Dr. Kerstin Wolff ist Leiterin der Forschungsabteilung im Archiv der deutschen Frauenbewegung (AddF) Forschungsinstitut und Dokumentationszentrum in Kassel.
„Ohne Frauen ist das allgemeine Wahlrecht nichts als eine Redensart.“ Argumentative Verschränkungen im Kampf um das Frauen- und das allgemeine Wahlrecht in Deutschland Kerstin Wolff
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at die Demokratie ein Geschlecht? Diese Frage scheint absurd zu sein, denn Demokratie als die Herrschaftsform des gesamten Staatsvolkes sollte ja gerade in ihrem Kern darin zu bestehen, dass alle beteiligt sind, dass es also keine (einen Menschen für immer) ausschließenden Kategorien gibt. Historisch betrachtet ist diese Frage allerdings mehr als berechtigt, man denke an den jahrzehntelangen Ausschluss von Frauen von den ‚allgemeinen‘ Wahlen. Allerdings wird dieser Ausschluss häufig nicht thematisiert; die Demokratie- und Wahlrechtsgeschichte ist scheinbar ‚blind‘ für diese Geschlechter-Diskriminierung.2 Hedwig Richter hat die These aufgestellt, dass dies daran liegt, dass die Demokratiegeschichte als Revolutionsgeschichte erzählt wird: „Der zentrale Punkt dieses geradezu globalen Demokratienarrativs lautet: Demokratiegeschichte ist ein revolutionärer Kampf von unten gegen oben. Dabei versteht es sich von selbst, dass diese Geschichte in aller Regel eine Männergeschichte ist.“3 Ein weiteres Problem kommt meiner Meinung nach noch dazu: In der klassischen Demokratie- und Wahlforschung gab es lange die Tendenz, sich ausschließlich auf Wahlen zum nationalen Parlament zu konzentrieren. Wahlen in Kommunen oder Städten wurden viel seltener untersucht. Dies führte dazu, dass kommunale Sonderregelungen übersehen wurden, die durchaus aufschlussreich sind, wenn man sich der Geschlechterfrage im historischen Wahlrecht zuwendet. Aus den wenigen Forschungen zu den kommunalen Wahlsystemen geht nämlich deutlich hervor, dass im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas Normen und Praktiken des Wählens aufgestellt worden waren, in denen weniger das Geschlecht als vielmehr Vermögen, Einkommen, Bildung und auch Staatsangehörigkeit definierten, wer wählen durfte und wer nicht. Daher wurden auch viele Männer von Wahlen in ihren Stadtgemeinden ausgeschlossen. Interessant an diesem System ist nun, dass es durchaus vorkommen konnte, dass Frauen aufgrund ihrer sozialen Stellung oder aufgrund von Besitz in den Wahlakt inkludiert wurden – obwohl sie Frauen waren. Birgitta Bader-Zaar hat festgestellt, 25
Éloïse Adde est Marie Skłodowska-Curie fellow à l’université Saint-Louis (Bruxelles). Spécialiste de la Bohême, elle s’intéresse à la culture politique et à l’apparition concomitante d’une nation et d’un espace public au Moyen Âge et au début de l’époque moderne. 36
Élire le roi. Une fausse généalogie de la pratique de l’élection contre la succession héréditaire en Bohême au XIVe siècle Éloïse Adde
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ommunément, la notion de principe électif n’est pas associée à l’Ancien Régime, encore moins à l’époque médiévale. L’élection est en effet intrinsèquement liée, dans l’histoire de la vie politique, à l’avènement du citoyen, lui-même situé dans le sillage des révolutions américaines et française, le Moyen Âge étant traditionnellement considéré comme la « nuit de la raison politique » (Julien Théry).1 Pourtant, le principe électif est omniprésent dans le monde ecclésiastique médiéval.2 C’est d’ailleurs au sein de l’Église que le vocabulaire de l’élection a été forgé.3 L’Église, mais aussi les communautés urbaines et les universités sont en effet les lieux où les procédures qui ont donné les nôtres ont été expérimentées, éprouvées. Mon propos n’est pas de dire que le Moyen Âge ne serait pas moins moderne que la période dans laquelle nous vivons. Je voudrais bien plutôt vous proposer, à travers cet article: premièrement, de rompre avec une vision téléologique de l’histoire du politique ; deuxièmement, de relativiser l’association traditionnelle entre élection et progrès et replacer, à travers un exemple concret, l’émergence des pratiques électives dans leur contexte pour ainsi mieux en comprendre la teneur et la fonction. Cet exemple correspond à la justification de l’élection du roi, telle qu’elle figure dans la Chronique dite de Dalimil.4 Premier texte historiographique écrit en tchèque dans la Bohême des années 1309-1313, cette chronique continue d’être nommée d’après l’auteur qui lui fut erronément attribué, un certain Dalimil de Mezeřice, chanoine de l’église de Stará Boleslav, et c’est donc ainsi que je continuerai de nommer son auteur. Portant sur le passé et la tradition, qui est alors la plus haute autorité à côté de la parole révélée dans le système de valeurs médiéval, l’histoire était le récit privilégié pour légitimer une revendication ou un pouvoir5 et c’est donc très naturellement que Dalimil y recourut pour faire passer ce qui peut être assimilé à un véritable programme politique : donner le pouvoir à la noblesse. Sa chronique date de l’extinction de la dynastie des Přemyslides (1306) qui déboucha sur l’avènement de Jean de Luxembourg en 1310. Sous 37
Dr. Andreas Biefang ist Stellvertreter des Generalsekretärs und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e.V., Berlin. 48
Dynamik im Obrigkeitsstaat. Das allgemeine Wahlrecht für Männer und seine Bedeutung für das Deutsche Kaiserreich 1867/71–1914 Andreas Biefang
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n Deutschland wurde das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Männer im europäischen Vergleich sehr früh eingeführt. Allerdings geschah dies nicht in einem der über dreißig Staaten und Städte, die den 1815 gebildeten Deutschen Bund ausmachten, sondern auf nationaler Ebene. Nach dem revolutionären Zwischenspiel von 1848/49 genoss das demokratische Männerwahlrecht seit 1867 Verfassungsrang im Norddeutschen Bund und seit 1871 im Deutschen Reich. Lediglich in der Schweiz und in Frankreich gab es vergleichbare Wahlrechte, wobei allerdings im französischen Fall das Wahlrecht durch das System der offiziellen Kandidaten und die geringen Einflussmöglichkeiten der Abgeordnetenkammer faktisch entwertet war.1 In meinem Beitrag möchte ich zunächst die Gründe erläutern, die zu der frühen Etablierung des demokratischen Wahlrechts ausgerechnet im obrigkeitsstaatlich geprägten Preußen-Deutschland geführt haben. Anschließend werde ich in der gebotenen Kürze anhand von drei Beispielen zeigen, welche weitreichenden Folgen dies für die politische Kultur des Kaiserreichs hatte: Das Wahlrecht entfesselte eine unumkehrbare politische Dynamik, die die für seine Implementierung verantwortlichen Personen überwiegend nicht intendiert hatten.
Wahlrecht und Nationalstaat – Gründe für die frühe Einführung des Wahlrechts Laut Artikel 20 der Verfassung von 1867/1871 galt im Deutschen Reich das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht.2 Es garantierte jedem Mann nach Vollendung seines 25. Lebensjahres das Recht zur Wahl, sofern er nicht Armenunterstützung bezog oder „bei der Fahne“ war. Es brachte einen Großteil der erwachsenen männlichen Bevölkerung – gut 20 Prozent der Gesamtbevölkerung – in eine unmittelbare Beziehung zu den Institutionen 49
Max Schmitz ist Sekundarschullehrer in Luxemburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der katholischen Universität Louvain (UCL). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Handschriften und Archivalien. 60
Vox populi, vox Rindvieh? Stimmen aus der luxemburgischen Bevölkerung zum allgemeinen Wahlrecht (1848-1919) Max Schmitz
In Erinnerung an Patricia von Kunitzki
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spe’deren Historiker entresse’ert sech vleicht derfir nozeweise, we’ den Ausgank vun den ênzele Walen op de Parteien hir resp. Genschdegket dem allgemenge Stemrecht ge’ntiwer gewirkt.“1 Dieses Zitat aus der nationalistischen D’Natio’n verweist auf die Machtspiele in der Frage der Wahlberechtigung. Erst 1919 wird in Luxemburg das Zensuswahlrecht abgeschafft. Im Vergleich mit den Nachbarstaaten führt Luxemburg das Universalwahlrecht recht spät ein: So existiert ein gemäßigtes allgemeines (Männer-)Wahlrecht in Belgien seit 1893, das allgemeine Wahlrecht in Frankreich seit 1848 und im Deutschen Reich seit der Gründung (1866/1871). Weshalb dauert es hierzulande verhältnismäßig lange bis zur Einführung, obwohl bereits 1848 dieses Wahlrecht gefordert worden ist und der Sozialdemokrat Michel Welter schon 1912 feststellt: „Dans la Chambre tout le monde est partisan du suffrage universel“?2 Auf diese Frage soll dieser Beitrag eingehen. Andere wichtige Fragen, die erörtert werden sollen, sind, wann die Diskussionen um das Wahlrecht intensiver wurden und welche Akteure sich für das allgemeine Wahlrecht einsetzten. Im Vordergrund dieser Untersuchung stehen aber die Argumente, die in Luxemburg ins Feld geführt wurden, um, das – aus heutiger Sicht – ungerechte Wahlsystem zu verteidigen bzw. anzugreifen. Dabei geht es nicht vorrangig um die Debatten im Parlament oder Staatsrat, sondern um die in der Presse und allgemein in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen, wohl wissend, dass vielen Zeitungen eine gewisse Nähe zu bestimmten Politikern oder Parteien zu attestieren ist. Laut Historikerin Renée Wagener ist „die Diskussion um das Wahlrecht bis zur Jahrhundertwende kaum geführt“ worden,3 also müsste sie sich erst später zu einem wiederkehrenden Wahlkampfthema entpuppt haben. Diese Aussage kann man nicht als unwahr bezeichnen, aber es kommt darauf an, was man unter „kaum“ versteht. So schreibt Michel Dormal nämlich: „Anders als die Regierung 61
Viktoriya Sukovata is Ph. D. and Doctor of Habilitation in Сultural Anthropology, professor of Theory of Culture and Philosophy of Science Department, Kharkiv National Karazin University. 74
Women’s Education and Right to Vote in the Russian Empire as a Part of an Emancipatory Project Viktoriya Sukovata
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n Ukraine as well in the rest of the Russian Empire, women had access neither to public higher and secondary education nor to voting rights. It was not until 1917 that women of the Russian Empire received the opportunity to vote and to participate in the elections.1 There are several specificities in the development of women’s voting ideas in the Russian Empire. The concept of women’s political rights, in particular the right to vote, did not exist in the public and political mentality of the Russian society before the 19th century. This absence was related to the historical situation that neither women nor men had voting rights, since there were no elections in the absolute monarchy. For that reason, up to the end of the 19th century, the idea of a female political subject developed within the framework of women’s emancipation and a right for higher and professional education for women. As contemporary feminists write, the issue of political subjectivity of women was raised together with issues of female citizenship status,2 the demands for the education of women and their economic independence, culminating in the demand for the right to suffrage.3 Thus, women’s emancipation was one of the main issues in European public debates of the 19th century4 and female access to higher education (as a representative component of the emancipation) was in the centre of the social democratic activity in the Russian Empire at the same time. Western scholars underline that the struggle for women’s higher education in the Russian empire was closely connected to the modernization of Russia and the development of political rights of women as citizens.5 The American historian Richard Stites considers the struggle for higher education for women as a significant part of the revolutionary political process in Russian empire of the 1870s-1890s.6 It was the development of women’s education in the Russian Empire that first stimulated the ideas ofcivil rights for women and of gender equality. The concepts of political rights and the right to vote developed with the expansion of the education of masses which was an extremely important factor in the 75
Jacques Maas est historien-chercheur au C2DH de l’Université du Luxembourg. 86
La question du suffrage universel à l’époque du Bloc des gauches (1905-1916). Pourquoi le Bloc des gauches n’a-t-il pas introduit le suffrage universel en 1912 ? Jacques Maas
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e 8 mai 1919, l’Assemblée Constituante vota l’instauration du suffrage universel au Luxembourg, accordant le droit de vote à tous les citoyens luxembourgeois majeurs des deux sexes. Comparé aux Etats voisins, le Luxembourg était demeuré jusqu’alors le seul Etat, dont le régime électoral se trouvait encore établi selon le mode de suffrage censitaire. Il importe à l’historien et au politologue de s’interroger sur les raisons qui ont fait que le Luxembourg a mis autant de temps à introduire le suffrage universel. Un premier élément de réponse est d’ordre politico-constitutionnel : Au Luxembourg, le régime électoral censitaire se trouvait inscrit dans la Constitution de 1868, toujours en vigueur en 1919. En d’autres termes, pour abroger les articles 51 et 52 de la constitution traitant du droit de vote, il fallait nécessairement passer par une révision constitutionnelle qui nécessitait une majorité des deux tiers au parlement, ce qui rendait toute modification difficile à réaliser. Pourtant, le régime électoral luxembourgeois aurait peut-être connu une évolution distincte, si le Conseil d’État ne s’était pas opposé en 1868 à une proposition de la commission parlementaire spéciale en charge de la révision constitutionnelle (et dont le rapporteur n’était autre que le jeune député Paul Eyschen, futur ministre d’État), proposition visant à inscrire la faculté de pouvoir abolir le régime électoral censitaire et d’introduire le suffrage universel par voie législative, donc sans passer par une révision constitutionnelle. Sans l’opposition du Conseil d’État en 1868, la question du suffrage universel aurait bien pu connaître une évolution plus rapide au Luxembourg.1 Une deuxième raison est d’ordre politico-conjoncturel : Il s’en est fallu de peu que le suffrage universel eût été introduit dès l’époque d’avant-guerre, en 1912-1913. 87
Dr. habil. Ibolya Murber ist Universitätsdozentin am Historischen Institut der Lóránd-EötvösUniversität Budapest. 102
Der Erste Weltkrieg und beschleunigte Demokratisierung. Wahlrecht und Wahlen in den Verliererstaaten Österreich und Ungarn Ibolya Murber
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rei zentrale Ansprüche der Französischen Revolution – Nation, politische Partizipation und soziale Gerechtigkeit – sind in der europäischen und globalen Modernität richtungsweisend geworden. Diese Forderungen standen oft in Wechselwirkung und entwickelten eine länder- und imperienspezifische Eigendynamik. Im 19. Jahrhundert war vor allem die Frage der Nation zum bestimmenden Faktor des politischen Handelns geworden. 1848 kam die Forderung nach politischer und nationaler Freiheit im Zuge liberaler Bewegungen hinzu. In der Revolutionswelle waren besonders im östlichen Europa, somit auch in der Habsburgermonarchie, die nationale Frage und der Wunsch nach Überwindung feudaler, autokratischer Herrschaft engstens miteinander verknüpft. In der Arbeiterbewegung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbanden sich deren Forderungen erneut mit den Ideen der Französischen Revolution zu mehr Demokratie und größerer sozialer Gerechtigkeit. Selbst die international ausgerichtete Arbeiterbewegung konnte sich zudem der Anziehungskraft des Nationalismus nicht entziehen. Spätestens zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Arbeiterbewegung vollständig national integriert: Eine eindeutige nationale Bindung der sozialdemokratischen Parteien zeigte sich darin, dass sie als parlamentarische oder außerparlamentarische Oppositionsparteien ihre jeweiligen Regierungen, außer Irland und Russland, im Krieg unterstützten. Infolge des langen Fortdauerns des Weltkrieges gewannen neben dem Nationalen auch die demokratischen und sozialen Forderungen in den politischen Diskursen ab 1916 wieder mehr Platz, oftmals gepaart mit der Forderung nach Frieden.1 Diese drei sich verzahnenden Themenfelder der Französischen Revolution formten 1918 schließlich auch die Kriegsfolgenbekämpfung der jeweiligen Staaten. Die Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechtes war somit ein integraler Bestandteil des Krisenmanagements in mehreren europäischen Staaten, auch in Österreich und Ungarn.2 103
Dr. Renée Wagener ist Historikerin und Ko-Kommissarin der Ausstellung #wielewatmirsinn. Sie forscht zur Geschichte der Emanzipationsbewegungen. 116
Haben die Frauen die Luxemburger Monarchie gerettet? Diskurse über Frauen im Kontext der Einführung des Frauenwahlrechts Renée Wagener
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m 28. September 1919 wurde in Luxemburg das erste Referendum abgehalten. Dabei ging es zum einen um die Frage, ob die Monarchie weiterbestehen oder eine Republik eingeführt werden sollte, zum anderen um die einer zukünftigen Wirtschaftsunion mit Belgien oder Frankreich. Ebenfalls zum ersten Mal fand damit eine Abstimmung unter den Bedingungen des allgemeinen Wahlrechts für Frauen und Männer statt, wenn auch die Teilnahme nicht obligatorisch und das Ergebnis nicht bindend war.1 Die Luxemburger Monarchie stand seit Kriegsende stark unter Druck. Großherzogin Marie Adelheid, der von linker und liberaler Seite ein autokratischer Herrschaftsstil und eine deutschfreundliche Haltung während des Krieges vorgeworfen wurde, dankte im Januar 1919 zugunsten ihrer Schwester Charlotte ab. Beim Referendum sprachen sich die Wählerinnen und Wähler mit 77,8 Prozent der gültigen Stimmen für den Erhalt der Monarchie aus. In der luxemburgischen Zeitschrift forum hieß es dazu in einem Rückblick von 1989: „Die klassische Erklärung führt diese erdrückende Mehrheit auf das Frauenwahlrecht zurück: Die Frauen hätten massenhaft für die Monarchie gestimmt (und für die Partei der Rechten bei den Wahlen vom 26. Oktober).“2 So hielt etwa der Autor Nico Schaefer für die ersten Parlamentswahlen am 26.10.1919 fest: „Es gab sicherlich eine große Zahl von Arbeiterfrauen, die sozialistisch wählten, aber es ist recht bekannt, dass die konservativen Parteien und besonders jene mit konfessionellem Charakter stets eine erhebliche weibliche Klientel hatten.“ Diese These wurde nicht erst von der Geschichtsforschung aufgestellt. Nicole Verougstraete-Comeliau erwähnte, die Frauen hätten damals als „monarchistisch (aus Sentimentalität) und pro-französisch (der Mythos des „Poilu“!) gegolten“.3 In der Tat gab es bereits im Vorfeld des Referendums die Einschätzung, dass die Frauen die Monarchie stützen würden. Dazu trug die Tatsache bei, dass die Regierung unter Staatsminister Émile Reuter im November 1918 den 117
Ben Fayot est historien. Il a été pendant de longues années parlemantaire au Luxembourg et au Parlement européen. Il a présidé le Parti ouvrier socialiste luxembourgeois LSAP de 1958 à 1997. 134
Le suffrage universel, la loi électorale et les partis au Luxembourg Ben Fayot
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e système politique du Luxembourg a déjà été largement traité dans des publications importantes.1 À partir de ces recherches, on peut relever quelques spécificités comme le mode électoral et le rôle des partis. Après cent ans d’existence, elles peuvent sembler dans la nature des choses pour la grande majorité des citoyen-ne-s alors qu’elles n’ont pas toujours été aussi évidentes. Il peut être utile d’en rappeler la genèse cela d’autant plus que des revendications s’élèvent ici et là pour mettre en question la pertinence de certains aspects de la loi électorale pour la vie politique d’aujourd’hui. Une Chambre constituante censitaire La tâche de la Chambre constituante de 1918-1919 était d’introduire le suffrage universel, ce qui revenait à remplacer un système de notables par un système démocratique. C’était une Chambre de notables, élus censitaires, qui en fut chargée. Pour la dernière fois, le système majoritaire fut utilisé le 28 juillet et le 4 août 1918 afin d’élire la Constituante. À Luxembourg-ville, la logique du bloc des gauches fonctionna encore en faisant élire deux libéraux et deux socialistes et en éliminant la droite catholique. Dans le canton d’Esch par contre, cette logique fut remplacée par celle d’un cartel électoral entre le parti socialiste et le parti populaire, bras politique du syndicat neutre BHAV, avec la connivence de la droite.2 Les socialistes y remportèrent dix des quinze sièges du canton, et le parti populaire cinq. Dans les autres cantons, la droite s’imposa largement et dans une moindre mesure les libéraux. La Chambre constituante était composée de vingt-trois députés de la droite, de douze socialistes, de dix libéraux et de cinq députés populaires. La majorité de la droite avec les socialistes et les députés populaires était suffisante pour imposer ses vues aux libéraux. Il faut cependant rappeler que la discipline parlementaire générée par le système majoritaire n’était pas très rigoureuse. 135
Thierry Grosbois est Research Fellow au Robert Schuman Institute of European Affairs de l’Université du Luxembourg. Il est également conseiller pédagogique à l’Université Catholique de Louvain. 148
La Chambre des Députés du Luxembourg face au communisme et à la guerre froide Thierry Grosbois
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analyse des sessions parlementaires luxembourgeoises constitue pour l’historien de la guerre froide une source essentielle pour approcher les positionnements politiques relatifs à la question militaire et à l’entrée du Grand-Duché dans des alliances internationales (telles que l’ONU) puis régionales (telles que le Traité de Bruxelles de 1948 ou l’OTAN en 1949). L’armée luxembourgeoise d’après-guerre a été instaurée par simple arrêté grandducal, daté du 30 novembre 1944, pris par le gouvernement revenu en exil de Londres, peu après la Libération. Pour la première fois dans l’histoire du GrandDuché, cet arrêté gouvernemental instaure le service militaire obligatoire. Il s’agit à l’époque de contribuer à l’effort de guerre et à la future occupation interalliée de l’Allemagne, à la suite d’une demande provenant du général Eisenhower, commandant en chef allié. Cet arrêté, signé par tous les ministres du gouvernement, en ce compris socialistes, n’a pas été soumis formellement à l’approbation parlementaire, car l’Assemblée consultative, dans l’attente de nouvelles élections législatives, n’est instaurée qu’en février 1945. Il faudra attendre la loi du 23 juillet 1952 pour que l’organisation de l’armée luxembourgeoise soit basée sur une loi votée par la Chambre des Députés.1 Deux ans après le déclenchement de la guerre de Corée. Le 9 août 1945, l’Assemblée consultative approuve la Charte de San Francisco, fondant l’ONU. Selon le ministre Joseph Bech, la Charte n’implique pas d’obligations militaires internationales, qui devraient toujours obtenir l’approbation préalable de la Chambre des Députés.2 Cette interprétation ministérielle est restrictive, comme le révélera l’impact des décisions prises à l’ONU sur l’implication militaire luxembourgeoise en Corée. Lors de l’adhésion du Grand-Duché à l’ONU, les deux partis majoritaires (PCS et Groupement démocratique) justifient à la Chambre des Députés le service militaire obligatoire en se basant sur les articles 42 et 43 de la Charte des Nations Unies qui exigent la mise à disposition de forces armées par tous les États membres. La Charte de l’ONU a donc été adoptée par le Luxembourg avant les premières élections d’après-guerre, qui se tiennent en octobre 1945. 149
Dr. Christine Mayr ist Archivarin bei der Chambre des Députés in Luxemburg. 162
„Bleiwt um Krautmaart!“1 Die Debatten um den gescheiterten Neubau der „Chambre des Députés“ (1978-1980): zur symbolischen Funktion des Parlamentsgebäudes in Luxemburg Christine Mayr
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ls Parlamentspräsident Charles-Jean Simons in einer Sitzung im Juni 1901 darauf hinwies, dass die luxemburgische Regierung sich der Frage nach einer neuen Lokalität für die Parlamentarier in Kürze annehmen müsse,2 konnte er nicht ahnen, wie viele Jahrzehnte der Diskussionen über eben dieses Thema den luxemburgischen Abgeordneten noch bevorstehen würden. Sein Hinweis auf unangemessene Räumlichkeiten und die Notwendigkeit, einen neuen Standort zu suchen, da sich das Parlamentsgebäude nicht für Vergrößerungen eigne,3 blieb lange ungehört. Erst in späteren Diskussionen wurde er häufig zitiert und seine damalige Aussage als Beleg für die Überfälligkeit einer Entscheidung herangezogen, die schließlich erst am Ende des 20. Jahrhunderts getroffen werden sollte. Das luxemburgische Parlament erhielt in den Jahren 1858 bis 1860, etwas mehr als ein Jahrzehnt nach seiner Gründung, ein eigenes Gebäude im Zentrum der Stadt Luxemburg, in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Palais de Gouvernement“, das inzwischen zum Sitz des Großherzogs geworden war.4 Zuvor hatten die Abgeordneten als „assemblée itinérante“ in verschiedenen anderen Gebäuden getagt.5 Der Bau des Luxemburger Abgeordnetenhauses lag von seinem Zeitpunkt her international im Trend – wurden doch zahlreiche Parlamentsgebäude im Laufe des 19. Jahrhundert errichtet.6 Bereits wenige Jahre nach seiner Fertigstellung waren die Klagen über Platzmangel im Parlamentsgebäude zahlreich und deutlich zu vernehmen, sodass schon 1880 erste bauliche Erweiterungen durchgeführt wurden.7 Weitere Maßnahmen zur Vergrößerung des Sitzungssaales sowie des gesamten Gebäudes wurden dann in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vorgenommen.8 Nichtsdestotrotz blieb das Problem der allzu beengten Verhältnisse auch nach dem Zweiten Weltkrieg bestehen9 und führte dazu, dass in den 1950er und 1960er Jahren die Frage des Neubaus erneut aufgegriffen wurde. Dabei zog man verschiedene Standorte für ein neues Parlament in Erwägung.10 In mehreren Fällen waren die Planungen 163
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« Nous avons l’honneur d’être rangés parmi les peuples civilisés, parce que nous avons lutté pour obtenir une Constitution qui est, avant tout, exigée pour le bonheur d’un peuple civilisé. »1 La pratique des élections au Luxembourg vue à l’aune de l’étranger (1848-2020) Régis Moes
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n 1875, le quotidien L’Indépendance luxembourgeoise qualifie le Luxembourg de pays civilisé à cause de sa constitution de 1868 qui consacre le suffrage censitaire. La place du Luxembourg au sein de la communauté internationale a marqué de nombreuses discussions sur les modalités d’élection tout au long des 19e et 20e siècles. Le Luxembourg n’a pas évolué en vase clos. Les influences de l’étranger ont été suivies, adoptées et adaptées souvent, rejetées parfois. Nous évoquerons d’une part les influences et inspirations étrangères du système luxembourgeois au 19e siècle, le contexte international de l’introduction du suffrage universel au Luxembourg en 1919 et les évolutions qu’a connu l’expression du suffrage au Luxembourg au cours des cent dernières années. L’histoire politique luxembourgeoise se contente souvent de faire une simple chronique des changements législatifs sur les modalités d’élection, sans les mettre en relation avec les pratiques étrangères. Certes, certains auteurs sont conscients des inspirations étrangères, comme Ben Fayot qui déclare que « Le système actuel est inspiré des systèmes étrangers (Belgique, scrutin proportionnel mais sans les listes bloquées, Suisse pour le quotient électoral Hagenbach-Bischof) », tout en insistant sur la spécificité du panachage luxembourgeois qui accorde une importance extrême au personnalités politiques au détriment des partis.2 En affirmant qu’il « faut se garder d’un discours qui a tendance à noircir le contexte luxembourgeois, la situation n’est ‘ni meilleure, ni pire’ que dans d’autres pays comparables, elle est surtout autre », Fernand Fehlen se place également dans une perspective qui différencie le système électoral luxembourgeois.3 Insister sur les spécificités luxembourgeoises est certes utile, mais le nationalisme méthodologique qui caractérise cette approche historiographique devrait être remis en question afin de comprendre les enjeux qui se cachent derrière les discours de l’époque que les évolutions des systèmes électoraux dans les pays voisins permettent d’éclairer. 175
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100 ans de suffrage universe! au Luxembourg et en Europe
100 ans de suf frage universel au Luxe1nbourg et en Europe
100 Jahre aligen1eines \Nahlrecht in Luxen1burg und in Europa
100 Jahre allgemeines \Vahlrecht in LL1xemburg und in EL1ropa
1\ctcs du colloquc
Au mois de fevrier 2020, la Chambre des Deputes etle f\1usee national d'histoire et d'art de Luxembourg ont organise un colloque scientihque dans le cadre de l'e.xposition mvielewatmirsinn - 100 ans de Si{[fmge universe/ au Luxembourg. Les intervenantes et intervenants ont tente de repondre a des questionnements tres divers : Comment s'est developpee la revendication du suffrage universel en Europe? Quel role a joue le suffrage des fenu11es clans cette bistoire? Quelles formes la democratie parlementaire a+elle prises apres la Premiere Guerre mondiale au Luxembourg et ailleurs? Les contributions presentees a cette occasion et reprises clans le present volume portent sur la lutte pour les droits politiques clans diff erents pays d'Europe, notamment au Grand-Duche. Des auteurs issus d'univers divers tentent d'aborder ces questions a travers differents prismes : bisto.ire, sciences politiques, sciences sociales, etucles de genre. architecture. etc.
i\ctes ciu colloc1ue
Im Rabmen der Ausstellung #wielewatrnirsinn - 100 Jahre allgemeines Wahlrecht in Luxemburg organisierten die Abgeordnetenkanm1er und clas Nationalmuseum for Gescbichte und Kunst i11 Luxemburg ein Kolloquium, dessen Beitrage von v\Tissenschaftlerim1en und Wissenschaftler mit unterschiedlicben Forschungsschwerpuntten in vorliegendem Band ver6ffentlicht werclen. Sie behandeln verschiedenste Fragestellungen rund um clas Thema der Ausstellung: Wie entstand und entwickelte sich die Forderung nach einem allgemeinen Wah.lrechtin Europa? Welche Rolle spielte clabei das Frauenwahlrecht? \Nelche Formen nalu11 vor diesem Hintergrund die parlamentarische Demokratie nach elem Ersten Weltkrieg in Luxemburg und anclerswo an? Die Beitrage gehen auf den Einsatz fi.'ir politische Rechte in verscbiedenen Landern Europas ein, vor allem aber in Luxemburg, und beleuchten deren tatsachliche Umsetzung sowie il1re Auswirkungen i11 den folgenden Jahrzebnten. Das Themenspektrum kom1te vielfaltiger kaum sein: Geschichte, Politikund Sozialwissenschaften, Genderstudien, Arc.hitel-:tur...
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