Heft 13 • Winter 2014/15 • Salzburg • 0,00 Euro
mosaik Zeitschrift für Literatur und Kultur
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Funny Cats - Compilation
Ausgabe 13 – WINTER 2014/15 Herausgeber: Josef Kirchner, Sarah Oswald Layout/Satz/Grafik/Illustration: Sarah Oswald mosaikzeitschrift.com fb.com/mosaik.zeitschrift mosaik@studlit.at Auflage: 1000 Stück Erscheinungsweise: 4 Ausgaben/Jahr Erscheinungsort: Salzburg ISSN 2409-0220 Ermöglicht wird dieses Projekt durch die unentgoltene Mitarbeit aller Beteiligten – die anfallenden Druckkosten werden von verschiedenen Stellen der ÖH Salzburg sowie von den Kulturabteilungen von Stadt und Land Salzburg getragen. mosaik – Zeitschrift für Literatur und Kultur ist Teil des Kunstkollektivs Bureau du Grand Mot. bureaudugrandmot.wordpress.com
EINSENDESCHLUSS AUSGABE 14: 08.03.2015 mosaik ist eine Zeitschrift für Literatur und Kultur und versteht sich als nicht-profitorientiertes Medium zur Veröffentlichung literarischer und nicht-literarischer Texte aller Art. Neben literarischen Texten sind ausdrücklich auch nichtliterarische Textsorten wie Essays, Kommentare oder Forschungsberichte und auch Rezensionen, Interviews sowie Veranstaltungsberichte erwünscht. Schickt uns eure Texte an mosaik@studlit.at und findet euch wieder als ein Steinchen im mosaik. Formale Anforderungen: • maximal 1500 Wörter • maximal ein Text pro Autor/Autorin • Anonyme Veröffentlichungen sind möglich, der Autor/die Autorin muss uns jedoch bekannt sein • Einsendungen sind jederzeit möglich - die Texte werden für die jeweils nächste Ausgabe berücksichtigt
INTRO
INHALT Literaturzeitschriften
Marko Dinic, Jenny,
Sachen mit Wörtern,
komplex, mfk
Schweigen in Weiß
Patricia Lang, Simone Scharbert,
Christof Sommersguter,
Natalia Fastovski, Katharina Ferner,
Leonhard Pill, Ingeborg Kraschl,
Fabian Bönte
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Okay, wir starten mal ganz ehrlich: Wir haben lange
überlegt, haben über unsere kitschigen Ideen ge-
Ihre Schönheit ist mein Untergang
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lacht, sind nachdenkend durch die Zimmer gelaufen,
Tobias Roth, Thomas Mulitzer
aber es ist uns wirklich kein passender Titel für diese Ausgabe eingefallen. Am Ende haben wir dann ein-
Hinter der Tür
Simone Lettner, Peter Tarras,
Claudia Kraml
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fach nur Katzenvideos geschaut. mosaik13 ist einfach zu vielfältig um es in eine Überschriften-Schublade zu stecken. Da wäre zunächst ein
So.What.Wörtlich!
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breiter Schwerpunkt zu neuen Literaturzeitschriften.
Eva Weingärtler, Marlen Mairhofer,
Dann die vielen wunderbar unterschiedlichen Texte
Lisa Viktoria Niederberger,
von euch, die sich diesmal ganz besonders geweigert
Thomas Mulitzer
haben, zusammenzupassen. Eine ehemalige Lesereihe verabschiedet und neue Bücher präsentieren sich.
Büchertisch
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Magdalena Ecker
Danke, dass ihr wieder dabei seid. Wir geben uns Mühe, dass junge Literatur genauso allgegenwärtig
Kulturszene
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ist wie Katzenvideos.
Heute schon was vor?
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Miau mio, euer mosaik
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LITERATURZEITSCHRIFTEN
o. T. (Katzenvideos2) 2011: Aufbruchsstimmung in der Literaturlandschaft
Viermal im Jahr setzen wir uns hin und dürfen eure
Salzburgs. Bei einer Leseveranstaltung im Mark.Frei-
Texte lesen und daraus das zusammenstellen, was ihr
zeit.Kultur fanden sich einige Interessierte zusammen
gerade in euren Pfoten haltet.
– und die waren sich einig: Eine neue Literaturzeitschrift braucht das Land!
308 Texte von mehr als 150 Autorinnen und Autoren konntet ihr in insgesamt 12 700 Stück mosaik in
Hier sind wir.
den letzten 3 Jahren lesen, dazu kommen noch mehr
Und da war auch gleich die KulturKeule – unabhängig
als 100 Texte, die wir online veröffentlichen durften
vom, aber gleichzeitig mit dem mosaik. Eine Runde
– rund 10 000 Personen besuchten im vergangenen
Literaturbegeisterter trifft sich seitdem jeden Mitt-
Jahr mosaikzeitschrift.com
woch zu einem offenen Stammtisch. Neue Projekte und Lesereihen entstanden.
Wir laden euch ein auf den nächsten Seiten in anderen Literaturzeitschriften zu stöbern. Weil es anschei-
Die 13. Ausgabe des mosaik, die 13. KulturKeule:
nend doch noch Sinn macht, Texte auf (Öko-)Papier zu
Diesmal mit der neuen Literaturzeitschrift der Ange-
drucken – oder Marko?
wandten, der Jenny. Einen Auszug der Texte gibt es auf den nächsten Seiten, gefolgt von einem Teaser auf die nächste Ausgabe von Sachen mit Wörtern, einem Literaturmagazin, das wir in Zusammenhang mit mosaik7, der Berlin-Ausgabe kennenlernen durften und deren Drahtzieherinnen wir in ihrer Stadt besucht haben. Aber auch in unserem ex-Studienort Innsbruck brodelt es, das komplex, ein vielseitiges Magazin der Vergleichenden Literaturwissenschaft, erscheint gerade zum zweiten Mal. Und das mfk, das Magazin des Mark, feiert dieser Tage seinen fünften Geburtstag und ist damit schon fast ein Haudegen des bedruckten Papiers. Doch warum tun sich überall Menschen die Arbeit an, dieses altmodische Medium Papier mit Inhalten zu füllen? Weil es wichtig ist. Und weil es Freude macht.
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LITERATURZEITSCHRIFTEN
Versuch #9: Versuch über den Versuch eines Versuchs oder das, was mir die Herausgeber dieser Zeitschrift aufgetragen haben. Es gäbe nicht viel zu sagen, außer, dass es keinen un-
deutschsprachigen Raum, die sich nicht davor scheu-
günstigeren Zeitpunkt für das Verstummen gäbe als
en, auch das vermeintlich Schlechte als Großes zu
diesen hier. Leben wir doch in einer Zeit, in der das
verkaufen. Und wer bestimmt eigentlich das Schlech-
Lesen zu einer Floskel unter Angebern verkommen ist
te? Wann ist etwas gerade gut, dass es nicht schlecht
und das gedruckte Medium einem Aas gleichkommt,
ist? Und wurde nicht der Ulysses zu seiner Zeit mal
das nur noch von irgendwelchen Freaks einverleibt
als schlechtestes Buch aller Zeiten tituliert? Wieso hat
wird, die sich nicht davor scheuen, mehr als die Zu-
Joyce eigentlich nie den Nobelpreis bekommen? Und
sammenfassung einer Zusammenfassung zu lesen.
wo ist eigentlich meine Rolex?
Da kommen uns – möchte man meinen – gerade die
Letzten Endes wird auch die Literatursprache eines Ta-
Literaturzeitschriften entgegen mit ihren Konvoluten
ges ihrer Freiheiten beraubt, und wir werden nur an-
an Ausgewähltem. Kurz und prägnant auf wenigen
spruchslose, leere Hülsen potenziell guter Bücher zu
Seiten. Eine kleine, in sich geschlossene Welt von
uns nehmen wie Vitaminpillen, damit wir zusammen-
allem, was sogar kulturell träge Herzen höher schla-
hängende Sätze nicht verlernen. So arbeitet der Lite-
gen ließe: Lyrik, Prosa, Essay, Drama, Rezension, Kul-
raturbetrieb: knappe, prägnante Sätze mit möglichst
turtipp, Comic; Triviales, Spärliches, Konservatives,
viel Witz und Weltverstand und Ironie und Trauer und
Linksintellektuelles, Wichtigtuerisches, Aufgeblase-
Ekel und Poesie und und und. Literarische Allrounder
nes, Hellsichtiges, Schadenfrohes; lachen, weinen,
wohin das Auge reicht. Doch der Hauptgrund neben
schauen, genauer schauen, ficken, lecken, küssen,
dem ganzen Fame, dem ganzen Geld und dem gan-
vergewaltigen, lieben, sterben…
zen Sex, die mit dem Schreiben einhergehen, nämlich die Arbeit an der Sprache, also die Erweiterung
Kein Buch vermag so viel, wie eine gute Literaturzeit-
und Bereicherung derselben, die bleibt scheinbar nur
schrift an Schlechtem auf Ökopapier drucken kann.
den Freaks vorbehalten, die als Floskelschreiber von
Und keine Literaturzeitschrift kann jemals so lang-
morgen, diese Welt eines Tages vielleicht ohne Su-
weilig sein wie die letzten Bücher von Peter Handke.
permankostüm retten werden.
Denn nicht überall, wo Suhrkamp draufsteht, muss auch Rolex drinnen sein. Letztendlich lehrt uns die-
Marko Dinic
ses elendige Zeitalter der Überproduktion eines: Dass Arno Schmidt recht hatte und wahrlich große Literatur nicht immer die großen Namen wie Büchnerpreis, Suhrkampverlag oder Nobelpreis braucht. Sie genügt sich selbst. Und wenn nicht, dann gibt es immer noch das Ökopapier der vielen Literaturzeitschriften im
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Welches deiner philosophischen Bücher erinnerst du eigentlich fehlerfrei? // Alexander Graeff / Poeto-narratives Hinterbühnenjournal
dreck atmen und dünnflügelige kleine tierchen. // Alke Stachler / am Fluss
auf dem kindheitsvertrauten königsplatz schlafen, / dem roten tag entgegen // Andreas B. Vornehm / luft lautlos blau
Das Bett wollte meinen Körpergeruch nicht aufnehmen, blieb ein Fremdes, oder ich. // Carola Wieder / Pharisäer Je länger sich die Wärme des Tages hielt, bis weit nach Sonnenuntergang, desto lauter gaben sie ihr Signal von sich, als hätte man kleine, schnarrende Trafokästen in den Feldern versenkt. // Clemens Franke / Unter Strom
(Bei geschlossenen Augen) mit Tauben auf Tonpistolen werfen. // Fiona Sironic / habe das Internet gehört
In der Bude ist es heiß, viel zu heiß, und / nirgends eine Fliege, die ich erschlagen / könnte. // Jannis Poptrandov / Der ewig tropfende Wasserhahn im Irrsinn des Zufalls Tektonik, Magnetismus, Schwerkraft, Vulkane, Osmose ... Dass ich nicht lache! // Jonis Hartmann: Osmose
In Gedanken lecken wir uns das Salz von den Fingern. // Juliana Kálnay / Stromausfall
schon lange über den Berg, aber immer noch da und sichtbar in unseren Körperkonturen // Michael Arenz / Die Regierung will nicht, daß wir weiter rauchen
Versinkend, in die Winterkälte zer- / Dunkelnd, voneinander verunklart.. // Mikael Vogel / Messerfische
Ich lege meine Oberschenkel auf seine Knie, sodass mein erschöpftes Falterchen seine Flügel weit aufspreizt und sich von Tim sacht den Rücken streicheln lässt. // Miriam Zeh / Goldener Strom
die straßenbahn verglüht hinter der kurve. // Mischa Mangel / EINST WIRD DAS STRAHLEN DIESER LATERNE metall gewesen sein Bei mir kann man gut sterben. // Robert Klages / Das Sterbezimmer
speichern / denn die Wände nicht ein bisschen / all das Licht? // Ron Winkler / Jahrhundertlicht Der Weiße Schöps entspringt im Norden des Großen Nonnenwalds und mündet bei Kringelsdorf in den Schwarzen Schöps. // Clemens Schittko / Gedicht ohne uns wir aber strömend / schüttelfrost brechend / sind fieber verspult // Simone Scharbert / sturzbächern
Am Anfang ist das Wort. Jedes Wort ist poetisch, denn jedes Wort erschafft. Was es erschafft, ist unterschiedlich. Kleines und Großes, Sichtbares und Unsichtbares bringt es hervor, Welten, Bilder, Geschichten. Wir erinnern an dieses Potenzial: Ein Wort aus der Alltagssprache füllt ein Heft mit Prosa, Lyrik und Assoziationen in Text und Bild. Das Titelwort unserer fünften Ausgabe ist „Strom“. Auszüge der Texte findest du auf diesen Seiten. sachenmitwoertern@mail.de sachenmitwoertern.wordpress.com fb.com/sachenmitwoertern
High Five Fünf Jahre MFK - Magazin für Kultur Dieses Jahr feiert das MFK - Magazin für Kultur des MARK.freizeit.kultur seinen fünften Geburtstag! Das MFK ist jeder, der eine offene Plattform sucht, um sich künstlerisch auszudrücken, sei es durch Geschriebenes, Gemaltes oder Fotografiertes. Wie im Leben eines Menschen gab es
produktiv zu sein. Es wird fleißig weiter an künstlerisch kreativen und gesellschaftlich relevanten Beiträgen gewerkelt. 2011 werden drei Ausgaben veröffentlicht - es ist damit das produktivste Jahr in der Geschichte des MFK.
auch in der Geschichte des Magazins Höhen und Tiefen.
Schreibblockaden, Überforderung und
Zum Jubiläum betrachten wir seinen Lebenslauf:
Stillstand Das Jahr 2011 hat auch seine Kehrseite. Nicht mehr kreati-
Die Idee entsteht Nach einer langen Odyssee der Wohnungslosigkeit lebt und werkt die Kultureinrichtung MARK.freizeit.kultur übergangsweise im alten Musikum im Nonntal. Die Räumlichkeiten dürfen für Vereinstätigkeiten genutzt werden, sind aber für musikalische Veranstaltungen ungeeignet. Um weiterhin in der Salzburger Jugendkulturszene präsent zu sein, entsteht die Idee eines MARK-Magazins. Die Mitarbeiter/innen des MARK.freizeit.kultur, die das Projekt maßgeblich vorantreiben sind von Beginn an topmotiviert. Das neue Magazin soll eine Plattform für all jene werden, die etwas ausdrücken wollen. In offenen Redaktionssitzungen entstehen eigenständige Rubriken, wie „Count our culture“ oder das „Penippel“, die den Charakter des MFKs über Jahre hinweg prägen werden. In einer Auflage von 1.000 Stück, im praktischen DINA5-Format, mit schrillen Bildern soll das MFK kein Hochglanzmagazin sein. Es darf ruhig ein bisschen aus der Reihe tanzen - ganz nach dem Motto „Laut und in Farbe“.
ve Ideen stehen im Fokus der Redaktionssitzungen, sondern Grundsatzdiskussionen über den Extremismus-Begriff in der Blattlinie und den Umgang mit geschlechtergerechtem Schreiben, die vom Hundertsten ins Tausendste führen. Für einige Redaktionsmitglieder ist es wichtig, die Position des MFK genauer zu definieren, andere finden derartige Gespräche mühsam und bleiben den Redaktionssitzungen lieber fern. Das darauf folgende Jahr wird schließlich zur Belastungsprobe für das Magazin. Die Redaktionssitzungen werden immer schlechter besucht. Als kurze Zeit später die halbe Redaktion im Ausland weilt, steht die Redaktionsarbeit still. Mit Müh‘ und Not wird in diesem Jahr eine einzige Ausgabe veröffentlicht. Mittlerweile sind die Umbauarbeiten im MARK.freizeit.kultur fast abgeschlossen und es herrscht wieder lebendiger Alltag im Kulturbetrieb. Für das MFK bleibt dadurch wenig Zeit. Nachdem die Grafikerin Julia Fink nach sieben Ausgaben ankündigt, aus dem Projekt auszusteigen, scheint das Todesurteil des MFK gefällt. Im Herbst 2012 kommt es zur großen Krisensitzung.
Die euphorische Anfangsphase Im Mai 2010 erscheint die erste Ausgabe des MFK. Passend
Der Neuanfang
zur Situation des MARK.freizeit.kultur widmet sie sich dem
Die Entscheidung das Projekt MFK einzustellen, ist noch
Thema „Umzug“. Nach längerer Zeit des Nomadentums ist das MARK.freizeit.kultur in der Hannakstraße 17 sesshaft geworden. Vom normalen Kulturbetrieb bleibt der Verein noch weit entfernt. Die lang andauernden Umbauarbeiten im Haus zwingen die Redaktion ihre Sitzungen in privaten Studenten-WGs abzuhalten. Der Platzmangel und die alternativen Unterkünfte hindern die Redaktion nicht daran,
nicht in Stein gemeißelt. Denn einzelne Redaktionsmitglieder wollen nicht kampflos aufgeben. Die neue Grafikerin wird Rita Atteneder, die den Freiraum erhält, das Magazin ganz nach ihrem Stil zu gestalten. Das MFK bekommt ein völlig neues Äußeres. Das Layout wird dezenter und erwachsener, ohne seine Verspieltheit zu verlieren. Zwei Mal im Jahr soll das Magazin erscheinen.
Es wird vermehrt versucht, neue Redakteure und Redakteurinnen im Bekanntenkreis, an der Universität oder über Internet-Foren anzusprechen. Es funktioniert: Engagierte Schreiberlinge melden sich, um an der Gestaltung des Magazins mitzuwirken und bringen frischen Wind in die Redaktion. Drei Ausgaben sind seither erschienen. Die Redaktionssitzungen sind wieder gut besucht und neue Vorhaben, wie die Jubiläums-Ausgabe und ein Crowdfundig-Projekt zur Finanzierung des Magazins sind geplant, um seine Existenz auch zukünftig zu sichern.
euphorische Anfangsphase, große Ziele, Ideen und Träume. Kreative Momente, unregelmäßige Motivationsschübe, aber auch Schreibblockaden, Überforderung und Stillstand. In unserem fünfjährigen Bestehen haben wir viel dazugelernt. Wir sind professioneller geworden. Mussten jedoch auch manche unserer Ziele zurückstecken. Wir haben nicht aufgegeben. Dass es uns seit fünf Jahren gibt bedeutet für uns einen großen Erfolg. Mittlerweile haben wir 126 Menschen dazu bewegt, kreativ zu sein und sich an der Gestaltung des MFK zu beteiligen. Wir machen weiter, weil wir der Meinung sind, dass Salzburg ein alternatives Kunst
Der Alltag ist keine Routine „Politik ist einfach. Kultur ist leicht einzusparen. Zeitung machen hingegen ist beinharte Arbeit“ – dieser, zugegeben
und Kulturmagazin braucht. Aber zunächst: High five und alles Gute zum Fünfjährigen!
freche Spruch, wurde einst im MFK gedruckt. Ein Gruppe von junge Menschen hat beschlossen, ein Magazin herauszu-
Ein Beitrag von Doris Mair & Sabine Fritsch,
bringen und machte damit eine völlig neue Erfahrung. Eine
MFK-Redaktion
Ein mfk-typisches Bilderrätsel gibt es online auf mosaikzeitschrift.com Spielt mit und gewinnt eines von drei vegetarischen Volxküche-Kochbücher.
SCHWEIGEN IN WEIß
Dramolett Sie:
Sie:
Die Kunst des Schweigens zu verstehen
Wer braucht Macht?
Siezwei:
Siezwei:
still
still
Sie:
Sie:
Deine Stille macht mich.
Wer braucht, macht!
Siezwei:
Siezwei:
still
still
Sie:
Sie:
Machtlos.
Ich liebe dich
Siezwei:
Siezwei:
still
still
Sie:
Patricia Lang
Macht los ... Siezwei: still KLAMMER unterm dach die tage an leinen gespannt und glatt gezogen schweigen in weiß verwaschene wörter und wir klammer des andern trocknen in sprache bewegen uns nicht kalkkrümel wischen wir später vom mund Simone Scharbert, Erftstadt
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SCHWEIGEN IN WEIß
Was siehst du? Jeder Mensch steigt nur in seine eigene Grube hin-
erschrickt, wenn er dich nackt sieht, ganz ohne stei-
ab. Niemand kennt die Täler des Anderen und keiner
nerne Maske und hochhergeputzter Fassade. Lass
kann die Klammheit der schweißtropfenden Angst, in
ihn sehen das Echte und eintauchen in deine wohlige
diesen sonnenfinsteren Schluchten ermessen. Nicht
Wärme und das Strahlen deines Antlitzes.
einer verläuft sich auf den Untiefen Fremder und wirft in unvertrauter Haltlosigkeit Anker.
Gemeinsamer Auf- und Untergang über zusammengehäuften Mauersteinen. Der Fluss wird sie zerreiben
Kehr ein in dein eigenes Zuhause und steig hinab in
und wegschwemmen.
deine eigene Tiefe. Trink aus, den Fluss, der dir die haltbringenden Wände unter den Händen wegwäscht.
Christof Sommersguter
Kopf unter Wasser, tauch ein in dich Selbst. Was siehst du? Ketten Verschwommen, eine Mauer, eine Wand und viel Stacheldraht, Leichen am Fuße des Walls, krepierte See-
Umhüllt von Nebel und Dunkelheit,
lenschänder.
gefangen in mir, wo es immer schneit, wartend auf nichts als die Ewigkeit,
Schwimm hinüber. Was siehst du?
vergessen für immer und alle Zeit.
Der Strom frisst die Steine und spült sie fort. Ver-
Schweigend, bewegungslos liege ich,
schwommen, eine Lücke, daraus verstrahlt sich Licht.
mich umgeben die eisernen Ketten, die mich binden für immer an dich,
Die Helligkeit wärmt, hat sie immer getan. Damals
niemand kann mich noch irgendwie retten.
aber hat man die Erleuchtete weggesperrt, weil sich fremde Hände an ihr erhitzten. Sie hat sich dabei die
Ich liebe dich, doch ich kann nichts tun,
Finger verbrannt und ja, deswegen hat man sie hin-
seit tausenden Jahren liege ich nun,
tergittert und von den Angesichten weggetan. Nun
gefangen, belegt mit diesem Bann,
aber, tauche ein und suhle dich in ihr. Sie ist dein Ei-
und so müde, dass ich nicht aufsteh’n kann.
gen. Zerstürze die Mauern und ziehe den Stacheln, ihre drahtigen Zähne.
Ich weiß, ich muss es wieder lernen, zu schau‘n auf einen von tausend Sternen,
Lass das Wasser ab und trockne dich, denn die Sonne
mit Mühe und Not stehe ich auf,
geht auf und blinzelt schon herüber. Sie kennt dich
und weine noch weiter, während ich lauf.
und weiß um deine Blöße. Und nun, bereite dich zu, um dem Fremdling entgegenzutreten, dass er nicht
Natalia Fastovski, Schiltach
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SCHWEIGEN IN WEIß
Kugeln aus Glas Für A. Der glimmende Kern, den ich einst fraß Läßt mich das Meehr erfaßen, greifen, leben Kindersprache
Wenn du mich krümmen machst und damit erst die Leidenschaft in Glas gegoßen schaffst
Augenaufschläge mit sonnengebleichten Wimpern, eiscremeverschmierte Münder, klebrige Süße,
Ja, du bringst ihn zum Lodern,
kleine Schaukelhintern.
Das das zuvor glühend
Ein Sandkastenkuss.
Jetzt brennend, war, ist.
Komm, kleines Mädchen, ich gebe dir Süßigkeiten.
Du bläst ihn auf, den Kern, formst und drehst ein
Komm, kleiner Junge,
lass uns zusammen ins Abendrot reiten.
Erstarrt lehne ich am Eck in unserem Reich
Meisterwerk aus Glas heran
Steh‘ dort still und guck‘ von fern Sommersprossen auf den vollen Wangen,
Bewundernd deine zarte Fingerfertigkeit,
gepunktete Kleider, neckische Umdrehungen,
nur faßbar gern.
wir spielen Fangen. Du bist du und ich bin ich.
Doch die Kugel, die einst ich geblasen hab Windet sich schon lang an dir vorbei
Komm, süßes Mädchen,
Ich blies und goß dich ein und
lass die Puppen liegen,
stampfte und zermalmte dich,
Komm, süßer Junge,
zu Mus und Brei und
ich lerne dir fliegen.
liebestoll laß ich dich nun frei
Kulleraugen gefüllt mir Tränen,
Abgelegt und eingelegt in Aas und Freßerei
verrotzte Stupsnasen, Schniefen, Trompeten.
Weil du mich staunend stehen läßt, dort drüben:
Hände krallen in Pferdemähnen.
In der alten Glasbläserei.
Vom Christkind wünsch ich mir. So ist die ungegoßene Liebe Leidenden Komm, mein Mädchen.
Ein Halt
Schrei nicht.
Den Verliebten gegoßene Liebe in Scherben:
Komm, mein Junge. Das bleibt unser Geheimnis.
Der Fall
Katharina Ferner, Wien
Leonhard Pill
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SCHWEIGEN IN WEIß
Leise Ein dumpfes stilles Fallen schwimmende Schritte im Schnee schweigendes Weiß auf Bäumen und Zäunen umsäumend den erstarrten Fluss die tosenden Worte seiner Melodie verweigernd im Verborgenen das stumme Warten der Vögel klirrender Winterwind zwingt Menschen in die Häuser hinter verschlossenen Türen beugen sie sich unentwegt vor dem Drängen des Tages
Wir & Die Wölfe
in den Eisblumen
fast unsichtbar über feldwege wandernd
am Fenster
stets am wasser entlang
verfängt sich nur manchmal
ziehen graue schatten vorbei
ein haltender Blick hält man die luft an Ingeborg Kraschl
schallt das schnippen der feuerzeuge bedrohlich laut dort drüben irgendwo klatscht es zackig in die hände zweimal sogar blind im dunst aber furchtlos der stadt entgegen geben seile um hüften sicherheit im ungewissen Fabian Bönte, Berlin
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IHRE SCHÖNHEIT ...
Hahnenkampf Die strahlend bunten Vögel steigen, Gewickelt ineinander, Wolken Als Bündel schillert aus zwei Tieren Und aus zwei Sichelmessern, bis einer sinkt. (sein Lächeln hätte zu viel Pein; Es gliche dem bunten blühenden Gewande der –) Im Strahlenkranz droht der Kragen,
Schrecklich zittert der Kragenbusch.
Geduckt, gestreckt, so lauert Hitze.
Rundum fliegt das Geld in bunten
Der Kopf Rubin schon von Beginn,
Bündeln, Knäuel, über den Ring,
Bald schmelzen alle Juwelen des
Strahlend blühende Pesos sinken
Gefieders zu Rubin; die Messer
Stieren Rufen hinterher, die
Entlang, die in den Wolken schillern.
Wetten steigen.
Kein Wissen, was sie tun, doch Brennglas
Wie der Rauch auf den Altären
Der gleißenden Richtung, Sichel nach unten,
(denn sie stecken sie an Spieße,
Die Flamme, die sich dem Sprung entreißt.
Braten sie mit Vorsicht, nachts).
Am Sonntagnachmittag nach der Messe
Wir verlieren den Tod aus den Augen
Bis in die späten Abendstunden,
Wie wir auf und an das Leben
Ein Sprung nur von der Kathedrale
Halten, aufgelöst im Spiel, in
Von Dumaguete in den Ring.
Zwei dort unten, in der Mitte.
Ein Feld aus leuchtend schwarzer Iris,
Nur die Ahnung, was sie tun,
Das steht in Reihen um das Spiel.
Gleißenden Rufe, Finger nach oben
Ein Lehen nehmen, ein Lehen geben.
Flammen, die aus der Hitze schlagen.
Um Haus und Hof, als könne man
Schlieren hellrot schillernd am Boden,
Es denken, deuten, wie dort Haus
Übereinander geschüttet von Stunden.
Und Hof sich gegeneinander in die
Leuchtend erst, dann dunkler welkend.
Gewänder blühenden Stolzes hetzen.
Inilog und Biya, zwei Unvergängliche Namen, durch die Leiber ungezählter Hähne. Blüht der Phönix. Nach der Runde Scheint es wie ein dritter Vogel In der Schaufel jenes Jungen, Der die Federn zusammenkehrt. für Florian Haider, Tobias Roth
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... IST MEIN UNTERGANG
Ma pauvre muse, hélas! Meine Muse ist kein Pferd sie ist zu zart für mein Gewicht der Reitstock und der Sattel besänftigen sie nicht ich könnte sie nie zähmen oder Wettkämpfe bestreiten sie
existiert die Stille würd
lässt sich nichts befehlen und
sie töten mein Schweigen ist ihr
nur selten von mir reiten ich
Gift sie giert nach Anerkennung ohne die
wage kaum zu
sie gar nichts ist und wenn der
sprechen ihre Präsenz ist zu
Geist der Muse einen Körper schnell
fragil sie diktiert mir ihre
verlässt bleibt nichts zurück als
Wahrheit und
Leere und ein bescheidenes Skelett du
beseelt mich mit Gefühl ob
arme Muse ach wie ist dir heut hast
Liebe oder Hass ob Sehnsucht
du die Wahl des Dichters
oder Wut ich nehm was ich
jemals schon bereut du
bekomme und vergelte es mit
gibst mir deinen Segen und ich
Blut ich schwitze und ich
geb dir alles was ich hab ich
weine ich besinge ihren
schenk dir meine
Reiz ich verleihe Glanz und
Nächte und du teilst
Ehre und Unsterblichkeit sie
mit mir dein Grab.
die Allerschönste wird ewig jung verweilen während andre
Thomas Mulitzer
müßig sterben lebt sie noch in diesen Zeilen sie lässt sich nicht begreifen begegnet mir in vielerlei Gestalt ihr Geist sei meine Rettung ihre Schönheit ist mein Untergang aber so wie ich sie brauche hängt sie auch an mir weil sie ohne meine Worte gar nicht
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HINTER DER TÜR
Der junge Mann schritt auf die Rezeption zu. Ein sehr stattlich gekleideter Herr im Anzug empfing ihn auf eine korrekte Weise und gab daneben seiner Assistentin, einer adretten jungen Dame, einige Anweisun-
Wachzustand: Da stürmten sie, die Angst, die Illusion,
gen. Diese Assistentin, das war sie, sie und nur sie.
die Eifersucht, die Unsicherheit, die Lüge, die Eng-
Sie streifte den Ankömmling mit einem kurzen, fernen
stirnigkeit und noch ein paar weitere, nicht weniger
Blick, der trotzdem verriet, wie bekannt sie einander
zickige Damen, drauf los, um auf dem weiten Feld
eigentlich waren. Doch darauf wandte sie sich sofort
der Möglichkeiten einen Schutzwall zu errichten zwi-
ab und verließ geschäftig den Empfangsraum. Man
schen mir und dir, einen wahren Antoninus-Wall. Also
wies den jungen Mann zu einer nichtssagenden wei-
träume nicht davon, dass es vorbei ist! Der Kampf
ßen Tür. Er drückte die graue Klinke langsam nach
beginnt gerade erst. Wenn diese Schar an Spaßver-
unten und trat in einen Raum, der ähnlich aussah
derberinnen ihren Wall errichten kann, ist das weite
wie der Behandlungsraum eines praktischen Arztes,
Feld der Möglichkeiten nämlich zerschnitten, und ich,
wenngleich diesem Raum doch ein anderer Flair an-
das heißt mein Ist-Zustand, stehe auf der einen Seite,
haftete. Er setzte sich auf einen Sessel in der Mitte des
während du, mein Wunsch-Zustand, auf der gegen-
Raumes. Ihm gegenüber nahm eine Frau Platz, die ihn
überliegenden Seite stehst, für immer von mir ge-
aus schwarz umrandeten Katzenaugen anblickte. Sie
trennt. Wir wollen keine Pyramus-Thisbe-Geschichte
trug Reizunterwäsche und ihr Haar war aufgelöst und
beginnen, das wäre unglücklich. Nein, ich werde nicht
wirr. Sie beugte sich ganz nah zu ihrem Klienten, der
mit dir sterben, bloß weil wir uns nicht vereinen dürfen
ihren Duft begierig einsog, ihr in die Haare griff und
– wir werden verhindern müssen, dass es uns über-
nicht anders konnte als unentwegt in ihre Augen zu
haupt verboten wird, uns zu vereinen! Also, hilf mir
starren. Da ging die Tür auf, und herein stürmte die
doch, die verhassten, eifrig wallbauenden Weiber zu
adrette Empfangsdame, in ihrem braven Rock und mit
bekriegen – und lass’ sie nicht gewinnen!
ihrem sehr dezent geschminkten Antlitz krass im Gegensatz stehend zu dem Lustobjekt, das er vor sich
Im Übrigen war ich noch nie so schön wie heute, und
hatte. Sie schäumte vor Wut und schrie ihn mit unsag-
ich werde auch nie mehr so schön sein. Hast du dir
barer Bitternis an: „Du hast mich mit meinem Huren-
schon mal mein Gesicht angesehen? Wie es vor Auf-
Ich betrogen, du Idiot!“ Und er konnte nicht umhin,
regung und Kampfeslust glüht? Nein, so schön war
sich einzugestehen, dass sie, die brav scheinende Un-
ich wirklich noch nie, und so schön werde ich nie mehr
erreichbare, viel hübscher und viel begehrlicher wäre
sein. Und was mache ich jetzt also? Ja richtig, ich
als ihr zweites Ich, die lüstern Freigiebige.
gehe jetzt die Wäsche aufhängen. Denn schlussendlich läuft jeder zündende, funkensprühende Moment
Das hast du also geträumt, so. Und während es den
des menschlichen Geistes sowieso auf irgendeine
einen bestimmt ist, zu träumen, ist es an mir, nichts
Form von Aufopferung hinaus.
von meinem Schicksal und meinem Geschick zu versäumen. Ich also hatte stattdessen eine Vision im
Simone Lettner
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HINTER DER TÜR
In der Kammer In dicke Kleider gehüllt saßen zwei wie sterbende Ra-
auf und ein Lichtstrahl fiel in das Dunkel, sofort trat
ben auf schwarz bepolsterten Bänken in dem engen
daraus eine gebückte Gestalt hervor. Beide suchten
Gang. Die großen Fensterscheiben hinter ihnen wa-
sie nach einem Gesicht unter den Kleidern. Und noch
ren von ihrem Atem beschlagen und der ausgesperrte
als sie den Vorbeischreitenden mit Blicken verfolgten,
Winter warf nur ein diffuses, grelles Licht herein. Am
schloss sich die Tür, ohne dass einer von ihnen hätte
dunklen Ende des Ganges öffnete sich alle paar Mi-
eintreten können. Der eine saß der Tür näher, er war
nuten eine kleine Tür und elektrisches Licht aus der
zwar noch halb aufgesprungen, doch es hatte nichts
dahinter liegenden Kammer fiel in das Dunkel. Dar-
geholfen. Da ergriff ihn ein solcher Zorn gegen den
aufhin verschwand jedes Mal einer der Wartenden ge-
Flüsterer, dass er ihn am Kragen packte und ihn schon
bückt in dem Spalt und alsgleich schloss sich die Tür
zu Boden schmeißen wollte, als sich hinter ihnen noch
wie von Geisterhand, nur um beim nächsten Öffnen
einmal die Tür auftat. Eine strenge Stimme rief ihrer
den zuvor Eingetretenen ebenso gebückt daraus her-
beider Namen und schon bückten sie sich, um in die
vorzutreten zu lassen. Dieser glitt dann leise an den
Kammer zu treten. Hinter ihnen schloss sich die Tür
Wartenden vorbei, glitt den Gang entlang und ver-
und ein alter Herr mit mächtigem Buckel trat hervor.
schwand. Kein Blick der Verlassenden traf einen der
Lange, ergraute Haare hingen von seinem Kopf und
Wartenden und diese sprachen untereinander kein
seine krumme Nase gab ihm ein strenges Aussehen.
Wort und blickten keinen der Vorbeischreitenden an.
„Setzen!“, bestimmte er und nahm selbst hinter ei-
Als nun aber die letzten beiden im Dunkel am Ende
nem dunklen Schreibtisch Platz. Seine Amtskleidung
des Ganges warteten, flüsterte einer dem Nachbarn
verriet die Wichtigkeit seiner Position. – „Wir haben
zu, der ganz erschrocken war vom Durchbrechen der
eine Aufgabe für Sie“, sprach er, blickte dabei jedoch
Stille. Mit großen Augen blickte er den Flüsterer an,
nur den einen an, während der andere vom vorherge-
weil er nicht glauben wollte, dass dieser gesprochen
henden Kampf noch ganz überfallen war. Diesem aber
hatte. Der begann aber erneut zu flüstern: „Hast du
schob er ein Kuvert zu und befahl: „Lesen!“ Als jener
ihre Gesichter gesehen, wenn sie aus der Tür treten?“
nun las, blickte der andere zu Boden, woraufhin der
– Der andere flüsterte schnell zurück: „Das ist gegen
Beamte ihn schalt: „Sehen Sie ihren Nachbarn an!“
die Regel!“ – „Aber da ist etwas in ihren Gesichtern,
Aus dessen Gesicht aber war jede Farbe gewichen.
ein Leuchten.“ Darauf schwiegen sie einige Zeit und
Seine Augen hatten jeden Ausdruck verloren. Leise
horchten angestrengt gegen die Tür, doch es ließ sich
schob er seinen Stuhl zurück, ebenso leise trat er aus
kein Laut vernehmen. Bald hob der eine wieder an:
der Kammer, ohne ein Wort zu sagen, ohne sich um-
„Bist du nicht auch so bettelarm wie ich?“ – „Sprich
zudrehen, ohne dem Beamten seine Ehrerbietung zu
nicht, es ist gegen die Regel!“ Plötzlich vernahmen
zeigen. Als sich die Tür wieder schloss, sagte dieser:
sie ein flehentliches Schluchzen hinter der Tür, so
„Sie sind diesem Mann auf immer zu Dank verpflich-
kurz nur, dass allein ihre erschrockenen Gesichter,
tet! Für sich wählte er das denkbar Schlechteste. Da-
mit denen sie sich anblickten, davon zeugten. „Was
mit wählte er für Sie das denkbar Beste.“
war es?“, flüsterte der eine. – „Es war nichts zu hören, es wäre gegen die Regel.“ Da tat sich die Tür
Peter Tarras, München
23
HINTER DER TÜR
Herbstparalyse Erkaltende Windböen heulten um die verlassene
Zuerst war ihr das Muster nicht aufgefallen, die sich
Straßenecke und ließen ein schales Gefühl der Ver-
immer wiederholende Struktur perfekter Quadrate in
gänglichkeit aufkommen. Der Platz war kahl gewor-
Blau und Schwarz. Doch mit der Verringerung ihrer
den, gleich einem Sinnbild für die gesamte Stadt, die
Distanz zum beobachteten Objekt wurde ihr bewusst,
in diesen Tagen von einer leisen Ahnung von Verlust
dass es eben jenes Kleidungsstück war, das zur Zeit
durchzogen wurde. Die Dinge veränderten sich stän-
der Kirschblüte über drei Stunden hinweg einen Teil
dig, aber nur in seltenen Fällen so, dass man etwas
ihres Blickfelds ausgefüllt hatte. Im Hintergrund, der
davon erkennen konnte. Daher blieb es auch dies-
eigentlich vorherrschen hätte sollen, waren derweil
mal beim vagen Gefühl, etwas sei im Gange, etwas
unzählige Menschen zu Tode gekommen. Es hatte sie
Ungewöhnliches, das über das Übliche hinausreiche
nicht wirklich beunruhigt, zumal die Dauer ihres Able-
und Hoffnung verspreche. Miriam vernahm Bruchstü-
bens auf die Minute genau geplant worden war.
cke von Worten in einer seltsam singenden Sprache, eindringliche Schreie eines Muezzins, unsäglich lange
Ebenso verhielt es sich nun mit dem Zustand ihrer
Dorfnamen mit Konsonantenüberschuss und den ge-
intellektuellen Fähigkeiten. Wenn ihr Gegenüber ver-
lächelten Vorwurf, es nie lange an einem Ort auszu-
schwand, würde, was mit seinem Anblick in ihr erstarrt
halten.
war, wieder zum Leben erwachen, und der Alltag wei-
Eine Alltagsflucht, vor und aus dem Lauf der Jahres-
terhin in gewohnten Bahnen verlaufen. So undenkbar
zeiten.
es ihr in diesem Augenblick auch erschien, auch nur
Doch noch während sie über diese plötzliche Wen-
eine einzige ihrer Handlungen jemals wieder ratio-
dung in ihren oktoberabenddunklen Gedanken nach-
nal erklären zu können. Wer auch immer diese Jacke
sann und die äußeren Gegebenheiten nach Anhalts-
trug, durfte sich glücklich schätzen, von ihr seit sechs
punkten dafür absuchte, wurde ihr der fataler Fehler
Monaten, fünfzehn Tagen und knappen zwei Stunden
bewusst. Kurzsichtig war sie gewesen, mit Blindheit
für eine wunderbare Quelle literarischer Inspiration
geschlagen ob der Konkretheit der Bedrohung. Die
gehalten zu werden. Ob dieser Umstand tatsächlich
Veränderung hatte längst begonnen, und sie befand
Freude hervorgerufen hätte, wagte sie zu bezweifeln,
sich im Auge des Sturms. Wobei die Gefahr an sich
denn ihre persönliche Beziehung war von Ungewiss-
eine sehr schöne war, aber genau darin lag schließ-
heit geprägt und alles andere als aussichtsreich. Bis-
lich ihre wahre Tücke. Bei Nacht sind bekanntlich alle
herige Erfahrungen hatten ihr ein ums andere Mal die
Katzen grau, so sagt man, doch dieser Umstand trifft
geringe Wahrscheinlichkeit eines positiven Ausgangs
nur noch in bedingtem Maße zu, sobald man einem
vor Augen geführt. Es war eine unverrückbare Tatsa-
erbarmungslosen Schachbrettdenken verfallen ist. In
che und niemandes Entscheidung.
Miriams Fall war das die Einteilung der Welt in mehr
Angesichts dessen schienen alle Worte obsolet.
oder weniger beachtenswerte Phänomene, und soeben war ihr eines von Ersteren über den Weg gelau-
Sie konnte förmlich bei der Entstehung sämtlicher Ur-
fen. Zu plötzlich, als dass noch irgendein Ausweich-
teile über ihre Person zusehen, die in Wahrheit über-
manöver seinen Zweck erfüllt hätte.
haupt nicht auf sie zutrafen, doch irgendwie sehr wohl,
24
HINTER DER TÜR
denn an diesem Abend war sie nun einmal niemand
tes Winken nach ihrer Nähe verlangte. Die gab sie
anderer als eine verunsicherte junge Frau, die ihren ei-
ihm, mit einem Verweis auf die aktuelle betrübliche
genen Gefühlen nicht mehr traute. Schöne bunte Bil-
Wetterlage und damit verbundene Stimmungsum-
der voll gewisperter Versprechen, die jeder Grundla-
schwünge. Dann erhob sich die Tachonadel ins Drei-
ge entbehrten, zumindest auf der Gegenseite. Sodass
stellige, aber diesmal folgte kein tadelndes Wort, nur
diese ihr nun ohne eine Ahnung dessen gegenüber-
leichtes Kopfschütteln, das auch aus anderen Quellen
stand, was sein hätte können, wenn Miriams Zögern
stammen konnte. In der Gewissheit baldigen Feder-
eine Sekunde früher geendet hätte. Wenn ihr die
kratzens waren keine weiteren Äußerungen nötig.
passenden Unverfänglichkeiten für winterbehauchte Dämmerungsmomente in den Sinn gekommen wä-
Vierzehneinhalb Minuten zu spät erwachte sie aus der
ren. Wenn die faszinierte Bestürzung zu klingenderen
Schockstarre und brach in Tränen aus
Resultaten als einem einzigen unverbindlichen Grußwort geführt hätte, das sich nicht so recht zwischen
Claudia Kraml
Überraschung und Glück entscheiden konnte. Das Schweigen dröhnte in ihren Ohren, oder vielleicht war es auch nur der Verkehr zu ihrer Rechten, doch wenn sie darüber sprechen hätte sollen, wäre selbst die treffendste Personifikation nur noch auf verdrehte, stotternde Weise über ihre Lippen gekommen. Natürlich war es nicht ihre Absicht, wortlos zu bleiben, doch gegen die Unzahl an verschlungenen Gedankenwegen in ihrem tauben Kopf konnte kein selbst verkündeter Aufruf zur Vernunft etwas ausrichten. Was sie ihrer Außenwelt mit aller Kraft verdeutlichen wollte, umfasste weitaus mehr als leere Metaphern – und aus ebendiesem Grund blieb sie völlig stumm. Zwei Blicke trafen sich, ebenso vorsichtig wie bestimmt, frühlingshaft hoffnungsvoll und herbstlich desillusioniert. Ein lichter Moment blitzte auf. An Schlaf war heute nicht mehr zu denken, wurde Miriam bewusst, als auch schon der richtige Fahrer mit dem richtigen Auto Halt machte und durch federleich-
25
SO.WHAT.WÖRTLICH!
Die Lesereihe So.What.Wörtlich! richtete sich vor al-
Fluss? Der ist selbst noch träge, nur widerwillig den
lem an junge Schreibende, die ohne Wettbewerbs-
alltäglichen Dreck vor sich herschiebend, die verspä-
situation und in einem persönlichen Rahmen erste
teten Nebelfetzen um einen letzten Kuss bittend. Die
Erfahrungen sammeln wollten. Erfahrenere Künstle-
Stufen des Tempels. Spiegelglatt und weich. Abge-
rInnen konnten den Abend als Experimentierfeld für
wetzt von Millionen Füßen. Tagtäglicher Tausendfüss-
neue Werke und Ideen nützen. Am 12.12.2014 fand
ler fließt den Steilhang nach oben. Langsam, gebückt,
die letzte Lesung aus dieser Reihe statt - Texte der Au-
keuchend. Selbst die Bettler sind noch zu verschlafen
torinnen lest ihr auf diesen Seiten. Das nächste Jahr
um die Hände auszustrecken, den eigenen Blick zur
bringt neue Literaturveranstaltungen des Bureau du
flehenden Bitte zu überreden.
Grand Mot - alle Infos immer unter:
Nur die Affen springen und tanzen, jagen und jucken,
bureaudugrandmot.wordpress.com
balancieren und fallen als wäre ihnen die heilige Stunde egal. Auch die Dochte der Butterkerzen flackern und leuchten, ja tänzeln leichtfüßig und munter. Der Gesang der Mönche schwillt an. Mehr und mehr Menschen drängen sich um die Gebetsmühlen. Alte, Kin-
Kathmandu.
der, Mütter, Schwestern, Söhne. Sie holen sich den ersten Segen. Andere absolvieren erst den täglichen
Es ist die Schwelle zwischen Nacht und Tag, zwischen
Morgensport, springen und strecken, dehnen und
Schatten und Licht, zwischen Stille und Lärm. Die ers-
verrenken sich. In sich selbst versunken. Begrüßen
ten Händler breiten ihre Planen und Decken aus. Den
sich selbst. dann andere. Begrüßen ihren alten Körper
später so emsigen Rikschas ist noch ein wenig Ruhe
und den neuen Tag.
vergönnt, sie schlafen, eng zusammen gepfercht, die
Bei einer Tasse Tee werden die Neuigkeiten der Ta-
schweren Köpfe aneinander gelehnt. Schulkinder in
geszeitung ausgetauscht. Der Tag kann beginnt.
Uniform, die Augen verquollen, die Hefte unter den Armen, Matschspritzer auf den weißen Söckchen.
Eva Weingärtler
Menschen. Noch vereinzelt, aber stetig mehr werdend. Das Schnurren und Räuspern von gleichmäßigen Besenstrichen auf dem feuchten Lehmboden. Steyr - Selbstverständliches
Zahnpastaspuren vermischen sich mit Spülwasser, kleine Rinnsale fressen sich ihren Weg entlang zerknautschter Dosen, alten Ledersohlen, Plastiktüten
Wenn ich in fremde Städte komme, gehe ich das Was-
und Essensresten. Hunde, gähnend, sich streckend,
ser suchen. So saß ich in Berlin nahe dem Bundestag
die trockene Nase in die fast frische Morgenluft hal-
und träumte mich auf jedes Rundfahrtsschiff, und in
tend. Hupen, Rufe, Geschnatter - jeder Ton noch als
Paris, so habe ich gelernt, blendet die Sonne entlang
einzelner Fetzen erkennbar, sich langsam aber stetig
der Seine und spiegelt kultiviert in Becken vorm Lou-
zu einem einzigen großen Teppich verwebend. Der
vre. In Wien, wo ich mich vollsauge wie ein Schwamm
26
SO.WHAT.WÖRTLICH!
und es doch nicht aushalten kann, bleibe ich am Do-
Wenn ich nach Hause komme, muss ich nach dem Was-
naukanal sitzen, so braun er auch ist. In Salzburg sind
ser sehen wie nach einem kranken Kind. Ob die Ufer
es die kleinen Kanäle und renaturalisierten Bäche, an
der Enns noch wild sind und ob man noch baden kann
denen ich stehen bleiben, schauen und etwas hinein-
an den Schotterbänken der Steyr. Mit dem Schmelz-
werfen muss. In Verona war ich erst angekommen, als
wasser kommt die braune Flut aus dem Gebirge und
ich die Etsch sah. Ich bin nicht weit gereist.
am Ufer sammeln sich Treibholz und Schlick. Im Sommer liegt die Stadt träge zwischen ihren Flüssen; die
Steyr ist eine Industriestadt. In Steyr hat man Waf-
kältesten füllt man in Freibäder. Die Altbekannten je-
fen gemacht und Hitler hat Häuser bauen lassen. Ein
doch liegen nackt auf den bloßen Steinen am Ufer und
KZ-Außenlager lag unweit meines Elternhauses und
sind unter sich. Sand gibt es, aber nie ohne Äste und
Josef Werndl brachte die elektrische Straßenbeleuch-
Schmutz.
tung. „Steyr“ steht auf den Fassaden in patriarchalem Schriftzug und „Steyr“ steht auf Traktoren. Steyr liegt
In den Gassen stehen Brunnen, ohne Anlass, steinern
am Zusammenfluss der Flüsse Enns und Steyr. Die
mitten da, dass man erstaunt stehen bleibt und denkt,
Enns ist braun. Die Steyr grün. Sie fließen als Enns in
etwas Besonderes sei passiert.
die Donau. Und die Donau fließt ins Meer.
Nachts sind die Flüsse anders, man weiß nicht wie. Aber dort, wo es fast nicht mehr fließt vor dem Wehr,
„Mein Vater war ein Kaufmann“, schreibt Stifter und
so viel grüner als sonst unter Lampen.
hebt damit an zu seinem „Nachsommer“ - „Mein Va-
Hinter den Fassaden sind Innenhöfe und es stehen
ter war ein Kaufmann“. Die Urgroßeltern und ihr Ge-
Häuser hinter den Häusern.
schäft in der Haratzmüllerstraße. Der Urgroßvater und
Wenn es regnet, geht man den Pfarrberg hinunter ne-
die Politik. Der Großvater und die Kraftwerke. Und die
ben einem Rinnsal her und die Durchhäuser zeigen
Großmutter hat noch im Ramingbach schwimmen ge-
Himmelsflecken. Die steinernen Hinterhofbecken füllen
lernt.
sich, aber man kann es nicht sehen. Aus einem rosti-
Der Ramingbach floss über die Brücke und auf der
gen Eisenrohr manövriert sich unaufhörlich ein Schwall
zweispurigen Haratzmüllerstraße fuhr die Feuerwehr
in den Seerosenteich, den ewig beschatteten, um den
mit Booten. Am Stadtplatz: Land unter. Wochenlang
herum man den Boden zu Erde spaziert hat. Zigaret-
hat man Schlamm aus den Häusern geschöpft und im
tenstummel schwappen ans Ufer und Dosen.
Badezimmer brannten Teelichter.
Monolithisch behauptet sich die Wetterstation und
Am Wasserturm, bei Zwischenbrücken - wo man ste-
erzählt von der Luftfeuchtigkeit. „Arbeit ehrt“, tönt es
hen bleibt und zu sich oder Stadtfremden sagt: „So
schwärzlich vom Grünspan; im Frühling, im Sommer, im
hoch stand es 2002.“ Was ist da dem Wehrgraben
Herbst, im Winter, und überall hin verirren sich Möwen.
geschehen, wo das Festland die Ausnahme ist? Die Fenster reichen bis ans Wasser.
Marlen Mairhofer
27
SO.WHAT.WÖRTLICH!
KÖRPERSPENDN Nach langem Überlegn entscheid i mi für des Trauer-
ned. Mi ham in die letzten Monat bei die ganzen Un-
bukett „ Lieblichkeit und Bescheidenheit“, weiße Ro-
tersuchungen so vü Leid nackad gsehn, da ist des jetz
sen, Efeu – sche schlicht und klassisch. Dazu a schwar-
a scho wurscht. Und die nächsten Jahr bin i ja a nu
ze Schleifm, Seide mit Goldprägedruck. Drauf steht „
nackad. De Teile von mia, die s‘ verwendn werdn je-
Ihr werdet mir fehlen“. Des is ned sonderlich kreativ.
denfois.
Owa i hob scho des Oratorium gschriebm und dazu
Sche warm is, des Wassa, mia is so koid in da letztn
olle Briaf, mehr geht afoch nimma. Da Blumenver-
Zeit. Jetzt is soweit, denk i ma.
sand liefert nächste Wochn de schon bezahltn Geste-
I war nie ane, die gsagt hat, Selbstmord, des macht
cke zu meine Eltern direkt in den Garten, a Sach we-
ma ned. Des is schon ok, wenn ma an guadn Grund
niger, um de sa si kümmern miassn. Ois, was i earna
hat, solang ma dadurch kan andern in Gefahr bringt.
abnehma kann, moch i gern.
Drum lieg i a da und schmeiß mi ned vor an Zug.
Auf die Rede bin i stolz, ned z‘ lang, aufn Punkt bracht,
Oda spring von am Häusl. Des san ja sowieso de
kitschig gnug, ohne owa schwülstig z‘ werdn. Mit
Oberegoistn unter die Selbstmörder. Die, die irgend-
schene Anekdoten, von denen i ned mecht, dass‘ va-
wo owihupfn, ohne dass‘ wissen, wer da unten is.
gessn werdn. Und de Briaf, de miassadn wahrschein-
Und dann springan s‘ auf an drauf oda landen vor ana
lich gar ned sei. Vielleicht wirf i de wieda weg. I hob
Volksschulklass auf Wandertag und san dann schuld
ja nu a bissl Zeit um ma des z‘ übalegen. Drei Stund,
daran, dass a Haufen Kinda den Rest vom earnam Le-
hod de Dame von da Universitätsklinik in Innsbruck
ben traumatisiert san. Des würd i nie wollen, drum
gsagt, brauchens nu. Dann kumans und hoin den
de Badwann. Drum des Rasiermesser zwischen meim
Körpa, injiziern irgendwöche Chemikalien, damit a
Shampoo und dem Badesalzbehälta.
hoitbar wird und na de Medizinstudentn verwenden
Vor zwa Wochn hab i mi entschiedn. An dem Tag, an
kinan. Erst moi wird a präpariert. Und donn kann man‘
dem sie gesagt haben, i kann scho a Chemo machen,
bis zu drei Jahr benutzn, bis a kremiert wird. Körpas-
aber i darf mir davon nix erhoffn. De Wahrschein-
pendn macht scho Sinn, denk i ma, Vor oim bei a so
lichkeit, dass i Weihnachten erleb geht gegen Null.
am schen Krebs. Da soin de scho wos davon habm.
Jetzt ist Dezember. Nu bin i fit gnuag, mei Ende so
I geh ins Badezimma und lass ma Wassa ind Wann.
z‘gestalten, dass i damit halbwegs umgeh kann. Des is
Es is unglaublich, wie erledigt i bin, dawei hab i heid
a Lüge. Wer kann damit lebn, dass a seinen dreißigs-
netta gschrieben und telefoniert. Während de Bade-
ten Geburtstag ned erlebt? Wer rechnet wirklich mit
wann si füllt, giaß i meine Blumen und kontrollier nu
Lungenkrebs? Mit 28?
amoi de Wohnung. Zum gfühlten Zwanzigsten Moi.
Seit dem Gespräch mitm Primar hab i des Gfühl, dass
De Haustür ist unvaschlossen, damit de aus Innsbruck
i ka Mensch mehr bin, sondern a Maschin, de nu ir-
si damit ned ärgern miassn. Olle Dokumente und de
gendwie funktioniert. De ned mehr tuad, außa Leid
Rechnungen für de Trauerfeier liegn am Tisch, säuber-
trösten und earna sagen, dass des doch ois ned so
lich gordnet.
schlimm is. Dass sie ned unglücklich sei brauchn, weil
Ois de Badewann voi gnuag is, überleg i, ob i mi
EARNA Leben, des geht ja weiter. I hab ka anziges
wirkli ausziehen soi. Wobei, schämen brauch i mi ja
Moi great, des würds nu schwera machen für olle.
28
SO.WHAT.WÖRTLICH!
Drum hab i beschlossen, dass sie mir ned nu länger zuschauen miassn. Drum hab i mir mei eigene Trauerfeier plant, bis ins klanste Detail, damit sie des ned machn miassen. Und trotzdem hätt i mia gwünscht, dass i afoch moi offn sagen kann, was i eigentlich für Angst hab. Dass i ned sterben will.
Wir hom 52 Koaten und a laare Floschn Schnops
Endlich kuman de Tränen. I denke an meine Hochzeit,
Es Herz am rechten Fleck und a Piratenfahne
de i ned erleben werd und de Kinda, de i niemals ha-
ben werd. Meine klanen Buam, denen i so gern vom
Sink, Salzburg, sink, es regnet scho so long
Hannibal und seine Elefanten erzöhlt hätt und denen
Trinkts, Freinde, trinkts, bis a neicha Tog ofong
aufm Doch
i die Bam zagen woit, auf de i als Kind so gern klettert bin. I denk an mei Mama und mein Papa, die si
Jeder suacht doch oiwei nur en oafochsten Weg
jetzt überlegen miassen, was sie mit meim ganzen
Olle hom es beste Smartphone, owa sunst für nix a Göd
Zeig machn. Du kannst ja ned ois aufhebn. Aber wie
Und de Regierung is scheiße, sie hoit nid wos verspricht
schwierig des is, a Wohnung auszmisten, des hab i ja
Wir lossen uns des neama gfoin und schiaßn uns
beim Tod der Großeltern miterlebt. Wir haben immer
heit weg
so gescherzt, wie sie älter worden sand, dass wir uns ja eh alle im Himmel wiedersehn. Wenn i an den Him-
Wir hom 52 Koaten und a laare Floschn Schnops
mel glauben würd, dann warad des jetz ois leichta.
Es Herz am linken Fleck und a schwoaze Fahne
Lisa Viktoria Niederberger
aufm Doch
Sink, Salzburg, sink, es regnet scho so long Trinkts, Freinde, trinkts, bis a neicha Tog ofong Wir leben für die guaden Tog, wonn olles super rennt Wonn die Nächte ewig dauern und die Sun vom
Sink, Salzburg, Sink!
Himmi brennt
Und a wonn da Himmi grau is, donn rean ma uns nid o I woas nid wie i’s doa soid, weil ma lernts nid in da Schui
Wir wissen nid wo’s hingeht, Hauptsoch wir kemman o
Wie ma durch des Leben geht, ohne Sinn und ohne Zü I fühl mi nutzlos, ois wos i ko
Wir hom 52 Koaten und a laare Floschn Schnops
Is a bissl Gitar spün und singa grod a so
Es Herz am rechten Fleck und a Piratenfahne
aufm Doch
Heit woa a so a Tog, an dem oafoch nix hihaut
Sink, Salzburg, sink, es regnet scho so long
Jede Hoffnung is verlorn und die Stimmung is versaut
Trinkts, Freinde, trinkts, bis a neicha Tog ofong
I steh im Zentrum von am Sturm, mi reißts hin und her Mi wahds an Obgrund owi und wieder aufi aufn Berg
Thomas Mulitzer
29
BÜCHERTISCH
Frost Wie ein Fels in rauer Nacht harre, schlafe, träume ich Und der Himmel, unbewacht wie von Schatten überdacht neigt müde hin zur Erde sich Kein Geflüster und kein Hauch Wie Gerippe stehn die Bäume Roter Tau und weißer Rauch im kalt erstarrten Dornenstrauch Und ich, und ich versäume! Magdalena Ecker: Zwergenschwert | ohneohren | 164 S. | eBook € 7,49
Die Vögel zogen alle fort
Debutroman um Gremlinda, das Goblinmädchen aus
und tragen ihre Lieder
dem Volk der Knocker. Fantasy! Feenwesen, Gestalt-
nun vor an einem andern Ort
wandler und eine Spriggan kommen vor.
Oh, bleibt nur, bleibt für immer dort Und kehret niemals wieder Ich wünsch die Welt zu Eis und Stein auf dass sich nichts mehr rege Kann keine Ruh tief drinnen sein? So heiß und frisch die Herzenspein Ach Blut, fließ sacht und träge! Mein weiches Fleisch soll mir gefrieren zu Marmor oder Bergkristall Ich will die Welt und mich verlieren Erstarrte Augen blindlings stieren in das unberührte, schwarze All
Magdalena Ecker: Diesseits der Sterne | Schlosser | 102 S. | € 11,90
Ach, kein Zauber mag mich führen
Märchenhafte Gefilde und unheimliche Szenerien prä-
und die Wolken hängen schwer
gen auch den Gedichtband, in dem zahlreiche Texte,
Nichts, nein nichts soll mich berühren
die schon in vergangenen Ausgaben des mosaik veröf-
Gemälde hinter tausend Türen
fentlicht wurden, erscheinen. Leseprobe rechts.
Doch ich hauche: „Nimmermehr!“
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KULTURSZENE
Was du sicher nie über die ÖH-Schreibwerkstatt frei:schreiben wissen wolltest Freitagnachmittage sind für A immer besonders schlimm. Weil ihre Eltern zu Besuch kommen. Nicht dass sie persönlich etwas gegen sie hätte. Abstrakt und so. Aber konkret können sie schon etwas nerven. Denn Kaffe trinken kann man auch alleine ganz gut.
Ich durchstreife dunkle Schemen Wo, wo ist mein weißes Licht? Nun endlich frei, nicht mehr zu zähmen
A widmet sich lieber Aktivitäten, die nur in der Gruppe
wirst mich nie mehr mit dir nehmen
richtig viel Spaß machen. Nein, die Rede ist nicht von
Eine Welt aus Glas zerbricht
Sex. Aber wer einmal einen kreativen Prozess mit ein paar Freunden erprobt hat, weiß, dass man sich dabei
Und ich berge dreizehn Scherben
gegenseitig befeuern kann. Genau das ist die Idee hin-
ein bleiches Antlitz spiegelt sich
ter der Schreibwerkstatt frei:schreiben. Wir schreiben
Kann nur leere Schatten erben
gemeinsam, weil wir besser schreiben. Was in diesem
die verblassen, sich verfärben
– und nur in diesem – Fall bedeutet: verrückter.
Und irgendwann vergess ich dich Vorbeikommen darf übrigens jeder. Einer gibt ein TheSchwach, zu schwach um zu erkennen,
ma vor, einer eine Methode. Oder auch nicht. Dann
dass du wie der Sterne Schein
wird zusammengestückelt. Per Hand. Ein Zettel, x Stif-
Die da durch die Zeiten brennen
te. Visuelles, Whiskey, Wortbausteine. Und vor allem
keines Menschen Namen kennen
raus aus dem Internet. Aber dann doch wieder rein,
Niemals warst du wirklich mein
weil man die Texte ja für die Nachwelt konservieren muss. Wie den:
Drum flieh hinfort aus deinem Schmerz in neugeborene, helle Sphären Frei, erlöst, steig himmelwärts
Elfchen #7
Gedenke nie dem Menschenherz,
Fäsbuk
das dich nicht mag entbehren
Teiks leif Nott ouhnli wörtschueli
Mir quillt aus Mund und Augen bald
Itt is dreining mi
ein Nebel, zäh und grau
Logaut
Und es versinkt der Schattenwald gespenstisch still und eisig kalt
frei:schreiben – die ÖH-Schreibwerkstatt
Beseelt vom Wunsch nach Morgentau
jeden Freitag, 15.30 Uhr ÖH frei:raum Kaigasse 17, 5020 Salzburg www.facebook.com/freischreiben
Magdalena Ecker
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HEUTE SCHON WAS VOR?
Die Open Stage für… ja, für was eigentlich? Für alles und jeden? Für die Besten der Besten? Oder einfach: Für dich. Alles ist erlaubt. Nächster Termin: 18.02.
21.01.15 | 20:30 | Mark.Freizeit.Kultur Bühne frei!
23.01.15 | 20:30 | Das Kino Nacht der Programmkinos
Freier Eintritt die ganze Nacht hindurch. Previews neuer Filme, Reviews verpasster Juwelen, dazu Filmklassiker. Warum nicht jede Nacht?
26.01.15 | 19:00 | ARGEkultur textGespräche
Du schreibst literarische Texte und willst dich mit Kollegen darüber austauschen? Workshop mit Christian Lorenz Müller und Stefan Findeisl. Teilnahme kostenlos. Weitere Termine: 23.2., 26.5.
28.01.15 | 19:30 | Literaturhaus Lesentliches
Sprünge in den Wörterpool, Schwimmen in Bewusstseinsströmen, Graben nach Wortschätzen, an schiefe und parallele Gedichte. Die Abschlussklasse des Musischen Gymnasiums.
31.01.15 | 15:30 | frei:raum frei:schreiben
Whiskey und Wortbausteine. Die ÖH-Schreibwerkstatt, jeden Freitag (S. 31).
06.02.15 | 19:30 | ARGEkultur Joseph Fouché
1929 schrieb Stefan Zweig in Salzburg sein „Bildnis eines politischen Menschen“ - unverständlicherweise noch nie aufgeführt, jetzt aber mit Simon Ahlborn. Termine bis 13.02.
bis 15.02.15 | Schauspielhaus Yellow Line
Protest. Alarm. Flucht. Und Kühe. Eine kritische Komödie von Charlotte Roos und Juli Zeh. Regieassistenz von Eva Weingärtler (S. 26).
28.02.15 | 19:30 | ARGEkultur U20 Poetry Slam
„Man muss sich nur trauen“, heißt es immer im Zusammenhang mit Poetry Slams. Gottseidank gibt es mutige Jugendliche in dieser Stadt!
freiTEXT ist eine Reihe literarischer Texte. Freitags gibts freiTEXT auf mosaikzeitschrift.com Du hast auch einen freiTEXT für uns? Sende ihn uns doch an mosaik@studlit.at
Schickt uns eure Texte an mosaik@studlit.at und findet euch wieder als ein Steinchen im mosaik.
Einsendeschluss Ausgabe 14: 08.03.2015