2010-1-134-ROMAN IDENTITIES

Page 1

L. Revell: Roman Imperialism and Local Identities Revell, Louise: Roman Imperialism and Local Identities. Cambridge: Cambridge University Press 2008. ISBN: 978-0-521-88730-4; XIII, 221 S. Rezensiert von: Michael Sommer, School of Archaeology, Classics and Egyptology, University of Liverpool Studien zum Römischwerden haben Konjunktur. Einschlägige Werke zum römischen Gallien1 , Britannien2 , Spanien3 , Griechenland4 , Nordafrika5 , Klein-6 und Vorderasien7 sowie zum Problemkomplex Romanisierung und Akkulturation der römischen Peripherie allgemein8 füllen mittlerweile in altertumswissenschaftlichen Bibliotheken etliche Regalmeter und haben unser Bild von den römischen Provinzen in den letzten zwanzig Jahren gründlich verändert. Bei allen Fragen, die noch immer offen sind und heiß diskutiert werden: Dank intensiver archäologischer und historischer Forschung wissen wir jetzt viel mehr über kulturelle Dispositionen an den 1 Greg

Woolf, Becoming Roman. The origins of provincial civilization in Gaul, Cambridge 1998; Helga Botermann, Wie aus Galliern Römer wurden, Stuttgart 2005. 2 Martin Millett, The Romanization of Britain, Cambridge 1990. 3 So die wichtige Arbeit von Sabine Panzram, Stadtbild und Elite. Tarraco, Corduba und Augusta Emerita zwischen Republik und Spätantike, Stuttgart 2002, die Revell nicht zur Kenntnis nimmt. 4 Susan E. Alcock, Graecia capta. The landscapes of Roman Greece, Cambridge 1993. 5 David J. Mattingly, Tripolitania, London 1995. 6 Stephen Mitchell, The Celts in Anatolia and the impact of Roman rule, Oxford 1993; Eckhard Stephan, Honoratioren, Griechen, Polisbürger. Kollektive Identitäten innerhalb der Oberschicht des kaiserzeitlichen Kleinasien, Göttingen 2002. 7 Fergus Millar, The Roman Near East. 31 BC – AD 337, Cambridge, Mass. 1993; Warwick Ball, Rome in the East, London 2000; Kevin Butcher, Roman Syria and the Near East, London 2003; Michael Sommer, Roms orientalische Steppengrenze, Stuttgart 2005; Michael Blömer u.a. (Hrsg.), Lokale Identität im Römischen Nahen Osten. Kontexte und Perspektiven, Stuttgart 2009. 8 Pars pro toto nur François Jacques / John Scheid (Hrsg.), Les structures de l’Empire romain, Paris 1990; Ramsey MacMullen, Romanization in the time of Augustus, New Haven 2000; Andreas Schmidt-Colinet (Hrsg.), Lokale Identitäten in Randgebieten des römischen Reiches, Wien 2004; Richard Hingley, Globalizing Roman culture. Unity, diversity and empire, London 2005; Günther Schörner (Hrsg.), Romanisierung – Romanisation. Theoretische Modelle und praktische Fallbeispiele, Oxford 2005. Nicht alle dieser Arbeiten wurden von Revell rezipiert.

2010-1-134

Rändern der römischen Welt als die letzte Generation von Altertumswissenschaftlern. Paradoxerweise, so ließe sich hinzufügen, wissen wir auch mehr über die diversen Peripherien als über das Imperium als solches, denn während das Römischwerden mit wachsenden Materialbergen und schärfer werdenden Fragestellungen immer klarere Konturen annahm, verschwamm das Römischsein zunehmend im Ungefähren. Je stärker die Forschung ein Problembewusstsein für die Komplexität kultureller Identitäten entwickelte, desto vielschichtiger wurde auch der Begriff des Römischen. Ist es für die Republik mit ihrem ausgeprägten Gefälle zwischen Zentrum und Peripherie schon schwer, aber immerhin noch möglich zu definieren, was das „Römische“ eigentlich ausmacht, so werden „römische Kultur“ und „römische Identität“ nach Überschreiten der „augusteischen Schwelle“ (Michael Doyle) und mit fortschreitender Nivellierung zwischen Rom, Italien und den Provinzen zu immer diffuseren Größen. Ein Buch über das Römischsein gehört deshalb schon seit geraumer Zeit zu den großen Desideraten der römischen Geschichte. Dass es, wie die Verfasserin der hier zu besprechenden Arbeit korrekt anmerkt (S. IX), noch nicht geschrieben worden ist, dürfte eine Reihe von Gründen haben. Vor allem ist ein solches Werk ungeheuer voraussetzungsreich. Wer als Einzelautor einen monographischen Anlauf unternimmt, hat nicht nur eine Vielzahl von Quellengattungen souverän zu überblicken, er muss auch ein intimer Kenner des ganzen Imperiums sein, seines Zentrums und der Gesamtheit der Peripherien. An diesen Hürden ist bereits der Versuch von Richard Hingley gescheitert, römische Kultur zu „globalisieren“, wenngleich auf recht hohem Niveau. Bereits der Titel von Revells Buch lässt aufhorchen: „Roman imperialism“ ist in der angelsächsischen Forschung weithin zur Chiffre für einen römischen Sonderweg geworden, der Rom einen spezifischen Expansionismus und ein spezifisches Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie unterstellt. Der Begriff suggeriert zugleich strukturelle Vergleichbarkeit mit den imperialen Strukturen, die der europäische Kolonialismus im 19. und 20. Jahrhundert schuf. Um eine Definition des

© H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.