Von den Ufern des Nil nach Luxemburg...

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Inhaltsverzeichnis Prolog

5

Grußwort - Maggy Nagel

6

Vorwort - Michel Polfer

8

Leben, Tod und Unsterblichkeit im Alten Ägypten Heidi Köpp-Junk

11

Einleitung

12

Geographische und klimatische Gegebenheiten

14

Alltagsleben am Nil

17

Schrift und Literatur im alten Ägypten

26

Ägyptische Religion – Götter, Tempel und deren Ursprung

35

Tod und Bestattung

42

Ägyptische Kunst – ein kurzer Abriss

50

Ägyptomanie

57

Chronologie des alten Ägypten

61

Glossar

65

Karte Ägyptens

69

Weiterführende Literatur

70

Die Stifter der Aegyptiaca Franziska Dövener

73

J.-P. Charlet (1851)

75

Heinrich Stammer (1855)

75

Charles François Legénissel (1857)

76

Heinrich Eltz (1857)

77

Auguste Dutreux (1859)

78

Prinzessin Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach, Prinzessin der Niederlande (1870)

78

Émile-Edouard Metz (1878)

80

Émile Mayrisch (1878)

80

Arabische Republik Ägypten (1972)

81

Hélène Palgen (1977)

82

Johann Englings Vortrag „Figure égyptienne en bois“ Manon Schutz

85


Johann Engling Franziska Dövener

95

Die Restaurierung von Mumien-Perlennetzen Jens Klocke

99

Zu Staub zerfallen

100

Die Perlennetze

102

Behandlungskonzept

109

Wie entstand ein Mumien-Perlennetz?

112

Durchführung der restauratorischen Arbeiten

119

Protokoll zur Untersuchung ägyptischer Perlenketten aus dem Bestand des Nationalmuseums für Geschichte und Kunst luxemburg Jens Klocke Objekte

125 126

Untersuchungsmethoden

127

Ergebnisse

128

Zum kulturhistorischen Wert der Ketten

130

Abbildungsnachweis

130

Zur interdisziplinären Untersuchung ägyptischer Mumienobjekte aus dem Nationalmuseum für Geschichte und Kunst Luxemburg Stephanie Zesch, Tanja Pommerening, Burkhard Madea, Thomas Henzler, Ronny Friedrich, Wilfried Rosendahl

Einleitung

131 132

Historie, Provenienz und Beschreibung der Mumienobjekte

133

Altersdatierung der Mumienobjekte mit der Radiokarbonmethode

137

Computertomographische Untersuchung des Mumienkopfes

141

Der Luxemburger Mumienkopf – ein Beispiel für eine angestrebte Wundversorgung im alten Ägypten

148

Literatur

150

Katalog der altägyptischen Objekte in den Sammlungen des MNHA Manon Schutz

153

Beistand für den Menschen: Götter und heilige Tiere

154

Häuser für die Ewigkeit: Sarkophage und Särge

178

Perlen für den Verstorbenen: Die Mumiennetze

187

Vorbereitung auf das Jenseits: Die Mumifizierung

196

Diener für den Verstorbenen: Die Uschebti

199

Aus neu mach alt: Fälschungen

214

Keramik für den Verstorbenen: Die Versorgung im Jenseits, Heidi Köpp-Junk

218


Einleitung

Kaum ein Land fasziniert heute noch so wie Ägypten – der Nil, das grüne Fruchtland, die Pyramiden, Tempel und Obelisken Abb. 1, das Gold der Pharaonen oder die Sphinx in Giza Abb. 2.

Überdies schaut das Land am Nil im

Gegensatz zu anderen Kulturen auf eine mehr als drei Jahrtausende währende Geschichte zurück. Das unglaubliche Alter der oftmals hervorragend erhaltenen Gegenstände und Monumente, ihre Pracht und Exotik gepaart mit den vielen Übereinstimmungen zum modernen Leben beeindrucken nach wie vor. Zahlreiche Objekte aus dem pharaonischen Ägypten sind über die ganze Welt verteilt. Einige davon fanden ihren Weg nach Luxemburg. Die folgenden Essays erläutern den

Abb. 1

religiösen, materiellen, historischen und kulturellen Hintergrund, auf dem diese Luxemburgischen Aegyptiaca entstanden sind,

Conservateur f.f. des Collections nationales

wie und warum man sie im pharaonischen

d‘archéologie, MNHA) und Fabienne Pietruk

Ägypten benutzte sowie den langen Weg durch

(M. A., Conservateur f.f. des Collections

Raum und Zeit, den sie bis an die Alzette

nationales d’archéologie, MNHA).

zurücklegten. Darüber hinaus trugen verschiedene Personen

12

Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Michel

auf vielfältige Weise zum Gelingen der

Polfer (Direktor des Musée national d’histoire

vorliegenden Essays bei, auch ihnen sei

et d’art Luxembourg), der es mir ermöglichte,

herzlich gedankt: Dr. Franziska Dövener

an diesem Projekt mitzuarbeiten, sowie den

(MNHA- CNRA), Manuela Gander (M. A.,

beiden Archäologinnen Paula Alves (M. A.,

Ägyptologie, Humboldt-Universität Berlin), Prof.


Ägyptische Schriftwerke und Literatur

Einige der Elfenbeintäfelchen aus dem Grab des Königs Skorpion I. in Abydos. Die vier vertikalen Täfelchen auf der rechten Seite enthalten Zahlenangaben. Die beiden Täfelchen auf der linken Seite in der unteren Reihe sind „bast“ zu lesen (Copyrights DAI).

der Gubbet el-Hawa oder Weni in Abydos überliefert sind. Beide schildern die Reisen, die sie im Auftrag des Königs unternahmen, sowie

Ägypten verfügte über eine sehr hohe Schrift-

ihre glückliche Rückkehr. Sie betonen ihre

kultur, sowohl nicht-literarische wie auch

persönlichen Leistungen bei der Durchführung

literarische Texte sind belegt. Unter die zuerst

dieser Aufträge und die Zufriedenheit des

genannten fallen offizielle Texte in Form von

Königs. Im Mittleren Reich ist eine Vielzahl

Dekreten, Feldzugsberichten wie den Annalen

literarischer Genres vertreten wie z.B. die

von Thutmosis III., in denen er seine nach der

Lebenslehren, mit denen der Sohn vom Vater

Schlacht bei Megiddo jährlich stattfindenden

bzw. Meister unterrichtet wird. Beispiele dafür

Kriegszüge nach Vorderasien schildert, oder

sind die Lehre des Ptahhotep, die Lehre des

Expeditionsberichten. Überdies sind Gerichts-

Hordjedef oder die Lehre für Kagemni. Aus

akten wie die Grabräuberpapyri, medizinische

dem europäischen Mittelalter und der frühen

Texte und Traumbücher zur Deutung von

Neuzeit sind so genannte „Fürstenspiegel“

Träumen überliefert. Selbst Privatbriefe,

bekannt, Anleitungen zu menschlichem und

gekennzeichnet mit Absender und Adressat,

politischem Verhalten für Könige. In der

sind bekannt. Eine besondere Gruppe bilden

Literatur des Mittleren Reiches gibt es ähnliches

die „Briefe an die Toten“. Andere Textgruppen

mit der „Lehre für Merikare“ und der „Lehre

sind geographischen Inhalts. Papyrus Anastasi I

des Amenemhet“.

belegt eine recht genaue Vorstellung der Ägypter über die sie umgebende Geographie.

Daneben treten im Mittleren Reich mehrfach

Feldmessernotizen sind aus dem Mittleren

Literaturwerke auf, die man Klagen nennt und

Reich im Papyrus Harageh und aus dem 3. Jh.

die die Unordnung thematisieren. Beispiele

v. Chr. im demotischen Papyrus Loeb niederge-

sind die „Lehre des Ipuwer“, „Der beredte

schrieben. Ebenfalls geographischen Inhalts

Bauer“ sowie das „Gespräch eines Lebens-

sind Papyrus Tanis aus der Zeit Hadrians und

müden mit seiner Seele“. Vielfach haben die

Papyrus Tebtynis aus dem 2. Jh. n. Chr. .

Literaturwerke gar einen politischen Charakter

6

wie z.B. der Papyrus Westcar, wiederum „Der Bereits im Alten Reich sind ausführliche

beredte Bauer“ oder „Die Prophezeiung des

Biographien belegt, wie sie z.B. an den

Neferti“. Die Literatur des Mittleren Reiches ist

Grabwänden der Expeditionsleiter Herchuf auf

mitunter sehr komplex gestaltet, sie dient nicht

29


Einkonsonantenzeichen der altägyptischen Hieroglyphenschrift

Hieroglyphe

Objekt

Geier ,

Schilfblatt, Dualstriche

Transkription

Aussprache

AA a j

i, j

Doppelschilfblatt

y i

Arm

o a/ayin

,

Wachtelhühnchen, aufgewickeltes Seil

w u/w

Bein

b b

Würfelsitz

p p

Hornviper

f f

,

Eule, unbekanntes Objekt

m m

,

Wasserlinie, rote Krone

n n

Mund

r r

Reetbehausung

h

h wie Haus

H

h wie Hitze

gedrehtes Flachsbündel

Sonnenschutz/Pustel/Plazenta X

ch wie „lachen“, „ach“

33


Aleppo Kreta

Karte Ägyptens

Ugarit

Knossos

Zypern Qadesch

Mittelmeer

Byblos Sidon

Damaskus

Megiddo

Jerusalem Gaza

Alexandria Tanis Sais

Widan el-Faras Oase Siwa

Giza Saqqara Dahschur Fayum

Oasa Bahariya

Ägypten Tuna el-Gebel Assiut

Oase Farafra

Piramesse/Qantir Auaris/Tell el-Dab῾a Bubastis Tell el-Jahudija Heliopolis Kairo Memphis Lischt Hawara Maghara el-Lahun Serabit el-Chadim

Beni Hassan el-Berscheh Amarna Hatnub

Timna

Mons Porphyrites

Mons Claudianus

Safaga Wadi Gawasis Dendera Koptos Hu Theben-West Wadi Hammamat Luxor Esna Elkab Oase Charga Hierakonpolis Edfu es-Silsile Kom Ombo Insel Elephantine Berenike Assuan Oase Kurkur 1. Katarakt Oase Dungul Kalabscha Qubân Toschqa Aniba Gebel el-Asr Abydos

Oase Dachla

Oase Selima

Rotes Meer

Abu Simbel Qasr Ibrim Faras Buhen Wadi Halfa Mirgissa 2. Katarakt Uronarti Kumma Semna

Wadi Allaqi

Nubien

Amarah Soleb

Dongola

3. Katarakt Kerma Kawa Gebel Barkal

© H. Köpp-Junk

4. Katarakt Sanam

5. Kararakt

69


Franziska Dรถvener

Die Stifter der Aegyptiaca


Das einzige altägyptische Objekt, welches

Orients anhand von ausgewählten Zeugnissen

im „Manuscrit de Baslieux“ von den frühen

Luxemburger Autoren: dabei „sind die Grenzen

Luxemburger Altertumsforschern1 erwähnt

zwischen Dichtung und Reisebericht fließend“6.

wird, ist ein Skarabäus aus „schwarzem,

Da „Ägypten, neben Palästina, das von den

teilweise grünlichem Marmor“, der sich „im

Luxemburger Autoren meistbeschriebene

Oberschenkel einer Mumie“ Abb. 1 befunden

Land der islamischen Welt“ ist7, ergab sich die

haben soll . Er wurde von dem Luxemburger

Erwartungshaltung, dass sich unter den mehr

Apotheker Hans-Peter Kleffer gefunden, der

oder weniger bekannten Persönlichkeiten des

im 17. Jahrhundert wahrscheinlich Mumien-

Großherzogtums, die uns durch eine kurze

reste zur Herstellung von Mumia4 erworben

Erwähnung in den Publications de la Section

hatte.

historique de l’Institut (Royal) Grand-Ducal

2

3

(= PSH) 8 als Stifter der Aegyptiaca bekannt

Abb. 1

Die Aegyptiaca, welche Gegenstand der

sind, auch mehrere Ägyptenreisende befän-

Kabinettausstellung „Von den Ufern des Nil

den. Diese Annahme traf jedoch nicht zu9,

nach Luxemburg“ sind, gelangten überwiegend

denn, so Josiane Weber, „Touristenreisen

während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-

waren bis in die 1870er Jahre in der Luxem-

derts durch Schenkungen an die Section

burger Oberschicht nicht sehr verbreitet“10.

historique de l’Institut (Royal) Grand-Ducal 5 in

Lediglich Prinzessin Amalia, die mit ihrem

die Sammlungen des Luxemburger National-

Gemahl Prinz Heinrich 1869 an der Eröffnung

museums für Geschichte und Kunst (MNHA).

des Suezkanals teilgenommen hat, und ein

Sie spiegeln somit das große Interesse,

französischer Offizier im Dienst des Khediven

welches dem „Land der Pharaonen“ spätestens

scheinen die einzigen Stifter des 19. Jahrhun-

seit dem Ägypten-Feldzug Napoleons (1798 –

derts gewesen zu sein, die sich nachweislich

1801) auch in Luxemburg entgegengebracht

zuvor im Orient aufgehalten haben.

wurde. In seiner Anthologie „Vun der Sauer bis bei den Nil“ (2011) dokumentierte Pierre Marson die vielfältige Wahrnehmung des

74


2.4 Vier Horussöhne und zwei paar Flügel

Abb. 9

Hapi konnte in der ägyptischen Mythologie nicht fliegen. Dafür kannte das Figuren-Personal auf Mumien-Perlennetzen in dieser Zeit aber

Alle drei großen, fraglichen Fragmente gehören

einige andere geflügelte Götter, die einzeln

also zusammen zu Netz Nr. 2. Nun sind es nur

oder zu mehreren dort befestigt waren.

noch zwei Perlennetze insgesamt in dieser

Darunter befanden sich die Göttin Isis und der

Sammlung. Wenn man auf Netz Nr. 2 schaut,

Skarabäus Käfer. Ein anderer Skarabäus mit

so stecken in den Maschen zwei mit originalem

seinen ursprünglichen Flügeln aus blauer

Faden angebundene Figuren, die dort hin

Quarzkeramik befindet sich auch in der

gehören. Es sind die mumienförmigen Figuren,

Sammlung der Luxemburger Perlenobjekte.

die auf vielen dieser Perlennetze über dem Bauch der Mumie angebracht waren. Die vier Horussöhne sind religiöse Grundausstattung für diese Epoche der ägyptischen Bestattungskultur. Es sind gewissermaßen die Schutzheiligen der Eingeweide. Auf diesem Netz sind sie aber zu zweit noch etwas unterbesetzt. Abb. 10

Festgebunden sind hier der falkenköpfige Kebhesenuf, Schutzfigur der Gedärme und der pavianköpfige Hapi, Schutzfigur der Lunge. Es fehlen nun noch der schakalköpfige Duamutef, zuständig für den Magen und der menschenköpfige Amset, Schutzfigur der Leber. Bei einem Blick in die Kiste mit den Perlen finden sich auch gleich zwei Figuren, die auf den ersten Blick genau richtig erscheinen. Da sind sie, Duamutef, mit etwas zu kurz geratenen Ohren kaum von Hapi zu unterscheiden und dann noch ein Hapi, diesmal mit Flügeln. Was macht hier ein doppelter Hapi mit Flügeln? Wo ist Amset?

Abb. 9

drei Horussöhne bei der Montage Abb. 10

Horussohn Hapi mit Flügeln, eine falsche Verbindung der vergangenen 150 Jahre Abb. 11

geflügelter Skarabäus aus der Luxemburger Sammlung

Abb. 11

107


Stephanie Zesch, Tanja Pommerening, Burkhard Madea, Thomas Henzler, Ronny Friedrich, Wilfried Rosendahl

Zur interdisziplinären Untersuchung ägyptischer Mumienobjekte aus dem Nationalmuseum für Geschichte und Kunst Luxemburg


Abb. 11a – b

Die Innenansicht des Schädels zeigt eine Durchlochung der Siebbeinplatte an der Schädelbasis (Abb. 11a, Pfeil). Balsamierungssubstanzen in der Schädelhöhle sind nicht vorhanden (Abb. 11b).

Abb. 11a

0,4 Millimeter. Auf Basis der CT-Bilder erfolgte anschließend die anthropologische Befundung zu Fragen nach Alter und Geschlecht, Mumifizierungsart (Gehirnentnahme), Zahngesundheit und pathologisch-forensischen Befunden der

Abb. 11b

4.2 Anthropologische Ergebnisse und pathologischforensische Befunde

Person. Eine CT-Untersuchung der Mumienhand fand nicht statt.

Geschlecht zu bestimmen, wurden Form und Ausbildung von typischen Merkmalen am Schädel mit geschlechtsspezifischen Ausprägungsformen bewertet (Ferembach et al. 1979). Die Beurteilung ergab, dass es sich um den Kopf einer Frau handelt. Besonders

4.2.1 Alter und Geschlecht

die Stirn und der Überaugenbereich sowie

Die Beurteilung von Entwicklung und Durch-

die Form des Unterkieferknochens und die

bruch der Zähne (Ubelaker 1989), die Zahn-

nur geringfügig ausgeprägten Muskelansätze

abnutzung (Lovejoy 1985) und der Verknöche-

am Hirnschädel zeigen ein typisch weibliches

rungsgrad der Schädelnähte (Meindl und

Erscheinungsbild Abb. 10 a – b.

Lovejoy 1985) ergaben ein Sterbealter der Person zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr.

4.2.2 Transnasale Gehirnentnahme

Besonders das abgeschlossene Wachstum der

Die linke Nasenöffnung des Mumienkopfes

Zahnwurzeln und der vollständige Durchbruch

scheint äußerlich betrachtet leicht geweitet zu

der Weisheitszähne charakterisieren den Kopf

sein. Im CT-Bild zeigte sich eine Durchlochung

als einem Erwachsenen zugehörig. Kein Zahn

der knöchernen Siebbeinplatte (Lamina

war ausgefallen und die Kauflächen der Zähne

cribrosa) an der Schädelbasis, durch die das

zeigen kaum Spuren von Abnutzung. Um das

Gehirn über die Nase entfernt wurde Abb. 11a.

143


Katalognummer 5: Katze mit ihren beiden Jungen Abb. 6 + 7 Beschreibung: Die kleine Bronzestatuette stellt eine auf einem flachen Sockel sitzende Mutterkatze in der für die ägyptische Kunst typischen, lebensechten Haltung dar. Das Tier mit den Abb. 6

großen, runden Ohren, dessen von vorn

Abb. 7

dreieckig wirkender Kopf leicht nach unten geneigt ist, sitzt auf seinen Hinterpfoten, wobei es seine Vorderpfoten sorgfältig und äußerst elegant nebeneinander gestellt hat.

der Mutter befindet sich je ein Kätzchen

Der Schwanz liegt – wie bei Darstellungen

in ungefähr der gleichen Haltung. Das vom

dieser Art üblich – rechts neben der Katze.

Betrachter aus gesehen rechte Tierkind sitzt

99

Obwohl Details aufgrund des Erhaltungszu-

jedoch im Gegensatz zu seinem Geschwister-

standes des Objektes kaum noch sichtbar sind,

chen nicht gerade, sondern neigt sich diesem

so glaubt man, mehrere, sich parallel neben-

zu, wobei es seinen Kopf in einer Geste der

einander befindliche, feine Einritzungen am

Zärtlichkeit an dem des anderen Kätzchens

Schwanzende zu erkennen wie dies auch z.B.

reibt – aufgrund seiner genauen Beobachtung

bei der bekannten Gayer-Anderson Cat im

dieser Felidenart, v.a. deren Umgang miteinan-

British Museum (EA 64391) der Fall ist; diese

der, vermochte es der Ägypter eine naturnahe,

geben die für manche Katzen charakteristische,

ja idyllische Wiedergabe einer Katzenfamilie zu

getigerte Fellmusterung wieder.

100

Auffällig

schaffen. Zur Herstellung des Objektes an sich,

ist weiterhin die kleine, knopfartige Erhebung

bei dem es sich um Massenware handelt,

auf der Brust des Tieres, welche wohl eine

bemerkte Rainer Fischer, Restaurator am

stilisierte Wiedergabe des Skarabäus ist, mit

MNHA, folgendes: „Bei der Restaurierung

dem viele Feliden an dieser Stelle verziert

der 12 cm großen Skulptur konnten unter der

wurden, so wie z.B. das bereits erwähnte

dicken Korrosionsschicht Hinweise auf einen

Exemplar in London.

164

101

Vor jedem Vorderbein

Fehlguss festgestellt werden. Im rückwärtigen

Abb. 6 + 7

Inventarnummer: 2012-025/0006 Erwerbung: Ehemalige Sammlung von Legenissel, Schenkung durch Würth-Paquet (1857) Herkunft: Theben Datierung: Spätzeit-Ptolemäerzeit Material: Bronze Maße: H. ca. 9 cm; B. ca. 2,6 cm; T. ca. 5,1 cm Gewicht: 251,99 g (mit Sockel) Literatur: PSH 13, XXXI; Mannes, Grand Ouvrage 262 Vergleichsobjekte: Roeder, Bronzefiguren, 353 (§ 458 e, f, i), Taf. 50 g, h, k


Abbildung 18

Inventarnummer: 2012-025/0001 Erwerbung: Schenkung durch Prinzessin Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach (1870) Herkunft: verm. Theben Datierung: 2. Jh. n. Chr. Material: Holz (Sykomore) Maße: L. ca. 86 cm, B. ca. 26,5 cm, H. ca. 8,5 cm Literatur: PSH 26, 28; Mannes, Grand Ouvrage, 256 Vergleichsobjekte: Horak/Harrauer, Mumie, 58 – 61; Guidotti, Mummie, 45 – 47

Katalognummer 10: Frauenfigur von einem Sargdeckel Abb. 18 Beschreibung: der griechisch-römischen Kultur auf das Dekorationsschema stärker spürbar.

239

Die

Die Figur bestand ursprünglich aus neun unterschiedlich großen Holzstücken, wobei die

Holzsärge reihen sich hinsichtlich ihrer eher

beiden Fußspitzen, die in den Rest eingesteckt,

eckigen Form mit dem Kopf- und Fußkasten

vielleicht sogar gedübelt waren, heutzutage

nahtlos in die Entwicklungslinie der Spät- und

fehlen – lediglich die beiden etwa quadratischen

Ptolemäerzeit ein; zuweilen erscheint die

Aussparungen sind sichtbar. Dass gerade solch

Himmelsgöttin Nut auf dem Sargboden nun

hervortretende Teile abbrechen oder sich lösen

Gelegentlich wird der

und verlorengehen, ist dabei keine Seltenheit.243

in römischer Tracht.

240

Verstorbene auf dem Sargdeckel selbst in einer

Das verwendete Holz ist die in Ägypten

Tracht gezeigt, die ägyptische sowie römische

heimische und heilige Sykomore, die bereits

Elemente miteinander verbindet.

241

Der

seit frühester Zeit neben Tamariske und Akazie

Pfostensarg kommt ebenfalls noch vor, wobei

regelmäßig zum Bau von Särgen gebraucht

dieser nun allein, d.h. ohne Innensarg, ge-

wird.244 Im Gegensatz zu importierten Hölzern

braucht wird.

242

Auch wenn Särge noch nach

(z.B. Zeder aus dem Libanon) gewann man aus

dem 2. Jh. n. Chr. hergestellt und (wieder)

dem Stamm des Maulbeerfeigenbaumes

verwendet werden, so endet hier doch die

jedoch nur unregelmäßig geformte und

Blütezeit dieser Objektgruppe, die seit Beginn

vergleichsweise kleine Bretter, die dann wie

der ägyptischen Geschichte eine essentielle

beim vorliegenden Objekt zusammengedübelt

Rolle im funerären Bereich gespielt hat.

wurden.245 Bemerkenswert sind dabei die Sorgfalt und die Passgenauigkeit, die die ägyptischen Handwerker bei der Anfertigung und Montage der einzelnen Stücke aufgewendet haben. Auch die regelmäßige Gestaltung der Haarflechten, die einzeln in das Holz geschnitzt wurden, die Wiedergabe der Fingernägel und des Bauchnabels sowie die Abb. 18

180


6

Aus neu mach alt: Fälschungen Bereits in der Antike übte Ägypten, welches

soll.453 Francesco Tiradritti zweifelt nun die

als Wiege der Kultur und Weisheit angesehen

Echtheit dieses Objektes aus mehreren

wurde, eine enorme Faszination auf seine

Gründen an (z.B. aufgrund der verwendeten

Umgebung aus.

446

Dieses Interesse, als

Farben sowie der dargestellten Gänseart, die

Ägyptomanie bezeichnet, ist bis zum heutigen

wohl zu der Zeit in Ägypten nicht existierte);454

Tage deutlich spürbar.447 Um die v.a. seit dem

unklar scheint zudem – falls es wirklich eine

19. Jahrhundert ständig steigende Nachfrage

Fälschung sein soll –, ob Vassalli lediglich ein

nach ägyptischen Objekten zu befriedigen,

originales Bild restauriert oder die Gesamtkon-

wurden vermehrt Fälschungen hergestellt.

448

Zu allen Zeiten beliebt sind kleinformatige Objekte wie z.B. Uschebti,

449

Skarabäen

450

den Sachbestand klären sollen, werden zurzeit oder

in Kairo durchgeführt.456 Die Entwicklung

kleine Bronzestatuetten,451 die man als Tourist

ständig besserer Technologien wird die

preisgünstig erwerben und platzsparend

Einschätzung der Objektauthentizität in solchen

transportieren konnte. Nicht immer ist es

und anderen Fällen zunehmend erleichtern.

einfach, Fälschungen zu erkennen, so dass manche Objekte erst Jahrzehnte nach ihrer Entdeckung verdächtigt werden, modern zu sein; beispielsweise wurden einige Werke

214

struktion erfunden hat.455 Untersuchungen, die

Katalognummer 28: Gefälschter Uschebti Abb. 48 + 49

des sogenannten „Berliner Meisters“, Oxan

Beschreibung:

Aslanian, die ihren Weg in Museen und

Der vorliegende mumienförmige Uschebti aus

Sammlungen aller Welt gefunden hatten, erst

Bronze steht auf einer flachen Basis und wird

1980, als seine Unterlagen der Staatlichen

von einem Rückenpfeiler gestützt, der bis zur

Sammlung Ägyptischer Kunst in München

Mitte des kleinen Sockels reicht. Die Figur trägt

vermacht wurden, als unecht entlarvt.

eine dreiteilige, bis zum Brustansatz reichende

452

Sehr rezent ist auch die Diskussion über die

Perücke, deren einzelne Strähnen durch

Datierung der sogenannten Meidum-Gänse,

eingravierte Linien wiedergegeben werden;

eines bemalten Gipsfragmentes mit sechs

diese verlaufen auf dem Oberkopf von Ohr

Vögeln, welches der italienische Ägyptologe

zu Ohr, in der Rückenpartie – die mit einer

und ausgebildete Zeichner Luigi Vassalli 1871

horizontalen Vertiefung scharf vom Pfeiler

im Grab des Nefermaat, eines Sohnes des

abgegrenzt wurde – sowie den über die

Pharao Snofru (4. Dynastie) gefunden haben

Schultern herabfallenden Haarteilen jedoch


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Zibelius-Chen, Fragment

K. Zibelius-Chen, Das Tübinger Fragment eines Perlennetzes (Inv. 1842), in: SAK 40 (2011), 399 – 406.

240


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