GO DESIGN
Wie man wohnt, so fühlt man sich. Das Sein bestimmt das Design. Wohnlandschaften drängen im Sommer 2009 vom Salon auf die Terrasse. Mein Zuhause bin ich.
indoor out
Raumschiff Surprise: „Canasta“ von Patricia Urquiola, B&B Italia.
»Wohnen ist eine gute Dosis Anti-Depressiva.« Heidi Mayrhofer (36), Chefredakteurin der Zeitschrift H.O.M.E.
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Fotos: www.walterknoll.de; Fabrice GOUSSET, COURTESY GALERIE KREO; www.minotti.it; www.bebitalia.com; © Garden & Outdoor Design, published by teNeues, www.teneues.com, Photo © Maria O‘Hara
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ir erleben ein neues Biedermeier, den Rückzug ins eigene Heim.“ Als spießigen Schmollwinkel gegen die Krise da draußen will Heidi Mayrhofer, Chefredakteurin des Design- und Einrichtungsmagazins „H.O.M.E.“, das aber nicht verstanden wissen. Im Gegenteil. „Es sind die Möbeldesigner besonders erfolgreich, die Dinge entwerfen, die zu uns passen und nicht umgekehrt.“ Die elitäre Arroganz früherer Tage habe keine Konjunktur mehr. Im Zeitalter der Mobilität und unsicherer Zukunftsaussichten wird die eigene Wohnung immer mehr zum Wohlfühlmittelpunkt der Seele. „Das Sein bestimmt das Design“, lacht die 36-Jährige ihr offenes erfrischendes Lachen, „Wohnen ist eine gute Dosis Anti-Depressiva.“ Tja, wie man wohnt, so fühlt man sich eben. Aber eine toll gestylte Couch mache doch noch keinen Nachtigallsommer, oder? „Natürlich nicht, aber wenn man mit guten Emotionen lebt, kommt das Leben positiv auf einen zu.“ Und der Blick der Einrichtungspsychologin duldet keinen Widerspruch. Für Mayrhofer gibt es zwei wesentliche Trends beim Einrichten. Entweder stehe
Vom Interieur zum Ich: „Meine Möbel sind ein Statement für die eigene Persönlichkeit.“ „Matisse“-Sitzgruppe von Rodolfo Dordoni für Minotti; „Karbon“-Liege von Konstantin Grcic für Galerie Kreo; „Ameo“-Loungesessel von Designteam EOOS für Walter Knoll (v. o. n. u.).
Livingroom Garten: Stilsichere Bibel zum Cocooning für Jedermann. „Garden & Outdoor Design“; teNeuesVerlag; ISBN 978-3-8327-9307-4; Flexicover, 15x19 cm, 224 Seiten; Texte u. a. in Deutsch, Engl.; 19,90 Euro
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Allzweckwaffe gegen miese Stimmung. Farbe macht fröhlich!“ Entwaffnend lächelt die Zeitschriftenmacherin, die Kunstgeschichte, Architektur und Design in Wien studiert hat. Bestätigt sieht sich Mayrhofer auch durch die Entwicklung im Outdoorbereich. Stil, Individualität und moderne Gemütlichkeit hätten die Regie übernommen. man verlängere quasi das Wohnzimmer in die frische Luft. Wohnlandschaften wie überdimensionale Ecksofas von B&B Italia oder Loungegruppen von Dedon schafften auf der Terrasse eine Atmosphäre wie im Livingroom. Mehr noch. „Die Outdoor-Möbel werden immer exzentrischer, bekommen heute sogar Skulptur-Charakter.“ So kommt etwa das spacige Lounge-Oval „Canasta“ der Designerin Patricia Urquiola für B&B Italia wie eine Art Raumschiff Surprise daher. Und im Unterschied zu immer schon exaltierten Design-Einzelstücken von Möbeldesignern erfüllt „Canasta“ einen wesentlichen Zeitgeistaspekt: Man kann sich darin fletzen, einwickeln, zurückziehen. Eine Discokugel im Cocooning-Zeitalter. Erfolgreiche Designer bestärken Kunden darin, dass „Möbel ein Statement für die eigene Persönlichkeit“ sind. Etwa die „Karbon“-
„Outdoor-Möbel werden immer exzentrischer, bekommen heute Skulptur-Charakter.“ einfach „der Mensch im Mittelpunkt“. Dann trete die Farbe zurück, und erdige Töne wie Braun, Grau, Beige, oder auch Schwarz bestimmen die Atmosphäre des Interieurs. Oder die Farbe stehe im Mittelpunkt und präge den Raum. Der „Focus des eigenen Stils“ drücke sich durch Buntheit aus. Beide Trends folgen demselben Motto: Mein Zuhause bin ich. Allerdings hinterlässt die globale Krise doch ihre ästhetischen Spuren. So gäbe nicht wie sonst eine so genannte Farbe der Saison. „Eins kann man sagen: Es wird bunt. Das braucht offenbar unsere Seele in diesen Krisenzeiten. Farbe ist eine
Liege des angesagten Öko-Designers Konstantin Grcic, die er für die Galerie Kreo entworfen hat; oder die Retro-Loungesessel „Ameo“ des Designteams EOOS für den Einrichter Walter Knoll sowie die Edellümmellandschaften „Matisse“ von Rodolfo Dordoni für Minotti. Mayrhofer: „Möbel sind immer öfter auch Regierungserklärungen über den ei- genen Charakter wie iPod, Bauhaus-Möbel oder Dolce&Gabbana-Klamotten.“ Wichtig: Nicht die Marke allein macht den guten Ton, sondern nur wenn sie die Persönlichkeit stärkt, ist der Weg vom Interieur zum Ich wolfgang timpe gelungen. interieur go sixt 69