Klassiker der DDR-Bildgeschichte
AUSGABE 19 MAI 2010 6, 00 E u ro
19 j端rgen g端nther
HOLZHOF COMICS
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Vorab Eigentlich war für dieses Heft der Abdruck einer anderen Jürgen-Günther-Serie geplant, die als ähnlich selten gilt: Bjedrak, erschienen 1969 – 71 in der sorbischen Kinderzeitschrift Plomjo, in sorbischer Sprache, und auszugsweise nachgedruckt in FRÖSI 2 – 8 / 1974. Der damalige Autor Christian Schneider (sorbisch: Křesćan Krawc) zeigte zwar prinzipielle Bereitschaft, aber in einem Nebensatz hieß es „… obwohl ich von Comics nichts halte – damals nicht und heute auch nicht …“. Da mussten wir leider passen.
Denn wir halten die Bildgeschichte für eine legitime Ausdrucksform, die mit der gleichen Berechtigung existiert wie Literatur, Theater, Film, Musik oder Malerei. Es gibt Autoren und Zeichner, die den Comic auf eine Weise beherrschen, die sie befähigt, Geschichten zu erzählen, die begeistern, unterhalten, aufregen und anrühren – so wie es die Meister jeder anderen Ausdrucksform auch können. Manche dieser Werke funktionieren ausschließlich als Comics, wie Watchmen von Alan Moore und Dave Gibbons, andere stehen als Geschichte
Zu dieser Ausgabe Als Jürgen Günther vor zwei Jahren das Material für seine Geburtstagsausstellung und das zugehörige Buch „Kinder, wie die Zeit vergeht!“ zusammenstellte, tauchten aus seinem Archiv über 60 großformatige Comicseiten auf, die alle fremdsprachig getextete abgeschlossene Einseiter enthielten und fast ausnahmslos nicht aus den einschlägigen DDR-Kinderzeitschriften bekannt waren. Es stellte sich heraus, dass es sich um Arbeiten für mehrere Zeitschriften handelte, die von in der „Liga für Völkerfreundschaft“ zusammengefassten Freundschaftsgesellschaften mit dem Ausland herausgegeben wurden. Bei den folgenden Recherchen wurden in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek zunächst die Ausgaben der Zeitschrift „News“ (siehe Lexikon) gesichtet, die von September 1971 bis April 1980 eine Kinderseite mit ebenjenen Comics trugen. Jürgen Günther war neben Günter Hain und Karl Fischer der mit Abstand am häufigsten vertretene Zeichner. Aus seinen 45 Beiträgen haben wir für diese Ausgabe vor allem solche ausgewählt, die alltägliche Geschichten erzählen, meist jedoch mit politischem, ideologischem oder zumindest starkem pädagogischen Bezug. Aufgefüllt wurde der Band mit Märchen und Fabeln. Da keine deutschen Textvorlagen zugänglich waren, hat Katrin Straube-Weißhahn sämtliche Texte rückübersetzt. Dabei fiel auf, dass die Übertragungen ins Englische damals kaum von Muttersprachlern angefertigt wurden, klingt das „Germish“ doch zu sehr nach DDRLehrbuch-Englisch, wie man es auch von Übertragungen der MOSAIK-Sammelbände ins Englische kennt. Damit sich jeder ein eigenes Bild machen kann, haben wir nebenstehend als Beispiel für einen „Originaltext“ die Textblöcke der Titelgeschichte abgedruckt. Eine ähnliche Zusammenarbeit gab es für die Zeitschrift „Al-Magalla“ der Deutsch-Arabischen Freundschaftsgesellschaft. Dort erschienen vermutlich bereits früher Comics von Jürgen Günther, denn es lassen sich arabische, von rechts zu lesende Adaptionen von „Para-
so fest, dass ihnen auch eine Filmadaption gut bekommt, wie Persepolis von Marjane Satrapi oder Ghost World von Dan Clowes. Und auch wenn wir mit unserer Reihe eine kleine, ganz spezielle und vor allem von Nostalgie getragene Nische abdecken, fühlen wir uns damit doch als winziger Teil der vielleicht nicht populärsten, aber auf jeden Fall interessantesten Ausdrucksform der Welt. Lang leben die Comics! Die Herausgeber
Lexikon celsus“ oder „Ali Baba und die vierzig Räuber“ nachweisen, die in den 60er Jahren bereits in der FRÖSI erschienen waren, und selbst der sorbische „Bjedrak“ kam hier zum Abdruck. Da es sich um eine andere Redaktion handelte, wurden also auch andere Comics ausgewählt, aber eine genaue Erschließung und Dokumentation steht noch aus.
Die Deutsch-Afrikanische Freundschaftsgesellschaft der DDR bestand seit den 1950er Jahren. Zwischen 1956 und 1990 gab sie eine monatliche Zeitschrift heraus, die im Dresdner Verlag „Zeit im Bild“ gedruckt wurde. Sie erschien in exakt gleicher Aufmachung in mehreren Sprachausgaben und trug den Titel „News“ (englisch), „Nouvelles“ (französisch), „Puente“ (spanisch) und „Sauti ya Urafiki“ (afrikaans). Das überformatige, überwiegend vierfarbig auf Hochglanz-Papier gedruckte Blatt berichtete über den Aufbau des Sozialismus in der DDR, stellte dabei propagandistisch die Vorzüge heraus und verschwieg jegliche Probleme. Weitere inhaltliche Schwerpunkte waren die Ausbildung afrikanischer Bürger in der DDR und von der DDR in den afrikanischen Ländern durchgeführte Solidaritäts-Projekte. Das Magazin war in den afrikanischen Ländern der entsprechenden Sprache über den Zeitschriftenhandel abonnierbar, aber auch andere Vertriebswege (Direktversand; Botschaften usw.) sind vorstellbar.
Klassiker der DDR-Bildgeschichte. Heft 19: Opa und die Badewanne. ISBN: 978-3-939509-19-6 Alle Figuren und Abbildungen © Jürgen Günther 2010. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung. Herausgeber, Redaktion: Guido Weißhahn. Layout, Herstellung: Michael Hebestreit.
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Holzhof Verlag Dresden, Altlöbtau 7d, 01159 Dresden. Kontakt und Bezugsinformationen unter www.holzhof-verlag.de. Limitierte Erstauflage (300) Mai 2010.
Die Rübe
Ein armer Bauer musste von morgens bis abends auf seinem Feld schuften, um sich mühsam durchzuschlagen.
Er pflegte seine Saat, zupfte Unkraut und erfreute sich am Wachstum seiner Rüben.
Unter ihnen wuchs eine ungewöhnlich große, robuste und schwere Rübe heran. Sie wurde größer und größer.
Zur Erntezeit war die Rübe so groß gewachsen, dass sie kaum auf des Bauers kleinen Karren passte. Was sollte er mit ihr tun?
Die kleinen Rüben waren für ihn ausreichend Nahrung, deshalb entschied er, die große Rübe dem König als Geschenk zu überbringen. Der König hatte nie zuvor so ein Monstrum gesehen, obwohl ihm im Lauf der Zeit schon viele ungewöhnliche Dinge begegnet waren.
Als Dank für das Überbringen des merkwürdigen Gemüses gab er dem Bauern Land und Nutztiere.
Der Bauer ging fröhlich nach Hause und nahm sich vor, hart an der Vermehrung seiner Reichtümer zu arbeiten.
Sein reicher Bruder neidete ihm das Vermögen, das er mit einer einzigen Rübe errungen hatte.
Um für sich selbst ein noch größeres Geschenk zu ergattern, fuhr er mit Gold und Pferden zum König.
Er bot dem König kriecherisch und unterwürfig all seine Gaben dar.
Der König durchschaute den neidischen Plan des Bruders und beschloss, ihm eine Lektion zu erteilen.
„Ich werde dich mit einem seltenen und großen Geschenk belohnen“, sagte er,
und führte ihn zu des Bruders Rübe. Mit unterdrückter Wut musste der Mann seine Beute mit nach Hause nehmen.
Oktober 1973
3
Die Schatzsucher
Jedes Jahr verbringen hunderttausende Schulkinder der DDR ihre Sommerferien in Ferienlagern an wunderschönen Orten des Landes. Sie bleiben mehrere Wochen, die mit Spiel und Spaß wie im Fluge vergehen. Beim Zelten ist für
jeden etwas dabei und die Kinder finden neue Freunde. Hier im Zelt wohnen Frank und Detlef, die schnell gemeinsame Interessen entdecken und geheime Pläne aushecken. In dieser Nacht wollen sie die alte Schlossruine auskundschaften.
Als die anderen Kinder tief und fest schliefen, schlüpften sie aus ihrem Schlafsack in ihre Sachen und schauten vorsichtig aus dem Zelt.
Im Schutz der Dunkelheit krochen sie von einem Zelt zum anderen. Sie schlüpften an der Nachtwache vorbei aus dem Lager.
Als sie dem dunklen Wald näher kamen, wurde die Umgebung immer unheimlicher, aber sie gingen tapfer weiter.
Während ihrer Abenteuersuche ließen sie sich nicht einmal von einem Verbotsschild abhalten und betraten das alte Schloss.
Plötzlich stolperte Frank. Unter ihm öffnete sich der Boden und er verschwand in einem Loch.
Völlig verängstigt versuchte Detlef, Frank zu helfen. Vorsichtig kniete er sich ans Loch und rief Franks Namen. Es kam keine Antwort.
Detlef war verzweifelt. Was sollte er machen? Panisch rannte er zurück ins Lager und weckte die Betreuer.
Diese riefen sofort die Polizei und suchten nach nützlichen Hilfsmitteln. Mit Leitern und Seilen folgten sie Detlef zum Schloss.
Die Helfer leuchteten mit Taschenlampen ins Loch und fanden Frank. Er lag auf einem Schuttberg, bewusstlos und mit kleineren Verletzungen – aber am Leben!
Sie entdeckten, dass Frank in ein altes zugemauertes Gewölbe gefallen war, in dem ein ehemaliger Besitzer gestohlene Kunstwerke versteckt hatte.
Als die Ferien zu Ende gingen, berichtete der Lagerleiter den Kindern beim letzten Appell, dass die wertvollen Kunstwerke geborgen und restauriert wurden und bald im Museum ausgestellt werden. Aber Detlef und Frank, dessen Verletzungen geheilt waren, wurden für ihren nächtlichen Ausflug getadelt.
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Dezember 1973
Die vier kunstreichen Brüder
Ein armer Mann, der seinen vier Söhnen nichts bieten konnte, schickte diese in die Welt hinaus, um eine Handwerk zu erlernen.
Die Brüder verabschiedeten sich voneinander und versprachen, sich in vier Jahren wieder zu treffen, um gemeinsam nach Hause zu gehen.
Als die Zeit vergangen war, begrüßten sich die Brüder fröhlich und sagten: „Jetzt werden wir unserem Vater zeigen, was wir gelernt haben.“
„Ich werde euch einer Prüfung unterziehen“, sagte der Vater. „Wie viele Eier liegen in diesem Vogelnest auf der Spitze des Baumes?“
Der zweite Sohn, der Astrologe geworden war, nahm sein Teleskop, justierte es und schaute hindurch. „Es sind fünf“, sagte er sogleich.
Jetzt bat der Vater den ältesten Sohn, der bei einem Zauberer viele Kunststücke gelernt hatte, die Eier aus dem Nest zu holen, ohne dass der Vogel es merken würde.
Der älteste Sohn kletterte auf den Baum, langte geschickt ins Nest und erfüllte die Aufgabe.
Dann platzierte der Vater die Eier auf einem Tisch, jeweils eines an den Ecken und eines in der Tischmitte. Er bat den dritten Sohn, der Jäger geworden war, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. „Halbiere alle fünf Eier mit nur einem Schuss!“ Der Jäger erfüllte seine Aufgabe ebenfalls.
Der jüngste Sohn war bei einem Schneider in die Lehre gegangen. Er nähte die Eihälften vorsichtig wieder zusammen, wie sein Vater gefordert hatte.
Der Vater war zufrieden und lobte seine Söhne: „Ich bin stolz auf euch. Ihr habt eure Zeit gut genutzt und jeder von euch hat etwas Nützliches gelernt.“
Schließlich brachte der zweite Sohn die Eier zurück ins Nest. Er legte sie unter den Vogel, der unentwegt dort gesessen hatte.
März 1974
Nach ein paar Tagen schlüpften die jungen Vögel, und jeder hatte einen roten Streifen um den Hals, wo der Schneider sie zusammengenäht hatte.
5
Der Fußballfan Fußball ist in Uwes Klasse das Wichtigste. Uwe vergisst alles, außer seinen Sport.
Auf dem Nachhauseweg von der Schule beschimpft er seine Klassenkameraden als „Streber“, weil sie ihre Hausaufgaben machen wollen, statt mit ihm Fußball zu spielen.
Eine Woche später organisieren einige Klassenkameraden ein Spiel gegen eine Mannschaft aus dem Nachbardorf. Uwe war von diesem Vorschlag begeistert.
Am nächsten Tag jedoch kritisiert der Lehrer Uwes schlechte Arbeit. Seine Zensuren liegen deutlich unter dem Klassendurchschnitt.
Der Lehrer besucht Uwes Eltern und erzählt ihnen von den unbefriedigenden Leistungen ihres Sohnes. Die Eltern sind bestürzt und fragen den Lehrer um Rat.
Der Vater nimmt Uwe den Fußball weg und verbietet seinem Sohn zu spielen. Niedergeschlagen sitzt der Junge an seinen Hausaufgaben, aber er weiß nicht, wie die Übungen zu bearbeiten sind.
In der Pioniergruppe diskutieren die anderen Kinder Uwes Probleme und wie sie ihm helfen können.
Die Klassenbesten, die Uwe zuvor „Streber“ genannt hatte, bieten ihm Hilfe bei den Hausaufgaben an.
Uwe arbeitet hart, und nach einem Monat hat der Lehrer Grund, ihn für seine Mühe zu loben. Er darf wieder Fußball spielen.
Uwe kehrt in die Klassenmannschaft zurück, und im Spiel gegen das Nachbardorf erzielt er viele Tore. Seine Mannschaft gewinnt.
Uwe bedankt sich bei seinen Klassenkameraden für die Hilfe und hat nun verstanden, dass es nicht reicht, nur ein guter Fußballer zu sein. Man muss auch gut in der Schule sein.
6
April 1974
Trübes Wasser
Ein Orientierungslauf sollte stattfinden und die Kinder waren sehr aufgeregt. Die Strecke durch den Wald war nicht ganz leicht. Die Kinder mussten verschiedene Kontrollpunkte passieren und dann mit Hilfe einer Zeichnung, die irgendwo auf der Strecke versteckt war, eine Quelle finden. Die Aufgabe bestand darin, von dort einen Blecheimer voll Wasser zu holen. Die Kinder starteten im Abstand von drei Minuten. Die Spannung stieg.
Klaus startete. Er wollte um jeden Preis der Erste sein und rannte, ohne seinen Kompass zu benutzen, in Richtung einer verdächtigen Birke, an der er den ersten Kontrollpunkt vermutete.
Seine Eile war jedoch ein schlechter Ratgeber. Er stellte besorgt fest, dass er vom Weg abgekommen war. Verzweifelt rannte er nach links und nach rechts, in der Hoffnung, einen Hinweis zu entdecken. Und währenddessen verrann die Zeit.
Er sprang über Hecken und Gräben und suchte nach einem Hinweis. Schließlich fand er eine gezeichnete Karte in einer Dose. Jetzt war er wieder auf dem richtigen Weg.
Aber Klaus hatte viel Zeit verloren. Als er die Hälfte des Weges zu Quelle absolviert hatte, war er erschöpft und machte eine Pause. Und plötzlich sah er halb versteckt den Schimmer von Wasser – ein kleiner Teich.
Es kam ihm eine verlockende Idee. Was wäre, wenn er …? Er schaute sich vorsichtig um. Niemand war zu sehen. Klaus bückte sich und füllte das Gefäß bis zum Rand.
Als er ins Ziel kam, jubelten ihm die anderen laut zu. Der Lehrer errechnete Klausʼ Zeit – er war mit Abstand der Schnellste.
Dann kontrollierte der Lehrer das Wasser. Er runzelte die Stirn, aber sagte nichts. Klaus hatte kaum etwas verschüttet, und seine Freunde streckten schon die Arme zur Gratulation aus.
Aber Klaus war mit sich unzufrieden. Mit unglücklichem Gesicht stand er zwischen seinen Freunden und scharrte mit den Füßen. Sein schlechtes Gewissen plagte ihn mehr und mehr. Er rang mit sich.
Dann nahm er allen Mut zusammen, trat nach vorn und bat darum, disqualifiziert zu werden. Der Lehrer, der schon ahnte, was passiert war, beruhigte die aufgebrachte Klasse und lobte Klaus für seinen Sieg über sich selbst.
Juni 1974
7
Hallo Kinder! Stellt euch Folgendes vor: Vor 25 Jahren – im Jahr, in dem die DDR gegründet wurde – fiel ein Mann in einen tiefen Schlaf. Ohne etwas zu sehen oder zu hören, schlief er bis 1974. Plötzlich wacht er auf und findet sich in der DDR von heute wieder. Wir wissen natürlich, dass so etwas nicht wirklich passiert, aber lasst uns sehen, was dieser Mann erleben würde.
3. „Wundervoll! Dieser Kugelstoßer erreicht die 20Metermarke. Das sind sieben Meter mehr als beim letzten Weltrekord, an den ich mich erinnere“.
1. „Ich glaube, ich bin verrückt geworden. Ich weiß, dass ich im Keller eines halbzerstörten Hauses wohne, aber ich kann nirgendwo Ruinen sehen.“
2. „Das ist komisch! Laut Karte sollte sich hier ein großer Wald befinden und ich erinnere mich, erst kürzlich hindurch gelaufen zu sein.“
4. „Du machst Scherze. Du wirst in ein paar Minuten wirklich ein Fußballspiel in Moskau sehen?“
5. „Ich möchte mal wissen, warum ich nicht hier oben sitzen darf. Meiner Erfahrung nach sind die Züge bereits zwei Stunden vor der Abfahrt mit Leuten überfüllt.“
6. „Ich stehe vor einem Rätsel. Jetzt habe ich schon sieben Bauern gefragt und jeder behauptet, das Feld und die Maschinen gehörten ihm.“
7. „Na ja, alles hat sich total verändert, aber ein Brot ist immer noch so preiswert wie vor 25 Jahren“.
8
Oktober 1974
Strohhalm, Kohle und Bohne
Eine alte Frau wollte mit einer Handvoll Stroh ein Feuer entfachen. Ein Strohhalm fiel ihr dabei aus der Hand.
Als sie Bohnen in ihren Kochtopf schüttete, fiel eine Bohne zu Boden und landete neben dem Halm.
Dann landete ein Stück glühende Kohle neben ihnen und fragte die beiden, woher sie kämen.
Der Strohhalm wusste, was zu tun war: „Ich bin lang. Ich werde mich als Brücke quer über den Bach legen.“
Alle drei waren froh, dass ihnen das Schicksal erspart geblieben war, in Rauch aufzugehen, gekocht oder zu Asche zu werden.
„Dem Tod entronnen, wollen wir immer zusammenbleiben“, entschieden sie.
Bald kamen sie an einen Bach. Es gab keine Brücke. Wie sollten sie ihn überqueren?
Die Kohle, die ein feuriges Naturell hatte, war die Erste, die auf die Behelfsbrücke trat. Ungeduldig und wagemutig trippelte sie darüber.
Aber in der Mitte der Brücke bekam sie Angst und traute sich nicht, weiter zu gehen.
Der Strohhalm fing Feuer, brach entzwei und trieb davon. Die Kohle fiel ins Wasser, zischte und starb. Die Bohne stand noch am Ufer.
Sie konnte nicht aufhören, über das Unglück ihrer Freunde zu lachen. Sie lachte und lachte, bis sie platzte.
Nun war auch sie dahin. Doch sie wurde von einem Schneider gefunden, der am Bach eine Rast machen wollte.
Und weil er ein gutes Herz hatte, nahm er Nadel und Faden und nähte sie zusammen.
September 1975
Aber da er schwarzen Faden verwendet hatte, haben heute alle Bohnen einen schwarzen Streifen.
9
Die Wichtelmänner
Es war einmal ein Schuster, der ohne eigenes Verschulden alles auf der Welt verloren hatte – alles bis auf ausreichend Leder für ein Paar Schuhe.
Er schnitt das Leder zurecht für den nächsten Tag und ging zu Bett. Am nächsten Morgen wollte er zeitig mit der Arbeit fortfahren.
Am nächsten Morgen standen die Schuhe bereits fertig auf dem Tisch. Das Paar war so akkurat und passend gefertigt, dass es ein echtes Meisterstück war.
Am selben Tag kam ein Kunde herein, dem die Schuhe so gut gefielen, dass er mehr als den üblichen Preis zahlte.
Mit dem Geld kaufte der Schuster ausreichend Leder für zwei Paar Schuhe, schnitt es zurecht und ging ins Bett.
Als er am Morgen aufstand, waren die Schuhe fertig. Käufer kamen und bezahlten seine Ware großzügig, sodass er Leder für weitere vier Paar Schuhe kaufen konnte.
Und so ging es immer weiter, bis der Schuster eines Abends zu seiner Frau sagte: „Ich sollte heute Nacht wach bleiben und schauen, wer meine Arbeit für mich macht.“
Sie versteckten sich in einer Ecke des Raumes. Als es Mitternacht wurde, kamen zwei kleine Zwerge.
Sie setzten sich auf des Schusters Bank, nahmen das geschnittene Leder und begannen mit ihren kleinen Fingern so schnell zu nähen, zu klopfen und zu hämmern, wie es der Schuster noch nie zuvor gesehen hatte.
Als die Arbeit geschafft war, verschwanden die beiden blitzschnell, und der Schuster und seine Frau sprachen noch lange über das Wunder.
Die Frau sagte: „Ich werde jedem ein Hemd, einen Mantel und eine Weste machen, mach du jedem ein kleines Paar Schuhe.“
Am Weihnachtsabend legten sie die Geschenke statt des üblichen Leders auf den Tisch. Die Wichtelmännchen waren hocherfreut.
10
Sie zogen die neuen Sachen mit funkelnden Augen an und tanzten und hüpften voll Freunde umher.
Schließlich tanzten sie aus der Tür, und der Schuster sah sie nie wieder. Aber von dieser Zeit an hatte er keine Sorgen mehr.
Dezember 1975
Zwei Sieger
Peter, die Sportskanone, und Klaus, das Mathe-Ass, konnten sich nicht besonders gut leiden. Peter ärgerte Klaus oft und nannte ihn einen Schwächling.
Eines Tages auf dem Schulhof diskutierten sie über die bevorstehende Winterolympiade und bildeten Teams für das Abfahrtsrennen.
Peter und Klaus kamen in ein Team. Peter sagte: „Mit einem wie dir haben wir keine Chance!“
Das Startsignal wurde gegeben. Welches Team würde das Beste sein und wer der schnellste Skifahrer?
Der Abfahrtslauf war sehr schwierig. Aber Peter als erfahrener Skiläufer meisterte es und war weit vorn.
Dann hatte er Pech. Er rutschte auf einem vereisten Stück aus und stürzte.
Wütend betrachtete er seine kaputten Skier. Da kam auch schon Klaus! Würde der sich nicht freuen?
Klaus war nur im Mittelfeld und hatte keine Chance, schnellster Einzelläufer zu werden. Jetzt würde noch nicht einmal sein Team gewinnen.
Diese Gedanken schossen Klaus durch den Kopf, als er näher kam. Es kam ihm nicht in den Sinn, dass das eine gute Gelegenheit wäre, es Peter heimzuzahlen. Peter war der bessere Athlet! Vielleicht könnte er noch schnellster Einzelläufer werden.
Diese selbstlose Hilfe beflügelte Peter. Mit Klausʼ Skiern raste er so schnell wie nie zuvor im Leben.
Er überholte alle anderen. Es war, als hätten ihm die neuen Skier neue Stärke verliehen.
Januar 1976
Er wurde Einzelsieger. Als der Preis verliehen wurde, kam endlich Klaus mit den kaputten Skiern.
Peter umarmte Klaus glücklich. Er versprach, ihm immer ein guter Freund zu sein und ihm beim Sport zu helfen.
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Eine Lektion für den Witzbold
Mäcki war ein kleiner Schabernack. Er mochte es, Leute an der Nase herumzuführen und zu veralbern.
Während eines Fußballspiels stolperte und stürzte Mäcki. Er jammerte und weinte und alle seine Freunde kamen angerannt, um ihm zu helfen.
„Mein Fuß ist bestimmt gebrochen“, sagte er. Aber als die Freunde ihm vorsichtig hoch helfen wollten, lachte Mäcki und sagte: „Es war nur ein Witz!“
Während des Unterrichts bekam Mäcki fürchterliche Bauchschmerzen. Selbst der Lehrer machte sich Sorgen, und alle dachten, Mäcki hätte schlimme Schmerzen.
Eines Tages ging Mäcki mit seinen Freunden zum Schwimmen. Sie warnten ihn: „Schwimm nicht so weit raus. Die Wasserpflanzen könnten für Schwimmer gefährlich werden!“
Mäcki schwamm und schwamm durch angenehm warmes Wasser. Plötzlich verhedderte sich ein Bein in den Wasserpflanzen. Er versuchte, sich selbst zu befreien, und verfitzte sich dabei immer mehr. Er schrie um Hilfe, aber seine Freunde nahmen das Geschrei nicht ernst. Sie lachten: „Er will uns doch nur veralbern!“
Jetzt war Mäcki in großer Gefahr. Er war nicht in der Lage, sich selbst aus dem Tang zu befreien. Bald verließ ihn die Kraft und er drohte zu ertrinken.
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Schließlich machten sich seine Freunde doch Sorgen. Sie konnten ihn nicht mehr sehen. Was war mit Mäcki passiert?
Aber als die Krankenschwester kam, um ihm einen Löffel Medizin zu geben, grinste Mäcki plötzlich und sagte: „Es war nur Spaß!“
Sie eilten zur Rettung. In letzter Minute zogen sie ihn ins Boot. Mäcki war sehr erschöpft und versprach, seine Freunde nie wieder auf den Arm zu nehmen.
März 1976
Der Däumling nach einem alten deutschen Märchen
Es waren einmal ein armer Waldarbeiter und seine Frau, die sich nichts sehnlicher wünschten als ein Kind. Schließlich bekam die Frau einen kleinen Jungen, der kaum größer als ein Daumen war.
Sie nannten ihn Däumling. Er zeigte bald, dass er ein schlaues kleines Bübchen war. Im Ohr des Pferdes sitzend, führte er den Karren seines Vaters sicher.
Eines Tages wollte ein Fremder den Däumling kaufen. Der Vater wollte ihn nicht verkaufen, aber der Däumling flüsterte ihm ins Ohr: „Ich komme bald zurück“.
„Setz mich auf die Krempe deines Hutes“, sagte der Däumling zu dem Mann. „Ich kann darauf herumlaufen und mir die Landschaft anschauen.“
Als der Fremde eine Rast am Wegesrand machte, suchte der Däumling nach einem Versteck und verschwand schließlich in einem Mauseloch. „Gute Nacht, Meister, ich gehe fort“, sagte er.
Der Mann suchte lange nach ihm, aber vergebens. Als der Däumling bemerkte, dass er gegangen war, legte er sich schlafen.
Er schlief bis zum Morgengrauen und wollte sich auf den Weg nach Hause machen. Aber oje! Wie furchtbar wurde er enttäuscht! Als er seine erste Rast machte, verschluckte ihn eine Kuh zusammen mit dem Grashalm, an dem er lehnte. Wie sollte er hier jemals wieder herauskommen?
Am Abend hörte der Besitzer der Kuh eine Stimme aus ihrem Inneren: „Hilfe! Hilfe!“ Er wusste sich nicht zu helfen und schlachtete die Kuh.
Er schnitt ihren Bauch auf und hervor kam der Däumling, gesund und munter. Er erzählte dem Mann seine abenteuerliche Geschichte und bat ihn, ihn zu seinen Eltern zu bringen.
April 1976
Sein Vater und seine Mutter waren überglücklich, ihn wiederzuhaben. Sie umarmten und küssten ihren Sohn und versprachen, ihn für keinen Reichtum der Welt jemals wieder zu verkaufen.
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Hähnchen Schreihals
Zwei kleine Mäuschen und ein Hahn lebten gemeinsam in einer kleinen Hütte.
Eines Tages fand der Hahn eine Weizenähre und fragte die Mäuse, wer das Korn dreschen solle. Sie sagten, sie könnten das nicht tun.
So drosch der Hahn das Korn mit viel Mühe, während die Mäuse Ball spielten.
Als der Hahn die Mäuse bat, die Körner zur Mühle zu tragen, redeten sie sich höflich heraus.
So trug der Hahn den Körnersack selbst zur Mühle. Die Mäuse vergnügten sich währenddessen beim Bockspringen.
Die Mäuse waren auch nicht bereit, in der Küche zu helfen: weder Holen noch Tragen noch den Teig rühren.
Nachdem der Hahn selbst Holz gesammelt und den Ofen geheizt hatte, backte er auch den Kuchen.
Aber die beiden Mäuschen sangen und tanzten den ganzen Tag.
Sie hörten erst auf, als ihnen der Duft des frisch gebackenen Kuchens in die Nase stieg.
Dieses Mal musste sie keiner bitten. Wie kleine liebe Mädchen setzen sie sich an den Tisch und warteten.
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Aber der Hahn sagte: „Wer hat all die Arbeit gemacht? Und was habt ihr gemacht?“ Die Mäuschen schlichen sich mit hängenden Köpfen vom Tisch, und der Hahn rief sie nicht zurück.
September 1976
Die Suche nach dem Regenbogen Gezeichnet von Jürgen Günther nach dem Kinderbuch „Bitte einen Regenbogen“ von Hiltrud Lind
Alexander musste zu Hause bleiben, weil heute ein hässlicher Regentag war. Plötzlich riss er seine Augen weit auf und rief: „Schau mal, Mama, da ist eine ganz bunte große Brücke am Himmel!“ „Das ist ein Regenbogen“, sagte seine Mutter. „Und welche Fabrik hat ihn gemacht?“, wollte Alexander wissen. Seine Mutter erklärte ihm, dass man einen Regenbogen nur dann sehen kann, wenn die Sonnenstrahlen von Tausenden Wassertropfen aufgefangen werden, die dann in vielen Farben funkeln.
Am nächsten Morgen schien die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Aber Alexander war traurig. Ihm hatte der Regenbogen so gut gefallen.
Seine Kindergartenfreunde verstanden ihn nicht. Sie mochten den Sonnenschein über alles. Einige lachten ihn sogar aus.
Die Kindergärtnerin machte sich Sorgen, weil Alexander nicht mit den anderen spielte. Schließlich erzählte er ihr, warum er sich nach Regenwetter sehnte.
Die Erzieherin ging mit ihm nach drinnen ins Bad. Dort drehte sie die Dusche auf und öffnete die Tür einen Spalt breit, sodass etwas Sonnenlicht hereinfiel.
Plötzlich begannen die Wassertropfen in Regenbogenfarben zu funkeln. Aber diesen Regenbogen fand Alexander viel zu klein.
Während eines Spazierganges im Stadtpark sahen die Kinder einen rotierenden Rasensprenger. Für eine kurze Zeit funkelte das fein zerstäubte Wasser in Regenbogenfarben.
Aber Alexander sehnte sich nach einem Regenbogen, der den ganzen Himmel überspannte. „Dieser hier geht die ganze Zeit an und aus“, schmollte er.
„Als Geschenk zum Internationalen Kindertag wünsche ich mir einen riesigen Regenbogen“, sagte er. Die Kindergärtnerin und seine Mutter versuchten einen Weg zu finden, den Wunsch zu erfüllen.
Am Internationalen Kindertag gingen die Kinder zum neugebauten Planschbecken. Sie planschten vergnügt im klaren Wasser und Alexander vergaß beinahe den versprochenen Regenbogen. An der Steineinfassung des Beckens sah er kleine Löcher. Plötzlich schossen dünne Wasserstrahlen aus ihnen her-
November 1976
vor. Sie trafen sich hoch oben in der Luft, und zur Freude von Alexander und den anderen Kindern zauberte die Sonne über dem Planschbecken einen großen funkelnden Regenbogen.
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Klaus wollte berühmt werden
Klaus, ein Textilarbeiter, war ein junger Mann wie viele in der DDR. Aber er hatte einen besonderen Einfall: Er wollte berühmt werden!
Zuerst dachte er, wenn er einen „Superman“ aus einem amerikanischen Film nachmache, würde ihn jeder bewundern. Aber er war enttäuscht. Die meisten Leute ignorierten ihn und andere schmunzelten.
Deshalb versuchte Klaus sein Glück als Akrobat. Er war immer gut beim Turnen gewesen. Wenn er seine Kunststücke an ungewöhnlichen Orten zeigen würde, würde ihn bestimmt jemand für den Film oder den Zirkus entdecken.
Jemand kam. Es war jedoch kein Filmproduzent, sondern ein Polizist, der ihn wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ verwarnte. Ein weiterer Traum berühmt zu werden war geplatzt.
Jetzt kam ihm die Idee, mit seiner Stimme für Aufsehen zu sorgen. Aber sein Gesang führte nicht dazu, dass Leute ihn bewunderten – ganz im Gegenteil.
Durch eine Sportveranstaltung kam er auf die Idee, als Radrennfahrer zu beeindrucken. Er raste mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Straßen. Aber statt Ruhm zu erlangen, verletzte er sich nur.
Jetzt gab er alle Hoffnung, jemals berühmt zu werden, auf und widmete sich seiner Arbeit als Weber im Textilkombinat.
Er vermied jede Art von Unterhaltung, saß zu Hause und studierte Bücher. Vertieft in die Wissenschaft, versuchte er seine Enttäuschung zu vergessen.
Als er las, kam ihm eine interessante Idee. Er dachte darüber nach und erarbeite eine Methode, um die Arbeit seines Webstuhls zu vereinfachen. Sie ermöglichte ihm, die gleiche Materialmenge in der halben Zeit zu verarbeiten, ohne mehr Aufwand zu betreiben.
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Seine Kollegen übernahmen diese Methode bald. Dadurch wurde es möglich, den Jahresplan weit zu übertreffen und der Volkswirtschaft großen Gewinn zu bringen. Radiosender und Zeitungen berichteten über Klausʼ Neuerungsvorschlag, und plötzlich war sein Wunsch in Erfüllung gegangen – er war berühmt!
Dezember 1976
Der farbenfrohe Kiosk nach einem Kinderbuch mit Bildern von Jürgen Günther Daniel malte gern. Er machte anderen oft eine Freude, indem er ihnen seine Zeichnungen schenkte.
Eines Tages fand er seinen Zeichenblock zu klein. Er kletterte auf einen Stuhl und begann, an der Wand zu malen. Seine Mutter wurde böse und schloss seinen Malkasten weg.
Später plagte ihn sein Gewissen. Als er am nächsten Morgen Roswitha besuchen wollte, fand er überrascht einen geschlossenen Kiosk vor. Es schien so, als hätte das von ihm gemalte hässliche Gesicht Roswitha abgeschreckt.
„Du kommst gerade richtig“, sagte die Stimme, die einem Maler gehörte. Daniel wurde ein Pinsel gegeben und eine genaue Anleitung, wie die Farbe aufzutragen ist.
April 1977
Daniel nahm eine Kiste Kreide und ging seine Freundin Roswitha, die freundliche Verkäuferin am Zeitungskiosk, besuchen. Sie konnte auch nicht verstehen, warum Daniel Wände bemalen wollte. „Wer soll mir denn dann Bilder malen?“, fragte sie. Daniel aber war hartnäckig. Er ging hinter Roswithas Kiosk.
Er öffnete schnell die Kreidekiste, und noch bevor er so richtig wusste, was er getan hatte, grinste ihn ein hässliches grünes Gesicht von der Kioskwand an.
Plötzlich sagte ein Stimme: „Hast du das gemalt? Warum?“ Daniel murmelte: „Weil ich auf große Wände malen will und nicht immer in einen blöden kleinen Zeichenblock.“
Beide arbeiteten fleißig. Der Kiosk wurde immer schöner und Daniel immer fröhlicher. Das hässliche Gesicht war verschwunden und Daniel hatte die Erlaubnis, echte Wände zu streichen.
Als Daniel am nächsten Morgen aufwachte, eilte er geschwind zum Kiosk. Und was sah er? Roswitha lehnte sich aus dem Fenster ihres farbenfrohen Kiosks, ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. „Wirst du nun hierbleiben?“, fragte er sie. „Natürlich bleibe ich in diesem schönen Kiosk“, antwortete sie und winkte ihm. Da wusste Daniel, dass sie ihm das Malen des hässlichen Gesichts vergeben hatte.
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Sieger durch Zufall
Jedes Jahr fand im Dorf ein Sportfest statt. Viele Jungen und Mädchen strömten zum Sportplatz, um ihre Kräfte zu messen.
Der faule Frank hatte nicht vor teilzunehmen. Er mochte keinen Sport, denn es erschien ihm eine zu große Anstrengung.
Er ging es lieber leicht an. Gemütlich spazierte er aus dem Dorf zu einem ruhigen Plätzchen, an dem er tun konnte, was er wollte.
Er versuchte mit den Tieren zu spielen. Aber der Bulle mochte das überhaupt nicht. Er fühlte sich vielmehr durch Franks roten Pullover angegriffen.
„Der versteht offensichtlich keinen Spaß. Ich entferne mich lieber schnell“, dachte Frank und stürzte davon.
Der Bulle rannte ihm nach. Frank hatte furchtbare Angst und sprang sogar über einen Zaun. Er war beim Schulsport noch niemals so hoch gesprungen.
Er lief auch sehr schnell. Ohne nach links und rechts zu schauen, rannte er die Dorfstraße entlang.
Er war so bemüht zu entkommen, dass er gar nicht bemerkte, dass er seinen Verfolger längst abgeschüttelt hatte. Die Straße führte direkt ins Stadion.
Dort hatten die Kurzstreckenläufer gerade ihr Rennen begonnen. Vor Angst rannte Frank so schnell, dass er alle Teilnehmer überholte. Die Zuschauer waren von seiner Geschwindigkeit beeindruckt und feuerten ihn an. Frank gewann das Rennen mit großem Vorsprung.
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Er war stolz auf seine unerwartete sportliche Leistung. Er entschied, regelmäßig zu trainieren und beim nächsten Wettlauf von der Startlinie aus teilzunehmen.
Juli 1977
Der Ausreißer nach einem Kinderbuch mit Bildern von Jürgen Günther
Er raste die glatte Straße entlang und schrie vor Freude. Nicht mal die Kreuzung kümmerte ihn. Er fuhr darüber, ohne die Ampel zu beachten.
Dann passierte es. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, wich ein Traktorfahrer aus und fuhr gegen eine Straßenlaterne. Die Glasssplitter der Lampe verursachten einen platten Reifen bei einem Radfahrer.
Er wurde nicht langsamer. Vergnügt quetschte er sich durch enge Lücken, kurvte um Autos und schaute nicht einmal, wo er hinfuhr. Weder quietschende Bremsen noch das Geschimpfe der Autofahrer störten ihn. Er entfloh dem verursachten Chaos, ohne sich auch nur umzuschauen.
Auf dem Markt sah Klaus einen Bus und wollte einsteigen. Er rannte dem Bus, der gerade losfuhr, nach. Dabei bemerkte er die Straßenbahn nicht, die gerade um die Ecke bog.
Weil er mit seinem Papierflieger beschäftigt war, bemerkte er den nahenden Schnellzug nicht. Der Lokführer sah Klaus zu spät, weil er so ein kleiner Junge war. Er zog die Notbremse. Die Maschine zischte und quietschte. Alle Passagiere und das Gepäck flogen durch den Zug. Klaus wurde vom Zug erfasst und vom Bahndamm geschleudert.
August 1977
Klaus fuhr gern Roller. Eines Tages wurde der Garten für ihn zu klein. Er wollte mit seinem Roller auf einer richtigen Straße fahren. Als seine Mutter nicht hinschaute, schlich er sich davon.
In letzter Minute zerrte ein Mann ihn von den Gleisen. Klaus weinte. Er bedankte sich und versprach, die Straße nicht wieder als Spielplatz zu benutzen.
Jetzt fuhr er in die falsche Richtung in eine Einbahnstraße. Er schlängelte sich leichtfüßig durch den Strom der Autos und Laster, die in die andere Richtung fuhren.
Er verließ die Straße wirklich, um stattdessen auf dem Bahndamm zu spielen. Dort fand er ein Stück Papier. Daraus faltete er einen Flieger und ließ seinen Roller auf den Schienen liegen.
Im Krankenhaus hatte er genug Zeit, über seine Tollkühnheit nachzudenken, an die er durch die Schmerzen ständig erinnert wurde. Wenn ihn seine Freunde besuchten, warnte er sie, nicht so dumm und unvorsichtig zu sein wie er, auf der Straße vorsichtig zu sein und sie nicht als Spielplatz oder Rollerbahn zu nutzen.
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Der blaue Helm
Plötzlich war für Mirko die große Chance gekommen: Der blaue Helm könnte seiner werden. Charlie, dem der Helm gehörte, war mit seinen Kumpels zu einem Treffen gegangen.
Schon lange wollte er den glänzenden blauen Helm. Jetzt zögerte er nur einen Moment, dann nahm er ihn. Jetzt würden ihn seine Freunde beneiden.
Zu Hause versteckte er seine Beute hinter einer großen Kiste im Keller. Aber er musste immer wieder an Charlie denken. Würde er seinen Helm schon vermissen?
Mirkos Eltern fuhren mit ihm in den Urlaub. Sie freuten sich, aber Mirko plagte sein schlechtes Gewissen. Schließlich sagte seine Mutter: „Bist du krank?“ Bevor sie in den Urlaub fuhren, hatte er noch einen letzten Blick auf „seinen“ Helm geworfen und in dessen Futter ein Notizbuch gefunden. Vielleicht brauchte Charlie das für seine Arbeit?
„Ich werde es sofort zurückschicken“, entschied er. Er suchte im Notizbuch eine Adresse, aber konnte keine finden. Was sollte er nur machen?
Die neue Angelrute konnte seine Sorgen nicht zerstreuen. Würde Charlie seine Arbeit ohne die Notizen im Buch machen können? Mirkos Vater war von Mirkos Mangel an Konzentration genervt.
Dieter versprach, ihn nach Hause zu fahren, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Sie erzählten den Eltern, dass sie den ganzen Tag unterwegs wären. Mirko wollte Charlie den Helm zurückgeben.
Aber sie fanden Charlie nicht. Am nächsten Tag saß Mirko an seinem Lieblingsplatz und sah traurig aus. Er wusste nicht, wie er seine Verzweiflung vor seinen Eltern verstecken sollte.
nach einem DDR-Kinderbuch mit Bildern von Jürgen Günther
Man freute sich, als Dieters älterer Bruder Mirko mit seinem neuen Motorrad ankam. Dadurch musste Mirko jedoch an „seinen“ blauen Helm denken, der perfekt dazu passen würde.
Am Abend vor der Rückfahrt gab es ein fröhliches kleines Fest. Aber Mirko ging ins Bett und weinte. Er versprach Dieter, so lange nach Charlie zu suchen, bis er ihn gefunden hätte.
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Aber so schön das Motorradfahren auch war, Dieter merkte schnell, dass Mirko etwas auf dem Herzen hatte. Während einer Rast erzählte Mirko ihm die ganze traurige Geschichte.
Als Mirko ihn schließlich auf einer neuen Baustelle entdeckte, nahm er all seinen Mut zusammen und brachte den Helm zurück. Stotternd und mit hochrotem Gesicht erzählte er Charlie, was passiert war. Charlies Gesicht versteinerte, er drehte sich um und ging weg. Das war die schlimmste Strafe für Mirko.
Jeden Tag ging er zu Charlies neuer Baustelle. Vielleicht wäre Charlies Gesicht eines Tages nicht mehr so unfreundlich und er würde ihn ansehen. Mirko wünschte sich das sehr.
Oktober 1977
Der kluge Vater
In einem kleinen Dorf lebte ein Mann mit seinen drei Söhnen. Er war ein guter Arbeiter und pflegte seinen Garten so liebevoll, dass alle Pflanzen darin prächtig gediehen.
Seine Söhne aber arbeiteten nicht gern. Wenn ihr Vater sie um Hilfe bat, sagten sie: „Der Garten ist gut wie er ist“, oder „Du kannst das soviel besser als wir.“
Die Jahre vergingen, der Vater wurde älter und der Garten wurde ihm eine Last. Das Haus und der Garten sahen nicht mehr so gepflegt wie früher aus. Aber da sie immer noch genug zu essen hatten und auch sonst alles zum Leben, weigerten sich die drei Söhne, selbst jetzt zu helfen.
Schließlich wurde der Vater krank. Der Doktor konnte nicht helfen und er wurde immer schwächer. Er rief seine Söhne zu sich und sagte: „Meine Stunde ist gekommen. Jetzt habt ihr für euch selbst zu sorgen.“
Des Vaters letzte Worte waren: „Irgendwo im Garten ist eine großer Krug mit Goldmünzen versteckt. Aber ich kann mich nicht erinnern, wo er ist. Ihr müsst graben, bis ihr ihn gefunden habt.“
Sie dachten sich, dass es schade wäre, die ganze Arbeit umsonst gemacht zu haben, und entschieden, Wein anzubauen. Sonne, Regen und ihre gute Pflege ließen die Trauben kräftig wachsen.
Dezember 1977
Schnell begannen die Söhne, den Garten umzugraben. Sie waren die Arbeit nicht gewöhnt und ihre Rücken schmerzten, aber sie trieben sich gegenseitig zum Weitermachen an.
„Wir müssen tiefer graben“, entschieden sie. Aber außer großen Steinen fanden sie nichts. Doch die fruchtbare Erde war durch ihre Mühen von einem Ende des Gartens zum anderen umgegraben worden.
Eine reiche Ernte war der Lohn für ihre Mühen. Die großen saftigen Trauben verkauften sich gut. Sie hatten sich an die Arbeit gewöhnt und fanden sie nicht länger lästig. Eines Tages fasste einer in Worte, was alle längst gedacht hatten: „Jetzt haben wir so viel Geld wie unser Vater uns versprochen hat – ohne den Krug mit den Goldmünzen zu finden.“
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Gemeinsam glücklich Liebe Kinder. Die Geschichte, die Jürgen Günther für Euch gezeichnet hat, basiert auf dem Kinderbuch „Wie ein Maler einen glücklichen Schmetterling malen wollte“. Es wurde von der polnischen Schriftstellerin Irena Jurgielewiczowa geschrieben und in Polen und der DDR veröffentlicht.
Hania hatte Geburtstag. Ihr Freund, ein Maler, wollte ihr ein Bild schenken. „Kannst du mir etwas Fröhliches malen?“, fragte sie ihn.
Der Maler schwang fröhlich den Pinsel. Er verwendete bunte Farben und war mit dem schönen Schmetterling, den er gemalt hatte, zufrieden.
Plötzlich begann der Schmetterling zu sprechen. Er sagte, er sei nicht glücklich. Wunderschöne Flügel und eine Blume würden nicht ausreichen, ihn fröhlich zu stimmen.
„Er braucht etwas Abwechslung“, dachte der Maler und malte schnell ein anderes Bild. Aber der Schmetterling sagte, dass nur die zwei Schnecken glücklich wären.
Jetzt malte der Maler ein Haus mit schönen Gardinen an den Fenstern, einem glänzenden Dach und einem Balkon.
„Ich mag das Haus, es ist wunderschön. Aber … ich bin nicht glücklich“, sagte der Schmetterling.
Der Maler hatte noch viele Ideen, von denen er glaubte, sie würden den Schmetterling glücklich machen. Der Schmetterling war zufrieden mit den Bildern, aber er war nicht glücklich.
Der Maler musste Hania traurig eingestehen, dass er kein Bild für sie hatte. Er zeigte ihr die Skizzen. Hania betrachtete sie, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
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„Warum ist mir das nicht eingefallen?“, murmelte der Maler und begann zu pfeifen. Er nahm das erste Bild, tauchte den Pinsel in die gleiche Farbe und vervollständigte das Bild. „Jetzt habe ich Freunde“, sagte der Schmetterling, „jetzt bin ich glücklich.“ Und Hania bekam ihr Geburtstagsgeschenk.
März 1978
Opa und die Badewanne gezeichnet von Jürgen Günther nach einer Geschichte von Günther Feustel
Großvater war ein wichtiger Mann im Dorf. Er war der beste Rinderzüchter weit und breit und viele Leute baten ihn um Rat. Aber in mancherlei Hinsicht hatte er altmodische Ideen.
Großmutter war ganz anders. Alles Neue weckte ihre Neugier, und sie hörte nie auf zu fragen, bis ihr alles erklärt wurde. Die neueste Errungenschaft war ein nagelneues Badezimmer, das die LPG im Haus eingebaut hatte.
Großvater mochte das neue Bad überhaupt nicht und holte den alten Badezuber aus dem Schuppen, scheuerte ihn und stellte ihn mitten in den Hof. Dort begann er ein Bad zu nehmen, mit viel Schaum, und fröhlich zu singen.
Sie hätte die jungen Leute natürlich bitten können, im Wohnzimmer zu warten. Aber sie wollte ihrem Ehemann eine Lektion erteilen. Deshalb sagte sie mit einem hämischen Lächeln: „Wilhelm ist im Hof“.
Großvater war überrascht. Die Jungs störten ihn nicht so sehr, aber es waren auch Mädchen dabei. Schnell wirbelte es so viel Schaum auf, dass der über den Wannenrand quoll. Großmutter grinste vom Fenster aus.
Als Großvater schließlich die Wanne verlassen konnte, begann er zu niesen. Bis zum Abend hatte er eine starke Erkältung. Während des Abendessens sprach er mit Großmutter nicht ein Wort. Er war mächtig sauer auf sie.
Am darauffolgenden Samstag nahm er sein Bad im neuen Badezimmer, wie immer singend. Großmutter lächelte. Das Neue hatte sich durchgesetzt, und beide vertrugen sich wieder.
Mai 1978
Es wurde an der Torglocke geläutet. Eine Gruppe junger Leute wollte mit Großvater darüber sprechen, wie sie ihre Arbeitsabläufe verbessern könnten. Großmutter hatte eine Idee.
Schließlich riss sich Großvater zusammen und erklärte, wie Kälber aufgezogen werden sollten. Nach einer langen Lehrstunde dankten ihm die jungen Leute und gingen.
Dennoch wollte Großvater die Niederlage nicht hinnehmen. Er füllte den alten Zuber mit Erde und pflanzte Kürbissetzlinge hinein. Die Sonne ließ die Kürbisse enorm wachsen und Großmutter war sprachlos.
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Kartoffeln mit Schale
Peter arbeitete an einer Drehbank. Er stellte Wellen für unterschiedliche Maschinen her. Einen Tag vor seinem Urlaub drehte er Wellen für Kartoffelschälmaschinen. Er pfiff fröhlich vor sich hin.
Gegen Ende seines Arbeitstages stellte er entsetzt fest, dass die Welle, die er eben fertiggestellt hatte, nicht den Anforderungen entsprach. Er kontrollierte deshalb die anderen Wellen, die er an diesem Tag gefertigt hatte: Auch sie waren ungenau.
Hastig versuchte er, die Fehler auszubessern. Aber er schaffte nicht alle Teile, bevor die Glocke ertönte, die das Ende seiner Schicht ankündigte. Peter verließ die Fabrik mit schlechtem Gewissen.
Mit Spaß und Spiel, Schwimmen und Sonnenbaden verging der erste Urlaubstag am Meer wie im Fluge. Das Wetter war wundervoll und die Urlauber amüsierten sich am Strand.
Das Einzige, womit sie nicht zufrieden waren, war das Mittagessen im Ferienheim. Die Küche bot sehr abwechslungsreiche Speisen, aber alle wurden mit ungeschälten Kartoffeln serviert.
Der Chefkoch zuckte mit den Schultern. Er zeigte auf die defekte Kartoffelschälmaschine. Es gäbe in der Küche nicht genug Personal, um die Kartoffeln von Hand zu schälen.
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Zu Hause packte er seinen Koffer und die Badesachen. Der Ärger war vergessen. Bevor er ins Bett ging, stellte er den Wecker, um den Zug nicht zu verpassen.
Als nach einer Woche auch der Sonntagsbraten mit ungeschälten Kartoffeln serviert wurde, begannen sich die Leute zu beschweren. Zwei Männer wurden in die Küche geschickt, um den Fall aufzuklären.
Im Speisesaal informierten die beiden Männer ihre Miturlauber, dass die Welle der Kartoffelschälmaschine defekt sei und die bestellte Ersatzwelle nicht in die Maschine passe, weil sie nachlässig gefertigt wurde. Peter machte sich auf seinem Stuhl ganz klein. Er musste schuldbewusst erkennen, dass er ein Opfer seiner eigenen Unachtsamkeit geworden war.
Juli 1978
Die drei Gaben Ein altes deutsches Märchen von Ludwig Bechstein illustriert von Jürgen Günther
Es war einmal ein Leinenweber, der von drei reichen Gästen besucht wurde. Weil er so arm war, gaben sie ihm 100 Silbermünzen als Geschenk.
Der Leinenweber erzählte keinem von seinem Glück. Er versteckte das Geld in einem Sack, in dem seine Frau alte Lumpen aufbewahrte.
Eines Tages, als er nicht zu Hause war, verkaufte seine Frau den Sack für ein Paar Kupfermünzen an einen Lumpensammler.
Als die Gäste ein Jahr später wiederkamen, wunderten sie sich, dass sie den Mann in noch größerer Armut vorfanden. Sie gaben ihm abermals 100 Silbermünzen.
Er versteckte die Münzen in einem Aschebehälter. Seine Frau, die nichts von dem Geld wusste, gab den Behälter einem Aschehändler im Tausch gegen ein Paar Seifenstücke.
Als die Gäste zum dritten Mal kamen, schimpften sie den Leinenweber wegen seiner Dummheit und ließen im nichts als einen Bleiklumpen.
Der Nachbar des Leinenwebers, ein Fischer, bat um den Klumpen als Senkblei. Als Dank versprach er dem Weber seinen ersten Fang.
Am nächsten Morgen brachte der Fischer einen schönen fetten Fisch. Als die Frau des Leinenwebers den Fisch zubereitete, fand sie in dessen Bauch einen ungewöhnlichen Stein.
Sie legte den Stein ins Fensterbrett. Gegen Abend begann der Stein zu schimmern. Je dunkler es draußen wurde, desto heller leuchtete der Stein.
Ein Juwelier kaufte den Stein – einen wertvollen Diamanten – für 1000 Silbermünzen.
Die Frau des Leinenwebers sagte: „Hätte ich nicht zweimal das Geld weggegeben, hätten wir weder das Blei noch den Fisch noch den Diamanten bekommen!“
Januar 1979
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Ein Waschtag! nach dem Buch „Bibi“ von Ingeborg Feustel vom Kinderbuchverlag Berlin mit Bildern von Jürgen Günther
Irgendwo in einer Stadt stand eine bunte Litfaßsäule. In ihr lebte das Mädchen Bibi mit ihrem Kater Jo. Eines Morgens sagte Bibi, dass es Zeit wäre, etwas Wäsche zu waschen. Jo, der eher faul war, meinte, dass es wahrscheinlich regnen würde. Aber Bibi blieb dabei. „Wenn du mir nicht beim Waschen hilfst, bekommst du auch keinen Kakao“, sagte sie zu ihm.
Jo stand mit einem Seufzer auf und beide gingen los, um Wasser für den Waschzuber zu holen. Sie gossen Eimer für Eimer hinein, bis er fast voll war.
Nun mussten sie wieder von vorn beginnen. Jo machte ein langes Gesicht, aber war schließlich einverstanden, Bibi zu helfen. Am Ende tranken Spatzen und Hunde ihre Füllung.
Als sie mit dem letzten Eimer zurückkamen, sahen sie das durstige Pferd aus ihrem Zuber trinken. Es trank und trank, und trottete dann davon.
Bibi entschied sich, ihre Wäsche lieber im nahgelegenen Stadtpark zu waschen. Sie holten ihren Handwagen und luden den Waschzuber und alle anderen Dinge auf.
Im Park lieferte ein Springbrunnen das nötige Wasser. Neben dem Waschzuber stand eine große Sonnenblume mit hängenden Blättern. „Sie braucht unsere Hilfe“, sagte Jo und goss die Pflanze, die dankbar ihre Blätter aufrichtete.
„Jetzt kann die Wäsche beginnen“, sagte Bibi überzeugt. Aber als der Waschzuber erneut mit Wasser gefüllt war, landete eine Ente mit ihren Jungen darin.
Um dem darin lebenden Goldfisch zu helfen, schleppten Bibi und Jo den randvollen Waschzuber zum Teich und gossen das Wasser hinein.
Sie schoben die Wäsche bis zum nächsten Tag auf und gingen nach Hause. Bald sah man Rauchwolken aus dem Schornstein der Litfaßsäule steigen, und der gelbe Mond wunderte sich, was Bibi so spät am Abend noch kochte. Natürlich Kakao! Bibi und Jo hatten ihn wirklich verdient.
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Der Goldfisch und die Enten genossen das Wasser. Bibi und Jo waren müde, aber stolz auf ihre guten Taten.
Bibi setzte alle in ihre Schürze und trug sie zum Teich. Dort sah sie mit Entsetzen, dass der Teich fast ausgetrocknet war.
April 1980
PRÄSENTIERT:
LEIPZIG
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Holzhof Verlag Dresden www.DDR-Comics.de
Vorschau
Wie jedes Jahr gehört das Sommerheft Heinz Jankofsky, und anlässlich des 20. Bandes präsentieren wir in einer besonders dicken Ausgabe seine komplette Adaption von Nimmerklug im Knirpsenland, erschienen von 1980 bis 1982 auf der Kinderseite der Neuen Berliner Illustrierten (NBI). Heft 20 der Klassiker der DDR-Bildgeschichte erscheint im August 2010.
HOLZHOF COMICS präsentiert: KLASSIKER DER DDR-BILDGESCHICHTE
vergriffen
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Restexemplare
Band 1: FLITZI
Band 2: DER SCHATZ VON FINKENRODE
Band 3: Band 4: BASIL IM DIE MATUFFLIS REGENBOGENLAND von Thomas Schmitt &
Band 5: KNOTE + KARLI
Band 6: Band 7: MÄXCHEN PFIFFIGS PLUTONIEN ABENTEUER
von Jürgen Günther
von Reiner Schwalme
von Andreas J. Mueller
von Achim Purwin
von Richard Hambach
Ulrich Sturm
von Heinz-Helge Schulze
Klassiker der DDR-Bildgeschichte
Klassiker der DDR-Bildgeschichte
Andreas J. Mueller
AUSGABE 14 FEB. 2009 6,00 Euro
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im weltraum
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HOLZHOF COMICS
Band 8: ROLF UND RUDI
Band 9: FIX UND FAX UND IHRE FREUNDE
Band 10: Band 11: MISCHA UND KALLE DIE MATUFFLIS2
von Heinz Jankofsky
von Jürgen Kieser
von Jürgen Günther
BONUS: Kurier der „Roten Feldpost“
bernd günther
HOLZHOF COMICS
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heinz JankoFsky
HOLZHOF COMICS
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HOLZHOF COMICS
Band 12: NEUES VON ROLF UND RUDI
Band 13: BASIL IM WELTRAUM
Band 14: FERIEN IM MITTELALTER
von Heinz Jankofsky
von Andreas J. Mueller
von Reiner Schwalme
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18 horst alisch
HOLZHOF COMICS
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AUSGABE 18 FEB. 2010 6, 00 E uro
5x Müller
BONUS: Zauberer Hottab
Klassiker der DDR-Bildgeschichte
Klassiker der DDR-Bildgeschichte
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AUSGABE 16 AUG. 2009 6 ,00 Euro
AUSGABE 15 Mai 2009 6,00 Euro
Klassiker der DDR-Bildgeschichte
16
AUSGABE 17 nov. 2009 6 ,00 Euro
Klassiker der DDR-Bildgeschichte
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von Thomas Schmitt & Ulrich Sturm
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FRANZ KERKA
HOLZHOF COMICS
(
Band 15: 5 x MÜLLER
Band 16: MEHR VON ROLF UND RUDI
Band 17: SPASS MIT ALI & ARCHIBALD
Band 18: Sonderband: KÄPT`N BRAMSEGELS DIE REISE ZU DEN ABENTEUER PROXIMANEN
Sonderband: Edition Günther: KLAUS UND CHOKO OTTO UND ALWIN Gesamtausgabe
von Bernd Günther
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Erhältlich, solange der Vorrat reicht, beim28Verlag oder unter
von Erich Schmitt
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