derMoment18: Nullnummer

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KLASSE


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KLASSE

Willkommen bei Momentum18! Zum mittlerweile elften Mal treffen sich in Hallstatt WissenschafterInnen, AktivistInnen und PolitikerInnen, um zu diskutieren und sich auszutauschen. Dabei wird diesmal das Thema „Klasse“ im Mittelpunkt stehen. Manche reden ständig von Klassen, während andere bestreiten, dass es sie (noch) gibt. Vor allem aber sprechen Politik, Kultur und Medien immer weniger von Klassen. Am Momentum wird das anders. Hier das Programm: DONNERSTAG, 18. 10. 2018 14:00 - 17:30 Pre-Conference Workshops 18:30 Eröffnung von Momentum18: Klasse 19:00 Keynote von Ulrike Herrmann

FREITAG, 19. 10. 2018

SAMSTAG, 20. 10. 2019

SONNTAG, 21. 10. 2018

09:00 – 12:00 Track Session I

09:00 – 12:00 Track Session III

ab 9:30

14:00 – 18:00 Track Session II

14:00 – 16:00 Track Session IV

Frühstück

19:00 – 20:30 Lesung von

16:00 Kaffeepause

10:30 – 11:30

Stefanie Sargnagel

16:30 Track Session V: Conclu-

Abschlussmatinee mit

ab 20:30

ding Session

Stephan Lessenich

Abendessen im Kongresshaus

19:00: Ideenforum

ab 11:30

ab 20:30

Feedbackrunde, Schlussworte

Abendessen im Kongresshaus

und Ausblick 2019

20:00 Buffet und Musik im Kon-

ab 21:30

gresshaus

Cocktails und Party im Kongresshaus

Editorial

diesjährige, elfte Auflage des

„Klassenfahrt“ trägt. Dabei

Kongresses haben wir uns

beschrieben wir vier Redak-

dennoch etwas Besonderes

tionsmitglieder

überlegt. Ab Freitag werden

und Begebenheiten, in denen

wir jede unserer Ausgaben

die Klassengesellschaft für

unter ein bestimmtes Thema

uns besonders eindrücklich

stellen. So beschäftigt sich

war. Bei Rückfragen oder

die morgige Ausgabe mit

Kommentare könnt ihr uns

„Klasse und Kultur“, jene am

sehr gerne in unserem News-

Samstag unter dem Titel „Ein

room im Kongresszentrum

Wir sind es wieder, die Re-

Verhältnis unter Vielen“ mit

besuchen oder uns eine Post-

daktion von derMoment. Mit

Intersektionalität und unse-

karte mit dem wunderschö-

uns ist es ein bisschen wie mit

re letzte Nummer weden wir

nen Motiv des malerischen

der Klassengesellschaft, uns

„Klasse und Politik“ widmen.

Hallstatt schicken. Dann kön-

gibt es noch immer. Auch die

In den einzelnen Ausgaben

nen wir auf euer Feedback

Form bleibt weitestgehend

versammeln wir Interviews,

eingehen und noch besser

ähnlich: Wir informieren euch

Paperpräsentationen und Be-

werden. Damit es uns in Zu-

hier über die Abläufe des

richte, die zur Sache passen.

kunft auch noch gibt, viel-

Kongresses, stellen Leute vor,

Zudem wollen wir uns dem

leicht auch nach dem Ende

die hier sind und versuchen

Kongressthema mit einer Ko-

der Klassengesellschaft.

das in eine Form zu bringen,

lumne annähern, die – ganz

die auch für den Frühstück-

von der deutschen Rapcrew

Alles Liebe,

stisch verträglich ist. Für die

KIZ inspiriert – den Namen

derMoment

IMPRESSUM: Momentum - Verein für kritische Wissenschaft und Politik Redaktion: Moritz Ablinger (MA), Kathrin Glösel (KG), Max Schwarzenbacher (MS), Johanna Teufel (JT) Layout: Susanne Aichinger | Fotos: Clemens Sauerwein. Ansonsten wie angegeben

Situationen


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KLASSE

„Eine linke Erzählung hätte keine Mehrheit“

Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann eröffnet heute mit ihrer Keynote das Momentum. DerMoment hat sie vorab interviewt. derMoment:

2010

veröf-

nichts Anderes.

Allerdings

Buch

zeigen die Statistiken: Der

„Hurra, wir dürfen zahlen“.

Nationalismus hat in allen

Darin halten Sie fest, dass

Schichten Erfolg, nicht nur

Deutschland eine Klassen-

bei den ArbeiterInnen, son-

gesellschaft ist. Wird heute

dern auch bei Unternehme-

mehr über diesen Befund

rInnen oder RentnerInnen.

fentlichten

sie

ihr

gesprochen? Was bedeutet das?

Ulrike Herrmann: Nein, eigentlich nicht. Viele Leute

Es stellte eine verheerende,

glauben,

ideologische Verschiebung

dass das Thema aktuell sei.

dar. Früher war klar, dass

Anders als damals haben

die Reichen die Ausbeu-

wir

Vollbeschäfti-

ter sein müssen, sonst wä-

gung, und die Reallöhne

ren sie ja nicht so reich. Ein

steigen erstmals seit langer

ganzes Volk arbeitet – aber

Zeit wieder. Vielen erscheint

am Ende landet das Volks-

die Frage der sozialen Ge-

vermögen nur bei wenigen.

rechtigkeit nicht mehr so

Jetzt wird der Begriff der

wichtig.Daran haben auch

Ausbeutung völlig neu be-

Obwohl die wirtschaftliche

Ulrike Herrmann hat viele ver-

der Aufstieg der AfD und

setzt: Angeblich sind die

Lage eigentlich gut ist.

schiedene Dinge gelernt. Sie

die breite Rezeption von

MigrantInnen das große, ja

Didier

einzige Problem. Plötzlich

Ja, es ist eine Krise ohne

Bankkauffrau,

nach Reims“ nichts geän-

sollen also die Ärmsten die

Krise. Die deutsche und die

schließend eine Schule für Jour-

dert?

Frage

Ausbeuter sein, nicht mehr

österreichische

Wirtschaft

nalistInnen und studierte dann

wurde zwar kurz themati-

die Reichen. Diese ideolo-

stehen gut da, die Leute ha-

Geschichte und Philosophie an

siert, aber dann wurde der

gische Verschiebung führt

ben Arbeit und verdienen

der Freien Universität Berlin. Seit

Zusammenhang

dazu, dass Fragen der sozi-

wieder

2000 ist sie Redakteurin der Ta-

Verarmung und Rechtsruck

alen Gerechtigkeit gar nicht

implodieren in beiden Län-

statistisch

mehr thematisiert werden.

dern die Volksparteien. Ich

jetzt weniger heute

Eribons Die

„Rückkehr

soziale

zwischen

abgeschmet-

By Schorle - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53134305

machte eine Ausbildung zur

mehr.

Gleichzeitig

besuchte

an-

geszeitung „taz“.

tert, indem gesagt wurde,

möchte mir nicht ausma-

Buchtipp: „Hurra, wir dürfen

es gibt ja auch gutsituierte

Warum gibt es keine linke

len, was passiert, wenn die

zahlen. Der Selbstbetrug der

RentnerInnen, die die AfD

Gegenerzählung?

nächste Krise kommt. Die

Mittelschicht“ (Ulrike Herrmann)

wählen. Jetzt spricht kaum

Rechten werden dann noch

– Dort untersucht sie, warum die

mehr jemand darüber.

Die wäre nicht mehrheits-

mehr Erfolg haben. Und die

Mehrheit der Bürger immer wie-

fähig. Der Teil der Gesell-

nächste Krise wird kommen.

der für Reformen stimmt, von

Gibt es den Zusammenhang

schaft, der von Verarmung

in Ihren Augen?

und sozialem Abstieg nicht betroffen

ist,

denen nur eine kleine reiche MinWas macht Sie da so sicher?

derheit profitiert.

interessiert

Ja und der lässt sich statis-

sich meist nicht für dieses

Jeder Mensch, der in einer

tisch auch zeigen. Die AfD

Thema. Jene, die es selbst

Bank arbeitet, wartet auf die

ist unter den ArbeiterInnen

spüren, gehen oft nicht zur

nächste Krise.

die stärkste Partei. In Ös-

Wahl, weil sie frustriert sind

viel Geld und zu viel Speku-

terreich ist es mit der FPÖ

- oder wählen die Rechten.

lation.

Es gibt zu

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KLASSE

Wusstest du, dass... ...im Jahr 2017 16.495 Reisebusse BesucherInnen nach Hallstatt

...die Flotte der Fahrgastschiffe am Hallstättersee vier Boote um-

brachten, das sind jeden Tag 45.

fasst: die Hallstatt, die Goisern, die Dachstein und die Stefanie II.

...es zwei Unternehmen gibt, die in Hallstatt Luft in Dosen abfül-

...die Stefanie I im Herbst 1967 wegen Sicherheitsbedenken die

len und diese zum Inhalieren verkaufen. Kostenpunkt: 19 bzw. 20

Fahrgenehmigung verlor.

Euro pro Inhalator. ...es in einem durchschnittlichen Oktober 13 Regentage pro Mo...es in China einen Ort gibt, der an Jackson Hole (Wyoming) in

nat in Hallstatt gibt. Das sind sieben mehr als in Wien und

den USA angelehnt ist. Er heißt Jackson Hole und ist 504 Kilome-

13 mehr als in Kairo.

ter vom chinesischen Hallstatt entfernt. ...es im benachbarten Obertraun ein Tanzlokal gibt, dessen Name ...für den diesjährigen Momentumkongress 134 Paper geschrie-

„Haifischbar“ lautet, obwohl es im Hallstättersee gar keine Haifi-

ben und 150 Betten reserviert wurden. Das sind pro Paper 0,89

sche gibt.

Betten. ...es am Hallstättersee Schwäne gibt. Leider.

KOLUMNE DER MOMENT

Klassenfahrt: Der Fremde und ich Im Café Weidinger ist er ein

Fremder. Er war lange Vorsänger einer großen, österreichischen Fankurve, also der Fan, der mit Mikro oder Megaphon, die Lieder und das Tempo im Block vorgibt. Er ist durchtrainiert, akkurat frisiert und kommt mit dem Auto. Keine dieser Eigenschaften ist im Weidinger weit verbreitet, die Stammgäste sind vor allem

Foto: Privat

linke Studierende und alte KartenspielerInnen.

ist er oft selbst der Held, aber

sagt

dann

In der Kolumne „klassenfahrt“

der

Vorsänger

wenn er davon erzählt, wie er

und lacht. Genauso oft weist

schreibt die Redaktion von der-

Trotzdem liebt der Vorsän-

einen Monat zu unrecht in Haft

er mich darauf hin, dass ich

Moment über Begegnungen jen-

ger das Café Weidinger und

saß, gibt er offen zu, dass ihn

nicht alles so kompliziert ma-

seits der eigenen Klasse.

schaut, wenn er interessiert

das überforderte.

chen soll. Dass ich mich in den

gemustert wird, meistens ge-

Geschichten, die ich erzähle, Ihm gegenüber sitze ich, der

nicht immer so klein machen

Der Vorsänger ist ein Arbeite-

sehr viel besser ins Weidin-

soll, sondern stolz auf die Din-

rInnenkind. Aber was heißt das

ger passt. Wenn wir uns tref-

ge sein kann, die ich mache.

schon? Er ist ein stolzer Mann,

fen, höre ich vor allem zu. Ich

Auch wenn ich mir wünschen

redet viel und oft auch lauter.

widerspreche,

seine

würde, dass der Vorsänger

Der Vorsänger schimpft auf

schwulenfeindlichen

Tiraden

weniger homophob wäre, bin

die Polizei, die Regierung und

einmal zu ausschweifend wer-

ich froh, dass das Weidinger

die

Lokalrivalen,

den und frage kritisch nach,

diesen neuen Stammgast hat.

die sich nicht zum Faustkampf

wenn er sich zu sehr aufspielt.

Er hat mir Dinge gelernt, die

stellen, sondern lieber davon

„Jetzt will‘s der Herr Student

mir auf der Uni niemand bei-

laufen. In seinen Geschichten

wieder ganz genau wissen“,

bringen könnte.

nauso

aufmerksam

„woamen“

zurück.

wenn

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