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Impressum moritz – Studentische Medien Greifswald Wollweberstraße 4, 17487 Greifswald Tel: 0 38 34 / 86 17 59 (Reda); -58 (GF) Fax: 0 38 34 / 86 17 56; e-mail: moritz@uni-greifswald.de Chefredakteur: Kai Doering Stellvertreter: Norman Gorek Geschäftsführer: Tobias Linke Stellvertreter: Christian Bäz Herausgeberin: Studierendenschaft der Universität Greifswald (AStA, Rube­ now­straße 1, 17487 Greifs­wald) V.i.S.d.P.: Kai Doering Redaktion: Florian Benkenstein (flo), Alexander Böber (AB), Finn Breyer (finn), Kai Doering (ring),  Alina Götze (aliG), Norman Gorek (nogo), Mirko Gründer (MiG.), An-nett Habermann (nett), Arvid Hans­mann (aha), Juliane Hesse (juli), Delia Holm (dee), Sebastian Jabbusch (sj), Melchior Jordan (mel), Joel Kaczmarek (jmk), Jessyca Keil (jk), Laura Keßler (kess), Julia Kindt (juki), Ulrich Kötter (UK), Wenke Krämer (wer), Verena Lilge (lil), Katja Neichel (kat), Yvonne Mathei (yvo), Sarah Rieser (sari), Uwe Roßner (ur), Katja Staack (tja), Britta Voß (boß), Eric Wallis (ede) Gestaltung: Kai Doering, Norman Gorek, Ulrich Kötter Titelbild: Sebastian Ehlert Zeichnungen: Franziska Salopiata, Juliane Hesse Anzeigen: Geschäftsführung Druck: Druckhaus Panzig, Studentenberg 1a, 17489 Greifswald moritz erscheint während des Semesters monatlich in einer Auflage von derzeit 3.000 Exemplaren. Anzeigen- und Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe ist der 29. Oktober. Die nächste Ausgabe erscheint am 15. November. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Re-daktion. Die Redaktion behält sich vor, eingereichte Texte und Leserbriefe redaktionell zu bearbeiten. Namentlich gekennzeichnete Artikel und Leser-briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Re-daktion wieder. Die in Artikeln und Werbeanzeigen geäußerten Meinungen stimmen nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers überein. Alle Angaben sind ohne Gewähr.

I used to be indecisive - but now I am not sure.

Ein funktionierendes Mautsystem wird Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe zwar auch im moritz nicht finden, doch über das Neueste aus Greifswald informiert er sich gern - schließlich hat er hier 1955 sein Abi gem acht. Foto: ring

Hallo Leute! Puh, war das ein Sommer! Nein, ich meine nicht die zwei Wochen, in denen sich die Son­ne mal nicht hinter Wolken ver­steckt hat. Mir geht es um an­dere Themen: Den neuen Ost-WestKonflikt etwa oder die Mon­ tags­d emon­s tra­t io­n en. Ihr Menschen seid schon ko­misch. Naja, mich als WOssi (ich war ja nicht nur in Greifs­wald, sondern auch in Bonn) lässt das kalt. Womit ich doch noch­mal zum Wetter komme, denn ich habe ziemlich gefroren. Geht Ihr mal nur mit ei­nem Bettlaken bekleidet in El­de­na am Strand spazieren. Gut, dass der Sommer nun vor­ bei ist und damit auch die

Semesterferien. Ohne Euch Stu­ den­ten ist es hier nämlich ganz schön lang­­wei­ lig. Aus lau­ter Frust wollte ich schon den Bauarbeitern helfen, die das Hauptgebäude renovieren. Sonderlich begeistert wa­ren die davon allerdings nicht. Ein besonders herzliches Will­ kommen an die neuen Erstis. Ich freue mich schon, Euch kennenzulernen. Einen guten Start ins neue


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inhalt moritz gelesen? Nachgedacht? Meinung schreiben!

moritz@uni-greifswald.de, Betreff: Leserbrief

I

Theater 25

II

Theater 40

III

Werden wir bald durch eine Zweit­­

Schauspiel in Greifswald - nicht nur

politik

titel

feuilleton

K u r z n a c h r i c h t e n 6 Landeskinder bevorzug 8 A S t A - S e i t e 9 Zweitwohnungssteuer?! 10 Zukunft der ZVS 12 S t u d i e n g e b ü h r e n 14 Hochschulgruppen: RCDS 15

Theatergeschichte 25 Wie entsteht ein Theaterstück? 27 Theater musikalisch 29 Rezension: „Und dann gab’s keines m e h r “ 31 Hintergrund: „Glatzkopfbande. Er­i nne­r ung an Rock’n’Roll.“ 32 Studententheater „StuThe“ 34

Ein bisschen Zuhause 35 DVD-Rezensionen: „Der Einsatz“, „Was das Herz begehrt“, „Van Hel­ sing 2“ 36 Kino: „Liebe mich, wenn du dich traust“, „Der Untergang“ 37 Musik klassisch: Hille Perl & Lee Santana, Sonja & Shanti Sungkono, Katona Twins 38 Musik Pop: The Stills, The Prodigy

uni-versum

playmoritz

39 Nachbetrachtung 40

Das Mega-Event MoMA auf Reisen

MoMA

inhalt

Theater 17


kurznachrichten... Verkappte Studiengebühren? Der Senat beschloss am 15. Sep­tem­ ber eine Gebührenordnung, die erst­malig Gebühren für Sprach­kurse des Fremd­s prachenund Me­dienzentrums ab dem Sommer­ se­mester 2005 vorsieht. Die Gebühr wird bei zusätzlich zum Studium belegten Sprachkursen fällig und beträgt je nach Stundenanzahl zwischen 22 und 40 Euro pro Semester. Ebenfalls erhoben wird eine Prü­ fungsgebühr. „Es schien keine andere Möglichkeit zu geben“, so AStAChef Sieweke, „ansonsten wären gar keine Kurse angeboten worden.“ Desweiteren diskutiert die Sat­ zungs­­komission des Senats zur Zeit über Rückmeldegebühren in Höhe von 10 Euro. Mit Übernachtung Am 4. Oktober wurde in die für das Lehramtsstudium notwendigen prak­­tikumsvorbereitenden Semi­ nare der EWi eingeschrieben. Trauriges Highlight: die „Einfüh­ rung in das Orientierungsprakti­ kum“. 4 Veranstaltungen mit jeweils maximal 16 Teilnehmern wurden offeriert. Macht etwas mehr als 60 Teilnehmer. Bereits um 3.15 Uhr waren die ers­ ten Interessenten – mit Schlafsack bewaffnet – vor das Institut gezogen. Gegen 7.15 Uhr hatten sich bereits 48 Personen auf die inoffizielle Warteliste gesetzt, Punkt 9 Uhr

AStA

Allgemeiner Studierendenausschuss

waren es 200 Studierende, die sich für die Seminare einschreiben wollten. Selbst Viertsemester und höhere, die noch im Vorjahr vorrangig und problemlos zugelassen wurden, hatten diesmal das Nachsehen. Großzügig Die Sanierung des zur Zeit ungenutzten Studen­tenwohnheimes in der Hans-Beim­ler-Straße kann be­gin­nen - dank einer Spende über 400.000 Euro und endlich geklärter Be­sitzverhältnisse. Ab 2006 kann das Studentenwerk somit 120 mo­dernisierte Einzelzimmer mehr vermieten. Rücktritt Zum 1. September verließ der Greifswalder PDS-Abgeordnete Dr. Gerhard Bartels die Landtags­frak­ tion der PDS. Er war hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion und ein wichtiger Kontaktmann des AStA in Schwerin. Bartels erklärte aber gleichzeitig, er werde als fraktionsloser Abgeordneter weiter für die Belange der Hochschulen kämpfen. Er war immer wieder aus dem Chor der Kürzungsbefürworter herausgetreten und forderte eine noch stärkere finanzielle Förderung der Hochschulen. UK

Die Sprechzeiten standen zu Re­dak­tionsschluss noch nicht fest. Be­ach­tet bitte die Aushänge vor dem AStA-Büro oder schaut im Inter­net unter www.asta-greifswald. de nach. Ihr findet den AStA im Audimax in der Rubenowstraße 1, Raum 13a. Telefon: 0 38 34 / 86 17 50 -51 Fax: 0 38 34 / 86 17 52 E-Mail: asta@uni-greifswald.de Vorsitz Simon Sieweke Referentin für Ausländerfragen: Jana-Elena Koser Referentin für BAföG und Studienfinanzierung: Christin Püschel Referentin für Erst­­seme­s­ter­arbeit: Katharina Winkel Referent für Finanzen: Eric Kibler Referat für Hochschulpolitik: n.n. Referentin für Soziales: Constanze Rogge Referent für Studium und Lehre: Thomas Schattschneider

nachrichten

Referent für Umwelt: Thomas Maier Präsidenten des Studierendenparlamentes: Philipp Kohlbecher Alexander Gerberding (Stellvertreter) stupa@uni-greifswald.de Gleichstellungsbeauftragte(r): n.n. Beauftragte(r) für Schwule und Lesben: Matthias Müller Herr der Zahlen begrüßt Zahlenkönigin: Die 10.000-te Studentin, Jessyca Bogs aus Stralsund, mit Uni-Controller Peter Rief am 28. Oktober im Studentensekretariat. Foto: yvo/Pressestelle 6

Beauftragte(r) für Internet­präsenz: Christian Heise

moritz


... und weitere meldungen

Wahltermin für StuPa Wenn es nach dem AStA geht, werden die Wahlen zum nächsten Stu­ Pa im Frühjahr zeitgleich mit den Wahlen der Senats- und Fakultäts­ räte stattfinden - und zwar vom 17. bis zum 21. Januar 2005. Design-Offensive Weil sich weder StuPa noch AStA bei der Mehrheit der Studenten zur Zeit besonderer Beliebtheit erfreuen und auch der viel beschworene Nach­wuchs ausbleibt, soll dem jetzt eine Corporate-Design-Offen­sive abhelfen. Ausgeschrieben ist ein Design-Wett­ ­bewerb für ein neues Logo von AStA und StuPa; das Preisgeld reicht von 300 Euro für den ersten bis zu 100 Euro für den dritten Platz. Einsendeschluß ist der 15. Januar

2005, nähere Informationen gibt es im AStA-Büro. Ärger um Instituts­schlies­ sungen Tumultartig ging es auf der Sitzung des Fakultätsrates der Philoso­ phischen Fakultät am 7. Juli zu: Hier sorgte ein Formalienstreit für eine einstündige Verspätung des Sitzungsbeginns. Die studentischen Vertreter hatten zu Recht moniert, dass Dekan Manfred Bornewasser die entscheidende Beschlussvorlage zur Schließung der Romanistik und Altertumswissenschaften zu spät eingereicht hatte. Erst ein Anruf bei der Rechtsabteilung schaffte Ab­hilfe. Am 28. Juli billigte der Rat dann den Antrag des Dekans, dem Rekto­ rat langfristig die Schließung der Institute für Altertumswissen­schaf­ ten und Romanistik zu empfehlen. Ein Blick auf die aktuellen (allerdings noch vorläufigen) Einschrei­ be­zahlen zeigt jedoch, dass es die falschen Fächer erwischt: Ins­ge­samt schrieben sich rund 120 neue Studenten an den Instituten ein, darunter nur rund 20 Nebenfächler. Querelen um Hochschulrat Der Senat der Universität wählte am 21. Juli einen Hochschulrat mit 6 Mitgliedern. Es handelt sich um Per­sönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft – ganz wie es das Landeshochschulgesetz

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nach seiner Novellierung 2002 vorsieht – und sie dürfen nicht der Hoch­schule angehören. Gewählt wurden unter anderem Prof. Mathias Husmann, Generalmusik­di­rek­tor am Theater Vorpommern sowie Prof. Dr. Lesley A. Wilson, Ge­neralsekretärin der European University Association in Brüssel und auch Johan Almqvist, Student der Partneruniversität Lund. Kaum gewählt, gingen die Querelen auch schon los: Noch am 23. Juli verkündete der AStA stolz, dass erst­malig ein Student in einen deutschen Hochschulrat gewählt worden sei, was im übrigen falsch ist und nur eines kleinen Blickes nach Berlins bedurft hätte, da focht der Rektor die Wahl des schwedischen Studenten Almqvist an. Almqvist (27) war an der Universität Lund vielfach in der studentischen Selbstverwaltung tätig und ist inzwischen Vorsitzender der ESIB, der National Unions of Students in Europe in Brüssel. „Nicht ausreichend für eine Persönlichkeit“, so der Rektor und deshalb rechtswidrig gewählt. Die Wahl wurde vorläufig aufgehoben und die Ent­schei­ dung lag nun wieder beim Senat. AStA und Alt-Rektor Jürgen Kohler trugen am 15. September erfolgreich ihre Gegenthesen vor, AStA-Chef Sieweke hatte gar ein Rechtsgut­ach­ ten erstellen lassen. Der Senat erklärte die Wahl Almqvists für rechtmäßig und somit wird jetzt erneut der Rektor entscheiden.

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Katastrophal So schätzt der AStA nach den Erfahrungen der letzten Wochen die Lage auf dem Greifswalder Woh­ nungs­markt ein. Hohe Mieten und wider­willige Vermieter kennzeichneten die momentane Situ­ation und es sei keine Besserung in Sicht. Erfreulich gut habe die Zusammen­ arbeit mit der Wohn­ungs­bau-Ge­ nos­sen­schaft Greifs­wald geklappt, so die Referenten. Das Problem der Ghettoisierung ausländischer Stu­ den­ten bestehe jedoch weiterhin und die Studienkollegiaten hätten Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden.

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Landeskinder bevorzugt

Gewagte Thesen eines Landtagsabgeordneten zur Zukunft der Hochschulen / Von Ulrich Kötter

Für landesweiten Wirbel an Uni­ versi­täten und Fachhochschulen sorgt ein Buch des hochschulpolitischen Sprechers der SPD-Landtags­ fraktion, Mathias Brodkorb. Er leg­te in der zweiten Augustwoche ein Diskussionspapier zur „Zukunft der Hochschullandschaft von M-V bis zum Jahr 2020“ vor. Das 159 Seiten starke Buch des 27-jährigen, zur Zeit beurlaubten Stu­denten an der Universität Rostock lässt keine kontroverse Frage aus und fordert vom Hochschulsektor einen schärferen Blick auf das Bun­desland. Reformen seien unvermeidbar, um den viel zitierten de­mo­graphischen und finanziellen Ent­wicklungen nachzukommen, die Brodkorb beinahe prophetisch ge­nau vorhersagt. Er bezweifelt, dass die Hochschulen mit ihrer frisch gewonnenen Auto­ nomie durch das neue Landeshoch­ schul­gesetz richtig umgehen und die „richtige Hochschule für die Region“ entwickeln. Für bedenklich hält er in diesem Zusammenhang, dass die Anzahl an „Landeskindern“ an den Universitäten weiter zurück­ gehe und schlägt gar eine „Lan­des­ kin­derquote“ vor. Brodkorb argumentiert weiter, dass die finanzielle Ausstattung der Universitäten und Fachhochschulen keineswegs so schlecht sei, wie immer behauptet oder gar unter dem Bundesdurchschnitt liege – das

politik Aufrüttler Mathias Brodkorb: Schlechte „Landeswirkung“ von Foto: sj/ Greifswald. 8

Geld werde nur falsch verteilt. Zum Beispiel übermäßig in die Medizin, deren Studenten nicht einmal hauptsächlich aus M-V stammten und dem Land nach dem Studium gleich wieder den Rücken kehrten. Zu allem Überfluss fordert Brodkorb auch noch die flächendeck e n d e Einfüh­ rung von

Brodkorb-Papier Bachelor-/Master-Studien­g ängen oder gar der Kon­zentration des Bache­lor auf die FH und der des Mas­ter auf die Unis. Wiederum „beruhigend“: Die Ein­ führung von Studiengebühren verneint Brodkorb zwar nicht, im Mo­ment sei ein Nachdenken darüber aufgrund der vielen ungelösten Struk­turprobleme aber zu früh. Für ihn kommt im Übrigen ein Studienkontenmodell in Frage, bei dem die Studierenden nur bei Überschreitung des „Guthabens“ an Lehr­­veran­staltungen bezahlen sollen. Bei der Betrachtung der Universi­tä­ ten im einzelnen bescheinigt Brodkorb der Universität Greifs­ wald eine schlechte „Landeswir­ kung“ und stellt insbesondere die Konzentration der Geisteswissen­ schaften in Greifswald gegenüber Ros­tock in Frage. AStA-Chef Sieweke hält die Thesen für „gefährlich“, beruhigend sei aber, dass das Zahlenmaterial veraltet und auch zum Teil fehlinterpretiert sei. Die Diskussion über Hochschul­ strukturen hat im Senat inzwischen begonnen: Eine Neustrukturierung der medizinischen Fakultäten wird ebenso demnächst zum Thema werden wie die Gespräche der Dekane

Am Rande ...

Laß dich überraschen Pressearbeit ist etwas, was in Zeiten breit gefächerter medialer Möglich­ keiten sorgfältig und gewissenhaft gemacht werden sollte. In diesem Zusammenhang kann man dem AStA während der letzten und der laufenden Legislaturperiode trotz chronischer Unterbesetzung nichts nachsagen, auch wenn eine gewisse Überpräsenz des Vorsitzenden nicht zu leugnen ist. Öffentlich­keits­­arbeit ist jedoch klar seine Aufgabe und der eine mag es mit etwas mehr, der andere mit etwas weniger Getöse. Den sprichwörtlichen letzten Tro­p­ fen, der das Faß zum Überlaufen bringt, leisteten sich die AStAKollegen allerdings zum Geburtstag ihres Chefs. Da wurden Ostsee-Zei­ tung und weitere lokale Print­medien (leider auch noch im Na­men des moritz) leicht penetrant aufgefordert, den Geburtstag zu erwähnen. Mit der bitterbösen Ko­lumne des Kommentators der OZ hatte wiederum niemand gerechnet. Recht hat er allerdings: Wen interessiert der 23. Geburtstag von Simon Sieweke und was hat dieser in der Lokalzeitung (die ja angeblich eh’ kein Student liest) zu suchen? Letztendlich ist das Ganze nicht der Rede wert und ich will hier weder den AStA schlecht reden noch Simon Sieweke im Nachhinein den Ge­burts­tag vermiesen – aber es wäre doch einfach nicht nötig gewesen! In diesem Sinne: moritz wünscht Alles Gute nachträglich zum Ge­burtstag! Ulrich Kötter

Kolumne im Greifswalder Regio­ nal­teil der OZ vom 22. Juli: Leicht penetrante Pressearbeit. moritz


asta-seite

Hauptwohnsitz Greifswald

Können Nachteile durch eine Anmeldung in Greifswald entstehen? Viele scheuen die Anmeldung des oktober 2004

Erstwohnsitzes in Greifswald, da sie insbesondere finanzielle Nachteile befürchten. Einiges haben wir für dich geprüft: Beim Kindergeld und in der Krankenversicherung entstehen keine Nachteile. Probleme können aber beim „Baukindergeld“ entstehen, denn für die Erteilung ist die Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt der Eltern entscheidend. Die Hauptwohnung des Kindes ist eines der Indizien für die Be­ur­ teilung der Zugehörigkeit. Es ist nicht sicher, ob es gelingt, zum Beispiel über die Hinweise auf die Hauptwohnung in einer Wohnge­ mein­schaft und das eigene Zimmer im Haus der Eltern, nachzuweisen, dass du dich trotz der Haupt­wohn­ sitznahme in Greifswald noch nicht völlig von deinem Elternhaus gelöst hast. Es kann im Einzelfall also nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass keine finanziellen Ein­bußen insbesondere bei den Eltern auftreten. Bei speziellen Fragen, wende dich bitte an die zuständige Behörde oder Organisation. Daneben kannst du dich auch jederzeit an uns wenden. Welche Vorteile gibt es für die Studierenden? Du möchtest einen Wohnberech­ tigungsschein oder Wohngeld beantragen, dich von den Rundfunk­ gebühren befreien lassen oder weitere sozialgesetzliche Ansprüche für dich regeln? Das kannst du alles vor Ort im Greifswalder Sozialamt regeln. Du brauchst ein Führungs­ zeugnis, eine Lohnsteuerkarte oder einen anderen ordnungsrechtlichen Bescheid? Das kannst du alles vor Ort im Greifswalder Ordnungsamt regeln. Du möchtest trotz der allgemein schmalen Studentenbörse am vielfältigen kulturellen und sozialen Leben in Greifswald teilnehmen? Billig mit dem ÖPNV ins Freizeitbad

zum ermäßigten Badespaß fahren, günstig Medien in der Stadtbiblio­ thek ausleihen oder Kurse in der Volks­hochschule belegen? Das kannst du alles mit dem KUS 2004, einem Greifswalder Pass für kulturelle und soziale Vergünstigungen. Von den Stadtwerken Greifswald erhältst du einen 100 kWh-EnergieGutschein, wenn du Einwohner mit Hauptwohnsitz wirst. Bei der Woh­ nungsbau-Genossenschaft Greifs­ wald e.G. kannst du zu besonderen Mietkonditionen wohnen. Der Er­werb einer Mitgliedschaft ist nicht Bedingung. Auch die Wohnungs­ bau- und Verwaltungs­gesellschaft mbH Greifswald bietet günstigen Wohnraum an, zum Teil provisionsund kautionsfrei. Wo und wie kann man sich anmelden? Die Einwohnermeldeabteilung be­fin­det sich in der Spiegelsdorfer Wende 1, in der Nähe des Süd­ bahnhofes. Die Öffnungszeiten: Di: 9 – 12 Uhr und 14 – 18 Uhr Mi: 9 – 12 Uhr Do: 9 – 12 Uhr und 14 – 16 Uhr Fr: 9 – 12 Uhr Folgende Unterlagen sind mitzubringen: - die Einzugsbestätigung des Woh­­­nungsgebers, z um Beispiel Studentenwerk, Hauseigen­tü-­ mer, Hausverwalter, Hauptmie­- ter oder ein aktueller Mietver- trag - gültiger Personalausweis und / oder Reisepass - Abmeldebestätigung der bis- her zuständigen Meldebehörden, falls die bisherige Wohnung auf- gegeben wurde

asta-seite

Warum in Greifswald den Hauptwohnsitz anmelden? Die Einwohnerzahl von Greifswald sinkt seit Jahren. Am 31. Dezember 2003 waren noch genau 52.253 Einwohner mit Hauptwohnsitz gemeldet. Da die Stadt für jeden Einwohner mit Hauptwohnsitz im Rahmen des Finanzausgleiches vom Land Mecklenburg-Vorpommern eine Zuweisung erhält, sinken die Einnahmen der Stadt stetig. Dies trägt erheblich dazu bei, dass der kommunale Haushalt inzwischen jährlich ein Defizit von circa 14 Millionen Euro ausweist. Aufgrund dessen muss die Stadt sparen, so dass die freiwilligen Leistungen der ernsthaft in Gefahr sind. Zu diesen Leistungen zählen: Das Theater, die Stadtbibliothek, das Freizeitbad und kulturelle Einrichtungen wie St. Spiritus oder das Klex. Gefördert werden von der Stadt außerdem das Internationale Studentenfestival (GrIStuF), das Festival Nordischer Klang, das Alumni- und Universitätsfest und die Bachwoche. Vor allem aber ist die Stadt für den Erhalt und Ausbau der Fahrradwege verantwortlich. Damit die Stadt diese Aufgaben auch in Zukunft, ist deine Unterstützung gefragt. Bereits mit dem Wintersemester 2004 erwarten wir circa 10.000 Studenten in Greifswald, die hier ihren Le­bens­ mittelpunkt finden und die städtische Infrastruktur nutzen werden. Gegenwärtig aber haben sich nur etwa 2.500 Studenten mit Haupt­ woh­nung in Greifswald registrieren lassen. Und nur für diese 2.500 Stu­ denten erhält Greifswald einen Lan­ deszuschuss. Darum: Mit Erst­wohn­ sitz in Greifswald melden!

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50 Euro für Neu-Greifswalder?! Im Oktober entscheidet die Bürgerschaft über die Zweitwohnsitzsteuer Von Kai Doering Was haben die Hansestadt Greifs­ gemeinsam mit dem AStA eine wald und viele Studenten gemeinAl­ter­nativlösung erarbeitet“, versam? Beide sind knapp bei Kasse. kündet Hochheim. In Anlehnung an Da sich in den Kassen der Stadt das so genannte „Jenaer Modell“ allerdings im laufenden Haushalts­ verpflichtet sich der AStA, sich jahr bereits ein Defizit von 14 Mil­ darum zu kümmern, dass 5.000 lio­nen Euro angesammelt hat, muss aller Greifs­walder Studierenden mit sie nun die ihrem Erst­ N o t ­b r e m s e wohnsitz in anziehen. Die der Hanse­ Lösung: Eine stadt gemelZweitwohn­ det sind. Ist sitz­steuer – dies Ende oder ein Kom­ 2005 der pro­­miss mit Fall, wird die den Studie­ Steuer auf renden. Eis ge­l egt. „Die Zweit­ Gelingt es wohn­sitz­steu­ nicht, greift er wurde uns sie rigo­ros. als gutes „Ich will die I n ­s t r u ­m e n t Zweitwohn­ zur Konsoli­ sitzsteuer gar die­rung unsenicht ha­ben“, res Haushalts s a g t von der Hochheim L a n d e s ­ Drohkulisse aus dem roten Rathaus? wei­ter, „als Foto: Drohkulisse regierung vor­ ge­s chla­­gen“, müssen wir berichtet Jörg Hochheim, Amts­ sie jedoch auf­bieten.“ Doch was leiter für Wirt­schaft und Finanzen springt für beide Seiten bei dem in der Stadt­verwaltung. Kon­kret Handel heraus? Die Stadt Greifs­ würde dies, gestaffelt nach der wald bekommt pro gemeldeten Kaltmiete, eine Belastung zwischen Bürger, der hier seinen Erstwohn­ 150 und 300 Euro für all diejenigen sitz hat, eine jährliche Zuweisung bedeuten, die lediglich mit ihrem vom Land Mecklenburgzweiten Wohn­sitz in Greifswald Vorpommern. „Im Jahr 2003 waren gemeldet sind. Wen die Steuer in das 397 Euro pro Nase.“ Eine ganze erster Linie treffen würde ist klar: Menge und ein Schritt zur Konso­ die Studenten. „Deshalb haben wir lidierung des Haushaltes. Bisher

sind die Studenten allerdings mehrheitlich nur mit ihrem zweiten Wohn­sitz in Greifswald gemeldet, bringen der Stadt also keine Ein­ nahmen. Es gibt zwar bereits ein Be­loh­nungsmodell, bei dem all diejenigen, die sich ummelden, nach zwei Jahren auf Antrag einmalig 150 Euro bekommen, doch scheint dies nicht zu wirken. „Deshalb haben wir uns mit dem AStA zusammengesetzt.“ Das neue Modell sieht nun vor, dass alle Studenten, die sich für Greifs­ wald als Erst­wohnsitz entscheiden, als Anreiz jährlich 50 Euro von der Stadt bekommen. Die Zuwendung soll jedoch auf fünf Jahre begrenzt sein und der Antragsteller muss bis zum Ende des Kalender­jah­res auch wirklich in Greifs­wald wohnen. Stichtag ist also der 30. November 2005. Bis dahin müssen sich 5.000 Studenten in Greifswald mit ihrem Erstwohnsitz gemeldet haben, ansonsten wird die Steuer für den zweiten Wohnsitz eingeführt. „Ich glaube an den Kompromiss“, gibt sich Hochheim optimistisch. Entschieden ist nämlich noch nichts, denn das letzte Wort hat die Bürgerschaft. Sie beschließt am 25. Oktober was kommen wird: Zweit­ wohnsitzsteuer oder KompromissLösung. Entscheidet sie sich direkt für die Steuer, ist jegliche Speku­ lation hinfällig, ob es dem AStA gelingt, die 5 000 Willigen für den Erstwohnsitz zusammen zu bekommen. Doch dann trifft es alle –

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moritz


Kommentar

Sein, wo man ist? Gedanken zur Zweitwohnungssteuer

oktober 2004

Wir sollen kassenwirksam werden – als Bürger oder über die Steuer. Dabei sollte die Stadt lieber durch ihre Bürgerfreundlichkeit oder durch andere gut beworbene An­reiz­ systeme für die Hauptwohn­sitz­ nahme überzeugen. Beides tut sie nicht. Der AStA reagiert auf das Drohen mit Werbung für den Hauptwohn­ sitz. Das müss11te er nicht. Rechtlich ist nämlich gar nicht klar, ob Studenten zur Zweitwohnungs­steu­ er herangezogen werden können. Denn als Auf­wandsteuer soll die Zweitwoh­nungs­­steuer die wirt­ schaft­­liche Lei­s­tungs­fähigkeit des

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moritz Lust auf Journalismus, Fotografie und Layout? Dann meld’ dich unter moritz@uni-greifswald. de

Schönwalde bei Nacht: Studenten doch häufiger zuhause als „zuhau­ se in Greifswald“? Foto: Einzelnen für das Halten einer weiteren (zweiten) Wohnung besteuern. Die meisten von uns besitzen jedoch gar keine Hauptwohnung im steuerrechtlichen Sinn. Ein Heran­ ziehen zur Steuer ruft zumindest beim Verwaltungsgericht Lüneburg ernstliche rechtliche Zweifel hervor. Für die zweite Halbzeit sei dem AStA ans Herz gelegt, den Ball flach zu halten, vielleicht eine Broschüre zum Widerspruch gegen die Veranlagung zur Zweitwoh­ nungs­­steuer herauszubringen und den Schmusekurs mit der Stadt zu

politik

Deutsche Gründlichkeit kennt keine Grenzen. Das kann gut sein, muss es aber nicht. Das deutsche Melde­ wesen hat jedenfalls Vorzüge. Es sieht vor, dass jede genutzte Woh­ nung als Wohnsitz angemeldet wird. Kompliziert wird das ganze, wenn man nicht nur über eine bezogene Wohnung verfügt. Dann wird die Meldung einer Hauptwohnung nötig. Die meist genutzte Wohnung ist per Gesetz die Hauptwohnung. Kann man nicht eindeutig feststellen, wo man häufiger ist, hat der Ge­setz­geber ebenfalls eine Antwort pa­rat: In Zweifelsfällen wählt man die Wohnung, „wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Ein­ woh­ners liegt.“ Das wäre alles nicht so wichtig, wenn sich mit dem Haupt­wohnsitz nicht so einiges an Rechten und Pflichten verbände. Steuer­pflichtig für lokale Steuern ist man zum Beispiel an allen Wohn­ sitzen, das aktive und passive Wahl­ recht kann man wiederum nur am Hauptwohnsitz ausüben. In einer Welt, in der auf hohe Mobilität Wert gelegt wird, wird man durch diese Bestimmungen des Mel­degesetzes quasi ausgebürgert. Die alte Gemeinde verliert nicht nur aktive Bürger, die sich mit ihr identifizieren, sondern auch Finanz­mit­ tel aus den Landeszuweisungen für die Kommunen. Für uns Studenten stellt sich oft die Frage: „Bin ich nun häufiger in Greifswald oder zuhause?“ Ist man in der vorlesungsfreien Zeit in seiner alten Heimat, so kommen schon mal fünfeinhalb Monate zu­sam­men, noch ein paar Wochen­enden während des Semesters dazu und das halbe Jahr ist voll. Die Frage nach dem Schwerpunkt der Lebensbeziehungen stellt sich also für viele von uns. Sicher, spätestens nach einem Semester kennt man viele Leute, die für das eigene Leben sehr wichtig sind. Aber identifiziert man sich deswegen mit der Stadt? Die Stadt will uns nun mit der Drohkulisse „Zweitwohnungs­s­steu­ er“eine Entscheidungshilfe geben.

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Das Ende der Zwangs-Verschickungs-Stelle? Unis sollen ihre Studenten zukünftig selbst aussuchen / Von Yvonne Mathei

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Im Juli dieses Jahres wurde eine sollen sich die Fakultäten ihre „Vorsiebung“ durch die ZVS von Novellierung des Hochschulrah­ Studenten zu 60 Prozent selbst ausden Hochschulen ausgewählt wermen­­gesetzes beschlossen, die wählen dürfen. Die anderen 40 den. Diese Möglichkeit wurde bis so­wohl zukünftige Studenten, als Prozent werden zu gleichen Teilen zum Wintersemester 2003/04 nur auch die Universitäten beeinflussen nach Wartezeit und Abiturnoten unzureichend genutzt: Gerade mal wird. Bundesrat und Bundestag vergeben. Dabei erhalten die Abi­ 29 von 224 Fakultäten wählten ihre haben sich gemeinsam darauf verturbesten die Möglichkeit, sich ihre Bewerber selbst aus, lieber ließ man ständigt, den Hochschulen in Hochschule auszusuchen. Wie diese sich die Studenten weiterhin schicZukunft (ab Wintersemester Neuerungen in den einzelnen Bun­ ken. Begründung ist allerorten der 2005/06) mehr Frei­­heit bei der desländern umgesetzt werden, wird zu hohe bürokratische und organiAuswahl ihrer Stu­denten einzuräuerst zum Jahresende entschieden. satorische Aufwand. „Mit dem men. Diese Neu­regelung betrifft die Sicher ist, dass es sechs Rahmen­ neuen Verfahren“, so Bundesbil­ Studiengänge, deren Plätze bisher kriterien für die Auswahl durch die dungs­­minis­terin Edelgard Bulmahn, aufgrund eines Numerus Clausus Hochschulen geben wird. Diese „können Hochschulen auch die durch die „Zen­tral­stelle für die sehen un­ter anderem vor, dass Motivation der Studieren­den stärVergabe von Stu­dien­plätzen“ (ZVS) durch Landes­recht zusätzlich zur ker berücksichtigen.“ vergeben wurden. Das sind zur Zeit Abitur-Durch­schnitts­note weiter Wenn nun die Hochschulen durch BWL, Medizin und Zahnmedizin, Kriterien zur Aus­wahl herangezodie Auswahl der Studenten ihr Profil weiterhin Pharmazie, Psycholo­gie gen werden können – beispielsweise schärfen, wenn sie die am besten sowie Tiermedizin. absolvierte Praktika oder außergeeigneten Studenten an ihre Fakul­ Als in den 70er Jahren bundesschulische Aktivi­täten. Das weit eine höhere Nach­frage bei größte Gewicht soll aber weiStu­dienplätzen zu verzeichnen ter auf der Durch­schnitts­note war als es Angebote gab, wurde liegen. Werden zu­sätzliche die ZVS ins Leben gerufen. Man Kri­terien angewendet, zum hielt es damals für sinnvoller, Beispiel ein Test, darf dieser eine zentrale Verwal­tung zu nur 40 Prozent Anteil an der schaffen, die erst alle Bewerbun­ Aus­w ahl haben. Ein gen sammeln sollte, um dann die Bewerbungs­gespräch soll dazu Studenten auf alle vorhandenen dienen, die Motivation und Plätze zu verteilen. Die ZVS hat Identifikation eines zukünftiwährend dieser Zeit rund sechs gen Studenten mit dem Millionen Bescheide verschickt Die Schrecken des bürokratischen Aufwandes... gewähltem Studium festzuund sich mit ihrem riesigen stellen. Postauf­kom­men eine eigene Post­ täten holen, ergeben sich damit zwei leitzahl verdient. Aspekte, die bereits in der EliteGreifswalder Oft waren die Studenten mit dem Uni-Diskussion als Ziele genannt Ergebnis des Verteilens nicht zufriewurden. Sollte es in Deutschland Erfahrungen den: Auf den Wunsch nach einem ein­facher sein, ein paar Millionen Medizinstudienplatz in Heidelberg Euro bereitzustellen, als organisatoWas sagen Fakultäten in Greifs­wald folgte die Ernüchterung durch den rischen Aufwand für motivierte zur neuen Re­gelung, wie groß ist das ZVS-Bescheid. Statt Heidelberg Studenten in Kauf zu nehmen? Inte­resse an unserer Uni? Pro­fessor dann Greifswald - so ergab es sich, Was wird aus der ZVS werden? Sie Hans Pechtl, Prodekan der Rechtsdass die ZVS auch unter „Zwangswird ihre Daseinsberechtigung nicht und Staats­wissen­schaft­lichen Fa­kul­ Verschickungs-Stel­l e“ berühmt verlieren, aber ihre Aufgaben wertät meint, es hätte noch keine be­rüch­tigt wurde. den sich auf Verwaltung und Überlegungen zur Neurege­lung Organisation reduzieren. Die Ver­ gegeben, aber die Abi-Note sei als gabe der Studienplätze nach Abitur­ Kriterium ausreichend. Die Medi­ Möglichkeit nicht note und Wartezeit wird weiter eine zinische Fakultät hat bereits genutzt wichtige Rolle spielen, ebenso die Er­fahrungen mit der Auswahl von Unterstützung von Studierenden Stu­denten, allerdings bis jetzt nur Die ZVS vergibt rund 39.000 Stu­ und Hochschulen im Auswahl­­ver­ mit „vorgesiebten“ durch die ZVS. dien­plätze pro Jahr an Erstsemes­ fahren. Die Mediziner stehen der vollstänter. Bei der Auswahl für oben digen Selbstauswahl positiv gegenge­nannte NC-Fächer entscheidet bei über, weil sie wegen der kompletten Neue Ziele 51 Prozent der Bewerber die Durch­ Umsetzung der neuen Appro­ba­ schnitts­note des Abiturs, 25 Prozent tions­­ordnung – dank der vorbildliWie sieht die Neuerung im Detail werden nach Wartezeit zugelassen, chen Arbeit von Studiendekan aus? Ab Wintersemester 2005/06 und 24 Prozent konnten nach einer moritz


„Auswahl der Besten ist eine extrem gute Sache.“ Prof. Heyo Kroemer, Dekan der Medizinischen Fakultät, im moritz-Interview

Wodurch hat sich das Bild des medizinischen Studiengangs geändert? Ein wichtiger Teil dabei ist die „Community Medicine“, der andere Punkt ist die geänderte ärztliche Approbationsordnung, die den Fa­kul­täten sehr viel mehr Freiheiten zugesteht. In Greifswald sind so­wohl die Leute gut aufgehoben, die praxisorientiert arbeiten wollen, als auch diejenigen, die einen wissenschaftsorientierten Arbeitsschwer­punkt anstreben. Es ist bereits möglich, dass 24 Prozent der Studenten durch die Fakultäten ausgewählt wer­ den. Macht die Medizi­nische Fakultät davon Ge­brauch? Ja, diese Möglichkeit haben wir genutzt. Die Leute, die wir in diesen Gesprächen sehen, sind ja von der ZVS vorher bereits ausgewählt, denn bis jetzt können sich Bewerber nicht direkt an die Universitäten wenden. Es wird noch mal einen Sprung geben, wenn eine wirklich freie Auswahl durch uns stattfindet. Wie wird die Medizinische Fakultät bei der Auswahl von ab Wintersemester 2005/06 oktober 2004

vorgehen? Es ist noch nichts entschieden, aber ich denke ein Mix aus AbiturDurchschnitt und einem Gespräch ist ideal. Es ist wichtig, in einer Art Vorstellungsgespräch festzustellen, welche sozialen Kompetenzen ein Bewerber hat. Es kann sein, dass jemand in medizinrelevanten Be­rei­ chen sehr gut ist, aber in anderen nicht so gute Leistungen erbracht hat. Dann käme er heute vielleicht aufgrund eines schlechten Abitur­ durch­schnitts nicht für ein Medizin­ studium in Frage. Er kann aber trotz­dem ein sehr guter Arzt oder Forscher werden. Meiner Mei­nung nach werden Gespräche vor Ort dramatisch an Bedeutung gewinnen. Viele Fakultäten scheuen sich vor dem bürokratischen Auf­ wand, der bei einer Selbst­aus­ wahl auf sie zu­kommt. Wie sehen Sie den organisatorischen As­pekt? Es wird die für Deutschland typische Schwierigkeit geben, dass alles, was getan wird, eine Form der Gerichts­festig­ keit haben muss. Das heißt, abgelehnte Bewerber haben das Recht, zu klagen. In so ei­nem Fall müssten wir genau offen legen und belegen, wa­rum der Bewerber keinen Stu­dienplatz bei uns bekommen hat. Es muss alles nachvollziehbar sein. Deswegen fürchte ich, dass es mit viel Bürokratie verbunden sein wird. Wir können nur versuchen, sie so gering wie möglich zu halten.

zwischen Lehrenden und Lernenden ein anderes sein wird, wenn man denen, die ausgesucht werden, dass Gefühl gibt, sie aus bestimmten Gründen ausgewählt zu haben. Nicht nur die studentische Moti­va­ tion wird sich verändern, sondern es wird sich auch eine andere wechselseitige Beziehung zwischen Insti­tu­ tion und Student entwickeln. 20 Prozent der Studienplätze sollen weiter über Wartese­ mes­ter vergeben werden. Brau­ ­chen wir diesen Aspekt bei der Vergabe von Studien­plätzen? Ich meine, wir brauchen diese Rege­ lung, denn nicht alle Schüler sind bereits während des Abiturs so weitsichtig, sich anzustrengen. Bei einigen platzt der Knoten eben erst später. Gäbe es diese Regelung nicht, würden wir diese jungen Menschen als Studenten verlieren.

Wird es motiviertere Stu­ denten an der Fakul­tät geben, wenn Auswahl­ge­ spräche eingeführt wer- Dekan Kroemer: „Den bürokratischen Auf­ wand gering halten.“ Foto: den? An der Medizinischen Fakul­ yvo tät gibt es mit der Motivation Von daher denke ich, dass eine eher keine Probleme, unsere Ab­brecher­quote in den ersten Warte­kom­po­nente, die ja auch mit Semes­tern bis zum Physikum ist einer gewissen Hartnäckigkeit assosehr ge­ring. Ich kann mir aber sehr ziiert ist, nicht verkehrt ist. gut vorstellen, dass das Verhältnis Interview: Yvonne Mathei

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moritz: Wie viele Bewerber konkurrieren im Studiengang Hu­manmedizin um einen Platz? Prof. Kroemer: Im Jahr vergeben wir 175 bis 180 Plätze, weitere 40 in der Zahnmed­i­zin. Darauf bewerben sich 580 Di­rekt­bewerber, das sind die Bewer­ber, die als erste Präferenz ein Stu­dium in Greifswald anstreben. Bei 3,2 Bewerbungen pro Studienplatz ist es eine extrem gute Sache, sich die Besten rauszusuchen, die dann ideal hierher passen. Anfang der 90er Jahre war es für Studenten die größte Katastrophe, wenn sie durch die ZVS nach Greifs­ wald geschickt wurden. In den letzten Jahren gab es aber dramatische Veränderungen und inzwischen liegen wir bei Umfragen unter Studen­ ten weit vorn.

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Pauken auf Pump? Was nach der Einführung von Studiengebühren auf uns zukommen könnte

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Ende Juli erschütterte eine Mel­ dung die sich bereits in den Semes­ terferien befindende Studie­ren­den­ schaft der Bundesrepublik: Das Bun­desverfassungsgesetz hatte die Junior-Professur gekippt. An sich nichts, was den normalen Studen­ ten in seiner Ruhe stören würde, doch klang stets mit, dass es nun wohl auch mit dem deutschlandweiten Verbot für Studiengebühren vorbei sein werde. Zum besseren Verständnis: In Deutschland sind die Bundesländer für die Bildungspolitik und somit auch für die Universitäten zuständig. Damit es jedoch nicht 16 komplett unterschiedliche BildungsModelle nebeneinander gibt, existiert ein so genanntes „Hochschul­ rah­mengesetz“, das die wichtigsten Standards für die gesamte Bundes­ republik festlegt. Dort ist auch seit einer Novellierung 2002 auch eine Ge­büh­ren­freiheit für das Erst­ studium gesetzlich verankert, wogegen zurzeit einige Bundes­länder vor dem Verfassungsgericht klagen. Sie sehen ihre Kompetenzen durch das Gesetz eingeschränkt. Mit einer Entscheidung der Karls­ ruher Richter wird Ende des Jahres gerechnet: Da sie im Streit um die Ju­nior-Professur eine Entscheidung zugunsten der Länder getroffen ha­ben, sehen es viele Experten als wahrscheinlich an, dass auch Stu­ dien­gebühren in Zukunft Länder­ sache sein werden. Im Klartext heißt dies, dass die Bundesländer dann in Eigenregie entscheiden dürften, ob sie Gebühren von den Studenten erheben oder nicht. Eines ist schon jetzt klar: Sollte ein Land damit anfangen, werden die anderen schnell nachziehen. Doch was kommt auf uns zu, sollte das allgemeine Verbot von Stu­dien­ gebühren tatsächlich sein Ende in Karlsruhe finden? Es gibt verschiedene Ideen und Vorschläge. Es könn­ten direkte, allgemeine Stu­ dien­gebühren eingeführt werden, was bedeuten würde, dass jeder Stu­ dent ab dem ersten Semester eine pauschale Gebühr bezahlen muss. Zur Zeit ist die Rede von 500 Euro pro Semester. Damit das Studium 14

weiterhin jedem möglich wäre, soll die Einführung mit einem Stipen­ dien­system oder zinsgünstigen Bil­ dungskrediten verbunden werden. Bisher ist jedoch unklar, wer hier die Anschubfinanzierung leisten soll. Eine weitere Möglichkeit wären so genannte „nachlaufende Studien­ge­ bühren“, wie es sie etwa in Aus­ tralien gibt. Hierbei werden die Ge­bühren erst nach Abschluss und er­folg­reichem Berufseinstieg fällig. Die Höhe der Rückzahlungen richtet sich also nach dem monatlichen Ein­kommen. Findet der Absolvent keine Arbeit, bekommt der Staat auch nichts zurück. Eine dritte Möglichkeit, die bereits in Rheinland-Pfalz und NordrheinWestfalen praktiziert wird, sind so genannte „Studienkonten“. Sie schaffen Anreize für Studierende, ihr Studium zügig zu Ende zu führen und für Universitäten, ein zügiges Studium zu ermöglichen. Das ganze funktioniert so: Die Hoch­ schul­verwaltung führt für jeden Studenten ein Studienkonto, auf dem er über ein bestimmtes Gut­ha­ ben an Semesterwochen­stun­den verfügt. Das Guthaben über­schrei­­ tet die Regelstudienzeit um eine bestimmte Dauer. Für jedes Se­mester wird ein pauschaler Betrag an Semesterwochenstunden abgebucht, egal, ob der Student sie besucht hat oder nicht. Ist das Guthaben verbraucht, müssen vom Studenten Gebühren in Höhe von meh­reren hundert Euro pro Semester aufgebracht werden. Schließt er sein Studium jedoch ab, bevor das Bildungsguthaben aufgebraucht ist, so kann er den Rest für Weiterbildungsmaßnahmen an Hoch­schulen verwenden. Übrigens werden in Deutschland bereits Studiengebühren erhoben. In Baden-Württemberg etwa werden ab einer Überziehung der Regelstudienzeit von vier Semes­ tern 500 Euro für jedes weitere Semester fällig. „Langzeitstudien­ gebühren“ sind nämlich mit dem Hochschulrahmengesetz bereits ver­einbar. ring

Kommentar Studiengebühren? aber…

Ja,

Will man in Studentenkreisen eine Diskussion entfachen, braucht man nur ein Thema anzusprechen: Stu­ diengebühren. Doch bleiben wir ganz sachlich. Sind Studienge­büh­ ren nicht vielleicht doch ein Weg aus der Finanzkrise der Hoch­schu­ len? Eins ist klar: Wie bisher kann es nicht weitergehen. Volle Hörsäle, un­besetzte Stellen oder desolate Ausstattung – ein hochwertiges Stu­d ium ist unter diesen Bedingungen sicher nicht möglich. Doch anstatt das Land immer wieder in die Pflicht zu nehmen, sollte ernsthaft nach Alternativen gesucht werden. Dabei dürfen auch vor Studien­ge­bühren nicht die Augen verschlossen werden. „Was nichts kostet, taugt nichts“, sagt ein Sprichwort. Das trifft sicher nicht immer zu, doch sollte sich jeder ernsthaft fragen: „Was ist mir mein Studium wert?“ Ich zumindest wäre bereit, einen Beitrag zur Fi­nanzierung meines Studiums zu leisten. Allerdings wird die Uni so zum Dienstleister. Gebe ich ihr Geld, verlange ich auch einiges dafür. Ein Sitzplatz in der Vorlesung, Semi­n are mit maximal 20 Teilnehmern und ein Professor, der auch mal für mich Zeit hat, sollten dann schon drin sein. Wichtig ist auch, dass das Land weiter in der Pflicht bleibt und sich nicht aus der Verantwortung stiehlt. Studien­ gebühren können nur eine Er­gän­ zung der Landes­mittel sein und nicht ihr Ersatz. Doch wie soll ich 500 Euro pro Semester bezahlen? Nachträglich. Habe ich nach dem Studium meinen Beruf gefunden, bezahle ich die Gebühren zurück. So hat nämlich auch der Staat ein Interesse, mir eine Arbeit zu verschaffen, denn ansonsten bleibt er ja auf meinen Schulden sitzen. Studiengebühren müssen also nicht wie das Weihwasser für den Teufel sein. Sinnvoll eingesetzt, retten sie vielleicht die deutsche Hochschul­ moritz


neue serie: hochschulpolitische gruppen nur etwa sieben oder acht bei unseren Treffen.“ Karteileichen gibt es also auch hier. Und was macht der RCDS in Greifswald so? „Zunächst einmal unterstützen wir unseren Vertreter im StuPa“, berichtet Max. Dies ist der Vorsitzende der Gruppe, Philipp Wichter, der im Juni nachgerückt ist. „Außerdem werden bei uns häufig Vorträge zu verschiedenen politischen und hochschulpolitischen The­men gehalten.“ Im Sommer­ semester etwa habe der CDU-Euro­ paparlamentarier Alfred Gomolka etwas zum Bologna-Prozess erzählt. zeit vierzehntäglich mittwochs um RCDS – Was ist das? Geheimbund, „Unsere Vortragsveranstaltungen 19 Uhr im „Kontor“ am Markt stattDesignerdroge oder Anlagefonds? sind meisten auch öffentlich“, „Nichts von alledem“, erklärt Max finden. „Von unseren 22 Mit­glie­ er­gänzt Max. Für das kommende dern erscheinen jedoch meistens von Grone. „RCDS steht für ‘Ring Se­mester seien eine Party christlich-demosowie ein Schnup­pergolfen kratischer Stu­den­ auf Usedom ge­plant. „Dies ten’ und ist die wird auch für Inter­essenten hochschulpolitioffen sein.“ Politisch strebe sche Gruppe der man darüber hinaus ein CDU“, weiß der Ge­spräch mit den anderen BWL-Stu­dent und politischen Gruppen über stellvertretende die Zukunft der Hoch­ Vorsit­z ende zu schulfinanzierung an. berichten. Die Programmatisch ist der Gruppe stehe der RCDS in Greifswald ein Par­tei jedoch nur wenig gespalten. „Unser nahe, sei ansonBundesvorstand plädiert sten aber von ihr zwar für Studiengebühren“, unabhängig. So erzählt der stellvertretende müsse man auch Vorsitzende, „doch wir sind nicht CDUin unserer Gruppe uneinig, Mitglied sein um ob eine Einführung sinnvoll an den „Meetings“ RCDS-ler mit politischem Hintergrund: „Uneinig, ob die Einfüh­ r ung ist oder nicht.“ teilzunehmen, die Foto: ring in der Vorle­sungs­ von Studiengebühren sinnvoll ist.“ Politik ist ein „dreckiges Geschäft“, mit dem niemand etwas zu tun haben möchte, sind viele Menschen überzeugt. Doch Schröder, Merkel und Co. können auch Vorbild für junge Menschen sein. So gibt es in Greifswald Nach­ wuchspolitiker, die sich in hochschulpolitischen Gruppen engagieren - nicht (nur) für ihre eigene Karriere, sondern (auch) für die Anliegen der Studie­ renden. In den kommenden Ausgaben stellt der moritz diese Gruppen vor.

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Die Welt zu Gast in Greifswald

2005 geht GrIStuF in die zweite Runde / Von Kai Doering

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Greifswald ist auf den Punkt ge­kommen. Die kleinen blauen Dinger kleben überall: An Laternenmasten, in der Mensa sogar an der Tür des Audimax sind zwei gesichtet worden. Des Rätsels Lösung ist GrIStuF. Doch was ist das eigentlich? Rückblick: Im Juni 2001 sitzen elf Greifswalder Studenten an einem lauen Sommerabend am Strand von Koserow. Zwischen Sandburgen und Nudelsalat entsteht hier ein Ver­­ein, der Greifswald bereits ein Jahr später verändern soll: Der GrIStuF e.V. Hauptanliegen der Ver­einigung, die ausgeschrieben „Greifswald International Students Festival“ heißt, ist es, für Toleranz zu werben und gegen Rassismus und Vorurteile anzukämpfen. Wie wich­tig dies ist, zeigt sich drei Mo­nate später. Die Anschläge vom 11. September erschüttern die Welt, doch können sie die Planungen in Greifswald nicht aufhalten. Uner­ müd­lich arbeiten die ehrenamtli­ chen Mitglieder des Orga-Teams, das zum Ende des Jahres bereits auf über 30 Mitglieder angewachsen ist, an der Verwirklichung ihres Ziels. Sie organisieren, planen, übersetzen und schreiben. Als die Finanzierung noch auf wackeligen Beinen steht, gelingt es ih­nen sogar, den Bun­des­­ kanzler bei seinem Be­such in G r e i f s ­w a l d da­von zu über­ ­zeugen, ihnen 10 000 Mark bereitzustellen. Den Lohn für alle Mühen gibt es dann ein halbes Jahr später. Vom 1. bis zum 9. Juni 2002 ist die Welt in Greifswald zu Gast. 450 Stu­denten aus aller Welt (oder zumindest aus

110 Ländern) kommen in die Stadt gemacht hat, an den Erfolg von am Ryck, um „im Gedan­ 2002 anzuknüpfen. „Students kenaustausch zu gesellschaftspolitiFestival“ ist der Name des Festes schen Themen ein Zeichen für Off­ der Kulturen, das Greifswald vom 4. en­heit und Toleranz zu setzen“, wie bis zum 12. Juni 2005 ähnliche die Ostseezeitung Verhältnisse damals schreibt. bescheren soll Ein Festival-Radio wie drei Jahre wird aus der Taufe zuvor. „Für uns gehoben. Jeden hat die heiße zwei­­­ten Tag Phase bereist er­scheint eine engjetzt begonlischsprachige Zei­ nen“, sagt tung - von Teilneh­ Julia. „Nun mern für die Teil­ gibt es kein nehmer. Zurück mehr.“ Auch nam­h after 1 2 0 0 Be­­such kann A n ­s c h r e i b e n be­grüßt werden. So an Unis in aller mischt sich „Sir Welt hat das Vi­val“ Rüdiger Neh­ Orga-Team in ­berg unter die Fes­ den vergangen t i ­v a l - B e s u c h e r . Wochen verZ w e i s p r a c h i g Post von GrIStuF - in alle Welt schickt - und Foto: GrIStuF stieß be­richtet er in seidabei nem „Querschnitt be­reits auf erste durch ein aufregendes Le­ben/CrossProbleme. Section of an Exciting Life“, wie er 1700 Euro mus­s­ten für das Por­to vom Bäckergesellen zu einem der aufbracht werden, was für GrI­StuF b e k a n n t e s t e n als ge­mein­nütziger Verein ein groÜberlebensspezialisten der Welt ßer Batzen Geld ist, zumal erst einiwurde. ge der gestellten Finanzanträge Doch auch der Spaß kommt nicht zu ge­nehmigt wurden. „Unser Ziel ist kurz: Beachparty in Eldena, orientaweltweite Auf­merksamkeit. Da darf lische Nacht oder uns so etwas nicht abschrecken“, „ I n d i a n gibt sich Julia optimistisch. Erste Dance“lassen die Reak­tionen werden jetzt Mitte Nacht zum Tag Ok­tober erwartet, denn ab dann wer­den. können sich Inter­essierte auf der Am neun­ten Juni Internetseite www.students-festival. 2002 ist dann de anmelden. „Wir rechnen mit plötz­l ich alles etwa 2000 Be­werbungen, aus denen vorbei. Seit­dem wir dann 450 Teilnehmer auswähschläft Greifs­wald len werden.“ Dies geschehe anhand wieder seinen eines bewährten Kriterienkatalogs. Schlaf des Natürlich müssen die ausländischen Ge­rechten. Bis Studierenden während ihres jetzt. Be­suchs auch irgendwo unterkom„Wir wollen men. „Wir werden etwa 500 Hosts Greifswald auf brauchen“, sagt Julia. Hosts sind den Kopf stellen“, verkündet Julia nette Leute, die einen Besucher Schrod. Die 23­jährige ist Mitglied wäh­rend der zehn Tage bei sich aufdes Teams, das es sich zur Aufgabe nehmen. „Eine Luftmatratze und moritz


El-dena geben und auch ein internationaler Brunch ist geplant, bei dem der Marktplatz zum Frühstückstisch werden soll. Vor dem Fest steht jedoch die Planung. Und damit hat das Team noch alle Hände voll zu tun. Zur besseren Abstimmung haben sich fünf Arbeitsgruppen zu den Berei­chen „Participants“, „Topics“, „Cul-ture“, „Finance“ sowie „Public Rela­tions“ gebildet. Jeden Mittwoch tref­fen sie sich um 20 Uhr in der Stralsunderstraße 10 zum Austausch. „Interessierte sind immer herz­lich willkommen“, sagt Julia. „Es ist zwar eine ganze Menge Ar-beit aber wir haben auch viel Spaß dabei.“ Die Belohung wird es dann spätestens im Juni nächsten Jahres geben, wenn Greifswald für zehn Tage zum Nabel der Welt wird und alle ein großes Fest feiern. „Und spätestens dann werden wir Organisatoren die langen Nächte am Schreibtisch, im Büro hinter den Com­putern, unzählige Anträge, Tele­fonate, E-Mails und den ganzen Stress vergessen haben“, sagt Julia und lächelt zufrieden. Weitere Infos zum Students Festi­ val gibt es unter www.students-fe-

Verantwortlich für... Public Relations

Julia Schrod (23) stammt aus Kas­ sel und ist zum Winterse­mester 2003/2004 nach Greifswald ge­kom­ men. Bei GrIStuF engagiert sie sich seit April 2004, wo sie seit erstem Juli für die PR-Abteilung zuständig ist. Wie bist Du zu GrIStuF ge­kom­ ­men? Durch die ehemalige PR-Leiterin. Ich hatte mich vorher zwar schon mal auf der Internetseite von GrIStuF umgesehen aber letztendlich hat sie mich dazu gebracht. Das „international feeling“ hat mich sofort fasziniert. Was sind Deine Aufgaben? Ich muss in erster Linie Kontakte knüpfen - zu den Medien genauso wie zu möglichen Sponsoren. Dazu schreiben ich Pressemitteilungen, entwerfe Flyer oder stelle Presse­ mappen zusammen. Zurzeit bin ich dabei, eine Pressekonferenz zu or­ganisieren. Was erwartest Du von GrIStuF? Ich stelle mir eine Stadt voller fröhlicher Menschen vor, die sich treffen, diskutieren und zusammen fei­ ern. Wenn uns das gelingt, haben wir unser Ziel erreicht und ein Zeichen gesetzt.

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ein Schlafsack reichen da schon.“ Auch die Hosts können sich im In­ternet anmelden. Und wie sieht das Programm bisher aus? „Bewährtes wird es wieder ge­ben, doch es kommt auch viel Neues dazu“, bringt es Julia auf den Punkt. So werde es wieder sechs Work­shops geben. Die Themen: „Migr­a­tion“, „Grüne Globalisie­ rung“, „Kon­­­flik­t e und K o n f l i k t m a n a g e ­m e n t “ , „Interkulturelles Lernen“, „Globale Ethik und Werte“ sowie „Ent­ wicklungspolitische Zusam­men­ arbeit“ stehen dabei im Vorder­ grund der internationalen Konfe­ renz. Untermalt werden sie erneut von öffentlichen Vorträgen namhafter Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Kunst und Wissenschaft. „Jede Diskussionsgruppe wird von mehreren internationalen Groupleadern geleitet“, erzählt Julia. ­­“Sie übernehmen die Moderation der Dis­kussionen, tragen Ergebnisse zu­sam­men und stellen sie hinterher der Öffentlichkeit vor.“ Alle Work­ shops sollen auf Englisch abgehalten werden. „Es sind jedoch auch alle anderen Sprachen erlaubt - notfalls auch händisch und füßisch.“ Daneben wird es besondere Höhe­ punkte wie den „Beachtag“ in

GrIStuF in drei Worten ist… …international, motivierend, multikulturell. Julia ist zu erreichen unter jule@gristuf.org

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Wo Bildung Chefsache ist Ein Nachruf auf die Universität in Minsk / Von Kai Doering Nach zwölf Jahren kam das Aus. Durch „Eigenbedarfskündigung“ wur­de Anfang August die Europä­ ische Humanistische Universität (EHU) im weißrussischen Minsk ge­schlossen. Ein weiterer Coup von Präsident Alexander Lukaschenko.

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EU-Bot­schafter ein, doch noch wählaufe alles auf die litauische Haupt­ rend die Universitätsleitung mit der stadt Vilnius hinaus. Re­gie­rung über den geforderten Doch Katharina Miller möchte mehr. Rek­to­renwechsel verhandelt, kün„Bereits vor der Schließung der EHU digt die Verwaltung des Präsidenten hatten wir über Campus Eu­ropae im Ju­li der EHU den Mietvertrag für vereinbart, dass zwei Stu­denten aus das Universitätsgebäude. Offizieller Minsk nach Greifswald kommen. Grund: Die Präsi­ Daran wollen wir auf jeden Fall festdial­v erwaltung halten.“ Allerdings habe man durch brau­c he mehr die Schließung der Uni den Kontakt Platz für Büros. zu beiden verloren. „Von uns aus Ein geschickter können die Studenten kommen, Schach­zug, denn denn hier ist alles vorbereitet“, sagt ohne Räume sei Nadja Dahlhaus, die den Austausch der Lehrbetrieb mit organisiert hat. „Lang­sam wird nicht sicherge­ die Zeit allerdings knapp.“ stellt, weshalb Ob Greifswald also tatsächlich Exil man der Univer­ für ehemalige Studenten der Min­ si­tät leider die sker EHU wird, ist bisher noch Li­zenz entziehen un­klar. Anders sieht es dagegen in müs­se, wie es in ei­ner anderen ostdeutschen Stadt einer Erklärung aus. Die Präsidentin der Viadrina, heißt, die drei Ge­sine Schwan, will 50 bis 60 Ta­ g e später verStudie­renden ihren Abschluss in Uni im Visier: Staatspräsident Lukaschenko öffentlicht wird. Frank­furt/Oder ermöglichen. Die Seitdem stehen beiden Unis hatten bereits vor der 1992 nach dem Fall des eisernen die 1000 Studenten der Europäisch Schlie­ßung eng zusammengearbeiVor­­hangs gegründet, war die EHU Humanistischen Universität auf der tet. Lu­kaschenko bereits lange ein Dorn Straße - und demonstrieren. Doch in Freiheit für Lehre und Forschung im Auge gewesen. Mit ihren rund 60 einem Land, in dem Parolen wie das humboldtsche Ideal ist auch ausländischen Dozenten und dem „Ich will in Weißrussland nach zweihundert Jahren aktueller Leit­bild, europäische klassische Bil­ studieren“als staatsfeindliche denn je. „Wir sollten uns glücklich dung in Weißrussland zu verankern, Propaganda gelten, wird das nicht schätzen, dass wir in Deutschland galt sie als eine der besten Uni­ver­si­ viel nutzen. Stattdessen müssen alle Möglichkeiten habe“, meint täten östlich von Warschau. Der Alternativen entwickelt werden, die Katharina Miller. Ein Satz, über den Er­folg der EHU war nicht zuletzt das den europhilen Studenten ihren vielleicht jeder einmal nachdenken Werk ihres Rektors, des Philoso­ Abschluss er­möglichen. sollte. phie­­pro­fessors Anatolij Michajlow. „Der Gedanke der Universität wird In die Vorstellungen Lukaschenkos, auf jeden Fall weiterleben“, sagt der bereits länger dafür bekannt ist, Katharina Miller, Vorsit­ Op­positionspolitiker einsperren zu zen­de des Student Council las­sen und Parteien den Garaus zu von Campus Europae. Die ma­chen, passte dies allerdings nicht Greifswalder Studentin hat und so legte er Michajlow Anfang selbst im Rahmen einer des Jahres seinen Rücktritt nahe. „Tour d’Europe“ im verganDa dieser ablehnte, musste „der letz­ genen Jahr die Minsker Uni te Diktator Europas“, wie Luka­ besucht. „Zurzeit sieht es so schen­ko viele nennen, zu anderen aus, dass die EHU zu einer Mit­teln greifen. Als sich Michajlow Fern-Uni wird, an der die nach mehreren Morddrohungen im Stu­denten dann per Inter­ April in den USA aufhält, versagt die net ihr Studium fortsetzen Regierung seiner Universität die können. Ihr Sitz wird aber Lizenz. Wenig später lenkt sie zwar auf jeden Fall nicht in Die EHU in Minsk nach heftigen Protesten einiger Weißrussland sein.“ Zur­zeit 18 moritz


Geschmacksache Mensa-Umfrage gibt über die Essensgewohnheiten der Studenten Auskunft / Von Kai Doering

Sehr zufrieden und zufrieden mit Geschmack und Qualität der Speisen

Ge­genstand manchmal heftiger Dis­ kus­sionen. Doch die Mensa ist besser als ihr Ruf – das zeigt zumindest die jüngste Umfrage des Studenten­ werks. Vom 28. Juni bis zum neunten Juli waren Studenten und Mitarbeiter aufgerufen, online über das Angebot in der Mensa und die Qualität des Essens abzustimmen - und 555 Personen nahmen die Möglichkeit wahr. „Mit der Beteiligung sind wir sehr zufrieden“, sagt denn auch Dr. Cornelia Wolf-Körnert, die als Geschäftsführerin des Studenten­ werks für die Durchführung und Auswertung verantwortlich war. „Das Konzept für die Befragung haben wir gemeinsam mit anderen Studentenwerken entwickelt, mit denen wir eine BenchmarkingGruppe bilden“, ergänzt sie. Somit wurden zeitgleich die Studenten von sechs verschiedenen Studentenwer­ ken aus ganz Deutschland befragt. Die gemeinsame Auswertung folgt im November. Doch was ist in Greifswald herausgekommen? „Ins­ gesamt sind die Studenten mit ihrer oktober 2004

Mensa zufrieden“, freut sich WolfKörnert. Lediglich die Gestaltung des Speisesaals bekäme nicht so gute Noten. „Dagegen können wir allerdings leider wenig tun, da uns bauliche Grenzen gesetzt sind.“ Anders sieht es da beim Essen selbst aus. Die Gerichte schneiden zwar gut ab, Saucen und Würzung bekommen jedoch schlechte Noten. „Daran werden wir arbeiten“, verspricht die Geschäftsführerin. Eine Umstellung ist auch bei der Por­tionsgröße der Mahlzeiten angedacht, denn auch sie wird kritisch be­wertet. Hier sind besonders Un­t erschiede im Zusammenhang mit dem Geschlecht erkennbar. Männer mögens lieber fleischig und bevorzugen hier große Portionen, während die weiblichen Kunden eher vegetarisch essen. Hier darf es dann auch für sie etwas mehr sein. „Wir werden darauf reagieren, indem wir in Zukunft verstärkt unterschiedliche Portionsgrößen anbieten werden.“ Außerdem sei geplant, neue Re­zepte für vegetarische Gerichte aus­zuprobieren. „Soweit es die Grö­ße des Personals zulässt, werden wir auch noch weniger Fertiggerichte als bisher anbieten.“ Derzeit arbeiten etwa 25

Personen in der Küche. Bleibt das Problem des Andrangs. Der Großteil der Befragten gab an, die Mensa zwischen halb zwölf und halb eins zu besuchen. Häufig kam es im vergangenen Jahr gerade zu dieser Zeit zu Engpässen. Die Lage dürfte sich im kommenden Seme­ ster durch den Ansturm der neuen Erstsemester nicht gerade verbessern. „Dagegen können wir leider wenig tun“, bedauert Cornelia WolfKörnert. „Die Situation zeigt allerdings, dass der Mensa-Neubau am Berthold-Beitz-Platz dringend notwendig ist.“ Auch der Umbau der Mensa in den Semesterferien ändert an der Situation nichts. „Wir haben lediglich eine neue Geschirrspülma­ schine eingebaut, damit es in Zu­kunft öfter sauberes Besteck gibt.“ Insgesamt also ein positives Um­frage-Ergebnis mit Abzügen in der B-Note. „Auf jeden Fall möchte ich allen Teilnehmern herzlich danken, denn sie tragen dazu bei, dass wir uns stets weiter verbessern können.“ Und daran sollte ja allen gelegen sein. Wer an der vollständigen Auswer­ tung der Umfrage interessiert ist,

Wann suchen Sie die Mensa in der Regel auf? (Angaben in Prozent der Gruppen, n=555) uni-versum

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und so ist auch das Essen in der Mensa häufig

Graphiken: Studentenwerk

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Denke ich an 2006...

Feste feiern

Im Jahr 2006 wird unsere Uni 550 – die Planungen fürs Fest haben bereits begonnen /Von Kai Doering

Margret und Wolfgang Opdenberg, Touristen aus Lippstadt: „Beim Jahr 2006 denken wir an die Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land.“

Studenten feiern gern. Auch wenn dies eine pauschale Aussage ist, gehört „Party machen“ doch einfach zum Studentenleben dazu. Einen wirklichen Grund um einen drauf zu machen gibt es meistens nicht, aber das ist eigentlich auch gar nicht wichtig. Es geht schließlich da­rum, Spaß zu haben. In zwei Jah­ren wird das allerdings alles anders sein. Natürlich werden Studenten dann immer noch feiern, doch gibt es dann – zumindest für die Studen­ten der Ernst-Moritz-Arndt-Univer­sität – auch einen triftigen Grund: Ihre Alma Mater wird 550 Jahre alt. Solch ein großes Ereignis erfordert natürlich etwas mehr Planung als

Universität leitet. Unter dem Triumvirat haben die Vorbereitungen Fahrt aufgenommen. „Zunächst mussten wir uns darüber klar werden, was wir im Jahr 2006 machen wollen - und können“, erklärt Boris Spix. „Dazu haben wir erstmal recherchiert. Intern: was wurde bei den bisherigen Jubiläumsfeiern geboten und welche Ideen bestehen in den In­stituten? Und extern: was haben die anderen Universitäten gemacht?“ Jubilä­ums­­feierlichkeiten haben an der Ernst Moritz Arndt Universität ja bereits lange Tradition und ein Blick in das Archiv zeigte, was Feste feiern in früheren Zeiten bedeutete.

Thomas Schattschneider, AStAReferent: „Ich denke an das Jubiläum der Uni und die Bundestagswahl. Natürlich wird auch die Fußball-WM ein Höhepunkt werden.“

Zwei, die einen Plan haben: Sabine Große und Boris Spix

uni-versum Petra Hilber, Geschäftsführerin der Greifswald-Information: „Es wir mir zwar wahrscheinlich nie­mand glauben, aber ich denke dabei an das Uni-Jubiläum. Bei uns ist es schon jetzt gegenwärtig, denn die Touristen fragen uns ständig, wann denn das Hauptgebäude wieder enthüllt wird.“ 20

etwa eine Einweihungsparty und d­­­es­­­­­­­­halb hat die Uni­ver­sität bereits frühzeitig mit den Vorbereitungen begonnen. „Eigent­­lich fing es bereits 1996 an“, berichtet Boris Spix, Mitarbeiter des Organisationsbüros für das Univer­ sitäts­jubiläum 2006. „Seit damals", so Spix, „wird an einer Festschrift gearbeitet.“ Der Historiker ist seit April 2003 in Greifswald und koordiniert unter der Leitung von Sabi­ ne Große die Vorbereitungen der 550-Jahr-Feier. „Dritte im Bunde ist Martina Kasch“, ergänzt die Diplom - Kommunikationswirtin, die neben den Vorbereitungen der Jubiläumsfeiern auch noch das Fund­raising & Alumnibüro der

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„Das bietet so manche interessante An­regungen auch für heute“, schmun­zelt Sabine Große. Paral­lel zu der Recherche hieß es, Ideen entwickeln. Unterstützt werden die drei dabei von einer fünfköpfigen Jubiläumskommission bestehend aus den Professoren Dr. Spieß und Dr. Festge sowie den Herren Dr. Schiel­ke, Dr. Alver­mann, Schönebeck und themenbezogenen Gästen. Die Kom­­mis­­­sion trifft sich alle vierzehn Tage um den Stand sowie die Umset­zu­n­gen der Planungen zu besprechen und richtungsweisende Ent­schei­­dun­gen zu treffen. Und was ist bisher geplant? „Los geht es im Mai 2006 mit der Hoch­ moritz


um bieten noch sehr viel Raum. „Wir wollen gern alle Institu­te der Universität beteiligen und sie in ihrer ganzen Vielfalt zeigen“, betont Spix. Dabei setze man auch beson­

zur Person: Sabine Große Sabine Große kommt ge­bür­­tig aus Es­sen und hat den Studi­ en­­gang Gesell­ schafts- und Wi r t ­­s c h a f t s ­ kom­munikation an der Hoch­ schu­le der Kün­ ste in Berlin als Dipl. Kom­mu­nika­tions­wirtin abgeschlossen. Seit April 2004 ist sie die Leiterin des Fund­raising- und Alumnibüros der Ernst-Moritz-ArndtUniversität. Foto: B. Eckloff

schulrektorenkonferenz, die zum Ju­biläumsjahr in Greifswald tagen wird“, berichtet Boris Spix. „Ein wei­terer Höhepunkt der Feierlich­ kei­ten wird dann die Festwoche vom

1. bis zum 9. Juli sein.“ Hier wer­den ein Uniball und Kulturnäch­te, ein Essen auf dem Marktplatz (Ar­beitstitel „So is(s)t die Uni“) mit den Lieblingsge­richten der Studen­ ten, ein Fußball­turnier der Part­ner­ universitäten und andere sportliche Aktivitäten ge­boten. Außerdem soll das End­spiel der Fußball-Weltmei­ sterschaft auf dem Markplatz übertragen werden. „Die deutsche Mann­ ­schaft ha­ben wir dafür bereits engagiert“, ver­rät Sabine Große mit einem Au­g enzwinkern. Den Ab­schluss dieser rauschenden Woche soll ein großes Feuerwerk bilden. Der offizielle Festakt zum Univer­ sitätsjubiläum folgt dann rund um den Gründungstag der Universität, den 17. Oktober. „Bei der Festlegung des endgültigen Termins werden wir uns allerdings auch nach den Ehrengästen richten“, sagt Spix. „Hier sind dann ein Festgot­tes­dienst mit anschließender Übergabe der bis dahin renovierten Aula so­wie ein Empfang und ein festliches Kon­zert geplant. „Grob wissen wir, was im Jubiläumsjahr passieren wird, doch mit der Feinplanung kön­nen wir erst jetzt beginnen.“ Erst jetzt? Schließlich sind noch zwei Jahre Zeit. „Um ein so vielseitiges Fest erfolgreich zu gestalten, müssen die Vorbereitungen frühzeitig stehen“, erklärt Sabine Große den frühen Beginn der Planungen. Feste feiern - aber mit Plan. Und die Planungen zum Universitäts­jubilä­ oktober 2004

Foto: ring

ders auf die gute Zu­sam­men­arbeit zwischen Uni und Stadt. Ein Bei­ spiel hierfür ist vielleicht die Kin­ deruni, „bei der wir eine enge Ko­operation mit den Schulen an­stre­ ben.“ Schülerinnen und Schüler der Klassen drei bis sieben sollen hier unter der Leitung von Universi­tätsDozenten wissenschaftlich ak­tiv werden. Nach­wuchs­­ge­win­nung im eng­sten Um­feld sozusagen. Viel Raum bieten die Vorbereitun­ gen auch für weitere Ideen und studentische Aktivitäten. Dies ist dem Team zur Vorbereitung des Jubi­lä­ ums sehr wichtig. „Bei all unseren Vorhaben setzen wir auf die aktive Mitarbeit und die Ideen jedes einzelnen Studierenden“, sagt Sabine Große. „Denn“, so die Fundraiserin „das Jubiläum soll ein Fest werden für alle - und von allen.“ Eine gute Gelegenheit sich zu präsentieren bietet sich unter anderem im Rah­ men der Festwoche bei der „Uni­ mei­le“. Hier sollen sich die Stände studentischer sowie städtischer Ini­ tiativen, der Institute und lokaler Geschäfte quer durch die Stadt ziehen - von der Langen Straße bis zur Mensa und entlang des Schießwalls. Es wird auch einige Bühnen geben, auf denen die Studenten dann so richtig zeigen sollen, was in ihnen steckt. Studenten wissen eben am besten wie man feiert. Kontakt: jubilaeum@uni-greifswald.de oder Tel. 861175

Der Begriff Fundraising ist im deutschen Sprachgebrauch nicht alltäglich. Was genau sind Ihre Aufgaben? Die Definitionen darüber, was zum Fund­raising gehört, gehen ein wenig aus­­einander. Im Kern verfolgt Fund­rai­ sing aber das Ziel, Finanzmittel zu be­schaf­fen, die nicht nach klaren Förder­bedingungen ver­geben werden. Dabei steht Kommu­ni­kation im Mittelpunkt, denn Fund­raising ist Beziehungs­auf­bau. Intern, al­so mit allen Bereichen der Universität und extern - mit potenziellen und tatsächlichen Förderern. Ih­nen gegenüber gilt es, die Projekte und auch die Uni­ versität in Ihrer Bedeu­tung greifbar darzustellen.

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„Und so wird dann der Universitätsball ablaufen.“

Sie sind die erste Fundraiserin der EMAU. War dieser Schritt für die Uni­versität notwendig? Für eine Universität, die den Blick be­wusst in die Zukunft richtet, in der sie hand­lungsfähig bleiben und das Ni­veau der Forschung und Lehre halten und verbessern will ist dieser Schritt ab­solut der richtige. Denn die Entwik­ klungen zeigen, dass auch Universi­ täten an weiteren Formen der Förde­ rung arbeiten müssen. Die Ernst-Mo­ ritz-Arndt-Universität ist hier früh ak­tiv geworden.

Zeit für eine erste Bilanz: Was haben Sie in den vergangenen Monaten er­reicht? Die Projekte sind definiert und wir kön­­nen nun damit beginnen, sie ge­gen­ über potentiellen Förderern zu kom­ munizieren. Außerdem haben wir eine Dy­namik in Gang gesetzt. In­for­ma­ti­o­ nen, Ideen und Initiativen aus den universitären Bereichen fließen. Und 21


Kommen - Kaufen - Freuen

öBay ist ein voller Erfolg / Von Kai Doering Akkordeonmusik weht über den In­nen­hof des Slawistik- und des Ge­schichts-Instituts und vermischt sich mit den Düften von frisch ge­grilltem Fleisch. Etwa 25 Menschen tummeln sich am Vormittag des dritten Juli auf diesem kleinen Flek­ken in der Domstraße neun und guc­ken, feilschen und kaufen. „ÖBay“ heißt der Grund, warum sie hierher gekommen sind, doch ganz so hektisch wie beim Internetportal, geht es beim ersten Stude­n­ten­floh­markt des AStA nicht zu. Ganz im Gegenteil. Hier hat jeder Zeit und sieht sich ganz in Ruhe um. An sechs Ständen reicht das Ange­bot von der CD bis zur Kaffee-Ma­schine oder vom ausgemusterten Druc­ker bis zum Ölkanister. Stefan Raabs längst vergessenes Lied „Ma­schen­drahtzaun“ wird ebenso angeboten wie die „Greatest Hits“ von Cho­pin. Etwas Besonderes bietet Phi­lip Heldt an. Bei ihm gibt es selbst ge­machten Schmuck zu kaufen. Er ist zu­­frie­ den, obwohl er nicht sehr viel ver­ kauft. „Die Leute sehen sich die Sa­chen gerne an, doch sind sie ih­nen meist zu teuer“, erklärt er. „Die Atmosphäre hier gefällt mir sehr gut und ich finde es schön, dass dies wirklich mal ein Markt von Stu­ denten für Studenten ist. Auf professionellen KunsthandwerkerMärk­­­ten habe ich mit meinem kleinen Angebot keine Chance.“

Zur guten Atmosphäre trägt be­sonders Christian Blume bei. Der Kir­chenmusik-Student spielt Ak­kor­ deon - und das kommt an. „Ich hatte einen Aushang in der Mensa gesehen“, erklärt Christian. „Mit dem suchte der AStA einen Musiker für heute. Da habe ich mich einfach mal gemeldet.­ Er wäre auf jeden Fall wieder dabei, wenn es eine Wie­ derholung des Flohmarktes geben würde. Wird es das? „Ich möchte öBay auf jeden Fall im kommenden Semester wiederholen“, gibt Tho­ mas Maier schon einmal bekannt. Der Umwelt-Referent des AStA hatte den Flohmarkt organisiert und das obwohl er selbst erst einen guten Monat im Amt ist. Feilschen macht hungrig, doch da­für gibt es ein reichhaltiges Grillan­ge­bot - natürlich ökologisch. So wer­den nicht nur Bratwürste angeboten, sondern auch Gemüsespieße, die sich jeder selbst zusammenstellen kann. „Das BioFleisch wird leider nicht so gut angenommen“, erklären die Slawisten, die sich kur­zerhand bereit erklärt haben, das Grillen zu übernehmen. Was für ein Glück die ÖBayer mit dem Wetter gehabt haben, zeigt sich um 14 Uhr. Pünktlich zum angepeilten Ende öffnet der Himmel seine Pforten und es beginnt zu regnen. Ein nasses Ende für einen gelungenen Basar.

Thomas Maier: Umwelt-Referent und Erfinder von öBay. Fotos: Wie bist Du auf die Idee ge­kom­ men, einen Studenten­floh­ markt zu veranstalten? Ich selbst fand Floh­märk­te schon immer toll, aber die in Greifswald haben mir nicht gefallen. Ich wollte einen Markt, der Spaß macht und auf dem eine coole Atmosphäre herrscht. Deshalb ha­ben wir auch keine großen Anbieter zugelassen. Und wie bist Du auf den Na­men „öBay“ gekommen? Der kommt natürlich von „eBay“. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich selbst darauf gekommen bin. Mir war aber klar, dass der Name einen Wiedererkennungseffekt haben muss­­te und so haben wir das For­ mat von „ebay“ übernommen. Wir mussten den Namen nun allerdings aus rechtlichen Gründen ändern.

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Wie ist „öBay“ bei den Besu­ chern an­ge­­kommen? Allgemein ziemlich gut. Wir haben Evaluationsbögen verteilt und sind durchweg mit 1 bis 3 benotet worden. Manche fanden den Markt allerdings zu klein. Wie zufrieden bist Du selbst mit dem Verlauf? Ich bin sehr zufrieden. Alles hat gut geklappt und es waren so viele Leu­ te da, wie ich gedacht, allerdings nicht so viele wie ich gehofft hatte. Ich bin selbst übrigens auch einiges los­geworden. Wird es nun weitere Floh­ märkte ge­ben? Einer hat direkt in der Ersti-Woche stattgefunden und auch jetzt wollen wir weiter machen. Ob es allerdings im Winter klappt, ist unklar, denn das Greifswalder ist unberechenbar.

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serie: die greifzelmännchen

Feuerwehrfrau alter Schule 86 12 86 – eine Telefonnummer, die sicher jeder Magisterstudent schon einmal gewählt hat. Steht ihm doch am anderen Ende 2004 der Leitung Karin Zaffke vom Prüfungsamt mit Rat und Tat zur Seite. Bald wird er sich jedoch an eine andere Stimme gewöhnen müssen, denn Frau Zaffke geht zum ersten Dezember in den wohlverdienten Ruhe­ stand. Seit Anfang der 80er Jahre ist die gebürtige Dresdnerin für Studien­angelegenheiten zuständig. Zu DDR-Zeiten hatte sie auch die Raum­verteilung in der Universität über­nommen. Seit der Wende ge­hörte sie dann zum neu entstandenen Dezernat für Studentische An­ge­legenheiten und war von Anfang an im Zentralen Prüfungsamt für die Magister zuständig. Bei über

50 verschiedenen Studienfächern nicht immer eine einfache Aufgabe. „Dienst nach Vor­ schrift“ blieb für sie trotzdem stets e i n

F r e m d ­­w o r t . Eine Ei­gen­ schaft, die ihre Kollegen besonders an ihr schätzen. So übernimmt sie auch mal die eine oder andere Stu­dienberatung, wenn hilflose Stu­

denten zu ihr kommen, gibt Tipps und Hinweise - und das meist mit einem freundlichen Lä­cheln. „Sie ist immer hilfsbereit und stets bereit, auch mal Arbeit von uns zu übernehmen“, heben ihre Kol­legen be­sonders hervor. Auch ihre Schlag­ fertigkeit und Offenheit sind Cha­ rak­tereigenschaften, mit denen sie stets gut ankommt. So habe sie sich auch nicht beschwert als sie von der Schreibmaschine auf den Com­puter umsteigen musste. Fragt man nach Karin Zaffke, hört man immer wieder eins: „Ist sie nicht mal als Feuerwehrmann aufgetreten?“ 1986 war das, bei einer Weihnachtsfeier 1986 im Gast­haus „Eichel“. Doch wenn sie Anfang Dezember dann nicht mehr wie gewohnt mit dem Fahrrad in die Rubenowstraße einbiegt, wird man sich dort sicher nicht nur an eine sächselnde Feuerwehrfrau erinnern, sondern vor allem an eine liebe Kollegin mit dem Charme alter Schule. ring Der moritz wünscht Frau Zaffke für


Vom Steinbruch Goldgrube

in

die

Edmund von Pechmann im Portrait / Von Yvonne Mathei

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Wie wird ein promovierter Minera­ loge zum „Vater der frechsten Uni­ zei­tung Deutschlands“? So zumindest bezeichnete „Die Zeit“ den Lei­ ter unserer Pressestelle im Sommer 1996. Aufmerksame Leser des „UniJournals“ wissen bereits, wer ge­meint ist: Dr. Edmund von Pech­ mann. Sein Kürzel EP steht für fein ironische Beiträge und Bildunter­ schrif­ten und das weit über die Grenzen Vorpommerns hinaus. Was für den Mann aus Süddeutsch­ land zunächst wie Pech aussah, stellte sich im Nachhinein als glückliche Fügung heraus - sowohl für die Universität als auch für Pech­mann selbst. Hatte er doch Anfang der Neunziger eine Stelle in der Wirtschaft angenommen, die lediglich zehn Prozent Pressearbeit um­fasste. Nachdem die zwei Projekte, an denen er ursprünglich mitwirken sollte, in kurzer Zeit gestrichen wurden, machte die journalistische Arbeit plötzlich zu hundert Prozent seinen Arbeitsalltag aus. 1994 zog es Pechmann dann zu seinen pommerschen Ahnen und er trat seinen Dienst in der Pressestelle der Ernst-Moritz-Arndt Universität an. Durch ihn entwickelte das UniJournal seinen unverwechselbaren Stil, der sich liest „wie Simplicissi­ mus, FAZ und Titanic zugleich“. So

behauptet es zumindest „Die Zeit“. Überhaupt Stil: EP ist auch von seinem Auftreten her ein Original. Mit Fliege, Jackett und vornehmer An­mut hinterlässt er auf jeden einen bleibenden Eindruck. Mit seiner ruhigen Art ist er weniger rasender

Reporter als vielmehr stiller Beobachter, der es schafft, den trockenen Inhalt des Journals in ei­ne unterhaltsame Lektüre zu verwandeln. Freunde schätzen an ihm besonders seine sensible Art, die zurückhalten-

de Intelligenz und seinen Mut, stets seine Meinung zu sagen und auch hinterher noch dazu zu stehen. Auch sein Pragmatismus wird ge­schätzt. Hat er doch einmal aus ei­nem Berg geschenkter Quitten kurzerhand 60 Gläser Gelee gekocht, wie sich der langjährige Kanzler Carl Heinz Jacob erinnert. Da sich Pechmann nicht verbiegt, hat er sich in seinen zehn Jahren an der EMAU nicht nur Freunde ge­macht. So löste etwa ein gewagter Vergleich im Jahr 2001 einen kleinen Skandal aus. Bei der Beschrei­ bung der abgerissenen Duschbarak­ ken im Studentenwohnheim Flei­ scher­wiese entglitt Pechmann der Ausdruck „auschwitzartig“, was zu persönlichen Angriffen bis hin zu Morddrohungen führte. Rückendec­ kung bekam der Pressesprecher damals jedoch von Rektor Metel­ mann, der Pechmann, genauso wie sein Vorgänger Kohler, alle künstlerischen Freiheiten gelassen hatte. Da diese das Uni-Journal zu etwas Besonderem machen, bleibt zu hoffen, dass dies auch bei den zukünftigen Rektoren so sein wird. Nur so bleibt unser Greifswalder UniJournal ein „Gesamtkunstwerk“ und die „frechste Unizeitung der Republik“. Die moritz-Redaktion gratuliert Edmund von Pechmann herzlich

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moritz


„Bretter, die die Welt bedeuten“

Theater in Greifswald

Studenten spielten eine nicht un­wic­ htige Rolle in der Geschichte des Greifswalder Theaters. Bereits im 17. Jahrhundert traten sie in Kir­ chen und auf öffentlichen Plätzen in Laienspielen und Fastnachts­scher­ zen auf. Erste Aufführungen fanden im Rathaus oder auf dem Markt schon vor der Universitätsgründung 1456 statt. Aufgrund des starken Interesses der Studenten im 17. und 18. Jahrhun­ dert. für Musik und Schauspiel­kunst ließ die Stadtverwaltung im Jah­re 1730 die erste Schauspielge­sell­ schaft nach Greifswald kommen. 1752 erhielt Theaterdirektor Kuni­ ger in Greifswald Schauspieler­laub­ nis. Er war der erste, der die Rollen in hochdeutscher Sprache sprechen ließ. Seine Aufführungen fanden im Rehberg´schen Saal, Markt 16 statt, wo es neben der „Schonenfahreroktober 2004

Kom­pagnie“ die erste feste Bühne in Greifswald gab. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Dozenten und Studenten der Uni aktiver. Viele Studenten hatten großes Interesse an einem musikalischem Nebenstudium. Das Erlernen eines Musikinstrumentes diente außerdem als Nebenverdienst, was die Weiterführung ihrer Studien ermöglichte.Durch seine Begeiste­ rung von im Berliner Schauspiel­ haus aufgeführten Klassikern, gründete der Mitte des 18. Jahrhunderts nach Greifswald kommende Magi­ ster Raufseyen das erste Studenten­ theater. Am Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts kamen dann immer mehr Virtuosen nach Greifswald, de­ren Liebe zur Musik und zum mu­s i­k alischen Lustspiel die Begeiste­rung beim Publikum weck-

te. Die Lust am Musizieren und Theater­spiel wuchs besonders bei den Studenten. Viele Theaterdirektoren wechselten sich in den nächsten Jahrzehnten ab. Die Vorstellungen fanden in dem schon erwähnten Haus Markt Num­ mer 16 statt. Viele Klassiker wur­den inszeniert: Tragödien von Shakes­ peare, Lessing und Schiller Lustspiele und Arbeiten zeitgenössischer Dichter sorgten für die Entwicklung der Theaterkultur in Greifswald. Unter Theaterdirektor Kübler (17951797) erlebte das Theater ei­nen noch größeren Aufschwung, da Kübler erstmalig Aufführungen der Opern Mozarts realisierte. Zudem wurde sein Antrag, auch sonntags spie­len zu dürfen, von der Regie­rung bewilligt. Dies war bis dahin we­gen der Sonntagsruhe verboten gewesen.

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Höhen und Tiefen der Theaterkunst Aus der Geschichte des Greifswalder Theater / Von Annett Habermann

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Nach Unterbrechungen durch die Krie­ge von 1806 bis 1812 war es Graf Hahn, der für einen neuen Auf­ schwung sorgte. Seine Liebe zum The­ater hatte geradezu fanatische Aus­maße. Er wurde Schüler bei The­ ater­leiter Breede in Rostock, von dessen Theater er enorm beeindruckt war und veranlasste diesen schließ­lich, in Greifswald ein ebenso erfolgreiches Theater zu schaffen. Auf eigene Kosten erbaute er das Haus der „Schonenfahrer-Kompag­ nie,“ deren Direktor Breede wurde. Der Graf, der sein Leben und sein Geld dem Theater widmete und die durch lange andauernde Kriege zu­rück­gegangene Theaterkunst wieder zu neuem Leben erweckt hatte, verarmte und hatte dadurch keinen Einfluss mehr auf das Greifswa­ld ­ er Theatergeschehen. Der gebührende Dank der Stadt Greifswald blieb aus. Heute ist nicht einmal seine letzte Ruhe­ stätte bekannt. Durch seine Begeisterung für das Schauspielhaus in Putbus auf Rügen beeinflusst, schlug Kommerzie­ nrat Gottfied von Vahl 1820 den Neubau eines Theatergebäudes vor. Dies wurde jedoch durch die Ver­schuldung der Stadt infolge des fran­ zösischen Krieges abgelehnt. Sei­ne Pläne wurden jedoch wieder her­ vorgeholt, als man feststellte, dass das Haus am Markt 16 zu baufällig wurde, um ein größeres Publi­kum aufzunehmen. In der Kuh­straße 44/45 entstand schließlich ein neuer Saal mit Logen. Eine Ge­sell­schaft des Rostocker Stadtthe­ aters gab hier zwölf Jahre lang Vor­ stel­lungen. Dessen Direktor Beth­ mann brachte Goethes „Faust“ und „Eg­mont“ zur Aufführung und sorgte für die erste Widergabe von Beet­ hovens einziger Oper „Fidelio“. Greifs­walds Musik liebendes Publi­ kum war begeistert. In der Stralunder Straße 10/11, wo heu­te das Studententheater „Stu­ The“ auftritt, fanden zwischen 1849 und 1852 im Gasthof „Zum Greif“ Vor­stellungen einer Frankfurter und einer Stettiner Gesellschaft statt. Als 1882 einer der späteren Direk­ toren die Leitung des Theaters aufgab, war eine Weiterführung des ei­ge­nen Stadttheaters nicht mehr mög­lich. Man traf ein Abkommen 26

mit der Nachbarstadt Stralsund, wo­rauf­hin das Stralsunder Ensemb­ le zweimal in der Woche nach Greifs­ wald kam und in der Kuhstraße spielte. Eine sehr fruchtbare Entwicklung für das Kunstleben in Greifswald wa­ren die „Maiopern-Gastspiele“, wel­che erstmals 1907 unter der Lei­ tung von Emanuel Voß stattfanden. Durch die großen Besucherzahlen konnte das Theater endlich wieder Überschüsse erzielen. Voß brachte die großen Opern nach Greifswald. Nach­dem im Februar 1912 das Kon­ zert­haus in der Kuhstraße abgebrannt war, fasste man den Plan, ein Stadt­theater zu bauen. Es entstand ein Doppelbau: Das Theater und die Stadthalle. Es war Emanuel Voß, der die Mittel für die Anschaffung ei­nes Kostümfundus, von Requisi­

1944 wurde das Theater wegen der Kriegslage geschlossen und als Ma­ga­zin für das Rote Kreuz genutzt. Doch schon im Sommer 1945 be­gann die neue Theaterspielzeit. Nun sollte sich das Theater selbst erhalten, was durch die geschickte Leitung von Emanuel Voß möglich war. Doch die wachsenden finanzi­ellen Sorgen Ende der 40er Jahre veranlassten Voß zu seinem Rück­tritt nach 30jähriger Aufbautätig­keit. „Der Oper galt Pappa Voß´ ganze Liebe, und diese Liebe hat er auf die Greifswalder übertragen.“ schrieb die Schriftstellerin Anne­marie LangenKoffler damals in der Greifswalder Zeitung. Er ging ohne Abschied, weil das von ihm vorgeschlagene Ab­schieds­programm nicht genehmigt wurde. In der DDR hatte das Greifswalder Schauspiel die große Theater und Stadthalle in den 20er Jahren Tradition, brisantes, politisches The­ater zu machen. Von Sei­ten der SED und der Staatssicherheit wurden daher immer wieder Auf­­führungen verboten. 1960 vereinigte sich das Greifswalder Theater mit den Bühnen von Stral­sund und Putbus. Greifs­wald behielt nur das Schau­s pielEnsemble. Später wurde es wie­d er ein Mehrspartentheater. Mit der Wende 1989 ten und anderem benötigen Mate­ri­ brach eine Zeit der al beschaffte. Seine zweite Berufung Orientierungslosigkeit an, doch es in Greifswald begann mit der Eröff­ ging weiter. 1994 fusionierte das nung des Theaters im Juli 1915. Theater Greifswald mit dem Trotz sparsamen Wirtschaftens Stralsunder Theater zum „Theater ge­lang es ihm erneut, den musikaliVorpommern“. Heute sind über 300 schen Geschmack des Publikums zu Mitarbeiter am Theater und in zwei heben und die Liebe zur Oper neu Hauptspielstätten tätig. Was heute zu erwecken. noch immer gültig ist, formulierte Der Mann, dem die Universitäts­ Prof. Dr. de Boor 1926 folgendermastadt den Höhepunkt ihrer Theater­ ßen: „Und ich kenne keine Stadt, die geschichte verdankte, verabschiedevon Protesten und Petitionen widerte sich 1936 vom Greifswalder The­ hallen würde, wenn man ihr das ater. Kaum sechs Jahre später war The­ater nehmen wollte. Ich fürchte das Greifswalder Theater dermaßen nur, daß Klagen und Schelten dann heruntergewirtschaftet, dass der zu spät käme.“ damalige Bürgermeister den nun in Hamburg ansässigen Voß aufsuchte Und so mahnt er: und ihn bat, „das lecke Theaterschiff „Warum stehen Sie davor? wieder flott zu machen“. Nur er Offen stehen Tür und Tor. kä­me dafür in Frage. 1942 überKämen Sie getrost herein, nahm Emanuel Voß zum dritten werden Sie willkommen sein!“ Male die Leitung des Theaters und konnte schon nach Ablauf des ersten Jahres einen Zuschuss verzeichnen. moritz


Was für ein Theater! Es steckt viel Arbeit in einem Stück

/ Von Wenke

Jung und alt, groß und klein, elegant und leger, reich und arm zieht es bei Interesse an Kultur öfter mal ins hiesige Theater. Denn auf dem Spielplan des Theaters Vorpom­ mern ist für je­d en etwas da­bei und auch preislich gibt es nichts auszusetzen, insbesondere, wenn man weiß, wie viel Stress, Schweiß und Arbeit in einem Schau­ spiel steckt, be­vor es aufgeführt wird. Zu Beginn jeder Spiel­zeit wird schon mit der Planung für die jeweils folgende be­gonnen. Wäh­rend wir al­­so derzeit in h e r b s t ­l i c h e r A t ­m o s p h ä r e mal hie und da einen netten Theaterabend genießen, feilen der Intendant, die Dramaturgen und die jeweiligen Spartenleiter (der Schauspiel-, Opern-, Ballett- und Generalmusikdirektordirektor) schon an dem Plan für die nächste Saison. Dabei überlegen sie, was wen anspricht und gestalten den Spielplan so, dass von jedem und für jeden etwas dabei ist. Es sollen so viele Interessen wie möglich angesprochen werden. Tanz, Musik und Schauspiel für Kinder, Ju­gendliche und Erwachsene. Die dargebotene Vielfalt reicht von traditionellen bis hin zu Gegenwarts­ stük­ken. Natürlich müssen sie auch darauf achten, dass die jeweiligen Stücke mit dem Ensemble besetzt werden. Wenn das nicht möglich ist, werden manchmal auch Gastrollen vergeben. Bis auf die Spartenleiter gibt es kei­ ne fest angestellten Regisseure am Theater Vorpommern. Diese müsoktober 2004

sen für das jeweilige Stück erst ge­sucht werden. Unter mehreren Be­wer­bern wird ausgewählt oder auf bereits bewährte zurückgegriffen. Das gleiche gilt für die Kostümund Bühnenbildner. Wenn feststeht, wer bei den jeweiligen I n s ­z e n i e r u n g e n zu­s am­m enarbeitet, wer­den ein Konzept und ein Zeitplan erarbeitet und der Premierentermin fest­gelegt. Normalerweise gibt es für die Theater­ stücke, die in Greifs­ wald und Stralsund aufgeführt werden, schon fertige Büh­ nen­fassungen. Dann muss mit den jeweiligen Verlagen um den Preis verhandelt werden. Wenn keine Büh­ nen­­fassungen vorhanden sind, müssen die Drama­t urgen oder Theaterautoren Text­f assungen schreiben. Manchmal gibt es auch Auftragswerke, wie z.B. das Schauspiel „Glatzkopfbande. Erinnerung an Rock ’n’ Roll“ von dem Autor Werner Buhss mit Musik von Wolfram Bodag (mehr dazu ab Seite 32). Da das Stück extra für das Theater Vor­ p o m ­­m e r n ge­schrie­ben wur­ de, wurde es auch am 22. Mai dieses Jah­res in Greifs­ wald ur­a uf­ geführt. Der Proben­pro­ zess be­ginnt mit der Konzeptions­­ probe, bei der alle M i t ­w i r ­k e n d e n an­wesend sind: Schau­spieler, der Regisseur, die

Büh­nen-, Ko­stüm- und Mas­ken­ bildner, die Requisite, der das Stück betreuende Dramaturg, der Re­gieassistent und je nach Vorgabe des Stücks Musiker oder Choreo­ graphen. Die Schauspieler bekommen die Texte bereits vor der Kon­ zeptionsprobe und erfahren durch Aushänge, welche Rolle sie spielen werden. Erst bei der Probe erfahren die Schauspieler, welche Kostüme sie tragen werden, welches Bühnen­ bild sie erwartet und sie werden mit den Vorstellungen und Ideen des Regisseurs bekannt gemacht. Diese versuchen sie dann bestmöglich um­zusetzen. Dann wird es ernst, denn nach nur vier bis sechs Wochen Probezeit ist im Allgemeinen schon der Termin für die Premiere angesetzt. Die Probezeiten werden je nach Auf­ wendigkeit des Stückes festgelegt. Normalerweise sind tägliche Proben von 10.00 bis 14.00 Uhr und 19.00 bis 22.00 Uhr erforderlich. Natür­ lich nur, wenn keine Vorstellungen in dieser Zeit stattfinden, denn da stehen die Darsteller ja auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Was für eine Gedächtnisleistung müs­sen unsere Greifswalder Stars aufbringen, wenn sie in mehreren Stücken, die im gleichen Zeitraum im Repertoire stehen, ihr Können dem Publikum präsentieren. Da helfen die bei den Vorstellungen

titelthema

Krämer

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immer anwesenden Souffleusen, die entweder am Bühnenrand stehen oder für das Publikum nicht sichtbar in das Bühnenbild integriert

werden. In der Probenzeit nach der Konzep­ tions­probe werden die Masken, Ko­stüme und das Bühnenbild in den jeweiligen Werkstätten (Tischlerei, Schlosserei, Malsaal, Dekorations­werkstatt, Schneiderei, Maskenbild­nerei und Requisite), die sich teilweise außerhalb des Theaters befinden, angefertigt. Ungefähr eine Woche vor der Pre­ miere findet die technische Einrich­ tung statt, die für alle Beteiligten spannend wird: Es werden alle Teile aus den Werkstätten geholt und zum ersten Mal auf der Bühne

zusammengebaut. Dann erfolgen die Beleuchtungs- und Tonprobe und wenn alles stimmt, die erste Kom­plet­tprobe. Die Schauspieler agieren in Kostümen und Maske und in Zusammenarbeit mit der Licht- und Tontechnik. Nach einer zweiten Komplettprobe erfolgen die Haupt- und später die Generalprobe. Bei der letzten sitzen manchmal ei­nige Lehrer im Zu­s chauerraum, um zu sehen, ob sich das Stück in ihren Unterricht integrieren lässt. Eine Premiere ist vor allem interessant, weil die Schauspieler durch das Publi­kum ihr größtes Feedback und durch einen donnernden Applaus auch die größte Beloh­nung für ih­re Arbeit erhalten und die anschließende Feier lässt oftmals auch noch das persönliche Gespräch zwischen Zuschauern und Bühnenkünstlern zu. Das Schauspielensemble wurde vor zwei Jahren durch vier neue Schau­ spieler bereichert: Eva-Maria Blu­ men­trath, Sabine Kotzur, Andreas Dobberkau und Christian Holm. Das freut sicher auch den Bühnen­ ältesten Rainer Harder, der schon

Demnächst heißt es übrigens TAP statt TIP: Das „Theater im Penguin“ wird es nicht mehr geben, dafür aber das „Theater auf der Probe­ bühne“, ebenfalls im Haupthaus (Eingang: Robert-Blum-Straße). Hier werden kleinere Schauspiele, Lie­derabende und Kabaretts aufgeführt. Sehr zu empfehlen ist das The­a­ter­kabarett „Gretchen 89 ff.“ von Lutz Hübner, das am 20.10. im TAP wieder aufgenommen wird.

Kultur muss nicht teuer sein. Schül­ er und Studenten können vom „Jugendwahlabo“ profitieren. Ge­gen Vorlage des Schüler- oder Stu­den­tenausweises erhalten sie sechs Karten für nur 31,20 Euro (das sind 5,20 Euro pro Karte), die sie bis auf Gastspiele und Sonderveran­stal­tungen jederzeit einlösen können. Nicht­studenten müssen an The­ater­tagen (einmal im Monat) auch nur 6 Euro bezahlen.

titelthema Szene aus La Bohème aus dem Jahr 2003 28

Foto: V. Leifer

Wer mal Theaterluft schnuppern und hinter die Kulissen gucken möchte, kann an ei­ner Theater­füh­ rung teilnehmen (Anmeldung von Gruppen an der The­aterkasse, Kosten: 1 Euro pro Person). Und für ausgefallene Feste oder Karneval­ vergnügen findet man im Theater­ fundus (Brand­teichstraße, Tel.: 50 32 28) die verschiedensten Kostü­ me. moritz


Mit Musik und spitzen Schuhen Das Theater Vorpommern bietet mit der neuen Spielzeit viel Musikalisches und Anregendes – Ein Blick in einige Spielpläne / Von Uwe Roßner

oktober 2004

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Sinfonie. Das Richard Wagner gewidmete Werk erklang in der von Wagnerzitaten befreiten zweiten Fassung. Die Wahl für eine Bruck­ nersche Sinfonie am Anfang der Spielzeit besitzt eine kleine Tra­di­ tion. Die insgesamt acht und noch verbliebenen sieben Philharmonische Konzerte laden regelrecht zum Stu­

darf man dabei unter anderem auf das vier­te Philharmonische Konzert sein, das an einem Abend die Tetra­ logie „Der Ring der Nibelungen“ präsentiert. Überraschend dürfte da­bei auf den ersten Blick die Kür­ zung der Spieldauer von sechzehn auf zwei Stunden sein. Der scheiDie Spielfreudigen dende Intendant Rüdiger Bloch sorgt dabei mit delikaten Nach einer wohlverZwischentexten von dienten Pause und dem Loriot für wohldosierten großen Theaterfest am Humor. 11. September steht jetzt Ungenannt, wenn auch wieder eine neue Saison nicht in jeder Hinsicht vor der Tür. Das ausgeführt, sollen nicht Philharmonische die Sonder- KammerOr­chester setzte unter und Jugendkonzerte bleider Leitung seines ben. Ein Wort zu den drei General­mu­sik­dirketors Kammerkonzerten. Be­vo­ (GMD) Prof. Mathias rzugter Spielort ist hier Husmann zum Auftakt das Pommersche Landes­ der Phil­harmonischen museum. Der Reigen dieKonzerte neue und ser Reihe beginnt am 31. bekannte Ak­z ente. Oktober unter dem Titel W o l f g a n g - A n d r e ­a s „Der Elefant im Porzel­ Schultz erlebte in lanladen“. Aufführungen Greifswald und Stral­ mit Musik von Robert sund die Uraufführung Schumann und Musik für seiner ersten Sinfonie. Bläserquintett folgen. „Die Stimmen von Cha­ Der Beginn der Auffüh­ tres“, so ihr Titel, er­hielt rung von Wolfgang Ama­ seitens des Publi­kums de­us Mozarts Oper „Cosi eine herzliche Auf­ Fan Tutte“ findet in nahme. Die Um­wand­ Greifswald ab dem 8. lung von Architek­tur Januar des kommenden und Geistesgeschic­hte Jahres statt. der gotischen Kir­che gelingt dem Kom­po­ „Bilder, die die Musik auslöste“: Ballett „Dornröschen“ von Ralf Namhafte Instrumentalund Vokalsolisten wie nisten bis in die letzte Dörnen in der vergangenen Spielzeit Foto: V. Leifer bei­spielsweise Susanna Note hinein. Der Weg Henkel und Johannes nach Chatres und durch dieren der ausliegenden Flyer, Geb­ h ardt unterstützen mit ihrem den Kirchenraum gerät dank der Plakate und Programmankündigun­ Auftritt als Gäste die Vorhaben des markanten und wohlbalancierten gen ein. Fest stehen Kompositionen Philharmonischen Orchesters Vor­ Ton­sprachen verschiedenster musivon Béla Bartók, Igor Strawinski, pom­mern. kalischer Stilepochen (Gregorianik, Dimitri Schostakovitsch, Gustav Renaissance, Fernöstliches) zu Mahler, Johann Baptist Vanhal, Der mit der letzten Saison in Greifs­ ei­nem Hörerlebnis im zeitgenössiGio­ a cchino Rossini, Richard Wag­ wald wieder eingeführte zweite Kon­ schen Tone. An die Seite der Sin­ ner, Ludwig van Beethoven und zert­tag kann wärmstens empfohlen fonie mit dem einladendem Namen Jo­ h ann Sebastian Bach. Gespannt werden. Dank des guten Kon­takts gesellte sich Anton Bruckners 3. Die Glocke läutet. Es ist Zeit, den Platz einzunehmen. Im Saal erlischt das Oberlicht. Das letzte Getuschel bricht innerhalb der Stuhlreihen ab. Spannung. Der Vorhang geht auf. Die Vorstellung beginnt.

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zur Ernst-Moritz-Arndt Uni­versität bietet der Mittwochs­termin manchmal eine zusätzliche Einführung in das Programm des Abends. Neue Einblicke und Raum für Fragen bietet nach jedem zweiten Termin der Philharmonischen Konzerte das Nachgespräch im Foyer zwischen Dirigen­ten, Or­che­ste­rmitgliedern und dafür aufgeschlossenem Publi­ kum.

gespürten Emo­tionen der ausdrucksstarken Musiken in die Sprache des Tanzes um. Bezüglich eines scheinbar ab­strakt anmutenden Prozesses liest man vom der Ballettdirektor im Theaterkalender: „Es gibt keinen ab­strakten Tanz: Musik wird Emo­tion, Emotion wird Situation, Situ­ation wird Tanz.“ Der Zuschauer darf und soll sich darin

getanzte Leidenschaft

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Abwechslungsreich startet ebenso das Ballett Vor­ pom­mern. Die Spanierin Do­minica Herrero Gime­ no stößt mit der neuen Spiel­zeit zu den Tänzern des vor­p ommerschen Hau­­­ses. Ballettdirektor Ralf Dör­ nen lädt am 23. Oktober mit einem sehr persönlichen Stück zum ersten Ballettabend der Spielzeit ein. „Nachtwege“ stellt drei verschiedenartige Cho­­­reo­graphien zu drei unterschiedlichen Kom­ positionen vor. Das Bal­ lett Vorpommern tanzt zu Hector Berlioz´ „Les Nuits d´été“, Béla Bartóks „Divertimento für Streich­ orchester“ und Benjamin Brittens „Sinfonia da Requiem“. „Nachtwege bringt Bil­der auf die Bühne, die die Musik in mir auslöste“, so Ralf Dörnen. Ob neo­klassisch, auf Spitze oder mit flachem Fuß getanzt - die Choreogra­phien setzen die heraus30

Märchenhaft wird es wieder mit „Dorn­röschen“. In der vergangenen Saison ( moritz berichtete) fand die Inszenierung nicht allein bei den Pre­m ieren eine traumhafte Zu­stimmung. Frei nach den Motiven von Charles Perrault und den Brüdern Grimm verschmilzt die Welt der Prinzessin Auroa mit der phantasiebeflügelnden Musik von Peter I. Tschaikowsky.

Harmonierend

ausdrücklich einfühlen. Am vierten November zeigt der Tanz­abend im Greifswalder Musen­ tempel „Frieda - Viva la vida“, eine choreographische Seelenlandschaft Frida Kahlos.

„filmtheater“ lautet das Projekt zwischen dem Cine­Star Greifswald und dem Theater Vorpom­ mern. Zur großen Freude der beiden Organisatoren startete das Vorhaben wäh­rend der vergangenen Spielzeit erfolgreich durch. Neben den Vorstel­lungen auf den Brettern, die die Welt bedeuten (sollen), werden auf die große Leinwand eine Reihe neu­ er und alter Filme projiziert. Die bewegten Bilder sausen je­weils an einem Sonntag und Montag im Monat über den Stoff. Dies ge­schieht auch während des im No­vem­ber stattfindenden Festivals „PolenmARkT“ zum Schauspiel „Tango“ von Slawomir Mrozèk so­wie im Mai 2005 für Henrik Ibsens Bühnenstück „Die Frau vom Meer“ zum Nordischen Klang.

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Wer ist der Mörder?

Agatha Christies „Und dann gab’s keines mehr“ im Theater Vorpommern

Der Blick richtet sich in einen gro(A. N.), wissen sie, dass hier „etwas ßen, hellen Raum der ebenso nicht in Ordnung ist“. Und als dann mo­disch-arvengardistisch wie funknoch eine aufgezeichnete Stimme tional-abweisend erscheint. Ein über Lautsprecher verkündet, dass Mann in einem grellen, blauen ein jeder von ihnen für seine Ver­ An­zug kommt in bedächtigem brechen in der Vergangen­heit bü­ßen Schritt her­ein - der Butler. Mit stomüsse, stürzt auch schon die er­ste ischer Mie­ne richtet er sich direkt der zehn „Negerskulptu­ren“ vom an das Pub­likum, dessen verwunKamin. Wenig später ist der erste dertes Ge­tu­schel er mit einem Gast tot ... „Warnschuss“ aus einem Revolver Mit dem Kriminalroman „Ten little unterbindet. „Bitte erheben sie sich! niggers“ von 1939, der wegen „Ras­ Sprechen sie mir nach: ‘Ich schöre sismus“-Vorwürfen bei der Bühnen­ bei diesem eng­l ischen adaption auf die letzten Worte des Wackelpudding [er verweist auf das bekannten Kinderliedes umbenannt Tablett in seiner Hand], dass ich wurde, schuf Agatha Christie einen weder meinen Ver­ wandten, Freunden, Be­kann­ten noch sonst je­m an­d em verraten werde, wer der Mörder oder die Mörderin ist.“ Danach kommt die Haus­ häl­terin hinzu und hilft ihm bei der Herrich­tung des Zimmers. (Unter an­de­rem stellt sie zehn afrikanische Skulpturen auf den großen Kamin.) Die beiden geben sich bald als Mr. und Mrs. Rogers zu erkennen. Es stellt sich her­aus, dass sie sich in ei­nem großen Der Möder ist immer der... - oder doch nicht? Haus auf ei­ner abgelegen Insel ohne Kom­ munikation zur Au­ßen­welt be­finden. Prototyp eines ganzen Genre. Das Nur ein Schiff taucht in der stürmiPrin­zip einer kleinen Gruppe von schen See auf und setzt acht Gäste un­terschiedlichen Leuten, die auf der ominösen Hausherren ab. einem begrenzten Raum eingeDie acht unterschiedlichen Charak­ schlossen unter zunehmender tere sind einer persönlichen Einla­ ge­gen­seitiger Selbstverdächtigung dung gefolgt und treffen hier das um ihr Leben bangen müssen, bildet erste Mal aufeinander. Nachdem die Grundlage vieler Psycho- und sich alle erst einmal freuen, angeHor­ror­thriller. Nicht zuletzt in viekommen zu sein, tun sich zunehlen „Tee­nie-Splatterfilmen“ wird mend Fragen auf: Wie­so wurden sie dieses Reduktionsprinzip immer an diesem Ort versammelt? Und wieder angewendet. Der dadurch wa­­rum kennt niemand die Haus­ entwickelte parodistische Umgang herren, Mr. und Mrs. Onym, per­ mit dem dramatischen Ableben der sön­lich? Spä­tes­tens als man die Ini­ Pro­ta­gonisten wird auch in der Ins­ tialen ihrer Vornamen betrachtet ze­nierung von Matthias Nagatis im oktober 2004

The­ater Vorpommern aufgegriffen. Dabei bildet die Axt im Rücken des Butlers einen „blutigen“ Höhe­punkt. Dennoch bleibt einem im Ver­­lauf der Handlung zunehmend das vermeintliche Lachen im Halse stec­ ken. Denn trotz aller grotesker Mo­mente handelt es sich um eine Tragödie - nomen est omen. Mit der Bühnen und Kostümge­stal­ tung von Johannes Köhler wird die Handlung in ihre Entse­hung­szeit verlagert - die mondän-moderne Welt der 30er/40er Jahre. Dies un­ter­streicht die noch starke Präsenz eines „Standesbewusst­seins“ Be­dien­stete und Se­kre­ tärinnen stehen auf einem anderen Level als Staatsanwälte und Ärzte. Das Ensemble des The­ aters Vorpommern setzt die verschiedenen Cha­ rak­tere mit ihren individuellen Ei­g enarten ge­konnt um. So überzeugt Rainer Harder als selbst­ ischerer Anwalt oder Hannes Rittig als überheblicher Macho. Besondere Sym­p a­t hie kann man als Zuschauer für Andreas Dobberkau in der Rolle des Butlers Foto: V. Leifer Mr. Rogers empfinden auch wenn er ein tragisches Ende findet, ist es ja „nur Theater“ und er kehrt am Ende zu­rück um aus dem Kreise der „Krimi­na­listen“ im Publikum einen Preis­trä­ger bekannt zu geben, denn in der Pause bekommt jeder Zu­schau­er die Mög­lichkeit, seinen „Ve­rdäch­ti­gen“ zu bennen. „Und dann gab’s keines mehr“ ist seit längerem wieder ein Krimi­nal­ stück, das auf der vorpommerschen Bühne zu sehen ist. Durch die le­bendige Dialogführung und die gute Ausformulierung der Protagonisten und deren „leidvollen Untergang“ bleibt die Spannung bis 31

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Von Arvid Hansmann


Hologramm der Gerechtigkeit „Glatzkopfbande – Erinnerungen an Rock’n’Roll“ im Theater Vorpommern Von Robert Tremmel

„Wir wollten Gerechtigkeit und be­ka­men einen Rechtsstaat.“ Diesen Satz prägte Bärbel Bohley, Kopf der

nur durch Genugtuung gelindert wer­den können: Gerechtigkeit durch ein befriedigtes Rachegelüst.

Glatzköpfe unter sich: Freddy (L. Jesse), Zecke (J.F. Krüger) und Juri (R. Harder) Foto: V. Leifer

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DDR-Bürgerbewegung „Neues Fo­rum“ und 1996 Mitbegründerin des Bürgerbüros, das sich für die Opfer des SED-Regimes einsetzt. Wie eine solche Gerechtigkeit in einer fiktiven „Behörde der Begegnungen“ aussehen kann, lässt Werner Buhss in seinem Theaterstück „Glatzkopf­b ande. Erinnerungen an Rock’n’ Roll“ anspielungsreich und überspitzt darstellen. In seiner Behörde treffen die vorgeladenen Opfer in einer Art Cyber­ space auf die virtuell erzeugten Ab­bilder der Täter. Diese, und das ist der ganze Stolz der Behörde, „dürfen auch angefasst werden“. Die Leite­rin der „Behörde für Begeg­ nungen“, die mehr rache- als erzengelhafte Frau Gabriel, eisig und schau­der­haft dargestellt von Gabri­ e­le M. Püttner, lässt kaum einen Zwei­fel, dass die Wunden der Opfer 32

Zu einer solchen Mission sind auch Juri, Zecke und Freddy vorgeladen. Sie waren durch eine

Verkettung un­glücklicher Umstände mit der Zeltplatz­polizei von Bansin

an­einandergeraten. Auch wenn sie weder Per­so­nen- noch Sach­­scha­den verantworteten, wurden sie als „faschistoide Elemente im Auftrag Westber­lins“ verurteilt, weil sie „den Sturz der Regierung der Arbeiterklasse in Plan gefasst hatten und mit dessen Durchführung auf dem Zeltplatz von Bansin begannen.“ Das brachte ih­nen im August 1961 eine Strafe zwischen vier und acht Jahren Zuchthaus ein. In Wirklichkeit waren die drei harmlos. Aber Lederjacke, Motorrad, Rock’n’Roll und die in einer Bierlaune geschorenen Glatzen machten sie zu idealen Objekten der DDR-Propaganda. Frau Gabriel stellt sie nun, 35 Jahre später, den Tätern in ihrem holographischen Erinnerungskäfig vor: Ei­nem Abschnittsbevollmächtigten, ei­nem Zeugen, Stasi-Offizieren verschiedenster Ebenen, Staatsanwalt, Pflichtverteidiger und Richterin. Doch bevor Juri, Zecke und Freddy mit der Ächtung der Täter beginnen und ihr eigenes Urteil abseits der „liberalen Rechtsprechung“ fällen

können, werden die Ereignisse vom Zeltplatz und danach rekonstruiert. moritz


Wenig engelhaft und unverbessserlich: Frau Gabriel Foto: V. tumben Abschnittsbevoll­mächtig­ ten von Bansin zu den Amerika­ nern und Sowjets, die zusammen mit Ulbricht, Honecker und Mielke die Berliner Mauer aushandeln. Diese multiperspektivische Heran­ ge­hens­weise unterhält, durch Ko­mö­die und Gesang, durch die aufgefahrenen Bilder und Personen in der Inszenierung von Matthias Nagatis. Faszinierend an dem Trei­ ben auf der Bühne ist die Umsich­ tigkeit und der Versuch, gerecht zu bleiben. Tragisch ist, dass die Ein­ gangs erwähnte Gerechtigkeit da­bei auf der Strecke bleiben muss. Die „Glatzkopfbande“ entlässt die Tä­ter unverurteilt und verlässt selbst den Schauplatz der „Luft­ num­mer“ unverrichteter Dinge. Zum finalen Zorn von Frau Ga­briel, die unverbesserlich bleibt. Die oktober 2004

Werner Buhss wurde 1949 in Magdeburg geboren und wuchs in Frank­furt/ Oder auf. Er machte zunächst eine Lehre zum Stahlbauschlosser und kam später über ein Volontariat bei der DEFA zum Regiestudium in Babels­berg, das er 1973 abschloss. Außer als Dokumentarfilmer war er an verschiedenen Theatern in der DDR beschäftigt, saß zeitweilig im Knast und umging ein Inszenierungsverbot durch Engagements in Bulgarien. Seit 1981 arbeitet er freiberuflich als Autor von Hörspielen und Theaterstücken. 1996 erhielt er den Mühlheimer Dramatikerpreis. Welche Idee steckt hinter Ih ­r em Theat erst üc k „Glatzkopf­bande“? Ich wollte die besondere Situation 1961 darstellen. Die Russen waren ner­vös und unberechenbar geworden, da ihnen die DDR verloren zu gehen drohte, weil das Volk davonlief. Ich wollte zeigen, dass die Mau­e r ein Deal zwischen Amerikanern und Russen war. Die verurteilten Jungs der sogenannten „Glatzkopf­bande“ waren ja nur zufällig zwischen die Mühlen einer hektischen und paranoiden Staatsführung ge­kom­men, die blind nach Gründen such­te um die Maßnahmen des Mau­er­baus zu erklären. Der Kalte Krieg hat nicht nur die Mauer, sondern auch ein sonst zwanghaftes System hervor­gebracht. Kann das den Befehlsempfänger, der Un­recht verübte, entschuldigen? Natürlich gibt es eine Eigenverant­ wortung des Menschen. Jemand, der in einem Verhör Gewalt anwendet, ist schuldig. Das kann man nicht auf einen Befehl abschieben. Ich wollte aber überhaupt nicht über Schuld reden, sondern über die Unfähigkeit, Geschichte rückwärtig bestrafen zu können. Die Glatzköpfe widerstehen am Ende der Verführung, Rache zu nehmen. Widerstehen in einer Situation, in die sie nach dem Systemwechsel von anderen Leuten geführt wurden. Was für Leute? Wer steht hinter der Gabriel-Gestalt des The­aterstücks? Gabriel ist für mich ein Sarkasmus auf die bürgerbewegten Recht­ haber, die jetzt so eine Art Ge­rech­ tigkeit erzwingen wollen. Zum Bei­ spiel die Gauck-Behörde: Da sitzt so ein Typ Mensch, der glaubt, er hat die Wahrheit gepachtet. Die Gefahr ist, dass solche Saubermänner ei­nen kategorischen Verfolgungs­wahn haben. Das erin-

Berichtet von Tätern und Opfern: „Glatzkopf“-Regisseur Werner Buh Foto: bert ss. nert an Mc Carthy. Es geht nicht, dass irgendjemand den Opfern die im Gefängnis eingesessene Zeit zurückgeben kann. Wie ginge es besser? Ich will die Täter nicht entschuldigen. Das ist eine Sache zwischen Opfern und Tätern. Wenn jemand jemandem geschadet hat, muss dem Opfer auch Genugtuung widerfahren. Aber ich meine, dass die Täter verstanden werden sollen. Ver­ständ­nis wäre mir lieber als Schuld­zuweisung. Ich habe darauf geachtet, dass die Richterin und der Staatsanwalt nicht von vornherein böse Buben sind. Sondern auch nur Menschen, die in bestimmten Situ­ationen bestimmte Handlungen ver­üben. Da sind auch Fehler dabei. Aber das birgt die Gefahr eines Re­lativismus. Das gebe ich zu. Wenn man alles versucht zu verstehen, kommt man auch nicht weiter. Aber ich weiß auch nicht wie man Schuld spricht und die Verant­wor­ tung verteilt. Was geschehen ist, ist ge­schehen. Das kann man in Zu­kunft nur besser machen. Mein The­ater­stück ist also mehr aus Fragen formuliert. Die Fragen muss der Zuschauer mitnehmen, auch wenn er das nicht gewohnt ist. Ich bin nicht klüger als er.

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Die Täter kommen zu Wort. Es sind Erinnerungen an Angst vor Rock’n’Roll in Lederjacken und Volksrevolte und noch mehr Angst vor Vorgesetzten und bedrohten Karrieren. Aber nicht nur die Staatsbediensteten stecken in dem System von Belohnung und Bedro­ hungen fest. Schließlich sind es auch Juri, Zecke und Freddy, die sich aus Angst und in Einzelhaft in Ver­hören der Stasi gegenseitig be­schuldigen: Ohne ihr eigenes falsches Geständnis, so erfahren sie, wären sie nie verurteilt worden. Werner Buhss problematisiert auf Grundlage des authentischen Fal­ les der „Glatzkopfbande“ die Suche nach den Schuldigen und der Ge­rechtigkeit. In einem komplexen System kommt er dabei über den

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„…und ziehe schon an die zehen Jahr“

Das Studententheater StuThe feiert sein Jubiläum / Von Sven Laude

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Nun, studentisches Theater gibt es immer und auch in Greifswald und natürlich verschiedenster Couleur. Die da feiern blicken allerdings auf einen ununterbrochen Handlungs­ strang von immerhin zehn Jahren zu­rück. Ein roter Faden (von recht fle­xibler Dicke) zieht sich, es gibt eine sehenswerte Menge geleisteter Arbeit, es gibt sogar mehrere Schuh­ kartons randvoll von Beweisfotos. Und auch jene, die sich gerade eben noch die Windeln dieser Theater­ initiative wechseln wähnten, müssen einsehen: StuThe wird zehn. Und das kam so: Bis zum Herbst 1994 gab es in Deutschland keine einzige Uni, an der Lehramtstudenten das Fach „Darstellendes Spiel“ belegen konnten. Wer es später unterrichten woll­te, musste sich nachqualifizieren oder es aufgrund seiner natürlichen Begabung tun. Es ist der Initiative von Dr. Susanne Prinz (heute Leiterin der Kunstwerk­stät­ ten Jugendkunstschule Greifswald) zu verdanken, dass das Land MV an der Greifswalder Uni einen Model­ stu­diengang für dieses Fach sponserte. Zur fundierten künstlerischen Begleitung des Unternehmens wur­ de Hedwig Golpon engagiert. Darü­ ber hinaus boten diverse Gast­do­ zen­ten Wochenendseminare zu The­men wie Atem- und Stimm­ent­ wicklung, Pantomime oder Masken­ bau an. Das ging vier Semester lang gut. Dann kam der krönende Ab­schluss mit persönlichem Glück­ wunsch vom damaligen Kultus­mi­ nister Kaufmann. Finanzielle Mittel zur Weiterführung des Begonnenen ka­men nicht. Die Fahnen der uniin­ter­nen Finanzen wehten sowieso schon in Richtung Einschränkung. Mit Resten der Modelprojektgelder und viel Engagement wurden noch ein­mal drei Semester aus dem Bo­den gestampft, bei denen jedoch längst nicht alle Interessenten be­rück­ sichtigt werden konnten. Da­nach wieder krönender Abschluss, diesmal endgültig. Unterdessen war 1995 „Schule mit 34

Clowns“ entstanden, ein Stück für Kin­der frei nach Karl Friedrich Waech­ter. Das gehörte nicht zum Pro­gramm des Studienganges, wur­ de aber notwendig, weil die Spiel­ freude einiger Studenten offenbar nicht zu bremsen war. Nun ist das Spielen vor Kindern nicht vergleichbar mit einer Darbietung vor einem disziplinierten Publikum, wie es zu­weilen Erwachsene abgeben. Kinder sehen alles und kommentieren alles. Sucht man sich auf der Bühne ein Versteck, so kann es gut sein, dass man verpetzt wird. Einmal raubten be­geisterte Kinder der Prinzessin Ganz ihren eleganten Umhang (der zuvor schon als Teich, Gebirge, Kletter­seil und Versteck [siehe oben] gedient hatte) einfach so von der Schulter weg. Wer solche Mo­mente erlebt (und bewältigt) hat, den lässt das Theater nicht mehr so schnell los.

Au­la der Universität, die bis dahin si­cher weder Kinderfahrräder noch Wasser­pistolen so parkettnah erleben durfte. Im Jahre 2000 reiste das Studententheater mit „Gamlet“ (Shakespeare) zuerst nach Liège in Bel­gien, dann nach Compiègne in Frankreich. In beiden Fällen hatten die ortsansässigen Universitäten eigene internationale Theaterfesti­ vals ausgerichtet. Und 2002 gelang es StuThe sogar, im Rahmen von GrIStuF selbst zum Veranstalter eines Theatertreffens zu werden. In den letzten Jahren ist das Stu­ dententheater eine feste Größe in­ner­halb Greifswalds geworden. Es be­stehen Kooperationen mit Verei­ nen, städtischen Ämtern, mit Schu­ len und Veranstaltern. Für den Ein­ satz in Klassenzimmern wurden 2001 „Die Physiker“ von Dürren­ matt interaktiv in Szene gesetzt. 2003 entstand im Auftrag des

Weitere Produktionen folgten: „Frech­­Sachs“ (nach Einaktern von Hans Sachs), „BrechtMittel“ (Lieder und Texte von Herrn B.), „Nepomuk und die idealisierte Schraubenkiste“ (schwer zu beschreiben) und einiges mehr. 1998 dann wieder ein Kinde­r­ stück: „Max und Milli“ (von Volker Lud­wig). Gespielt wurde in Parks, in Kin­dergärten und im Sankt Spiritus. Einmal sogar in der erwürdigen

GEBIT „Ex Oriente Lux“, ein thematisches Stück über Europa in seiner Beziehung zur Islamischen Welt. Mit dem Einzug in die Kiste … aber das ist noch mal eine Geschichte für sich. FORTSETZUNG FOLGT

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Ein bisschen zu Hause zum „bitteren Ende“ bestehen. Oktober 1997. Irgend ein stürmischer, verregneter Sonntag, an dem ich in Greifswald ankam und dachte: Bloß weg hier. Der Weg zu meinem neuen Zuhause führte über eine Brücke über die Gleise. Die erste Zeit über diese Brücke war ein Leidensweg, er führte mich manchmal nicht in den Hörsaal oder zur Unibuchhandlung, sondern mit dem vorgesehenem Budget für das neue Botanikbuch direkt und ohne Gepäck auf Bahnsteig 2 in den Zug nach Hause. Ich hatte Heimweh. Ich wollte nicht an diesem trüben Ort bleiben und ich weigerte mich, irgend etwas an Greifswald schön zu finden. Theodor Malade, auch ein hier gebliebener Greifswalder verschlug es ebenfalls an einem trüben Herbsttag nach Greifswald. Bei der Aussicht, längere Zeit an diesem Ort weilen zu müssen, überfiel auch ihn eine Gänsehaut. Und so ging es vielen anderen großen Persönlich­keiten und kleinen Studenten. Sie alle wurden eines Besseren oktober 2004

belehrt. Die ersten Eindrücke und Erlebnisse trogen nicht nur Theodor Malade im Jahre 1906, sondern auch mich. "Sie waren Oberfläche. Das eigentliche Wesen lag tiefer. Es offenbarte sich nicht dem flüchtigen Beobachter, sondern stieg langsam empor aus verborgenen Untergründen, scheu und doch stark..." Heute gehe ich über diese Brücke und bin zu Hause. Hier ist mein zu Hause. Und bevor ich mich dreimal um mich selbst gedreht habe, geht mein Studium zu Ende. Freunde gehen weg, um ein neues Leben nach dem Studium zu beginnen. Es wird mir suggeriert, Greifswald wäre nur die Stadt, in der man studiert. Danach müsse man weg, um sich weiter zu entfalten. Ich möchte mich hier entfalten. Ich bleibe. Ich bleibe, weil ich woanders den Wind vermisse, der mich vom Fahrrad zu holen droht, weil es hier mehr Himmel und viel Meer gibt. Ich bleibe, weil ich noch lange nicht alles gesehen habe und weil es so

viele noch nicht kennengelernte Menschen gibt, die mich interessieren. Ich bleibe, weil ich mich willkommen fühle und weil es meinem Hund gefällt. ICH BLEIBE. Ich bleibe, weil ich meinen liebsten Schauspieler vom Theater beim Einkaufen treffe und weil die Oma mit dem roten Fahrradhelm jeden Morgen beim Vorbeifahren ein Liedchen aus ihrer Jugend trällert. Ich gehe erst, wenn der Wind mich vom Fahrrad geholt hat, wenn die Leute mich nicht mehr interessieren und wenn ich mich unerwünscht fühle. Dann werde ich über die Brücke zum Bahnsteig 2 gehen und den nächsten Zug nehmen. Die kleine Oma möchte ich gern mitnehmen. Und den Wind. Und das Meer. Und dann noch den Blick vom Dom. Ach ja, und auch den Duft vom Bäcker nebenan. Und das Licht, wenn die Sonne hinter dem Deich untergeht. Und noch die Lieblingskneipe samt Bedienung und...

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Warum ich hierbleibe / Von Annett Habermann

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„Van Helsing – 2 Disc Collector’s Edition“ Buffy, zieh dich warm an! „Der Einsatz“ Verwirrspiel in Bestbesetzung

„Was das Herz begehrt“ All You Need Is Love

Wenn es bei dieser DVD an einem nicht fehlt, dann sind es Trailer. Bevor es losgeht gibt es davon erst einmal zwei. Auch vom Hauptfilm ist ein solcher separat verfügbar. Das Basismenü ist passend zum Film in der Optik einer CIAComputeroberfläche animiert und mit Musik und Filmsequenzen unterlegt. Die Untermenüs hingegen bleiben ruhig und unbewegt. Als weitere Extras stehen noch eine Liste einiger Filme, die die Pro­ tagonisten sonst noch so verzapft haben zur Verfügung und auch

Was begehrt denn das Herz? Auf jeden Fall nicht so wenig Bonus­ material. Wie oft muss ich es noch sagen: Auf die Größe kommt es manchmal doch an. Das Basismenü ist mit netter Dudelmusik unterlegt, jedoch nicht animiert. Die Untermenüs bestehen lediglich aus Standbildern aus dem Film. Generell ist das Design genauso weiß, wie Diane Keatons Roll­ kragenpullis und wirklich gelungen. Auch niedlich ist Amanda Peets Führung durch das Hauptset. Außerdem stehen noch zur Ver­ fügung: Eine nicht verwendete, witzige Szene, in der Jack Nicholson singt, ein englischer Trailer des Films und natürlich ein Making-Of. Sehr gelungen sind die zwei filmlangen Kommentare der Prota­ gonisten. Hier wurde sich wirklich Mühe gegeben und besonders Jack Nicholsons Stimme klingt auch und gerade im Original einfach cool. Der Hauptfilm kann in En­glisch

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Bilder des Films können in einer Galerie begutachtet werden. Insgesamt stehen mit Interviews der Beteiligten, Trailern und Making-Of 23 Minuten Extras auf dem Plan – eigentlich a bisserl dünn, scheint wohl Mode zu werden. Nach dem Motto "Weniger ist mehr" also eine DVD mit durchschnittlichem Bonus, die ein gerade so akzeptables Maß an Zu­satzunterhaltung bietet. Der Film ist in den Tonformaten Deutsch und Englisch 5.1 verfügbar, sowie mit Untertiteln selbiger Sprachen. Außerdem kann das Filmchen in "anamorph codiertem" 16:9 genossen werden. Alles ist also angesetzt für einen schönen Thriller mit König Al und Prinz Collin, technisch gibt es zumindest keine Hindernisse für einen gelungen 36

und Deutsch geschaut werden und es stehen sechs verschiedene Untertitel zur Verfügung. Ganz ehrlich muss ich sagen, dass es aber schwierig ist, so einen netten Film auf quantitativer Ebene zu bewerten. Eine Form der BonusMaterial-Selbstberäucherung wäre hier einfach nicht angebracht. Es ist doch irgendwie auch schön, dass dieser Film sich seine schlichte Schönheit bewahrt.

Mit der Luxusausgabe von "Van Helsing" ist Universal wahrlich eine ansehnliche DVD gelungen. Hier nur ein paar Fakten: zwei DVDs, lustige Outtakes, sechs Trailer, Rom-Funktionen zahlreiche Kom­ men­tare, bis zu zwölf Menü­sprachen und Hintergrundinfos zu sechs verschiedenen Schauplätzen. Na dann let’s fetz! Denn egal ob Verpackung,

Menüs oder Anima­tionen, alles ist mit viel Akribie schaurig gut designed. Der Zu­schauer kann sich außerdem durch Draculas Schloss und Franken­steins Labor klicken. Da wird die Fernbedienung schnell mal zum interaktiven Holzpflock. Den­noch gibt es auch Kritikpunkte, so ist das Basismenü der BonusDisc auf den ersten Blick sehr unübersichtlich und hat eine zu kleine Schrift. Auch die besagten Schau­platztouren sind mitunter verwirrend. Das Tolle an den Extras sind aber einige teilweise echt revolutionäre Ideen: Während der Dreharbeiten waren an den Filmkameras kleinere Kameras montiert, die detaillierte Bilder der Aufnahmen liefern. Die Macher nennen es "Du bist im Film", und tatsächlich sind diese Aufnahmen eine lobenswerte Neue­ rung neben all den Featuretten. Auch wurden unter dem Motto "30 Tage in 2 Minuten" die Setarbeiten mit Zeitraffern dokumentiert. Fans werden also mit jeglichen zur Verfügung stehenden Infos gefüttert, auch mit exakten Hinter­ gründen zur Story. So gibt es zu je­d em Charakter detailliertes moritz


Die Liebe – ein Kinderspiel? Bildgewaltig: „Liebe mich, wenn du dich traust“ Eine rote Spieldose aus Blech spielt in diesem ungewöhnlichen französischen Film die eigentliche Haupt­ rolle. Sie ist das Pfand, das für bestandene Mutproben zwischen Sophie und Julien über fast 4 Jahrzehnte hin und her wandert. Wer immer die Dose hat, darf vom anderen fordern, was er will. Zunächst sind es nur kindische Mutproben, die den beiden ungleichen Kindern stets jede Menge Ärger einbringen, ihre Freundschaft zueinander aber nur noch festigen.

10 Jahre vergehen, in denen sie sich nicht wieder sehen und in denen jeder versucht, sein Glück ohne den anderen zu finden. Sophie, das Mädchen aus armen Verhältnissen, heiratet einen reichen Fußballer und lebt fortan im Luxus. Julien hat das vermeintlich perfekte Leben: Frau, 2 Kinder, Reihenhaus und ein guter Job, stirbt aber fast an Langeweile und innerer Leere. Doch auf den Tag genau 10 Jahre nach ihrer Trennung, an seinem 10. Hochzeitstag, bekommt er ein

kino „Der Untergang“ Eine Nachbetrachtung Es muss wohl die Faszination sein, etwas zu sehen, was es so noch nie zu sehen gab, die diesen Film ausmacht. Und es ist der dokumentarische Anspruch eines Films, der mit der naiven Erzählung von Hitlers ehemaliger Sekretärin aus dem Off beginnt und endet. Die Darstellung der geisterhaften Gesellschaft des Führerbunkers ist gelungen, vor allem wegen der hervorstechenden Darstellung Adolf Hitlers durch Bruno Ganz. Er spielt den Starrsinnigen inmitten feiger Generäle und sich davonstehlender Bonzen szenenweise so grotesk, dass man schmunzeln muss. Da sieht man "den Adolf" zitternd und gebeugt Nudelauflauf essen oder gar eine Träne weinen. Ebenso "verzweifelt", aber im Drehbuch eindeutig "untergegangen": Der nie um Worte verlegene Goebbels (brilliant: Ulrich Matthes). Seine Frau (Corinna Harfouch), die todeswillig ihre Kinder ermordet, dafür umso beklemmender.

Aus den achtjährigen Kindern zu Beginn des Filmes werden Erwach­ sene, aus der Freundschaft der beiden wird Liebe, die aber keiner dem anderen eingestehen kann, er könnte es ja für einen Teil des Spieles halten. Die Aufgaben, die sich die beiden stellen, werden gefährlicher, zynischer, zielen darauf ab, den anderen zu verletzen. Aus dem Spiel, das für die Kinder eine lustige Flucht aus dem Alltag war, ist Ernst geworden, aber aufhören können beide nicht. Als Sophie von Julien fordert, bei seiner Hochzeit mit ei­ner anderen Frau vor dem Traualtar nein zu sagen, wie er es als Kind ver­sprochen hatte, und er das Versprechen bricht, kommt es zum Bruch zwischen den beiden. oktober 2004

Paket. Darin: die Spieldose – und das Spiel beginnt von Neuem. Die Bildgewalt des Filmes ist enorm und erinnert stark an "Amelie". Mit viel Liebe zum Detail erzählt Regisseur Yann Samuell in seinem ersten Film die Geschichte eines Paares, das seinem Schicksal nicht entkommen kann und fast daran verzweifelt, es doch immer wieder zu versuchen. Der Film ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle, mal lustig, mal traurig, mal fast zynisch in der Konsequenz seines Endes. (das hier nicht verraten werden soll, aber auf jeden Fall Stoff zum Nachdenken bietet) "Liebe mich, wenn du dich traust" ist ein wundervoller Beweis dafür, dass große Liebesfilme nicht immer aus

In der dunkelgrünen Mini-Hemi­ sphäre des Bunkers wimmelt es von Figuren – manchmal von zu vielen. Bei einem ausgesprochen eleganten Speer (Heino Ferch) wurde zu viel aus der Autobiografie abgeschrieben und auch der SS-Arzt Schenck (Christian Berkel) war keineswegs der aufopfernde Held, als der er dargestellt ist. Wären da nicht immer wieder die Blicke auf die Berliner Straßen, auf Kindersoldaten und letzte FührerGetreue, so verschwämme die Rea­ lität, verschwämmen Gut und Böse, Draußen und Drinnen. UK,

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Sophie (Marion Cotillard) und Julien (Guillaume Canet) im Streit um das Dosenpfand.

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musik: klassik

Katona Twins Le Grand Tango Channel Classics

Hille Perl &  Lee Santana Marin Marais Pour La Violle Et Le Theorbe BMG Ariola Classics

feuilleton

Die Ehre, die uns Hille Perl und Lee Santana mit ihrer neuesten Ein­ spielung zuteil werden lassen, ist eine Kunde, die bisher zu wenige Musikliebhaber und Kenner er­reichte. Dank ihrer interpretatorischen Sorgfalt und ihres berührenden Spiels erweisen sie dem Gam­bisten und Kompositeur Marian Marais (1656 – 1728) wie auch dem anspruchsvollen Geschmacks des heutigen Publikums gebührende Ehre. Schon allein aus Liebe zur Musik sollte man dieser Aufnahme sensibelster Kunst einige Zeit sein Ohr leihen. Hille Perl und Lee Santana ist seitens der deutschen Musik­industrie eine besondere, dennoch unvermeidbare Auszeichnung zu­teil geworden. Beide erhielten im vergangenen Jahr den so begehrten "Echo" in der Kategorie Klassik für die hier vorgestellte Publikation. Verwundern darf das nicht, zählt Hille Perl zweifelsohne zu den führenden Interpreten in puncto Alter Musik. Die damit verbundene, bisher seltene Wertschät­zung Alter Musik darf an dieser Stelle hervorgehoben werden. So darf nun die eingespielte Kammer­musik für Viola da gamba und Théorbe des französischen Hof­gam­benisten des Ludwig XIV. zur vergnüglichen Rekreation des Ge­müts und zur Bereicherung der Hörerfahrung wärmstens empfohlen werden. Uwe 38

Sonja &  Shanti Sungkono The 20th Century Piano Duets Collection Membran International

Die Entscheidung ist gefallen. Nach der hinreißenden Debut-CD mit Kompositionen für zwei Klaviere von Dmitri Shostakowtisch, Sergej Rachmaninow, Claude Debussy und Francis Poulenc betreten Sonja und Shanti Sungkono mit ihrer neuesten Einspielung die Bahnen der Musik des 20. Jahrhunderts. "Nach ihr suchten wir nicht extra. Während der Konzertreise fand sich mal dieses und jenes. Die Musik hat uns sehr viel Spaß gemacht, so dass wir sie unbedingt auf einer CD einspielen wollten. Daraufhin kamen wir auf die Idee, ein Konzept zu gestalten." Bekannteres gesellt sich hierbei zu Reizvollem. Sieben Kompositionen geben einen Einblick in Béla Bartoks kompositorisch einmaligen Mikrokosmos. Die in Indonesien geborenen Zwillingsschwestern stellen ebenso Witold Lutoslawskis Variationen über das beliebte Thema von Nicoló Paganini mit spielerischer Leidenschaft vor, dem sich, neben anderen, auch Serge Rachmaninow zuwandte. Andere Klangssprachen eröffnen sich hingegen bei Raimo Kangros wirkungsvollen "Klimper", Colin Mc Phees exotischem "Balinese Ceremonial Music" oder Darius Milhauds "ScaramoucheSuite". Manuel Infantes "Danses Andalouse" rundet die CD mit dem informativen Booklet temperamentvoll ab. Uwe Roßner

Was mit einer Fugata beginnt endet auf der jüngsten Einspielung der Zwillingsbrüder Katona im großartigen Tango. Astor Piazolla (1921 – 1992) fasziniert immer noch nicht allein Tangoliebhaber und -tänzer, sondern auch weitere Musiker. Die in Ungarn geborenen Gitar­ risten wenden sich nach bisherigen Aufnahmen mit klassischem Gitarristenrepertoire (Albéniz, Rodrigo) dem Komponisten des Tangos zu. Die Originalwerke gewinnen dank der einfühlsamen Arrangements von Peter und Zoltan Katona und lassen diese frische Idee der Bearbeitung auf dem Gebiet der klassischen Konzert­ gitarre leicht zum Ohrwurm werden. Eine Ausnahme ist die TangoSuite, die Piazolla original für zwei Gitarren schrieb. Scheinbar selbstverständlich fließen Passagen mit technischen Raffinessen spielerisch fließendend dahin. Dabei kosten die Geschwister so manche Klang­ schattierung des sechssaitigen Zupfinstruments bewundernswert im Halblauten aus. Melodielinien schnellen hier temperamentvoll wie Feuerwerk zum Himmel auf und der Rhythmus beginnt beim längeren Verweilen, in den Füßen zu kribbeln. Wer Gidon Kremers Hommage à Piazolla kennt, wird jedoch bei der Milonga en re den so leidenschaftlichen Schmelz der Violine unter Umständen vermissen. Dafür harmoniert das Spiel der Brüder Katona miteinander und zusammen mit Alfredo Marcucci (Bandoneon), Daniel Storer (Bass ) und dem Carducci String Quartet tadellos. Uwe Roßner moritz


musik: pop

679 Recordings

"Logic Will Break Your Heart" – eine These, die was für sich hat. Kann man auch prima am vorliegenden Debütalbum von The Stills sehen. Die vier Kanadier – alles sympathische Leute, die überdies im Widerstand gegen George W. aktiv sind – bieten nun wirklich die ganze Palette auf: Indiepop vom Feinsten, mit "Still In Love Song" einen kleinen Hit, intelligente Texte. Und trotzdem scheint das Album als Ganzes weniger wert als die Summe der einzelnen Teile. Selbst nach dem Xten Durchhören bleibt von "Logic…" rein gar nichts hängen. Warum in drei Teufels Namen? "Lola Stars And Stripes", "Gender Bombs", ein grandioser Song nach dem anderen. Die meisten Bands würden für die Basslinie von "Still In Love Song" all ihre Groupies an einen 5-Dollar-Puff verhökern. Und dann wieder: Letzter Ton ver-

The Prodigy Always Outnumbered, Never Outgunned XL Recordings

Wenn einer seine Musik als "FistIn-The-Air-Riot-Techno-Punk" bezeichnet und dann ein so lahmes Album wie dieses rausbringt, dann stimmt was nicht. Liam Howlett will uns mit "Always Outnumbered, Never Outgunned" eine lauwarme Mischung aus 80er-Jahre Beats und Millennium-Elektro andrehen, die schon in den 90ern langweilig gewesen wäre. Genau zu der Zeit also, als The Prodigy noch so fist in the air waren, dass "Firestarter" in Groß­ britannien nicht im Radio gespielt werden durfte und sich über "Smack My Bitch Up" sogar die Beastie Boys aufregten. Die neue Platte wirkt dagegen so gefährlich wie ein uralter, zahnloser Pitbull im Tiefschlaf. Nicht mal Feuerstarter Keith Flint ist dabei,

Kritische Geister mit intakten Herzen: The Stills. oktober 2004

dafür darf eben HollywoodSchauspielerin Juliette Lewis ein bißchen rumbrüllen. Das haut beim Opener "Spitfire" sogar hin, danach nicht mehr. Danach haut eigentlich gar nichts mehr hin. Mal versucht Howlett seine kreative Blockade mit Michael Jacksons "Thriller" zuzusamplen, mal mit iranischer Folklore und immer kommt nur

noch mehr Mist dabei raus. Gastsänger Liam Gallagher nervt in "Shoot Down" mit einer Penetranz, dass sogar hartgesottenen OasisFans ganz anders zumute werden dürfte. Und alles verpackt in ein Artwork, wie es der beschissenste Kunststudent nicht unterbieten könnte. Howlett hat für den Nachfolger zu "The Fat Of The Land" sieben Jahre gebraucht, die er offenbar mit Gattin Natalie Appleton (genau, die von den All Saints) ausschließlich im Bett verbracht hat. Filme gukken, ficken und fett werden – dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden, erst recht nicht, wenn man das nötige Kleingeld für den mondänen Landsitz beisammen hat. (The Fat! Of The Land! Witz mitgekriegt?) Muss man dann aber nicht unbedingt eine Platte drüber machen. Norman Gorek

feuilleton

The Stills Logic Will Break Your Heart

klungen, memory erased. Vielleicht ist Tim Fletchers Stimme zu nett, vielleicht sind sich die Songs in all ihrer Schönheit zu ähnlich. Vielleicht hätten die Jungs einfach mal zur Auflockerung einen schlechten Song dazwischenhauen sollen. Das mag nicht so ganz logisch klingen. Sicher ist nur, dass "Logic…" von allen Alben, die einen etwas ratlos zurücklassen, das beste ist. Norman Gorek

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„MoMA ist sexy!“ Eine anregende Pressekonferenz in Berlin / Von Uwe Roßner Berlin. Montag, 20. Septem­ ber. Wie still ist es doch auf dem Platz vor der Neuen Nationalgalerie. Während das Einstein-Café ausgeräumt wird, stehen vor dem Miesvan-der-Rohe-Bau ein LKW und ein Kran. Die Kunstwerke sind bereits verhüllt. An einer Wand lehnen Klappstühle mit der bekannten

Sound und schiebt eine Kassette in das entsprechende Deck des Geräts. Somit kann keine Sekunde beim Aufnehmen während der Presse­ kon­ferenz verloren gehen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit trifft ein. Journa­ listen nehmen Platz. Auf den Stüh­ len liegen zwei Bulletins der Deut­

Das erste Blitzgewitter bricht mit dem Eintreffen der restlichen Red­ ner los. Nach einem begrüßenden Händeschütteln untereinander folgt das erste fotographische Stelldich­ ein mit den Bildjournalisten vor dem erwarteten Auftritt. Für Peter Raue, Vorsitzender des Vereins der Freunde der Natio­ nalgalerie, ist das MoMA die erfolgreichste von seinem Verein organisiere Ausstellung. Den durchschlagenen Erfolg des Vorhabens sieht er letztlich in der Aura der Kunst­ werke. 1,2 Millionen Besucher sahen die Ausstellung der über 200 Meister­ stücke der modernen Kunst innerhalb der vergangenen sieben Monate. Täglich sahen dabei durchschnittlich 6500 Besucher die Leihgaben des New Yorker Modern Museum of Art. Solch eine Anziehungskraft fasste Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und Direktor der Nationalgalerie, in seiner Moderation lässig und knackig mit „MoMA ist sexy“ zusammen.

Verschenkt

Meist war die Warteschlange etwas länger: Das MoMA in Berlin.

Foto:

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feuilleton 40

Werbung. Der VIP-Eintritt und die Hinweisschilder weisen auf nun unwiderruflich Vergangenes hin: Das MoMA in Berlin. Tags zuvor warteten hier noch geduldig Besucher in der Schlange, um am letzten Tag noch einen Blick in die Ausstellung werfen zu können. Glenn D. Lowry, Direktor des Museum of Modern Art (MoMA) in New York, erlebte nach seiner Ankunft in der Hauptstadt diese letzten Stunden und sagte staunend: „It´s amazing.“ Kulturforum. Zwischen 10.30 und 11 Uhr. Auf dem aufgebauten Podium steht ein langer Tisch, dahinter sechs Stühle und darauf die Namenskärtchen der Redner. Hastig werden Gläser herbeigeschafft und mit Wasser gefüllt. Der Mann am Mischpult prüft rasch den

schen Bank, die ihr Engagement für Kultur und Gesellschaft schwarz auf weiß bekräftigen. In Sachen Kunst findet sich da gleich die Überschrift „Die Kraft des Originals – Eine halbe Million Menschen haben das „MoMA in Berlin“ allein in den ersten vier Monaten besucht“ auf der Titelseite der einen Ausgabe. Auf der anderen: „Rouseau war nie verreist – Deutsche Bank ermöglichte 1500 Schülern und Studenten einen Ausstellungsbesuch im MoMA in Berlin“. Die Vertreter der schreibenden Gilde studieren mit prüfendem Blick die offizielle Pressemitteilung Nr. 42, andere stellen ihre Kamera für den Mitschnitt ein oder sichern sich zum Fotographieren eine günstige Sitzgelegenheit innerhalb der ersten Reihen.

Der Abstand zwischen dem Podium und den Stuhlreihen der Journa­ listen klaffte dennoch kurzzeitig deutlich auf. Trotz des herzlich be­kundeten Danks an die gesamte Pres­se stach die kritische Bericht­ erstattung einiger ungenannt ge­bliebener großer Blätter als ein Ta­ges­ordnungspunkt hervor. Unter anderem bemängelte Die Zeit das Ausstellungskonzept des MoMAs vor der offiziellen Eröffnung. Glenn D. Lowry betonte in seiner Rede die Attraktivität der modernen Kunst, die dank ihrer Verankerung im heutigen Alltag sich für Berlin letztlich zu einem Publikums­ magneten entwickelte. Die goldenen Zahlen in den Bilanzbüchern des Schatzmeisters und der nie abreißenden Menschenströme zusammen mit einer griffig polierten Aura genügen dennoch nicht allein, um die eigentlichen Gedanken der Meister an einem anderen Ort als New York in einem neuen Lichte zu zeigen. Denn es ist ja gerade die moderne Kunst seit Monets überdimensionalen Seerosenbildern, die mit neuen Sichtweisen überrascht, mit eingeschliffenen Gewohnheiten spielt und das Publikum bereichert. moritz


der Film zum Buch in den Kinos und wir dürfen gespannt sein, ob Regisseur Peter Webber und die Dar­steller Scarlett Johansson und Colin Firth dem Film den Zauber und die Sinnlichkeit verleihen, die dem Ro­man zu Unrecht nachgesagt werden. Wenke Krämer

List Verlag Delft, 1664: Griet ist 16 Jahre alt, als sie die Arbeit als Dienstmagd bei der Familie des berühmten niederländischen Malers Johannes Ver Meer an­tritt. Der Abschied von daheim fällt ihr schwer und sowohl die Magd Tan­ neke als auch ihre neue H e r r i n C a ­t h a r i n a nebst ihren vielen Kin­ dern ma­chen ihr das Leben nicht leicht. Der einzige Lichtblick neben den De­mütigungen und ihrer harten Arbeit ist „er“, der Maler mit der zimtsanften Stimme samt seinen Gemälden, die sie faszinieren. Erst darf sie nur sein Zimmer putzen, dann wird sie seine Gehilfin, später malt er sie, „das Mädchen mit den runden Augen“, heimlich. Das Interessante an diesem Roman ist die Idee: Tracy Chevalier schuf eine fiktive Geschichte, wie das berühmte Gemälde Jan Vermeers van Delft (1632 – 1675) "Das Mädchen mit dem Perlenohrge­ hänge" (um 1665) hätte entstehen können. Die Bilder des Malers (er schuf etwa 35 Gemälde, besonders Genrebilder) werden eindrucksvoll, wunderbar detailliert und farbig beschrieben. Das Buch ist zwar un­terhaltsam, jedoch ohne Span­ nungs­bogen. Ermüdend wird die Ar­beit beschrieben, die Griet täglich erledigen muss. Ruhig plätschert die Handlung dahin. Selbst als Griet einen harten Schicksalsschlag erleidet, bleibt man als Leser nahezu unberührt. Seit dem 23. September 2004 läuft oktober 2004

Henning Mankell Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt Paul Zsolnany Verlag Henning Mankell kehrt mit einem neuen Buch zurück. Anders als bisher fordert sein jetziger Fall weniger den Schriftsteller als den Menschen Mankell. Als ein weit hinreichend bekannter Autor, nutzt er seine Popularität für einen guten Zweck. Im vergangen Jahr reiste der Schwede nach Uganda, um sich mit von Aids infizierten Menschen und deren Angehörigen zu treffen. Hier lernte er das Projekt der Erin­ nerungsbücher, den sogenannten „Me­mory Books“, von „Plan Inter­ national“ kennen. In ihnen schreiben infizierte Eltern über ihre Er­fahrungen, Wünsche und Hoff­ nungen. Sie hinterlassen ein Stück Familiengeschichte für die jüngste Generation, die unter Umständen weder Mutter oder Vater kennen

lernen können. Das fast 150 Seiten schmale Bändchen vereint neben Mankells Text eine Beschreibung des „Memory-Books-Projekts“, die Aufzeichnungen der Lehrerin Chris­ tine Aguga Abishag Owor sowie ein Nachwort der Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung Ulla Schmidt. Behutsam erzählt Man­ kell in schlichten Worten von Aida, ihrer Mutter Chris­ tine und einer zarten Man­go­ pflanze. Das Aus­maß und die Konse­quen­zen der Immun­schwä­che­krankheit treten ebenso scharf und berührend hervor wie auch die Kraft und die Würde der betroffenen Menschen des schwarzen Kontinents. "Meine Sorge ist", schreibt Mankell, "dass wir in unserem Teil der Welt nicht verstehen, dass diese Menschen auf die Solidarität von uns allen angewiesen sind und dass sie ein Recht darauf haben." Der Reingewinn des Buchs kommt ihnen zugute.

feuilleton

Tracy Chevalier Das Mädchen mit dem Perlenohrring

neue bücher

Skandinavischer Aufklärer in Afrika: Henning Mankell. 41


Was Frauen wollen! moritz fragte nach dem bestaussehendsten Greifswalder. Unzählige Studentinnen nahmen ihr Frauenwahlrecht wahr – und hier ist der Gewinner: Justus lieferte sich ein spannendes Kopf-an-Kopfrennen mit zwei Martins und schlug seine Konkurrenten um eine ...äh ... Nasenlänge. Euer Schönster ist 23 Jahre, studiert PoWi, KoWi und EWi und stammt aus Hamburg. Das Votum beschehrt Justus einen Gutschein für zwei Personen im „Lütt Saunaeck“. Also abholen in der moritz-Redaktion und ab in die Hamburger-Braterei!

Justus Martin Martin

playmoritz

1 3

Ihr meintet:

Mein "absoluter" Favorit ist Martin.. unter den vorgestellten "Prachtexemplaren" fuer mich ganz v o r n e . . .

Anja Eindeutig Martin aus Greifswald. 42

2

Ihr meintet: Ich find Justus heiß. Ich vote für ih n .

Kathi Ich

will

Justus!!!!!!!!!!!!!!!!!

Susi ICH WILL JUSTUS (WÄHLEN)!!!!

Ida hallo liebe moritz-redaktion,

Ihr meintet: Hallo moritz – Ich wähle Martin aus Elmshorn. Hallo Martin – Lust auf ein Date?

Juliane (Anruf in der Redaktion): Martin moritz


m. trifft...

Waltraud Kwasniowski Bibliotheksassistentin in der UB Größe: 1,69 m

Wie sah als Kind Ihr Traum­ beruf aus? Als Kind wollte ich immer Gärtnerin werden.

Sternzeichen: Waage

Wo würden Sie gerne leben? Wo ich jetzt lebe, bin ich ganz zufrieden. Wichtig ist mir ein ruhiger Ort mit viel Natur.

Berufsbezeichnung: Bibliotheks­ assistentin Lieblingsessen: Da gibt es so vie­le. Am liebsten vegetarische und indische Gerichte.

Ihr Lieblingstier ist... a) zu Hause b) aus Stoff c) ein Braten Ich mag eigentlich alle Tiere, besonders Wildtiere, die in ihrer natürlichen Umwelt leben können.

Lieblingsbuch: Früher: Der Fremde von B Lieblings-CD: Ich ha­be einige LieblingsCDs. Was ich sehr gern höre, ist Sarah Bright­man, und seit einiger Zeit auch klassische, indische Musik.

Worauf schauen sie bei einem Men­ schen als erstes? Auf die Augen. Was ist Ihr persönlicher Jung­ brun­nen? Eine gesunde Ernäh­ rung.

Lieblingsfilm: Wir haben schon seit vielen Jahren keinen Fernseher mehr. Aber was mir gut gefiel, war „Jenseits von Afrika“. Im Fern­sehen gab es vor vielen Jahren den Film: „Der Ruhm meines Va­ters“. Den fand ich auch sehr schön. Wie lässt sich Ihre Tätigkeit in drei Sätzen beschreiben? Meine Tätigkeit ist eine Dienst­ leistung für Studenten. Ich verwalte Bücher und gebe den Studenten Auskunft. Wie viele Stunden hat Ihre Arbeitswoche? 40 Welches Handwerk würden Sie gerne beherrschen? Nähen würde ich gerne. Dann könnte ich mir meine Sachen selbst schneidern. oktober 2004

und Liebe hat er Indien von der Kolonialmacht England befreit ohne Krieg.

Machen Sie selbst Ihr Bett? Ja, das macht kein anderer für mich. Meistens mache ich auch das Bett meines Mannes. Was liegt auf Ihrem Nacht­ tisch? Da steht die Uhr, damit ich morgens rechtzeitig aus dem Bett komme. Manchmal auch ein Buch. Was verabscheuen Sie am meisten? Ich hasse es, wenn Menschen schlecht behandelt werden. Ag­gressivität und Krieg verabscheue ich.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Greifswald? Im Arboretum habe ich viele Lieb­ lingsplätze. Und ich bin gern auf dem Wall.

Welche Menschen unserer Zeit oder der Geschichte bewundern Sie am meisten? Mahatma Gandhi. Ich bewundere, was er getan hat. Mit Gewalt­losigkeit

Fragen und Foto: Annett Habermann

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Alter: 51

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kreuzmoritsel

Very British Von Vera Doering

„Die spinnen, die Briten“, meinte schon Obelix bei seinem Besuch bei Teefax. Etwas Beson­ deres sind die Inselbewohner allemal, weshalb es heute auch um sie gehen soll. Und so ergeben die Buchstaben aus den grauen Kästchen in die richtige Reihenfolge gebracht diesmal den Held eines Trauerspiels von Shakespeare. Waagerecht: 1. größte Grafschaft Schottlands 7. Währungseinheit der Republik Südafrika 8. Wundabsonderung 10. englische Präposition 11. KFZ-Kennzeichen von Italien 12. Luft, die es eilig hat 13. Gegenteil von „her“ 15. Entertainer im deutschen Fern­sehen 16. englisch „Einlass, Zufuhr“ 19. englisch „auf“ 20. nicht gleichmäßig

22. Bewohner einer Insel westlich von England 23. chemisches Zeichen für Thorium 24. Klagelied 26. englisch „oder“ 27. Abkürzung für „Hochdruck“ 28. Gestalt des Alten Testaments

Senkrecht:

5. Berliner Mundart: „Brot­ schnitte“ 6. polnisch Käse 9. frühere Währungseinheit 14. Tierlaut 15. Gestalt bei Shakespeare 17. Abkürzung für „notabene“ 18. französisch „zwischen“ 21. Missgunst 22. englische Abkürzung für d.h. 25. Abkürzung für „ibidem“

1. weiblicher Vorname 2. Prophet des Alten Testaments 3. Hauptstadt von Schottland 4. berühmtestes Tier Schottlands

Gewinner! Die Lösung unsere letzten moritsels lag buchstäbllich nahe, denn sie lautete

USEDOM

playmoritz

Viele viele haben das herausbekommen und so musste das Los entscheiden. Über eine moritz-Tasse können sich nun freuen:

ANKE GAUDE KRISTIN GEYER ULRIKE STREBELOW Herzlichen Glückwunsch! Die Tasse könnt Ihr in der moritzRedaktion abholen.

Lösungen bitte bis zum 29. Oktober an moritz@uni-greifswald.de Stichwort: kreuzmoritsel. 44

moritz


Greifswald von unten

Bretter, die die Welt bedeuten

Von Friedhelm (mit Annett Habermann)

die vielen unterschiedlichen Gerü­ che der vielen neuen Menschen in Greifs­wald lassen mich schlussfolgern, dass das nächste Semester be­ginnt. Ich bin total gespannt, wen es wohl in diesem Jahr nach Greifs­ wald verschlägt und hoffe, viele

schönen Frauen in schillernden Ko­stümen und großen Orchestern. Manchmal kann auch ich den Duft der Theaterwelt in Greifswald riechen. Zum Beispiel, wenn abends in unserer Stammkneipe einige Schau­ spieler vom Theater auftauchen. Wäh­rend meine zweibeinigen Freun­­de vor Aufregung ganz verle-

neue Freunde zu finden. So ist das nun mal. Sie kommen und sie ge­hen. Und ich bleibe hier. Schließlich ist Greifswald meine Heimatstadt, mein Zuhause. Hier bin ich groß und schön und reich und berühm.... äääh, ja äääh, hier bin ich groß geworden. Bin ja mal gespannt, wo wir wohl hin­gehen heute abend? Meine zweibeinigen WG-Freunde machen sich gerade schick. Neeeeiiiin, ich sehe Theaterkarten auf dem Küchentisch liegen, was soviel heißt wie: „Bleib schön da und sei artig. Wir sind bald zurück.“ Schließlich gibt es im The­ ater noch keinen Rang für uns Vier­ beiner. Sie werden „Frida“ tanzen se­hen, und ich träume zu Hause in meiner Kuschelecke von den Bret­ tern, die die Welt bedeuten, von

gen werden, hab ich als Hund den Euer (neuer) Freund Friedhelm Vorteil, dass ich so tun kann, als wür­de ich nur Streicheleinheiten wollen (Solltet Ihr auch mal versuchen). Und natürlich kann mir wirklich keiner widerstehen, wenn ich rein zu­fällig am Ne­ben­tisch entlang schlen­dere. Wäh­ rend ich mich ge­nüss­lich auf den PENSION Rüc­ken drehe und die Hän­de der großen Schauspieler Brüggstraße 29 17489 Greifswald mir über den Bauch 0 38 34 / 81 09 44 kraulen, atme ich ++ Pizza & Pasta à la carte 4 Euro ++ den Duft der kleinen Greifswalder

oktober 2004

The­ater­welt und verbringe den Abend bei der „Glatzkopfbande“, bis meine Freunde zum Aufbruch mahnen. In dieser Nacht träume ich davon, als Schauspieler einmal groß rauszukommen. Falls jemand von euch Interesse hat, mit einem zukünftigen, großen Schauspieler zusammen zu wohnen, hat er jetzt die einmalige Chance dazu. Dies wird bei späterer Be­rühmt­­heit positiv angerechnet. Mein Zweibeiner und ich suchen ab Januar für vorerst drei Monate eine neue Bleibe. Gibt es da draußen je­manden, der uns helfen kann? Ich möch­te ja nicht unbescheiden wirken, aber das Zusammenwohnen mit mir hat schon so manchen von seiner Hundeabneigung oder -phobie und sogar -allergie befreit. Wer also irgendwann mal seinen Kin­ dern und Kindeskindern erzählen will, mit einer Berühmtheit zusammen gewohnt zu haben, der kann uns beziehungsweise meine „Betreuerin“ (weiblich, 27 Jahre, sehr umgänglich und pflegeleicht, stubenrein) anrufen unter: 0 38 34/76 46 44.

playmoritz

Liebe Neubürger, liebes Publikum,

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degradierten. Alle Men­schen sollten „gleich“ sein. Es muss­ten aber erst die Schrecken des 20. Jahrhunderts über die Welt hereinbrechen, um zu erkennen, dass der Mensch irgendProphezeiungen zu den neuen Kathedralen wann immer das Bestreben hat, wie bei Orwell, „gleicher“ als ein andeVon Arvid Hansmann rer zu sein – wenn ihm die Möglichkeit gegeben wird. Im Bauhaus hatte man versucht, die Idee des Gesamtkunstwerks mit „Salomon, ich habe dich übertrofals mittelalterliches dem Prinzip der Gleichheit zu vereifen!“, sprach der byzantinische Kai­ „Gesamtkunstwerk“ be­z eich­n en nen. Die großen urbanen Bauvorha­ ser Justinian, als er im Jahre 537 die könnte: Projekte, die alle hand­ ben des modernen Funktionalismus Hagia Sophia in Konstantinopel werklichen und künstlerischen gaben auch den Anschein eines weih­te. In weniger als 6 Jahren wur­ Fä­higkeiten in sich vereinen. Vom Er­folges. Dass eine funktionale Plat­ de ein Bau errichtet, der in den folArchitekten bis zum Maler war jeder ten­bauwohnung faktisch einen genden 1000 Jahren in seinen in die Arbeit an diesem einen Werk An­stieg des Lebensstandards mit Di­men­sionen nicht übertroffen wereingebunden. Wie genau dies, auch sich brachte, war aber schnell verden sollte. Im beginnenden Mittel­ un­ter ökonomischen Aspekten ab­ge­ gessen. Es gab nur zwei Dinge, die al­ter entstanden, blieb die Kirche lau­fen ist, wäre eine andere dem System (eine Zeit lang) Bestand der „Heiligen Weisheit“ der größte Ge­schich­te. (Ich muss gestehen, bo­ten: Der Schrebergarten (zur Not Kuppelbau im Okzident und Orient, dass Ken Follets „Die Säulen der auch die Garage) und der Fern­ bis in der Renaissance die Pläne Erde“ bisher nur rein dekorativ in seher. zum Neubau von St. Peter in Rom meinem Regal steht – man kommt Die Mönchsregeln des Benedikt von aufkamen, dessen Finanzierungs­ ja auch zu nix.) Nursia, „ora et labora“, wurden hier ver­suche ja nicht unbedeutenden Die Idee des gemeinschaftlichen nicht zum „Wohle der Gemein­ Ein­fluss auf die Reformation hatGe­samtkunstwerks setzte sich im schaft“, sondern zur „individuellen ten. Lau­fe der Jahrhunderte fort. Nur Ver­­wirklichung“ eingesetzt. (Um die Als im späten 9. Jahrhundert die kam zunehmend weniger ein „höheGleichsetzung des TV-Geräts mit noch „heidnischen“ Waräger (die res Wesen“, sondern der Mensch einem „privaten Andachtsbild“ zu schwedischen Wikinger) auf ihren selbst ins Zentrum des Ideals. In rechtfertigen, sei auf Vol. 1, im Han­dels­reisen durch Russland nach Versailles wurde ein irdischer mo­ritz Nr. 42 verwiesen.) Kon­stan­tinopel kamen und in die „Sonnenkönig“ zum Sinnbild der In unseren Tagen, ist die Moderne Kir­che traten, „wussten sie nicht, ob Macht. Infolge des Strebens nach immer noch präsent, beginnt sich sie auf Erden, oder im Himmel „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ aber zunehmend zu „transformiesind“. Sie waren überwältigt vom wurden Ideen entwickelt, die das ren“ (etwa in der Fusion von uniforGlanz der Mosaiken und von der „höhere Ideal“ zum „Überbau“ mer Mietwohnung und Bungalow Kup­pel, die „über ihrem Fenster­ im „Eigenheim“). kranz zu schweben“ schien. „Wer Visionen hat, muss mal zum Ein irdisches Abbild einer „himmArzt gehen“, hatte Helmut Schmidt lischen Ordnung“ zu schaffen war vor einigen Jahren ge­sagt. Gleich­ mit dem legendären Tempel zei­tig diskutierte sein Nachfolger Salomons im Alten Testament mit den Archi­tek­ten über die „Bild­ überliefert auf den sich Justinian haf­tig­keit“ des neuen Bundeskanz­ bezog. Im Laufe des Mittelalters ler­amtes: Das Gebäu­de sollte „den wurde diese Aus­sage noch Staat reflektieren“. Abstrakt wurde er­weitert. Nicht nur der Tempel hier auch auf die Hagia Sophia und Zi­ons, sondern die ganze „hei­lige andere Projekte angespielt - jedoch Stadt“, das „neue Jerusa­lem“ der zu abstrakt. Was der Fachmann Offenbarung des Johannes sollte er­k en­n en mag, bleibt den sich im Kirchenbau wiederspieAdressaten unzugänglich. Erst geln. (Wie man sich diese Vision wenn die japanischen Touristen im beginnenden 17. Jahrhundert wie die Waräger vor Staunen vor­stellte, hatte ich das letzte Mal gebannt sind, wäre man auch in mit abgebildet.) der realisierten Archi­tektur den Auch wenn das Raumkonzept einer einstigen Idealen so nah wie gotischen Kathedrale sich von dem damals. ei­nes byzantinischen Zentralbaus Die neuen Kathedralen werden un­terscheidet, ist die Intention, jedoch (zumindest vorläufig) nicht „den Himmel auf Erden darzustelaus Stein, Stahl oder Glas sein. Es len“, hier ebenso präsent. Mit diesind die erlebbaren Visionen einer ser Ab­sicht hatten die Erbauer ein Ide­al, das es unentwegt zu errei- Ein fehlgeschlagenes Gemeinschafts­pro­ an­deren Welt, deren Authenti­ zitäts­anspruch nicht mehr diskuchen galt. Die Resultate dieser jekt: Der Turmbau zu Babel. Mosaik, San Marco, Venedig, 13. Jh. tiert wird. Willkommen im digitaErstrebun­gen sind das, was man

Arvids Kolumne

Das neue Mittelalter, Vol. 2

playmoritz

(Es muss nicht immer Breughel sein.)

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moritz



5,-


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