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Die Zukunft der Energie

Nr. 77 Donnerstag 22. April 2010

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Total vernetzt Wie Strom, W채rme und Internet zusammenkommen

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HB: HB - XBEILAGE1 - 1 - 77 - 22.04.10 < 1 >

FARBE: Composite - Sendetermin: 21.04.10 15:18


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KOMMENTAR DES SPONSORS

Netze für die Energie von morgen

Arndt Neuhaus, Vorstandsvorsitzender RWE Rheinland Westfalen Netz

Muhs/Caro

B

Inhalt AUFBRUCH: Auf die Energiekonzerne kommen große Herausforderungen zu. Sie müssen die Netze intelligent machen, um die Stromversorgung zu sichern. Seite 4

GRAFIK: Das Netz soll mitdenken. Damit das funktioniert, müssen die Energieversorger vor allem die Stromverteilung verbessern. Die Komponenten des Netzes. Seiten 8, 9

PERFEKTES TIMING: Moderne Haussteuerungen machen das Leben nicht nur komfortabler, sie reduzieren auch den Stromverbrauch und nutzen günstige Tarife – ganz von allein. Seite 12

KEIN ANSCHLUSS: Die Politik will den grundlegenden Umbau der Energieversorgung. Aber sie schafft es nicht, den erforderlichen rechtlichen Rahmen zu setzen. Seite 7

SELBSTREGELND: Industrie und Forscher entwickeln Techniken für das intelligente Stromnetz. Experten sehen hier einen milliardenschweren Markt. Seite 10

ABENTEUER E-MOBIL: Politik und Industrie haben sich festgelegt: Dem Elektroauto gehört die Zukunft. Aber Deutschland ist noch nicht überzeugt davon. Seite 14

Impressum Handelsblatt GmbH (V. i. S. d. P); Kasernenstr. 67, 40213 Düsseldorf; Chefredakteure: Gabor Steingart, Bernd Ziesemer; Art Director: Nils Werner; Chefin vom Dienst: Susanne Wesch; Verantwortlicher Redakteur: Jürgen Flauger; Layout: Ute Doerenkamp; Bildredaktion: Hendrik Rauch; Titelfoto: pixsil.com/Visum; Bildbearbeitung: Holger Hopp; Grafik: Jean-Philippe Ili; Autoren: Markus Fassen, Jürgen Flauger, Hans Schürmann, Klaus Stratmann; Geschäftsführung: Dr. Tobias Schulz-Isenbeck, Dr. Michael Stollarz; Anzeigenverkauf: iq media marketing, Tel.: 0211/887-0; verantwortlich für Anzeigen: Ute Wellman

ei der Energie sind Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit oberste Ziele. Sie gelten sowohl für die Erzeugung als auch für die Verteilung. Die deutschen Stromnetze sind leistungsfähig und zuverlässig, die im internationalen Vergleich geringen Ausfallzeiten belegen dies. Aber sie müssen für die Zukunft fit gemacht werden. Denn die Marktbedingungen ändern sich, die Technik wird innovativer und der Stromverbraucher flexibler – nicht zuletzt durch die demografische Entwicklung. Verantwortlich und vorausschauend handeln heißt, die Stromnetze mit Milliardeninvestitionen intelligenter zu machen. Sie müssen in der Lage sein, die Veränderung auf Angebots- und Nachfrageseite effizient zu managen. Erforderlich ist dazu ein Zusammenwachsen der Stromverteiltechnik mit neuester Informationsund Kommunikationstechnologie. Die intelligenten Netze von morgen müssen für die schwankenden Einspeisungen aus erneuerbaren Energiequellen genauso gerüstet sein wie für ganz neue Angebote, etwa die Elektromobilität. Es müssen Verbindungen von Windparks vor den Küsten bis zu den Verbrauchern gebaut und Stromspeichermöglichkeiten geschaffen werden, denn der Wind weht nicht immer dann, wenn Strom gebraucht wird. Und smarte Technologien, etwa in der Haustechnik, müssen integriert werden. Die Stromverbraucher von heute werden die kleinen Stromproduzenten von morgen sein. Zudem wird die Stromnachfrage durch moderne Raumwärmetechniken wie die Wärmepumpe und durch neue zeitabhängige Tarife zunehmend flexibler. RWE Rheinland Westfalen Netz als einer der größten Verteilnetzbetreiber in Deutschland stellt sich diesen enormen Herausforderungen und ist auf allen Feldern intelligenter Techniken an vorderster Front aktiv. So führen wir das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt „Netze der Zukunft“. Bei den Smart Metern hat RWE in Mülheim an der Ruhr das bundesweit größte Pilotprojekt aufgelegt. Im Ergebnis werden alle intelligenten Techniken einen wichtigen Beitrag leisten für sparsameren Energieverbrauch und den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien. Damit unterstützen wir nachhaltig das Ziel einer klimaverträglichen, effizienten und langfristig sicheren Energieversorgung.


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Aufbruch in die intelligente Energiewelt

Die Stromversorger stehen vor großen Herausforderungen. Durch den Boom der erneuerbaren Energien und die Einführung des Elektroautos werden Angebot und Verbrauch immer schwieriger zu prognostizieren. Intelligente Netze sollen den Stromfluss effizient steuern. chen Säulen und in privaten Garagen geladen werden. Und dank der Förderung durch Bundesregierung und EU-Kommission wird Strom immer mehr aus schwer zu prognostizierenden erneuerbaren Quellen produziert. Vor allem aber wird er zunehmend dezentral eingespeist: Mit Solaranlagen auf Dächern und Mini-Blockheizkraftwerken werden Privathaushalte zu Stromerzeugern. „Wenn man das mit dem Straßenverkehr vergleicht, wird in verkehrsberuhigten Wohnstraßen ein reger Versandhandel aufgebaut, der durch intelligente Ampeln geregelt werden muss“, beschreibt Arndt Neuhaus – Chef der RWE Rheinland Westfalen Netz AG, die die Verteilnetze des Konzerns managt – die Herausforderungen, die auf die Netzbetreiber zukommen.

„Das Energienetz wird interaktiver und wesentlich intelligenter – an diversen Stellen verschmelzen Internet und Energienetz sogar.“ Lars Thomsen Zukunftsforscher, Future Matters

Natürlich könnten diese auch gelöst werden, wenn die Versorger einfach stärkere Leitungen verlegen. Aber vor allem in Städten, in denen dafür Straßen aufgerissen werden müssten, wäre das schlicht zu teuer. Und ineffizient. Eine intelligentere Steuerung des Stromflusses spart daher Strom und senkt die Kosten. Daher wird sie von der Bundesregierung gefördert. Im Koalitionsvertrag haben Union und FDP eigens festgehalten, dass sie „die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine flächendeckende Modernisierung der Energienetze zu intelligenten Netzen weiterentwickeln und die Verbindung der Stromnetze mit Informationsund Kommunikationstechnik zu einem Element des effizienten Netzbetriebs machen“. Und für die Bundesnetzagentur sind Smart Grids „eine Lebensader der Wirtschaft“.

Der Aufbau des Smart Grid wird zwar günstiger sein, als die Kapazitäten einfach zu vergrößern, aber auch er wird teuer – auch wenn sich der konkrete Bedarf noch schwer abschätzen lässt. Nach den Worten von EonChef Wulf Bernotat sind bis 2020 allein in Deutschland 20 Milliarden Euro nötig, um das intelligente Netz aufzubauen. Das Marktforschungsunternehmen Trendresearch prognostiziert für denselben Zeitraum ein Marktvolumen für Smart-Grid-relevante Technologien von insgesamt 27 Milliarden Euro – vor allem für Endgeräte sowie Informations- und Kommunikationstechnologie. Zähler und Netzsteuerung werden bereits fleißig erprobt. Die Billigtochter von Energie Baden-Württemberg (EnBW), Yello, bietet ihren Kunden auf Wunsch und gegen Bezahlung die sogenannten Sparzähler an, mit denen sie ihren Stromverbrauch am Computer verfolgen können. Im Gegensatz zum bisherigen Standard, bei dem der Zählerstand in der Regel einmal im Jahr abgelesen wird, haben die Kunden eine permanente Kontrolle und können große Stromfresser erkennen und entsprechend reagieren. RWE hat 2008 begonnen, erstmals eine große Stadt – Mühlheim an der Ruhr – mit Zählern auszustatten, die elektronisch und aus der Ferne ausgelesen werden. Bis Ende 2011 erhalten über 100 000 Haushalte neue Stromzähler, mit denen sie ihren Energieverbrauch monatlich im Internet kontrollieren können – auf Wunsch auch häufiger. Etwa ein Viertel davon sind bereits installiert. RWE investiert dafür 30 Millionen Euro, für die Haushalte ist der Austausch kostenlos. Noch profitiert von der Installation vor allem der Versorger, der sich das mühsame Ablesen durch einen Servicemitarbeiter spart und umfangreiche Daten sammelt. Die Kunden müssen mühevoll ihren Verbrauch beobachten und testen, wie sie ihn beeinflussen können. Erst wenn die Zähler mit einer ausgeklügelten Hausautomatisierung verbunden sind, wird das Energiesparen komfortabel. Doch zuvor gibt es zahlreiche Probleme zu lösen. So muss der Datenschutz gewährleistet sein. Vor allem aber steht der Preis einer flächendeckenden Einführung entgegen. Heute kostet ein intelligenter Zähler

Struktur der Bruttostromerzeugung, Anteile in %

3,6

31,1

47,0

17,0

5,5 6,5

1,0 Erzeugung 1990

25,6

Handelsblatt

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Prognose 2020

27,7

Braunkohle Kernenergie

Martin Moxter/Bildstelle

W

enn morgens die Lichter angehen, die Kaffeemaschinen brodeln und die Toaster rösten, geht das Gefrierfach vom Netz. Wie an jedem Morgen, wenn Deutschland aufwacht und der Stromverbrauch rapide steigt, setzt die kleine Box im Keller den Kühlschrank auf Schlummerbetrieb – vorübergehend, bis alle aus dem Haus sind. Der elektronische Zähler leistet tagtäglich Schwerstarbeit. Er übermittelt dem Netzbetreiber permanent, wie viel Strom der Haushalt gerade verbraucht und wie viel Strom die Solaranlage auf dem Dach in das Netz einspeist. Er steuert einzelne Geräte, die nicht ständig auf Strom angewiesen sind, dann an, wenn der Verbrauch sonst gering und günstig ist. Nachts sorgt der Zähler dafür, dass das Elektrofahrzeug in der Garage genügend Strom bekommt, damit der Hausbesitzer am nächsten morgen zur Arbeit fahren kann. Mit seinem Handy kann der Hausbesitzer die Anlage von unterwegs steuern, ihr mitteilen, wann er nach Hause kommt und die Heizung die gewünscht Temperatur erreicht haben soll. Der Versorger wiederum kann dank der Daten, die er aus Millionen Haushalten erhält, seine Kraftwerke punktgenau hoch- und runterfahren. So in etwa soll die Energiewelt im Jahr 2020 aussehen. Sie ist intelligenter geworden, smarter. Intelligente Stromzähler – neudeutsch Smart Meter – hängen in den meisten Haushalten und sind die Schnittstelle für die Kommunikation der Verbraucher mit den Versorgern; intelligente Netze – Smart Grids – sorgen dank der umfangreichen Daten, die die Zähler liefern, für einen effizienten Ausgleich von Angebot und Nachfrage; und eine intelligente Haustechnik – Smart Home – nutzt die Zähler, um kostengünstig und komfortabel die elektrischen Geräte in Privathaushalten zu steuern. Das intelligente Trio wird unverzichtbar sein: Nur mit der intelligenten Steuerung wird das Netz überhaupt stabil Strom liefern. Denn 2020 wird der Verbrauch viel stärker schwanken, als er das jetzt schon tut – aber genauso wird das Angebot schwanken. Dann sollen mehr als eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen fahren, die unregelmäßig an öffentli-

Die Zukunft wird öko

5,0

Steinkohle Erdgas

11,0

19,0

Erneuerbare Energie Sonstige

Quellen: AG Energiebilanzen, Bundesverband Windenergie (Prognose)

150 bis 200 Euro. Damit die Technik sich durchsetzen kann, müsse der Preis auf ein Viertel sinken, schätzen Branchenexperten. Dafür sind wiederum hohe Stückzahlen nötig. Die Versorger müssen auf jeden Fall schrittweise vorgehen und das intelligente Netz zuerst in Ballungszentren aufbauen. Zukunftsforscher Lars Thomsen von der Schweizer Unternehmensberatung Future Matters ist aber zuversichtlich, dass sich die Energiewelt tatsächlich verändern wird. Nach seinen Worten folgt das Energienetz einer ähnlichen Entwicklung wie einst das Internet: „Es wird interaktiver und wesentlich intelligenter – an diversen Stellen verschmelzen Internet und Energienetz sogar.“ Für die Energieversorger ergeben sich Chancen und Herausforderungen gleichermaßen. Wer frühzeitig in smarte Technologien investiert, kann seine Kosten senken und sich Wettbewerbsvorteile verschaffen. Mit Zählern und Hausautomatisierung lassen sich neue Tarife entwickeln, und es können die Kunden belohnt werden, die ihre Geräte entsprechend dem Stromangebot steuern lassen. Eine Gefriertruhe muss schließlich nicht permanent am Netz hängen. Mit Smart-Home-Produkten kann der Versorger sogar am Energiesparen Geld verdienen. Er hilft dem Kunden, seinen Verbrauch zu senken, und lässt sich die Dienstleistung bezahlen. Und die Elektromobilität birgt ohnehin ein hohes Umsatzpotenzial. Zukunftsforscher Thomsen schätzt, dass Versorger, die die neuen Möglichkeiten nützen, im Privatkundensegment ihren Umsatz pro Haushalt verdoppeln können – vornehmlich durch elektrische Mobilitätsangebote,

Finanzierungsdienste, Datendienste und zielgruppenspezifische Service-Pakete. Allerdings ist der Innovationsdruck auf die Branche hoch. Die neuen Möglichkeiten locken schließlich auch Unternehmen aus Branchen an, die im Geschäft mit Datentransfer und Netzsteuerung Erfahrung haben: Netzausrüster und Telekommunikationskonzerne etwa. Die könnten sich vor allem kleinen kommunalen Netzbetreibern als Partner anbieten, denn die stoßen bei der Modernisierung der Energieversorgung an ihre finanziellen Grenzen. Beispiel Friedrichshafen am Bodensee: Hier kooperiert der lokale Versorger, die Technischen Werke Friedrichshafen, mit der Deutschen Telekom. In den Stadtteilen Oberhof und Windhag testet die Telekom in der T-City praktisch nutzbare Telekommunikationsanwendungen, darunter auch intelligente Strom- und Gaszähler. Im Herbst haben die Partner in 1 400 Haushalten Minicomputer installiert, die viertelstündlich über das Mobilfunknetz die Stromverbrauchsdaten an den Kommunalversorger übermitteln. Der Kunde kann diese jederzeit über das Internet einsehen und spart, wenn er Geräte am Abend und am Wochenende nutzt. Dann ist der Strom um bis zu 20 Prozent günstiger. Der Kommunalversorger wiederum kann die Daten nutzen, um seine Kraftwerke optimal zu steuern und letztlich sogar aktiv den Stromverbrauch zu beeinflussen. Im Testgebiet stehen mehrere alternative Energiequellen – ein Blockheizkraftwerk, eine Brennstoffzellen- und eine Photovoltaikanlage sowie drei kleine Flusskraftwerke. Die Solaranlage und die Wasserkraftwerke liefern wetterabhängig unregelmäßig Strom. Mit den Mini-Computern kann der Versorger den Verbrauch der Kunden an das Angebot angleichen. Ein Rechner ist beispielsweise an die Waschmaschine eines Friseursalons angeschlossen und schaltet diese nur noch an, wenn nachts besonders viel Strom zur Verfügung steht. Den Datentransfer, das Managen der enormen Mengen an Information übernimmt die Telekom mit ihren Servern. Das Geschäftsmodell des Konzerns besteht dabei in einer Grundgebühr für den Einbau der Mini-Computer und einem monatlichen Entgelt, das davon abhängt, wie oft der Versorger die Daten erfassen will. Noch ist die neue Energiewelt auf wenige Testregionen beschränkt. Aber spätestens 2020 – da sind sich die Experten einig – werden fast alle Bürger an das intelJürgen Flauger ligente Stromnetz angeschlossen sein.

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Strom speichern: Pumpspeicherkraftwerk Ein wichtiger Bestandteil des Stromnetzes der Zukunft werden Speicher sein, denn die Energie wird immer unregelmäßiger produziert, und auch die Stromabnahme schwankt immer stärker.

Funktion Schon heute wird mit Hilfe von Pumpspeicherkraftwerken im Höchstspannungsnetz Strom gespeichert. Ist ein Stromüberschuss im Netz vorhanden – etwa in der Nacht –, wird Wasser mit dieser Energie bergauf in ein Haltebecken gepumpt. Herrscht Strommangel, schießt das Wasser durch die Rohre wieder ins Tal und treibt dabei Turbinen an, die Energie produzieren. Kapazität Weltweit dominiert diese Art der Energiespeicherung. In Deutschland gibt es derzeit 33 Anlagen. Damit ist die Kapazität fast ausgeschöpft. Vorteile Ein Pumpspeicherkraftwerk hat eine sehr hohe Leistung und erreicht seine Höchstleistung innerhalb weniger Minuten, braucht also keine langen Anlaufzeiten. Pumpspeicherkraftwerke sind daher „schwarzstartfähig“, das heißt, sie können genutzt werden, um andere Kraftwerke nach einem Totalausfall wieder hochzufahren. Der Preis der produzierten Energie pro Kilowattstunde ist niedrig. Nachteile Pumpspeicherkraftwerke produzieren weniger Energie, als sie beim Hochpumpen verbrauchen. Umweltschützer kritisieren zudem den schweren Eingriff in die Landschaft: Es müssen zwei große Speicherbecken in Hanglage gebaut und mit Rohren verbunden werden.

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Kein Anschluss Die Politik will den grundlegenden Umbau der Energieversorgung. Die Bundesregierung tut sich allerdings schwer, den erforderlichen rechtlichen Rahmen zu schaffen.

„Bis 2020 will die Energiewirtschaft ohne staatliche Hilfen rund 40 Mrd. Euro in das Stromnetz investieren.“ Hildegard Müller Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

auf erbitterten Widerstand; langwierige Rechtsstreitigkeiten verzögern die Umsetzung dann weiter. Die Mehrkosten für die Erdkabel werden auf alle Netzbetreiber umgelegt und landen damit letztlich bei den Stromkunden. Auch aus der vergangenen Legislaturperiode stammt das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz. Es hat Rechtssicherheit für die Netzanbindung von OffshoreWindparks gebracht und den Verwaltungsrechtsweg für bestimmte Infrastrukturprojekte verkürzt. Der Ausbau der Netze ist die Voraussetzung dafür, dass der rasant wachsende Windstromanteil in Nord- und Nordostdeutschland in die Verbrauchszentren im Westen und Süden der Republik gelangen kann. Wenn der Ausbau der Windkraft in Nord- und Ostsee richtig begonnen hat, steigen die Anforderungen an die Netze weiter. Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) – zur einen Hälfte im Eigentum des Bundes, zur anderen im Eigentum von KfW, DZ Bank, Deutscher Bank und Allianz – hatte vor fünf Jahren eine Netzstudie vorgestellt, die zum Ergebnis kommt, dass in den nächsten Jahren neue Verbundnetzleitungen mit einer Länge von 850 Kilometern gebaut werden müssen. Bislang sind davon nach Angaben von DenaChef Stephan Kohler gerade 200 Kilometer realisiert. Allerdings sind das laut Kohler alles Teilstücke bestimmter

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vario images/Marcus Vetter

W

o immer man Manager der Energiebranche trifft, wird ein Problem zum zentralen Gesprächgegenstand: Man wolle massiv in den Ausbau der Stromnetze investieren, stoße aber in den Genehmigungsverfahren oft an schier unüberwindbare Hürden, klagen die Unternehmensvertreter. Der dringend erforderliche Aus- und Umbau der Netze, eine der zentralen Voraussetzungen für den Umbau der Energieversorgung, kommt daher nicht voran. Dabei ist Eile geboten. Schon jetzt stoßen die Netze oft an ihre Grenzen. „Bis 2020 will die Energiewirtschaft ohne staatliche Hilfen rund 40 Mrd. Euro in das gesamte deutsche Stromnetz investieren. Die Unternehmen wollen handeln und investieren, aber man muss sie lassen“, sagt Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Bislang müssen die Unternehmen oft sehr lange warten, ehe sie handeln dürfen. Ein Beispiel: Der Netzbetreiber Transpower bekam 2009 die Genehmigung für den Bau einer Stromleitung in Hessen – 15 Jahre nach Einreichen der Anträge. Der Netzausbau ist das Nadelöhr. Nur wenn die Netze sich verändern, kann der Ausbau der erneuerbaren Energien voranschreiten, können die europäischen Strommärkte stärker zusammenwachsen, kann die Stromversorgung dezentraler werden. Immerhin hat sich die Situation in der vergangenen Legislaturperiode leicht verbessert: Die große Koalition hat im Sommer 2009 das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) verabschiedet. Es schafft die Möglichkeit, auf vier Trassen Höchstspannungsleitungen teilweise unterirdisch zu verlegen. Das ist zwar wesentlich teuerer als der Bau einer herkömmlichen Freileitung, soll aber die Akzeptanz der Projekte erhöhen. Denn die stoßen vor Ort oft

Leitungen, es gibt noch keine durchgehende neue Verbindung. Die Situation sei sehr unbefriedigend. Noch in diesem Jahr will die Dena ihre Netzstudie II präsentieren. Da der Zubau der erneuerbaren Energien rascher voranschreitet als 2005 angenommen, dürften deren Ergebnisse noch alarmierender ausfallen. „Schon jetzt ist klar, dass wir erheblich mehr neue Leitungen brauchen, als in der ersten Studie prognostiziert“, sagt Kohler. Auch die schwarz-gelbe Koalition sieht die Probleme beim Neubau von Leitungen. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und FDP dem Thema einen kurzen Passus gewidmet: Der Investitionsstau im Ausbau der Energienetze müsse aufgelöst werden, heißt es dort. Und weiter: „Wir werden eine weitere Beschleunigung der Planungsverfahren im Leitungsbau angehen.“ Taten folgten nicht. Dass die Netze immer häufiger an den Rand ihrer Kapazitäten kommen, wurde Ende 2009 deutlich: Am zweiten Weihnachtsfeiertag liefen fast alle deutschen Windräder rund um die Uhr auf Hochtouren und produzierten mehr als erforderlich. Der Preis für Windstrom fiel ins Bodenlose, der Netzzustand war kritisch. Auch Tage, an denen die Windräder deutschlandweit so gut wie keinen Strom liefern, sind nicht selten. Die Netzbetreiber stellt diese extreme Volatilität vor große Probleme. Sie müssen in jedem Fall dafür sorgen, dass die Spannung erhalten bleibt. Kann die Politik etwas gegen die schwankende Windstromproduktion tun? Ja, indirekt zumindest. Sie kann Anreize schaffen, das Öko-Strom-Aufkommen zu verstetigen. Das Thema wurde in der vergangenen Legislaturperiode diskutiert – und auf unbestimmte Zeit vertagt. Grundsätzlich kann man beispielsweise verschiedene erneuerbare Energieträger intelligent verknüpfen. „Wenn sich die Betreiber von Windkraft-, Photovoltaik-, Biogas-, Wasserkraft- oder Geothermieanlagen mit Speichern zusammenschließen und sich verpflichten, den Strombedarf verlässlich und stetiger zu decken, so muss das für die Investoren im Markt finanzierbar sein. Dafür ist eine rechtliche und wirtschaftliche Grundlage notwendig“, heißt es beim Bundesverband Windenergie. Aber im Moment fasst niemand das Thema an. Auch die Stromspeicherung wird von der Politik eher stiefmütterlich behandelt. Experten gehen davon aus, dass die Energiebranche in den kommenden Jahren zweistellige Milliardenbeträge in den Bau von Stromspeichern investieren muss, die als Puffer für das volatile Ökostrom–Aufkommen dienen. Neben bewährten Technologien wie Pumpspeicherkraftwerken wird an Druckluftund großen Batteriespeichern gearbeitet. Die Bundesregierung unterstützt solche Aktivitäten mit Forschungsgeldern. Ein schlüssiges politisches Gesamtkonzept für die Klaus Stratmann Speicherung fehlt jedoch.

Strom speichern: Druckluftspeicherkraftwerk Funktion Druckluftspeicherkraftwerke nutzen die Energie, die in verdichteter Luft steckt. Kompressoren drücken Luft in dichte Salzstöcke. Bei hohem Strombedarf wird diese Luft auf Turbinen geleitet, die Energie produzieren. Allerdings muss die Luft dabei erwärmt werden, sonst vereisen die Turbinen. Kapazität Bisher gibt es nur ein solches Kraftwerk in Deutschland und eines in den USA. Dort wird ein zweites geplant. Das Kraftwerk in Elsfleth bei Bremen ist seit 1978 in Betrieb und speichert die überschüssige Energie des Kernkraftwerks Unterweser. Das in McIntosh/Alabama arbeitet seit 1991. Vorteile Druckluftspeicherkraftwerke erreichen eine hohe Leistung, und es erreicht seine Höchstleistung schon nach etwa zehn Minuten. Nachteile Der Wirkungsgrad dieser Kraftwerke ist sehr niedrig, die Energieproduktion extrem teuer. Daher werden sie nur in Notsituationen gestartet. Zudem hängt ihr Bau an geologischen Gegebenheiten, sie können nicht überall gebaut werden.

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Das Netz, das mitdenkt

Die Anforderungen an die Stromverteilung nehmen zu. Wie die Produzenten und die Konsumenten miteinander verbunden sind.

Braunkohlekraftwerk Jänschwalde: Das Kraftwerk des Versorgers Vattenfall Europe kommt auf eine installierte Leistung von 3000 MW.

PRODUKTION

VERTEILUNG

VERBRAUCH

Bruttostromerzeugung

Großkraftwerke

Speicher

Energieverbrauch

Anteile in Prozent

Liefern Strom vor allem für die Grundlast. Einzelne Kraftwerke können flexibel hoch- oder runtergefahren werden, um Angebot und Nachfrage im Netz auszugleichen.

Energieüberschüsse, die während Zeiten geringeren Stromverbrauchs erzeugt werden, könnten künftig gespeichert werden. Verschiedene Speichermedien sind im Test.

Anteile in Prozent

24,5 17,0 22,6 1,0 18,3 19,0 12,9 11,0 15,6 47,0

6,1 5,0

Braunkohle

2009 2020*

1990

Kernenergie

25,1

2000 29,8

25,1

42,2 28,0

Steinkohle

Stromfluss

Erdgas

Datenfluss

Erneuerbare Energie davon: Wasserkraft: 5,0

Windkraft: 25,0

Photovoltaik: 7,0

Geothermie: 1,0

Biomasse: 9,0

Sonstige

Stromproduktion

Übertragungsnetz

Industrie

Höchstspannungsleitungen transportieren den Strom über weite Strecken überregional. Dieses Netz ist in Deutschland gut 35700 Kilometer lang; das gesamte Stromnetz ist rund 1,78 Mio. Kilometer lang – viereinhalb Mal so lang wie die Strecke von der Erde zum Mond.

Die Industrie ist der größte Stromabnehmer. Einige Unternehmen betreiben auch eigene Kraftwerke.

700

Verteilnetz

Privatkunden

Vor allem Kraftwerke, die mit erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne betrieben werden, speisen – abhängig vom Wetter - unregelmäßig Strom ein. Je mehr solche Kraftwerke entstehen, umso größer sind die Anforderungen ans Netz.

In den Regionen wird der Strom mit niedrigerer Spannung verteilt. Bislang war der Aufwand zum Regeln des Stromflusses gering, das wird sich durch neue Stromlieferanten und Speichermöglichkeiten ändern. 1,16 Mio. Kilometer ist das Netz lang, das die lokale Stromversorgung von Haushalten, kleinen Betrieben und der Landwirtschaft sicherstellt, weitere 580 000 Kilometer versorgen lokale Versorger, die Industrie und größere Betriebe mit Strom.

Haushalte treiben vor allem tagsüber und in den Abendstunden den Stromverbrauch in die Höhe. Der Verbrauch muss über intelligente Stromzähler besser erfasst werden.

Prognose*

650 600 550

Verkehr Haushalte Gewerbe

Verkehr Haushalte Gewerbe

2010

2020

29,0

Dezentrale Energiequellen

Bruttostromproduktion in Mrd. kWh

40,8 30,2

Verkehr Haushalte Gewerbe

29,6

40,6 29,6

Verkehr Haushalte Gewerbe

Stromverbrauch Nettostromverbrauch in Mrd. kWh 600

Netzleitzentren

Elektromobilität

Schon jetzt regeln die Betreiber Transpower (Tennet), Amprion (RWE), EnBW und 50Hertz (Elia) den Fluss in den Höchstspannungsleitungen.

Bis 2020 sollen eine Million Elektroautos allein in Deutschland auf die Straße und dafür Ladesäulen installiert werden. Diese ziehen unregelmäßig Strom aus dem Netz.

Prognose*

550 500 450

500

Verkäufe von Hybrid- und Elektroautos in Europa, in Mio. (Schätzung)

450

16,2

400 350 300 250 200

Ab 2010: Prognosen**

49,8

1970

Privathaushalte

Netzkontrollstellen

Haushalte produzieren Strom zunehmend auch selbst – etwa über Solardächer oder in Blockheizkraftwerken – und speisen diesen ins Netz.

Künftig müssen auch in Verteilnetzen Verbrauch und Einspeisung von Strom genauer gemessen und der Fluss geregelt werden.

400 350

3,3 ’08 ’10

’15

300 ’20

’25

250 200

2020

1970

Handelsblatt | Grafik: Jean-Philippe ILI | Quellen: HB-Research: Heike Nabert de Lobo, AG Energiebilanzen, Destatis, CAR Uni Duisburg-Essen, Prognosen: *Bundesverband Windenergie, **Prognos/EWI | Foto: Micha hael Helbig/dpa

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2020


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„Das Stromnetz wird interaktiv“ Künftig entscheidet der Zähler, ob der Strompreis gerade niedrig genug ist, um das Auto zu laden. Und Versorger senken den Preis, wenn sie mal zu viel produzieren.

Handelsblatt: Herr Thomsen, steht der Energiemarkt vor einer Zeitenwende? Lars Thomsen: Auf jeden Fall. Das Stromnetz wird sich in den kommenden 500 Wochen, also bis 2020, radikal verändern.

HB: Inwiefern? Thomsen: Es wird mit dem Internet verschmelzen. Bislang ist die Struktur des Stromnetzes doch simpel, es dient nur der Verteilung des produzierten Stroms. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich daran – trotz der Liberalisierung des Marktes – nichts getan. Jetzt muss es interaktiv werden.

HB: Was heißt das konkret? Thomsen: Das Internet bietet die Möglichkeit jedes einzelne Gerät, das einen Stromanschluss hat, anzusteuern – und man wird die Möglichkeiten auch nutzen. In zehn Jahren wird man von unterwegs per iPhone kontrollieren können, ob im Kühlschrank noch Milch ist. Man wird über das Internet aber auch den Stromverbrauch steuern können. HB: Können Sie das mit einem Beispiel erläutern? Thomsen: Das Elektroauto in der Garage wird selbstständig mit dem Zähler im Keller kommunizieren, der wiederum über das Internet die aktuellen Stromtarife erhält. Gibt es am Markt ein Überangebot an Strom, weil sich beispielsweise besonders viele Windräder drehen,

Lars Thomsen Trendsuche Lars Thomsen ist Gründer und Chief Futurist von Future Matters. Das in Zürich beheimatete Büro für Innovation und Zukunftsforschung versucht, die Megatrends der nächsten fünf bis zehn Jahre aufzuspüren. Future Matters berät Unternehmen und Institutionen über Trends, Veränderungen in der Arbeitswelt und die Entwicklung von Zukunftsmärkten. Thomsen arbeitet für alle Branchen von der Energieversorgung über Pharma und Dienstleistungen bis zur Automobilindustrie. Zukunftsforscher Der 41-Jährige hat Informationswissenschaften studiert und ist neben seiner unternehmerischen Tätigkeit unter anderem Dozent für digitales Marketing an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing sowie Mitglied der wissenschaftlichen Gesellschaft World Future Society in Washington. Thomsen beschäftigt sich neben der Zukunft der Energieversorgung unter anderem auch mit der Entwicklung der Unternehmenskultur, Medien und Marketing im 21. Jahrhundert und der Mobilität im Umbruch.

wird der Versorger den Preis senken. Das Programm im Zähler wird selbstständig entscheiden, dass es jetzt günstig ist, das Auto zu laden. Bisher muss der Mensch entscheiden, wie er Strom und Geld sparen kann. Künftig übernimmt das das Netz. Es wird eben intelligent.

Strom speichern: Akkumulator

HB: Braucht der Verbraucher denn intelligente Kühlschränke? Thomsen: Das ist eine Altersfrage. Es wächst eine Generation zu Konsumenten heran, die in der digitalen Welt großgeworden ist. Für meine Tochter wird es ganz normal sein, in zehn Jahren per iPhone ihren Kühlschrank zu kontrollieren. Außerdem wird die Hemmschwelle sinken, weil sich die Mehrkosten für intelligente Geräte deutlich verringern werden. HB: Ist Smart Energy denn ein großer Markt? Thomsen: Ja, wir glauben, dass der weltweite Markt für Smart-Energy-Produkte – beispielsweise die Zähler und die Abrechnungssoftware – fünf Mal so groß sein wird wie der Umsatz der deutschen Autoindustrie. Allein das Potenzial der Elektromobilität wird noch unterschätzt. Wenn sich die Versorger hier engagieren, können sie ihren Umsatz pro Haushalt verdoppeln. HB: Vor welche Herausforderungen stellt die Entwicklung die Energieversorger? Thomsen: Vor große. Hier prallen zwei Branchen aufeinander, die eine völlig unterschiedliche Innovationsgeschwindigkeit haben. Stromkonzerne planen in Zeiträumen von zehn, 20 oder sogar 30 Jahren. Internetfirmen denken in einem, zwei, maximal drei Jahren. Die Versorger müssen also schneller werden. HB: Werden sich die Marktverhältnisse verschieben? Thomsen: Ja, wer sich schnell auf die neue Welt einstellt, kann sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Kunden werden zu Anbietern wechseln, die die neuen Dienste im Programm haben. Die Versorger müssen aber ganz neu denken – vielen wird das schwer fallen. HB: Konkurrieren sie denn auch mit Internetanbietern? Thomsen: Natürlich werden die Energieunternehmen auch weiterhin den Strom bereitstellen und daran verdienen. Aber das Geschäft mit den Diensten, etwa die Steuerung intelligenter Kühlschränke, können auch andere übernehmen. Ich bin sicher, dass wir in zehn Jahren Weltunternehmen haben werden, die ein Riesengeschäft mit Smart Energy machen. Ich kann Ihnen nur noch nicht sagen, wie die heißen. Das sind jetzt noch junge Start-ups – genauso wie vor zehn Jahren, als sich das Internet verbreitete. HB: Unterschätzen die Versorger die Konkurrenz? Thomsen: Vor zehn Jahren haben die Telekomkonzerne auch gelassen auf die Entwicklung des Internets geschaut. Schließlich hatten sie ja die Infrastruktur. Sie konzentrierten sich darauf, die Einwahl bereitzustellen und daran zu verdienen. Das große Geld haben aber die gemacht, die Dienste anbieten, wie Amazon und Google. HB: Droht Deutschland, den Anschluss zu verlieren? Thomsen: Ja, es wird zwar hier zu Lande immer mehr über Smart Energy geredet, aber richtig in Schwung kommt das Thema nicht. Hier wird die Geschwindigkeit, mit der das intelligente Netz kommen wird, unterschätzt. Das war beim Internet ja auch schon so. In Asien und den USA ist das ganz anders. Wenn die Deutschen in den nächsten zwei, drei Jahren nicht Gas geben, werden sie den Anschluss verlieren.

Funktion Akkumulatoren – oder Batterien – speichern elektrische Energie durch Umwandlung in chemische. Sie enthalten in der Regel Metallverbindungen mit Blei, Nickel, Zunk, Cadmium oder Lithium. Die Akkus sind in elektrischen Geräten schon heute überall im Einsatz, auch in einigen stationären Anlagen werden sie genutzt, etwa zur Erzeugung von Notstrom.

Paul Langrock/laif

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pätestens in zehn Jahren wird das Stromnetz intelligent sein – und mit dem Internet verknüpft. Wenn die Versorger nicht schnell reagieren, werden aber Konkurrenten aus anderen Branchen das große Geschäft machen, meint der Trend- und Zukunftsforscher Lars Thomsen, Inhaber der Unternehmensberatung Future Matters in Zürich. Im Gespräch mit Handelsblatt-Redakteur Jürgen Flauger erläutert er seine Prognose.

Vorteile Akkus sind gut mobil einsetzbar.

Es regelt sich selbst Industrie und Forscher entwickeln Techniken für das intelligente Stromnetz. Experten sehen hier einen milliardenschweren Markt.

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tromnetze werden intelligent. Wenn an der Nordsee eine steife Brise weht und sich die Windräder ununterbrochen drehen, springen in Cuxhaven die Aggregate eines Kühlhauses an und kühlen es herunter – bis auf minus 25 Grad. Die Energie wird in Form von Kälte gespeichert, die erst dann wieder abgegeben wird, wenn der Wind nachlässt. Erneuerbare Energien stellen die Versorger vor ein Problem: Wind- und Solarkraftwerke erzeugen nur dann viel Strom, wenn es kräftig weht oder die Sonne scheint. Um Strom aus solchen Anlagen besser managen zu können, sollen Photovoltaikanlagen, kleine Wasserkraftwerke, Windkraft- und Biogasanlagen zu virtuellen Kraftwerken zusammengeschlossen werden, die als zentrale Kraftwerke im Gesamtnetz agieren. Auch das Cuxhavener Kühlhaus ist Teil eines solchen virtuellen Kraftwerks. Es wirkt als Puffer, nimmt überschüssige Energie im Regelkreis auf und sorgt dafür, dass das virtuelle Kraftwerk Energie konstant in das Stromnetz einspeisen kann. Der Energieversorger EWE und der Fraunhofer-Verbund Energie testen das Konzept zusammen mit weiteren Projektpartner im Rahmen des bundesweiten E-Energy-Forschungsprojektes. In insgesamt sechs Regionen laufen derzeit ähnliche Tests, die den Aufbau eines bundesweiten intelligenten Stromnetzes zum Ziel haben. Viele der Projekte gingen im Herbst vergangenen Jahres in die heiße Phase. Zigtausende Haushalte und Hunderte Unternehmen arbeiten an den Feldversuchen mit, die bis 2011 laufen und mit ihren Ergebnissen den Aufbau eines sogenannten Smart Grids

voranbringen sollen. Erforscht werden dabei Häuser, die den eigenen Stromhaushalt weitgehend automatisch managen, sowie Energiebörsen, an denen Verbraucher selbstproduzierten Ökostrom möglichst gewinnbringend verkaufen können. Die intelligenten Stromnetze sollen den Stromverbrauch künftig so steuern, dass extreme Spitzenlasten vermieden werden können, etwa am Morgen gegen acht Uhr, mittags, wenn Essen gekocht wird, oder abends ab 17 Uhr, wenn die meisten Berufstätigen nach Hause kommen. Verteilt sich der Verbrauch gleichmäßig über 24 Stunden, sind auch die Kraftwerke der Versorger gleichmäßiger ausgelastet. Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste und des Fraunhofer-Verbunds Energie lassen sich allein durch eine Verschiebung des Stromverbrauchs in privaten Haushalten während der Spitzenzeiten rund zehn Terawattstunden pro Jahr einsparen – was der Kapazität von zehn bis 15 großen Kohlekraftwerken entspricht.

„In Zukunft muss das Netz einen bidirektionalen Stromfluss gewährleisten können.“ Peter Bretschneider Fraunhofer-Anwendungszentrum AST

Es werden Testumgebungen installiert, in denen die Teilnehmer alle Ebenen der komplexen Energiesysteme modellieren und in der Praxis in alle Richtungen untersuchen können. „Bisher floss der Strom immer nur in eine Richtung – vom Kraftwerk zum Verbraucher –, in Zukunft muss das Netz einen bidirektionalen Stromfluss gewährleisten können“, sagt Peter Bretschneider vom Fraunhofer-Anwendungszentrum AST in Ilmenau. Und das sei für alle Projektteilnehmer Neuland. Das Stromnetz müsse eine möglichst flexible Plattform für den freien Energiehandel bieten – für alle Marktteilnehmer. Es müsse stark fluktuierende und nur schlecht prog-

nostizierbare regenerative Einspeisungen aufnehmen und auch bei großen Belastungen zuverlässig arbeiten, beschreibt Bretschneider die Herausforderungen. Diese gestiegenen Anforderungen lassen sich nur mit dem Einsatz moderner Informations- und Kommunikationssysteme meistern. Experten sind sich sicher: Die intelligenten Stromnetze werden die Stromversorgung ebenso stark verändern, wie das Internet die Kommunikation umgekrempelt hat. Der Aufbau solch intelligenter Netze ist Bestandteil vieler Konjunkturprogramme weltweit. Allein die US-Regierung will hier in den nächsten Jahren rund drei Milliarden Euro investieren. Die Welt braucht intelligente Stromnetze, um den wachsenden Energiebedarf auf umweltschonende und zuverlässige Art zu decken. Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge werden bis 2030 Investitionen in Höhe von rund 400 Milliarden Euro für neue, intelligente Stromnetze in Europa notwendig. Laut IT-Experten hat sich die Technik, mit der das Energienetz der Zukunft gesteuert werden kann, längst in der Praxis bewährt, etwa im Mobilfunk. Zahlreiche Unternehmen der Branche stehen in den Startlöchern, um ihre Software und Geräte in die neue Umgebung zu übertragen. Viele von ihnen arbeiten bereits bei den E-Energy-Projekten mit Stromriesen wie EnBW, RWE und Vattenfall zusammen: Konzerne wie Cisco, Google, Hewlett-Packard (HP), Siemens, SAP und IBM. Während Deutschlands größter Softwarekonzern SAP und die IT-Riesen IBM und HP die Stromversorger bei der Speicherung und Auswertung der riesigen Datenmengen unterstützen, die künftig regelmäßig von den digitalen Stromzählern beim Verbraucher an den Energielieferanten geschickt werden, bietet der Siemens-Konzern die Technik für die Steuerung der Netze. Im Vergleich zu den Wettbewerbern haben die Münchener das breiteste Technikangebot – von digitalen Stromzählern über Software für das Datenmanagement (Smart Metering), die Netzsteuerung bis zur Informationstechnik für die Stromversorger bieten sie das ganze Programm. Der Konzern rechnet bis 2014 mit Aufträgen für die intelligenten Stromnetze von insgesamt über sechs Milliarden Euro. Hans Schürmann

Nachteile Die Zahl der Ladezyklen ist stark begrenzt. Ihr Preis ist noch sehr hoch, und in größerem Ausmaß sind sie nach wie vor zu schwer. Je höher die Energiedichte des Akkus, um so teurer ist er. Er entlädt sich mit der Zeit selbst.

Brennstoffzelle Funktion Wasser wird durch Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Dies geschieht mit billigem Strom. Der Wasserstoff wird dann in Drucktanks gesammelt und bei Bedarf in der Brennstoffzelle in Elektrizität umgewandelt. Dies kann auch in Fahrzeugen geschehen. Bis jetzt gibt es erste Flottenversuche und stationäre Testanlagen; kommerziell wird die Technik noch kaum genutzt. Vorteile Es wird eine sehr hohe Energiedichte erreicht, das heißt, in Bezug auf ihr Gewicht kann die Brennstoffzelle sehr viel Energie speichern.

Nachteile Die Technik ist sehr teuer und durchaus gefährlich. Außerdem geht bei der Umwandlung viel Energie verloren.


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DONNERSTAG, 22. APRIL 2010 www.handelsblatt.com

Verbrauch unter Kontrolle Mit neuartigen Stromzählern sollen die Kunden Energie sparen – bis zu 30 Prozent. Spätestens 2022 sollen alle alten Geräte durch solche Smart Meter ersetzt sein.

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ürgen Rösel blickt auf sein iPhone. Auf dem Dis- die Daten zu analysieren, bietet Yello eine Software, die play hat er nicht nur den Energieverbrauch sei- der Kunde auf seinem Windows-PC installieren kann. Inner Küchengeräte im Blick; er sieht auch, wie zwischen gibt es aber auch von anderen Anbietern entder Stromverbrauch in die Höhe schnellt, sprechende Programme, so dass auch Apple-Nutzer ihwenn er den Computer an seinem Arbeitsplatz ren Energieverbrauch analysieren können. Die Prooder den Plasmabildschirm im Wohnzimmer einschal- gramme können nicht nur den Stromverbrauch einzeltet. Rösel wohnt in einem Vorort von Stuttgart und ner Geräte darstellen, sie zeigen auch, wie lange beinimmt am Smart-Metering-Projekt des Energieversor- spielsweise am Tag der PC angeschaltet war oder wie oft gers EnBW teil. Seit Mitte vergangenen Jahres hängt im die Kühltruhe im Keller angesprungen ist. Erste Studien darüber, wie sehr der Einbau der digitaKeller seines Wohnhauses ein digitaler Stromzähler. Dieser misst sekundengenau den Verbrauch und überträgt len Stromzähler das Energiesparen unterstützen kann, die Daten über das W-Lan-Netz im Haus an das klingen vielversprechend: Viele Kunden hätten ihren Verbrauch um fünf bis zehn Prozent – einige sogar bis zu Smartphone. Rösel kann den Energiehunger der Geräte aber nicht 30 Prozent – gesenkt, sagt Yello-Chef Martin Vesper. nur in Echtzeit ermitteln, die Software präsentiert ihm Laut dem Verband der Elektrotechnik und Elektronik am Ende des Tages zusätzlich eine Kurve, die anzeigt (VDE) ist das nicht übertrieben. Ein Haushalt könne wie hoch der Stromverbrauch über den Tag verteilt war. durch eine bewusstere Nutzung elektronischer Geräte Für den Schwaben ist das nicht nur eine nette Spielerei, bis zu 300 Euro pro Jahr einsparen, haben Experten des er sucht nach Möglichkeiten, seine Stromrechnung zu Verbandes ausgerechnet. Trotz dieser Vorteile sind Smart Meter bislang noch drücken. Nachdem EnBW in der Testregion zwei Tarife eingeführt hat – der Nachtstrom ist drei Cent billiger als wenig verbreitet. 100 bis 200 Yello-Kunden pro Tag haben laut Vesper den digitalen Stromdie über Tag verbrauchten Kilowatt –, zähler in ihr Haus einbauen lassen. Inkann er Geld sparen, indem er beispielsteressiert waren vor allem Technikfreweise die Wasch- oder Spülmaschine aks, sogenannte Early-Adopter, die erst am späten Abend einschaltet, gerne neue Technologien als erste auswenn der Strom billiger ist. probieren. So wie der badenwürttembergische Smart Meter sollen Das könnte sich schnell ändern. Das Energieversorger versuchen inzwibis Ende 2010 in Thema „Smart Meter“ gewinnt in dieschen fast alle Stromversorger im deutschen Neubauten sem Jahr deutlich an Bedeutung. Nicht Land, in Feldtests zusammen mit ihren installiert sein. nur die Versorger und ElektroverKunden Erfahrungen im Umgang mit Quelle: BDEW bände rühren auf Messen bundesweit der neuen digitalen Erfassungstechnik die Werbetrommel für die Zukunftstechzu sammeln. Das ist auch dringend nötig, denn die alten Zähler mit nik, auch die Medien sorgen dafür, dass die Vision vom der drehenden Metallscheibe sollen in den nächsten Jah- intelligenten Stromnetz bekannter wird. Experten geren nach und nach aus den Kellern verschwinden. Sie hen zudem davon aus, dass durch die Neubauten die werden durch die sogenannten Smart Meter ersetzt. Seit Zahl der Smart Meter in den nächsten Jahren deutlich Anfang dieses Jahres können Häuslebauer nicht mehr steigen wird: Der Bundesverband der Energie- und Waszwischen alter und neuer Technik wählen – sie müssen serwirtschaft (BDEW) rechnet mit 400 000 digitalen den digitalen Zähler einbauen. Das gilt auch bei umfang- Zählern, die bis 2010 in Neubauten installiert werden. Spätestens 2022 sollen alle analogen Modelle aus den reicheren Modernisierungen in Altbauten. Die digitalen Stromzähler sind ein wichtiger Baustein Kellern verschwunden sein. der Stromnetze der Zukunft, der sogenannten Smart Bis dahin müssen allerdings noch einige technische Grids. Sie erfassen kontinuierlich die Verbrauchsdaten Probleme gelöst werden. Noch fehlen Standards für die und schicken diese in regelmäßigen Abständen an den Smart Meter und die Weiterleitung der Daten. Zudem Stromversorger. Dieser kann mit den Informationen mahnen Datenschützer einen sicheren Umgang mit den nicht nur den Verbrauch minutengenau abrechnen, Verbrauchsdaten an. „Über die Pilotprojekte hinaus gibt sondern auch die Energieverteilung in seinem Netz bes- es dafür bislang keine Lösung“, sagt Heike Kerber vom ser steuern. Darüber hinaus machen die kleinen, farbi- Forum Netztechnik/Netzbetrieb im Elektrotechnik-Vergen Kästen den Stromverbrauch transparenter und hel- band VDE. So sei noch nicht klar wie die vom Smart Mefen Stromkunden wie Jürgen Rösel, durch geschickte ter an die Versorger weitergeleitet werden. Die VDE-ExSteuerung ihrer elektrischen Geräte bares Geld zu spa- pertin leitet einen Arbeitskreis, der eine international ren. gültige Kommunikationsschnittstelle für digitale StromDie EnBW-Tochter Yello war einer der ersten Strom- zähler entwickeln will, über die die Daten an die Stromversorger in Deutschland, der seinen Kunden den Ein- lieferanten übertragen werden können. Nicht jeder Stromkunde hat heute einen Internetanbau eines digitalen Stromzählers und die Nutzung eines Tag-/Nachtstromtarifs angeboten hat. Bereits seit De- schluss. Da müssen dann andere Übertragungstechnizember 2008 können Yello-Kunden ihren alten Zähler ken genutzt werden. Technische Alternativen gibt es durch die neue Erfassungstechnik ersetzen lassen. Vo- zur Genüge: Mobilfunkverbindungen, Kabel- und raussetzung ist allerdings, dass der Kunde einen Inter- Stromleitungen oder W-Lan-Netze, über die Informationetanschluss mit Flatrate hat, denn der Smart Meter be- nen übertragen werden können. „Um die Techniken nötigt die Datenleitung, um die Zählerinformationen an nutzen zu können, gibt es aber bislang noch keine den Zentralrechner des Stromversorgers zu übertragen. Schnittstellen an den Zählern“, sagt Kerber. Die InteresDie Verknüpfung des Zählers mit dem Internet ist ein sen der Stromversorger, Telekommunikationsfirmen Kinderspiel. Die Daten werden über die hausinterne und Zählerhersteller unter einen Hut zu bringen, sei Stromleitung mit Hilfe eines Powerlinemodems, das ein- recht schwierig. Bis diese Details geklärt sind, machen die Stromversorfach in die Steckdose neben dem Zähler gesteckt wird, zum Router übertragen. Über diesen Datenverteiler im ger weiter wie bisher. Einmal im Jahr schicken sie einen Keller kann der Kunde dann auch die Daten mit seinem Mitarbeiter zum Ablesen der Zählerstände zum Kunden. PC oder per W-Lan auf seinem Smartphone abrufen. Um Hans Schürmann

Siemens Program

400 000

Perfektes Timing Moderne Haussteuerungen machen das Leben nicht nur komfortabler, sie reduzieren auch den Stromverbrauch und nutzen günstige Tarife.

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eim Thema „intelligente Stromnetze“ betreten nicht nur die Stromversorger Neuland. Auch deren Kunden müssen dazu lernen. Sie werden künftig nicht Strom verbrauchen, sondern selbst Energie erzeugen und diese in ihrem Haus oder gar im Auto zwischenspeichern. Wie diese neue Rollenverteilung zwischen Stromlieferant und Kunde aussehen könnte, demonstrierte der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) auf der diesjährigen Fachmesse „Light+Building“ in Frankfurt. Das sogenannte „E-Haus“ ist ein 100 Quadratmeter großes Modellwohnhaus mit Küche, Bad, Büro, Technikraum, Ga-

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rage und einem Wohnzimmer, in dem die neuen energieeffizienten Systeme in einer intelligenten Verknüpfung erlebbar werden: neue energiesparende Beleuchtungen, „grüne“ Fernseher und PCs, digitale Stromzähler (Smart Meter), Hausgeräte, Photovoltaikanlagen und eine Home-Tankstelle für das Elektroauto. Alle Elektronikkomponenten sind auf der Basis des weltweiten Standards für Gebäudeautomation KNX miteinander vernetzt. Das Smart-Meter überträgt nicht nur den individuellen Verbrauch jedes einzelnen Geräts auf einen Bildschirm, es informiert auch darüber, wie viel Strom die Photovoltaikanlage gerade produziert. Die Ladestation für das Elektromobil – ein amerikanischer Sportwagen Tesla Roadster – ist zudem mit einer Tarifwahlfunktion ausgestattet, so dass der Kunde, wenn er sich mit einer Chipkarte authentifiziert hat, den günstigsten Tarif wählen kann. Verknüpft mit dem Smart Grid der Zukunft, können die Geräte im Haus nicht nur vom Computer des Bewohners, sondern auch von außen – vom Stromversorger – gesteuert werden. Beispielsweise dann, wenn durch starken Wind so viel Energie produziert wird, dass der Strom zwischengespeichert werden muss. Dann könn-

ten Steuerimpulse, die über die Stromleitung übertragen werden, dafür sorgen, dass die Tiefkühltruhe im Keller anspringt und mit besonders billigem Strom noch auf ein paar zusätzliche Minusgrade abgekühlt wird. Hausgeräte-Hersteller wie Miele haben in ihre neusten Wasch- und Spülmaschinen, Trockner und Kühlgeräte bereits Schnittstellen eingebaut, über die Geräte sowohl innerhalb des Hauses als auch von außen kosteneffizient gesteuert werden können. Bis die Vision vom intelligenten Stromnetz und der Steuerung der Haushaltsgeräte durch den Stromanbieter Realität wird, werden sicher noch einige Jahre ins Land gehen. „Im Keller hängt zwar schon ein intelligentes Messgerät, der Smart Meter wird aber nicht intelligent genutzt“, sagt Walter Tschischka, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). Die Interessensvertretung des Elektrohandwerks hat die intelligente Hausvernetzung als Zukunftsmarkt entdeckt. Deren Mitglieder würden lieber heute als morgen ihre Kunden mit der neuen Technik beglücken. Tschischka wünscht sich daher mehr Engagement von den Stromlieferanten. Sie müssten Schnittstellen schaffen, die einen reibungslosen Datenaustausch in alle Richtungen des Netzes ermöglichen, fordert der Verbandspräsident. „Wir brauchen die Information des Stromversorgers, um ein Haus energieeffizient steuern zu können“, sagt Tschischka. Die Datenverarbeitung nach innen sei kein Problem, hier gebe es seit langem Schnittstellen, über die die Verbrauchsdaten im Haus weiterverarbeitet werden könnten, sagt der ZVEH-Präsident. Bis dahin muss der Kunde den Stromverbrauch selbst steuern. Mit Hilfe der Smart Meter, die den Verbrauch sekundengenau messen, kann er die großen Stromfresser ausmachen. Wenn er die kennt, kann er kostenbewusst den Strom einkaufen – und die Geräte starten, wenn der Tarif am niedrigsten ist. Unterstützung bekommt er von Software, die nicht nur auf dem PC laufen, sondern als sogenannte Apps auch auf mobilen Rechnern wie dem iPhone. Solche Programme helfen den Hausbesitzern, auch die Technik intelligenter und komfortabler zu nutzen. Damit auch ältere Geräte in die Haussteuerung einfach integriert werden können, hat Digitalstrom.org, eine Non-Profit-Organisation, die 2007 an der ETH Zürich (Eidgenössisch Technische Hochschule) gegründet wurde, eine Technik entwickelt, die schnell und einfach nachgerüstet werden kann. Einmal installiert, könnte mit ihr beispielsweise mit einem einfachen Taster neben der Tür beim Verlassen der Wohnung mit einem Schlag Herd, Kaffeemaschine, Fernseher und andere Standby-Geräte ausgeschaltet werden, während Kühlgeräte, das Telefon oder die Alarmanlage in Betrieb bleiben. Möglich macht dies ein ameisengroßer Chip. Nachträglich in die Geräte eingebaut oder in einem Zwischenstecker untergebracht, sorgt er dafür, dass die Kaffeemaschine, der Toaster oder die Mikrowelle mit der Haussteuerung kommunizieren können. Das funktioniert über das bestehende 230-V-Stromnetz. Die Installation erfolgt mit wenigen Handgriffen. Als zentrale Steuereinheit dient ein im Sicherungskasten neben dem Smart Meter angebrachter Netzknoten, der die Steuersignale über das Stromnetz im Haus zu den einzelnen Geräten leitet. Die Technik der Schweizer hilft sogar beim Energiesparen. Der Chip sorgt dafür, dass die Geräte nur dann mit Strom versorgt werden, wenn es wirklich notwendig ist. Er senkt so den Standby-Verbrauch elektrischer Geräte automatisch von herkömmlichen drei bis fünf auf unter 0,3 Watt. Gleichzeitig wird der Stromverbrauch der einzelnen Geräte sichtbar. Ein einfaches Ampelsystem am Sicherungskasten weist auf einen ungewöhnlich hohen Stromverbrauch hin. Leuchtet das kleine rote Lämpchen auf, ist das ein Hinweis auf einen Defekt bei einem der Geräte – etwa eine abgenutzte Kühlschrankdichtung, die man ohne diese Anzeige so schnell nicht erkannt hätte. Hans Schürmann

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Strom speichern: Doppelschichtkondensator Funktion Die Energie wird in einem elektrischen Feld gespeichert, das sich wie in einem Akku zwischen einer Elektrode und einem Elektrolyten bildet. Als Kurzzeitspeicher werden sie bereits genutzt. Sie eignen sich als Ersatz für Akkumulatoren, wenn eine hohe Zuverlässigkeit und ein häufiges Laden und Entladen gefordert wird. Vorteile Der Kondensator ist sehr schnell ladbar und entladbar. Der Speicher hat eine hohe Kapazität und einen hohen Wirkungsgrad, das heißt, es geht wenig Energie verloren. Außerdem nutzt er sich nicht ab. Nachteile Die Elektronik ist sehr aufwendig, die Kosten sind hoch.

Supraleitende Spule Funktion In einer tiefgekühlten supraleitenden Spule wird mit Hilfe von Gleichstrom ein sehr starkes Magnetfeld erzeugt. Das bewirkt, dass die Spannung in der geladenen Spule über längere Zeit bestehen bleibt. Bisher funktioniert die Technik nur in Laborexperimenten. Vorteile Der gespeicherte Strom ist sofort verfügbar, während etwa Pumpspeicherkraftwerke mehrere Minuten brauchen, bis sie laufen. Die supraleitende Spule hat eine sehr hohe Leistungsdichte. Wenn sie einmal geladen ist, nimmt der Strom nicht ab. Nur zwei bis drei Prozent der Energie geht bei Ladung und Entladung als Wärme verloren. Nachteile Die Kosten sind noch sehr hoch. Das System muss sehr weit heruntergekühlt werden und ist unter anderem dadurch sehr wartungsintensiv. Die Kühlung verbraucht Energie.

„Im Keller hängt zwar ein intelligentes Messgerät, es wird aber nicht intelligent genutzt.“ Walter Tschischka Präsident des ZVEH

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Abenteuer Elektroauto

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s fährt sauber, es wirkt grün und es ist beschlos- fen die meisten Autos, so wie sie heute gebaut werden, in sen: Wenn Anfang Mai die Spitze der Deut- vielen Regionen der Welt nur noch unter Auflagen verschen Wirtschaft zum „Autogipfel“ ins Kanzler- kauft werden. In Europa beispielsweise soll der Ausstoß amt kommt, steht das Ergebnis eigentlich der Neuwagenflotte bis 2020 auf 95 Gramm pro gefahreschon fest. Das E-Mobil kommt. Mit Milliarden nen Kilometer sinken, das schaffen heute nur die sauwird die Einführung der stromgetriebenen Autos in bersten Kleinwagen. Wer dann trotzdem noch größere Deutschland vorangetrieben. Die Industrie wird üppige Autos verkaufen will, braucht zum Ausgleich Fahrzeuge, Fördergelder erhalten, die Käufer hoffen auf mehrere die am besten gar nichts mehr ausstoßen. Das Elektrotausend Euro Kaufprämie. Das Ziel: Deutschland will ein auto scheint die Lösung. Der Stand der Technik sind Lithium-Ionen-Batte„Leitmarkt für Elektromobilität“ werden, sagt die Bundesregierung. Nicht weniger als eine Million Elektroau- rien, die vor wenigen Jahren Laptops und Handies erobert haben. Es ist diese Speichertechnik, die es ersttos sollen bis 2020 auf deutschen Straßen fahren. Industrie und Politik üben einen engen Schulter- mals seit 130 Jahren geschafft hat, Benzin als Energieschluss beim Thema Elektroauto. Denn die Einsätze sind träger für Autos Konkurrenz zu machen. Noch mag hoch, die Erträge ungewiss. Die Autohersteller müssen man von einem Durchbruch kaum sprechen: Die ersviel Geld investieren, sie drohen ihre herkömmliche ten Elektroautos fahren immer noch mit BatterieTechnik für Verbrennungsmotoren schrittweise zu ent- packs, die mehrere hundert Kilo schwer sind. So hat beispielsweise der Mini E, von dem werten. Die Energieversorger müssen zur Zeit mehrere hundert Exemplare ein enges Netz von Ladestationen schafim Testbetrieb fahren, statt einer fen und möglichst viel grünen Strom vorRückbank Batterien auf der Hinterhalten. Die Politik muss nachweisbare achse. 1,5 Tonnen wiegt der KleinwaErfolge im Klimaschutz erzielen, darf Tonnen wiegt der Mini E gen, die Reichweite ist auf 200 Kilomeaber nicht einen Subventionswettlauf wegen der schweren ter begrenzt. Auch die Kosten spremit anderen Volkswirtschaften anheiBatterien, die an Stelle chen gegen eine schnelle Einführung: zen. einer Rückbank auf der Ein Elektrokleinwagen ist noch dopDabei ist der schon längst im Gange: pelt so teuer wie sein benzinbetriebeFrankreich zahlt Käufern von ElektroauHinterachse liegen. nes Pendant. tos 5 000 Euro Zuschuss, in China sind Quelle: BMW Dass ein wirtschaftlich so waghalsiges es bis zu 7 000. Noch mauert die BundesProjekt dennoch eine gute Chance zum regierung offiziell. Während Winfried Herrmann, Verkehrsexperte der Grünen, ebenfalls Durchbruch hat, liegt ausgerechnet an der Wirtschafts5 000 Euro fordert, will Verkehrsminister Peter Rams- flaute. Die Absatzkrise 2008/2009 hat die US-Autoindusauer erst einmal abwarten. Es sei gar nicht klar, welche trie faktisch in die Pleite fahren lassen. General Motors Technik sich durchsetzen werde, begründet Ramsauer bekommt einen Neustart von der Regierung in Washington finanziert. Doch die Regierung von Barack Obama seine zögerliche Haltung. Das Dilemma liegt auf der Hand: Während Mitsubishi, hat längst erkannt, dass ein echter Neuanfang her muss. Peugeot und Citroën bereits Ende 2010 mit ersten Ange- Da GM mit herkömmlichen Autos auch nach einem Neuboten auf den deutschen Markt kommen, werden Daim- start weiter hoffnungslos der Konkurrenz hinterherfahler, BMW und Volkswagen nicht vor 2013 serienreife ren würde, spendiert Washington seine Milliarden für Elektroautos anbieten. Spät sind die Deutschen auf den das Elektroauto. Das Beispiel macht Schule: Frankreichs Autoindustrie, Zug aufgesprungen. Jetzt werden Milliarden in Stuttgart, Wolfsburg und München mobilisiert, um das Feld nicht ebenfalls in einer schwierigen Situation, bekommt üpFranzosen, Amerikanern und Chinesen zu überlassen. pige Förderungen aus Paris für die Elektromobilität; Kein Weg führt am Elektroauto mehr vorbei, sagen mitt- Staatspräsident Nicolas Sarkozy will Post und Verwallerweile VW-Chef Martin Winterkorn, BMW-Chef Nor- tung in Frankreich dazu verdonnern, die Elektroautos bert Reithofer und Daimler-Chef Dieter Zetsche. Allmäh- von Peugeot, Citroën und Renault bevorzugt in die Flotlich kommt auch in Deutschland Begeisterung auf, auch ten aufzunehmen. Und in China sollen in den Metropowenn die Kalkulationen ernüchternd sind: Vielleicht len von Peking bis Shanghai bald massenhaft Stromfahrzehn Prozent des Absatzes im Jahr 2020 könnten Elektro- zeuge zum Einsatz kommen; Peking will seinen strategischen Vorsprung in der Batterietechnik nutzen, um die autos sein, heißt es etwa bei BMW. Warum aber dieser Hype? Die Antwort steckt in einem traditionellen Machtverhältnisse in der Autoindustrie zu sich abzeichnenden Ressourcenmangel, der Klimade- brechen. Vor diesem Hintergrund wird der „Autogipfel“ im batte, einer neuen Batterietechnik und der beispiellosen Wirtschaftskrise. Es ist diese einmalige Konstellation aus Kanzleramt wegweisend. BMW, Daimler und VW könUmweltschutz, technischem Fortschritt und wirtschaftli- nen den Einstieg in die neue Technologie allein kaum chem Umbruch, der die Einführung des Elektroautos stemmen, sie brauchen Kooperationspartner und staatliche Hilfen. Daimler verbündet sich mit Renault, und holt schon fast zwingend erscheinen lässt. Das Ende des Ölzeitalters ist oft beschrieben worden, sich frisches Kapital aus Abu Dhabi. VW sucht die Nähe auch wenn die derzeitigen Preissteigerungen für Benzin zu „Build Your Dreams“, dem chinesischen Batteriespemehr spekulativen Charakter haben, als dass ein wirklicher zialisten. Und die BMW-Großaktionärin Susanne Klatten Mangel an den Weltmärkten vorliegt. Doch tendenziell steigt beim Chemiekonzern SGL Carbon ein, um Zugriff wird Sprit in Zukunft knapp und damit teurer, vor allem, auf Leichtbau-Materialien und Kohlefaserfertiung zu bewenn das Wirtschaftswachstum in China weiter anhält. kommen – eine Schlüsseltechnik für Elektroautos. Noch gravierender wirken die verschärften EmissionsJetzt muss die Bundesregierung entscheiden, wie viel Markus Fasse anforderungen. Mitte des kommenden Jahrzehnts dür- ihr das Abenteuer Elektroauto wert ist.

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Davids/Jakubaszek

Politik und Industrie haben sich festgelegt: Dem E-Mobil gehört die Zukunft. Wirklich überzeugt ist Deutschland aber noch nicht von den schnurrenden Autos.

Das Ende der Einbahnstraße Immer mehr Kunden produzieren Strom selbst. Um im Markt mitzuspielen, sind sie aber zu klein. Deshalb schließen sie sich zu virtuellen Kraftwerken zusammen.

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wei Kinder spielen am Küchentisch Karten. Plötzlich fällt das Licht aus. In der Wohnung. Im gesamten Häuserblock. In der ganzen Stadt. Ein blauer Lastwagen des technischen Hilfswerks rückt mit Sirenengeheul aus, um die Notversorgung mit Strom sicherzustellen. Geht bei uns bald das Licht aus? Mit dieser düsteren Szene startet ein Werbefilm von Enercon, Solarworld und Schmack Biogas. Die drei Unternehmen beschwören den Atomausstieg und das Ende der Kohleförderung. Gleichzeitig setzen sie ihr Netzwerk aus Wind-, Solar-, Biogas- und Wasserkraftanlagen als Alternative dagegen. Dieses Pilotprojekt ist eines von vielen, die für den neuen Trend zu virtuellen Kraftwerken stehen. Virtuell, weil viele kleine Einzelkraftwerke an verschiedenen Orten sich zusammenschließen und ihren Strom gemeinsam anbieten. An solchen Projekten arbeiten große Energiekonzerne wie RWE und Eon, aber auch alternative Anbieter wie die Hamburger Unternehmen Lichtblick und Enversum. Was treibt sie an? „Wir müssen zum Beispiel die vielen neuen Windkraft- und Solaranlagen in Deutschland intelligent ins Stromnetz integrieren“, sagt Martin Kramer, Projektmanager für dezentrale Energiesysteme der RWE-Tochter Rheinland Westfalen Netz AG. Die einzelnen dezentralen Anlagen seien oft zu klein, um ihre Leistung an die großen Netzbetreiber als Regelenergie oder an der Strombörse zu verkaufen. Außerdem fördert die

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Bundesregierung die dezentrale Energieerzeugung, um die CO2-Bilanz zu verbessern. Eine große Herausforderung für die gesamte Branche, die ein Eon-Sprecher in München so beschreibt: „Bisher wird Strom von größeren Kraftwerken erzeugt und an Verbraucher verteilt, eine klassische Einbahnstraße.“ Doch immer mehr werde „aus den Einbahnstraßen ein komplexes Autobahnsystem mit mehrspurigem Verkehr in beide Richtungen“. Denn die Kunden, Privathaushalte und Unternehmen, nutzen zwar den Strom der Energieversorger, werden aber mit eigenen Solaranlagen gleichzeitig zu Stromanbietern. Damit die neue Vielfalt auch praktisch funktioniert, schließen verschiedene Energiekonzerne die Minikraftwerke zu virtuellen größeren Einheiten zusammen. Dafür müssen zahlreiche Probleme gelöst werden. „Sie müssen die kleinen Kraftwerke über eine Zentrale so steuern, dass sie zusammen rund um die Uhr Strom in der geplanten Menge liefern können“, sagt Heinrich Bartelt, Geschäftsführer der Regenerativkraftwerke Harz. Das Unternehmen ist einer von 19 Partnern des großen Modellversuchs im Harz, wo verschiedene Energieerzeuger derzeit das Zusammenspiel von Solar-, Wind-, Biogas- und Wasserkraftwerken testen. Wenn zum Beispiel die Windräder

„Es ist sehr wichtig, dass auch der Energieverbrauch intelligent gesteuert wird.“ Martin Kramer Projektmanager für dezentrale Energiesysteme, Rhl.-Westfalen Netz AG

bei einem lauen Lüftchen stillstehen, die Solaranlagen wegen einer Wolkendecke keinen Strom produzieren, dann füllen Biogas- und Wasserkraftwerke die Lücke. Und was geschieht, wenn die Windräder zu schnell laufen und mehr Strom produzieren als erforderlich? „Dann speichern wir ihn in Pumpspeicherkraftwerken“, sagt Bartelt. Das geht so: Mit der überschüssigen Energie wird Wasser über Rohrleitungen in ein hochgelegenes Speicherbecken gepumpt. Bei Bedarf lässt man das Wasser wieder ins untere Becken laufen und treibt damit Turbi-

nen an, die Strom erzeugen. Außerdem setzt er auf neue Batterien, um Strom zu speichern. 2013 soll das virtuelle Kraftwerk im Harz nach einem Testlauf ans Netz gehen. RWE ist da schon weiter – zumindest in den Niederlanden. Die Tochter Essent hat dort sogenannte Blockheizkraftwerke von Hunderten Gewächshäusern zusammengeschaltet und verkauft den überschüssigen Strom an externe Kunden. Blockheizkraftwerke erzeugen, meist angetrieben durch Gasmotoren, Strom und nutzen die dabei entstehende Wärme zum Heizen. Auch in Deutschland bereiten verschiedene Unternehmen solche Projekte vor. „Wir wollen ab September dieses Jahres Energie anbieten, das aus mehr als 100 Blockheizkraftwerken kommt“, kündigt Erich Ogilvie, Geschäftsführer des Hamburger Energiehändlers Enversum an. Sein Ziel ist es, insgesamt eine Leistung von mindestens 15 Megawatt zu bündeln, denn dann wird er zum Handel an der Strombörse zugelassen. Noch ehrgeizigere Ziele hat der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick zusammen mit VW. Er testet derzeit Mini-Kraftwerke des Wolfsburger Autokonzerns, die ebenfalls die sogenannte Kraftwärmekopplung nutzen, also Heizen und gleichzeitig Strom erzeugen. Lichtblick plant, ab Sommer die ersten Kunden anzuschließen. Insgesamt wollen die Hamburger 100 000 Anlagen verkaufen und zu einem Kraftwerk mit einer Leistung von 2 000 Megawatt vernetzen. Das entspricht in etwa der Kapazität von zwei Atomkraftwerken. Doch das Vernetzen bleibt nicht die einzige Herausforderung für virtuelle Kraftwerke. „Es ist sehr wichtig, dass auch der Energieverbrauch intelligent gesteuert wird“, merkt Kramer von RWE an. Es geht darum, dass der Privatkunde zum Beispiel dann seine Wasch- oder Spülmaschine einschaltet, wenn der Wind stark weht – also viel Strom zur Verfügung steht. Beim Modellprojekt im Harz soll das „Bemi – Bidirektionales Energiemanagement-Interface“ beim Kunden dafür sorgen, dass er solche günstigen Zeiten nutzt. Das Gerät schaltet dann die Waschmaschine ein. Ein Schritt in diese Richtung ist auch das Smart Meter, das Eon heute schon als intelligenten Stromzähler nutzt. Ob Smart Meter, Bemi, ob Solar- oder Windenergie – virtuelle Kraftwerke werden in Zukunft immer mehr zum gesamten Stromverbrauch beitragen.

Strom speichern: Redox-FlowBatterie Funktion Strom wird benutzt, um zwei Salzlösungen – sogenannte Elektrolyte – zu einer chemischen Reaktion zu bringen. So wird Energie chemisch gespeichert und kann durch Umkehrung der Reaktion wieder abgegeben werden. Entscheidend ist die Zahl der Ladeund Entlade-Zyklen, die das System ohne nennenswerten Leistungsverlust übersteht. Am geeignetsten erscheinen derzeit Vanadium-Redox-Batterien, deren Umweltrisiken moderat sind und für die die Rohstoffe relativ gut verfügbar sind. Kapazität Die Leistung hängt von der Größe der Reaktionskammern und der Größe der Speicherbehälter ab. An dem System wird intensiv geforscht, derzeit gibt es weltweit nur einen Hersteller. Vorteile Die Selbstentladung dieser Systeme ist sehr gering, die Energie kann also über längere Zeiträume gespeichert werden. Seine Eigenschaften können aber durch Verwendung unterschiedlicher Chemikalien flexibel gestaltet werden. Nachteile Die Batterie ist nur stationär einsetzbar und sehr teuer.

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Die Zukunft der Energie

Nr. 77 Donnerstag 22. April 2010

Total vernetzt Wie Strom, W채rme und Internet zusammenkommen

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