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Leucht körper Giacometti in Wolfsburg, Runge und Richter in Hamburg: Scharfe Schönheit trifft unscharfe Kunst.
N
ur vorschnelle Vereinfacher halten Grau für ein schwächelndes Schwarz. Grau ist Farbe! So wie unscharfe Fotogemälde keine handwerklichen Ausrutscher sind: Wo Ränder unscharf sind, entstehen Grauzonen, und in Grauzonen entdeckt man Licht, sieht Dinge, die sonst durch Farbe oder Plakatives verdeckt werden. Unschärfe schafft Kunsträume und gibt neue Blicke auf Bekanntes frei. Das Sosein von Lebenssituationen oder Dingen bekommt eine besonders vielschichtige überraschende Lebendigkeit. Eine „Flämischer Krone“ von 1965. Von der Decke hängt ein klassischer Kronleuchter eines Salons vor verschwommenen, bleu-farbenem Hintergund. Die weich gemalten Ränder des Leuchters wie auch der Kerzen verleihen dem Signet großbürgerlicher Lebensart eine bewegende Unschärfe, eine Aura aus matt blauem Zwielicht und fröhlicher Beschwingtheit. Es scheint so, als ob
alberto giacometti Homme qui chavire/Taumelnder Mann, 1950; Bronze; 60 x 22 x 36 cm; Avignon, Musée Calvet (Depot Musée d‘Orsay); Schenkung Philippe Meyer, 2000 (Inv. Nr.: RF 4655); Foto : © bpk/RMN/Aix-en-Provence, Musée Granet/Michèle Bellot © ADAGP / Succession Giacometti / VG Bild-Kunst, Bonn 2010