ist Journalistin aus Mailand. 15 Jahre hat sie für die Zeitschriften von RCS gearbeitet. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt seit 2013 mit ihrer Familie in Hongkong. Mit Valentina Giannella gründete sie die Journalistenagentur Mind the Gap und schreibt nun für die wichtigsten italienischen Zeitungen, außerdem für das Post Magazine der South China Morning Post.
GRETA THUNBERG zu Gast bei Barack Obama, September 2019
LUCIA ESTHER MARUZZELLI
ist neapolitanische Illustratorin mit einer Leidenschaft für Botanik und Umwelt. Sie arbeitet für italienische und internationale Auftraggeber, vor allem an Projekten mit einem starken sozialen und umweltschützenden Einfluss. Zu ihren wichtigsten Auftraggebern gehören die FAO, Legambiente – Progetto ECCO, Occupy Climate Change!, Worth Wearing, GrabBike.
MANUELA MARAZZI
DIESES BUCH IST EINE FESSELNDE UND INSPIRIERENDE LEKTÜRE FÜR JUGENDLICHE ZWISCHEN 13 UND 30 JAHREN (TÄTE ABER AUCH ÄLTEREN LESER*INNEN GUT), ALSO DEN JUGENDLICHEN, DIE BESCHLOSSEN HABEN, FÜR IHRE EIGENE ZUKUNFT UND FÜR DIE DES PLANETEN ERDE ZU KÄMPFEN.
GREEN NATION REVOLUTION
»DIE NACHRICHT, DIE ICH DEN JUGENDLICHEN SCHICKEN MÖCHTE IST: SEID KREATIV. ES GIBT SO VIEL, WAS IHR TUN KÖNNT, NIEMAND IST ZU JUNG.«
GREEN
NATION REVOLUTION
KLIMAJUGEND, GRÜNE IDEEN, NEW ECONOMY Illustrationen von Manuela Marazzi
www.midas.ch | € 14.90 ISBN: 978-3-03876-164-8
MIDAS
Die Weltwirtschaft verändert sich immer mehr in Richtung der Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung. Es entstehen neue Berufe und grüne Start-ups, die unbefriedigte und expandierende Marktnischen erobern. Diese neue Ära der grünen Wirtschaft schafft Tausende von neuen Arbeitsplätzen, die zur Lösung der Umweltprobleme beitragen müssen, die »die Bremse ziehen«, wie die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg sagt, um den Planeten vor dem irrsinnigen Verlauf des Klimawandels und seiner Folgen zu bewahren. Welche Start-ups in der Welt haben mit ihren revolutionären Ideen im Kampf gegen den Klimawandel und bei einer nachhaltigen Entwicklung Erfolg? Wer sind die Jugendlichen hinter diesen Ideen und wie haben sie angefangen? Was ist die Green Nation, die Nation ohne geografische Grenzen, die die Jugendlichen unter den Prinzipien der Wissenschaften vereint und von der die Autorinnen dieses Buches zum ersten Mal 2019 in ihrem internationalen Bestseller »Mein Name ist Greta« erzählt haben? In kurzen, aber sehr detaillierten Kapiteln mit wunderschönen Illustrationen und einem Glossar der wichtigsten Begriffe, die heute bereits im Sprachgebrauch der nachhaltigen Wirtschaft verankert sind, geben sie Tipps für die Umsetzung eigener Erfolgsideen.
Giannella/Maruzzelli
ist Journalistin aus Mailand und lebt seit sieben Jahren in Hongkong. Sie hat zwei Kinder. Gemeinsam mit Lucia Esther Maruzzelli gründete sie die Journalistenagentur Mind the Gap und schreibt nun für die wichtigsten italienischen Zeitungen, außerdem für das Post Magazine der South China Morning Post. Sie interessiert sich vor allem für Jugend, Umwelt und Zukunft.
VALENTINA GIANNELLA
MIDAS
Valentina Giannella & Lucia Esther Maruzzelli
MIDAS
1. Auflage 2020 ISBN 978-3-03876-164-8 © 2020 Midas Verlag AG Übersetzung: Ulrike Schimming, Hamburg Lektorat: Claudia Koch, Ilmenau Korrektorat: Kathrin Lichtenberg, Ilmenau Satz: Ulrich Borstelmann, Dortmund Projektleitung: Gregory C. Zäch, Zürich Illustrationen: Manuela Marazzi Text: Valentina Giannella und Lucia Esther Maruzzelli Grafik-Design: Studio Dispari, Milano Die Originalausgabe ist unter dem Titel »Green Nation Revolution« bei Centauria, Milano erschienen. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie unter www.dnb.de. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Bilder ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Midas Verlag AG, Dunantstrasse 3, CH 8044 Zürich kontakt@midas.ch, www.midas.ch, socialmedia: follow »midasverlag«
Valentina Giannella & Lucia Esther Maruzzelli
GREEN
NATION REVOLUTION
KLIMAJUGEND, GRÃœNE IDEEN, NEW ECONOMY Illustrationen von Manuela Marazzi
MIDAS
INHALT Einleitung
10
Kapitel 1 Was fällt euch ein!
15
Kapitel 2 Jetzt wird‘s hart
21
Kapitel 3 Hier und jetzt
27
Kapitel 4 New Economy – neues Leben
33
Kapitel 5 Fairness: Die heilsame Gerechtigkeit
41
Kapitel 6 Eine ideale Welt durch Arbeit
47
Kapitel 7 Be prepared
53
Kapitel 8 Denkt groß
59
Kapitel 9 Über den Tellerrand
65
Kapitel 10 Start it up
71
Kapitel 11 Den Boden bereiten
77
Kapitel 12 Die Welle reiten
83
Kapitel 13 Recyceln 89 Kapitel 14 Erneuerbare Energien
95
Kapitel 15 Die intelligente Verteilung
101
Kapitel 16 Hoch fliegen
107
Kapitel 17 GrĂźnes Bauen
113
Kapitel 18 Die Mode neu erfinden
119
Glossar
124
Bibliografie und Websites
126
Dank
127
FĂźr die Jugendlichen der Welt: FĂźr die Green Nation
Einleitung
In den vergangenen zwei Jahren ist uns die Bedeutung des Klimawandels ganz grundlegend bewusst geworden. Greta Thunberg hat gekonnt Alarm geschlagen und damit ins Bewusstsein gerückt, was Wissenschaftler seit mehr als 30 Jahren in der öffentlichen Meinung und bei den Politikern zu bewegen versuchen. Damit hat sie ganze Generationen aufgerüttelt – allen voran die Jugend, also die Generation, die nun die Regeln ändern will. Hinzu kommen die Generationen, die nur noch eine Sprache sprechen wollen: die der Wissenschaft. Ihre Stimmen haben sich in den vergangenen Monaten in unterschiedlichen Bewegungen vereint, die aus Fridays for Future und den globalen Klimastreiks entstanden sind. Sie alle folgen einem mächtigen Konzept, das eine grenzüberschreitende Gemeinschaft formt: die Green Nation. Doch wer sind die Jugendlichen der Green Nation? Was wollen sie? Und vor allem, wo wollen sie hin? In diesem Buch stellen wir ihre Schritte in die Zukunft vor, mit denen sie ihr Schicksal selbst bestimmen und dazu beitragen können, dass die Erde zu einem sichereren Ort für alle Menschen und die gesamte Biosphäre wird.
10
Dieses Buch ist nach dem Erfolg von Mein Name ist Greta entstanden, in dem wir die Grundlagen des Klimawandels erklärt haben, die auf den Erkenntnissen der einflussreichsten internationalen Organisationen beruhen. Als die Jugendlichen diese Zusammenhänge verstanden hatten, waren sie die ersten, die fragten: Und jetzt? Als Antwort auf diese Frage und für alle, die sie sich stellen, ist Green Nation Revolution entstanden. Denn es gibt in allen Bereichen – in Forschung, Innovation und in der Arbeitswelt – viel zu tun.
11
»DIE NÖTIGE VERÄNDERUNG DER GLOBALEN WIRTSCHAFT MUSS SYSTEMATISCH GEPLANT WERDEN UND SO, DASS SIE ALLE MIT EINBEZIEHT. EINE ZUKUNFT OHNE EMISSIONEN MUSS ALLE ZIELE DER AGENDA FÜR EINE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG BEFRIEDIGEN. WÄHREND WIR VERSUCHEN, EINE KLIMATISCHE STABILITÄT UND RESILIENZ ZU ERREICHEN, MÜSSEN WIR UNS FÜR DIE BILDUNG EINER GESELLSCHAFT EINSETZEN, DIE NICHT NUR WÄCHST, SONDERN AUCH GERECHT IST UND AN DIESER GERECHTIGKEIT ARBEITET.« DAME POLLY COURTICE, DIREKTORIN DES INSTITUTE OF SUSTAINABILITY LEADERSHIP DER UNIVERSITÄT CAMBRIDGE
»ES GIBT EINE NEUE KRAFT IN DER NATUR, DIE IN DER GANZEN WELT WÄCHST. ES SIND DIE JUGENDLICHEN, DIE WIR ENTTÄUSCHT HABEN. SIE SIND WÜTEND. SIE SIND ORGANISIERT. SIE SIND IN DER LAGE, ETWAS ZU VERÄNDERN. WIR KÖNNEN NICHT MEHR, NICHT AUF SIE HÖREN, DENN SIE HABEN RECHT. SIE SIND EIN MORALISCHES HEER, UND DAS BESTE, DAS WIR TUN KÖNNEN, IST, UNS RAUSZUHALTEN UND IHNEN PLATZ ZU MACHEN.« HARRISON FORD, SCHAUSPIELER UND KLIMAAKTIVIST
KAPITEL 1
WAS FÄLLT EUCH
EIN!
GRETA, HEUTE »How dare you?« Ihr Blick ist entschlossen, die Stimme zittert, als sie zum ersten Mal ihre Wut zeigt, etwas, das sie nie zuvor gemacht hat. Als Greta sich während des Klimagipfels am 23. September 2019 an das Publikum im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York wendet, trägt sie zum ersten Mal einen geflochtenen Pferdeschwanz. Die beiden Mädchenzöpfe, die zusammen mit ihrem gelben Regenmantel zum Symbol des ersten Klimastreiks wurden, sind verschwunden. Ihre Bluse ist pinkfarben, ihr Gesicht angespannt: Ihr Blick ist auf die vielen Dutzend Fernsehkameras gerichtet, die ihretwegen da sind. »Ihr habt mir mit euren leeren Worten meine Träume und meine Kindheit geraubt. Und ich gehöre noch zu den Glücklichen. Men-
16
WASCOME FÄ LLTOSAT EUC HE?E I N!
schen leiden. Menschen sterben. Ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Beginn eines immensen Artensterbens. Und alles, wovon ihr reden könnt, ist Geld und das Märchen vom unendlichen wirtschaftlichen Wachstum. Was fällt euch ein!« Innerhalb weniger Monate hat sich Greta Thunberg verändert. Seit jenem 20. August 2018, an dem sie beschloss, nicht mehr in die Schule zu gehen, sich vor das schwedische Parlamentsgebäude setzte und den ersten neugierigen Journalisten das Schild mit der Aufschrift »Skolstrejk för klimatet« hinhielt, das in kürzester Zeit Millionen von Schülern aufgerüttelt hat, ist die Siebzehnjährige, die 30 Jahre wissenschaftlicher Erkenntnisse über den Klimawandel in den Mittelpunkt gerückt hat, zu einer entschlossenen globalen Anführerin herangereift. Sie hat keine Angst. Ihre drei Worte – How dare you – ermahnen die Mächtigen und sind zum Slogan der Jugendlichen in der ganzen Welt geworden ist. Die Zahlen sind beeindruckend, sie zeugen von Gretas Einfluss und dem der vielen Jugendlichen, die sich mit ihrem Anliegen identifizieren: Seit März hat sich die Zahl der Teilnehmer an den Klimademonstrationen mehr als versechsfacht, von 1,8 Millionen auf mehr als zwölf Millionen bei dem globalen Klimastreik am 29. November 2019. Von Neuseeland bis Afghanistan gingen die Jugendlichen auf die Straße und teilten die Warnungen der Wissenschaftler. Hunderte Länder, Regionen und Städte in der ganzen Welt haben den Klimanotstand ausgerufen und das Thema ganz oben auf ihre politische Tagesordnung gesetzt. Dutzende von Teenagern haben offiziell ihre Regierun-
17
G RE E N N AT I O N RE VO LU T I O N
gen verklagt, weil sie die Bedrohung der Zukunft der kommenden Generationen nicht ernst nehmen und die UN-Kinderrechtskonvention missachten. Selbst Papst Franziskus und Barack Obama sind Follower von Greta geworden und haben sie empfangen, um bei den Regierenden Alarm zu schlagen. Die Jugendlichen folgen einem Aufruf, den bereits Ende der 1980er-Jahre Tausende von Wissenschaftlern im ersten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) veröffentlicht haben und der sich seitdem nicht verändert hat: Die Erde erwärmt sich, die menschlichen Aktivitäten sind der Grund für diese Erderwärmung und der einzige Weg, dagegen vorzugehen, ist, dass die Regierungen der Welt auf breiter Ebene etwas unternehmen müssen. Doch was sollen die Regierenden genau machen? Der Ausgangspunkt dafür findet sich in Gretas Worten vom »Märchen des unendlichen wirtschaftlichen Wachstums«. Der Schlüssel, um etwas gegen den Klimawandel zu tun, ist die Wirtschaft, und Greta und die Jugendlichen wissen das genau. Es reicht einfach nicht aus, die eigenen Lebensgewohnheiten zu ändern, so wie es heute schon Millionen von Jugendlichen durch ihre ganz persönliche Climate Action tun. Nun ist es an der Zeit, das Denken über die gesamte Weltwirtschaft zu revolutionieren. Und genau deshalb sind wir hier: Wir wollen verstehen, was das bedeutet. Wir wollen verstehen, wie wir vorbereitet in eine Zukunft gehen können, die uns auch positiv überraschen könnte, wenn wir es richtig anpacken.
18
WAS FÄ LLT EUC H E I N!
DIE ERSTE GUTE NACHRICHT Wenn ein Baum wächst, wird er nicht nur groß und bekommt viele Blätter, sondern schafft auch den perfekten schattigen Ort, an dem wir uns bei einem sommerlichen Picknick vor den Sonnenstrahlen schützen können. Wenn ein Baum wächst, nimmt er Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft auf und schließt es in seinem Organismus ein. Das betont George Monbiot, wissenschaftlicher Kolumnist der englischen Zeitung »The Guardian«, in der Kampagne Protect, Restore and Fund (Schützen, Erneuern und Finanzieren). Der Baum ist »eine magische Maschine, die die Atmosphäre reinigt, wenig kostet und von selbst wächst«. Wir alle wissen, dass die Pflanzen mithilfe der Photosynthese im Chlorophyll CO2 in die Substanzen umwandeln, die sie zum Wachsen brauchen. Was wir jedoch nicht wissen, ist, wie sehr uns der Schutz der Wälder und ihre Aufforstung beim Kampf gegen die Erderwär rowther mung helfen können. Eine Studie der ETH Zürich unter der Leitung von Thomas C hat herausgefunden, dass so etwas Einfaches wie Bäumepflanzen eine außerordentliche Wirkung hat: »Wir haben immer gedacht, dass das zu den zehn besten Lösungen gegen den Klimawandel gehört, aber unsere Daten zeigen, dass diese Maßnahme wirkungsvoller ist als alles andere. Eine weltweite Aufforstung könnte zwei Drittel der Emissionen ausgleichen, die durch das menschliche Handeln entstehen.« Allerdings unter der Bedingung, dass wir gleichzeitig aufhören, fossile Brennstoffe zu benutzen. Aber wo sollen wir all diese Bäume pflanzen? Keine Sorge, es gibt tatsächlich genug Platz für Milliarden neuer Bäume, und das ist nicht der Raum, der heute für Landwirtschaft und Stadtentwicklung benötigt wird, also für Städte und Wohnraum. Es handelt sich, laut der Studie, um vom Menschen ungenutzte Gebiete, die elf Prozent der gesamten Landfläche der Erde ausmachen. Diese Gebiete entsprechen etwa der Größe der Vereinigten Staaten von Amerika und China zusammen. Auf ihnen könnten Bäume, Büsche, Mangroven und jede Art von Vegetation angepflanzt werden, die in den entsprechenden Regionen gedeiht. Momentan wird jedoch auf der Erde in jeder Minute Waldfläche in der Größe von 30 Fußballfeldern vernichtet. 19
KAPITEL 2
JETZT WIRDS
HART 21
GRETAS MACHT – VON DEN MEDIEN BIS ZU DEN VEREINTEN NATIONEN »When the going gets tough, the tough get going«, sang Billy Ocean im Soundtrack zu Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil (1985) (dt. etwa: »Wenn die Zeiten hart werden, kommen die Harten … erst so richtig in Schwung«). In dem Moment, in dem man tatsächlich die öffentliche Meinung beeinflusst, können die Mächtigen einen nicht mehr so einfach übersehen. Im Guten wie im Schlechten. Die Demonstrationen, Konferenzen, Diskussionen und Interviews mit Greta in den vergangenen Monaten haben dem Kampf gegen den Klimawandel in den Medien und auf den Schreibtischen der öffentlichen Verwaltungen immer mehr Raum verschafft. Im Dezember 2019
22
J E TZ T W I RDʼS H A RT
war Greta auf dem Cover des Time-Magazine als Person des Jahres abgebildet. »Der Klimawandel kommt, ob es euch gefällt oder nicht«, wiederholte sie, und endlich fragen sich viele: Und wenn sie doch recht hat? Also, nicht Greta an sich, sondern die Wissenschaft, der die junge Schwedin ein Gesicht und eine Stimme gegeben hat. Gretas Erfolg hat nicht nur die Aufmerksamkeit der Weltbevölkerung erregt, die sich um die eigene Zukunft und die ihrer Kinder sorgt, sondern auch die der großen und kleinen Leugner, die seit Jahrzehnten die Mahnungen der Wissenschaft ignorieren und die sich nun von den Warnungen einer Siebzehnjährigen herausgefordert fühlen. Von den berühmtesten Klimaleugnern haben vor allem zwei ihren eigenen öffentlichen Einfluss dazu genutzt, um Gretas Rolle nach ihrem Auftritt auf dem Klimagipfel bei der UN kleinzureden – und damit auch die Rolle der Wissenschaft. Der erste war der Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump. Er blieb der UN-Versammlung, auf der Greta sprach, einfach fern. Vielleicht war er ernüchtert von den Umfragen, die besagten, dass die Amerikaner sich immer mehr wegen des Klimawandels sorgen. Sicher aber blieb er auch fern, weil unter seiner Präsidentschaft die USA als größter Umweltsünder der Welt das Klimaabkommen von Paris 2015 zur Verringerung der weltweiten Emissionen gekündigt haben. Stattdessen verhöhnte der Präsident Greta online, indem er kurz nach ihrer Rede twitterte: »Sie scheint ein sehr glückliches junges Mädchen zu sein, das in eine strahlende und wunderbare Zukunft blickt. So schön!« Greta zitierte diese Bezeichnung für ein paar Stunden auf ihrem Twitter-Profil voller Ironie.
23
G RE E N N AT I O N RE VO LU T I O N
Der russische Präsident Wladimir Putin hingegen wählte einen viel offizielleren Ton, um sie kleinzumachen: »Niemand hat Greta Thunberg erklärt, dass die moderne Welt komplex und anders ist.« Vielleicht sollten alle genau das glauben, damit die Regierungschefs weiter im eigenen Interesse gegen die Wissenschaft handeln können, ohne dafür kritisiert zu werden. Tatsächlich verbündet sich Greta nicht mit ihren wortgewaltigen Unterstützern, vor allem nicht mit mächtigen Politikern, die zwar Gesetze ändern und Taten folgen lassen könnten, aber nicht entschlossen genug handeln. Das bekam auch Kanadas Premierminister Justin Trudeau zu spüren. Nachdem er Greta traf und der ganzen Welt verkündete, wie sehr er sie für ihre Aufklärungsarbeit bewundere, musste er sich von derselben Greta in den sozialen Medien öffentlich ermahnen lassen, »nicht genug getan zu haben«. Greta hat den Sicherheitsabstand, den sie zur Politik einhält, in einer Erklärung zusammengefasst: »Das Klima und die Öko-Krise gehen über Parteipolitik hinaus. Unser Hauptfeind ist kein politischer Gegner: Unser Feind ist die Physik, und mit der Physik kann man keine Abkommen schließen.« Wissenschaft, Entschlossenheit, bewusster Umgang mit den klassischen und den sozialen Medien, keine politische Richtung: Die Jugendlichen dieser neuen Generation schaffen sich eine eigene Identität, die viele Erwachsene immer noch nicht ganz begreifen. Machen sie ihnen daher so viel Angst?
24
J E TZ T W I RDʼS H A RT
JUNGE ANFÜHRER*INNEN WACHSEN HERAN »Ich bin nur die Botin«, wiederholt Greta. »Ich erzähle nichts Neues, ich berichte das, was die Wissenschaftler seit Jahrzehnten bestätigen. Wenn alle ihnen zuhören würden, müsste niemand auf mich und die Millionen Jugendlichen hören, die für das Klima streiken. Dann könnten wir wieder zur Schule gehen.« Das Charisma dieses 17-jährigen schwedischen Mädchens hat in kürzester Zeit andere junge Anführer*innen wie sie hervorgebracht, die neue Klimaschutzbewegungen ins Leben gerufen haben. Sie heißen zum Beispiel Anna Taylor. Die 19-jährige Engländerin hat zusammen mit vier anderen Mitschüler*innen das UK Student Climate Network gegründet. Katie Eder, 20 Jahre, vertritt die Bewegung Future Coalition. Auch Luisa Neubauer, Deutschland, und Vanessa Nakate, Uganda, haben Tausende auf die Straßen geholt.Und die 15-jährige Alexandria Villaseñor, die an Asthma erkrankt ist, gründete School Strike 4 Climate. Zuvor hatte sie auf einer Reise durch Nord-Kalifornien wegen des Rauchs eines Waldbrandes (der das Leben Hunderter Menschen forderte) ihr Leben riskiert. Sie meint: »Die Macht liegt bei den Menschen, und wie Greta sagt, man ist nie zu jung, um etwas zu verändern.«
25
KAPITEL 3
HIER UND
JETZT
DIE GEBURT UND DIE PRINZIPIEN DER GREEN NATION »Genau hier und genau jetzt ziehen wir einen Strich.« Dieser Satz von Greta fasst zusammen, was die Jugendlichen weltweit im Kampf gegen den Klimawandel wollen. Es reicht, sagen sie, es ist wirklich an der Zeit, etwas zu verändern. »Der Wandel ist da. Right here, right now.« Die Jugendlichen nehmen Gretas Aufruf auf und verbreiten ihn weltweit, indem sie diese mächtigen Worte im Internet teilen, in den sozialen Netzwerken posten und in einen Hashtag verwandeln. Sie singen sie bei Fridays for Future, den Demos, die seit August 2018 jeden Freitag in hunderten Städten stattfinden. Sie tanzen sie sogar, zum Remix von Fatboy Slim, dem Londoner DJ, der die wichtigsten Sätze aus Gretas UN-Rede über seinen berühmten Dance-Hit Right Here, Right Now gelegt hat. 28
H I E R U N D J E TZ T
Die Aufrufe zum Kampf gegen den Klimawandel, die Hinweise auf die Konsequenzen, die die Wissenschaft seit mehr als 30 Jahren beobachtet, haben ein einzigartiges Phänomen geschaffen, das es vor dem 25. Januar 2019 noch nicht gab, als Greta Thunberg in Davos in ihrer Rede verkündete: »Unser Haus steht in Flammen.« Erinnerst du dich? Dieses Haus gehört uns allen, unser Haus ist die Erde. Das ist das Motto der realen und idealen Gemeinschaft, die wir Green Nation nennen. Die Green Nation ist ein Staat ohne Ein- und Ausreisebeschränkungen. Ein tiefes Verantwortungsbewusstsein gegenüber unserem Planeten verbindet darin die Menschen miteinander. Die Green Nation ist eine grenzüberschreitende Gemeinschaft, frei von politischen Etiketten und ideologischen Zugehörigkeiten. Sie spricht nur eine Sprache, nämlich die universelle Sprache der Wissenschaft. Die Bürger der Green Nation sind Millionen von Schüler*innen, die über geografische Grenzen hinweg handeln. Sie fühlen sich nicht mehr nur einem einzigen Land, sondern etwas Neuem und extrem Aktionsfreudigem zugehörig. Die Green Nation braucht keine offiziellen Erklärungen und Verträge als Existenzberechtigung. Mit der Geburt dieses Phänomens, das es vor Greta so noch nie gegeben hat, haben seine Anhänger*innen bewiesen, dass man auch schon in jungen Jahren begreifen kann, was in der Welt vor sich geht. Es ist diesen Jugendlichen gelungen, eine kollektive und globale Identität zu erschaffen, ein Gemeinschaftsgefühl, das eine unbekannte, ironische und entschlossene Sprache aus Worten, aber vor allem aus Taten spricht.
29
GRE E N N AT I O N RE VO LUT I O N
Zu den ungeschriebenen Gesetzen der Green Nation gehören Verhaltensweisen, die für die Jugendlichen mittlerweile selbstverständlich sind. So verschwenden sie keine Rohstoffe mehr (Wasser, Nahrungsmittel, Gegenstände). Würde die ganze Menschheit diese Kleinigkeit umsetzen, könnten wir das Schicksal dieser Welt tatsächlich verändern. Die Jugendlichen schränken den Gebrauch von Plastik ein, das hauptverantwortlich für die Verschmutzung unserer Meere ist. Sich von zu Hause eine Trinkflasche mitzunehmen, ist mittlerweile fast normal geworden, genauso normal wie Recyceln und Mülltrennung. Wo immer es geht, achten die Jugendlichen darauf. Die Green Nation kommuniziert über die sozialen Netzwerke und verabredet sich so auf Straßen und Plätzen. Millionen von Jugend lichen machen bei den Klimastreiks mit und schreien ihre Wut all denen entgegen, die die Beweise immer noch ignorieren. Hemmungslos und angstfrei stellen sie die Erwachsenen in ihrem Umfeld zur Rede (in ihren Familien, aber auch die Vertreter ihrer Regierungen). Die Demos von Fridays for Future sind bis jetzt immer friedlich verlaufen und werden es auch weiterhin sein. Aber nicht aus diesem Grund erwarten die Jugendlichen die Erlaubnis der Erwachsenen, sich Gehör verschaffen zu dürfen. Als im Oktober 2019 in London die Proteste einer Gruppe junger Umweltschützer verboten wurden, wiederholte Greta ihren legendären Satz: »Wenn der Kampf gegen den Klimawandel und den Zusammenbruch der Ökosysteme gegen die Regeln ist, dann müssen eben die Regeln geändert werden.« Energie, Konsum, Transport, Ernährung: Das ganze wirtschaftliche System muss revolutioniert werden. Der Klimawandel ist da, und die Green Nation muss eine große Aufgabe bewältigen. 30
H I E R U N D J E TZ T
DIE GREEN NATION REVOLUTION Die Ziele der Green Nation kann man an einer Hand abzählen. Es sind wenige, aber eindeutige Ziele. Diese Themen werden an Unis und Schulen zwischen den Schüler*innen und Student*innen heiß diskutiert. Erstens: Wir müssen aufhören, fossile Brennstoffe zu benutzen. Nicht erst in 30 Jahren, sondern sofort. Das ist das oberste politische Ziel. Wenn wir das nicht tun, können wir die Auswirkungen des Klimawandels nicht mehr umkehren (das sagt das IPCC). Zweitens: Wir müssen die Wälder auf der ganzen Welt schützen und neue Bäume pflanzen. Millionen von neuen Bäumen sind nötig, denn sie können uns effektiv helfen, die Emissionen in der Atmosphäre zu senken. Drittens: Wir müssen uns auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Diese Vorbereitung nennen die Wissenschaftler Resilienz. Und wir müssen den Entwicklungsländern helfen, das ebenfalls zu tun. Viertens: Wir müssen uns für Gerechtigkeit einsetzen. Das heißt, die Ausbeutung der knappen Ressourcen der Erde, die allen gehören, muss überdacht werden. Bildung muss gefördert und der Hunger auf der Welt bekämpft werden. Gebiete, die durch die Folgen des Klimawandels oder die exzessive Ausbeutung bereits unbewohnbar oder unfruchtbar geworden sind, müssen renaturiert werden. Fünftens: Wir müssen ein völlig neues Wirtschaftssystem erfinden. Dafür müssen wir neue Produktionsmethoden entwickeln, die die natürlichen Ressourcen nicht verbrauchen und die Umwelt nicht verschmutzen. Wir brauchen neue Berufsfelder, die die Gesellschaft bereichern, statt das Ökosystem zu zerstören. Das ist eine richtige Revolution: die Green Nation Revolution. 31
ist Journalistin aus Mailand. 15 Jahre hat sie für die Zeitschriften von RCS gearbeitet. Sie ist Mutter von zwei Kindern und lebt seit 2013 mit ihrer Familie in Hongkong. Mit Valentina Giannella gründete sie die Journalistenagentur Mind the Gap und schreibt nun für die wichtigsten italienischen Zeitungen, außerdem für das Post Magazine der South China Morning Post.
GRETA THUNBERG zu Gast bei Barack Obama, September 2019
LUCIA ESTHER MARUZZELLI
ist neapolitanische Illustratorin mit einer Leidenschaft für Botanik und Umwelt. Sie arbeitet für italienische und internationale Auftraggeber, vor allem an Projekten mit einem starken sozialen und umweltschützenden Einfluss. Zu ihren wichtigsten Auftraggebern gehören die FAO, Legambiente – Progetto ECCO, Occupy Climate Change!, Worth Wearing, GrabBike.
MANUELA MARAZZI
DIESES BUCH IST EINE FESSELNDE UND INSPIRIERENDE LEKTÜRE FÜR JUGENDLICHE ZWISCHEN 13 UND 30 JAHREN (TÄTE ABER AUCH ÄLTEREN LESER*INNEN GUT), ALSO DEN JUGENDLICHEN, DIE BESCHLOSSEN HABEN, FÜR IHRE EIGENE ZUKUNFT UND FÜR DIE DES PLANETEN ERDE ZU KÄMPFEN.
GREEN NATION REVOLUTION
»DIE NACHRICHT, DIE ICH DEN JUGENDLICHEN SCHICKEN MÖCHTE IST: SEID KREATIV. ES GIBT SO VIEL, WAS IHR TUN KÖNNT, NIEMAND IST ZU JUNG.«
GREEN
NATION REVOLUTION
KLIMAJUGEND, GRÜNE IDEEN, NEW ECONOMY Illustrationen von Manuela Marazzi
www.midas.ch | € 14.90 ISBN: 978-3-03876-164-8
MIDAS
Die Weltwirtschaft verändert sich immer mehr in Richtung der Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung. Es entstehen neue Berufe und grüne Start-ups, die unbefriedigte und expandierende Marktnischen erobern. Diese neue Ära der grünen Wirtschaft schafft Tausende von neuen Arbeitsplätzen, die zur Lösung der Umweltprobleme beitragen müssen, die »die Bremse ziehen«, wie die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg sagt, um den Planeten vor dem irrsinnigen Verlauf des Klimawandels und seiner Folgen zu bewahren. Welche Start-ups in der Welt haben mit ihren revolutionären Ideen im Kampf gegen den Klimawandel und bei einer nachhaltigen Entwicklung Erfolg? Wer sind die Jugendlichen hinter diesen Ideen und wie haben sie angefangen? Was ist die Green Nation, die Nation ohne geografische Grenzen, die die Jugendlichen unter den Prinzipien der Wissenschaften vereint und von der die Autorinnen dieses Buches zum ersten Mal 2019 in ihrem internationalen Bestseller »Mein Name ist Greta« erzählt haben? In kurzen, aber sehr detaillierten Kapiteln mit wunderschönen Illustrationen und einem Glossar der wichtigsten Begriffe, die heute bereits im Sprachgebrauch der nachhaltigen Wirtschaft verankert sind, geben sie Tipps für die Umsetzung eigener Erfolgsideen.
Giannella/Maruzzelli
ist Journalistin aus Mailand und lebt seit sieben Jahren in Hongkong. Sie hat zwei Kinder. Gemeinsam mit Lucia Esther Maruzzelli gründete sie die Journalistenagentur Mind the Gap und schreibt nun für die wichtigsten italienischen Zeitungen, außerdem für das Post Magazine der South China Morning Post. Sie interessiert sich vor allem für Jugend, Umwelt und Zukunft.
VALENTINA GIANNELLA
MIDAS
Valentina Giannella & Lucia Esther Maruzzelli
MIDAS