Züritipp

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Eine Ayurveda-Massage ist nicht nur reine Kopfsache.

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von kopf bis fuss massagen

Gestresst, verspannt? Unser Autor war es, bis er sich mit fünf verschiedenen Methoden von oben bis unten behandeln liess. Von der wohltuenden Wirkung einer Ukulele und eines taktvoll verabreichten Einlaufs. von hannes grassegger (text) und filipa peixeiro (Bilder)

ayuryoga

Rücken: zwischen Himmel und Erde

Bei Lomi Lomi, hawaiianisch für «fest kneten», sei der Rücken das Wichtigste, «die Verbindung zwischen Himmel und Erde», sagt Noëlle Delaquis. Diese Methode ist im Wellnessbereich in Mode und nicht EMR-registrierbar (siehe Infotext Seite 7). Delaquis betreibt seit 2007 ihr Kulturzentrum, mit Massage und Hula-Tanz. Lomi sei ein Lebensweg, wie Yoga ein Konzept jenseits der westlichen Trennung von Körper, Geist und Seele. Ziel sei das Aktivieren der Kraft: «Kein uferloses Entgrenzen, sondern das Lösen der Verspannungen, um die richtige Körperspannung herstellen.» Zu ihr kämen viele Burn-out-Patienten. Delaquis beginnt die zweistündige Massage im Dachstock einer ausgebauten Scheune mit hawaiianischem Gesang, dieser, eigentlich ein Gebet, rufe Energien herbei. Dann setzt Delaquis auf Body Talk. Die 48-Jährige verteilt Kokos-Mandel-Öl auf meinem Rücken. Lomi ist trotz des Fokus auf den Rücken eine heftige Ganzkörpermassage, ähnlich wie eine Thai-Massage, aber mit ­weniger Dehnungen. Delaquis dreht mich seitlich. Statt der Hände werden meist Unterarme und Ellbogen eingesetzt. Kraft kommt laut LomiPhilosophie aus den Knochen, genauer: aus den Gelenken. Ich höre Ukulele, Steel Guitar und die rhythmische Atemund Lauttechnik von Delaquis. Nach der Fussmassage und vor dem finalen Gesang dämmere ich weg. ­Delaquis meint, die Wirkung könne bis zu zwei Wochen anhalten. Ein paar Tage lang glaube ich das. Aloha Spirit

Pfannenstielstr. 112, Meilen  www.alohaspirit.ch 220 Franken / ca. 2 ½ Stunden

24.11. — 30.11.2011

Bleicherweg 45, Zürich  www.emindex.ch 120 Franken / Stunde

Body Talk zu hawaiianischer Ukulele und Steel Guitar.

Massagen

Wann lassen Zehntausende Zürcher sich stundenlang von Wildfremden kneten? Vor allem in dieser langen, langen Durststrecke zwischen Sommer- und Winterferien, genannt Herbst. Dann ist Massagehochsaison, und die wohl älteste Heiltechnik der Welt kommt zum Zug. Hunderte Zürcher Studios bieten die verschiedensten Methoden an. Massage reicht von Wellness bis Therapie. Vom knallharten chinesischen An Mo / Tui Na bis zur glibschigen Nuru-Erotikmassage. Die einen Masseure zeigen sich in Arztkitteln, andere legen Tarotkarten. Zwei Konzepte herrschen in Zürich vor: Die bei uns häufigste Form ist die klassische Massage, geprägt durch den Schweden Pehr Henrik Ling Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Trend hingegen sind die asiatischen Massagen, die nicht Lings Idee von direkter Behandlung einer Schmerzquelle folgen, sondern auch innere Heilung versprechen. Dabei wirken Masseure auf angeblich mit Organen verbundene Körperflächen ein. Ich liess mich von Kopf bis Fuss massieren, um ein paar der wichtigsten und interessantesten Techniken aus beiden Welten auszutesten: von West nach Ost, mit Zwischenlandungen in Indien, China, Hawaii und Schweden.

Kopf: Öl und Marmapunkte

Eigentlich ist Anu Matthew Joseph bis Dezember ausgebucht. An einem Samstagabend empfängt mich der scheu lächelnde Ayurveda-Masseur dennoch. Der 38-jährige Südinder prüft zu Beginn mit zwei Fingern minutenlang meinen Puls am linken Handgelenk. Er will meine Dosha, die Kombination der drei Lebensenergien Vata, Pitta und Kapha, finden. Idee des Ayurveda ist, meinen Urzustand (Prakriti) wiederherzustellen. Ich bin Pitta und herzseitig sehr gestresst, also nimmt Joseph die geheime, nach Sesam riechende Kräuterölmischung. Sie wird warm in stetem Strahl auf meinen Kopf gegossen. «Die meisten Probleme kommen vom Kopf, wo viele Marma-Punkte sind.» Diese Punkte seien Verbindungen zu Organen. Bei mir diagnostizierte Joseph Magenprobleme. Er wendet das Shiro Abyanga seines Grossvaters an, zu deutsch Kopfdruckpunkt-Ölmassage. Mittels Mikrovibrationen seiner Fingerspitzen an Kopfpunkten ­kümmert Joseph sich um meinen Magen. Zwischendurch gleiten seine öligen Hände zur Entspannung symmetrisch hinab über Ohren und Hals. Ayurveda könne physische und mentale Probleme heilen. Doch in der Schweiz sei er nur Therapeut, nicht Arzt. Plötzlich sehe ich ein Licht. Dann bekomme ich ein Handtuch. Auf dem Heimweg soll ich mich warm halten, nicht gleich duschen, körperliche Anstrengung meiden. Ein paar Tage lang rumpelt mein Bauch.


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