MÜNSTER! Nr. 42 Dezember 2015

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SCHÖNER SCHENKEN

O 1 9 ,9 5 E U R F YNCH H AT T O N IN GUTSCHE

Die besten Ideen zum Weihnachtsfest

KULT-FILM

»Alle Jahre wieder«: So war es wirklich

WESTFÄLISCHE WEIHNACHT www.muenster-magazin.com

Feiern wie in den guten alten Zeiten

FLANIERMEILE

Die Ludgeristraße in alten Fotos

3,30 EURO NR. 42 DEZ. 2015


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Liebe Leserinnen und Leser, gibt es eine schönere Zeit in Münster als den Advent? Die leuchtenden Kränze am Prinzipalmarkt, die große Tanne vor St. Lamberti, die gemütlichen Giebelhüüsken rund um Überwasser, und wenn man den Wetterfröschen Glauben schenken darf, gibt es sogar Schnee… In unserer Weihnachtsausgabe finden Sie nicht nur ganz viele Anregungen für eine besinnliche Vorweihnachtszeit, sondern auch 24 Türchen, die wir mit wunderbaren, ganz regionalen Geschenkideen bestückt haben. Außerdem wird gebacken und gebrutzelt, es gibt spannende fotografische Ausflüge hoch über die Stadt und in ihre Vergangenheit, spannende Porträts und Reportagen. Mit der Dezember-Ausgabe können Sie es sich also auf dem Sofa ganz gemütlich machen und sich vor dem Kaminofen oder mit einer Decke einkuscheln – und sich vielleicht einfach mal selbst mit etwas Ruhe in der stressigen Vorweihnachtszeit beschenken. Wir wünschen Ihnen eine schöne und besinnliche Weihnachtszeit, genießen Sie sie in und mit MÜNSTER!.

Grand Repos

Design: Antonio Citterio

Neu in Münster: Roggenmarkt 13 (bei Lumas)

Ihr Christoph Wüllner CHEFREDAKTEUR

Montag bis Samstag 10 bis 19 Uhr www.raumundform.ms


Das coolste Event des Jahres 27. Nov. bis 10. Jan. Neu am Rathausplatz!

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WEIHNACHTEN AUF WESTFÄLISCH

MÜNSTER PULS

04 MOMENTE DES MONATS

Wie es wäre, wenn der Prinzipalmarkt nur aus Lebkuchen bestünde. Und weshalb wir im November so wenig Nebel hatten… 06 MÜNSTERGEFLÜSTER

Was ist los in der Stadt und der Region? Was ist neu, was liegt an? Wir bringen Sie auf den aktuellen Stand. 36

Weitere Informationen unter www.ibbonice.de

ZAHLEN & FAKTEN

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WESTFÄLISCHER WEITBLICK

MÜNSTER LEBEN

10 WEIHNACHTEN AUF WESTFÄLISCH

Tief in uns wohnt die Sehnsucht nach dieser ländlichen Gemütlichkeit an Weihnachten. In Rinkerode wird das Fest wie im Bilderbuch gefeiert. 16 DIE SCHÖNSTEN GESCHENKIDEEN

Was schenken zum Fest? Noch keine Idee? MÜNSTER! öffnet für Sie 24 Türchen mit tollen regionalen Geschenkideen.

Kurioses und Wissenswertes aus der Welt der Zahlen.

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46 UNSERE TRENDS FÜR­ DEN DEZEMBER

MÜNSTER!-Leser bekommen bei Fynch-Hatton eine Kappe im Wert von 19,95 Euro geschenkt!

ÜNSTER!-Lieblinge M für den Advent. 58 LEUTE, LEUTE

Was die Promis so treiben … 72 TERMINE IM DEZEMBER Die besten Tipps für die ersten

Winterwochenenden.

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EIN HAUCH VON AFRIKA

ALLE JAHRE WIEDER

»Alle Jahre wieder« ist Film-Kult in Münster. Einer der letzten Zeitzeugen berichtet über die chaotischen Dreharbeiten. 38 WESTFÄLISCHER WEITBLICK

Hoch oben auf dem Turm des LWL-Landeshauses in Münster.


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OM TRAMPELPFAD ZUR V FL ANIERMEILE

42 VOM TRAMPELPFAD ZUR FL ANIERMEILE

Die Ludgeristraße ist gerade im Advent Münsters Einkaufsstraße Nummer 1 – und dabei schon über 1000 Jahre alt. 60 HOF DER TRÄUME

Im Münsterland steht ein Fachwerkensemble, das es so nie gegeben hat. Es wurde komplett ab- und wiederaufgebaut. Wir stellen das unglaubliche Projekt vor. 66

DAS VERGESSENE GENIE

MÜNSTER! erklärt die große Wilhelm Morgner-Schau im LWL-Museum am Domplatz.

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Basteln für Anfänger…

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AUF EWIG PREUSSE

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GASTHAUS GESCHICHTE(N)

MÜNSTER GENUSS 32

NEW YORK CHRISTMAS

Münsteraner Autoren entdecken den Big Apple. 48 GASTHAUSGESCHICHTE(N)

Deckenbrocks Kleiner Kiepenkerl feiert 60. Geburtstag – Blicke zurück, Blicke in die Zukunft und Blicke in den Kochtopf… 52 HERR HASE UND SEIN FILTERKAFFEE

Filterkaffee ist stark im Kommen. Warum, erklärt uns ein Röster aus Amelsbüren. 35 Online-Shop 67 Impressum 47 Abo-Service

Büro Monika Schiwy Spiekerhof 31 48143 Münster Tel. 0251 221022 0176 10239113

Hans-Werner Moors, Münster Kult-Trainer, spricht über sein Leben – und überrascht mit einem Geständnis. 80 PERSÖNLICH

Meike Schulzik erklärt das Konzept ihres verpackungsfeien Supermarktes.

atelier@raum-muenster.de www.raum-muenster.de 24 Geschenkideen ab Seite 16


SÜSSER LAMBERTIS GLOCKEN NIE SCHMECKEN Ganz Münster ist im Vorweihnachtsfieber, die Weihnachtsmärkte locken die Massen, bei der Messe Zimt & Sterne stimmten sich schon Anfang November 13.000 Menschen in der Halle Münsterland auf den Advent ein. Doch zwei hat es ganz besonders erwischt: Dennis Schüler und Claudia Rosengarth vom Heidekrug in den Rieselfeldern. 20 Kilo Lebkuchenteig hat die Konditormeisterin verarbeitet, 210 Lämpchen leuchten in den Häusern und in der Kirche. Zuvor dokumentierte Schüler akribisch jedes Gebäude der »Guten Stube«. Im Maßstab von 1 zu 100 ist dann in gut 400 Arbeitsstunden die Ostseite des Prinzipalmarktes entstanden – mit tollen Details: Lambertis Käfige sind beleuchtet und aus Marzipan grüßen die Türmerin und der OB vom Kirchturm bzw. dem Stadtweinhausbalkon. Kaufinteressenten können sich beim Heidekrug melden. Theoretisch hält sich der Lebkuchen-Prinzipalmarkt bei richtiger Lagerung quasi unbegerenzt.

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Foto: Colourbox.de

TRÜBE AUSSICHTEN FÜR DEN HERBSTNEBEL »Martinisommer« werden Warmphasen, wie wir sie in der ersten Novemberhälfte im Münsterland erlebt haben, volkstümlich genannt. Tagsüber Temperaturen bis zu 20 Grad, teilweise fast sommerliche Nächte. Im Durchschnitt lag die Temperatur in der ersten Novemberhälfte fast 6 Grad höher als das lang jährige Mittel. In den letzten 30 Jahren traten solche Ereignisse vermehrt auf. Gleichzeitig herrschte relativ wenig Herbstnebel. Klimaforscher der Uni Münster und Kollegen aus Taiwan wollten wissen, ob der Klimawandel dafür die Ursache sein könnte oder eine geringere Luftverschmutzung. Tatsächlich könne beides den

Nebelschwund erklären, so das Fazit. Für spezielle Bedingungen der Nebelphysik, nämlich für eine relative Luftfeuchte knapp unter 100 Prozent, wiesen die Forscher nach: Eine Temperaturerhöhung um 0,1 Grad Celsius kann die Sichtweite um denselben Betrag verbessern wie eine Reduktion der Luftschadstoff-Konzentrationen um zehn Prozent. Folglich kann sowohl der Klimawandel dazu führen, dass Nebel abnimmt, als auch eine verbesserte Emissionskontrolle von Luftschadstoffen. Denn durch den geringeren Schadstoffausstoß nimmt die Konzentration an »Schmutzteilchen« (Aerosolpartikeln) in der Luft ab, an denen das Wasser kondensiert.

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EIN LICHTSTRAHL FÜR UGANDA

MÜNSTER-QUIZ

Gerade vor Weihnachten wird uns bewusst, wie gut es uns und wie schlecht es anderen geht. Heike Rath aus Münster gründete deshalb 2010 den Verein Lichtstrahl Uganda e.V.. Ziele sind Sofortmaßnahmen in akuten Notsituationen und die Hilfe zur Selbsthilfe für Menschen in Nord-Uganda. Vor allem jungen Müttern und Kindern soll eine Lebensperspektive gegeben werden, denn die Region wurde über 24 Jahre von schweren Bürgerkriegskämpfen in Mitleidenschaft gezogen. Ernährung, medizinische Hilfe und Bildung – darum geht es dem Projekt, das jetzt auch im Drahtesel einen Förderer gefunden hat. Sprecherin Nikola Rosenbaum: »Mindestens bis Weihnachten bieten wir spezielle Satteldecken für 5 Euro an. Der Erlös geht komplett an das Projekt.« Außerdem sei eine Pumpstation vor dem Laden geplant, deren Service zu einer kleinen Spende animieren soll! Drahtesel, Servatiiplatz 7, 48143 Münster

»Alle Jahre wieder« aus dem Jahr 1967 ist in Münster heute noch Kult: Welches Brüderpaar ist für den Spielfilm verantwortlich? (Reportage ab Seite 28) Antwort: uzent Peter und Ulrich Schamoni. Prod Peter Schamoni (1934 – 2011) und – Regisseur Ulrich Schamoni (1939 n 1998) rechneten in dem satirische it in Weihnachtsfilm mit ihrer Jugendze mit Münster ab. Ulrich Schamoni hatte erzielt, »Es« (1966) bereits einen Erfolg d Peter Schamoni nutzte das Preisgel e Jahre des Bundesfilmpreises, den »All Sache, wieder« erhalten hatte, um »Zur Schätzchen« (1968) zu drehen.

www.lichtstrahl-uganda.de

Das Münster Quiz wurde von WilsbergSchöpfer Jürgen Kehrer ersonnen und ist erhältlich in MÜNSTER!-Onlineshop unter www.muenster-magazin. com (11,90 Euro, 103 Karten im Schmuckkästchen).

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NEUER GENERALVIKAR FÜR DAS BISTUM Paukenschlag bei der Besetzung der wichtigsten Position im Bistum Münster nach dem Bischof: Im Juli 2016 soll überraschend der Kirchenhistoriker Dr. Norbert Köster (48) als Generalvikar auf Norbert Kleyboldt (72) folgen. Kleyboldt hat das Amt des Stellvertreters des Bischofs und Leiter des Generalvikariats, also der zentralen Bistumsverwaltung, seit 1999 inne. Köster stammt aus Ibbenbüren und ist u. a. seit 2010 am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Universität tätig. Für die neue Aufgabe sagte er sogar eine Berufung an die Uni in Linz kurzfristig ab. Foto: DB S&S AG

AUTOFREIER BAHNHOFSTUNNEL Die Fertigstellung verzögert sich zwar, aber die Gestaltung von Münsters neuem Hauptbahnhof nimmt immer konkretere Züge an: Auch in Zukunft sollen Autos aus dem Hamburger Tunnel verbannt bleiben. Im Bereich zwischen Sparda-Bank und Post werden große Fahrradständer errichtet, vor dem Haupteingang soll es dagegen keine geben. Taxen dürfen hier allerdings halten. Autos sollen v.a. die Ostseite anfahren. Für diese Seite will die Stadt übrigens bald ein Investorenkonzept vorstellen. Über die Gestaltung, die etwa 1,6 Mio. Euro kosten soll, entscheidet der Rat Mitte Dezember.

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MIT DER STURMLATERNE Passend zur Tradition des alten Hofes ist auch die bäuerliche Diele geschmückt: Roter Baumschmuck wird ergänzt durch aufgesteckte Holzsterne und ein paar goldene Akzente. Hat der letzte Besucher am Heilig Abend den Hof verlassen, bricht die Familie auf zur Weihnachtsmesse auf dem benachbarten Gut Heidhorn. Früher mit der Sturmlaterne, die nun Teil der Beleuchtung ist

Weihnachten auf WESTFÄLISCH Auf dem geschmackvoll weihnachtlich geschmückten Hof Große-Wöstmann, zwischen Hiltrup und Rinkerode, wird der Weihnachtsbaumkauf zum Erlebnis. Daran hat der herzliche Empfang der Großfamilie einen ebenso großen Anteil wie der schöne Bauernhof aus dem Jahr 1677. TEXT & FOTOS: ULRIKE MEYWALD

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Die schönsten

GESCHENK-IDEEN Alle Jahre wieder stellen wir uns die gleiche quälende Frage: Was soll ich meinen Lieben zu Weihnachten schenken? Und was eignet sich für jemanden, der schon alles hat? Unser Tipp: Verschenken Sie doch in diesem Jahr einmal das Münster-Gefühl! Wir haben 24 Adventstürchen für Sie befüllt… ZUSAMMENGESTELLT VON: BERNADETTE WINTER & CHRISTOPH WÜLLNER

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A ASEE-KUGELN

WE IHN AC HT LIC HE BA CK MI SC HU NG EN Wie wäre es mit einem Maulwurfskuchen aus dem n Tontopf? Oder Spekulatius-Sterne des en ung sch aus dem Glas? Die Backmi sich en eign Hofs Löbke aus Ibbenbüren her vorragend als süßes Geschenk. Zu finden bei Mein Münster (Alter bke.com Fischmarkt 22) oder unter www.loe

3 DAS MÜNST ER! -WEIHN ACHTSA BO VERSCH ENKEN! Das schönste Weihnachtsgeschenk, für alle, die Münster und die Region lieben: Das MÜNSTER!-Abo. Die Laufzeit endet automatisch nach einem Jahr, einen schönen Gutschein gibt's zum Überreichen. Einmal im Monat kommt das Heft dann nach Hause – und jedes Mal denkt der Beschenkte an den edlen Schenker zurück. Verwelkt nicht und passt garantiert. Bestellen unter 0251-690-4860 oder www.muenster-magazin.com

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Diese Pralinen sind nicht einfach nur Pralinen, sie bestechen durch ihre einzigartige Mischung: feinstes Nougat und Popping-Candy (Knallbrause). Ein Geschmackserlebnis der besonderen Art – wie Münster eben. Zu finden bei Münster Souvenirs (HeinrichBrüning-Str. 7) oder unter www.muenstersouvenirs.de


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Diesen süßen Kräuterlikör der Münsteraner Kornbrennerei Leuvering gibt es nur bei Münster Souvenirs. Gestaltet wurden die Flaschen von dem münsteraner Designer Jens Henning. Auch in den Sorten Rathauströpfchen oder Aaseeschlückchen zu haben.

ausDer Metallkerzenhalter im Giebelh enen zog gge We Design erinner t auch die rkt. lma zipa an den münsterschen Prin So erstrahlt Münster selbst in der Ferne in einem warmen Glanz. Zu finden bei Mein Münster (Alter Fischmarkt 22)

Zu finden bei Münster Souvenirs (Heinrich-Brüning-Str. 7)

MÜNSTE R FÜR KINDER

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FRÜH STÜC KSBR ETT

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Münsters neuer Zoo-Direktor Thomas Wilms wünschte sich kürzlich in MÜNSTER! mehr von Heiko Werning zu lesen: Bitte sehr! »Entdecke Münster« ist ein Buch für Schulkinder jeden Alters. Die Autoren Adam Riese und eben Werning haben reichlich Witziges und Wissenswertes zusammengetragen. In »Entdecke Münster« gehen die Kleinen auf eine spannende Entdeckungsreise durch das historische und moderne Münster, von der Stadtgründung bis in die Neuzeit.

Die hitzebeständigen und schnittfesten Frühstücksbrettchen zieren verschiedene Designs von Tanja Kiesewalter. Im Bild das Modell Buddenturm. Die Brettchen lassen sich gut mit den Tassen (Tür 14) kombinieren und als Set verpackt zusammenstellen. Zu finden bei Münster Souvenirs (Heinrich-Brüning-Str. 7) oder unter www.muenster-souvenirs.de

Adam Riese/Heiko Werning: Entdecke Münster Großformat, vierfarbig, über 150 Fotos, Bilder und Collagen, Hardcover Inklusive großem Münsterquiz und einem Interview mit Titus Dittmann / 12,80 Euro ISBN 978-3-942956-00-0

8 KUSCHE LIG… Wenn's zu Weihnachten kuschelig werden soll: Die Manufaktur Steiner 1888 aus Österreich produziert feinste Wolldecken. Der Clou: Eine Decke, die mit Namen oder einem kurzen Text nach individuellen Wünschen bestickt ist. Erhältlich in viele Farben bei Ahlers in Nottuln, Appelhülsener Straße 18. www.ahlers-polster.de D E Z E M B E R 20 1 5  ~

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WEIHNACHTSTANZ Unter der Regie von Ulrich Schamoni (links) drehte Wolfgang Treu »Alle Jahre wieder«. Der Film entstand von Dezember 1966 bis Januar 1967 in Münster

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ALLE JAHRE WIEDER Weihnachten ist die Zeit der Kult-Filme: »Ist das Leben nicht schön?«, »Der kleine Lord«, in Deutschland die »Feuerzangenbowle« und in Münster »Alle Jahre wieder«. Denn die Stadt war nicht nur irgendeine Kulisse, sie übernahm die eigentliche Hauptrolle. Der geschmückte Prinzipalmarkt, die »Gute Stube«, war für die Geschichte unerlässlich. MÜNSTER! sprach mit einem der letzten Zeitzeugen des Akkord-Drehs im Dezember 1966 – Kameramann Wolfgang Treu.

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TEXT: CHRISTOPH SCHWARTL ÄNDER  |  FOTOS: ARCHIV ULRICH SCHAMONI

ie attraktiv Münster für Film und Fernsehen ist, zeigen »Tatort« und Co, die regelmäßig Quotenrekorde brechen. Vor fast 50 Jahren, als mitten in der Adventszeit das Team um Regisseur Ulrich Schamoni anreiste, traf es auf eine noch weitgehend unbespielte Fläche. Für Schamoni, seinen Bruder und Produzenten Peter und den Drehbuchautor Michael Lentz ergaben Stadt und Stoff im Rahmen des »Jungen deutschen Films« aus biografischen Gründen eine logische Kombination. Zum Konzept der Handlung um Werbetexter Hannes Lücke, der zum Fest die von ihm getrennt lebende Familie besucht und heimlich mit neuer Freundin im Hotel schläft, gehörte Münster – ironisch inszeniert. In »Alle Jahre wieder« knöpften sich die Schamonis und Lentz die scheinbar heile bürgerliche Welt vor. Den Ehemann, Vater und Liebhaber Hannes Lücke besetzten sie mit Schauspieler Hans Dieter Schwarze, einem Münsteraner. KOMPLIZIERTER DREH IM »BUSCHE«

Als Kameramann wurde Wolfgang Treu aus Hamburg engagiert.

Szenen von der Entstehung des Films ruft der heute 85-Jährige mit gemischten Gefühlen ab. Aus Verbundenheit habe er die Arbeit zugesagt, sich vor Ort dann mit den Bedingungen arrangieren müssen. Gegenüber dem Kiepenkerl, im Hotel Busche, hatten sich Lücke und Freundin Inge einquartiert. Gemütlich für Gäste, kompliziert aus technischer Sicht. Denn in den kleinen Zimmern sei es nur um Haaresbreite gelungen, ein scharfes Bild zu erzeugen. »Mit den


NEW YORK Christmas

Mit ihrem Buch »New York Christmas – Rezepte & Geschichten« entführen die münsteraner Autoren Lisa Nieschlag und Lars Wentrup ihre Leser ins verschneite New York. Sie empfehlen winterliche Rezepte und zeigen wunderschöne Fotografien aus dem »Big Apple«. Im MÜNSTER!-Interview spricht die Designerin über ihr Projekt.   FOTOS: JULIA CAWLEY & LISA NIESCHL AG

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MÜNSTER!: Wie seid Ihr darauf gekommen ein Buch über Weihnachten in New York zu schreiben und worum geht es? LISA NIESCHLAG: Nach New York zu reisen und shoppen zu gehen zur schönsten Zeit des Jahres – das ist und bleibt für viele Menschen ein großer Traum. Genau dieses Feeling wollten wir mit unserem Buch einfangen. Mit rund 50 Rezepten nehmen wir den Leser mit in das magische New York zur Weihnachtszeit. Die stimmungsvollen Stadtansichten stammen von unserer Freundin Julia Cawley, die als Fotografin in New York lebt. Sie bereichern das Kochbuch ungemein und machen es zu einem Reisebuch der kulinarischen Art.

M!: Das war nicht die erste Arbeit als Autoren für Euch. Im »wahren Leben« seid Ihr Grafik-Designer und betreut ja auch unser MÜNSTER!-Magazin. Wie genau kamt Ihr dazu, ein Kochbuch auf den Markt zu bringen? LN: 2010 hatten wir die Idee, ein regionales Kochbuch für Münster zu machen. Damals schon taten wir uns mit Julia Cawley zusammen, die da noch in Münster wohnte und kreierten die Figur »Anni«. Unser erstes Kochbuch »Anni kocht in Münster« erschien kurz vor Weihnachten 2010. Darauf folgte »Anni backt in Münster« und 2012 »Anni kocht für Kinder«. Nach drei »Anni-Kochbüchern« im Aschendorff Verlag erschienen dann weitere

Pancakes MIT AHORNSIRUP-ZIMT-BUTTER ZUTATEN:

TEIG:

2 Eier 120g Mehl 30g feiner Zucker 2 TL Weinsteinbackpulver 200ml Buttermilch 40ml Milch 20g Butter, zerlassen 1 Prise Salz

AHORNSIRUP-ZIMT-BUTTER:

120g weiche Butter 2 EL Ahornsirup ½ TL Zimt AUSSERDEM:

Butter zum Ausbacken 60g Pekannüsse, im Ganzen oder grob gehackt

ZUBEREITUNG:

Butter, Ahornsirup und Zimt in eine Schüssel geben und cremig schlagen, dann beiseitestellen. Für den Teig die Eier trennen. Mehl, Zucker und Backpulver in einer Schüssel vermengen. In der Mitte eine Mulde formen, Eigelbe, Buttermilch, Milch und Butter zufügen und alles zu einem glatten Teig verrühren. Die Eiweiße mit dem Salz steif schlagen und behutsam unter den Teig heben. Den Teig ca. 15 Minuten quellen lassen. Den Backofen auf 90 °C vorheizen. Etwas Butter bei mittlerer Temperatur in einer Pfanne erhitzen. Je 2–3 kleine Kellen Teig auf einmal hineingeben, die Pancakes nach ca. 2 Min. wenden und 1 weitere Min. auch von der anderen Seite goldbraun backen. Mit dem restlichen Teig ebenso verfahren. Die fertig gebackenen Pancakes im Ofen warm halten. Ist der komplette Teig aufgebraucht, die Pancakes auf Tellern anrichten, mit Pekannüssen bestreuen und mit Ahornsirup-Zimt-Butter servieren. D E Z E M B E R 20 1 5  ~

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WESTFÄLISCHER WEITBLICK Viele Münsteraner kennen den Backsteinbau des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) am Freiherrvom-Stein-Platz. Vor allem an Weiberfastnacht ist der Lichthof des LWL-Landeshauses ein beliebter Treffpunkt. Aber nur wenige wissen, dass das Gebäude ein Denkmal ist und hier eines der schönsten Glockenspiele Münsters erklingt. MÜNSTER! erhielt einen Einblick in einen ganz besonderen Turm der Stadt. TEXT: BERNADETTE WINTER  |  FOTOS: MICHAEL LEMMERHIRT

DENKMAL Der Glockenturm des LWLLandeshauses ist ein Wahrzeichen Münsters

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on 1898 bis 1901 wurde an gleicher Stelle der Vorgängerbau des heutigen LWL-Landeshauses errichtet – als Sitz des Provinzialverbandes Westfalen, dem Vorgänger des Landschaftsverbandes. Das repräsentative historistische Gebäude hatte nicht nur zwei Türme, sondern auch prachtvoll eingerichtete Räume, ein prunkvolles Treppenhaus sowie einen Sitzungssaal für den Provinziallandtag. 1936 erweiterte man den Komplex um ein schlichtes Backsteingebäude an der Fürstenbergstraße, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Vorbild für das heutige Landeshaus diente. 1943 und 1944 wurde das Landeshaus bei Bombardements so stark zerstört, dass es nicht mehr nutzbar war, 1949 stand nur noch die Fassade mit den zwei Türmen. Während die Beteiligten zu dieser Zeit noch darüber diskutierten, ob und in welcher Form der Provinzialverband überhaupt weiter Bestand haben könne, entschied Landeshauptmann Salzmann einfach, das Landeshaus wieder aufzubauen und die Sitzungen erneut einzuberufen. »Die westfälische Art Fakten zu schaffen, hat in hohem Maß dabei geholfen, die kommunale Selbstverwaltung in Westfalen aufrecht zu erhalten«, erklärt Dr. Marion Niemeyer, wissenschaftliche Referentin bei der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen. OLYMPIA-ARCHITEKTUR FÜR MÜNSTER

Werner March, Architekt des Berliner Olympiastadions, hatte bereits beim Wiederaufbau des münsteraner Rathauses beraten und wurde nun gebeten, die Pläne für das neue Landeshaus zu erstellen. March verwendete sämtliche Gebäudeteile, die noch ausreichend erhalten waren und orientierte sich bei seinem Entwurf an Materialien und Formen des Erweiterungsbaus von 1936. »Der Provinzialverband hat sich bewusst gegen einen rekonstruierenden Aufbau entschieden«, berichtet Niemeyer. »Es ging vielmehr darum, eine klare, moderne Architektur zu entwickeln, die man für diese Bauaufgabe als angemessen ansah.« Mit ein Grund, warum der Komplex heute denkmalgeschützt ist. So fand auch der Plenarsaal seinen Platz wieder an alter Stelle, dieses Mal jedoch lichtdurchflutet und transparent. Der Eckturm an der Fürstenbergstraße wurde von March zu einem weithin sichtbaren und städtebaulich wirksamen Glockenturm

umgestaltet, der zu einem Wahrzeichen des neuen Landeshaus geworden ist. GLOCKENKL ANG ÜBER DER PROMENADE

Am 22. Dezember 1953 erklangen hier zum ersten Mal die 28 Glocken aus Eisen und spielten »Nun danket alle Gott«, »Glückauf, Glückauf« und das »Westfalenlied«. Der Bochumer Verein für den Neubau des Landeshauses hatte sie »als Zeichen der Verbundenheit zwischen den schaffenden Menschen im Industriegebiet und der westfälischen Selbstverwaltung« gestiftet. »Ich könnte mir denken, daß ähnlich wie in Holland über Amsterdams Grachten die Glockenspiele ihr Lied erheben, sich dies auch über Münsters Promenade recht stimmungsvoll ausnehmen wird«, sagte der damalige Oberbaurat Ostermann gegenüber der Münsterschen Zeitung. Er sollte recht behalten: Vier Mal am Tag, um 8, 13, 18 und 20 Uhr, erklingt über dem Freiherr-vom-Stein-Platz D E Z E M B E R 20 1 5  ~

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VOM TRA MPELPFAD E IL E M R E I N A L F R ZU

ngs ein 0 Meter lang, anfa 54 e, hr Ja 00 10 als Älter ieg dem t in Südstraße, im Kr nn na be um d, fa lp Trampe istraße ist – Münsters Ludger ht ac m ge ch ei gl en Erdbod 10.000 it samstags mit fast ze ts en dv A r de in gerade mer 1. s Einkaufsmeile Num er st ün M rn ge än Fußg mmt Sie mit Henning Stoffers ni or ut A !R E T S MÜN chichte. h ihre bewegte Ges rc du ug ifz re St n ne auf ei TE XT & FO TO S: FF ER S H EN N IN G ST O

EINKAUFSVERKEHR Die Ludgeristraße vor den Zerstörungen des Krieges. Rechts parkt wie selbstverständlich ein Auto, die Straßenbahn fuhr hier ebenso wie Fuhrwerke. Am linken Bildrand ist das alte HettlageGebäude zu sehen Rechts: Der Verlauf der Straße in einem alten Stadtplan

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ereits im Mittelalter hatte die »platea S. Ludgeri« (so hieß sie ab 1339) eine herausragende Bedeutung für das münstersche Straßennetz. Die Straße hatte damals auch den Namen »Süntlüersstrote« (Sünt = Heiliger – Lüers = L(i)udger). Sie war neben der Salzstraße die einzige Straße, die vom Stadttor direkt zum Prinzipalmarkt führte. Als sie diese Namen noch nicht trug, war es ein einfacher Trampelpfad, genannt »platea orientalis« (östliche Straße), der vorbei an Höfen durch Felder und Wiesen führte. Zur Zeit der Täufer wurde die Straße in Südstraße umbenannt. Die Täufer hielten es mit ihrem Glauben unvereinbar, dass Straßen nach Heiligen benannt wurden. Als die kurze Herrschaft der Täufer endete, bekam sie ihren alten Namen zurück – benannt nach der Ludgerikirche, die um 1200 gegründet wurde. Etliche Gässchen, die früher rechts und links von der Ludgeristraße abgingen, sind weitgehend verschwunden oder wurden in die Ludgeristraße einbezogen. Unter anderem gab es bei der Hausnummer 19 die »Viertehalbengasse«, zwischen 42 und 41 den »Sack« und des Weiteren den Gronenhoff. IM WANDEL

Mit Beginn des 18. Jahrhunderts ändert sich das Bild der Straße – es wird städtisch. Neben Beamtenhäusern entstehen Geschäftshäuser. Handwerker lassen sich nieder. Ansehnliche Giebel und schmucke Fassaden zeugen vom wachsenden Wohlstand. Anfang des 20. Jahrhunderts werden Gleise verlegt, die »Elektrische« fährt nun durch die Ludgeristraße und wird zu einem beliebten Fotomotiv auf alten Fotografien und Ansichtskarten. Als weiteres Zeichen für Münsters Fortschritt und Modernität lösen Automobile zunehmend die Pferdefuhrwerke ab. Die Fußgänger müssen sich jetzt auf die schmalen Bürgersteige verdrängen lassen. Der Straßenverkehr nimmt in dieser engen Straße erheblich zu. Auch die jährliche Pestund Brandprozession führte traditionell durch die

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GASTHAUS GESCHICHTE(N) Der Kleine Kiepenkerl ist ein fester Ankerpunkt in den schnellen Fahrwassern der hiesigen Gastronomie-Szene. Seit 60 Jahren nun führt Familie Deckenbrock das Traditionshaus – inzwischen in vierter Generation. Das Tagesgeschäft haben Gerda (74) und Wolfgang Deckenbrock (78) jetzt abgegeben, nicht ohne anlässlich des Jubiläums einen launigen Rückblick zu bieten.

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itte November 1955 übernahm die Familie den Betrieb von »Töttken Wielers« wie die Bierstuben damals vom Volksmund genannt wurden. Im Krieg war das Gebäude schwer zerstört worden. Die Union Brauerei hatte ab 1953 mit dem Wiederaufbau begonnen – wieder als Dreigiebelhaus, aber »aus Brandschutzgründen nicht im Fachwerk-Stil. Das heutige Fachwerk ist also wirklich nur Fassade«, erzählt Wolfgang Deckenbrock. Als seine Familie den Betrieb übernahm, galt »Wielers« den Münsteranern als Bierstube mit angeschlossener Gastronomie. »Sonntagsmorgens beim Frühschoppen standen die Gäste in 7er-Reihen rund um den Tresen.«

VOM DEUTSCHEN BEEFSTEAK

Und auch die erste Deckenbrocksche Speisekarte ist noch etwas von der doch gehobenen heutigen Küche entfernt. Da gab es Deutsches Beefsteak, sprich Frikadellen, Königin Pastete oder Ochsenzunge in Madeira. Deckenbrock: »Die Geschmäcker haben sich geändert, aber unsere Klassiker wie Tafelspitz oder Sauerbraten haben sich gehalten.« Deshalb glaubt sein Enkel Moritz Ludorf (24), der das Haus jetzt gemeinsam mit Mutter Sabine Deckenbrock (53) führt, auch ganz fest an die Zukunft. »Das Konzept ist nach wie vor perfekt. Gerade in diesen unübersichtlichen Zeiten ist die Sehnsucht nach Heimat und Verlässlichkeit groß.« Ein Gastro-Trend jage zur Zeit den nächsten, aber gerade deshalb werde es für die deutsche Küche auch immer einen Markt geben. »Es ist eben auch das Bedürfnis da, einmal wieder wie ›bei Muttern‹ oder bei der Oma zu essen.« VON MORGENS BIS ABENDS

IM KRIEG Der Vorgängerbau des heutigen Kleinen Kiepenkerls wurde durch alliierte Bomben zerstört. Das Denkmal blieb standhaft – bis es nach dem Krieg von einem Panzer umgefahren wurde

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Ludorf ist das Gastro-Gen in die Wiege gelegt. Schon seine Mutter wuchs quasi im Kleinen Kiepenkerl auf (… den Namen darf das Restaurant übrigens erst seit 1988 offiziell tragen). Und als Junge erlebte er die Großeltern, die sich jeden Tag von morgens bis abends um


VIER GENERATIONEN Moritz Ludorf, Sabine, Gerda und Wolfgang Deckenbrock (v.l.). In einem Buch hat Wolfgang Deckenbrock jetzt die 60 Jahre des Kleinen Kiepenkerl in Anekdoten und Bildern zusammengefasst. Es ist nur in der Gaststätte erhältlich (12,95 Euro)

ihre Gäste kümmerten. Er bekam somit einen Eindruck von der großen Arbeitsbelastung –aber auch von dem Schönen des Berufs. Opa Wolfgang wusste es ihm nahezubringen durch die unzähligen kleinen Anekdötchen, die sich hier regelmäßig zutrugen, Gasthausgeschichten eben. Etwa als vor der Skupturenausstellung 1987 das Kiepenkerl-Denkmal verwaist war, weil von der Figur ein Nachguss gefertigt wurde – und sich Wolfgang Deckenbrock kurzerhand die Kiepe anzog, die Pfeife in den Mund steckte und die Rolle seines bronzenen Vorgängers einnahm. Oder von dem seltsamen Gast im Lodenmantel, der angeblich sein Geld im Hotel vergessen hatte. Als er seinen Geldbeutel holen wollte, ließ er den teuren Mantel als Pfand da. Nie wieder ward er gesehen – dafür kam zwei Tage später heraus, dass der Mantel in einem anderen Lokal geklaut worden war. Oder von der Forelle, die… aber verraten wir nicht zu viel. Denn einige Geschichten hat Wolfgang Deckenbrock jetzt selbst niedergeschrieben in einem schön illustrierten Büchlein, das im Restaurant erhältlich ist. Und ansonsten, liebe Leser, wissen Sie ja, wo Sie ihn finden… cjw

WELTREKORD Erinnern Sie sich? 1987 hing über dem Platz vor dem Restaurant der größte Adventskranz der Welt

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ENDLICH PLATZ Christine und Sven Hasenclever lieben Kaffee. Doch Christine ist froh, dass nicht mehr im Wohnzimmer geröstet wird

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Herr Hase und sein Filterkaffee »Draußen nur Kännchen« – was zu Omas Zeiten in Kaffeegärten mit Kreide auf der Tafel stand, galt lange Zeit als Inbegriff der Spießigkeit. Doch diese Zeiten sind vorbei, glaubt jedenfalls Sven Hasenclever. Der Münsteraner betreibt seine Kaffeerösterei Herr Hase aus Leidenschaft. TEXT: CORNELIA HÖCHSTETTER  |  FOTOS: MICHAEL LEMMERHIRT

H

inter einem Münsterländer Bilderbuchhof bei Amelsbüren, da duftet es nach Röstkaffee. Nicht nach Kapselkaffee, nicht nach Pads. Sondern nach frisch gebrühtem Filterkaffee. Frisch geröstet. Sven Hasenclever, mit Bart entlang des Unterkiefers und karierter Flatcap, röstet, mahlt, extrahiert, er wässert das Filterpapier. Er ist dem Bazillus des Spezialitätenkaffees verfallen. Ein Gespräch zwischen Bauholz-Stehtisch, Siebträgermaschine und Kaffeeröstanlage im Wert eines Mittelklassewagens.

MÜNSTER!: Herr Hasenclever, Sie nehmen uns doch auf den Arm – Ihr Name ist doch ein Künstlername, oder?

ich 100 Hermelin Rotauge. Das sind die weißen Kaninchen mit den kurzen Öhrchen. Die haben mich für unsere Kaffeekarten inspiriert, die unsere drei Mischungen charakterisieren. Jede Mischung hat ihren eigenen Hasen.

den Kombi gepackt, um hier einmal probezurösten. Den Duft von frischem Kaffee findet jeder geil, aber der Röstvorgang selbst riecht doch anders. Bis dahin haben wir im Wohnzimmer unserer Wohnung im Kreuzviertel geröstet.

M!: Seit wann rösten Sie hier …?

M!: Ist Filterkaffee heutzutage nicht unsexy? Trinken Sie nicht lieber Latte Macchiato?

SH: Hier, in dem ehemaligen Pferdestall? Wir haben so eine Location lange gesucht und dann vor einem Jahr entdeckt. Sicherheitshalber habe ich vor dem Unterschreiben des Mietvertrags den 90 Kilogramm schweren Röster in

SH: Ich behaupte: »Draußen nur Kännchen« ist wieder hip. Am Prenzlauer Berg ist Filterkaffee im Baristabereich extrem cool. Da steht dann einer mit

DIE SACHE MIT DEN KANINCHEN Andenken an Vater Hasenclever, Kaninchenzuchtvereinspräsident, und der Deutsche Riesenschecke. Deshalb heißt heute die Kaffeerösterei Herr Hase

SVEN HASENCLEVER: Erstens sagt man »Hasencleeever«, mit langem »e«. Sonst muss ich gleich meine Cleverness beweisen. Und zweitens kommt's noch besser: Mein Vater, auch ein Hasenclever, war Bäcker seines Zeichens und – Präsident des örtlichen Kaninchenzuchtvereins.

M!: Und dann heißt Ihr selbstgerösteter Kaffee noch »Herr Hase« … SH: Genau, als kleiner Junge hatte D E Z E M B E R 20 1 5  ~

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IM ZENTRUM WOHNT FAMILIE PÖPPING Das ehemalige Doppelheuerhaus war früher das Zuhause für Mensch und Tier. Die ganze Anlage entspricht einer typischen Münsterländer Hofstelle von früher

HOF DER TRÄUME Heinz Pöpping ist ein Tausendsassa: Er ist Bildhauer, Imker, Bäcker, Korbflechter, Kutscher, Fachwerkarchitekt, er kann ein Wassermühlrad zum Drehen bringen – und gerade jetzt im Advent eine wunderbare Vorweihnachtsstimmung erzeugen. Ein Besuch auf seinem münsterländischen Fachwerkhof in Elte bei Rheine.

TEXT & FOTOS: CORNELIA HÖCHSTETTER

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eden Dachziegel habe ich einzeln sauber gemacht«, Heinz Pöpping lehnt sich über die Holztür im Fachwerkhaus und erzählt. »Die zweigeteilten Türen heißen KlönTür, weil man sich da gemütlich darauf abstützen und mit dem Nachbarn oder dem Besuch klönen kann.« Und Pöpping (65) klönt gerne, am liebsten auf Plattdeutsch. Seine weißen Haare teilen sich akkurat am Seitenscheitel. In seinem karierten Leinenhemd, mit Hornknöpfen bestückt, sieht er aus, wie man sich einen münsterländer Geschichtenonkel vorstellt. Tatsächlich entführt er auf seinem Fachwerkhof in Elte bei Rheine regelmäßig Besucher in das Damals des Münsterlandes. Dann geht es erst einmal ins Backhaus, das aussieht wie aus dem Märchen von Hänsel und Gretel. Es stand in Fürstenau, Pöpping rettete es vor dem Abriss. Heute zündet er drinnen dicke Holzscheite an, um die zwei Öfen einzuheizen. Das wird er auch am vierten Adventswochenende tun, wenn der Hof zur Krippenausstellung geöffnet hat. Dann liegen auf den langen Ofenschiebern Stuten und Apfelberliner. LEBEN IM MUSEUM

In seinem Leben hat Pöpping das Fachwerkgebälk und die Steine von 34 Gebäuden abgebaut, zwölf davon wieder aufgebaut. Im Jahr 1987 kaufte Heinz Pöpping den Grund zwischen Elte und der Ems. 1988 hatte er die Baugenehmigung für diese zwölf Fachwerkhäuser in der Tasche und legte los. Backhaus, Schirmschoppe (eine Scheune mit einem Dach wie ein Schirm), Schweinestall, Remise, die Wassermühle, den vierstöckigen Spieker und die anderen Gebäude entdeckte er im ganzen Münsterland. Über Jahre legte Pöpping die Steine wie Lego in Echt-Format übereinander. »Nach Alter Vätersitte«, schmunzelt er und seine blauen

KRIPPENFIGUREN Bildhauer Pöpping schlägt aus dem Holz ein Gewand für die Krippenfiguren. Unten: Einer der drei heiligen Könige ist schon fertig und zum Leben erweckt

Augen blitzen hinter der Brille. Die trägt er erst seit dem vergangenen Frühjahr, weil er zwei Schlaganfälle erlitt. Aber ein Pöpping lässt sich davon nicht unterkriegen. Er möchte ja seine Besucher beeindrucken. Der Unterschied seines Hofes zu einem Freilichtmuseum ist, dass Pöpping hier wirklich seinen Alltag lebt. Hier backt und braut er, schnitzt, schleudert den Honig seiner Bienen, fährt Trecker und füttert die friesischen Kutschpferde.

Auf dem Hofrundgang geht es an der Stellmacherei vorbei. Holzräder lehnen draußen gegen den Sandstein aus Ibbenbüren, der das Fundament gibt. Pöppings Sohn hat das kunsthandwerkliche Geschick geerbt und baut diese Räder und Kutschen. »Mein Karsten ist der einzige Stellmacher in Nordwestdeutschland«, ist Vater Pöpping stolz. Sein eigenes Reich ist die Bildhauerei. Die Tür knarzt beim Öffnen leise, es erinnert an den Schuppen von Michel aus Lönneberga. Wenn Pöpping mit dem Holzhammer auf das Schnitzmesser schlägt, steht am Ende ein fröhliches Schaf da, wie das zwischen den Werkzeugen am Butzenfenster. Das Maul ist zum schreienden »Määäähhh« geöffnet. Pöpping hat als Bildhauer jahrelang das Krippenmuseum in Telgte bestückt. Er macht aber auch überlebensgroße Figuren. Seine Wegkreuze stehen in den Bauernschaften, in Metelen, Wettringen, in Rheine sind es gleich mehrere. Zu erkennen sind sie an dem eingeschnitzten »HP«, die Signatur des Bildhauers. Das Taufbecken in Burgsteinfurt ist auch von ihm. »Dort ist sogar mein Enkel getauft worden!« Er weiß noch, wie ein fremder Junge während der Einweihung des Taufbeckens auf ihn zukam und ihm ein D E Z E M B E R 20 1 5  ~

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HEIMISCH Hans-Werner Moors stammt zwar aus Düsseldorf, heimisch ist er aber in Münster. Hier vermisst er nichts, hier fühlt er sich pudelwohl

AUF EWIG PREUSSE Sein Kapitel in der Vereinsgeschichte von Preußen Münster ist definitiv gesichert. Als Spieler, Sportlicher Leiter sowie Meister- und Abstiegscoach. Vor allem aber als Rekord-Trainer! Gleich fünf Mal saß Hans-Werner Moors (65) auf der Bank unserer Adlerträger, vier Mal davon als Chef. Bestmarke im deutschen Profi-Fußball. »Ich kenne jedenfalls keinen Kollegen, der ähnlich oft sein Comeback bei ein und demselben Klub gefeiert hat«, sagt Moors, der sich somit die Auszeichnung als »ewiger Preuße« redlich verdient hat. Im MÜNSTER!-Gespräch blickt er auf bewegte Zeiten zurück – und überrascht mit einem Doping-Geständnis. TEXT: JOACHIM SCHUTH (stv. Sportchef BILD-NRW) FOTOS: MICHAEL LEMMERHIRT

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Pflichtspiele unter seiner Regie zwischen 1975 und 2006. Interessant: Den besten Punkteschnitt machte er dabei ausgerechnet bei seinem letzten Engagement – und stieg trotzdem mit Münster aus der 3. Liga ab. Moors erinnert sich: »Ich habe die Mannschaft im Dezember 2005, 16 Spieltage vor Saisonschluss, in nahezu aussichtsloser Lage übernommen und sie wieder ans rettende Ufer geführt.« Doch das Happy End blieb aus. Letztlich scheiterten die Preußen nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses; genau drei Treffer fehlten zum Überleben. Die punktgleichen Erfurter schafften den Klassenerhalt, Münster hatte Moors einfach zu spät zurückgeholt. Und musste erstmals überhaupt runter in die Viertklassigkeit. Moors, der danach von Georg Kreß abgelöst wurde: »Das war für alle natürlich eine riesige Enttäuschung. Zumal der Abstieg auch noch mit dem 100jährigen Jubiläum zusammenfiel.« Heute, knapp zehn Jahre danach, ist

»ICH TRAUE DEN PREUSSEN WENN ALLES RUND LÄUFT DEN ZWEITLIGA-AUFSTIEG ZU« der Betriebsunfall zum Glück längst wieder repariert. »Vielleicht«, wagt Moors einen vorsichtigen Blick in die Zukunft, »sitzt in dieser Saison ja eine Überraschung drin. Ich traue den Preußen wenn alles rund läuft den Zweitliga-Aufstieg zu.« Schön wär's …. LIEBE IN UND ZU MÜNSTER

Hans-Werner Moors und Preußen – diese Dauer-Beziehung begann im Sommer 1972. Damals wechselte der gebürtige Düsseldorfer als 21-Jähriger

vom VfR Neuss nach Münster. Auch Bayer Uerdingen, derzeit ebenfalls in der 2. Bundesliga, bemühte sich intensiv um die Dienste des talentierten Mittelfeldstrategen, der am liebsten Ball und Gegner laufen ließ. »Aber die Tasche, die Preußen-Präsident Günter Wellerdieck dabei hatte, war praller als die von Mitbewerber Klaus Quinkert«, schildert Moors augenzwinkernd die Verhandlungen, »da war etwas mehr Kohle für mich drin.« Dem Reiz des Geldes erlegen. Womöglich war's ein Fehler, denn Uerdingen stieg nur ein Jahr später in die Bundesliga auf. Preußen nicht – und bislang nie. Moors: »Die Frage habe ich mir im Nachhinein häufiger gestellt. Doch Hätte, Wenn und Aber – das alles bringt nichts. Am Ende bin ich auch so zufrieden, wie sich mein Leben und meine Karriere entwickelt haben.« Auf und neben dem Platz. In Münster lernte er seine erste Frau Helga kennen, bekam mit ihr Tochter Sandra. Die ist inzwischen 41 und lebt in Senden. Seine zweite Ehefrau Birgit stammt wie Helga aus Sprakel. Auch sie schenkte ihm eine Tochter, Hannah (heute 27) und dazu Sohn David (25). Moors stolz: »Ich habe wunderbare Kinder, zu allen eine sehr enge und gute Beziehung. Nicht zuletzt durch meine Familie ist Münster für mich zur Heimat geworden.«

Cendic etwa. Moors denkt besonders an einen Vorfall. »Wir spielten gegen Oberhausen, mit dem großartigen Branco Tapalovic im Kasten. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit stand's noch 0:0, als der Wilbertz für die Rot-Weißen einen weiten Freistoß in unseren Strafraum trat. Der Ball segelte endloooos lange durch die Luft und schlug über Tapalovic im Netz ein. Unser Keeper hatte sich dummerweise verschätzt. Als wir zur Pause in die Kabine kamen, setzte es von Cendic links und rechts eine Ohrfeige für ihn. Branco hat danach nie wieder zwischen unseren Pfosten gestanden.« »JA, WIR HABEN GEDOPT«

Insgesamt vier Spielzeiten schnürte er für Preußen die Fußballschuhe. Erlebte dabei mit Slobodan Cendic, Werner Olk, Detlef Brüggemann und Rudi Faßnacht vier ganz unterschiedliche Trainer-Typen. Teils mit Methoden, wie sie heute unvorstellbar sind. Der Serbe

Der härteste Hund aber war Rudi Faßnacht. Von den Fans geliebt, gefeiert und besungen (»Rudi, lass die Löwen los«) von den Spielern umso mehr gefürchtet. Weil er selbst im Training keine Gnade kannte. Moors: »Er hat D E Z E M B E R 20 1 5  ~

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UNSERE PERFEKTEN ADVENTS-WOCHENENDEN SAMSTAG, 28. NOVEMBER

S ONNTAG, 29. NOVEMBER

11:00 – LandLustWinterzauber

11:00 – Bücherflohmarkt

10:00 – Weihnachtsmarkt in Billerbeck

Parallel zum Hiltruper Lichterfest steigt der Landlust-Weihnachtsmarkt auf dem Verlagsgelände in Münster-Hiltrup. Kulinarisches, Kreatives, Kunst und gestaltendes Handwerk in über 80 stimmungsvollen Zelten. Heute bis 20, morgen bis 18 Uhr.

Bis 16 Uhr lohnt an der Stadtbücherei (Alter Steinweg 11) der Bücherflohmarkt einen Besuch. Bücher für je 1 Euro stehen bei gutem Wetter auf der Terrasse zur Auswahl, bei Regen im Foyer.

In der schönen Altstadt findet am 1. Advent der 37. Weihnachtsmarkt statt. 180 weihnachtliche Stände laden zum Bummeln, untermalt von musikalischem Rahmenprogramm. Verkaufsoffen von 13 bis 18 Uhr. (Foto: Ralf Emmerich)

www.stadt-muenster.de/ buecherei

www.billerbeck.de

12:00 – Adventsmärkte Heute locken im Münsterland jede Menge Weihnachtsmärkte, meist samt angeschlossenen Shoppingsonntagen, z. B. in Lengerich, Lüdinghausen, Altenberge und Schöppingen. Suchen Sie sich »Ihren« aus! www.muensterland.de

www.landlust-winterzauber.de

12:00 – Antik-Markt in Münster Auch wenn echte Schnäppchen hier schwer zu machen sind: Wenn Sie antike Schätzchen suchen oder einfach nur mal ein bisschen stöbern wollen, dann geht’s heute in die Halle Münsterland zum AntikMarkt (11 – 18 Uhr).

20:00 – Nur Nuhr… Kabarettist und TV-Star Dieter Nuhr eckte in letzter Zeit häufig und gerne an. Heute tritt heute in der Halle Münsterland auf. Das neue Programm heißt »Nur Nuhr…«. www.halle-muensterland.de

www.interantik-gmbh.de

13:00 – Hiltruper Lichterfest

15:00 – Aschenputtel am Aasee

Zum zehnten Mal blinkt seit gestern in Hiltrup entlang der Marktallee das Lichterfest: Entspanntes adventliches Einkaufen von 13 bis 18 Uhr. Der LandlustWinterzauber beginnt schon um 11 Uhr am Landwirtschaftsverlag. (Foto: Nicholas Wieling)

Das Musical Aschenputtel gastiert heute in der Aula am Aasee. Die Geschichte für Jung und Alt muss nicht erklärt werden – einfach ein märchenhafter Einstieg in den Advent…

www.muenster-hiltrup.de 72 |

~ DEZEMBER 2015

www.theater-liberi.de


VERKAUFS OFFENER SONNTAG 6. DEZEMBER 13 BIS 18 UHR DORTMUNDER CITY

Sonntag 22.11.2015 und Freitag 25.12.2015 geschlossen (kirchliche Feiertage)

19. November bis 30. Dezember Mo – Do 10 – 21 Uhr . Fr – Sa 10 – 22 Uhr . So 12 – 21 Uhr

Dortmund Die City: wohlfühlen . einkaufen . genießen

CMG. Eine Initiative von City-Ring und Stadt Dortmund


ZWE IMA L IN M Ü NSTER · SAL Z STR. 36 U N D KLEMENSSTR . 1 · T 0251 482250 · BLOG.FR EI SFELD.C OM M ÖNCHENG L A D BAC H · HAMBUR G: BR AHMFELD & GUTR UF


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