vergangenen Jahres die Investition in eine neue Vergasungsanlage für das Werk im ostfinnischen Joutseno zur effizienteren Nutzung erneuerbarer Energien. Die Bauarbeiten wurden im Sommer 2011 aufgenommen, und der Probelauf der Anlage ist auf Juli 2012 terminiert. Die endgültige Inbetriebnahme ist für den September vorgesehen. Die Kosten für die Vergasungsanlage betragen etwa 20 Millionen Euro. Darin enthalten sind auch Investitionen für die Baumrindenlagerung und –trocknung sowie den Vergaser und den Brenner des Kalkschlammofens inklusive der peripheren Geräte. Der Beschäftigungseffekt der Bauphase beläuft sich auf etwa 120 Personenarbeitsjahre. Für die Trocknung der Rinde wird die Überschusswärme der Fabrik genutzt. Die 48-Megawatt-Vergasungsanlage zählt zu den fortschrittlichsten Technologieanwendungen der Zellstoffindustrie in Finnland. „Umweltfreundlichkeit und Energieselbstversorgung unserer Fabrik erreichen durch die Vergasungsanlage ein ganz neues Niveau“, sagt Fabrikleiter Henrik Söderström. „Mit Hilfe des Kalkschlammofens ersetzen wir Erdgas durch aus Holzrinde gewonnenen Biokraftstoff. Unser bereits jetzt hoher Energieselbstversorgungsgrad nimmt noch stärker zu, und gleichzeitig arbeitet die Fabrik bei Normalbetrieb kohlendioxidneutral“, erläutert Söderström. Die Investition in das Werk in Joutseno bedeutet den Durchbruch für eine neue Technik, die demnächst auch in anderen Zellstofffabriken von Metsä Fibre genutzt werden kann. Gemeinsam mit dem Gasnetzbetreiber Gasum Oy und dem Energieversorgungsunternehmen Helsingin Energia Oy führt Metsä Fibre hinsichtlich der Fabrik in Joutseno derzeit eine vorbereitende Studie zum Bau einer Bioraffinerie durch. Die Realisierung des Projekts würde auf energieeffiziente und umweltfreundliche Weise zu einer nachhaltigen Nutzung von Agrarund Forstrohstoffen beitragen. Metsä Fibres Zellstofffabriken in Finnland erzeugen mehr Energie als sie verbrauchen. Die von diesen Fabriken produzierte Energie entspricht einem Fünftel des gesamten in Finnland aus Holz erzeugten Stroms. 40 % der erzeugten Elektroenergie werden zur externen Verwendung veräußert.
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Botnia FIT for board simuliert Faltkartons Durch das Modellierungstool Botnia FIT for board wird Metsä Fibres bereits zuvor umfassender und vielseitiger Kundenservice noch erweitert. Mit Hilfe des Tools kann zuverlässig und ohne zeitraubende Labortests und kostspielige Probeläufe abgeschätzt werden, welche Auswirkungen auf die Produkte der Kunden zu erwarten sind, wenn die in der Herstellung verwendeten Rohstoffe oder Prozesse geändert werden. Wie der Name schon sagt, werden mit Hilfe von Botnia FIT for board Faltkarton- und mehrlagige Strukturen simuliert. Das Tool ist eine Weiterentwicklung des seit einigen Jahren angewandten Botnia FIT (Furnish Improvement Tool).
Laut Tom Nickull, Leiter des technischen Kundendiensts bei Metsä Fibre, gründet sich das Tool Botnia FIT for board auf den vom Unternehmen selbst und vielen Konkurrenten gesammelten Mahlungsdaten der Zellstoffe sowie auf Erkenntnissen aus zahlreichen Kartonprojekten. ”Wir kennen die technischen Eigenschaften und das Mahlverhalten dieser Zellstoffe. In gemeinsamen Produktentwicklungsprojekten mit den Kunden können wir beispielsweise die Auswirkungen auf Steifigkeit, Dicke, Festigkeit oder Helligkeit der Faltkartons nach einer Umstellung des Zellstoffs berechnen.” ”Da jede Karton- und Papiermaschine singulär ist, liefert das Programm keine absoluten Ergebnisse, aber es erkennt sehr schnell die interessantesten Produktentwicklungstendenzen”, sagt Nickull.
Auch überraschende Vorschläge zur Produkt- und Prozessentwicklung Das im April 2012 in Betrieb genommene Tool Botnia FIT for board hat die Kunden mit seinen Ergebnissen bereits in Erstaunen versetzt. ”Da wir unsere Hausaufgaben hinsichtlich der von den Kunden verwendeten Massen bereits im Vorfeld gemacht hatten, konnten wir aus dem Stand heraus testwürdige Untersuchungsobjekte vorschlagen”, berichtet Tom Nickull. Botnia FIT for board hat auch Diskussionen darüber angeregt, welche Zellstoffeigenschaften letztlich Einfluss auf die Qualität der Faltkartons haben. ”Mit Hilfe des Modellierungstools konnten alte Überzeugungen in Frage gestellt, teils sogar als irrtümlich erwiesen werden. Beispielsweise stellte sich heraus, dass es zur Herstellung ganz besonders heller Kartons keiner helleren Zellstoffe als heute verfügbar bedarf“, erläutert Nickull. Mit dem Simulationsprogramm können neben der technischen Qualität auch die Auswirkungen einer Umstellung auf Produktionskosten und Energieverbrauch bewertet werden.
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RFID schrittweise näher an endgültige Inbetriebnahme Metsä Fibres RFID-Projekt durchläuft derzeit interessante Phasen. Alle vier Zellstofffabriken des Unternehmens mitsamt ihren Lageroperationen sind in das RFID-Zeitalter eingetreten. Die erforderliche Infrastruktur steht bereit, und jede einzelne Zellstoffeinheit, die Metsä Fibres Produktionslinien verlässt, ist jetzt mit einem RFID-Transponder ausgestattet. Die RFID-Fähigkeit der finnischen Hafenbetreiber in Rauma, Kemi und Kotka (Mussalo) nimmt mit Montage der erforderlichen Lesegeräte und Aktualisierung der ERP-Systeme kontinuierlich zu. Was die ausländischen Häfen betrifft, wird die Pilotphase in Bremen bald abgeschlossen sein. ”Die Pilotphase hat sich als großartige Gelegenheit erwiesen, im letzten Moment noch Verbesserungen und Entwicklungsideen einzubringen”, sagt der Leiter des RFID-Projekts, Matti Alanen. Im Sommer wird das System planmäßig auf weitere Häfen im Ausland ausgeweitet. Zunächst ist der große Zellstoffhafen im niederländischen Vlissingen an der Reihe. ”Die jetzt folgenden Arbeiten betreffen in erster Linie den Ausbau des Informationssystems. „Die Erfahrungen aus der Pilotphase erleichtern und beschleunigen zukünftige Implementierungen.“ Die ausländischen Häfen werden die besten Aushängeschilder für Metsä Fibres RFID-System sein. ”Je mehr Aufmerksamkeit wir in den Häfen erreichen, desto größeres Interesse wird RFID bei Kunden, Logistikbetreibern und Konkurrenten wecken. Zuverlässigkeit und fehlerloser Betrieb sind auch in diesem Zusammenhang Schlüsselbegriffe“, betont Alanen.
Zuverlässigkeit durch Training und Information
Alanen hebt besonders die Bedeutung eines fehlerfreien Betriebs in der Übergangsphase hervor. Für den Erfolg des Projekts nehmen Schulungsmaßnahmen eine entscheidende Rolle ein. ”Eine Phase, in der wir für einen Moment praktisch zwei unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten haben, kann leicht zu Verwirrungen führen. Mit Hilfe von Trainings versuchen wir, den Interessengruppen und Betreibern eindeutige Funktionsvoraussetzungen und -anweisungen zu geben. Eventuelle, zukünftige Problemsituationen müssen schnell und richtig gemeistert werden.” Die Funktionsfähigkeit des Systems sowie die Lesegenauigkeit der RFID-Transponder wurden in der Pilotphase eindringlich getestet. Die mit stationären und mobilen Geräten erzielten Leseergebnisse sind überaus ermutigend. ”Bereits jetzt sind wir in zahlreichen Fällen sehr nahe an die perfekte, hundertprozentige Lesegenauigkeit herangekommen”, stellt Alanen zufrieden fest.
”Jetzt ist es unser Ziel, die Präzision zu steigern und während der gesamten Lieferkette aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit unseren Betreiberpartnern investieren wir viel Arbeit, um auch die kleinsten Mängel aufzudecken und zu korrigieren“, sagt Matti Alanen.
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Blick auf einen Wachstumsmarkt Die drei türkischen Tissuepapier-Hersteller Hayat, Lila Kagit und AK Gida (Tul Kagit) haben kürzlich neue Papiermaschinen in Betrieb genommen. Wir trafen Vertreter dieser Unternehmen, um über die Wachstumsaussichten in der Region und ihr Verhältnis zum Zellstofflieferanten zu sprechen. TEXT ALPO RÄINÄ • BILDER HAYAT, ALPO RÄINÄ UND SHUTTERSTOCK
Die Türkei ist innerhalb von zehn Jahren zu einer
wichtigen Wirtschaftsmacht mit engen Beziehungen zu Ländern Europas und des Nahen Osten aufgestiegen. Die Dynamik dieser Nation wird bereits am Flughafen Atatürk in Istanbul deutlich. Das kosmopolitische Treiben um die Rollbahnen und hunderte Hebekrane, die sich auf beiden Seiten des Bosporus gen Himmel strecken, zeugen von einem blühenden Handel. Diese Geschäftigkeit hat dem BIP ein über achtprozentiges Wachstum beschert und die Türkei in dieselbe Liga mit Mexiko, Indonesien und Korea gehievt – daher wird bereits von den MIKT-Ländern gesprochen. Die staatliche Wirtschaftsagentur Invest in Turkey listet 10 Gründe für den Erfolg des Landes auf: schnelles Wirtschaftswachstum, junge Bevölkerung, qualifizierte Arbeitskräfte, gutes Investitionsklima, funktionierende Infrastruktur, zentrale Lage, wichtige Rolle als Energiekorridor und -terminal in Europa, niedrige Besteuerung und attraktive Subventionen für Unternehmen, Zollunion mit der EU, großer Binnenmarkt. „Wir haben 75 Millionen Einwohner mit einem Durchschnittsalter von unter dreißig Jahren. Die Privatisierung hat Unternehmen und Anlegern zahlreiche neue Chancen eröffnet. Kein Wunder also, dass die Nachfrage nach Konsumgütern rasant ansteigt. Für Tissuepapierprodukte wird beispielsweise eine Nachfragesteigerung von jährlich 10 Prozent erwartet“, sagt Sarp Erkaya. Er ist als Vertriebsleiter für Zellstoff in der Agentur Interpap tätig, die Metsä Fibres Kunden in der Türkei betreut.
„Ein wichtiger Faktor ist auch, dass die türkischen Geldinstitute gut gerüstet sind. Wir hatten im Jahr 2001 unsere eigene Finanzkrise, und seitdem ist viel unternommen worden, um die Risiken moderat zu halten.“
Wachsender Tissuemarkt In der Türkei werden jährlich etwa 600 000 Tonnen Tissuepapier produziert. Der Binnenverbrauch beläuft sich auf circa 410 000 Tonnen, so dass fast ein Drittel der Produktion in den Export wandert. Wegen des guten Absatzes der Endprodukte ist bei den Zellstoffimporten ein Wachstum zu verzeichnen. Geografisch betrachtet sind die türkischen Hersteller von Tissuepapier unweit der Länder des Nahen Osten ansässig, die weder über Waldreichtum noch über bemerkenswerte Papierproduktion verfügen. Da die Türkei sich zudem guter Geschäftsbeziehungen in alle Himmelsrichtungen sowie eines effizienten Hafensystems erfreut, ist ein reger Handel zu verzeichnen. Der Zellstoff wird mit Schiffen im- und die Endprodukte exportiert. Die Exporte türkischen Tissuepapiers fließen in die gesättigten Märkte Europas und die Wachstumsmärkte im Osten. ”Der Prokopfverbrauch an Tissuepapier beläuft sich in Griechenland auf etwa 16 kg pro Jahr, in Bulgarien auf 5,3 kg, wohingegen er in unseren östlichen Nachbarländern sogar noch unter dem weltweiten Durchschnittswert von 4,2 kg liegt. Aber der Abstand wird geringer.
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„Vor sechs Jahren haben wir den türkischen Tissuemarkt betreten, und jetzt sind wir bereits der größte Hersteller. Zu unseren Produkten zählen die Premiummarke Papia, die Value-for-Money-Marke Familia und das preisgünstige Teno“, berichtet Dr. Orhan İdil, Vorstandsmitglied bei Hayat. Orhan İdil.
Gemäß dem jüngsten RISI-Bericht steigt der Verbrauch von Tissuepapier in Armenien und Aserbaidschan um 10 Prozent jährlich an, und in Iran, Syrien und Georgien ist mit einem jährlichen Wachstum um über 5 Prozent zu rechnen”, sagt Dr. Orhan İdil, Vorstandsmitglied bei Hayat, einem der Hersteller von Tissuepapier in der Türkei. „Die ökonomische Unsicherheit in Europa hat dazu geführt, dass dort mehr auf Umstrukturierungen gesetzt wird, anstatt in neue Maschinen zu investieren. Die europäischen Kunden halten die Angebot-Nachfrage-Balance, indem sie Jumborollen kaufen, zum Beispiel von uns. Einige Länder in Nahost haben Tissueprojekte ins Leben gerufen, die sich negativ auf unsere Exportmöglichkeiten auswirken. Iran stellt die einzige Ausnahme dar, weil das Investitionsrisiko dort sehr hoch ist. Wir sind von einem wachsenden Export dorthin überzeugt“, setzt Orhan İdil fort.
Mehr Handel mit den Nachbarn Hayat sieht auch ansonsten gute Chancen in der Region. Dr. İdil erläutert die Strategie, mit der das Unternehmen kontinuierlichen Erfolg anstrebt. „Unser Ziel ist es, einer der weltweit führenden Tissuepapierhersteller zu werden. Dies erfordert Investitionen in modernste Technologie und Produktexporte in Länder, in denen der Tissueverbrauch zwar noch niedrig, aber deutlich im Wachstum begriffen ist. Dort müssen wir starke Markenzeichen kreieren und die größten Marktanteile erobern.“ „Derzeit liefern wir unsere Produkte in über 40 Länder. 80 Prozent unseres Exporthandels entfallen auf Aserbaidschan, Georgien, Bulgarien, Moldawien, Zypern, Syrien, Algerien, Irak und Armenien. Wir beabsichtigen nicht, lediglich die Exporte zu steigern, sondern auch in diesen Ländern zu investieren. In Iran wird noch vor Ende des Jahres eine Tissue-Produktionslinie mit einer Kapazität von 60 000 Tonnen in Betrieb genommen. Wir investieren auch in Russland, wo die Produktion im Jahr 2014 aufgenommen wird”, berichtet er.
Wissensaustausch gefragt Zellstoff ist der wichtigste Rohstoff für Papierunternehmen. Die Beziehung zwischen Zellstoffproduzenten und
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Papierfabriken stützt sich auf technisches Know-how und solide Zusammenarbeit. „Wir verwenden selbstverständlich ausschließlich Zellstoff, der unseren strengen Qualitätsanforderungen entspricht“, sagt Dr. İdil. „Um unsere Wettbewerbsfähigkeit sowohl am Binnenmarkt als auch an den Exportmärkten halten zu können, müssen wir uns kontinuierlich nach den bestmöglichen Bedingungen umsehen. Für einige unserer Kunden ist beispielsweise die FSC-Zertifizierung wichtig, so dass wir in gewissen Fällen Hersteller bevorzugen, die diese Zertifizierung vorweisen können.“ „Metsä Fibres technisches Know-how und Kompetenz wird von uns sehr geschätzt, da uns damit ermöglicht wird, wirklich das Beste aus den Fasern herauszuholen. Es wäre sicherlich angebracht, die Kontakte des technischen Personals beider Unternehmen zu intensivieren. Zellstoffexperten würden unsere Fabriken besuchen und umgekehrt”, überlegt Orhan İdil.
Lila Kagits Wachstumsvisionen Seit 2006 betreibt Lila Kagit eine Tissuepapiermaschine in Tekirdağ, einer der bedeutendsten Städte im europäischen Teil der Türkei, etwa 100 Kilometer westlich von Istanbul gelegen. Eine zweite Maschine wurde gerade im Februar 2012 in Betrieb genommen. Orhan Öğücü, Vorstandsvorsitzender von Lila Kagit, ist vom Wachstum des Tissuegeschäfts überzeugt. Er sagt, das Unternehmen habe von Anfang an Jumborollen nach Europa, Nordafrika und Asien exportiert. Jetzt sieht er sowohl die Chance als auch die Notwendigkeit, den Export weiter voranzutreiben. „Die Produktionskapazität ist in der Türkei über Jahre hinweg kontinuierlich gestiegen. Aus uns wird in Kürze eines der führenden Exportländer für Jumborollen und sonstige Papierendprodukte. Zu Lila Kagits Strategie zählt vor allem ein Exportanstieg bei Jumborollen”, bekräftigt er. Lila Kagits Geschäftsstelle in Istanbul befindet sich nahe des Flughafens im 23. Stock eines modernen Bürohauses mit herrlichem Blick über die zeitlose Großstadt. Der rege Verkehr rauscht unten sechsspurig vorüber, und wir setzen unser Gespräch mit Orhan Öğücüs Vorstellungen über den Bau eines Zellstoffterminals am Ufer des
„Mit Anstieg der Produktionskapazität wird die Türkei zu einem führenden Exporteur von Tissuepapier in der Region”, prophezeit Orhan Öğucu, Vorstandsvorsitzender von Lila Kagit.
Hayats Tissuefabrik ist östlich von Istanbul in Yeniköy nahe der Stadt Izmit gelegen.
Orhan Öğücü
Marmarameeres fort. Dies käme seiner Meinung nach allen Papierunternehmen der Region zugute. „Auf beiden Seiten des Marmarameeres finden sich großartige Häfen. Der Terminal könnte in einem dieser Häfen in Kooperation mit den Zellstofflieferanten errichtet werden. Diese würden die Ware in den Terminal liefern, und wir wären für die Distribution von dort aus verantwortlich. Auf diese Weise könnten wir auch in den Wintermonaten die Verfügbarkeit des Rohstoffs sichern, wenn das Eis die Häfen Finnlands und Schwedens bedroht. Auch Preisschwankungen könnten so ausgeglichen werden“, meint Orhan Öğücü.
Distributionseffizienz in der Türkei sehr wichtig Die AK Gida-Gruppe (Tul Kagit) unterhält eine nagelneue Tissuefabrik in Pamukova, einer lebhaften Indus triestadt etwa 150 Kilometer östlich von Istanbul. Die Papiermaschine wurde im August 2011 nach einer nur fünfzehnmonatigen intensiven Bau- und Installationsphase in Betrieb genommen. Auf demselben Anwesen arbeiten auch AK Gidas Molkereifabriken. Werksdirektor Erkan Tırnavalı berichtet, dass bei der Planung der Fabrik von Anfang an auf Ausbaufähigkeit geachtet wurde: der Gebäudegrundriss wie auch die Verarbeitungs- und Lagerräume erlauben jederzeit die Installation und Inbetriebnahme einer zweiten Tissuelinie. „Konsumgüter bedürfen effizienter Distributionskanäle – Tissueprodukte bilden da keine Ausnahme. Die Eigentümer unserer Fabrik, Ülker und der Topbas-Konzern, sind neben dem industriellen Geschäft auch maßgeblich an Einzelhandelsketten beteiligt. Dies erleichtert eine effiziente Distribution unserer Produkte an die Verbraucher in der gesamten Türkei. Außerdem exportieren wir einen Großteil unserer Produktion in Form von Jumborollen nach Großbritannien, sagt Erkan Tırnavalı.
Technologieorientiertes Markenmanagement AK Gida unterzog die Produktfamilie Komili im März in der Region Izmir einem Testmarketing. Auf den KomiliVerpackungen erscheint deutlich sichtbar auch stets das
„Qualitativ hochwertiger Zellstoff, einwandfreier Ruf und Mehrwert schaffende Services – das nenne ich Engagement“, definiert Erkan Tırnavalı.
Erkan Tırnavalı
Markenzeichen Viscosoft, das für die Technologie steht, die dem Tissuepapier den letzten Schliff gibt. „Komili ist ein in der Türkei weit bekanntes Markenzeichen, aber jetzt erscheint es erstmals im Tissuegeschäft. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Produkte als preisgünstige Hygienepapiere durchsetzen werden. Der Name Viscosoft steht für eine technologische Lösung zur Optimierung von Weichheitsgrad und Saugfähigkeit des Papiers, d.h. nicht nur größere Papierstärke sondern auch größere Papierdichte“, erläutert Erkan Tırnavalı. Als engagierter und erfahrener Experte der Prozessindustrie erfreut Erkan Tırnavalı die wachsende Diskussion über Faserkompetenz in der Papierindustrie. „Die Qualität des Zellstoffs hat direkte Auswirkungen auf zentrale Eigenschaften des Papiers, wie Dicke, Weichheitsgrad und Voluminösität. Je nach den gewünschten Eigenschaften der Endprodukte müssen wir diese Faktoren berücksichtigen, wenn wir entscheiden, welchen Zellstoff wir verwenden – Weichholz, Hartholz oder beides“, betont er. „Metsä Fibres Zellstoff aus nordischem Nadelholz bietet hohe Voluminösität, aber seine Saugfähigkeit und Weichheit müssen wir noch verbessern und unseren Bedürfnissen anpassen. Es gibt also immer Bedarf an weiterführenden Gesprächen und Gedankenaustausch“, lächelt Erkan Tırnavalı.
Die Welt aus Istanbuls Perspektive Während der Reise aus dem asiatischen Teil der Türkei nach Istanbul betrachtet Sarp Erkaya den regen Verkehr auf den Brücken des Bosporus, und sagt: „Im Vergleich mit anderen Geschäftskulturen wird in der Türkei heute mehr Wert auf Ehrgeiz, Engagement in den Kundenbeziehungen und auf Wachstumswillen gelegt.“ „Interpap möchte den Warenlieferanten einen lokalen Mehrwert bieten. Wir verfügen über vielseitige und umfassende Kenntnisse in Finazierungs-, Verschiffungs- und Produktfragen, und setzen auf einen offenen und kontinuierlichen Informastionsfluss. Metsä Fibres Portfolio mit Nadel- und Laubholzzellstoff hat uns einen technischen Marktvorteil erbracht”, stellt er fest. Neben Zellstoff handelt Interpap auch mit Papier, Chemikalien und zahlreichen weiteren Rohstoffen. Das Familienunternehmen verfügt über Büros in Istanbul, London, Moskau, Toronto, Sao Paulo und Neu-Delhi.
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Qualitätsmanagement heißt Bündelung aller Kunden- und Anwendungserfahrungen.
Innovationen zur Qualitätssteigerung Wenn in der Industrie irgendetwas unvergänglich ist, dann ist dies das nimmermüde Bestreben im Produktions- und Qualitätsmanagement, die Produktqualität zu steigern, um den Kundenbedürfnissen gerecht werden zu können. Ismo Nousiainen von Metsä Fibre erläutert, wie mit Hilfe dieser Arbeit in der Welt des Zellstoffs Vertrauen aufgebaut wird. TEXT alpo räinä • BILDER JERE HIETALA, MATTI IMMONEN, PEKKA KIIRALA UND SHUTTERSTOCK
ich sagen, dass man die Begriffe Zuverlässigkeit und Vertrauen nicht voneinander trennen sollte. Sie gehen Hand in Hand.” Ismo Nousiainen weiß, wovon er spricht. Immerhin hat er gut fünfzehn Jahren bei Metsä Fibre als Ingenieur, Produktionsleiter und Fabrikleiter gearbeitet und ist jetzt als Produktionsdirektor für die Produktion der vier finnischen Werke des Unternehmens verantwortlich. Mit der Genauigkeit des Ingenieurs gewährt er uns einen fundierten Einblick in die Technologie der Zellstoffherstellung. Anschließend beschreibt Ismo Nousiainen, wie wichtig der menschliche Beitrag auch in einer derart hoch automatisierten Branche ist. „Zu meinen Managementaufgaben zählen die Umsetzungskontrolle unserer technischen und Serviceverspre„Aufgrund eigener Erfahrung würde
chen sowie – gemäß unserer gemeinsamen Werte - die Führung der Produktionsorganisation der Werke.“
Führung von vorn „Unsere Mitarbeiter bedienen eine überaus fortschrittliche Technologie, und dies sehr selbständig, und alle haben den unbedingten Wunsch nach Erfolg. Vielseitig kompetente Teams führen präventive Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten durch. Wenn uns etwas verbindet, dann ist dies der gemeinsame Wille, Qualität der Weltklasse zu produzieren”, sagt Ismo Nousiainen nicht ohne Stolz. In der finnischen Kultur ist Vertrauen ein zentraler Begriff. Geschätzt werden Menschen, die Verantwortung tragen, dies aber nicht in erster Linie tun, um Dank zu ernten. Beliebte
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Vorgesetzte überwachen die Arbeit nicht um des Überwachens willen, sondern sie führen, betreuen, unterstützen und versuchen, als gutes Beispiel voranzugehen. Die heute typischen, flachen Organisationsstrukturen, die auch in Zellstofffabriken eher die Regel als die Ausnahme darstellen, erhöhen den Stellenwert des Verantwortungtragens. „In unserer Unternehmenskultur konzentriert sich das Management darauf, Verbesserungsmöglichkeiten für die gesamte Tätigkeit zu erarbeiten und deren Umsetzung in effizienten Projekten zu organisieren. Metsä Fibre hat im Laufe der Zeit erfolgreich an seinen Fähigkeiten gefeilt, in stetigem Wandel zu überstehen“, fügt Nousiainen zufrieden an.
Sicherheit vorrangig Im Jahr 2008 wurden in Metsä Fibres Fabriken fünfzig Betriebsunfälle registriert, die zum Verlust von Arbeitstagen führten. Kein Wunder also, dass Fragen der Arbeitsgesundheit und -sicherheit höchste Priorität eingeräumt wurden. „Meiner Meinung nach zeigt unsere Entscheidung, der beliebteste Arbeitgeber der Zellstoffindustrie zu werden, wie ernst wir diese Herausforderung genommen haben und nehmen. Zunächst erstellten wir einen Aktionsplan zur Verbesserung der Arbeitssicherheit, und seit dieser in allen Produktionsstätten Anwendung gefunden hat, ist die Zahl der Betriebsunfälle um 80 Prozent gesunken.“
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„Sicherheit zählt auch zu den Faktoren, die Vertrauen zwischen allen Beteiligten aufbauen – dieses Vertrauen erstreckt sich über alle Ebenen, von den Eigentümern über die Werksführung und Mitarbeiter bin hin zu den Kunden und Kooperationspartnern. Selbstverständlich gewährleistet hohe Arbeitssicherheit auch zuverlässige Lieferungen und reduziert Störungen jeglicher Art“, merkt Ismo Nousiainen an.
Mehrwert durch Zuverlässigkeit
Zur Messung der Zellstoffqualität ist die traditionelle Probenahmetechnik für das heutige Produktionstempo zu zeitaufwändig. Aus diesem Grund haben wir einen Qualitätsindex eingeführt, der die Kunden über Produktionsdaten in Kenntnis setzt.
Bei Betrachtung der Grundpfeiler für Vertrauen, also auch der Einhaltung aller wesentlichen Qualitäts- und Lieferversprechen, wird deutlich, dass wirklich immer Wort gehalten werden muss. Dazu muss ohnehin jeder in der Lage sein, aber heutzutage ist in Geschäftsbeziehungen wahre Transparenz gefragt. „Mir persönlich ist klar, dass die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Wertkette zunehmen muss. Zu allererst sollte die Kommunikation erhöht und verbessert werden. Dies bedeutet, dass technischer Kundenservice, Vertrieb und Marketing sowie Produktionsteams der Fabriken eines Zellstoffunternehmens gemeinsam mit den technischen Experten auf Kundenseite Bausteine des Vertrauens schaffen müssen – und dadurch auch Mehrwert”, erläutert Nousiainen. Die 40-jährige Union mit den integrierten Papierfabriken der Metsä Group hat Metsä Fibre einen einzigartigen Vorteil in der Produktentwicklung geboten. „Auch wenn manche denken mögen, dass uns diese Beziehung irgendwie eingeschränkt hat, bin ich ganz gegenteiliger Meinung: außer einem Kunden stand uns zusätzlich ein riesiges und wahrhaftiges „Testlabor“ zur Verfügung. Wir hatten die einmalige Chance, die neuesten Ideen und Innovationen in Zusammenarbeit mit dem Kunden zu erforschen, zu entwickeln und anzuwenden”, berichtet Nousiainen. Mit einem Beispiel dafür, wie Kundenfeedback und praktische Erfahrungen zur Erhöhung der Faserqualität beitragen können, ergänzt er: ”Ein allgemeingültiger Qualitätsindex ist ein überaus ehrgeiziges Ziel. Aber wir haben mittlerweile einen Index entwickelt, der funktioniert. Er basiert auf tatsächlichen Erfahrungen und Informationen von Kunden, die über Jahrzehnte auf unseren Zellstoff gesetzt haben. Ohne diese Informationen wäre dieser Index nicht möglich gewesen.“ Auf lange Sicht tragen gerade solche Innovationen entscheidend zu höherer Zuverlässigkeit der Fasern in der Papierproduktion bei. Auch zeigen sie auf, dass Zuverlässigkeit und Vertrauen letzten Endes aus dem gleichen Holz geschnitzt sind.
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Lieferanten für die Bestseller
Lebensmittelkartons sind eine Kunst für sich. Winzige Verpackungen preisen Brands an und schützen die Produkte und deren Aromen. Zudem gewährleisten sie effizientes Logistik- und Bestandsmanagement. Welche Rolle spielt dabei die Zellstofffaser? TEXT Alpo Räinä • bilder JERE HIETALA uND SHUTTERSTOCK
Wir versuchen zu klären, welche Voraussetzungen ein
moderner Verpackungskarton erfüllen muss, um den Bedürfnissen der Markenzeichen und Konsumenten gerecht zu werden. Zu diesem Thema befragten wir die Entwicklungsleiter Kai Hellsten und Antti Aronen von Metsä Board, einem der weltweit führenden Hersteller von Karton aus Primärfasern. „Produktsicherheit hat oberste Priorität“, sagt Kai Hellsten. „Dazu zählen zahlreiche Eigenschaften, wie zum Beispiel Reinheit oder Geruchs- und Geschmacksneutralität. Jegliche Beeinträchtigungen des verpackten Produkts sind auszuschließen, auch bei langer Lagerung.“ Die Sicherheit wird durch regelmäßige Tests und Laboruntersuchungen gewährleistet. Neben den Kartonfabriken müssen auch die Fabriken der Zellstofflieferanten ISO 22000-zertifiziert sein. Qualitätssicherung geht aber noch weiter – bis hin zur Waldpflege sogar. „Fragen der Nachhaltigkeit, wie beispielsweise die Herkunft des Holzes oder die Zertifizierung die Wälder, sind vieldiskutierte Themen in der Produktentwicklung und bei Kundentreffen. Man muss eine lupenreine Weste haben“, bekräftigt Antti Aronen.
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Ob man nun in einem exquisiten Warenhaus oder im lokalen Supermarkt einkauft, von allen Seiten prasseln attraktive Markenversprechen auf den Käufer ein. Sowohl bei einheimischen Produkten als auch bei Delikatessen aus aller Welt dient die Verpackung sehr häufig als wichtiges Verkaufsargument. Dem ersten visuellen Eindruck lassen viele Verbraucher einen „Fühltest“ folgen, bei dem instinktiv Robustheit und Gewicht des Kartons ertastet und überprüft werden. „Unser Karton besteht aus drei Schichten: die beiden äußeren Schichten werden aus festem, reinem Zellstoff von Metsä Fibre hergestellt, die mittlere Schicht hingegen ist aus unserer eigenen chemothermomechanischen Pulpe (CTMP). Die Außenschichten gewährleisten Steifigkeit und ausgezeichnete Druckeigenschaften, und die mittlere Schicht ermöglicht eine voluminöse Verpackung mit geringem Gewicht“, erläutert Kai Hellsten. „Interessanterweise hat die Bedeutung von höchster Helligkeit und Glanz als entscheidende Wettbewerbsfaktoren in letzter Zeit abgenommen. Die Kunden legen größeren Wert auf konstante Qualität und Verdruckbarkeit auf ihren Verpackungslinien, also ein attraktives PreisLeistungs-Verhältnis“, meint Hellsten.
Kundenvertrauen Metsä Board verkauft seinen Verpackungskarton weltweit. Ein wichtiger Teil der Produktentwicklung ist die Verbesserung der Kartoneigenschaften in Kooperation mit Metsä Fibre. „Im Laufe der Jahre konnten wir beachtliche Entwicklungsfortschritte verzeichnen, unter anderem im Mahlungsprozess. Aus Erfahrung können wir unseren Kunden versprechen, ihre Ziele zu erreichen. Nur langfristige Zusammenarbeit bildet Vertrauen, das die Kunden wirklich erreicht“, glauben Antti Aronen und Kai Hellsten.
Metsä Board verkauft seinen Verpackungskarton weltweit. Ein wichtiger Teil der Produktentwicklung ist die Verbesserung der Kartoneigenschaften in Kooperation mit Metsä Fibre. ECHO 1/2012 —
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Ökoeffiziente Verpackungen für länger haltbare Lebensmittel und weniger Abfälle
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Juha-Matti Katajajuuri, Forschungsleiter bei MTT (Forschungsinstitut für Land- und Lebensmittelwirtschaft Finnlands), räumt mit Umweltmythen auf. TEXT Hanna-Maija Kause • BILDER PEKKA KIIRALA UND SHUTTERSTOCK
JUHA-MATTI KATAJAJUURI
Wegen ihrer erneuerbaren Rohstoffe, Recycelbarkeit und Vielseitigkeit sind faserbasierte Kartons, Pappen und Papiere als Verpackungsmaterial besonders gut geeignet. Auch die Entwicklung und Verbesserung der Materialeffizienz und neuartiger Verpackungslösungen beispielsweise stärken die Stellung von Karton nachhaltig. Das im vergangenen Jahr von VTT (Staatliches Technisches Forschungszentrum Finnlands) realisierte Forschungsprojekt ”Lebensmittelverpackung der Zukunft” ergab, dass ökologische Aspekte der Verpackungen bei Verbrauchererwartungen eine immens wichtige Rolle einnehmen. Als ökologisch wird gemäß der Studie beispielsweise eine recycelbare, bescheidene oder auf Zellstoff basierende Kartonverpackung angesehen. Alle diese Faktoren beeinflussen zwar auf ihre Weise den Grad der Umweltauswirkungen von Verpackungen, aber der für den Umweltfußabdruck von Lebensmittelverpackungen wichtigste Faktor dürfte viele von uns überraschen. Juha-Matti Katajajuuri, Forschungsleiter bei MTT (Forschungsinstitut für Land- und Lebensmittelwirtschaft Finnlands) leitet den Forschungsbereich „Gesunde Nahrungsmittelkette – gesunde Verbraucher“, der sich mit zahlreichen Themenbereichen befasst, zu denen unter anderem die ethische Verantwortung in der Nahrungsmittelkette, Umweltfußabdrücke von Lebensmitteln und eine gesunde Ausgewogenheit der Ernährung zählen. Die von Katajajuuri geleitete Studie ”Futupack EKO2010” und das parallel laufende Projekt ”Foodspill” über Lebensmittelabfälle räumten mit Umweltmythen hinsichtlich Lebensmittelverpackungen auf. Zentrales Ergebnis der Untersuchungen war, dass die Umweltbelastung der verpackten Produkte in der Regel deutlich höher ist, als die der Verpackungen selbst. ”Wenn der Umweltfußabdruck von Lebensmitteln untersucht wird, dann hat die Verpackung natürlich ihren Anteil daran, aber vielleicht nicht in dem Maße, wie häufig angenommen”, sagt Katajajuuri.
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Ökologisch sind Verpackungen, die dazu beitragen, dass die verpackten Produkte in vollem Umfang konsumiert werden.
Katajajuuri präzisiert, dass die Umweltauswirkungen von Lebensmittelverpackungen im negativen Sinn keineswegs bedeutend sind, im positiven Sinn jedoch sehr wohl bedeutend sein können. Die Umweltbelastung der Verpackung selbst ist kein besonders ausschlaggebender Faktor. Im positiven Sinn reduziert eine gute Verpackung jedoch den Umweltfußabdruck und verhilft dem beinhalteten Lebensmittel sogar in die Verkaufsregale zu gelangen. Hinsichtlich des Umweltfußabdrucks liegt die wichtigste Aufgabe einer Verpackung darin, Lebensmittelabfälle und die Umweltbelastung durch überflüssige Nahrungsmittelproduktion zu reduzieren. Und dies erledigt die Verpackung, indem sie das Produkt schützt und „verkauft“. „Ökologisch sind Verpackungen, die dazu beitragen, dass die verpackten Produkte in vollem Umfang konsumiert werden“, fasst Katajajuuri zusammen. Die ursprünglich als ökologisch angesehene Minimierung des Verpackungsmaterials macht beispielsweise nur dann Sinn, wenn die Reduzierung nicht gleichzeitig zu einem höheren Abfallaufkommen durch verdorbene Lebensmittel führt, und die Verpackung weiterhin allen an sie gesetzten Anforderungen gerecht wird. „Wenn man die Produktion von Karton und Papier betrachtet, ist festzustellen, dass der Anteil des Holzwachstums an der Entstehung der Fußabdrücke wahrlich nicht kritisch ist“, meint Katajajuuri. Was Papier und Karton unter Umweltaspekten betrifft, kommt einer nachhaltigen Waldpflege größere Bedeutung zu. Dies zeigt sich nicht unbedingt im Fußabdruck, aber es ist durchaus von Bedeutung, dass nicht mehr Naturressourcen verbraucht werden als nachwach-
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sen können. Statistiken des Finnischen Instituts für Waldforschung (Metla) besagen, dass in Finnland jährlich etwa 100 Millionen Kubikmeter Holz nachwachsen, während circa 65 Millionen Kubikmeter abgeholzt werden. Der jährliche Überschuss ist demnach beachtlich.
Eine gute Verpackung ist eine weltweit „gute Ökotat“ In den Schwellenländern ist das durch Lebensmittelkonsum verursachte Abfallaufkommen laut Katajajuuri besonders wegen der unterschiedlichen Aufbewahrungsmöglichkeiten am Ende der Verbrauchskette deutlich höher als in westlichen Ländern. Geringe oder unzureichende Verpackung von Lebensmitteln führt zu höherem Abfallaufkommen. Katajajuuri betont auch, dass sich Lebensmittel nicht nur in Finnland, sondern weltweit als eine der zentralen Fragen in der Nachhaltigkeitspolitik entpuppt haben. Die Gründe hierfür liegen nicht nur in den Umwelteinflüssen der Lebensmittelproduktion, insbesondere wegen des globalen Ungleichgewichts im Nährstoffkreislauf und des Klimawandels, sondern auch wegen der Sicherung einer weltweit ausreichenden Nahrungsmittelversorgung. Wäre es vor diesem Hintergrund nicht eine ”gute Ökotat”, adäquate, z.B. auf Zellstoff basierende Verpackungen für die Schwellenmärkte zu entwickeln? „Das wäre es in der Tat. Eine echte, gute Ökotat im wahrsten Sinne des Wortes und keine Scheinheiligkeit“, sagt Katajajuuri.
BILD MetsÄ GROUP
KOLUMNE Riikka Joukio ist bei Metsä Group für nachhaltige Entwicklung und Lobbyarbeit zuständig. Sie ist seit 20 Jahren in der Verpackungskartonbranche tätig.
Nachhaltige Entwicklung – und dann? Nachhaltige Entwicklung ist zu einem wichtigen Bestandteil der Tätigkeit eines jeden Unternehmens geworden. Der öffentliche Druck von Seiten der Kunden, Verbraucher, Kooperationspartner, Umweltverbände, Behörden und Medien nimmt kontinuierlich zu. Für eine nachhaltige Entwicklung können Unternehmen heute keine Schubladenlösung nutzen, oder lediglich die beharrlichen Erkundigungen der Interessengruppen nach Umweltinformationen beantworten. Innerhalb der Metsä Group wurde der Kern der nachhaltigen Entwicklung mit Hilfe einer Wesentlichkeitsanalyse definiert. Dabei kristallisierten sich vier wichtige Teilbereiche heraus, die auch mit der Wertkette der Konzerngesellschaften konform gehen: nachhaltige Produkte, nachhaltige Lieferkette, umwelteffiziente Produktion und Wohlergehen der Interessengruppen. Da nachhaltige Entwicklung ein unglaublich komplexes Thema ist, haben wir unser Analyseprojekt in verschiedene Phasen aufgeteilt. Die Konzernmitarbeiter haben wir mit Hilfe von Interviews und Workshops eingebunden, zudem haben wir eine umfassende Befragung der Interessengruppen durchgeführt und externe Experten zu Rate gezogen. Und die Ergebnisse der Analyse sind auch nicht in Stein gemeißelt, sondern sie werden mit Hilfe eines kontinuierlichen Dialogprozesses immer wieder aktualisiert. Alle Analysen und beeindruckenden Veröffentlichungen sind ohne praktisches Handeln jedoch wertlos. Zu den größten Problemen einer nachhaltigen Entwicklung zählen die Komplexität des Themas und seine umfangreichen Sachzusammenhänge. Daher sollten in der Arbeit für eine nachhaltige Entwicklung verschiedene Aspekte anhand von konkreten Beispielen veranschaulicht werden. Wegen der Tragweite der Entscheidungen besteht freilich die Gefahr, dass die nachhaltige Entwicklung insgesamt Schuldzuweisungen ausgesetzt wird. Tatsache ist jedoch auch, dass die Menschheit auf natürliche Ressourcen angewiesen ist – sie müssen eben nur nachhaltig genutzt werden. Die Verbraucher sind besser informiert als je zuvor. Sie treffen wertebasierte, ethische und verantwortungsbewusste Entscheidungen. Sie möchten Gutes tun. Hiervon können Handel und Markeninhaber nicht unbeeindruckt bleiben, und somit auch die Metsä Group nicht. Andererseits betrachten die Menschen die Dinge oftmals aus zu engem Blickwinkel und treffen ihre Entscheidungen aufgrund imaginärer und abstruser Erwägungen. Es ist eine deutliche Ignoranz
der Grundfakten zu erkennen. Verpackungen werden beispielsweise häufig als umweltschädlich angesehen, obwohl sie für lediglich unter fünf Prozent der Umweltauswirkungen des Produkts verantwortlich sind. Verpackungen schützen die Produkte und tragen dadurch drastisch zu einer Reduzierung des weltweiten Nahrungsmittelmangels bei. Schätzungen zufolge könnten mit den jährlich verderbenden Lebensmitteln alle armen und Hunger leidenden Menschen der Erdkugel ernährt werden. Während die EU anspruchsvolle Emissionsziele setzt und die Gesetzgebung verschärft, nimmt der weltweite Kohleverbrauch weiterhin zu. Es besteht die Gefahr, dass Produkte wegen niedrigerer Energiepreise zunehmend außerhalb der EU hergestellt werden. Somit tragen die europäischen Emissionsgrenzwerte indirekt zu einer Emissionssteigerung in denjenigen Ländern bei, in denen kohlenstoffintensive Industrieunternehmen fossile Brennstoffe ohne Auflagen nutzen können. Zusätzlich zu den Umweltauswirkungen schwächt dieses so genannte Carbon Leakage die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der EU. Was sollte also getan werden, um tatsächliche Verbesserungen zu erzielen? Die EU wird umfassende Richtlinien festlegen, im Rahmen derer die verschiedenen Branchen ihre eigenen Standpunkte darlegen, wie die Ziele auf bestmögliche Weise erreicht werden können. Daraus resultierend werden Roadmaps für eine kohlenstoffarme und ressourceneffiziente Zukunft in Mode kommen. Die im vergangenen Jahr vom Verband der Europäischen Papierindustrie CEPI veröffentlichte Roadmap beispielsweise ist mit Blick auf den Klimawandel von Bedeutung und zeigt der Forstwirtschaft Wege hin zu einer kohlenstoffarmen Bioökonomie auf. Der auf wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit abzielende Plan setzt in starkem Maße auf neue Innovationen, mit deren Hilfe die fossilen Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent gesenkt werden sollen. Zum Glück leben wir bereits jetzt weitgehend in einer Bioökonomie, in der sich die forstwirtschaftlichen Unternehmen als Bahnbrecher präsentieren. Wir haben einen großartigen erneuer- und recycelbaren Rohstoff, der in vielen Fällen fossile Ressourcen ersetzen kann. Neben seiner Verwendung für Karton- und Papierprodukte kann Holz auch für die Produktion von Biokraftstoffen und neuen Fasermaterialien sowie im nachhaltigen Bauen genutzt werden. Der Kampf gegen den Klimawandel muss global geführt werden. Letztendlich steckt die Lösung immer in den Köpfen der Menschen.
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GEMREINSAME WÄ
Martti Hetemäki
Martti Hetemäki, Untersekretär im finnischen Finanzministerium, könnte auch Finnlands Herr Euro genannt werden. Er hat in den letzten Jahren rund um die Uhr für die Rettung unserer gemeinsamen Währung und die Stabilisierung der Eurozone gearbeitet. ECHO bat Hetemäki um eine Einschätzung des Zustands des Euro und der wirtschaftlichen Zukunft Finnlands. TEXT Anna-Mari Vimpari • BILDER PEKKA KIIRALA UND SHUTTERSTOCK
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ÄHRUNGSRETTUNG
An einem Montagmorgen im März nimmt ein ausgeglichener Mann auf dem Sofa in seinem mit Papierstapeln gefüllten Arbeitszimmer Platz. Nichts an Martti Hetemäkis Auftreten weist darauf hin, dass erneut eine ganze Woche mit zahlreichen Treffen und Gesprächen in Brüssel zum Thema Euro verstrichen ist – Anfang der Woche im Zuge vorbereitender Beamtentreffen und am Ende der Woche gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten beim Spitzentreffen. Er erinnert an einen begeisterten Langstreckenläufer, der mit seiner ganzen Erscheinung anzeigt, dass noch ein weiter Weg vor ihm liegt. Die derzeitige Phase der Verunsicherung in der Weltwirtschaft unterscheidet sich von der Rezession im Jahr
1990 darin, dass Finnland dieses Mal nicht zu den Hilfe empfangenden Staaten zählt, sondern zu denen, die zielund zweckorientiert gewirtschaftet haben, und deren Worten bei der Krisenbewältigung ganz besonders Gehör geschenkt wird. Zu diesem so genannten Club der AAALänder, also der Länder mit der Topbewertung der Rating agenturen, zählen aus dem Euroraum neben Finnland lediglich Deutschland, Luxemburg und die Niederlande. Laut Hetemäki ist es eine Frage des Vertrauens. „Natürlich haben zahlreiche Euroländer eine Menge Arbeit vor sich. Der Marktdruck bleibt bestehen, und die Vertrauensrückgewinnung setzt eine unnachgiebige und zielorientierte Wirtschaftspolitik voraus. Das Vertrauen in
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die Fähigkeit, die Situation aus eigener Kraft zu retten, ist hinsichtlich vieler Länder sehr gering. Das zeigt sich darin, wie die Märkte die Wirtschaft dieser Länder bewerten.“ „Eine schnelle Umsetzung der gemeinsam vereinbarten Maßnahmen ist die Voraussetzung für Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Jetzt will man sehen, dass die Korrekturmaßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Neue Versprechen, Reden oder gar Verbindlichkeiten reichen nicht mehr aus, sondern jetzt wird ganz genau darauf geachtet, dass die Entscheidungen umgesetzt werden und sich die Wirtschaftszahlen verbessern“, sagt der Untersekretär. Die Lage wird aufmerksam verfolgt, und in allen europäischen Hauptstädten wie auch an den Börsen werden Resultate erwartet. „Die Entwicklung des Euroraums ist momentan sehr zweigeteilt, d.h. es gibt Länder, deren Grundvoraussetzungen in Ordnung sind, aber auch Länder mit großen Problemen. Die Schwierigkeiten beschränken sich nicht nur auf das Defizit der öffentlichen Haushalte oder Leistungsbilanzen, sondern es herrschen tiefere strukturelle Probleme bezüglich Administration, Korruption und der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft allgemein. Es ist keine Frage, dass es tief greifender Erneuerungen bedarf.“ „Die in Schieflage geratenen Länder haben die Bewältigung der Probleme selbst in der Hand. Diese Länder haben nur wenige Alternativen. Den von den Rettungspaketen betroffenen Ländern wurde eine Chance gewährt, ebenso wie Island und Lettland bei ihrem Wirtschaftszusammenbruch eine Chance gegeben wurde”, schildert Hetemäki. „Island und Lettland sind gute Beispiele dafür, dass die richtigen Entscheidungen und deren zügige Umsetzung aus einer aussichtslos erscheinenden Situation retten können, was viele damals nicht geglaubt hatten. Es wurde gesagt, dass Lettland ohne Abwertung nicht überleben könnte, und die strukturellen Probleme des Landes zu groß wären, um sie lösen zu können. Dennoch ist – zumindest vorläufig – Vertrauen zurück gewonnen worden, und dies sogar überraschend schnell. Dasselbe gilt für Island. Hetemäki ist ein unbeirrbarer Verfechter der Gemeinschaftswährung und davon überzeugt, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der Währungsunion notwendig waren. Die Frage, ob andere Entscheidungen denkbar gewesen wären, verneint er. „Zumindest bisher hat sich die Aufrechterhaltung des Euro gelohnt. Wir werden nie erfahren, wie es gelaufen wäre, wenn wir anders gehandelt hätten. Aber eines wissen wir: was getan wurde und wie es getan wurde, hat zu keinem kompletten Chaos oder Zusammenbruch geführt. Natürlich sind die Problemländer noch nicht aus dem Schneider, aber die wirtschaftliche Entwicklung nach der Finanzkrise war durchaus zufrieden stellend“, sagt Hetemäki.
Politik findet zur Wirtschaft zurück Hetemäki schätzt, dass die jetzt getroffenen politischen Entscheidungen trotz der gestiegenen Bedeutung der Marktreaktionen – oder vielleicht gerade durch diese –
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Die Dinge können manchmal eine komplett andere Entwicklung nehmen. Auch in der Forstindustrie ist sicher noch nicht alles zu Ende erfunden, Holz ist eben in vielerlei Hinsicht ein brillanter Rohstoff. größere Auswirkungen als bisher auf die Staatswirtschaften und Zukunftsperspektiven haben werden. „Die Bedeutung der Politik wächst im Guten wie im Bösen. Wir haben gesehen, welch großen globalen Einfluss die getroffenen oder nicht getroffenen Entscheidungen sowohl der EU als auch der Vereinigten Staaten auf die asiatischen Märkte hatte. Die gegenseitige Abhängigkeit ist groß. Andererseits bleibt die Situation ebenso schwierig, wenn keine Entscheidungen gefunden werden. Auch in dieser Hinsicht konnten wir in den letzten Jahren Erfahrungen sammeln“, fasst er zusammen. Hetemäki gibt zu, dass die Entscheidungen hätten früher getroffen werden müssen. „Die Liberalisierung der Finanzmärkte führte zu deutlichen Überschreitungen. Die Risikobereitschaft war überzogen, und der Selbstregulierung wurde zu viel Vertrauen geschenkt. Gleichzeitig herrschte aber auch die Zuversicht, dass die staatlichen Behörden die Risiken an den Märkten kontrollieren würden. Wenn öffentliche Behörden regeln und kontrollieren, dann stehen sie auch in Problemsituationen in der Verantwortung, obwohl es praktisch unmöglich ist, wirklich alles zu kontrollieren. Die globale Koordination und die Spielregeln der Weltwirtschaft wurden in den letzten Jahren laut Hetemäki in erfreulicher Weise intensiviert und angepasst. „Die schnelle, weltweite Krise Ende 2008 machte deutlich, dass in einem Umfeld gegenseitiger Abhängigkeit globale Spielregeln gelten müssen, mit denen ähnlichen Situationen vorbeugend entgegengewirkt werden kann. Beispielsweise wurden den Banken in Europa und den Vereinigten Staaten schnell höhere Kapitalpolster auferlegt.“ „Bereits während der damaligen Finanzkrise wurden zahlreiche neue Spielregeln beschlossen, beispielsweise hinsichtlich der Disziplinierung von Steuerparadiesen, der Finanzmarktregulierung oder des Risikomanagements. Durch diese Krise hat die G-20, in der die weltweit wichtigsten Staaten zusammengeschlossen sind, zweifelsfrei eine ganz neue Bedeutung gewonnen”, meint Hetemäki.
Auch Finnland vor Herausforderungen Auch die finnische Wirtschaft muss sich in den kommenden Jahren auf Herausforderungen einstellen. Nach Ansicht des Untersekretärs ist die Erörterung finnischer Probleme in letzter Zeit durch die Währungskrise ein wenig in den Hintergrund gerückt, und er erwartet eine öffentliche Diskussion über Finnlands zukünftige Wachstumsperspektiven. ”Wenn sich der Staub der Eurokrise ein wenig gelegt hat, wird man sehen, was sich dahinter verborgen hatte. Finnland
steht zumindest vor ein paar Herausforderungen. Unser Wohlfahrtssystem basiert auf einer günstigen Bevölkerungsentwicklung, in der die Zahl der Erwerbsfähigen zunimmt. Finnland ist gemeinsam mit Japan und einigen anderen Ländern eine Art Testlabor. Wie geht die Gleichung auf, wenn die Bevölkerung schrumpft?“ fragt Hetemäki, der auch international erfahren ist. ”Eine weitere Herausforderung ist der harte internationale Wettbewerb, dem unsere größtenteils traditionelle Industrie ausgesetzt ist. Einige Branchen stehen vor schwierigen strukturellen Veränderungen. Auch das Tempo der Veränderungen, wie schnell sich die Geschäfts- und Marktsituationen der Unternehmen ändern, stellt alle vor große Herausforderungen. Die Unternehmen müssen schnell auf veränderte Situationen reagieren, und gleiches gilt für das Arbeitsleben allgemein. Die Veränderungen wirken sich deutlicher und schneller als früher auf das Leben ganz gewöhnlicher Bürger aus”, meint Hetemäki. Aber in allem Schlechten liegt auch etwas Gutes. So sieht der Doktor der Volkswirtschaft die Vorteile des globalen Wettbewerbs für Finnland. „Die Intensivierung der internationalen Arbeitsteilung und das Einbringen der eigenen Stärken eröffnen einem Land wie Finnland auch wahnsinnige Chancen. Unsere Stärke Nummer eins ist unser Know-how, in dem wir uns leider noch als Underachiever präsentieren. Die finnische Gesellschaft, in der die Bürger weitestgehend eine gute Ausbildung genossen haben und in der Vertrauen zwischen den verschiedenen Akteuren herrscht, sollte in der Lage sein, die neuen Technologien effizienter zu nutzen”, glaubt Hetemäki.
Beamter, bleib bei deinem Leisten Auf Befragung nach dem besten Modell zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit wirft der Untersekretär den Ball den Unternehmen zu. Seiner Ansicht nach wird Wettbewerbsfähigkeit von Menschen und Unternehmen geschaffen, nicht vom Staat. Die Rolle des Staates bei der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit sieht er auf die Vorgabe der Rahmenbedingungen beschränkt. „Finnland verfolgt schon seit langem eine nachfrageorientierte Innovationspolitik, was in der Praxis bedeutet, dass der Staat vielleicht eine Rolle im öffentlichen Beschaffungswesen spielt, und darin, in welchem Umfang eine Auftragsvergabe an innovative Unternehmen möglich ist. Junge Unternehmen brauchen gewöhnlich vor allem Aufträge und Einnahmen. In Finnland wird umfangreich auch in F&E und Ausbildung investiert, aber aus irgendwelchen Gründen tragen diese Investitionen überraschend wenig Früchte. Andererseits werden unter dem Begriff Know-how heute im Vergleich zu früher nicht mehr nur in einer Lehranstalt erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten verstanden“, analysiert Hetemäki. „In Finnlands Wirtschaftsentwicklung wurde über Jahre auf Mehrwertsteigerung und Erhöhung der wirtschaftlichen Wertschöpfung gezielt. Dies ist eine gute Tradition, aber jetzt müssen wir überlegen, wie diese Tradition sinnvoll fortgesetzt werden sollte.“ ”In der Forstwirtschaft gründete sich unsere Wettbewerbsfähigkeit vor allem darauf, mehr aus dem Holz herauszuholen, jetzt jedoch muss sie sich eher auf verarbeitete Produkte und optimierte Prozesse stützen. So einfach ist das“, schließt Hetemäki.
Beste Bonität
Den Ottonormalverbrauchern hat sich im Laufe der letzten Jahre eine neue Art von Wirtschaftsakteur ins Bewusstsein gedrängt. Gleichzeitig sind die Staatsoberhäupter heute mehr denn je interessiert an, ja sogar abhängig von den Entscheidungen der internationalen Ratingagenturen. Die drei wirklich ausschlaggebenden Agenturen Moody’s, Standard&Poor’s und Fitch bewerten neben Wertpapieren auch die Bonität von Staaten. Martti Hetemäki, Untersekretär in Finnlands Finanzministerium setzt sich für ECHO mit der Stellung dieser Ratingagenturen auseinander. ”Sicherlich hatten die Ratingagenturen bereits lange vor der Finanzkrise 2008 eine Rolle inne, die sie ursprünglich selbst nicht gewollt hatten. Sie spielten beispielsweise eine Rolle in der Gesetzgebung zur Kapitaladäquanz von Banken, wenn die Ausfallwahrscheinlichkeit der Banken auf Basis einer Bonitätsprüfung berechnet wurde. Die Externalisierung des Risikomanagements auf die Ratingagenturen stellte für alle Beteiligten eine praktische Lösung dar.“ „Die Branche ist sehr eng konzentriert und mit Interessenkonflikten behaftet, so bezahlt nicht unbedingt der Kunde die Ratingagentur, sondern das zu bewertende Unternehmen. Ein kompletter Knockout der Agenturen ist aber auch keine Lösung. Wir brauchen derartige Ratings, und es ist schwer vorstellbar, dass die Staatsgewalt diese übernehmen könnte. Daher ist der Wettbewerb bedeutend und sollte gefördert werden. Wichtig ist aber auch, dass für dieses Geschäft klare Spielregeln gelten.“ „An offenen Märkten werden gute Entscheidungen, ob nun von Politikern oder Unternehmen, besser und schneller belohnt, und umgekehrt rächen sich schlechte Entscheidungen deutlicher und früher. Unter den heutigen Verhältnissen gewinnen alle Bewertungen, die versuchen, die Spreu vom Weizen zu trennen, an Bedeutung“, fasst Hetemäki zusammen.
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Neuartiger Zellstoff
auf dem Vormarsch Tapani Vuorinen, Professor am Institut für Holzverarbeitungstechnik der Aalto-Universität, hat sich auf chemische Holzverarbeitung spezialisiert. Den interessantesten Forschungsbereich stellt hier seiner Meinung nach derzeit Nanozellulose und die damit verbundenen Verwendungsmöglichkeiten dar. Zellstoff eignet sich für den Einsatz in Gebäudeisolierungen und Textilien wie auch als Kunststoffersatz in beispielsweise Verpackungen. TEXT Hanna-Maija Kause • BILDER PEKKA KIIRALA, MIKKO SÄTERI UND SHUTTERSTOCK
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TAPANI VUORINEN
Nanozellulose wird gewöhnlich als Materialkomponente eingesetzt, wenn eine robuste Konstruktion bei gleichzeitig geringem Gewicht gefragt ist. Mit Hilfe von Nanozellstoff kann die Struktur unter anderem in Verpackungen, Papier oder Kunststoffersatzprodukten gefestigt werden. Die Forschungsarbeiten zu Nanozellstoff werden weltweit mit größtem Interesse verfolgt. Professor Tapani Vuorinen weist darauf hin, dass sich mittlerweile auch solche Forschungszweige mit den Möglichkeiten des Nanozellstoffs befassen, die traditionell nicht in Forschungen zur Holzverarbeitung involviert sind. ”Momentan warten alle gespannt darauf, auf welche Weise die Forschungsergebnisse zu einer kommerziellen Produktion führen. Die meisten Unternehmen haben bereits die Aufnahme vorkommerzieller Studien angekündigt.“ Das Baugewerbe zählt zu den Wirtschaftszweigen, die von Nanozellulose besonders profitieren können, da sich Nanozellstoff beispielsweise als Basis für Dichtungsmassen, Decken und Beläge oder Dämm- und Isoliermaterial eignet. ”Es laufen derzeit viele Untersuchungen, in denen versucht wird, aus Nanozellulose einen leichten, konsistenten Schaum als Isolierstoff herzustellen. Nanozell-
stoff kann sogar für die Betonverstärkung genutzt werden”, berichtet Vuorinen. „Von Seiten der Forschung wurden zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt, aber Forschung kann nicht endlos einfach um des Forschens willen fortgeführt werden: sie muss auch kommerziellen Nutzen bringen, um sich irgendwann auszuzahlen“, betont Vuorinen. Regenerierte Zellulose ist ein weiterer Forschungsbereich, mit dem sich Professor Vuorinen und das Institut derzeit intensiv beschäftigen. Darunter versteht man die erneute chemische Umwandlung bereits aufbereiteten Zellstoffs zu Fasern. ”Textilfasern befinden sich momentan im Aufwind, weil die Verfügbarkeit von Baumwolle gesunken ist”, erläutert Vuorinen. Für Baumwolle werden Alternativen gesucht, weil der Baumwollanbau einerseits schwere Umweltbelastungen erzeugt, und die Anbaufläche andererseits bevorzugt für die Lebensmittelerzeugung genutzt werden soll. „Auch bei uns sind diesbezügliche Untersuchungen angelaufen. Viele der traditionellen Zellstoffproduzenten sind an der Herstellung des so genannten Chemiezellstoffs interessiert, der als Ausgangsmaterial für die Produktion von Zelluloseregeneraten dient, die sich in letzter Zeit reger Nachfrage erfreuen.“
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Vertrauen bringt Resultate Für die Herstellung von sowohl Nanozellulose als auch regeneriertem Zellstoff bedarf es fortschrittlicher Technologien, bei deren Entwicklung sich finnische Unternehmen hervortun. ”Finnland profiliert sich darin, dass hier aktive Forschung zur Zellstoffproduktion betrieben wird. Vor allem werden die Technologien verbessert”, sagt Vuorinen. Forschungskooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen setzen stets ein gegenseitiges Vertrauen voraus. ”Ich selbst arbeite seit etwa zwanzig Jahren in meiner Forschungsarbeit direkt mit Vertretern der Forstwirtschaft zusammen. Tiefes Vertrauen zwischen den Kooperationspartnern ist Grundvoraussetzung für erfolgreiche Forschung. Für den Forschungserfolg müssen die Unternehmen ihre Standpunkte ganz deutlich darlegen. Sie müssen davon ausgehen können, dass wir ihr Know-how nicht missbrauchen werden.“ „Ich persönlich schätze die Unternehmen und vertraue ihnen dahingehend, dass sie mit unserer Zusammenarbeit verantwortungsbewusst umgehen.“ Professor Vuorinen weist auch darauf hin, dass in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auch immer Geduld walten muss, da wissenschaftliche Forschung langfristig angelegt ist. Es hat sich zweifelsfrei gelohnt, auf Professor Vuorinens Forschungsergebnisse zu warten: er war in zahlreiche bedeutende Forschungsarbeiten eingebunden, die anschließend praktische Anwendungen ermöglicht haben. Eine der jüngsten Arbeiten ist das interdisziplinäre Projekt ”Virtual Pulp Bleaching“ (VIP) der Aalto-Universität. Mit Hilfe des VIP-Rechenmodells kann Zellstoff kostengünstiger und umweltfreundlicher gebleicht werden. In der Industrie kann das Modell für die Planung des Bleichvorgangs und die Prozessoptimierung genutzt werden.
Nachhaltige Forschung und Entwicklung Vertrauen ist ein Wort, das auch gut mit der Verantwortlichkeit der forstwirtschaftlichen Produktion in Zusammenhang gebracht werden kann. Professor Vuorinen sagt, dass die finnische Forstwirtschaft unablässig um eine Minimierung der Umweltauswirkungen bemüht ist und auf freiwilliger Basis in diesbezügliche Forschungsarbeiten investiert. „Aus eigener Erfahrung mit den Akteuren der Forstwirtschaft und des Forstclusters kann ich sagen, dass sie ernsthaft nach nachhaltigen Lösungen hinsichtlich beispielsweise Umwelteinflüssen und Wasserverbrauch suchen. Zumindest gilt dies für die entsprechenden Technologien, mit denen ich ja hauptsächlich beschäftigt bin.“
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Für den Forschungserfolg müssen die Unternehmen ihre Standpunkte ganz deutlich darlegen. Sie müssen davon ausgehen können, dass wir ihr Know-how nicht missbrauchen werden.
„Es laufen derzeit zahlreiche Forschungsprojekte, die an sich keine akuten Gründe dahingehend haben, dass beispielsweise von Behördenseite eine Reduzierung der Umweltauswirkungen gefordert würde. Es handelt sich um antizipative Forschungen“, erläutert Vuorinen. Die Zellstoffindustrie spielt im finnischen Geschäftsleben eine sehr gewichtige Rolle, so dass Finnland durch technologische Entwicklungen weltweit starken Einfluss auf unter anderem die Umweltauswirkungen der gesamten Branche nimmt. ”Es ist natürlich wünschenswert, dass nirgendwo auf der Welt ein Wettbewerbsvorteil dadurch entsteht, dass weniger umweltfreundliche Verfahren angewendet werden“, sagt Vuorinen.
Innovationen gestatten neue Verwendungszwecke „Wenn von erneuerbaren natürlichen Ressourcen die Rede ist, kann darauf viel aufgebaut werden. Holzkompetenz ist nicht unbedingt nur auf die derzeitige Verwendung von Holz beschränkt, sondern diese Kompetenz kann auch in ganz anderen Anwendungsbereichen von großem Nutzen sein. Wichtig ist, dass der Verbrauch erneuerbarer Naturressourcen durch den Verbrauch erneuerbarer Naturressourcen ersetzt wird“, philosophiert Vuorinen. „Was Verpackungen betrifft, glaube ich, dass auf natürliche Ressourcen basierende Industrien stärker sein könnten als es heute der Fall ist. Die Herausforderung liegt darin, dass die Nutzungsarten sich verändern. Der Verbrauch an Druckpapier sinkt, aber bei Verpackungen haben Holzfasern andererseits die Möglichkeit, den Marktanteil zu steigern. Es werden weitere Innovationen wie Nanozellulose kommen, die ganz neue Verwendungszwecke ermöglichen.”
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Jiang Fengwei
Technische Qualität hat Vorrang Für Jiang Fengwei sind gute Zellstoffeigenschaften das überzeugendste Verkaufsargument. Jiang Fengwei, Gründer und CEO der Henan Province JiangHE Paper Co. ist in der Tat ein Mann der Praxis, wenn es um Papierherstellung geht. Technische Aspekte, die sich auf die Qualität des Papiers auswirken, sind seine Leidenschaft. Daher war es auch nicht allzu überraschend, dass er sein Treffen mit ECHO in der Papierfabrik von JiangHE um ein paar Minuten verschieben musste, weil er noch höchstpersönlich mit der Inspektion der Produktionslinie beschäftigt war. TEXT niko kilkki • BILDER NIKO KILKKI UND SHUTTERSTOCK
seiner beruflichen Laufbahn in der Papierindustrie tätig, jetzt also bereits seit über 20 Jahren. ECHOs Frage nach dem Grund, warum die technischen Aspekte in der Papierproduktion für ihn so faszinierend sind, beantwortete er direkt und ohne Umschweife. ”Meiner Meinung nach MUSS man in dieser Branche an konkreten Grundlagen interessiert sein – ob man nun an der Papiermaschine arbeitet oder im Vorstandsbüro sitzt. Wie kann man im Wettbewerb bestehen oder bessere Produkte entwickeln, wenn man sich nicht ganz und gar der Papierherstellung widmet?”
Jiang Fengwei ist seit Beginn
Gewappnet für technische Herausforderungen Die Fabrik JiangHE ist im Lankreis Wuzhi etwa eine Autostunde von der Provinzhauptstadt Zhengzhou gelegen. Bei unserer Ankunft in der Region, die auch Chinas Kornkammer genannt wird, tobte ein heftiger Frühlingssturm. Die Straßen waren mit Wasser überflutet, und die nach dem Winter durstige Natur erblühte. Neben der Landwirtschaft lebt die Provinz Henan von seiner breit diversifizierten Industrie. Die im Jahr 2002 gegründete JiangHE Paper Company ist in Privatbesitz und produziert nahezu ausschließlich Spezialpapiere
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inklusive Selbstdurchschreibe- und Thermopapier. Das Unternehmen ist der zweitgrößte Exporteur von Spezialpapieren in dieser zweitbevölkerungsreichsten Provinz Chinas. ”Bei den Selbstdurchschreibepapieren ist vor allem unsere Marke JHE ein wichtiges Exportprodukt. Etwa 30 Prozent unserer Produktion an Selbstdurchschreibepapieren wird in über 50 Länder exportiert. Unsere Papiere finden in Südund Ostasien, Nord- und Südamerika, Europa und im Nahen Osten Anwendung“, berichtet Jiang Fengwei. JiangHEs Produktionskapazität beläuft sich derzeit auf jährlich 200.000 Tonnen Spezialpapier. ”Spezialpapiere sind ein Nischenmarkt, gleichzeitig waren sie aber für uns eine weise Entscheidung. Verglichen mit anderen Papierprodukten zählt unser Marktsegment zu den wenigen in China, die keine ernsten Probleme mit Überproduktion haben”, erläutert er. Vor seiner Zeit als Privatunternehmer war Jiang Fengwei in verschiedenen Papierunternehmen und am staatlichen Forschungsinstitut für Zellstoff und Papier in Beijing tätig. Herrn Jiangs frühere Karriere schuf somit die Grundlage für sein großes Interesse an besonders herausfordernden Papieranwendungen. ”Selbstdurchschreibe- und Thermopapiere sind recht komplizierte Produkte und erfordern Spezialisierung und Expertise.“ Neben der Produktion von Spezialpapieren ist JiangHE in zahlreiche Entwicklungsprojekte zu Papiermaschinen eingebunden.
Selbstdurchschreibe- und Thermopapiere sind recht komplizierte Produkte und erfordern Spezialisierung und Expertise.
”Die neue 200.000-Tonnen-Produktionslinie wird unsere Kapazität nahezu verdoppeln. Die ersten Probeläufe der Maschine sind für Ende Juni geplant.“
Start der Kooperation geglückt
Nachfrage als Spiegelbild für wirtschaftliches Wachstum Selbstdurchschreibepapier wird für das Kopieren handschriftlich oder maschinell erstellter Texte verwendet. Die Kopie entsteht durch eine chemische Reaktion zwischen zwei unterschiedlichen Beschichtungen. Thermopapier, JiangHEs zweitwichtigstes Produkt, findet beispielsweise für Quittungsrollen in Kassen und Bankautomaten Anwendung. ”Unsere Kunden sind in erster Linie Druckereien, die aus unseren Papieren beispielsweise Formulare und Templates herstellen“, sagt Jiang Fengwei. “JiangHEs Produkte sind keine Alltagskonsumgüter. Die Qualität unserer Spezialpapiere ist verglichen mit anderen Produkten derselben Preisklasse überaus wettbewerbsfähig.” In den vergangenen Jahren konnte Chinas Wirtschaft ein jährliches Wachstum von mindestens acht Prozent verzeichnen. Herr Jiang berichtet, dass die Nachfrage nach Spezialpapieren in nahezu derselben Größenordnung angestiegen ist. ”Die Nachfrage nach unseren Selbstdurchschreibeund Thermopapieren ist kontinuierlich gewachsen. Der Anstieg des BIP war und ist eng verbunden mit dem Erfolg unseres Unternehmens.” JiangHE hegt auch ehrgeizige Zukunftspläne. Während ECHO die Fabrik besuchte, legten die Techniker des Unternehmens gerade letzte Hand an eine neue Papiermaschine an.
Die Zusammenarbeit zwischen JiangHE und Metsä Fibre hat gerade erst begonnen. ”In erster Linie verwenden wir in der Papierproduktion kurzfaserigen Zellstoff aus beispielsweise Eukalyptus und Akazie. Jedoch benötigen wir in gewissem Umfang auch Langfaserzellstoff ”, stellt Jiang Fengwei fest. JiangHE ließ der Wahl des neuen Lieferanten für langfaserigen Zellstoff extensive Tests vorangehen. “Wir haben zahlreiche Testläufe und Analysen mit verschiedenen Zellstoffen durchgeführt. Uns liegt viel an einer guten Ausgewogenheit der Fasereigenschaften.” Letztendlich kamen für JiangHE nur noch drei Kandidaten in Frage. Aus dem Finalistentrio ging Metsä Fibre als Sieger hervor. Neben der Lieferzuverlässigkeit und konstanten Qualität des Zellstoffs war Jiang Fengwei persönlich auch an allen verfügbaren Spezifikationsdaten interessiert. ”Metsä Fibres Faserqualität ist gut und eignet sich ausgezeichnet für JiangHEs Spezialpapier. Wenn unsere neue Papiermaschine auf vollen Touren läuft, werden wir höchstwahrscheinlich mehr Zellstoff von Metsä Fibre benötigen“, betont Herr Jiang. Aber nicht nur technische Gründe haben den Ausschlag zu Metsä Fibres Gunsten gegeben. Auch der außerordentliche Service von Metsä Fibre hat Herrn Jiang überzeugt. ”Ich bin überaus zufrieden mit dem derzeitigen technischen Kundenservice.” Aber damit nicht genug. Itochu, Metsä Fibres Verkaufs- und Marketingrepräsentant in Asien, arbeitet auch seit vielen Jahren mit JiangHE zusammen. “Seit 2005 verkauft Itochu unser Papier und beliefert uns mit Zellstoff. Derzeit entwickeln wir eine Spezialpapiersorte, die Itochu im Ausland vertreiben will”, sagt Jiang Fengwei. Das Interview endet mit ECHOs Frage an Herrn Jiang, was seiner Meinung nach das Fundament einer erfolgreichen und langfristigen Zusammenarbeit ist. Seine Antwort ist recht überraschend. Obwohl durch und durch ein Mann der Technik, antwortet er mit einem Augenzwinkern: ”Der Preis.”
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Zusammenarbeit 2.0 Am 11. April 2012 wurde ein neues Zeitalter in der kommerziellen Zusammenarbeit zwischen dem japanischen Handelshaus Itochu und Metsä Fibre eingeläutet. TEXT niko kilkki • BILDER NIKO KILKKI, MIKKO SÄTERI UND SHUTTERSTOCK
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Dem chinesischen Markt mangelt es wenigstens nicht an Spannung. der Papierindustrie jetzt ein kompletteres Produkt- und Serviceportfolio anbieten. “Die strategische Investition in einen Akteur wie Metsä Fibre ist die Folge einer natürlichen Entwicklung, die uns in die Lage versetzt, jetzt effizient sowohl Kurz- als auch Langfaserzellstoff zu vermarkten. Häufig veräußert Itochu das aus diesen Rohstoffen hergestellte Papier auch weiter an Druckereien und andere weiterverarbeitende Unternehmen. Wir möchten es allen Gliedern der Wertkette möglichst leicht machen.”
Als Marke bereits etabliert Koji Kato
gaben Metsä Group, Metsä Board und Itochu bekannt, dass Itochu 24,9 Prozent der Anteile an Metsä Fibre erworben hat. Dieser Deal in Höhe von 472 Millionen Euro zählt zu den größten ausländischen Investitionen der vergangenen zehn Jahre in Finnland. Das bereits seit dem Jahr 1972 in China operierende Itochu ist Japans drittgrößtes Handelshaus. Kompetenz im Zellstoffgeschäft und ein umfassendes Netzwerk haben Itochu zu einem starken Kooperationspartner von Metsä Fibre am Wachstumsmarkt Asien werden lassen. Die Rahmenbedingungen sind somit im Lot, aber was bedeutet dies alles in der Praxis? Koji Kato und Shi Xin aus Itochus Geschäftsstelle in Shanghai meinen unisono, dass dieser Deal für ihr Unternehmen ein bedeutender Schritt nach vorne war, und gleichzeitig ein Beweis für Metsä Fibres Engagement am chinesischen Markt. Aber in der täglichen Arbeit hat sich für die beiden Herren dadurch nicht viel geändert. “Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie unsere Zusammenarbeit in Marketing und Vertrieb im Jahr 2004 offi ziell begann. Jetzt, acht Jahre später, muss man feststellen, dass sich unsere Unternehmen sehr nahe gekommen sind”, sagt Kato, der für Itochus gesamtes Zellstoffgeschäft in China verantwortlich ist. ”Wir stehen nahezu jeden einzelnen Tag in gegenseitigem Kontakt und besuchen auch die Kunden gemeinsam. Unsere Büros in Shanghai sind ja auch nur ein paar Minuten voneinander entfernt gelegen“, ergänzt Xin. ”Unsere erneuerte Rolle als Verkaufsrepräsentanten wird unsere Beziehung noch weiter stärken. Die positiven Auswirkungen zeigen sich beispielweise konkret in der Logistik, im Informationsaustausch – und natürlich im Wichtigsten, nämlich im Zellstoffabsatz”, fasst Kato zusammen. Metsä Fibre ist nicht Itochus erste Investition in die Zellstoffindustrie, denn das Unternehmen ist auch zweitgrößter Aktionär des südamerikanischen Produzenten von Kurzfaserzellstoff Cenibra. Laut Kato kann Itochu seinen Kunden aus An jenem Frühlingstag IM APRIL
Dank des ganz China abdeckenden Kontaktnetzwerkes und der erfahrenen Vertriebsorganisation von Itochu wurde Metsä Fibre ein systematisches Branding ermöglicht. Mit Markteinführung wurde für Metsä Fibre eigens ein neuer Markenname gewählt: Fen Bao. Den Einheimischen hat sich dieser Name schnell eingeprägt. “Trotz des gerade beschlossenen Rebranding-Prozesses von Botnia zu Metsä Fibre bleiben die Namen des Unternehmens und seiner Produkte in China unverändert. Fen Bao hat sich schnell zu einer etablierten Marke entwickelt, und wir möchten unsere Kunden nicht verunsichern“, meint Koji Kato. Shi Xin, der für die Kundenkontakte in Nord- und Ostchina verantwortlich ist, weist darauf hin, dass neben dem Preis der Bekanntheitsgrad eines Produkts eine entscheidende Rolle in Verkaufsverhandlungen spielt. “Potenzielle Neukunden erwarten Zuverlässigkeit. Es ist deutlich leichter, sich für einen am hiesigen Markt als zuverlässig bekannten Zellstoffhersteller zu entscheiden.” Momentan wird der Zellstoffmarkt in China vom Käufer bestimmt. “Es gibt unzählige Lieferanten, so dass Folgeverkäufe immer schwieriger werden. Die Kunden sind sehr preisbewusst”, sagt Xin. ”Andererseits ist es ja gerade das, was ich am Zellstoffhandel besonders mag“, setzt er fort. „Der Markt unterliegt einem ständigen Wandel, irgendetwas passiert immer. Auf Überraschungen zu reagieren und sich ihnen anzupassen, ist doch sehr spannend und interessant”, findet Xin.
Anspruchsvolle Kunden Während kleinere Papierhersteller gewöhnlich auf den niedrigsten Preis achten, ist es den großen Unternehmen wichtiger, ihren Zellstoffbedarf zu decken und abzusichern. Aber was verspricht mehr Erfolg? Ein- und Zweijahresverträge? ”Im chinesischen Zellstoffgeschäft ist es sehr schwierig, solide und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Dies erfordert enormes Engagement“, stellt Koji Kato klar. ”Vor allem Aufrichtigkeit ist angesagt, wenn wir mit Kunden über die Marktsituation im Allgemeinen oder die Eigen-
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schaften des Zellstoffs sprechen. Unser Erfolg ist auch in unseren intensiven Kundenkontakten begründet. Wir rufen die Kunden an und vereinbaren Treffen mit ihnen“, sagt Xin lächelnd, weil gleichzeitig der Nokia-Klingelton seines Handys zum vierten Mal während unseres Gesprächs ertönt. Auch die Tatsache, dass Metsä Fibre ausschließlich Zellstoff herstellt - und kein Papier oder Karton - wird von den Kunden als Vorteil angesehen. “Die Kunden schätzen es, dass Metsä Fibre sie kontinuierlich mit Rohstoff beliefern kann, anstatt den Zellstoff in der eigenen Produktion zu verarbeiten“, betont Kato. Präsenz direkt vor Ort ist ein Signal für Kontinuität und Zuverlässigkeit. Neben Shanghai hat Itochu eine weitere Geschäftsstelle in Guangzhou, um auch die südchinesischen Kunden kompetent betreuen zu können. Zudem ist auch das als Lieferant großer Volumen bekannte Unternehmen Metsä Fibre mit eigenen Repräsentanten in Shanghai vertreten. “Die Kunden haben verstanden, dass sie sich auf uns verlassen können, und dass wir sie nicht einfach wieder im Stich lassen“, sagt Kato. “Die Kunden müssen fühlen, dass sie mit Partnern kooperieren, die ihre Probleme ernst nehmen. Wenn ein Kunde in problematischen Situationen Hilfe oder technischen Rat braucht, dann steht Metsä Fibre unverzüglich zur Seite, ohne lange auf Hilfe aus dem fernen Finnland warten zu müssen“, setzt Shi Xin fort. Andererseits wird dem Ursprungsland von Metsä Fibre keine besonders große Bedeutung zugemessen. ”Im Normalfall wird sich kein Einkaufsleiter in China ein Bild von Finnland machen können. Die Chinesen betrachten Finnland einfach nur als Teil von Europa. Zum Glück werden die Europäer hier allgemein als vertrauenswürdig und technologisch weit entwickelt angesehen“, erläutert Kato.
Kampf gegen Überproduktion Die von der kommunistischen Partei Chinas im Zuge der so genannten Fünfjahrespläne vorgegebenen wirtschaftlichen Richtlinien sind von großer Tragweite für die Papierindustrie des Landes. ”Der Staat geht schrittweise gegen eine Überproduktion von Papier vor, weil die Papierindustrie von der Partei als Umwelt belastende und energieintensive Branche angesehen wird“, sagt Shi Xin. Ob es sich nun um Papier, Autos oder Wohnungen handelt, das Thema Überproduktion ist in China allgegenwärtig. Insbesondere wurden alte Fabriken stillgelegt, die Druck- und Schreibpapier produziert haben. Aber weil China eben China ist, ist die Lage nicht so ernst, wie sie auf den ersten Blick aussieht. ”Aufgrund früherer Erfahrungen rechne ich fest damit, dass die Nachfrage irgendwann das Angebotsniveau erreichen wird. So ist es immer gewesen. Der chinesische Markt ist auch in dieser Hinsicht völlig einzigartig“, meint Koji Kato. Er prophezeit, dass sich die Produktion von Druck- und Schreibpapier innerhalb weniger Jahre der Nachfrage anpassen wird. Andererseits wird bis dahin aller Voraussicht nach eine neue Überproduktion in einer anderen Papierkategorie zu verzeichnen sein. ”Momentan herrscht bei uns Mangel an Haushaltspapieren. Zahlreiche Papierhersteller beabsichtigen daher eine Produktionssteigerung von Tissue- und Hygienepapieren. Wenn alles seinen gewohnten Gang nimmt, dann werden wir uns in etwa einem Jahr einer deutlichen Überproduktion dieser Papierkategorie gegenübersehen. Dem chinesischen Markt mangelt es wenigstens nicht an Spannung“, schmunzelt Kato.
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Auf Überraschungen zu reagieren und sich ihnen anzupassen, ist durchaus spannend und interessant.
Shi Xin
Gemeinsames Ziel Metsä Fibres Team in Shanghai kommt in Verkaufsgesprächen, die sie gemeinsam mit den Repräsentanten von Itochu führen, eine ganz klare Rolle zu. Als ECHO Vertriebsdirektor Harri Vertanen bat, die Kooperation zwischen Metsä Fibre und Itochu zu beschreiben, bezeichnete er diese Zusammenarbeit als nahtlos. “Manchmal hat man das Gefühl, dass wir in ein- und demselben Unternehmen arbeiten. Wir haben ein klares gemeinsames Ziel: wir möchten zur Gruppe der besten Akteure am Markt zählen und ein effizienter Zellstofflieferant für unsere asiatischen Kunden sein”, sagt Vertanen, der für den Vertrieb in China und Südostasien verantwortlich zeichnet. Zum Personal in Metsä Fibres Vertriebsbüro in Shanghai zählen auch Vertriebsleiterin Jenny Liu und Kundenserviceleiter Tao Zhang. “Die Kommunikation zwischen meinem Team und Itochus Vertriebspersonal kann man als nahezu ununterbrochen bezeichnen. Es ist keine Seltenheit, dass wir über zwanzig Messages und Telefonate am Tag austauschen”, erläutert Vertanen. Bei Kundentreffen teilen sich Metsä Fibre und Itochu die Vertriebsverantwortung. “Zudem unterstützt unser Team die Verkaufsanstrengungen mit seiner Faserkompetenz und seinem technischem Fachwissen”, berichtet Harri Vertanen. Seit kurzem ist Itochu jetzt auch ein Großaktionär von Metsä Fibre. Harri Vertanen unterstreicht jedoch die Tatsache, dass sich trotz der veränderten Eigentumsstruktur nichts am gemeinsamen Tätigkeitsfokus geändert hat. “Entscheidend sind weiterhin unsere qualitativ hochwertigen Produkte und Services. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Kunden erkennen, welch großes Engagement für das Zellstoffgeschäft sowohl von Itochu als auch von uns ausgeht.“ Tao Zhang schließt sich dieser Meinung an. Er weiß zu berichten, dass potenzielle Neukunden sich besonders für die technischen Eigenschaften und die zu erzielenden Vorteile von Metsa Fibres Zellstoff interessieren. ”Gewöhnlich möchten sie unsere Fasereigenschaften mit den Produkten anderer Hersteller vergleichen, um so den für ihre eigene Produktion besten Zellstoff zu finden.“ Die chinesischen Papierhersteller haben Tao Zhangs technische Expertise überaus positiv aufgenommen. ”Ich habe gehört, dass höchstens zwei oder drei in China operierende Zellstoffunternehmen aktiv einen Kundenservice auf diesem Niveau anbieten”, sagt er stolz.
Über Problemlösung zu gemeinsamem Erfolg Wir möchten Ihnen einen Mann vorstellen, der für die Vermeidung unerwünschter Reibung beim Aufschluss des Zellstoffs zuständig ist: Tom Nickull, Leiter des technischen Kundendiensts bei Metsä Fibre. TEXT Alpo Räinä • BILD PEKKA KIIRALA
Wie lange arbeiten Sie schon im technischen Kundendienst? In diesem Unternehmen bereits 11 Jahre. Während dieser Zeit haben wir dutzende Fabriken für Analysen, Beratungen und Lösungen von Qualitätsproblemen besucht. Das waren insgesamt etwa viertausend Arbeitstage.
Jede Anlage und jeder Prozess ist einzigartig. Wie kann man diese Arbeit erlernen? Ausschließlich durch kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Kompetenz. Wir bei Metsä Fibre legen großen Wert auf die Verbesserung der operativen Modelle. Wir besuchen unsere Kunden auch regelmäßig, um uns mit ihren Prozessen vertraut zu machen. Diese Arbeit kann nicht vom eigenen Standort aus erledigt werden.
Die Karton- und Papierhersteller entwickeln ihre Produkte kontinuierlich weiter. Inwiefern wirkt sich dies auf Ihre Arbeit aus? Entwicklungsprojekte wirken sich zum Beispiel auf die Faserwirtschaft oder die technischen Eigenschaften der Faserverarbeitungsmaschinen aus. Wir sind seit Beginn der 70er Jahre als Zellstofflieferant tätig und haben gelernt, uns mit den Prozessen vertraut zu machen und Verbesserungen in deren Kosteneffizienz umzusetzen. Und je höher das strategische Niveau der Diskussion ist, desto besseres Feedback bekommen wir.
Der Vertrieb ist für Geschäftsabschlüsse zuständig und Ihr Team kümmert sich um das laufende Tagesgeschäft. Wie halten Sie Ihre Beziehung warm? Meiner Meinung nach ist jedes Business ein Zusammenspiel, in dem sich alle gegenseitig brauchen. Wir sind stolz darauf, für die Ziele der Kunden arbeiten zu dürfen. Unser Lohn liegt in der Kontinuität, wenn wir dieselben Kunden schon acht oder sogar zehn Jahre lang betreuen.
Welche Themen werden heutzutage hauptsächlich mit den Kunden diskutiert? Das Umweltbewusstsein nimmt in allen Märkten zu. Wir informieren die Kunden über die finnische Forstwirtschaft und die operativen Modelle der Waldbesitzer. Darüber berichte ich wirklich gern. Häufig kommt auch das Thema Arbeitssicherheit zur Sprache. Wir vergleichen dann Informationen und Meinungen über z.B. Arbeitsbedingungen, Management und Motivation.
Die richtigen Antworten werden also gefunden, indem die richtigen Fragen gestellt werden. Wie geht das vonstatten?
Die modernen Fabriken von Metsä Fibre verarbeiten das Holz bis hin zum letzten Span, ohne dabei die Umwelt zu belasten. Alle Fabriken sind ISO 22000-zertifiziert und sind somit für die Produktion von Lebensmittelverpackungen geeignet.
Es bedarf keiner Zaubertricks – ich setze auf regelmäßige Treffen und Planungsgespräche mit den Kunden. Zunächst verständigen wir uns über Produktionsprognosen und Qualitätsziele; danach können wir die exakt richtigen Fasermixe liefern - und dies selbstverständlich zur rechten Zeit an den rechten Ort.
Sie sind demnach auch ein Nachhaltigkeitsverfechter? Ja genau, und zwar sehr gern. Dies alles ist der Zusammenarbeit förderlich.
„Kein Geräusch ist angenehmer als das Surren von Papiermaschinen.“ ECHO 1/2012 —
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Langfristige Vertrauensbildung In Wirtschaftszweigen mit jahrzehntelangen Planungsphasen und Investitionen wird die Kontinuität der Geschäftsbeziehungen von den Lieferanten und Kunden gemeinsam gewährleistet. Für Ilkka Hämälä, CEO von Metsä Fibre, ist Wissen der Schlüssel zur Wertschöpfung. TEXT alpo räinä • BILDER SEPPO SAMULI UND JUSSI VIERIMAA
Die holzverarbeitende Industrie ist seit über einem
Jahrhundert der Eckpfeiler der nordischen Wirtschaften. Daher überrascht es wenig, dass Universitäten und Gutachter die strategischen Entscheidungen der Forst- und Papierunternehmen regelmäßig analysieren. Je höher ein Unternehmen im globalen Ranking vorstößt, desto mehr Analysten werden sich für dieses Unternehmen interessieren. Die Wirtschaftsforscher Juha-Antti Lamberg und Jari Ojala äußerten vor ein paar Jahren, dass die genossenschaftliche Metsä Group seit nahezu achtzig Jahren ihrer ursprünglichen Aufgabe treu geblieben sei. Gemäß der ursprünglichen Definition dieser Aufgabe wurde die Metsä Group gegründet, um finnische private Waldbesitzer im Wettbewerb mit Holzhandelsorganisationen zu unterstützen. Im Laufe der Jahre weitete sich der Fokus der Gruppe vom Holzexport allmählich auf Sägewerke und Holzverarbeitung aus. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hatte sich die Genossenschaft zu einem der größten Forstwirtschaftskonzerne weltweit entwickelt.
Metsä Fibre bietet seine Expertise globalen Märkten an Metsä Fibre ist eines der fünf Kerngeschäfte der Metsä Group. Die anderen vier umfassen Holzprodukte, Karton, Tissue- und Kochpapiere sowie Holzbeschaffung und Forstdienstleistungen. Die Namen der Unternehmen hinter diesen Geschäftsbereichen wurden einheitlich mit dem Präfix „Metsä“ versehen. Aus Metsä-Botnia wurde Metsä Fibre, wobei die Marke Botnia weiterhin in der Produktion und in technischen Services Verwendung findet. Ilkka Hämälä, CEO von Metsä Fibre: „Wir haben eine klare Aufgabe: wir spezialisieren uns auf diejenigen Lösungen für die Zellstoffindustrie, die unsere Märkte einfordern. Unsere eigene Produktion basiert auf der Nutzung von Naturwäldern. Die erstklassige Holzbeschaffung des Konzerns gewährleistet Effizienz und Nachhaltigkeit.“
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Ilkka Hämälä betont die Gemeinsamkeiten zwischen Metsä Fibre und seinen Kunden, die Schwerindustrieunternehmen mit signifikanten Produktionsanlagen und Mitarbeiterzahlen sind. „Die Eigentümer in sowohl der Zellstoffindustrie als auch in der Papier- und Kartonproduktion müssen ihre Entscheidungen unter Berücksichtigung langer Investitionszyklen treffen. Daher legen beide Parteien großen Wert auf langfristige Geschäftsbeziehungen und solides Vertrauen“, sagt er. In der schnelllebigen digitalen Welt werden Industrieunternehmen von einigen Kritikern langsame Reaktionen vorgeworfen. Dies ist eine oberflächliche Betrachtung, da Entwicklungssprünge stets Planungen und Investitionen erfordern. Es kann beispielsweise Jahre, wenn nicht eine ganze Generation dauern, das Geschäftsmodell eines Unternehmens von lokal auf global umzustellen – und während der Umstrukturierung auch noch Gewinne zu erzielen.
Serviceorganisation erster Güte Als Ilkka Hämälä die Neuausrichtung innerhalb von Metsä Fibre erläutert, hebt er hervor, dass das Business des Unternehmens schrittweise nach den ersten Prognosen für einen Rückgang der lokalen Papierproduktion und der Zellstoffnachfrage verändert wurde. „Heute verkaufen wir 60% unseres Zellstoffs an Kunden in Europa und Asien. Ich möchte aber betonen, dass wir mit der Umstellung von integrierten Fabriken auf einen marktorientierten Wettbewerb bereits vor mehr als zehn Jahren begonnen haben.“ Im Laufe der vergangenen Jahre hat Metsä Fibre eine komplett neue Form des Kundenservices eingeführt. Dies hat auch die Führungsspitze vor große Herausforderungen gestellt. „Beispielsweise haben wir systematisch Produktionsingenieure aus Papierfabriken und der chemischen Industrie wie auch Technologieexperten von Maschinenlieferanten rekrutiert“, erläutert Ilkka Hämälä.
ILKKA HÄMÄLÄ
Mit unserer neuen globalen Serviceorgani sation können wir den Papierherstellern den bestmöglichen Support bieten, besonders was das Know-how im Bereich Fasern betrifft. Dies erfordert stetiges Lernen, kontinuierliche Produktentwicklung und Engagement für den Erfolg der Kunden.
„Auch haben wir unsere Rolle im Papierherstellungsprozess neu definiert. Jetzt bietet unsere neue globale Serviceorganisation den bestmöglichen Support für die Papierproduktion, besonders was das Know-how im Bereich Fasern betrifft. Dies erfordert kontinuierliches Lernen, kontinuierliche Produktentwicklung und Engagement für den Erfolg der Kunden“, führt er fort.
Mehrwert durch Service Die Umstellung von einem integrierten Geschäftsmodell zu einem marktorientierten Wettbewerb hat den globalen Kundenstamm von Metsä Fibre vergrößert. In China liefert das Unternehmen jetzt beispielsweise Fasern an einige der landesweit führenden Abnehmer von Nadelholzzellstoff. Ilkka Hämälä deutet dies auch als Beweis dafür, dass die Produkte und Services von Metsä Fibre einen Mehrwert produzieren. „Für die Eigentümer und Entscheidungsträger auf Kundenseite, besonders für diejenigen, die erst vor kurzem in das Papiergeschäft eingetreten sind, bedeutet das geballte Wissen von Metsä Fibre, dass sie sich auf unsere Ressourcen und Problemlösungskompetenz verlassen können. In weniger als zehn Jahren haben wir leistungsstarke Kompetenzen in überaus wichtigen
Bereichen wie Verfügbarkeit, Lieferzuverlässigkeit und Risikoeliminierung in Prozessen und Produktion entwickelt. Darüber hinaus waren wir in der Lage, unser Entwicklungsprogramm während der Rezession 2009 aufrechtzuerhalten.“ „Auch wenn diese Schritte unsere Wettbewerbsfähigkeit gesteigert haben, müssen wir noch weiter gehen. Ich möchte eine umfangreichere und schnellere Entwicklung in der Zusammenarbeit von Vertrieb und technischem Service sehen. Wir sollten unsere Kunden in jedem einzelnen Meeting über unser gesamtes Angebot informieren“, fügt er hinzu. Auch die Wachstumsmärkte haben großen Einfluss auf Metsä Fibre gehabt. Ilkka Hämälä meint, dass seine Organisation in diesen neuen und dynamischen Märkten viel zu bieten und zu lernen hat. „In Wachstumsmärkten demonstrieren wir unser Engagement durch Lernen. Wir müssen zum Beispiel die Kombination von neuester Technologie und flexiblerer Rohstoffpolitik verinnerlichen. Die strategischen Ansätze unterscheiden sich von denen in Europa. Jeder Markt ist anders – auch wenn dieselben Fasern verwendet werden.“ „Alles in allem denke ich, dass diese Herausforderungen auch eine große Chance für uns alle sind“, schließt Hämälä mit einem Lächeln.
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Dunkle Polar-
und helle Sommernächte
des Nordens schimmern
im Papier
Die Unternehmerin Sirpa Kivilompolo stellt vor den Toren Lapplands Designprodukte aus handgefertigtem Papier her. TEXT Hanna-Maija Kause • BILDER SIRPA KIVILOMPOLO/PAPERIVALO
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SIRPA KIVILOMPOLO Um im finnischen Lappland die nachtlosen Sommernächte oder die
Polarnacht und Schneedecke des Winters zu bewundern, führt die Reise zahlreicher Touristen durch das kleine Dörfchen Karunki, in dem auch Sirpa Kivilompolos Unternehmen Paperivalo ansässig ist. Die Masse für Paperivalos handgemachtes Papier besteht jeweils zur Hälfte aus Baumwolle und Birkenzellstoff aus Metsä Fibers Fabrik in Kemi. „Papier ist ein erneuerbares, fantastisches Material! Wer weiß, was ich daraus noch alles machen werde”, sagt Sirpa Kivilompolo voller Enthusiasmus. Aus dem handgemachten, weißen Papier fertigt Kivilompolo unter anderem Beleuchtungskörper, Glückwunsch- und Kondolenzkarten, Geschenkschachteln und Graburnen. Neben dem hohen Weißgrad sind Wasserzeichenmuster charakteristisch für Paperivalos Produkte. Gegen das Licht gehalten erwachen die Papieroberfläche und das mit der Wasserzeichentechnik gefertigte Dekor zum Leben.
Birkenzellstoff zur Stärkung der Baumwolle in der Papiermasse „Traditionell wird handgefertigtes Papier aus alten Baumwoll- oder Leinenstoffen hergestellt. Daher kommt das finnische Wort ”lumppu”, was so viel heißt wie zerschlissener oder abgetragener Stoff ”, erklärt Sirpa Kivilompolo. „Heutzutage werden in der Herstellung handgefertigten Papiers gewöhnlich Baumwollrückstände verwendet, die bei der Produktion von Baumwollgarn anfallen. Diese Rückstände sind dermaßen kurzfaserig, dass sie nicht mehr gesponnen werden können, sich jedoch immer noch für die Papierherstellung eignen.“ Kivilompolo berichtet, dass sie der Papiermasse Birkenzellstoff beimengt, da sich die Qualität der von ihr verwendeten Baumwolle in letzter Zeit verändert hat. Die für Paperivalos Produkte charakteristischen Wasserzeichen konnten nicht mehr in gleich bleibender Schönheit reproduziert werden. Mit Hilfe des Birkenzellstoffs konnte dies jedoch behoben werden. „Aus Birkenzellstoff allein könnte natürlich auch Papier hergestellt werden, aber die Farbe ist dann ein wenig gelblich. Ich verwende jetzt jeweils zur Hälfte Birke und Baumwolle”, erklärt Kivilompolo.
Das strahlende Weiß des Nordens zeigt sich in den Produkten Kivilompolo gründete Paperivalo im Jahr 1997 in der ostfinnischen Stadt Kuopio, aber zehn Jahre später zog sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Unternehmen zurück in ihren Geburtsort Karunki. Der Umzug schien die richtige Entscheidung zu sein. Bereits vor der Rückkehr zu den Wurzeln spiegelten sich die eigene Heimat, die nachtlosen Sommernächte und die winterliche Polarnacht in den Produkten wider.
”Als ich in Kuopio wohnte, wussten die Kunden nicht, dass ich aus dem Norden stamme. Als sie dessen gewahr wurden, sagten viele, dass sie jetzt verstehen. Ich hatte vielen Produkten Namen mit nordischem Charakter gegeben. Und dann dieses strahlende Weiß – das ist eindeutig von hier.“ „Viele suchen eine Geschichte hinter den Produkten, aber ich bin in dieser Geschichte geboren”, lacht Kivilompolo. Gemeindehaus und Dorfladen von früher als „Reich des Papiers“ Paperivalo feiert in diesem Jahr seinen fünfzehnten Geburtstag. Kivilompolo wohnt und arbeitet im ehemaligen Gemeindehaus von Karunki, einem zweigeschossigen Blockhaus. Im Nebengebäude, das zum Zeitpunkt des Erwerbs noch in schlechtem Zustand war, wurden für die Papierherstellung notwendige Nassräume eingerichtet. Die Nachbehandlung des Papiers und dessen Verarbeitung zu Produkten findet einstweilen im eigenen Zuhause statt. Dies wird sich jedoch bald ändern, da Kivilompolo und ihr Ehemann das Gebäude des früheren Dorfladens erworben haben. Dort werden für Paperivalo neben Produktionsräumen auch Ausstellungsflächen und ein Fabrik-Shop hergerichtet. ”Diese Wohn- und Arbeitsstätte soll nach und nach zu einem beliebten Ausflugsziel werden. Wir sind nicht weit von der Straße entfernt, und der Touristenstrom ist während der Saisonzeiten schon bemerkenswert“, berichtet Kivilompolo.
Papierleuchten nach Asien? Die schlichten und stilvollen Papierprodukte von Paperivalo könnten durchaus auch den asiatischen Geschmack treffen. Kivilompolo erzählt, dass sie vor einigen Jahren an einer von Finnen arrangierten Veranstaltung in Tokio teilgenommen hat, in der finnische Designer und Unternehmen präsentiert wurden. Vier Unternehmer aus Lappland hatten ihren eigenen Ausstellungsstand. „Wir haben wirklich großen Zuspruch gefunden. Unsere Produkte würden tatsächlich gut nach Asien passen“, stellt Kivilompolo fest. „ In Japan gibt es bereits eine Papierkultur wie auch handgefertigtes Papier, die Japaner wissen das zu schätzen. Andererseits weichen unsere Produkte ausreichend von den japanischen Papierprodukten ab. Und die Verpackungskultur ist dort wirklich sagenhaft: die Verpackung ist ebenso wichtig wie das Produkt selbst“, denkt Kivilompolo laut über das Absatzpotenzial nach. „Finnland ist ein kleines Land für derartige Spezialprodukte. Ich habe mir überlegt, was wäre, wenn unsere wichtigste Zielgruppe dort in Japan wäre. Oder nur die Einwohner von Tokio, das würde schon reichen“, lacht Kivilompolo. Eine Massenproduktion hat Kivilompolo jedoch nicht im Sinn. Paperivalos Kerngeschäft sind sensible und elegante Spezialprodukte, in denen auch Zellstofffasern eine wichtige Rolle spielen.
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RFID-Applikator
Jede einzelne Zellstoffeinheit, die Metsä Fibres Produktionsstätten verlässt, ist mit einem RFID-Transponder ausgestattet, der einzig und allein der Kontrolle des Zellstoffs dient. Aber wie gelangen die Transponder auf die Zellstoffballen? Diese Aufgabe erledigt ein eigens für Metsä Fibres Bedürfnisse entwickelter RFID-Applikator an der Ballenlinie der Zellstoffanlage, indem er die Transponder automatisch kodiert und an bestimmten Ballen der Zellstoffeinheit befestigt. Das Gerät ist programmiert, die Transponder exakt an vorab festgelegten Punkten anzubringen, damit sie möglichst problemlos von allen Seiten der zwei Tonnen schweren Export-Zellstoffeinheit ausgelesen werden können. TEXT NIKO KILKKI • BILD ALEKSI KOSKINEN