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So ein Wirbel
Wenn Christoph Ransmayr am 7. Oktober im Stadtmuseum den diesjährigen „Blätterwirbel“ eröffnet, mag man gar nicht so recht glauben, dass besagtes Literatur- und Theaterfestival schon ins 16. Jahr geht, also sich gleichsam mitten in der Pubertät befindet.
Und obwohl sich der „Blätterwirbel“ frisch wie eh und je präsentiert, darf man inzwischen durchaus von einer lieb gewonnen Tradition sprechen, die auch die St. Pöltner Bevölkerung jedes Mal mit sehr guten Auslastungen und ebensolcher Stimmung quittiert. Angefangen hat’s, ja wie so oft, im Wirtshaus – im damals noch existierenden EGON, um genau zu sein, an einem lauschigen Augustabend des Jahres 2005. Eine Gruppe, bestehend aus Kunstschaffenden und -vermittlern, sollte hier auf Anregung des ehemaligen St. Pöltner Kulturchefs Thomas Karl einen Kulturentwicklungsplan (KEP) für den Bereich Literatur/Theater schmieden.
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Gesagt, getan.
Doch stand der Gruppe, zu der maßgeblich auch die damalige Intendantin des Landestheaters Niederösterreich Isabella Suppanz und der zeitlebens äußerst umtriebige und in diesem Jahr leider verstorbene Hugo Schöffer zählten, nicht der Sinn nach grauen Theoriepapieren für amtliche Schubladen. Man entwickelte, gleichsam als „Kollateralnutzen“ und ausgehend von der Landesbuchausstellung, die Idee eines unkonventionellen, Spielstätten und Ausdrucksformen übergreifenden Literaturfestivals, den „Blätterwirbel“. Von Anfang an lag die Intention des Festivals in der Förderung zeitgenössischer regionaler und überregionaler Literatur auf der Grundlage unterschiedlicher Vermittlungsweisen, vom Poetry Slam über Autorenlesungen, Literaturverfilmungen, dramatisierter Prosa bis hin zu Workshops mit Jugendlichen und Kindern. Stadt und Land zeigten sich interessiert – und so gestaltete die „EGON-Runde“ im Oktober 2006 unter der Ägide des Landestheaters die erste derartige literarische Woche der Stadt.
Und die war ein Riesenerfolg. Und ging in Serie.
Renate Kienzl, ebenfalls Blätterwirbel-Urgestein, erinnert sich an den vor Kurzem erst verstorbenen Hugo Schöffer, den sie seit Jahrzehnten kannte und schätzte und ohne den es wohl keinen „Blätterwirbel“ in der Form, wie wir ihn kennen, gegeben hätte. „Er vermittelte, er war der geborene Mediator, er spielte sich nie in den Vordergrund, konnte zuhören, konnte erklären, konnte seine Meinung schlüssig darlegen und konnte lachen. Seine Meinung galt viel und sein umfangreiches Wissen zu allem, was mit BUCH zu tun hatte, war beeindruckend. Hugo hielt Wort, nicht selbstverständlich heutzutage. Wenn er sagte: ‚Mach ich. Ich bin da. Ich kümmere mich darum.‘ Dann wusste ich, wir kriegen das hin, er hilft mir. Ein Fels im Blätterwirbel.“
Kienzl, selbst Autorin und Kunstvermittlerin, ist nach wie vor eine
VERLUST. Der heuer verstorbene Hugo Schöffer war Seele des Blätterwirbel.
jener Personen, die schon bei der „Blätterwirbel“-Gründung dabei waren, und stellt jedes Jahr viele der Einzelveranstaltungen von der Idee bis zur Durchführung auf die Beine: „Für mich muss es einen Grund und einen Bogen von der Thematik her geben, auch wenn er zunächst nur für mich sichtbar ist. Zur Eröffnung Christoph Ransmayr, das macht mir schon eine große Freude, dass es mir gelungen ist, diesen Ausnahmeschriftsteller nach St. Pölten ins Stadtmuseum zu bekommen. Der Grund ist sein neuer Roman, der ein Manifest gegen den Wahnsinn der Welt ist, wie sie ist und wie sie sein wird und die Faszination des Archaischen in seinen Romanen. Seine Wucht des Erzählens ist sicher nicht nur für mich einzigartig.“ Die von Kienzl kreierte Schiene „Hubert Wachter im Gespräch mit ...“ wartet diesmal mit Herbert Lackner auf. Und um noch eine ihrer Veranstaltung heraus zu greifen: „Um mystische Frauenfiguren und abbrechende Eismassen geht es im Gedichtband ‚kalben‘ von Maria Seisenbacher. Vertont wurden die Gedichte von 3 knaben schwarz. Hier schließt sich der Kreis zu Ransmayr, schrieb er doch auch über die Schrecken des Eises und der Finsternis.“ Sie ergänzt: „Na ja, das ist vielleicht ein bisschen weit hergeholt.“
Doch auch abseits der von Kienzl organisierten Events präsentiert sich Spannendes. Im Cinema Paradiso etwa heißen der frisch gebackene Sherlock Holmes-Autor Tibor Zenker (Sohn des „Kottan“-Erfinders Helmut Zenker) und der Multiinstrumentalist Marcus Hufnagl ihr Publikum im Rahmen von schön schaurigen (Schwarzweiß-)Filmnächten willkommen. Das Landestheater Niederösterreich lädt unter anderem zu außergewöhnlichen Autorenabenden, etwa mit Thea Dorn. Dazu kommen als Locations Startraum, Thalia und die NÖ Landesbibliothek. Vieles davon gibt‘s bei freiem Eintritt.
LITERATURFESTIVAL. Beim Blätterwirbel warten im Oktober Lesungen, Ausstellungen, Künstlergespräche, Poetry Slam...
RENATE KIENZL
Die Details entnehmen Sie www.landestheater.net/de/ blaetterwirbel/blaetterwirbel-2021
Ein Wirbel: aber einer, der sich lohnt.
12.9.–8.10.2021 Festival Musica Sacra
St. Pölten Herzogenburg Lilienfeld
Kartenvorverkauf und Infos: Festival Musica Sacra +43 677 61274462 office@festival-musica-sacra.at
Konzerte
12.9., 18.00 Uhr, Dom zu St. Pölten »Lacrimosa«
W. A. Mozart: Requiem KV 626 & Franz Thürauer: „Löscht den Geist nicht aus“ (UA) cappella nova graz / Domkantorei St. Pölten / L’Orfeo Barockorchester
19.9., 16.30 Uhr Stiftskirche Lilienfeld »Hommage à Josquin«
Werke von Josquin Desprez und Thomas Daniel Schlee L‘ultima parola (Vocalensemble)
26.9., 18.00 Uhr Dom zu St. Pölten »Verleih uns Frieden«
Werke von Heinrich Schütz Dresdner Kammerchor Hans-Christoph Rademann, Leitung 2.10., 19.30 Uhr Stiftskirche Herzogenburg »Wie im Himmel«
Werke von Krieger, Biber und Caldara Markus Forster, Alt Schwanthaler Trompetenconsort
8.10., 16.30 Uhr Ehem. Synagoge St. Pölten »Bach and more«
Gottesdienste
200 Jahre Schubert in St. Pölten
Sonntag, 19. September, 9.30 Uhr Stiftskirche Lilienfeld Franz Schubert: »Messe in G, D 167«
Stiftschor Lilienfeld / Karen De Pastel, Orgel Florian Pejrimovsky, Leitung
Sonntag, 26. September, 10.00 Uhr, Sonntag der Völker Dom zu St. Pölten Robert Ray: »Gospel-Mass«
Jugendensemble der Dommusik / Ludwig Lusser, Orgel / Otto Kargl, Leitung
Sonntag, 26. September, 10.00 Uhr Schlosskapelle Ochsenburg Franz Schubert: »Deutsche Messe, D 872 & Johann Simon Kreuzpointner (UA)«
Johann Simon Kreuzpointner, Leitung
Sonntag, 3. Oktober, 14.30 Uhr Stiftskirche Herzogenburg Franz Schubert: »Messe in B, D 324«
Motettenchor & Orchester der Stiftskirche Herzogenburg / Johannes Zimmerl, Leitung
Sonntag, 3. Oktober, 10.00 Uhr Dom zu St. Pölten Rundfunkgottesdienst Franz Schubert: »Messe in C, D 452«
AUF DEN SPUREN DER KUNST
Irgendwie reibt man sich ja noch ein bisschen ungläubig die Augen, wenn man auf das geplante Programm blickt. Zehn Veranstaltungen wollen wir in den kommenden Wochen gemeinsam genießen.
In und sozusagen mit unseren Häusern. Und auch wenn natürlich stets ein bisschen Unsicherheit mitschwingt, wollen wir zuversichtlich sein, dass sie auch stattfinden.
Aktiv ist unser Verein ja schon wieder seit geraumer Zeit. So durften wir etwa zuletzt – hier nochmals ganz herzlichen Dank an Carl Aigner – einen Ausflug in die Albertina Modern und das Künstlerhaus Wien unternehmen, wo uns Geschäftsführer Knut Neumayer empfing und wir vom Präsidenten des Freundesvereins Künstlerhaus Wien Richard Rella bestens betreut wurden.
Gespräche mit verschiedenen relevanten Kulturschaffenden wie etwa dem Leiter des Bereichs Kultur und Bildung der Stadt St. Pölten, Alfred Kellner, weiters dem künstlerischen Leiter von St. Pölten 2024, Christoph Gurk, oder der künstlerischen Leiterin der Bühne im Hof, Daniela Wandl, stehen ebenso am Programm wie jede Menge Kulturhighlights.
Besonders freue ich mich etwa schon auf einen gemeinsamen Spaziergang durch St. Pölten, wo wir am 15. Oktober auf den Spuren des Kunst im Öffentlichen Raum-Projekts „In This Together“ wandeln. Im Zuge dessen wird uns die in St. Pölten lebende Kuratorin Lisa Ortner-Kreil, die u.a. auch im Bank Austria Kunstforum aktiv ist sowie an der Angewandten und Uni Wien lehrt, zu den öffentlichen Interventionen von Borjana Ventzislavova und Aldo Giannotti führen. Die beiden Künstler haben sich mit dem Thema „25 Jahre Österreich in der EU“ auseinandergesetzt – was dabei sozusagen herausgekommen ist, schauen wir uns gemeinsam an.
Auf den Spuren der Kultur wandeln, wieder Konzerte und Theater genießen, sich mit Kunst auseinandersetzen, die grauen Zellen sozusagen in Schwung bringen oder sich einfach nur hingeben, all das wünsche ich Ihnen diesen Herbst und freue mich auf ein baldiges Wiedersehen
Ihr
Am 20. August hieß Geschäftsführer Knut Neumayer die Freunde der Kultur St. Pölten im Künstlerhaus Wien willkommen. Lothar Fiedler (Präsident Freunde der Kultur St. Pölten)
MITGLIED WERDEN und die zahlreichen Vereinsvorteile (Exklusivveranstaltungen, Previews, Künstler*innentreffen, Exkursionen, Ermäßigungen uvm.) genießen. Anmeldung und Infos unter T +43 2742 90 80 90-941, F +43 2742 90 80 94, freunde@kultur-stp.at
PROGRAMM HERBST 2021
9. September Begegnung mit Alfred Kellner (Leiter des Bereichs Kultur und Bildung der Stadt St. Pölten) & Christoph Gurk (Künstlerischer Leiter von St. Pölten 2024)
Stadtmuseum St. Pölten
17. September „Othello“ von William Shakespeare
Landestheater Niederösterreich
30. September Erwin Steinhauer & seine Lieben
Bühne im Hof inkl. Gespräch mit der künstlerischen Leiterin Daniela Wandl
7. Oktober Exklusives Preview für unsere Mitglieder der Ausstellung „Wildnis Stadt“
Haus für Natur im Museum NÖ
15. Oktober Kuratorinnenführung IN THIS TOGETHER
Öffentlicher Raum in St. Pölten mit Lisa Ortner-Kreil
22. Oktober Erzählte Geschichte: „Der Gürtel des Walter Fantl“
Haus der Geschichte im Museum NÖ
23. Oktober „Das kleine Gespenst“ von Otfried Preußler
Landestheater Niederösterreich
12. November Von Luft und Liebe – eine Opernverführung mit Nikolaus Habjan
Festspielhaus St. Pölten 8. Dezember John Lennon Tribute
Bühne im Hof
17. Dezember Peter Simonischek . Federspiel . Academy Singers
Festspielhaus St. Pölten
INFORMATIONEN