Heed Audio Quasar review

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Phonovorverstärker

9 x 6 x 22 M HiFi aus Ungarn? Aber ja doch. Hatten wir in „LP“ auch schon. Und das mit einer derart überzeugenden Darbietung, dass das kein Einzelfall bleiben durfte. Bitte schön: Heed, zum Zweiten

anche Leute scheren sich einfach einen feuchten Kehricht um das marketingmäßig doch so wichtige Äußere ihrer Geräte. Oder doch nicht? Mag das schlichte schwarze Metallgewand mit Acrylfront der Heed‘schen Elektronikkomponenten so ganz langsam doch ein echtes Markenzeichen geworden sein? Es wäre ihnen zu gönnen, denn die Idee, ein ganzes HiFi-Universum in kleine Kästchen mit den in der Überschrift aufgelisteten Abmessungen zu packen, hat zweifellos Charme. HiFi zum Hören, nicht zum Angucken. Hörenswert waren in jedem Falle die in LP 3/2006 getesteten Plattenspieler-Zusatznetzteile vom Typ „Orbit“, die in der gleichen Behausung stecken wie unser Proband hier – oder auch diverse Vor- und Endverstärker aus dem Lieferprogramm des Herstellers. Eine 9 mal 6 Zentimeter große Front fasziniert optisch eher nicht, aber das muss sie bei der geneigten Klientel auch nicht: Entscheidend ist das, was hinten rauskommt.

Zudem hat das Konzept noch den Vorteil, dass es recht preisgünstig zu machen ist, so dass hier jeder Euro in der Schokolade steckt, und nicht in der Verpackung. Der Phonovorverstärker „Quasar“ ist ein Spitzenmodell. Das bedeutet bei Heed, dass er zwei der Standardgehäuse belegen darf und außerdem unglaublich teuer ist: 800 Euro. Kennen Sie einen anderen Hersteller, der ein Gerät in dieser Preisklasse als kompromisslose Spitzenlösung anpreist? Unter anderem das macht die Angelegenheit sehr sympathisch. Der Quasar ist ein sehr universeller Vorverstärker für MM- und MC-Systeme. Und wie sich das für ein Spitzengerät gehört, hat er – nein, keine zehn Millimeter dicke Alufront und auch keinen kochtopfgroßen Ringkerntrafo, aber immerhin ein ausgelagertes Netzteil. Jenes wird mit einem beidseitg steckbaren Kabel an die eigentliche Verstärkereinheit angeschlossen, Funkamateure identifizieNr_3-2007


ren die verwendeten vierpoligen Steckverbinder zielsicher als solide Mikrofon-Verbinder. Im Netzabteil stellt ein niedliches Ringkernchen (das dem Vernehmen nach trotzdem 60 VA Belastbarkeit stemmen soll) zwei Wicklungen bereit, die einmal nicht zu einer Doppelspannung weiterverarbeitet werden, sondern zu zwei einzelnen „unipolaren“ Betriebsspannungen – für jeden Kanal eine. Dabei helfen ihm ein diskret aufgebauter Brückengleichrichter und zwei dicke Elkos – pro Kanal, versteht sich. Im Verstärkerabteil geht‘s ungleich komplexer zu: Nix is mit den üblichen achtbeinigen Krabbelkäfern in Gestalt integrierter Operationsverstärker, hier geht‘s hundertprozentig voll diskret zu. Ergo: 21 Einzeltransistoren und Heerscharen von guten Metallfilmwiderständen pro Kanal werkeln auf einer streng spiegelsymmetrischen Platine (übrigens ein exzellenter Layout-Job) an der Verstärkung der mehr oder weniger winzigen Tonabnehmersignale. Und für die exakte Anpassung an diverse Ein- und Ausgangskonfigurationen hat Heed einiges getan. Die MC-Sektion ist in der Verstärkung dreistufig veränderbar, auch sehr leise Abtaster sollten hier optimale Arbeitsbedingungen finden. Sparsamkeit herrscht bei der Auswahl der MC-Abschlussimpedanzen vor: 100. 220 und 470 Ohm sind zwar eine feine Sache, aber spätestens seit LP 2/2007 wissen wir, dass auch MC-Tonabnehmer mitunter gerne an 47 Kiloohm laufen. Das geht mit dem Quasar nicht – es sei denn, Sie können Ihren Händler oder den Vertrieb dazu überreden, einen der eingebauten Widerstände gegen Ihren Wunschwert auszutauschen. Im MM-Betrieb gibt‘s natürlich normgemäße 47 Kiloohm, dann hat die MC-Verstärkerstufe nämlich komplett Pause. Fürs Umschalten muss man in jedem Falle einen Inbusschlüssel bemühen und diverse Steckbrücken an die richtige Position stöpseln. Achtung: Für die MM-/MC-Umschaltung muss man gleich vier „Jumper“ umsetzen, da vergisst man gerne zwei. Die Wahl der Eingangsimpedanz und der MCVerstärkung erfolgt in gleicher Manier. Ein Teil der Transistor-Armada ist übrigens als Spannungsregler verschaltet – natürlich kanalweise und für die MM- und MCVerstärkerstufen getrennt. Das ist eines Spitzenmodells würdig. Was gibt‘s sonst noch? Ein halbes Dutzend Elkos puffert die Eingangsspannungen vom Netzteil, zwei

große Folienkondensatoren entfernen die Gleichspannungsanteile (bedingt durch die „unipolare“ Versorgung unvermeidlich) aus dem Ausgangssignal. Ausgangssignal. Gutes Stichwort. Dafür gibt‘s nämlich gleich zwei Buchsenpaare auf der Geräterückseite, die sich im Pegel unterscheiden und gleichzeitig verwendet werden können. Die Vertriebs-Webseite empfiehlt den gleichzeitigen Anschluss von Vorverstärker und Aufnahmegerät (so vorhanden) oder eine direkte Verbindung zur Endstufe. Letzeres verstehe ich nicht so ganz, weil komfortables Musikhören ohne Lautstärkesteller meiner bescheidenen Meinung nach nicht so ganz einfach ist. Im Normalfall wird man den Vorverstärker wohl an „High Out“ anschließen und kommt so sogar schon bei mittlerer MCVerstärkung auf über 65 Dezibel Gesamtverstärkung, was für die allermeisten MCs reichen dürfte – und eine Schippe drauflegen kann der Heed im Zweifelsfalle noch. Der „Low Out“ ist demgegenüber gleich 15 Dezibel leiser. Datenmäßig gibt‘s übrigens fast nichts zu bekritteln, so dass der Heed Orbit denn schnell auf seine angestammte Spielwiese – sprich: ins Rack – durfte. Wie schon bei vielen anderen Phonovor­ stufen, tut auch ihm eine gewisse Beschrän­ kung in Sachen Verstärkung gut: Wenn Sie den maximalen Faktor nicht brauchen, dann schalten Sie besser einen Gang herunter, der Quasar dankt es mit einem etwas volleren und geschlosseneren Klangbild. Zwischen der mittleren und der unteren Verstärkungseinstellung hingegen tut sich klanglich nicht mehr viel. Das gilt auch für die beiden Ausgänge, wobei der lautere, wie gesagt, der praxisgerechtere ist. Widerstehen Sie bitte der Versuchung, die beiden niedlichen Schachteln direkt nebeneinander ins Regal zu stellen. Wie jedes Gerät, das Signale im Mikrovoltbereich aufzubereiten hat, verträgt der Verstärker keine Netztrafos in unmittelbarer Nähe

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Mitspieler Plattenspieler: ·T ransrotor Fat Bob ·C learaudio Master Reference CMB Tonarme: ·S ME 309 ·H adcock GH-228 Tonabnehmer: ·C learaudio Goldfinger ·D enon DL-103R ·D enon DL-103 Vorverstärker: ·H ovland HP-100 Endverstärker: ·S ymAsym Lautsprecher: · L umen White Silver Flame

Gegenspieler Phonovorverstärker: ·M alValve preamp 3 phono ·T rigon Advance

Das „Heck“ offenbart Ungewöhnliches in Gestalt von zwei Paar Ausgangsbuchsen mit unterschiedlichem Pegel

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Phonovorverstärker

Chuck Mangione – Children Of Sanchez

Gespieltes Chuck Mangione

Children Of Sanchez

Bruce Springsteen Devils And Dust

Holly Cole Untitled

Oscar Peterson Trio West Side Story

Heed setzt konsequent auf diskrete Schaltungstechnik, sogar das Netzteil ist ein Doppelmono-Konstrukt

– allen zweifellos ordentlich gemachten Schirmungsmaßnahmen zum Trotz. Platzieren Sie das Netzteil einen halben Meter weit weg, dann können Sie‘s auch so hinstellen, dass man bequem an den rückseitigen Netzschalter kommt. Abends Ausschalten kann man den Quasar ohne Weiteres, er braucht nicht länger als eine halbe Stunde, bis er nach dem Einschalten klanglich voll da ist. Ach ja: Rückseite – könnte man bei der nächsten Serie die Sechskantmutter zum Unterklemmen der Tonarmerde bitte durch etwas Gescheiteres wie eine große Rändelmutter ersetzen? Sonst gibt‘s aber nichts zu meckern – ganz im Gegenteil. Der Heed klingt fantastisch und erwies sich unserer bisherigen QuasiHausreferenz in Sachen „Phonovorstufe mit dreistelligem Preisschild“ – dem Trigon Advance – mindestens als ebenbürtig. Beide Geräte spielen sehr rauscharm, was dem Geschehen von vornherein eine gewisse Schwärze verleiht. Beim Heed fällt sein überaus massives, hervorragend konturiertes Bassfundament auf – das können auch die ganz Großen des Metiers nicht viel besser. Der Trigon wirkt unten herum etwas zahmer, vielleicht auch stringenter – Geschmackssache. Jedenfalls verleiht dieser äußerst solide Unterbau dem Heed Drive und einen subjektiven Spaßvorteil – ich mag solche Abstimmungen sehr gerne. In den Mitten geht‘s ausdrucksstark und prägnant weiter, der Trigon ist auch hier letztlich etwas näher an der Wahrheit, spielt er doch neutraler, weniger interpretierend als das ungarische Doppel. Oben herum wirkt der Heed etwas dunkler timbriert, fasziniert jedoch auch hier mit Attacke und Energie. Alles in allem geht er tonal in eine

Gemessenes Messtechnik-Kommentar

Der Frequenzgangschrieb offenbart die einzige messtechnische Auffälligkeit des Heed Quasar: Unterhalb von 1 kHz steigt der Frequenzgang an. Bei 20 Hertz um 1 Dezibel auf dem einen, um eine halbes Dezibel beim anderen Kanal. Vielleicht eine Ursache der tonalen Charakeristik des Gerätes. Bei allen anderen Parametern geht‘s gesitteter zu: im MC-Betrieb (0,5 mV Eingangsspannung, mittlere Verstärkung) maßen wir einen Störspannungsabstand von hervorragenden 72,8 Dezibel(A) (MM bei 5 mV: 82,6 Dezibel(A)). Die Klirrwerte von 0,056/0,036 Prozent (MC/MM) sind ebenfalls prima, die Kanal­ trennung von 62,6/64,7 Dezibel (MC/MM) erst recht. In heutigen Zeiten immer wichtiger: der Stromverbrauch. Der Quasar verbraucht im Betrieb 2,6 Watt – löblich wenig.

Heed Audio Quasar · Preis 800 Euro · Vertrieb B & T HiFi-Vertrieb, Erkrath · Telefon 0 21 04 / 17 55 60 · Internet www.bt-vertrieb.de · Garantie 3 Jahre · Abmessungen (B x H x T mm) pro Gerät 90 x 60 x 220 mm · Gewicht 2 kg komplett

Unterm Strich … » ... Das ist die Vernunftreferenz, ohne Frage. Das ungarische Duo kombiniert einen glutvollen, sehr lebendigen und erdigen Klangcharakter mit viel Auflösung und Spielfreude, so dass man auch gegenüber den echten Spitzenkönnern unter den Phonvorstufen kaum etwas vermisst.

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Schlichtheit mit System: Heed verpackt fast seine gesamte Produktpalette in diesen schlichten Quadern

Nabelschnur: Das Spezialkabel mit Mikrofonsteckern transportiert die Betriebsspannungen zum Verstärker

Mentor6

Richtung, die man landläufig als „analog“ bezeichnet – was will man mehr. Gepaart mit einer betont tief gestaffelten Raumabbildung ist das ein tolles Klangbild, wenn man in Sachen Tonabnehmer nicht in die falsche Schublade greift: So wird‘s mit dem guten alten DL-103 vielleicht ein bisschen zu träge, das merklich spritzigere DL-103R hingegen ist eine gute Wahl – auch preislich. Spätestens die Tatsache, dass auch das sündteure und an den Frequenzbandenden Herausragendes leistende Clearaudio Goldfinger kaum etwas von seiner Magie Halv LP Ad 02|11|2006 13:28 Side an dieser Phonovorstufe einbüßt, beweist

letztlich: Das ist ein Großer. Wenn man ihn in ein schniekes gefrästes Dickblechgehäuse stecken und den Preis mindestens verdreifachen würde, könnte er immer noch gut mithalten. Mit 9 x 6 x 22 Zentimetern erst recht. Holger Barske 1

MEGALINE EUPHONIA HELICON • MENTOR | 6 PIANO

M E E T O U R M E N TO R

IKON CONCEPT SUBWOOFER

F E AT U R E S Wide Dispersion 3D Audio Low Resonance Cabinets Time Coherence Hand Crafted Amplifier Optimised

DALI UK +44 (0)845 644 3537

DALI USA +1 360 733 4446

DALI GmbH +49 (0)6028 4390

DALI DK +45 9672 1155

www.dali.dk

I N ADM I RAT ION OF M U S IC


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