Kunstmagazin 2008

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kunst graub端nden und liechtenstein

ausgabe 2008


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gaudenz signorell georg malin hanna roeckle hansruedi giger martin j. meier martin walch matias spescha robert indermaur

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Hilti art foundation liechtenstein museum in wien

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casa console Werkstat t-galerie cr ameri gelbes haus BÜndner kunstmuseum galerie am lindenpl atz

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agenda

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54 66 78 90 Herausgeber Marc Gantenbein | Verlag printmedia company chur, grabenstrasse 51, 7002 chur, tel 081 250 31 32, www.p-m-c.ch Druck rdv rheintaler druckerei und verlag ag, hafnerwisenstrasse 1, 9442 berneck, www.rdv.ch | Grafik Romana Wieland, Chur Auflage 15‘000 ex. pro jahr | Erscheinen jährlich | E inzelverkaufspreis CHF 15.–/ Euro 10.– (zzgl. v ersan d­ kostenanteil) Papier Umschlag luxosamtOffset, hochweiss, gestrichen matt, 250 g. | Inhalt luxosamt­ Offset, hochweiss, gestrichen matt, 170 g. Lieferant sihl + eika papier AG, 8800 thalwil ISBN 978-3-9523366-0-1


Eine neue Kunstplattform entsteht Liebe Leserinnen und Leser, Es gibt in Graubünden und in Liechtenstein eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern. Schon jetzt haben sie gute Möglichkeiten, ihre Werke auszustellen. Doch es gibt kein Magazin, welches das zeitgenössische Kunstschaffen aus diesem Raum zusammenfasst und vorstellt. Deshalb habe ich mich entschlossen, ein neues Kunstmagazin ins Leben zu rufen, welches einmal jährlich erscheint. Die neue Zeitschrift «Kunst Graubünden und Liechtenstein» gibt jeweils acht Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform, um ihre Werke zu präsentieren und ihr Schaffen zu beschreiben. Mit der Zeit soll so ein Archiv des Kunstschaffens aus Graubünden und Liechtenstein entstehen. Gleichzeitig verbindet «Kunst Graubünden und Liechtenstein» die Häuser der Kunst in diesem Raum zu einem Forum. Fünf Museen oder Galerien zeigen jeweils ihre Sammlungsschwerpunkte. Eine Agenda fasst zudem die Ausstellungen des Kunstmuseums Liechtenstein in Vaduz und des Bündner Kunstmuseums in Chur zusammen. Dieses Magazin wird in erster Linie durch die beiden Hauptsponsoren von «Kunst Graubünden und Liechtenstein» ermöglicht: die Hilti art foundation und die LGT Bank in Liechtenstein. Ihrem Einsatz verdanke ich, dass ich dieses Produkt realisieren kann. Sie, liebe Leserinnen und Leser, sollen in «Kunst Graubünden und Liechtenstein» die faszinierendsten Seiten der zeitgenössischen Kunst kennen lernen. Hier erfahren Sie mehr über die Künstler und Künstlerinnen und ihr Schaffen. Ich wünsche Ihnen Freude beim Lesen und Anschauen und erwarte mit Spannung Ihre Reaktionen. Marc Gantenbein, Herausgeber


gaude nz signore ll , Domat/e ms

t e x t: K at h l een Bü h l er

f otos : g au d en z s i g n o r el l , p o rt r ät: j ü rg m oser

Gaudenz Signorell – Fragmente einer Indienreise Zwei Monate lang war Gaudenz Signorell anfang 2007 in Indien unterwegs. Zwischen R ajasthan und dem Ganges-Delta tauchte er in eine exotische Welt ein, die ihm mit einer überwältigenden Sinnlichkeit aufwartete. Gerüche, Farben und Ger äusche erlebte er in einer so bedr ängenden Intensität, dass es ihm mitunter unmöglich wurde, seine Reiseeindrücke zu fotogr afieren.



Trotz seiner vielfältigen Erfah­rung als beruf lich Reisender legte Gaudenz Signorell manch­mal erfüllt von berührenden oder verstörenden Erlebnissen die Kamera nieder. Dann versagten ihm schlicht die Worte, und er wagte es nicht, die Situation mit einer voyeuristischen Geste zu entweihen. Deshalb sind es «Fragmente einer Reise» (Edition Luciano Fasciati Chur) geblieben. Frag­mente, die jedoch nicht das Unvollendete, Bruchstückhafte seiner IndienErfahrung zum Ausdruck bringen, sondern die Keime für das Erspürte aufzeigen, welche in weiteren Be­gegnungen mit der reichen Kultur und Geschichte vertieft werden können. Noch längst sind auch nicht alle fotografischen Skizzen aus dem visuellen Tagebuch ausgewertet. Sie harren ihrer Zeit, bis die inneren Bilder des Fotografen auf­tauchen und sich in den Aufnahmen wiederfinden. An faszinierenden und befremd­lichen Erlebnissen gab es wahrlich genug. Von der heiligen Hindu-Stadt Varanasi (Benares), in der zum Teil noch heute wie im Mittelalter gelebt wird, bis zu den beiden

grossstädtischen Molochen Delhi und Kolkata (Kalkutta) bewegte sich Gaudenz Signorell zwischen verschiedenen Reli­gionen, Ethnien und Zivili­sationsstufen. Allen diesen Städten gemeinsam ist ihre Lage an grossen Flüssen wie etwa dem Ganges, der als Nabel des indischen Subkontinents und Lebensader vom Himalaja bis zum Indischen Ozean führt. Der extrem verseuchte Fluss gilt immer noch als heilig: Während die Gläubigen auf der einen Seite das rituelle Bad einnehmen, werden am anderen Ufer Leichen zur Bestattung dem Wasser übergeben. Nirgendwo sonst kommt Leben und Tod so nahe zusammen. Auf Schritt und Tritt begegnete Gaudenz Signorell der uralten Geschichte Indiens mit ihren reichen Kunstschätzen. Alte Bräuche und religiöse Riten gehören zum indischen Alltag und erfüllen ihn mit jahrtausendealten Traditionen, wie wenn über dem hektischen Leben stets noch eine weitere, zeitlose Dimension schweben würde, denen die Menschen bedächtig nachgehen. Die Umwelt ist durchzogen mit


frommen Zeichen sowie kleinen, für Bäume, Tiere und Menschen errichtete Andachtsstätten. Die Religion durchdringt das praktische Leben und ist nicht wie bei uns davon abgetrennt. Gaudenz Signorell ist auf unzählige solche Stätten gestossen. Er hat in Allahabad ein religiöses Fest mit Zehntausenden Besuchern erlebt und besuchte einen moslemischen Tempel, in dem täglich ein Tieropfer dargebracht wird. Daneben liess er sich von der ungeheuren Dynamik der aufstrebenden Grossstädte erfassen, die jeden Tag von Neuem knapp am Kollaps vorbeischrammen. In diesem Spannungsfeld zwischen grossartiger Kultur und unübersichtlicher ökologischer Probleme, tiefster Armut und neuem Reichtum, Modernität und archaischer Religiosität bewegte sich Signorell als sensibler Spurenleser. Den gängigen indischen Klischees ausweichend, fotografierte der Künstler weder die weltberühmten Bauwerke noch das bunte Gewirr von farbenfrohen Saris, weder die verkrüppelten Armen noch die ausdrucksvollen Gesichter der vielen verschiedenen Volksgruppen.

Er suchte nicht das Spektakuläre, das die hinlänglich bekannten Schauplätze des Exotischen abhakt, sondern fahndet nach stillen Anzeichen von Ereignissen, nach Hinweisen von Geschichten, die sich als Spur auf seinem Weg wieder finden. So zeigt der Künstler beispielsweise die lose aufeinander geschichteten Ziegelsteine einer gewöhnlichen Mauer, in der sich die ganze handwerkliche Sorgfalt der indischen Maurer offenbart. Oder er hält Kritzeleien am Strassenrand fest, welche einen Elefanten oder ein Bauwerk darstellen könnten und von Ferne an die nordindische Miniaturenmalerei erinnern. Ein anderes Mal weckt ein grün gestrichener Karton auf der Strasse seine Aufmerksamkeit, der wie ein wandelndes Bild über die Strasse getragen wird, und dann wieder bleibt sein Blick an einer gelöcherten Holzfaserplatte hängen, die in einer Hausecke von einem Strick in die Höhe gehalten wird. Alle Beispiele belegen die unermüdliche Improvisationsgabe der indischen Bevölkerung, welche jedem noch so beschädigten Gegenstand neuen Nutzen abzugewinnen vermögen.




Neben den Gebrauchsspuren verfolgt Signorell aber auch tatsächliche Schriftzeichen wie etwa ein blutrot gekritzeltes Wort auf einer kalkigen Wand oder ein zufällig erhaschter Blick in einen verspiegelten Wohnraum. Einem oberflächlichen Besucher würden diese Anzeichen entgehen, der Fotograf jedoch sucht aufmerksam danach und erspürt damit tiefer liegende Schichten, die als Rätsel niemals ganz ausgedeutet werden können, aber dafür etwas von der Stimmung am Ort wiedergeben. Signorells Bilder sind nie im klassischen Sinne dokumentarisch, sondern immer so weit durch eine ungewohnte Sichtweise, Unschärfe, gesteigerte Farbigkeit und Körnigkeit verfremdet, dass sie eine Vielfalt von einander durchdringenden Sinneseindrücken verkörpern: Der verspiegelte Innenraum ist so von satten Farben durchdrungen und räumlich verschachtelt, dass er ein geheimnisvolles Schmuckkästchen sein könnte, das sich den Augen des Betrachters darbietet. Die üppigen Farbtöne wirken jedoch nicht nur visuell, sondern auch olfaktorisch und haptisch. Sie erinnern an Gewürze oder kostbare Stoffe und sprechen noch weitere sinnliche Ebenen an. Auch die Wand mit grünen Schriftzeichen auf gelbem Grund und grauen Übermalungen ist Schrift- und atmosphärisches Sinnbild zugleich. Zum malerischen Zusammentreffen von präziser Schrift und grauer Verwischung kommen die Schattenund Lichtflecken, welche das Tageslicht auf die Wand wirft und alles zusammen zu einem Gespinst von farblichen, akustischen und durch Bewegung verursachten Eindrücken verweben. Dem westlich geprägten Auge eröffnen sich stets von Neuem Vergleiche mit der ungegenständlichen Kunst. Viele Bildausschnitte zeigen geometrische Grundformen sowie die leuchtenden Grundfarben. Neben diesem abstrakten Grundvokabular zeigen sich luftige, malerische Erscheinungen: Eine verwitterte Wand mit Farbabblätterungen wirkt wie ein monochromes Gemälde, das die Farbe in mehreren Schichten ineinander verzahnt. Sowohl in der geometrischen Regelhaftigkeit wie in der impressionistisch wirkenden Fleckigkeit zitiert Gaudenz Signorell Tendenzen der europäischen Moderne. Beide beschrieben damals eine Rückkehr zum Ursprung und kehren nun ihrerseits als Sehnsucht nach einem Ursprung in seinen Fotografien wieder. Es ist die Sehnsucht nach einem kulturellen Zustand, als die archaische Form noch mit elementarer, spiritueller Bedeutung erfüllt war, jedoch nicht dogmatisch, als ästhetische Absolutheit, sondern aus dem Ritual des religiös geprägten Lebens. Und so begegnet Gaudenz Signorell in seinen fragmentarischen Reiseskizzen nicht nur Spuren des indischen Alltags, sondern auch seiner Sehnsucht nach einer Sinnhaftigkeit, in der sich Form und Inhalt noch unmittelbar berühren.



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kunstmuseum casa console , posc hiavo

t e x t: f r i do l i n j a ko b er

f otos : a n d r e a b a d ru t t

Kunstmuseum Casa Console Der Tr aum vom eigenen Museum ging für den ehemaligen Münchner Verleger Ernesto Conr ad in Gr aubünden, genauer in Poschiavo in Erfüllung. Hier fand seine einmalige Sammlung von Werken aus dem 19. Jahrhundert einen Palazzo, der den Geist dieser Zeit atmet. Ein Museumsbesuch, der über die Bernina in eine ferne Welt entführt.


Carl Spitzweg ist in der Kunst­welt vor allem bekannt durch seine Bilder vom armen Poeten oder vom Bücherwurm. Des­wegen hat Ernesto Conrad seinen Traum vom Museum auch in jenem Haus eingerichtet, das der Cafétier Antonio Semadeni im 19. Jahrhundert erhöhen und im Stil eines Palazzos einrichten liess. Anstelle einer Plastik von Richard Serra steht davor eine Bronze von Ernest Barrias (1841 bis 1905). Sie zeigt den jungen Mozart, der seine Geige stimmt. Neben dem bekanntesten Maler des deutschen Biedermeier finden sich in der Casa Console weitere Maler der Alpen, wie Wilhelm Scheuchzer, Jacques Matthias Schenker, Carl Millner oder Ludwig Sckell. Auch Ferdinand Hodler gehört dazu, mit seiner «Pastorale im

Berner Oberland». Alle diese Gemälde zeigen die Szene eindrücklich und detailgetreu, sind handwerkliche Meisterwerke, die ihren Aus­druck aus der gemalten Stimmung beziehen. Sie bieten jenen Betrachtern, die sich auf Feinheiten verstehen, einen repräsentativen Fächer und eine Wahrnehmung der Berge, wie sie uns heute immer mehr verstellt ist. Der Mensch in der Einheit mit der Natur, die Bergwelt als ruhiger und beschützter Ort des Rückzugs. Mit Franz von Lenbach, Friedrich August von Kaulbach und Franz von Stuck sind gleich drei der Münchner «Malerfürsten» in Poschiavo vertreten. Sie selbst waren zu ihrer Zeit Exponenten des


Kunstmuseum Casa Console, Poschiavo Sammlung bedeutender Gemälde des 19. Jahrhunderts (Carl Spitzweg, Franz von Lenbach, Ferdinand Hodler, Alexander Calame u.a.). Die Casa Console ist ein Palazzo von 1856 und beherbergt eine Galerie, eine Malschule und einen Musiksaal. Geöffnet: Täglich 11 – 16 Uhr (ausser Montag) Vom 1. Nov. – 15. Dez. geschlossen. Piazza Comunale Via da Mez 32 7742 Poschiavo Telefon +41 (0)81 844 00 40

Münchner Kunstlebens und der Münchner Schule, ihre Porträts beeindrucken auch heute noch durch ihre Intensität und unverstellte Echtheit. Zwei Originale und vier Heliogravuren von Albert Anker und Franz von Defreggers Historiengemälde «Das letzte Aufgebot» geben unverstellten Einblick in die sozialen Realitäten des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung von Ernesto Conrad besticht durch die Beschränkung auf das 19. Jahrhundert und den Übergang von der Romantik zur «plein air» (Freilichtmalerei) und vereinigt bedeutende Werke aus dieser Zeit auf sehr kleinem Raum. Bis ins Detail sind die Räume des Museums im Stil des 19. Jahrhunderts erhalten – das Dach ist mit Wolle isoliert, die Stühle wurden von Puschlaver Patissiers und Cafétiers aus ganz Europa hierher gebracht. Kunstvolle Stuckaturen und wertvoller «Stucco lucido» sowie die edlen Stein- und Holzböden machen die Casa Console zu einem Juwel der Baukunst des 19. Jahr­ hunderts.


Gehäuse 42 mm und Armband aus rhodiniertem 18 Kt Weissgold, mechanisches Werk mit Automatikaufzug Cartier Kaliber 049 (21 Rubine, 28'800 Schwingungen pro Stunde), Datumsfenster. Blauer Saphir-Cabochon auf kannelierter Krone. Opal-versilbertes, guillochiertes Zifferblatt. Gewölbtes, kratzfestes Saphirglas. Auch erhältlich in Stahl und Gold 18 Karat.

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Georg Malin , maure n

t e x t: Ros w i t h a F eg er- R i sc h

f otos : a n d r e a b a d ru t t

Hämmern und schleifen gegen den Lärm der Welt Wenn jemand auf dem Nabel der Welt sitzt, würde er das merken? Steht jemand im Z-Würfel von Georg Malin – die Skulptur ist begehbar –, fällt ihm nicht auf, dass er mitten im Symbol für «Zentrum» steht. Nicht nur, weil die Schäfte des Buchstabens zu nah sind, als dass man sie lesen könnte. Auf dem Postplatz von Vaduz, wo der Würfel steht, in der Mitte des Fürstentums Liechtenstein, das im Herzen Europas liegt, fühlt sich kein Mensch wie in der Mitte der Welt. Doch er sollte es. Die Geschichte beginnt in Disentis, in der Surselva .




Hier hatte Josef Malin, der Vater von Georg Malin (*1926), in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die Klosterkirche von Disentis renoviert. Josef Malin war ein bekannter und gefragter Stuckateur. Sein Sohn Georg kletterte derweil auf dem Gerüst herum, goss kleine Äpfel, Birnen oder Lorbeerblätter aus Gips, um sich ein Taschengeld zu verdienen, oder sass seinem Vater als Putto Modell. Mit den Arbeitern und den Leuten aus dem Dorf sprach der Junge Romanisch. Malin, der in der Liechtensteiner Unterländer Gemeinde Mauren geboren ist, hat das Bündner Oberland nicht so schnell verlassen. Sein Onkel, Pater Benedikt, war Dekan der Benediktinerabtei. Sein Neffe war schon bald Klosterschüler im Internat von Disentis. 40 Jahre später kehrte Malin noch einmal nach Disentis zurück. Das Kloster beauftragte Malin, einen Brunnen für den Innenhof zu gestalten. Der Bildhauer knüpfte an das Motiv des Andreaskreuzes an, das Wappen des Klosters und der Gemeinde Disentis/Mustér. 1986/87 entstand ein 150 x 150 x 150 cm grosser Bronzewürfel, in den auf jeder Seite ein X eingelassen ist. Ein X-Würfel. Das passt zu Malin, dass ausgerechnet der X-Würfel in Disentis entstanden ist. Das X ist der Buchstabe, in dem sich alle vier Wege in der Mitte treffen. Es passt zu ihm, dass genau an diesem Ort und mit diesem Buchstaben, wo alles auf eine Mitte, einen Ursprung hinweist, sein Lebensweg im Groben vorgezeichnet wurde und dass der X-Würfel, auf dem vier Wege in alle vier Himmelsrichtungen ausstrahlen, dort entstand, von wo aus Malin als junger Mann sein eigenes Leben begann. Mit dem Buchstabenwürfel von Disentis begann eine der wichtigsten bildhauerischen Phasen des Künstlers. Eigentlich ist es ganz einfach: Die Buchstaben sind für Malin das Symbol der Sprache schlechthin. Sie sind aber auch Fragmente eines Wortes. «Ich denke, dass im H der Hauch des Geistes mitschwingt, dass im T der Tempel angesprochen ist, dass im L ein Lichthaken auf blitzt», beschreibt der Künstler die Bedeutung der einzelnen Buchstaben, «mit diesen Zeichen lässt sich alles festhalten, was der Mensch denkt, fühlt, erwartet, gewusst hat.» Und der Würfel? Im Würfel findet sich überall die Zahl 4. Das Symbol der vier Himmelsrichtungen, der vier Temperamente, der vier Evangelisten, der vier Jahreszeiten. Die 4 ist eine heilige Zahl. Sie steht für universelle und endgültige Wahrheiten. Bildet der Buchstabe O einen Würfel, so ist das die Quadratur des Kreises. Das Unmögliche scheint gelungen. Doch es ist noch nicht zu Ende: Man stelle sich eine Einöde vor, eine unendliche Wüste, zum Beispiel. Durch diese Wüste führt eine Pilgerstrasse ohne Anfang und ohne Ende und aufgereiht an dieser Strasse stehen die Buchstabenwürfel. Für jeden Buchstaben des Alphabets einen Würfel. Das Z ist das Ende der Reihe und das Zentrum. Diese Strasse wäre eine Ge­denk­ stätte für das Gedächtnis der Menschheit, so umschreibt die Kunst­ historikerin Erika Billeter das Szenario. Die ganze Welt um diese Wüste herum würde nicht mehr gebraucht. Sie könnte untergehen.



Die ersten Buchstabenwürfel sind aus Bronze, in einem Stück ge­gossen und meist auf Hoch­ glanz poliert. Die Buchstaben sind in unterschiedlichen Tiefen in die Seiten eingelassen. Die glänzenden Flächen spiegeln die Welt um den Würfel herum, bilden die Welt ab. Bald aber brechen die Kuben auf, nur noch der Buchstabe selbst bildet eine Würfelseite, es blieb das Skelett des Buchstabens übrig. Gleich­zeitig lässt Malin die Würfel immer grösser, überlebensgross werden. Er verwendet andere Materialen. Statt warm glänzender Bronze kalter Chrom­nickelstahl, gleissend poliert. Das Bild der Welt um den Würfel reflektiert nur noch diffus in diesem Material. Die jüngsten Würfel sind aus Cortenstahl, die Buchstabenschäfte rosten. Letztlich ist alles vergänglich. Blickt man auf das Leben von Georg Malin zwischen Internat u n d B u c h s t a b e nw ü r fe l , s o scheint es absurd, von einem wichtig­sten Thema in seinem Leben zu sprechen. Nach der Schule ging Malin nach Zürich, studierte dort Geschichte, Kunst­ ge­schichte, Philosophie und Archäologie. Doch er, dessen Finger von klein auf mit Gips verschmiert waren, besuchte während des Studiums Zeichen-, M a l- u nd Bi ld h auerk u r s e, und er arbeitete als Steinmetz. «Man­ch­­mal kam ich ziemlich verstaubt in die Vorlesungen», sagt Malin.


Um sein Studium in Geschichte abzuschliessen, kehrte Malin nach Liechtenstein zurück. Hier untersuchte er die Geschichte Liechtensteins während der Zeit Napoleons. Napoleon bescherte dem Land im Jahr 1806 die Souveränität, Malin bescherte seine Arbeit, den ersten bildhauerischen Auftrag des Staates. Er sollte eine Statue des 1929 verstorbenen Fürsten Johann II. von Liechtenstein anfertigen. Es entstand eine lebensgrosse Stele aus Granit. Den Körper eng eingebunden in den Stein­ block, blickt der Dargestellte in ewigem Ernst über das Land. Eine andere Büste gestaltete Malin von Peter Kaiser (1793– 1864), einer der wichtigsten politischen Vordenker Liechten­ steins, war unter anderem Rektor der Kantonsschulen in Chur und Disentis. Georg Malin ist selbst ein durch und durch politischer Mensch. Dass er im Kleinstaat Liechten­ stein geboren ist, ist für ihn nicht Hypothek, sondern Heraus­ forderung. In einer überschaubaren Gesellschaft muss jeder Bürger seinen Beitrag leisten, so die Ansicht Malins, und sich für das Gemeinwohl einsetzen. Malin hat seine Überzeugung gelebt. Er war lange Jahre Land­ tags­abgeordneter und Regie­ rungsrat. Neben seiner Arbeit in der Politik und der Kunst war Malin ausserdem noch als Archäologe und Konservator der Staatlichen Kunst­sammlungen tätig. Das waren laute Jahre. Ähnlich laut wie ein Meissel auf Granit


oder eine Schleifmaschine auf Metall. Die Bildhauerei und das Mitgestalten der Gesellschaft im Staat verursachte Lärm, wirbelte zu viel Staub auf, als dass man daneben noch denken könnte. Denken kann man nur in der Stille. Also wählte Malin in dieser Zeit die leiseste Form der Kunst. Er malte Aquarelle. Es sind zarte, abstrakte Bilder in leuchtenden Farben, die der Künstler nicht weniger ernsthaft anfertigt als einen tonnenschweren Granitkubus: «Der Aquarellist hat ein Maximum an Freiheit. Es kommt nur darauf an, wann der Maler diese Frei­ heit gebraucht. Ist der Zeitpunkt des Freiheitsgebrauchs nicht richtig gewählt, ist das Bild kaputt. So herrscht beim Aqua­ rellieren immer der Ernstfall.» Ohne den Pinsel ganz wegzulegen, kehrte Malin zur Bild­ hauerei zurück. In den frühen 1990er-Jahren entstanden das «Weltohr» und die «Weltwand». Es sind Wände aus Stahl, über 5 Meter hoch. Die mehrteiligen, nach oben konisch zulaufenden Riesen sind konkav geformt, wie ein Radarschirm. Es sind Monumente für die Ewigkeit, und sie rosten. Malin hat mit dem «Weltohr» eine höhere Welt­ordnung geschaffen, weil die Wissenschaft keine philosophischen Wahrheiten mehr erkenne. Es gehe nur noch um interpretierte Tatsachen. Diese Ungetüme, die so gross sind, dass sie die Landschaft verändern, fangen die Hintergrund­ geräusche des Kosmos ein. Damit wir sie hören können. Damit sie nicht verloren gehen im Lärm der Welt.


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we rkstat t- gale rie c r ame ri , c hur

t e x t: seb a s t i a n k i r sc h

f otos : a r n o l d c r a m er i

Von Bildern und Rahmen Seit fast 50 Jahren befindet sich die Werkstatt-Galerie cr ameri am Regierungsplatz in Chur. Nicht nur aufgrund dieser Kontinuität gehört diese Galerie sicherlich zu den renommiertesten Fachgeschäften im K anton Gr aubünden.


Bereits ein Blick in die Schaufenster zeigt, dass hier Kunst-, Sachverstand und handwerkliches Geschick zusammentreffen. Hier werden Kunstwerke von Format mit einer Ästhetik und Leichtigkeit präsentiert, dass man gerne verweilen möchte. Vielleicht auch, um die Schätze zu entdecken, die sich nicht in den Ausstellungsräumen befinden. Ein kurzer Blick zurück in die Geschichte der Werkstatt-Galerie: nach seinen Lehr- und Wanderjahren kehrte der gelernte Buchbinder Arnoldo Crameri 1960 in seine Geburtsstadt Chur zurück und eröffnete hier seine eigene Buchbinderei. Dank seines persönlichen Interesses an der Kunst gehörte aber schon bald das Einrahmen von Bildern zu seinem Angebot. Mit der Rahmung der Werke von Alois Carigiet


gelang ihm der Durchbruch in diesem Metier. Zudem sollte der von Anfang an freundschaftliche Kontakt zum damals noch unbekannten Künstler Rudolf Mirer den Kunsthandel der Galerie Crameri beflügeln.

Öffnungszeiten Montag 13.30 – 18.30 Uhr Dienstag – Freitag 8.30 – 12.00 Uhr 13.30 – 18.30 Uhr Samstag 9.00 – 12.00 Uhr 13.30 – 16.00 Uhr Kontakt und weitere Infos: Werkstatt-Galerie Crameri Regierungsplatz 40 7000 Chur Telefon +41 (0)81 252 33 26 www.galerie-crameri.ch

In den 80er-Jahren konnte Arnold Crameri das Geschäft seines Vaters Arnoldo übernehmen. Dank seines Geschicks konnte er weiterhin die Künstler vertreten, welche massgeblich zur positiven Entwicklung des Kunsthandels der Galerie beigetragen haben. Hier seien nur Alois Carigiet, Rudolf Mirer und Hans Erni zu nennen. Doch für Arnold Crameri war es ebenso wichtig, neue Akzente zu setzen. So nahm er Kontakt zu neuen Künstlerinnen und Künstlern auf, welche mit ih-

ren Werken ein eigentliches Kaleidoskop der Galerie bilden. Und weil Kunsthandel Vertrauenssache ist, pflegt Arnold Crameri seine Künstlerkontakte: «Mir ist es ganz wichtig, einen persönlichen und oft auch freundschaftlichen Kontakt zu unseren Künstlerinnen und Künstlern zu haben. Nur so kann ich deren Werke verstehen und mir ein Bild von den Entwicklungen machen, die sich in den Werken ausdrücken», sagt Arnold Crameri. In der Galerie sind heute Bilder von Georg Tanno, Robert Indermaur, Beat Rosenberg, H.R. Giger, Martin J. Meier, Martin Eberhard zu finden. Zudem wird auch plastischen Werken Rechnung getragen: Bronzeplastiken von Robert Indermaur und Janni Weibel sowie Holzskulpturen von Not Bott, Peter Leisinger und Gubert Luck ergänzen das künstlerische Angebot. Neben dem Kunsthandel bildet die Werkstatt einen weiteren Schwerpunkt des Dienstleistungsangebotes. Ob Rahmen, Passepartouts, Vergoldungen Restaurationen, Reinigungen oder Reparaturen – in der Werkstatt-Galerie Crameri können sich Kunden auf das fachliche Wissen und das handwerkliche Geschick des fünf köpfigen Teams verlassen. Nur beste Materialien und handwerkliches Können aus der traditionellen und modernen Rahmenkunst können einem Bild gerecht werden. So bietet die Werkstatt-Galerie vom Kauf eines Bildes bis hin zum Rahmen alles unter einem Dach an.


Caresse d’orchidÊes par

www.cartier.com - Palace-Galerie - St. Moritz - 081 833 18 55


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hanna roec kle , vaduz / Z端ric h t e x t: f r i do l i n j a ko b er f otos : Wa lt er M a i r , Z端 r i c h / Pe t er H u n k el er Z端 r i c h M en g a vo n S pr ec h er , M a i en f el d / C l au d i a B a en a , M e x i co / H ei n z Pr eu t e , Va d uz


Hanna Roeckle – Zwischen Innerlichkeit und Serialität Ihre Werke waren schon in zahlreichen nationalen und internationalen Galerien zu sehen. Aber auch in der Kunsthalle Weimar, im Museum für konkrete Kunst in Ingolstadt, kunst am Bau, an der Kunst 07 in Zürich und an der Kunstmesse Köln. Über die «Xoana» und ihre Erschafferin.



Hanna Roeckle wurde 1950 im Vaduz, im Fürstentum Liechten­ stein, geboren und lebt und arbeitet heute in Zürich und Vaduz. Sie hatte – als diplomierte Zeichenlehrerin – bis 1994 einen Lehr­auftrag im Kunstunterricht an der Mittelschule und an der Berufsschule in Zürich inne und arbeitete auch in einer Galerie mit. Daneben erhielt sie mehrere Stipendien und Atelieraufenthalte in Italien und Deutschland – zuletzt 2007 im Rahmen des Atelierstipendiums in Berlin von der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr. Ihre derzeit vielleicht bekanntesten und am meisten besprochenen Werke sind die «Xoana». Wie ein Forschungsprojekt entwickelte Hanna Roeckle in den vergangenen Jahren diese ihre Werkreihe weiter, welche ihren Namen aus der griechischen Antike entlehnt. Als Xoanon wurden Götterbilder bezeichnet, die als mobile Grenzzeichen genutzt wurden. Als solche «mobilen Grenzzeichen» können die Werke von Hanna Roeckle in verschiedener Hinsicht verstanden werden. Hanna Roeckle ist mit diesen neuen Arbeiten eine hochinteressante Arbeit gelungen, die sich im Zwischenbereich von Malerei und Plastik bewegt. Dabei wird der Raum zum thematischen Zentrum, ein Zentrum, in dem sich verschiedene inhaltliche Koordinatenlinien kreuzen. Diese Linien zieht Hanna Roeckle zwischen den Polen der Innerlichkeit und der Serialität, zwischen emotionaler und struktureller Dimension. Die Koordinaten selbst umreissen ihrerseits das Thema eines Lebensgefühls, welches – wie Friedemann Malsch, Direktor des Kunstmuseums Liechten­stein, es beschreibt – «zwischen zwei Existenzwünschen schwankt: dem Wunsch nach dem Eigenem, nach Individualität einerseits und dem Wunsch nach dem Eingebundensein in Systeme, nach der Aufnahme in überpersonale Ganzheiten». Malsch sieht gerade in der «Art und Weise, mit der sie das Zu­stande­ kommen ihrer Bilder organisiert, einen hohen Grad an Reflexion der Möglichkeiten von Malerei heute». Und im Rückgriff auf diese beispielhafte Formulierung des Raumbegriffes von Michel de Certeau: «Der Raum ist ein Geflecht von beweglichen Elementen. Er ist gewissermassen von der Gesamtheit der Bewegungen erfüllt, die sich in ihm entfalten. Er ist also ein Resultat von Aktivitäten, die ihm eine Richtung geben, ihn verzeitlichen und ihn dahin bringen, als eine mehrdeutige Einheit von Konfliktprogrammen und vertraglichen Übereinkünften zu funktionieren.» stellt Malsch fest,




dass Hanna Roeckle die Malerei in den Raum integriert und dabei den Raum sehr zeitgemäss begreift, als etwas, was durch die elektronischen Medien seit einiger Zeit im Wandel begriffen ist. Ebenfalls seit einigen Jahren arbeitet Hanna Roeckle mit einem Regalsystem für ihre Malerei, welches der Künstlerin Bild­ordnungen erlaubt und das stets wieder neue Bildräume ermöglicht. Von Sibylle Omlin, Kunstpublizistin und Dozentin in Zürich und Basel, werden die «Xoanas» als «modulare Tafelmalerei auf Birkensperrholz» bezeichnet. Die Serie dieser Tafeln kann entweder am Boden oder an der Wand als Bild ausgelegt werden. So schreibt Sibylle Omlin in «Fluidum und Zwischenraum» (erschienen 2003 im Verlag Walther König, Köln) weiter: «Wenn die Tafeln am Boden angeordnet werden wie beispielsweise in ‘Xoana A Lakin’ (2002), ist die horizontale Anordnung des Bildes wie ein extremes Pixelraster von der Farbgebung der einzelnen Bildplatten bestimmt; einzelne Bildplatten werden in der Vertikalen erhöht, sodass diese Farbfelder mit ihren Erhebungen das Bild reliefartig konturieren. An der Wand stellt sich der Künstlerin die Frage, ob das Tafelbild sich auf das Rechteck beschränken muss. Die ‘Xoana B’-Arbeiten (2001) an der Wand erreichen durch das Aussparen von einzelnen Bildplatten eigenwillige Formate.» Damit rückt die Publizistin diese Werke in eine lange Tradition, die – wie der Name der Werkserie – in der griechischen Antike fusst und die lange Zeit vor allem für Ikonen und Altarbilder verwendet wurde. In diesem Sinne kann das Tafelbild verstanden werden als ein Werk, das an der Grenze zwischen dem Betrachtenden und der unsichtbaren Gottheit steht. Hanna Roeckles Schaffen nähert sich zwar in der formalen Dimension konkreten und konstruktiven Heran­ gehensweisen an und lässt sich als ein gemeinsames Wirken von serieller Arbeit, Reduktion und einer starken Betonung der reinen Linearität beschreiben. Doch für Hanna Roeckle gibt es keine Ordnung, wenn diese nicht auch mit persönlicher Innerlichkeit verschmelzen kann. Und so weisen denn die Titel ihrer Arbeiten einerseits auf das Grenzzeichen hin, das zwischen dem Bekannten und dem Unentdeckten steht, andererseits aber auf die Beweglichkeit dieses Grenzzeichens, welches sich eben ausrichten lässt. Veränderbarkeit charakterisiert viele Werke von Hanna Roeckle – eine­ Variabilität, mit der sich Systeme und Ordnungen herstellen lassen. Die einzelnen – etwa gleich grossen Tafeln – funktionieren dabei wie Module. Sie werden auch dann, wenn sie addiert werden oder wenn sich ihre Anordnung ändert, immer noch als Grundelemente


des Ganzen erkannt. Durch das Schichten und Stapeln der Tafeln in Regalen, welche entweder an der Wand hängen oder am Boden stehen, erfahren die Tafeln eine Meta­morphose zur Skulptur. Die Malerei wird – wie es Uwe Wieczorek, Kurator der Hilti Art Foundation, ausdrückt – «räumlich ohne Anwendung illusionistischer Mittel». Bleibt zuletzt die Interpretation des Farbcodes, den die Kunst­ publizistin Sabine Arlitt «seismografisch» nennt. Sie entdeckt im Schaffen Roeckles eine zunehmende Tendenz, die Hori­ zontale und den horizontalen Farbf luss zurück zubinden. Dafür orientieren einige von Roeckles Farb­kombi­nationen sich – so Arlitt – am Farbenspiel, welches «trans­parente Steine, farblose und farbige, unter wechselnden Lichtver­hältnissen freigeben. Der Pixel­teppich, der den im Computer eingescannten Foto­grafien der ausgesuchten Mi­ neralien und Kristalle entspricht, wirkt während des Malens als vager Erinnerungs­raster nach.» Die dünn aufgetragenen Farb­ schichten auf den Oberflächen der einzelnen Module evozieren diesen Erin­ne­rungs­raster auch beim Be­trachter. Der strengen Ordnung der Serialität stellt die Künst­lerin so einen optisch verwirrend irregulären Eindruck entgegen – ihre «Xoana» bekommen eine subtil-poetische Strahlung. www.hannaroeckle.com


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hilti art foundation , vaduz

t e x t: U w e W i ec zo r ek

f otos : H ei n z Pr eu t e , T r i e sen

Die Kunstsammlung der Hilti art foundation Neben der weit über die Region des hiesigen Rheintales hinaus bek annten sta atlichen Kunstsammlung, für die im Jahr 2000 eigens ein Museum gebaut und eröffnet wurde, gibt es in Liechtenstein auch private Kunstsammlungen von nennenswertem R ang – unter anderen die Sammlung der Hilti art foundation, deren Geschichte noch vergleichsweise jung ist.


Zwar erwarb die Familie Hilti, welche seit Generationen in Liechtenstein beheimatet ist und dort ihren Wirtschaftsstandort hat, schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts das eine oder andere Gemälde, doch hat der geplante und auf lange Sicht angelegte Auf bau einer privaten Sammlung mit Kunstwerken von hoher, d.h. möglichst musealer Qualität erst Anfang der Neunzigerjahre begonnen. Das inhaltliche Interesse der Hilti art foundation zielt dabei auf Gemälde und Skulpturen, die zirka zwischen 1880 und 1945 entstanden sind, also in jener Epoche, die als klassische Moderne bezeichnet wird und wichtige Stilrichtungen, etwa den Expressionismus, den Kubismus, den Futurismus oder den Neoplastizismus und damit so bedeutende Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Paul Klee, Pablo Picasso, Fernand Leger, Umberto Boccioni oder Piet Mondrian umschliesst, die in der Sammlung bereits mit hervorragenden Werken vertreten sind.Entspricht schon dieses Spektrum ganz der privaten, zugleich

am Kriterium der Wertbeständigkeit ausgerichteten Vorliebe der Familie, so äussert sich der Geschmack einzelner ihrer Mitglieder umso deutlicher in den jeweils persönlichen Sammlungen, die bis in das Kunstschaffen der Gegenwart ausgreifen und Werke von Max Pechstein, Lovis Corinth, Max Bill, Lucio Fontana, Yves Klein, Gottfried Honegger, Gotthard Graubner, Imi Knoebel oder Sean Scully enthalten. Mögen dabei vorrangig die schönen Seiten der Kunst interessieren, so sind doch auch die tief greifenden psychologischen und ästhetischen Zäsuren in der Kunst des späten 19. und des 20. Jahrhunderts durch Werke von Auguste Rodin, Medardo Rosso, Max Beckmann, Alberto Giacometti, Mark Rothko und anderen Künstlern anschaulich berücksichtigt. Der Verzicht auf kunsthistorische Lückenlosigkeit ist ein bewusstes Merkmal der Kunstsammlung der Hilti art foundation. Gleichwohl weist der seit mehr als einem Jahrzehnt zusammenge-


tragene Sammlungsbestand eine Vielfalt und ein Niveau auf, welche bereits im Jahr 2005 zu einer Präsentation in der Öffentlichkeit, zu einer Ausstellung im Kunstmuseum Liechtenstein ermutigt haben, und zwar umso mehr, als dort zuvor schon, wie auch in anderen namhaften europäischen Museen, einzelne hochwertige Gemälde und Skulpturen als Leihgaben gezeigt wurden – und immer wieder aufs Neue gezeigt werden, denn Kunst lebt vom Dialog, nicht nur zwischen Betrachter und Werk, sondern auch zwischen Sammler und Öffentlichkeit. So mag denn die Hilti art foun-


dation als Beispiel daf端r gelten, dass das Sammeln von Kunstwerken nicht allein dem privaten Genuss dient, so unabdingbar und wichtig dieser auch ist. Vielmehr bekundet es dar端ber hinaus den Wunsch, durch Kunst auf die besten Eigenschaften einer Gesellschaft, auf ihr kreatives und humanes Potenzial in Geschichte, Gegenwart und Zukunft hinzuweisen und es dauerhaft zu f旦rdern. Verantwortungs- und B端rgersinn sind es, die einer res privata damit zugleich den Charakter einer res publica verleihen.


Umberto Boccioni (1882 Reggio di Calabria – 1916 Verona) Forme uniche della continuità nello spazio, 1913 (Guss vom Originalgips: 1949) Bronze; 120 x 88 x 31 cm Inv. Nr.: S7T Erworben: 2000 Forme uniche della continuità nello spazio ist in der Absicht entstanden, die Bewegung eines menschlichen Körpers im Raum plastisch sichtbar zu machen. Trotz statischer Bildmittel unterscheidet sich diese Plastik von allen ihr in der Kunstgeschichte vorausgegangenen dadurch, dass das Kontinuum der Bewegung selbst in seiner die Form des menschlichen Körpers verändernden Wirkung gezeigt wird. Damit hat Boccioni einen der plastischen Meilensteine im 20. Jahrhundert, zugleich auch das «futuristische Menschenbild» schlechthin geschaffen, denn es zeigt den Menschen unter den Bedingungen der Geschwin­ digkeit des modernen Lebens, dem die Futuristen, zu deren Hauptvertretern Boccioni gehörte, enthusiastisch huldigten. Tatsächlich erweckt die Figur einen zugleich organischen und technischen Eindruck. Obgleich ihr die Arme fehlen, wird sie nicht als fragmentarisch empfunden, zu sehr greifen die «Kraftformen» der Muskulatur dynamisch in den Raum aus. «Reissen wir die Figur auf, und schliessen wir die Umgebung in sie ein», heisst es in dem von Boccioni verfassten Technischen Manifest der futuristischen Plastik (April 1912). Es scheint, als habe Boccioni den Körper seiner Haut beraubt, um die durch Bewegung sozusagen «chronofotograf isch» in die Länge gezogenen Muskeln umso deutlicher sichtbar werden zu

lassen. Und doch: Auf seinen beiden Sockeln wirkt das Schrittmotiv wie durch zwei Hemmschuhe merkwürdig blockiert, als sei es Boccionis Absicht gewesen, der Bewegung den Charakter eines Denkmals zu geben, sie festzuhalten in der reglosen Form eines plastischen Bildes, gleichsam einer futuristischen Ikone, die zwar die Zukunft dynamisch beschwört, aber eben doch nur eine Ikone, ein statisches Bild bleibt.


Mark Rothko (1903 Dvinsk – 1970 New York) Ohne Titel, 1956 Leinwand; 124 x 79 cm Inv. Nr.: P22T Erworben: 2002 Mark Rothko, ein nach Amerika emigrierter Russe, fand erst Ende der Vierzigerjahre, nach expressionistischen und surrealistischen Anfängen, im mittleren Lebensalter, zu jenen unvergleichlichen Bildern, für die das hier gezeigte von 1956 exemplarisch ist. Auf feurig roten Grund hat er drei verschieden grosse, mit unscharfen Rändern weich aneinander stossende Farbfelder gemalt – ein schwarzes, ein gel­ bes und ein rotes, wobei sich das rote dunkler gegen den Grund abhebt. Das schwarze Feld ist über das gelbe und das rote gesetzt, denn, so Rothko: «Das Dunkle ist immer oben.» Das Dunkle, das mit dem Schweren identisch scheint, ist der Schwer­ kraft enthoben und schwebt über dem Helleren, vermeintlich Leichteren. Wie das Schwarz über dem Gelb und das Gelb über dem Rot schwebt, so schweben alle drei Farben gemeinsam in schöner Proportion über und vor dem Grund. Ihr diffuser Umriss verstärkt den Eindruck des Schwebens und eines nicht sicher bestimmbaren Ortes zwischen Grund und Auge. Ihre Textur ist durchlässig wie atmender Stoff. Die Wirkung der Farben ist eindringlich und ergreifend. Es scheint, als verwandle sich Flamme in Glut und Glut in Kohle. Rothko legte seine ganze Weltund Ich-Erfahrung ausschliesslich in die Farben. Sie sind die «Darsteller» seiner gemalten «Dramen». Doch eignet ihnen ein unbestimmter Status zwischen Entstehen und Vergehen, wenn auch, wie hier, erfasst im

Moment höchster Intensität und Spannung. Sie sind nicht greifbar, erregen nicht den Tastsinn, sondern allein das Auge. Rothko wünschte seine Bilder im Dämmerlicht zu zeigen, um so den Eindruck des Schwebens, des Unbestimmten und Enthobenen der Farben zu steigern, auszuweiten in den Raum, wo der Betrachter in kontemplativer Selbstvergessenheit verweilt.


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hansrue di gige r , c hur / Z端ric h

t e x t: B e at S t u t zer

f otos : a n d r e a b a d ru t t


Zwischen Kunst und Kommerz Als HR Giger 1979 in Hollywood den Oscar für seine Mitarbeit am Horror-ScienceFiction-Film «Alien» erhielt (Best Achievement in Visual Effects), erlangte er Welt­ berühmtheit und den Status eines Stars. Rückblickend meint Giger, dass ihm der Oscar in der Kunstszene geschadet habe und er darunter leide, wenn die mangelnde Anerkennung in Kunstkreisen in hoher Diskrepanz zu seiner Popularität bei den Medien stehe: «Eigentlich hätte ich lieber einen Preis für Kunst, Malerei erhalten als für einen Film.»



In den Medien und in der breiten Öffentlichkeit mutierte Giger nach dem Oscar bald vom einst gefeierten Künstler der Fantastischen Figuration zum «Grusel-Giger»: Das Interesse der Boulevardmedien fokussiert sich seit langem auf Homestories, Lifestyle-Events und Skandale, während die Diskussion über seine Kunst und ihren qualitativen und innovativen Stellenwert kaum noch geführt wurde. Giger fiel beim Kunstestablishment in Ungnade, die Museen und Feuilletons wandten sich von Gigers Kunst ab – nicht zuletzt, weil sich Giger vermehrt dem Design zuwandte und das «autonome» Feld der Malerei und Zeichnung verliess: Er gestaltete Plattencovers für berühmte Rockbands, Tatoos und Gürtelschnallen; und er entwickelte sogar ein ganzes Möbelprogramm und richtete ganze Bars ein. Mit der Ausstellung «HR Giger: Das Schaffen vor Alien, 1961–1976» wollte das Bündner Kunstmuseum im Sommer 2007 die unvorteilhafte Rezeption von Gigers Schaffen zumindest korrigieren. Bis Mitte der 1970er-Jahre schuf Giger nämlich ein fulminantes Werk, das in seiner Bedeutung und in seinem künstlerischen Gehalt bislang unterschätzt wurde und – was frappant ist – seit 1984 nie mehr in seiner Authentizität in einer gültigen Retrospektive in der Schweiz zu sehen war. «Die besten Bilder mit den verschiedensten Themen entstanden von 1972 bis 1975» (H.R. Giger). Mit der Phantastischen Figuration nahm Giger bis Mitte der 1970er-Jahre eine der eigenständigsten Positionen in der Schweizer Kunst ein. Dazu zählen die frühen, makaberen Tuschezeichnungen, die Werkgruppen der Schächte und der beklemmenden Passagen, der realistisch klaustrophobischen Nasszellen-Bilder oder die visionären Hautlandschaften. Giger nimmt mit seinem fantastischen Realismus in der damaligen Kunstszene eine nonkonformistische, souveräne Stellung ein. Zu Unrecht etwas in den Hintergrund getreten ist die ab 1969 entstandene Gruppe relativ kleinformatiger Bilder, die Passagen. Damit werden Geburtstraumata und klaustrophobische Ängste thematisiert. In kalter, naturalistischer Präzision werden nichts anderes als einfache sterile Waschbecken, Scharniere, sanitäre Apparaturen oder metallene Behältnisse gezeigt, wobei oft eine schmale, von seltsamen Riegeln und Bügeln versperrte Öffnung ins bodenlose Schwarz hinführt. Die sachliche, stoff lich virtuose Wiedergabe der Dinge ist in eine monochrome Farbigkeit von Blau oder Lila getaucht, was die «magische Bedrohung» wesentlich potenziert. Mit diesen Bildern beschwört Giger das Grauen allein mit banalen Alltagsdingen und Interieurs herauf. So wandelt sich die nüchterne Wiedergabe einer ordinären Badewanne auf Grund ihrer Isolierung, der ungewöhnlichen Aufsicht, der Monochromie von kaltem Blau und des magischen Realismus zu einer beklemmenden, angstvollen Vision, in sich sowohl Erotisches wie Folter und Tod treffen. In der trügerischen Stille des banalen Motivs lauert eine negative Energie, die jederzeit ihr Unheil verströmen kann.



Bei der zweiten Werkgruppe der grossen Bilder, die Giger ebenfalls Passagen nannte, und die zwischen 1971 und 1974 entstanden, gilt sein Interesse ganz der Darstellung von relativ von Nahem gesehenen Müllschluckern. Giger erkannte in der Tätigkeit der Müllabfuhrleute einen «mechanisch-erotischen Akt». Wie bei den sanitären Anlagen ist es die Isolierung des Sujets aus dem überblickbaren Ganzen, das in der Fokussierung auf den unheimlichen Schlund und den mechanischen und hydraulischen Verschlussmechanismus alptraumhafte Schreckensvisionen mit unterschwellig erotischen Anklängen auslöst. Gigers Zeichnungen und Gemälde der damaligen Zeit erweisen sich als enorm zeitgemäss, aktuell und fühlten gleichsam ganz am Puls der Zeit. Seine Figurationen und Visionen gaben dem Gemütszustand und der Befindlichkeit einer ganzen jungen Generation einen bildnerischen Ausdruck. Giger artikulierte vor dem Hintergrund des damaligen Angstpotenzials, das die westliche Welt in Atem hielt: kalter Krieg mit nuklearer Bedrohung und globaler Vernichtung allen Lebens, Krieg in Vietnam mit Bombenteppichen aus Napalm, Rebellionen, Revolten und Strassenkrawalle und nicht zuletzt die Bangigkeit vor Automaten und Robotern, welche die menschliche Arbeit überflüssig machen, ja die Furcht, Mensch und Technik könnten dereinst zu einem Zwitter zusammenwachsen. Mit seinen Werken hat Giger diesen Phantasmagorien zur Anschaulichkeit verholfen. Zudem formulierte er in visionärer Ahnung Themenbereiche, von denen noch kaum die Rede war und die der breiten Öffentlichkeit noch unbekannt waren: die Bedrohung und totale Vernichtung des Lebensraumes durch Umweltkatastrophen, sodass sich die Welt in ein einzige blutende Sphäre voller Wunden und eitriger Ekzeme verwandeln könnte. Das Schreckensszenario, einen Menschen künstlich herzustellen, blieb lange Zeit das Privileg von Frankenstein, einer erdachten Kunstfigur, der sein Unwesen im Reich der Fantasie trieb. Als Giger seine Wesen mittels Gebärmaschine zur Welt brachte, seine Mutanten vegetieren liess und seine hybriden Kreaturen einer jämmerlichen Existenz aussetzte, war von der Gentechnologie höchstens in naturwissenschaftlichen Kreisen die Rede; mit dem Begriff «Klonen» konnten während der 1970erJahre die Allerwenigsten etwas anfangen, geschweige denn sich vorstellen, dass die Reproduktion von Tieren und Menschen rund zwei Jahrzehnte später zum biotechnischen Know-how gehört.

Unterschätzt wird zudem der ungeheure Einf luss, den Giger auf das jüngere Kunstschaffen in der Schweiz genommen hat. Die offensichtlichste Referenz auf Gigers Werk und Person erfolgte im Werkzyklus C-Files: Tell Saga (2000) des Ostschweizer Künstler­ duos Com & Com: Im fiktiven Tell-Film von Johannes M. Hedinger und Marcus Gossolt tritt Giger als Autorität bezüglich Aliens auf. Gigers Vorliebe für alptraumhafte Tableaux und seine Faszination für die Symbiose von Maschinen und Menschen kehr t auch im Schaffen der international erfolg­ reichen Künstler Olaf Breunig und Yves Netzhammer wieder. Während Breunig in seinen Fotografien und Installationen hemmungslos unterschiedlichste Einf lüsse von Horrorf ilmen, naturhistorischen Exponaten und Elementen der Trashkultur mischt, sind es bei Netzhammer



digitale 3D-Animationen, in denen das Phantasma der Durch­ lässigkeit von Körpern, Wesen und Räumen thematisiert wird. Die Aktualität von Giger ist aber nicht nur an motivischen oder stilistischen Einf lüssen auszu­machen, sondern auch auf Grund seiner Fähigkeit, aktuelle Themen und Ängste in eine beklemmende Form zu kleiden und diese als Wiederkehr aus dem Unterbewussten zu inszenieren. Diesem Vermächtnis war 2005 im Cabaret Voltaire in Zürich eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel «Pandora – HR Giger reloaded» gewidmet, die sich weniger auf eine künstlerische Spurensuche begab, sondern in Gesprächsrunden den wiederkehrenden Themen «Mensch-», «Stadt-», «Sex-», «Kriegs-» und «Traummaschinen» in Gigers Œuvre nachspürte.


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ge lbe s haus , flims

t e x t: c h r i s t i a n d e t t w i l er

f otos : R a l ph F ei n er

Wahrzeichen in weiss – Das Gelbe Haus Im kommenden Jahr feiert eine Kulturinstitution Gr aubündens ihr 12-Jahr-Jubiläum: Das Gelbe Haus in Flims. Die Jahre, die zu diesem Geburtstag geführt haben, waren gezeichnet von Erfolg, von Publikumswirksamkeit, nachhaltiger kultureller Mission, wie aber auch von Auseinandersetzungen.


Es ist der Idee von Ruedi Olgiati zu verdanken, dass in einer Gemeinde, einer Region, ja gar einem ganzen Kanton eine kulturelle Initiative ergriffen wurde, wo ansonsten vor allem dem Tourismus zugedient wird. Und es war die Weitsichtigkeit von Olgiati und seinem Sohn Valerio, der für die Architektur des Hauses zeichnete, dass der kulturelle Impuls zwischenzeitlich auch auf breiter Ebene als tourismuswirksam erkannt wird. Kantonale wie touristische Institutionen haben dies wohlwollend aufgenommen und haben – gemeinsam mit zwei anderen Ausstellungsveranstaltern – das Gelbe Haus zu einem der Wahrzeichen der Bündner Kultur erhoben. Dass es so weit kommen konnte, ist einer kontinuierlichen und fundierten Programmierung der Ausstellungstätigkeit zu verdanken. In den ersten fünf Jahren waren dies Armon Fontana und Luciano Fasciati mit ihren auf die aktuellen Kunstdiskussionen reagierenden Projekten, seit 2003 mit wechselnden Ausstellungsmachern wie Ariana Pradall, Köbi Gantenbein, Christoph Mayr Fingerle und anderen, die das Haus als Zentrum für Architektur, Design und Kunsthandwerk im internationalen Kontext etabliert haben.

Die Programmierung der Aus­ stellungs­tätigkeit richtet sich nach den touristischen Höhe­ punkten, der Sommer- und der Wintersaison. Entsprechend veranstaltet das Gelbe Haus zwei Aus­stellungen, je eine im Sommer und im Winter. Im schneeweissen Haus an der Flimser Hauptstrasse wurden vor allem in den vergangenen Jahren Ausstellungen durchgeführt, deren Ziel war, das Bewusstsein für Gestaltung im


öffentlichen wie auch im privaten Raum zu schärfen. «Ausgezeichnet» nannte sich eine Ausstellung, die das aktuelle – sprich zeitgenössische – Kunsthandwerk des Kantons präsentierte, bei den «Gebauten Bildern» drehte sich alles um die Frage, welche Architektur letztlich aussagekräftig genug ist, um im Umfeld des Gebauten – oder der Natur – ein Merkmal zu setzen. Und die zukünftigen architektonischen Blickfänge rückte die Ausstellung «Werdende Wahrzeichen» ins Zentrum, und es ist der Weitsicht der Kuratoren zu verdanken, dass aus einigen der werdenden Projekte Wahrzeichen wurden.

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Nun stellt das Gelbe Haus im Winter 2007/08 einen einzelnen Künstler ins Zentrum, dessen Schaffen als Designer und Kunsthandwerker von der Öffentlichkeit nie richtig wahrgenommen wurde, weil er stets im Schatten seines grossen Bruders stand: «Diego Giacometti tritt aus dem Schatten», titelt sich die Ausstellung, die das Wirken eines der kreativsten Möbeldesigners des 20. Jahrhunderts würdigt. Diese von Jacqueline von Sprecher zusammengestellte Schau zeigt in einer Auswahl von rund 100 Objekten einen Querschnitt durch das Schaffen des Bruders des berühmten Malers und Bildhauers Alberto Giacometti, ein Œuvre, das seit über 20 Jahren weltweit nie eine Würdigung erhalten hat. Im Sommer 2008 sodann widmet sich das Gelbe Haus dem Wasser, einem ebenso politischen wie poetischen Thema. Und der Tradition des Hauses entsprechend geht es vornehmlich um landschaftsplanerische, aber auch um akustische Aspekte, dies in Zusammenarbeit mit dem Musikfestival FlimsKlang, ebenfalls einem Aushängeschild bündnerischer Kultur.


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martin j . me ie r , C hur /base l

t e x t: M i c h a el G r ei l i n g er

f otos : To n i G l au ser


Das Bild aber bleibt Wenn Martin J. Meier Landschaften oder Akte malt, l채sst er sich vom entstehenden Bild leiten und treiben. Wenn nicht, portr 채tiert er schon mal sechzig Isl채nderinnen und Isl채nder.


Wohl nur wenige Künstler nennen ein derart idyllisches Atelier ihr Eigen wie Martin J. Meier. In einem rund 150-jährigen Pavillon mitten im idyllischen Basler Gellertpark arbeitet Meier an seinen Bildern. Bloss – wer den Maler dort finden will, braucht etwas Zeit. Zeit, die hektischen Strassen, die den Park umgeben, hinter sich zu lassen. Zeit, die Tiefe des Parks auf sich wirken zu lassen. Ein Park, der mehr als die oft bemühte grüne Lunge in der Stadt ist. Ein Park, dem man ansieht, wie er historisch gewachsen ist, ja, der gar ein wenig anachronistischen Charme versprüht. Und doch durch eine zeitlose Schönheit besticht. Attribute, die sich wiederholen, wenn Martin J. Meier die Türe zu seinem Atelier öffnet. Die sein Schaffen charakterisieren, vielleicht auch den Maler selbst. Seine Landschafts- und Aktbilder leben von präzisen, hervorgehobenen Konturen, von kräftigen Farben und von der Liebe zu runden oder halbrunden Formen: «Meine Handschrift habe ich einfach – um sie muss ich mich nicht bemühen.» Die hat ihm schon den einen oder anderen Vergleich mit Expressionisten eingebracht. «Ich male gegenständlich, was vielleicht nicht von allen als modern angesehen wird», sagt Martin J. Meier. Aber altmodisch oder – eben – anachronistisch mag er nicht gelten lassen: «Ich male aus meinem Leben im Heute heraus.» Zumindest auf der Ebene der Funktion von Kunst lässt sich eine Parallele zu vergangenen Zeiten ziehen: «Kunst galt lange als Gegenpol zur heilen Welt, wollte oder musste destruktiv sein, provozieren.» Auch das Schaffen vieler – von ihm bewunderter – Expressionisten siedelt Martin J. Meier dort an. Doch er nimmt diesen Ball auf und spielt ihn in die heutige Zeit: « Heute leben wir in einer sehr harten Welt, auf die ich mit etwas Ästhetischem reagiere.» Darum begegnet Martinj – wie sich der Wahl-Basler selber am liebsten nennt – in der Ruhe seines Ateliers mit seiner Kunst der alltäglichen Hektik, dem Trubel und Lärm, indem er malt, was ihm gefällt, was ihm gut tut. Was echt, was sinnlich ist. Den Schwung in seinen Bildern holt sich Martin J. Meier aus dem Bauch respektive aus dem Arm: «Ich gehe nicht von einem Konzept aus. Ich lasse mich leiten, lasse mich treiben.» Eine Wechselwirkung baut sich auf: Der Prozess generiert quasi einen Reiz, der Maler reagiert darauf. Lässt man Martinj noch anfügen, dass er sich keinen Erwartungen verpflichtet fühlen und keine Botschaft aussenden wolle, sind die wichtigsten künstlerischen Eckpunkte seines Schaffens eigentlich genannt. Doch ganz so einfach ist es nicht: Alleine, dass sich der Künstler noch so gerne treiben lässt, birgt Raum für manche Überraschung. Martinj verweist auf ein neues Aktbild. Eine vornehmlich in Gelb gehaltene Frau kniet mit ihrem rechten Bein auf einem grünen Boden. Sie hält ein blaues Wasserrohr in der linken Hand, das unter ihrem linken, angewinkelten Bein hindurch bis in den Vordergrund des Bildes reicht, aus dem heraus Wasser zum unteren Bildrand fliesst: «Die Wasserleitung war ursprünglich eine Schlange», sagt Martinj, «doch das Motiv hat nicht funktioniert.» Im Extremfall kann das so weit gehen, dass Martinj bestehende Bilder vollständig übermalt, um etwas Neues entstehen zu lassen.



So wie sich Martinj inhaltlich leiten lässt, hält er es auch mit der Farbwahl: «Ich habe zwar grundsätzliche Vorstellungen von der Farbe, muss diese aber ausprobieren. Ich kann das Resultat nicht voraussagen.» So wachsen schon mal kupferfarbene Bäume aus einer grünblauen Landschaft oder rote Bäume aus einer bläulich-weissen Ebene. Eine Regel gilt allerdings im Atelier Meier, an die sich der Kunstmaler strikte hält: «Ich verwende kein Schwarz. Ich habe keine schwarze Farbtube.» Schwarz anmutende Farbtöne basieren demnach auf anderen dunkeln Farben. Schwarz mache das Bild hart: Diesen Tipp hat ihm sein Professore an der Accademia di Belle Arti in Carrara mitgegeben, die Martinj von 1989 bis 1993 absolviert und mit dem Diploma di Licenza abgeschlossen hat.Typisch für Martinj ist zudem, dass er seinen Bildern viel Tiefe gibt, indem er Schicht um Schicht an lasierender Acrylfarbe auf die Leinwand aufträgt. Damit erzielt er jene ihm so eigenen Farbgebungen, die das Auge des Betrachtenden lange zu fesseln wissen. Der Weg dorthin ist aber oft steinig und verschlingt viel Energie, die Martinj «eruptiv» nennt: «Es gibt auch Phasen, in denen ich weiss, dass ich nicht die Kraft habe, ein Bild vorwärts zu bringen.» Mag er nicht an einem Bild arbeiten, vergnügt sich Martinj womöglich mit Zeichnen, seinem zweiten Standbein. Anlässlich eines sechswöchigen IslandAufenthalts hat er ein gross angelegtes Zeichnungsprojekt auf die Beine gestellt. Martinj hat rund 60 Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Akureyri in Kohlezeichnungen porträ-



tiert. Alle Zeichnungen wurden dort in einer Galerie aufgehängt. Nicht an den Wänden notabene, sondern mit Fäden an der Decke. So veränderte sich das Gesamtbild ständig: «Das ist wie in der realen Gesellschaft, die Menschen bewegen sich in immer neuen Konstellationen.» Veränderung interessiert Martinj, deshalb dürfe man sich auch künstlerisch entwickeln, müsse Veränderung zulassen. Martinj besucht Island aber auch aus einem anderen Grund gerne: Die Landschaft, die er dort vorfindet – karg und mit weitem Horizont –, entspricht in ihren Merkmalen denjenigen Landschaften, wie er sie in seinem Atelier in Basel malt. Die Landschaften sollen kein Abbild der Realität sein. Martinj malt sie aus der Erinnerung: «Darum ist der Abstraktionsgrad höher als bei den Aktbildern. Das Modell ist wirklich da, die Landschaft aber Vorstellung.» Apropos Erinnerung: Die trägt das Ihrige dazu bei, warum es gar nicht schwer ist, Modelle für die Aktbilder zu finden. «Da schwingt wohl der Wunsch nach Transzendenz mit. Das Modell vergeht, das Bild aber bleibt. Es ist rar, ein Unikat. In seinem Leben wird man unzählige Male fotografiert, aber vielleicht nur einmal gemalt.» So gewinnt Martinj dem Mythos «Maler und sein Modell», ein «Nimbus, eine sündige Sache», wie er es lachend nennt, eine tief philosophische Komponente ab. Warum er selber so konsequent seine beiden Themen Frauen und Landschaften verfolgt, kann er dagegen in schlichten Worten begründen: «Die Menschen sind sich doch alle irgendwo ähnlich. Ein weiter Himmel, ein schöner Frauenkörper, das berührt einfach.»



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BÜNDNER KUNSTMUSEUM , c hur

t e x t: B e at S t u t zer

f otos : B Ü NDNER KUNSTMUSEUM UND STEFAN SCHENK

Das Bündner Kunstmuseum in Chur Das Bündner Kunstmuseum Museum liegt mitten im Zentrum von Chur, am Postplatz. Es ist in der nach dem Bauherrn Jacques Ambrosius von Planta benannten Villa Planta domiziliert.


Die private Residenz wurde in den Jahren 1874 bis 1875 vom Architekten Johannes Ludwig erbaut. Der neoklassizistische, nahezu quadratische Bau zeichnet sich durch eine repräsentative Schauseite mit einem doppelgeschossigen Portikus aus. Die beiden Sphingen auf den Treppenwangen, die pompejanischen Malereien in der Eingangshalle und die goldene Kuppelbemalung verweisen auf die Tätigkeit des Bauherrn als Kaufmann im ägyptischen Alexandrien. Höhepunkt dieses «Orientalismus» bildete ein Halbmond auf der Kuppelspitze: Seit der Restaurierung und dem Umbau des Hauses (1987–1990) erinnert ein gelbes Neon-Zeichen von Hannes Vogel daran. Während die Villa Planta die Bündner Kunstsammlung beherbergt, finden im so genannten Sulser-Bau (1929), dem einstigen Natur- und Nationalpark-Museum, der durch eine Passerelle zu erreichen ist, die wechselnden Ausstellungen des Museums statt.

Die Bündner Kunstsammlung umfasst über 7000 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotografien und Videos vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Ein Teil davon ist ständig in der Villa Planta ausgestellt. Es sind vorwiegend Werke von Bündner Künstlern und Künstlerinnen oder von solchen, die zu Graubünden in einer besonderen Beziehung stehen. Sein Renommee verdankt das Museum zum einen jenen Werken von Kunstschaffenden aus Graubünden, die weit über die regionalen Grenzen hinaus zu Geltung, ja zu Weltruhm gelangt sind (Angelika Kauffmann und Alberto Giacometti), zum anderen jenen, denen Graubünden zur Wahlheimat wurde (Giovanni Segantini und Ernst Ludwig Kirchner). Die Sammlung zeichnet sich durch wenige, aber sorgfältig herausgearbeitete Schwerpunkte aus: Die klaren Akzente, die dem Bestand einen eigenen Charakter und eine individuelle Physiogonomie verleihen, machen die Qualität und Eigenständigkeit der Kollektion aus.


Bündner Kunstmuseum Dienstag bis Sonntag 10–17 Uhr, Montag geschlossen. www.buendner-kunstmuseum.ch Die Homepage des Bündner Kunstmuseums informiert in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Italienisch, Romanisch) über aktuelle Ausstellungen, Veranstaltungen und öffentliche Führungen. Publikationen und Kataloge können online bestellt werden. Bündner Kunstmuseum Postplatz Postfach 107 CH-7002 Chur Telefon +41 (0)81 257 28 68 Telefax +41 (0)81 257 21 72 info@bkm.gr.ch

Mit herausragenden Arbeiten oder umfassenden Werkgruppen sind Angelika Kauffmann, Ernst Stückelberg, Giovanni Segantini, Ferdinand Hodler, Augusto Giacometti, Giovanni Giacometti, Cuno Amiet, Ernst Ludwig Kirchner, die Künstler der Gruppe «Rot-Blau», Andreas Walser und Alberto Giacometti vertreten. Weitere Schwerpunkte bilden die gegenständliche und abstrakte Schweizer Kunst bis zur informellen Malerei (Matias Spescha, Lenz Klotz, Charles Rollier, Wilfrid Moser) sowie die Gegenwartskunst (Elisabeth Arpagaus, Hans Danuser, Corsin Fontana, Gaspare O. Melcher, Not Vital, Pascale Wiedemann und andere). Das Museum zeigt jährlich fünf bis sieben Ausstellungen. Das Spektrum ist bewusst breit und reicht von thematischen Präsentationen bis zu Einzelausstellungen wichtiger Künstler und Künstlerinnen; es umfasst regionale, schweizerische und internationale Kunst und umspannt ebenso die ältere Kunst wie die klassische Moderne sowie die zeitgenössische Kunst, wobei neben der Malerei ebenso die Skulptur, die Grafik, die Fotografie, Video-Arbeiten oder Installationen zum Zuge kommen.


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martin walc h , pl anke n

t e x t: T h o m a s G . B ru n n er

f otos : m a rt i n wa lc h u n d r eg i n a k Ăź h n e


Das Schwanken der Realität Exemplarisch für Martin walchs Schaffen steht die frühe Installation «K alte Augen». Optische Linsen, in vertik al gespannten Gummischläuchen befestigt, variieren den Blick, ver ändern, verzerren oder korrigieren ihn.


Vormals fraglos als feststehend Betrachtetes bewegt sich unerwartet. Welcher Blick ist der Richtige? Welche Wahrnehmung deckt sich mit dem Realen? Fragen, die sich manchem Brillenträger stellen, bemächtigen sich des Schauenden, der im Bestreben, die Linse auf seine Augenhöhe zu ziehen, die Ordnung der Gummischläuche ins Wanken gebracht hat: Was wie Stäbe, ein streng gebautes geometrisches Gerüst erschien, wird als labil erfahrbar, schwankend wie die aus dem Tritt der Gewohnheit gebrachte Wahrnehmung, Ambivalenz, Gegensätzlichkeit vibriert in einer scheinbar einfachen, feststehenden Ordnung. Das Schwanken relativiert das Beruhigende der strengen Gliederung, lässt durchscheinen, wie fragil und vielleicht auch vorläufig unsere Verortungen und Ordnungen sind, dass Wirklichkeit wohl etwas Unbekanntes dahinter ist, dem wir uns bruchstückhaft nähern. Unsere Alltagswirklichkeit ist vielleicht der «Balance» vergleichbar, jener Wasserwaage, die nur von einer äusserst dünnen, auf ein Stahlgerüst gespannten transparenten Folie in einer Art Schwebezustand gehalten wird. Das Unbekannte im Vertrauten verunsichert, öffnet jedoch auch neue Erfahrungsräume. Die Wirklichkeit wird aufmerksamer, intensiver wahrgenommen, wo sie nichts Statisches mehr ist. Martin Walch schneidet Löcher in festgefahrene Vorstellungen. Oft schneidet er handfest mit dem Japanmesser oder der Stichsäge. In den in New York entstandenen Arbeiten «Mandala», «Pier» und «Beacon» schneidet Martin Walch im Umraum vorgefundene Muster einer Wasserturmverkleidung, eines Kanaldeckels und ein Sonnenmotiv in Pappschachteln, wie sie von städtischen Obdachlosen als flüchtige Behausung genutzt werden. Die mit diesen Fenstern versehenen Schachteln baut er zu architektonischen, fragilen Gebilden, die er der Stadtarchitektur gegenüberstellt. Ein Lufthauch könnte sie wegblasen, während die Häuserblocks stehen blieben. Mit Einschnitten hat Martin Walch auch den nackten Beton hinter den elsbeer-fournierten Spanplatten der Kundenräume der LGT freigelegt. Ornamente und einer von Samuel Beckets Mr.-KnottSätzen in den Wandverkleidungen der Bank legen offen, schaffen Transparenz. Leise rüttelt der Mr.-Knott-Satz an der Sicht der Dinge, einer von zwölf Sätzen, die in der subtilen Veränderung in ihrer monotonen Abfolge jenes Feststehende in Bewegung versetzen, das von der Monotonie der Wiederholung eigentlich zementiert werden sollte. «Mr. Knott war für die Anordnung verantwortlich und war zufrieden.» Ein ähnliches sprachliches Phänomen irritiert aufmerksame Betrachter der quadratischen Taschentücher, auf denen sich Sätze aus der Genesis über Leben und Lebensdauer alttestamentlicher Patriarchen litaneihaft wiederholen, in ihren leisen Variationen am Quadratischen kratzen, an jener mit dem Bügeleisen bestärkten Versicherung, dass die Welt viereckig sei. In den Vibrationen zwischen den Sätzen wird ungewiss, ob wir alles in unseren karierten Raster unterbringen.



So roh wie die Lettern des Mr.-Knott-Satzes in die Wand­ verkleidung der LGT hat Martin Walch das Erste-Hilfe-Kreuz in die Türen einer ehemaligen Zürcher Klinik gesägt, Durch­ blicke geschaffen, wo einst Krankheit von Gesundheit separiert wurde. Die Leerstellen verbinden Innen und Aussen, schaffen Durchlässigkeit. Dass sie auch trennen können, zeigt die Arbeit «Membran». 150 x 250 cm grosse Metallgitter aus feuerverzinktem Eisenrohr verwenden das Format der Schweizer Jasskarten und einladende Motive wie Herz und Sonne, stehen aber im Raum wie mobile Wände. In Jekaterinen­ burg im Ural und andernorts im Osten fand Martin Walch einfache, aus Armierungseisen geschweisste Fenstergitter, die in ver wandter scheinbarer Widersprüchlichkeit mit der Symbolsprache der Motive Liebe einladen und in ihrer Funktion als Gitter Grenzen schaffen. Weitere Gitter, auf eine lange Eisenstange geschweisst, platziert Martin Walch wie überdimensionierte Fliegenklatschen in die Landschaft: Werkzeuge, etwas weit Entferntes zu fangen. In der 1998 im Kunstraum Schicht­wechsel, Vaduz, installierten Arbeit «Windows» schaffen wie Schaukästen oder Aquarien


vor die Fenster gespannte Glaskästen vielfältige Bezüge zwischen Innen und Aussen, Ein- und Ausgrenzungen. Tagsüber scheinen die vom Licht­einfall geprägten Ver­spiegelungen den Aussenraum in den Innenraum zu projizieren oder zu verlängern, die Äste der Bäume zum Beispiel ragen dem Betrachter entgegen, greifen nach ihm, worauf nachts sich eine Umkehrung einstellt, die Lampen nach aussen gespiegelt das Innere des Raums ins Unend­liche verlängern, Lichtbalken in die Schwärze zaubern. Distanz schafft ein kleiner ähnlicher, mit Metalldraht vor ein mit «Mr. Knott» betiteltes Porträt gespannter Glaskasten, der Nähe und Distanz visualisiert, die «Aura» eines Menschen oder seinen Sicherheitsabstand zur Umgebung: die Entfernung, bis zu der man sich ihm nähern darf. Man scheint an den kalten transparenten Glasflächen abzuprallen und doch sind sie nur lose vor die Fotografie gebunden.

Auf andere Weise verbindet die im Schulhaus Balzers realisierte Arbeit «Kreide» Ein- und Ausblicke. Martin Walch unterbrach dort die Glasfassade mit monumentalen geschliffenen Schiefertafeln. Schieferplatten auf den Sitzstufen der Treppen und Felder vor den Fenstern setzen diese Materialität im Freien fort. Die schiebbar vor der Glasfront platzierten Schiefer­platten beschränken in variabler Anordnung die Ausblicke, schaffen jedoch gleichzeitig Einblicke in die Befindlichkeit der Schülerinnen und Schüler, die mit Kreide zahllose flüchtige Mitteilungen und Zeichnungen auf den Tafeln und Sitzplatten anbringen. Die Sichtblenden sind zum Sprachrohr geworden, zu Interaktionsf lächen. Längst haben die Lernenden die unausgesprochene Einladung zur direkten, ehrlichen Reaktion ohne künstlerische Absicht wahrgenommen, der Abwart wäscht die Spuren von Zeit zu Zeit ab, ein Rhythmus des Zeichnens und Putzens, Füllens und Leerens pulsiert über die dunklen Felder. Die strenge geometrische Anordnung schafft Raum oder vielmehr


Flächen für den Wildwuchs spontaner Äusserungen. Sprüche, Zeichnungen, Graffiti überlagern einander auch dicht auf den 14 Tischplatten von Schulbänken, die kürzlich eigentlich hätten entsorgt werden sollen. Erstaunlich, wie farbenprächtig Schülerinnen und Schüler die Tischplatten im Unterricht nicht nur mit Kugelschreibern beschrifteten, sondern mit veritablen Farben bemalten. Ein kollektives Kunst­ werk von einer Dichte, die von einer Einzelperson so kaum zustande zu bringen wäre, ist mit der Beiläufigkeit heimlicher Kritzeleien organisch gewachsen. Dass Martin Walch die Tisch­ platten vor der Fahrt in die Kehrichtverbrennung bewahrte, sie von den Bänken löste, mit Stahlhalterungen versah, die

es ermöglichen, das schwere bemalte und beschriftete Holz wie das Bild eines alten Meisters leicht abgehoben von der Wand zu präsentieren, sagt uns vielleicht, dass ihm Reaktion, Interaktion so wichtig ist wie seine persönliche künstlerische Handschrift. Oft schafft er Versuchsanordnungen oder ein formales Gerüst für zwischen den Formen vibrierende Prozesse, die in ihrem Oszillieren ihrer Flüchtigkeit das Eigentliche seiner Kunst ausmachen. Der Wind, der eine fragile Anordnung auf dünnen Metallstäben befestigter Eier bewegt, ist so wichtig wie die Ordnung, die, wenn es Martin Walchs Anordnung ist, vielleicht nur dazu dient, den Wind sichtbar zu machen, jene unfassbare Fülle von Unwägbarkeiten, die dem Festen vorausgeht oder zugrunde liegen, mit dem wir sie zu bannen versuchen. Dass es diese Starrheit nicht gibt, in Bewegung bleibt, was wir so gern fixierten, ist eine der durchgängigen Aussagen in Martin Walchs Werk. Wo er eine Form setzt, überschreitet er sie. Gegensätze gehen ineinander über, bringen einander hervor. Vielleicht weicht die Irritation des Schwankenden jenem ruhigen Vertrauen, dass die Oszillation jene Kontinuität ist, die wir dem Statischen zuschreiben, dass Rhythmus Form ist und Form Bewegung, Fliessen, Unterweisen. Die Durchlässigkeit der von Martin Walch gesetzten Formen macht das Ungeformte erfahrbar, wahrnehmbar. Die Löcher, die er in unsere Vorstellungen sägt, schaffen Transparenz für die Wirklichkeit, legen sie offen, legen sie frei.



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gale rie am linde npl atz , vaduz

t e x t: g a l er i e a m l i n d en pl at z

f otos : a n d r e a b a d ru t t

GALERIE AM LINDENPLATZ, Vaduz Mit Schwung und Dynamik, mit viel Enthusiasmus und neuen, ungewöhnlichen Ideen widmet sich die Galerie am Lindenplatz, gegründet 1986 in Scha an/ Liechtenstein, der zeitgenössischen Kunst.



Galerie am Lindenplatz AG Städtle 20 9490 Vaduz Telefon +423 232 85 65 / 66 Telefax +423 232 85 68 www.galerielindenplatz.li info@galerielindenplatz.li

Öffnungszeiten: Di-Fr 10:00 – 18:00 Uhr Sa 10:00 – 16:00 Uhr Sonntag, Montag und Feiertage geschlossen

Kunstkonzepte & Perspektiven internationale Gegenwartkunst klassische Moderne junge experimentelle Tendenzen eigene Editionen

Unter der Leitung von Kurt Prantl versucht die Galerie, das an der Kunst interessierte Publikum an die zeitgenössische Kunst und die klassische Moderne heranzuführen. Fünf bis sechs Ausstellungen bilden das jährliche Basisprogramm, und daneben gibt es mehrere Ausstellungen in Kooperation mit anderen Galerien und Kunstinstitutionen. Als Aussteller auf Kunstmessen war die Galerie am Lindenplatz bereits mehrfach in Köln, Wien, Innsbruck, Zürich, Bregenz und Dornbirn vertreten. Seit 1999 befindet sich die Galerie am Lindenplatz in repräsentativen Ausstellungsräumen im Zentrum von Vaduz, in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Kunstmuseums Liechtenstein in der Fussgängerzone. Programmatisch werden Künstler der klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst gezeigt. Das besondere Anliegen aber ist, auf dieser internationalen Reputation junge Künstler aus dem In- und Ausland zu präsentieren, die durch Kataloge und Bücher auf ihrer Laufbahn begleitet werden. Enge Zusammenarbeit besteht zwischen der Galerie am Lindenplatz und der Galerie c.art in Dornbirn, Österreich.


D R I N K R E S P O N S I B LY


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matias spe sc ha , trun/bage s

t e x t: B e at S t u t zer

f otos : J e a n - Pi er r e K u h n , Goc k h au sen


Matias Spescha Matias Spescha beschäftigt sich seit Jahrzehnten ger adlinig und unbeirrt von Trends mit einer immer reduzierteren Formenspr ache. Diese forcierte er der art, dass ihm das bloss ahnbare künstlerische Ziel nach wie vor erstrebenswerte Vision bleibt. Matias Spescha ist heute ein «Altmeister», dessen Werke sich – je länger je mehr – durch eine hemmungslose Frische und eine ausgesprochene Aktualität auszeichnen.


Matias Spescha, 1925 in Trun, in der Surselva, als ältestes von fünf Kindern geboren, zog es schon früh zur Kunst hin. Die Weltkunst kam mit den monatlichen Titelblättern des «Beobachters» ins Haus geflattert, die er eifrig studierte. Zunächst galt es jedoch, im bäuerlichen Umfeld zu bestehen: Matias hatte jeden Sommer als Knecht bei einem Bauer zu arbeiten, dann absolvierte er eine Schneiderlehre in der Tuchfabrik Truns (1941–44), wo er bis 1951 als Zuschneider arbeitete. Später bezeichnete Spescha das schnelle, freihändige Einteilen und Zuschneiden grosser Stoffbahnen und das intuitive Erfassen von Proportionen und Formen als grundlegend für seine künstlerische Tätigkeit. Eine erste Förderung erfuhr der angehende

Künstler durch Alois Carigiet (1902–1985). Der Film «In viadi tier Carigiet – Matias Spescha seregorda» von Friedrich Kappeler von 1997 (Televisiun Rumantscha) veranschaulicht das unverkrampfte, freundschaftliche Verhältnis Speschas zu seinem ersten «Lehrer» Carigiet, dem er hohen Respekt zollt. Nicht zuletzt auf Anraten Carigiets zog Matias Spescha 1951 nach Zürich, wo er als Plakatmaler für das Kino Corso tätig war. In Anlehnung an sein erstes Vorbild Carigiet, bald aber auch in der Auseinandersetzung mit der Kunst von Picasso, Braque oder Matisse entstanden die ersten Landschaften, Stillleben und Figurenbilder.


1954 zog es Spescha nach Paris, wo er für kurze Zeit die Académie de la Grande Chaumière besuchte. Während der Pariser Jahre entwickelte er eine eigene Bildsprache, die sich zunehmend vom Gegenständlichen löste. Bald zählte Spescha zu den so genannten «dark horses», wie Manuel Gasser 1959 in der Zeitschrift «Du» eine Reihe viel versprechender Schweizer Künstler unter 35 Jahren nannte, die mit ihrem Aufbruch in eine neue Ungegenständlichkeit Furore machten. Der Schritt vom Abstrahierenden zur gänzlichen Ungegenständlichkeit bedeutete damals eine künstlerische Herausforderung, ein Abenteuer, das es zu wagen galt: Speschas Intentionen zielten darauf, auf der Grundlage des zur «Weltsprache»

avancierten abstrakten Expressionismus einen individuellen Stil, eine ureigene Bildwirklichkeit zu finden und zu entfalten. Nachdem Spescha 1958 nach Bages in Südfrankreich übergesiedelt war (wo er heute noch lebt und arbeitet), gelang es ihm tatsächlich, einen eigenständigen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der neuen ungegenständlichen Malerei zu leisten. Archaisch wirkende, einfache Formgebilde mit fliessenden Konturen strukturieren und rhythmisieren die monochrome, oft in drei vertikale Segmente gegliederte Bildfläche. Die Farbgebung beschränkt sich auf subtil nuancierte Grau-, Schwarz-, Braun- oder Ockertöne, die von der




grobmaschigen Jute so aufgesogen werden, dass das Bild zum «Tableau objet» wird. Die dunkeltonigen Gemälde sind von dämmerigen Eigenlicht erfüllt und eröffnen unauslotbare Räume, denen eine meditative Qualität eigen ist. Mit der Zeit vereinfachte und radikalisierte Spescha seine Formensprache: Klare Vertikal-, Hor i zont a l-, K rei s - oder Oval­­­­formen bilden f lächenhafte Zeichen. Das Spiel von Positiv- und Negativformen, der Gegensatz von Hell und

Dunkel sowie die Polarität von Raum und Fläche ergeben in ihrer Verzahnung spannungsvolle Konstellationen. Anlässlich von Galerie- und Museumsausstellungen realisierte Spescha mehrfach auf Zeit angelegte Wand- und Raumgestaltungen, so genannte Erinnerungsbilder. Im Jahr 1970 gab Spescha die Malerei für lange Zeit fast vollständig auf, um sich primär der Arbeit an Skulpturen zuzuwenden. Die dreidimensionalen Objekte stehen in einer engen Wechselbeziehung zum umgebenden Raum – auch zur Weite der Landschaft, in welche der Künstler seine Skulpturen mit Vorliebe platzierte. Zum plastischen Œuvre zählen auch die zahlreichen Arbeiten, die Spescha für den öffentlichen Raum schaffen konnte. Manche davon sind in Graubünden situiert: Die Steinskulptur auf dem Vorplatz der Graubündner Kantonalbank in Chur (1981), die Plastik vor dem Rathaus in Ilanz (1986) oder die drei Eisenobjekte vor dem Gemeindezentrum in Igis-Landquart (1992).


Innerhalb des immensen Œuvres von Matias Spescha gibt es so genannte Schlüsselwerke. Dazu gehört zweifellos das «Alphabet poétique» von 1979, mit dem das sorgsam entwickelte, karge Zeichenvokabular gewissermassen zusammengefasst wurde. Dazu zählen wir auch die 1983 für das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen realisierte, programmatische Arbeit Couloir peint: 15 grosse Bilder im Raum, mit denen Spescha in der konsequenten Beschränkung auf die primären bildnerischen Mittel – Schwarz und Weiss, Horizontale, Vertikale und Diagonale, Linie und Fläche – vielschichtige zeichenhafte Strukturen, spannungsgeladene Bildteilungen, die Suggestion von Licht und Dunkelheit, Tiefe und Fläche, körperhafter und räumlicher Illusion evozierte. Ein anderes Schlüsselwerk betrifft die fünf Glasfenster, die Spescha für die Graubündner Kantonalbank in St. Moritz geschaffen hat: Die fragile Membran des Glases verbindet in ihrer Transparenz den Innen- und Aussenraum kongenial. Der geätzte, monochrom-graue Grundton trübt den Blick ins Freie, klarsichtige Formen zeichnen sparsame Lineamente, die man

– trotz aller Abstraktion – unweigerlich mit Gegenständlichem, zum Beispiel mit dem Horizont einer fernen Bergsilhouette assoziiert. In diesem unspektakulären Glaswerk sind alle künstlerischen Intentionen und Kriterien enthalten, welche die Kunst von Matias Spescha ausmachen. In der umfassenden Mono­grafie Matias Spescha (Bern: Benteli Verlag 1999) meinte Matthias Frehner: «Speschas Kunst ist offen, sie zwingt niemandem etwas auf, sie biedert sich nicht an, sie unterhält nicht.»


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liec hte nste in museum , wie n

t e x t: D r . J o h a n n K r ä f t n er

f otos : L i ec h t en s t ei n M u seu m

DAS LIECHTENSTEIN MUSEUM IN WIEN Seit dem 29. März 2004 sind die Pforten des LIECHTENSTEIN MUSEUM geöffnet. Pr äsentiert wird eine der bedeutendsten Privatsammlungen der Welt, die Sammlung von Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, mit Meisterwerken europäischer Kunst aus fünf Jahrhunderten.


Über viele Generationen hat das Haus Liechtenstein das barocke Ideal fürstlichen Mäzenatentums durch planvolle Sammeltätigkeit konsequent gepflegt. Im restaurierten Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau, wo die Fürstlichen Sammlungen bereits von 1807–1938 angesiedelt waren und schon damals zu den Hauptattraktionen Wiens zählten, wird das Ergebnis dieser jahrhundertelangen Arbeit in Form einer umfassenden barocken Erlebniswelt greifbar. Das LIECHTENSTEIN MUSEUM versteht sich als ein Ort der Lebenslust und Sinnesfreude, an dem alle Kunstgattungen gemeinsam gezeigt werden und ihre Wirkung als historisches Ensemble entfalten. Auf einer Präsentationsf läche von 2300 m 2 lässt die atmosphärisch dichte Komposition aus Malerei, Skulptur, Kunstkammerobjekten und Möbeln im glanzvollen Ambiente des Gartenpalais Liechtenstein die verloren geglaubte Pracht der Fürstlichen Sammlungen in ihrem alten Zuhause wieder aufleben. Schon in der weitläufigen Sala Terrena zieht den Besucher die schönste noch erhaltene französische Prunkkutsche, der Goldene Wagen von Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein, in ihren Bann. Die Skulpturengalerie, die sich zum Garten hin orientiert, führt einerseits in die ehemaligen Damenappartements, in denen die Sonderausstellungen des LIECHTENSTEIN MUSEUM gezeigt werden, und andererseits in die so genannten Herrenappartements,

in denen die prachtvolle klassizistische Bibliothek untergebracht ist. Nichts spiegelt die vielseitigen Interessen des Fürstenhauses Liechtenstein besser wider als der erhaltene Bestand von mehr als 100 000 Bänden. Besonders beeindruckend sind die farbenfrohen Deckenfresken von Johann Michael Rottmayr (1654–1730) im Erdgeschoss sowie in den beiden Treppenhäusern, über die sich der Besucher in den Piano Nobile begibt. Dort bewegt er sich in Räumen mit feinsten Stuckdecken und originalen Parketten durch die wichtigsten Epochen der europäischen Kunstgeschichte – von der Frührenaissance bis zum Hochbarock. Die Fürstliche Gemäldesammlung umfasst mehr als 1 600 Objekte, von denen etwa 170 Spitzenwerke gemeinsam mit Skulpturen, Kunstkammerstücken und Möbeln permanent im LIECHTENSTEIN MUSEUM ausgestellt sind. Mit hochkarätigen und zum Teil spektakulären Neuerwerbungen, wie z.B. dem Ankauf des «Badminton Cabinet» im Dezember 2004, konnte der Kunstbestand in den letzten Jahren wesentlich abgerundet und ergänzt werden. Der Herkulessaal bildet einen weiteren Höhepunkt auf dem Museumsrundgang. An der Decke dieses mit einer Fläche von 600 m2 grössten profanen Barocksaals in Wien, der einen geeigneten Rahmen für diverse Veranstal­tungen bietet, schildert das monumentale Fresko von Andrea Pozzo (1704–1708) Leben und


Taten des griechischen Helden Herkules und gibt den Blick in den olympischen Götterhimmel frei. Das vielfältige Rahmen­pro­ gramm des Hauses (Führungen, Sonntagskonzerte, Lesungen, Atelier-Workshops etc.) vervollständigt das «Gesamtkunstwerk Barock», ebenso wie der his­ to­r ische Garten, der dem Be­­sucher einen erholsamen Freiraum bietet, und die beiden Restaurants «Ruben’s Brasserie» und «Ruben’s Palais», die dafür sorgen, dass das künstlerische Barockerlebnis im LIECH­ TENSTEIN MUSEUM auch zum kulinarischen Genuss wird. Auf eine turbulente Phase während des Zweiten Welt­krieges, die

mit dem Verlust an Territorium in Böhmen und Mähren sowie dem wirtschaftlichen Niedergang in den österreichischen Besitzungen der Familie einherging, folgte eine Phase der Konsolidierung. Nach einer kompletten Reorganisation der Wirtschaftsbereiche in einzelne Stiftungen durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein (geboren 1945) konnte seit Mitte der 1970er-Jahre wieder zu einer aktiven Sammlungspolitik zurückgefunden werden, die den vorhandenen Kunstschatz vor allem in den letzten Jahren durch wesentliche Neuerwerbungen zu ergänzen vermochte. Heute gilt es, den Sammlungs­bestand, dessen letzte Objekte von Ende des 19. Jahrhunderts datieren, abzurunden sowie neue Schwerpunkte und Akzente zu setzen und nicht zuletzt – im Zuge von notwendigen Veräus­serungen in der Nachkriegs­zeit entstandene – Lücken zu schliessen. So wurden auch Kunstwerke wieder zurückgekauft, wie etwa Jan van Huysums (1682–1749) «Blumenstrauss in einer Nische» (erworben 2002) oder Bernardo Zaganellis (1460/1470 – um 1510) «Porträt einer Dame in rotem Kleid» (erworben 2003). Spektakulär und von einem breiten internationalen Medienecho begleitet, war der Neuerwerb des so genannten «Badminton Cabinet», eines Prunkschranks aus Pietra Dura, Ebenholz und


vergoldeter Bronze, der am 9. Dezember 2004 bei einer Christie’s-Auktion in London um 27 Millionen Euro als wertvollstes Möbelstück der Welt für die Fürstlichen Sammlungen ersteigert wurde. Die aktuellsten Neuankäufe sind unter «Neuerwerbungen» auf der Museums-Homepage www.liechtensteinmuseum.at erfasst. Im westlichen Treppen­ haus des Gartenpalais Liechten­ stein wird darüber hinaus in regelmässigem Wechsel dem Publikum ein durch Ankauf neu in die Sammlung gekommenes oder durch Restaurierung aus den Depots wieder gewonnenes Werk als «Kunstwerk des Monats» vorgestellt.

SONDERAUSSTELLUNGEN 2007/08 DIE SAMMLUNG BORROMEO. Malerei und Skulptur in der Nachfolge Leonardo da Vincis 16. November 2007 – 11. Februar 2008 DIE SAMMLUNG COHEN. Porzellane der grossen Manufakturen 1800–1840 16. November 2007 – 11. Februar 2008 SAMSON UND DELILAH. Ein Rubens-Gemälde kehrt zurück 2. März 2008 – 25. Mai 2008 OASEN DER STILLE. Die grossen Landschaftsgärten in Mitteleuropa 8. Juni 2008 – 16. November 2008 LIECHTENSTEIN MUSEUM. DIE FÜRSTLICHEN SAMMLUNGEN Fürstengasse 1, 1090 Wien Telefon +43 (1) 319 57 67–0 office@liechtensteinmuseum.at www.liechtensteinmuseum.at


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robe rt inde rmaur , Alme ns

t e x t: H a n s pe t er G sc h w en d

f otos : a n d r e a b a d ru t t


Der weltliche Kirchenmaler Ein blauer Herbsthimmel spannt sich über das Misox; der Nordföhn wärmt das Südbündner Tal . Blau ist auch der Himmel hinter der grossen Fr auenfigur, die Robert Indermaur im Dorfkern von Grono auf eine Mauer malt, und von dem altersschwarz gewordenen Blau der Madonnen in den Kirchen der Umgebung ist ihr Kleid. Gewollt ist das nicht, Zufall vielleicht. Aber kein Zufall ist, dass diese Fr au eine weltliche Fassung der Madonna zitiert, nämlich die amerik anische Freiheitsstatue. Und noch weniger Zufall ist, dass sie statt einer Fackel ein brennendes Feuerzeug gen Himmel streckt. Robert Indermaur ist einer der wenigen Künstler, die nicht nur privat Humor zeigen – bei allem Ernst, mit dem er tagtäglich an der Arbeit steht.


In früheren Jahrhunderten wäre er wandernder Kirchenmaler oder Steinmetz geworden. Nicht, weil er religiöse Themen malt – vordergründig jedenfalls nicht. Schon eher, weil er immer wieder Wände im öffentlichen Raum bemalt oder diesen mit seinen Figuren bevölkert. 1983, bevor er Wohnsitz und Atelier von Chur nach Almens im Domleschg verlagerte, dankte er der Heimatstadt für die Förderung, die er erfahren durfte, mit einer Serie von acht Wandbildern an Gebäuden der Innenstadt. Da wartet vor der Migros-Klubschule ein Jüngling mit Blumenstrauss auf seine Angebetete, dort drückt sich eine Frau mit Kind im engen Obertor vor dem Verkehr schützend an die Wand, und bevor die Zeitläufe ihn vertrieben hatten, fand ein Mann auf hoher Leiter einen Sonnenplatz. Auch der Stehgeiger auf dem Bahnhof Chur ist schon zwei Mal Opfer von Renovationen geworden, doch die SBB glauben offenbar an zeitüberdauernde Werte und haben den Künstler zum dritten Mal beauftragt, das Motiv an die Wand zu zaubern. Widerstandsfähiger sind die Bronzefiguren, zum Beispiel die Reisende, die mit Hut, Schirm und Reisetasche in Thusis auf dem Perron sitzt und auf den Zug wartet. Vergänglichkeit, Dauer, Zeit, Ewigkeit – dies ist (wie bei den Kirchenmalern) ein wiederkehrendes Thema im Werk von Indermaur. Da sind die Serien, welche Abläufe darstellen. In der Folge von sechs Bildern der Reihe «Eclipse» verschwindet eine Frau hinter einem Mann und kommt wieder zum Vorschein wie der Mond hinter dem Erdschatten bei einer Mondfinsternis. Da sind aber auch die Themen jahrelanger Schaffensperioden, in denen Transzendentes anklingt. «Der Fluss der Zeit», entstanden nach der Jahrtausendwende, gehört dazu, aber auch das Thema, das jetzt ansteht: «In nächster Zeit möchte ich Tore machen: Eingangstore, Ausgangstore, Durchgangstore», sagt Indermaur. Durchgang wohin? Das wird das Geheimnis dieser Werke sein, das Geheimnis, das in so vielen seiner Malereien verborgen ist, ihnen Spannung vermittelt und den Betrachter fesselt – so wie es zuerst den Künstler gefesselt hat. Und dies nicht erst zum Zeitpunkt, da es zum zentralen Thema wird. Schon 1997, in den Werken unter dem Titel «Casa Grande», taucht wiederholt die kleine Form des Tores auf, die Türe. Meist führt sie in Innenräume. Oder sie zeigt in eingelassenen Kästchen Köpfe und Gegenstände, die sich möglicherweise im Innern des Hauses befinden. Ein Türrahmen ohne Tür aber, im Bild «Raum 8», öffnet sich zum Meer, dessen Wasser unaufhaltsam in das Zimmer dringt, in welchem ohne sichtbares Erschrecken eine Frau in einem Sessel sitzt.






Die Versuche, den Künstler zu philosophischen Betrachtungen über die Hintergründe solcher Werke zu bewegen, scheitern rasch. Nicht weil Indermaur nicht gerne reden würde. Er tritt den Menschen offen, freundlich, gesprächig entgegen. Aber in sich hineinblicken lässt er nur durch die Bilder. Und er bewahrt deren Geheimnis auch vor sich selber. In einem Text zum Zyklus «Casa Grande» (1997) lud er sich und die Betrachter gemeinsam ein, dieses Haus zu entdecken. «Denn auch ich kenne es noch nicht (...) – aber ich lerne es kennen, mit jedem neuen Bild, das ich mir davon mache, und ich lerne die Leute kennen, die es bewohnen und besuchen, und erfahre Dinge, die da geschehen in den endlosen Räumen und Winkeln, die ich nie alle malen kann, selbst wenn ich es wollte. Und im Verlaufe meiner Beschäftigung mit diesem Produkt meiner Vorstellung spielt immer wieder die tägliche Realität meines Lebens herein und beeinflusst den Lauf der Dinge und des Pinsels.» Robert Indermaur ist ein Weltreisender. Physisch ist er in jungen Jahren viel gereist: Nach dem Abschluss des Lehrerseminars 1967 durch Europa, Asien und Afrika; 1989, inzwischen verheiratet und Vater von drei Kindern, verbrachte er mit der Familie ein Jahr in den USA. Doch die wirklich grossen Reisen macht er in seinen Bildern. Auch das verbindet ihn mit den Kirchenmalern. Es sind Reisen im Raum, in der Zeit, im Innern des Menschen und im Himmel über der Welt, in der wir leben. Vor allem im Himmel der Alpenwelt, in der er die längste Zeit seiner mittlerweile 60 Lebensjahre arbeitet. Diesen Himmel hat er nicht nur mit dem Pinsel bevölkert, er hat auch verschiedentlich dreidimensionale Menschen in ihn hineingeschickt: Seiltänzer, Akrobaten, fliegende Menschen im Projekt «Höhenluft» zum Beispiel, das er für die Alpinen Kulturtage 2001 in Thusis realisiert hat. Tag für Tag begibt sich Robert Indermaur auf die Reise in Bildern und Figuren. Und es ist nicht die geringste Eigenschaft, die ihn mit den alten Kirchenmalern verbindet: Seine Kunst ist auch unermüdliches, redliches und meisterhaftes Handwerk. Er arbeitet wie ein Schreiner oder Schmied, sei es im neuen Atelier in Paspels oder auf der Stör. Er nimmt Aufträge entgegen und führt sie so ingeniös aus wie die Werke, die aus seinem eigenen Antrieb entstehen. Er arbeitet hart, aber nicht verbissen. Er kann wunderbare Geschichten erzählen, während er pinselt, und im Hintergrund läuft fast immer das Radio. Er arbeitet routiniert, aber er verfällt nicht der Routine. Denn seine Arbeit bleibt eine Entdeckungsreise. Die Entdeckung des Menschen in seinen unauslotbaren Dimensionen.


kunstmuseum liechtenstein ÖFFNUNGSZEITEN: Dienstag bis Sonntag: 10 bis 17 Uhr / Donnerstag: 10 bis 20 Uhr / Montag geschlossen

Thomas Schütte. Das frühe Werk 1. Februar – 20. April 2008

Malewitsch und sein Einf luss 16. Mai – 7. September 2008

Die Ausstellung konzentrier t sich auf das Frühwerk der späten 1970er-Jahre von Thomas Schütte. Es die Zeit , in der Thomas Schüt te seine Persönlichkeit als Künstler her ausbildet . Im Vordergrund stehen Auseinanderset zung mit dem räumlichen Kontext , das Spiel mit Illusion und Funktion und das sich herausbildende Interesse an Inszenierung.

Kasimir Malewitsch (1878 –1935) zählt zu den prägendsten Künstlern des 20. Jahrhunder ts und gilt als Begründer des «Suprematismus» – die Kunst der reinen Form. Das Kunstmuseum Liechtenstein zeig t , welchen Einfluss dieser weg weisende Künstler auf seine Zeitgenossen in Russland und in Europa hatte. Ein Grossteil der gezeig ten Werke stammen aus russischen Museen, unter anderem ist auch das «Schwarze Quadrat» zu sehen, welches zu den einflussreichsten Kunstwerken der Moderne gehör t .

Knocking on Heavens Door 26. September 2008 – 18. Januar 2009

Der Traum vom Süden Mit Werken aus den Fürstlichen Sammlungen 11. April – 12. Oktober 2008

I n d ie se r Au s s t e llu ng i s t d ie ze n t r a l e Fr a ge d a s Wesen von Lebendigkeit und von Materie, die Frage nach dem Leib – Seele -Verhältnis. Was sind unsere Vorstellungen? Wie ist unser heutiges Bewusstsein für diese Fragen? Wie spiegelt sich diese Frage in künstlerischen Arbeiten? Werke von Künstlerinnen und Künstlern seit den 1960er-Jahren bis in die Gegenwart werden in exemplarischer Weise eine weite Spanne von Vorstellungswelten eröffnen.

Mit Sonderausstellungen aus Werken der Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein spannt d as Kunst­ museum in Vaduz den B ogen zur Welt der Alten Meister. Die diesjährige Ausstellung «Der Traum vom Süden» zeig t , wie die f lämischen und holländischen M aler des 17. J ahrhunder t s das goldene Licht des Südens festhielten.


Bündner kunstmuseum ÖFFNUNGSZEITEN: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr / Montag geschlossen

Mit über 120 Werken veranschaulicht die Ausstellungzum ersten Mal den intensiven künstlerischen und menschlichen Austausch z wischen Ernst Ludwig Kirchner und einer Reihe jüngerer Künstler während seiner frühen Davoser Jahre. Neben dem Deutschen Philipp Bauknecht und dem Holländer Jan Wiegers gehören dazu die drei Mitglieder der Basler Gruppe «Rot-Blau»: Alber t Müller, Hermann Scherer und Paul Camenisch. Alle hielten sich längere Zeit in Davos auf, wo sie mit Kirchner freundschaftlich verbunden waren. Der künstlerische Dialog war nicht nur für die jüngeren Künstler, sondern auch für Kirchner fruchtbar. Landschaf ten aus Davos und Szenen aus dem Bergleben, Selbst-, Einzel- und Gruppenpor träts, Akte, der Tanz und die Landschaft des Mendrisiotto waren die bevorzug ten Motive dieser expressiv arbeitenden Künstler.

Expressionismus aus den Bergen: Kirchner, Bauknecht, Wiegers und die Gruppe Rot-Blau 16. Februar 2008 – 25. Mai 2008

Vernissage: 15. Februar, 19.00 Uhr

Ursula Palla setzt sich mit Landschaftsvorstellungen und pflanzlichen Motiven auseinander. Als Künstlerin dem «weiblichen» Genre des Stilllebens fast schon verpflichtet , unterwander t sie das vermeintlich Harmlose subversiv und schreckt selbst vor dem Einsat z von Explosionen, Schusswaffen und Stacheldraht nicht zurück. Zwischen dem kleinen Glück im Schrebergar ten und dem Erhabenheitsgefühl auf Berg gipfeln, z wischen simulier ter Natürlichkeit und vorgefundener Künstlichkeit schwanken die Landschaftserlebnisse, die sie in ihren interaktiven und skulpturalen Videoinstallationen reflektier t . Dass sie sich dabei zuweilen wie eine Fremde im Paradies fühlt , hat nicht nur mit ihrer Herkunf t von einer landschaftlich grossartigen Region, sondern auch mit der grundsätzlichen Frage nach Identität in globalen Zusammenhängen zu tun.

Ursula Palla – Strange Paradise. Videoarbeiten und Installationen 2001–2008 29. März 2008 – 25. Mai 2008

Vernissage: 28. März 2008, 19 Uhr

Nach über zehn Jahren erfährt die Sammlung des Bündner Kunstmuseums eine umfassende Neupräsentation in sämtlichen Räumen der Villa Planta. Darüber hinaus wird anhand exemplarischer Gegenüberstellungen und aufschlussreicher Vergleiche die Frage nach dem Eigenen und Fremden aufgeworfen: Der spannende Dialog zwischen «Welt» und «Heimat», Globalem und Regionalem, der stete Diskurs z wischen Verharren und Öf fnen ist ein wesentliches Charakteristikum der Kunst aus Graubünden: Manche bedeutende Bündner Künstler sind in die Welt hinausgegangen, of t aber auch wieder reich an Er fahrungen an den Ort ihrer Herkunft zurückgekehrt; andere wurden von Graubünden geradezu magisch angezogen und haben hier ihre unübersehbaren Spuren hinterlassen (Giovanni Segantini, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dix, Erich Heckel, Oskar Kokoschka uam.).

Am Nabel der Welt: Kunst aus Graubünden 21. Juni – 21. September 2008

Vernissage: 20. Juni, 19.00 Uhr

Die 1972 in Chur geborene Künstlerin studierte von 1996 bis 2001 an der Ecole Supérieure des Beaux-Arts in Genf (médias-mixtes). 2002 gründete sie zusammen mit Gleichgesinnten das Künstlerkollektiv FLEX . Seit 2007 lebt und arbeitet Monika von Aarburg in Genf und Zürich. Sie arbeitet mit unterschiedlichen Medien, wie Video, Fotografie, Zeichnung oder Klebefolie. Ihr künstlerisches Schaffen ist situativ ausgerichtet und entsteht in engem Bezug zur spezifischen räumlichen Situation: Auch im Bündner Kunstmuseum wird die Künstlerin dezidier t auf die Räumlichkeiten eingehen und konzipier t eigens für die Ausstellung neue Arbeiten.

Monika von Aarburg MANOR-Kunstpreis 10. Oktober 2008 – 23. November 2008

Jahresausstellung der Bündner KünstlerInnen Exposiziun annuala da las artistas e dals artists dal Grischun Esposizione annuale degli artisti grigionesi 21. Dezember 2008 – 25. Januar 2009


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