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Raum & Rausch
010 Anselm Kiefer – die bösen Mûtter; 2007–2011 Oil, emulsion, acrylic, shellac, chalk, branches, wood and iron on canvas. 380 x 560 x 100 cm; © Anselm Kiefer; Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Paris-Salzburg Photo credit: Charles Duprat
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Raum & Rausch
010 Anselm Kiefer – die bösen Mûtter; 2007–2011 Oil, emulsion, acrylic, shellac, chalk, branches, wood and iron on canvas. 380 x 560 x 100 cm; © Anselm Kiefer; Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Paris-Salzburg Photo credit: Charles Duprat
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ragil schweben die Holzklappstühle an der über fünf Meter breiten Monumental-Leinwand und werden wie in einem John-Ford-Western von Wüstenbüscheln umspielt. Was durch die räumlich gestaltete Fluchtperspektive im Vordergrund und die grauschwarz-braunen Erdtöne eine düstere Atmosphäre aufbaut, wird durch lebendiges Formenspiel im und das tänzelnde Buschgras zu einer widersprüchlichen Botschaft, zu einem optimistischen Zweifel. Es erzeugt beim Betrachter jene menschliche Unbehaustheit, die sich durch das Werk von Anselm Kiefer zieht. Hier, in seinem Werk „Die bösen Mütter 2007–2011“
kommt die melancholische Aura jedoch mit einer augenzwinkernden Leichtigkeit daher, die sich nicht nur in den schwebenden Stühlen, sondern auch im fröhlich und kraftvoll wirkenden Pastellgrün der transparenten durchsichtigen Gartenstühle ausdrückt. Eine optimistische Patina, die Sehnsucht nach Freiheit, Raum und Rausch weckt. Manchmal kann Kunst und ihre Ausstrahlung es ganz einfach haben, wenn sie großzügig Raum bekommt; wenn der opulente Space dem Werk ermöglicht, seine Energie zu entfalten, eine Ausstrahlung zu gewinnen. Wenn Raum und Rausch sich so kreativ verbünden, dann hat ein Galerist mit seinen Räumlich-
009 Anselm Kiefer Für Rabbi Löw 2010–2012 Oil, emulsion, acrylic, shellac, sediment of an electrolysis, chalk, iron and salt on canvas 380 x 560 x 72 cm; © Anselm Kiefer; Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Paris-Salzburg Photo credit: Charles Duprat
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David HOCKNEY „The Arrival of Spring in Woldgate, East Yorkshire in 2011 (Twenty Eleven) – 2 January 2011!“(1 Zeichnung aus einem 52 -teiligen Werk); IPad - Zeichnung auf Papier; 144,14 x 107,95 cm © David Hockney
keiten ein Kunstwunder vollbracht: Die Kunst kann atmen. Der Schöpfer dieser einzigartigen KieferPräsentation ist der Galerist Thaddaeus Ropac, der mit dem Werkblock „Die Ungeborenen“ von Anselm Kiefer soeben seine neuen Galerieräume im Pariser Stadtteil Pantin eingeweiht hat. Auf über 5 000 Quadratmetern Gesamtfläche und über 2 500 Quadratmetern Ausstelllungsfläche hat es der Magier aus Salzburg geschafft, im kunstbessenen Paris einen Paukenschlag zu landen. Was war seine Idee für die neuen Räumlichkeiten, seiner inzwischen dritten Galerie nach Salzburg und seiner smarten Galerie im Pariser Stadtviertel Marais? „Wir haben diese neuen Räume geschaffen, damit die Künstler die Möglichkeit haben, ihre Visionen ohne jegliche räumliche Einschränkung ausleben zu können.“ Und wie! Denn nicht nur Kiefers „Böse Mütter“ laden die großzügige Leere in den Galerieräumen von Pantin mit anregender Spannung auf, sondern der Werkzyklus „Die Ungeborenen“ kann mit sich selbst kommunizieren. Etwa die sibyllinische, ebenfalls ausladende Waage-Installation „Für Rabbi Löw“, das im 90-Gradwinkel zu den „Bösen Müttern“ hängt und mit seiner meditativen Atmosphäre von Balance für heitere Entspannung sorgt. Kommunizierende Kunströhren dank Thaddaeus Ropac. Auf dem Rückweg von Paris kann man sich als Kontrapunkt zu Raum und
Anselm Kiefer – die ungeborenen / Joseph Beuys – Iphigenie Galerie Thaddaeus Ropac / Paris-Pantin 14.10.2012 – 27.01.2013 Galerie Thaddaeus Ropac, 69 Avenue du Général Leclerc; 93500 Pantin T. +33 (0)5 58 90 110 Di.–Sa., 10–19 Uhr www.ropacpantin.com 96 go sixt Herbstausstellungen
Rausch in der Galerie Thaddaeus Ropac in Pantin der knalligen Kraft und spielerischen Leichtigkeit der iPad-Kunst der lebenden Kalifornien-Legende David Hockney im Museum Ludwig in Köln hingeben. Was für ein Kontrast, was für eine künstlerische Parallelwelt. Dort der Anselm-Kiefer-Kosmos von Leben und
Im Farbenrausch – Munch, Matisse und die Expressionisten Museum Folkwang / Essen 29.09.2012 – 13.01.2013 Museum Folkwang Museumsplatz 1 45128 Essen T. +49 (0)2018845 444/000 info@museum-folkwang. essen.de
Tod, Nähe und Distanz, und hier das immer naiver anmutende und trotzdem so viel Kraft und Gestaltungswillen ausstrahlende Oeuvre von Hockney, das in der Tradition seiner kalifornischen Poolbilder folgerichtig „A Bigger Picture“ heißt, als Fortschreibung der früheren „Bigger Splash“-Serie aus den 60er Jah-
www.folkwang-im-farbenrausch.de David Hockney – A bigger picture Museum Ludwig / Köln 27.10.2012 – 03.02.2012 Museum Ludwig Heinrich-Böll-Platz 50667 Köln T. +49 (0)221 221 261 65 Di.–So., 10–18 Uhr
info@museum-ludwig.de lwww.museum-ludwig.de
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farbe & konzept ren. Wo Hockney virtuos das Kunstleben in eine einzige fließende Bewegung bringt, in der die violetten Töne, etwa im Bild „The Arrival of Spring in Woldgate“, den Spaß am Sein festhalten. So wie David Hockney seine künstlerische Handschrift von plakativer Farbe und kalifornischem Leger-livingKonzept im wieder neu variiert, so verzaubern etwa Edvard Munch oder ein Georges Braque in der Essener Expressionistenschau „Im Farbenrausch – Munch, Matisse und die Expressionisten“ mit ihrer jeweils stillen Präsenz von kraftvollem Strich und präziser Persönlichkeit, der Ausstrahlung ihrer farbigen Blitzlichtaufnahmen von Seelenzuständen. Die Eleganz und Souveränität, mit der etwa Munch Porträts wie von Harry Graf Kessler von 1906 auf die Leinwand gebannt hat, zeigt: Größe und Personality. gerda harda brandt
Georges BRAQUE Le port de l‘Estaque, 1906; Der Hafen wvon L‘Estaque; Stiftung Sammlung E. G. Bührle, Zürich; © VG Bild-Kunst, Bonn 2011; © Foto: SIK Zürich (J. P. Kuhn)
edvard MUNCH Harry Graf Kessler, 1906 Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie © bpk/Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie; © Foto: Jörg P. Anders
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