Ausgabe 15
11 | 2013
http://www.museum.de
MAGAZIN M USEUM.DE
INKA - Kรถnige der Anden Linden-Museum Stuttgart 1
www.wagnerwagner.de
Besuchen er Sie uns auf d Köln Exponatec in Halle 3.2 Stand A38
Achten Sie zur Abwechslung mal auf die Wand
mila-wall Stellwände: Ästhetisch. Vielseitig. Wirtschaftlich.
Die Attraktivität eines Museums steht und fällt natürlich mit seinen Ausstellungen. Dabei ist die Präsentation mindestens genauso wichtig wie die Exponate selbst. Deshalb haben wir mila-wall entwickelt – die Stellwände
ohne sichtbare Verbindungstechnik, die in kürzester Zeit zusammengefügt werden können. Daneben sorgen reduzierte Umbauzeiten und eine sehr lange Lebensdauer nachweislich für eine deutliche Kostensenkung. www.mba-museums.com
In diesem Heft: Audioguide von museum.de
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Bergpark Wilhelmshöhe
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Staatsgalerie Stuttgart
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Kunsthistorisches Museum Wien
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INKA – Könige der Anden
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1914 – Mitten in Europa
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Täuschend echt
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Daniel Libeskind
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Blutige Romantik, MHM
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AD SANCTOS
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1914 … ist nicht nur für Historiker eine bedeutsame Zahl. Der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ wird im kommenden Jahr weltweit gedacht, Ursachen und Auswirkungen aus unterschiedlichsten Blickwinkeln vermittelt und gedeutet werden. Mit „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“ lädt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) von September 2013 bis zum Frühjahr 2015 zu zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen ein. Wir werden Ihnen berichten. Auch in Dresden ist der „Große Krieg“ ein Thema. Die Ausstellungen im Militärhistorischen Museum (MHM) suchen über eine rein militär- oder technikgeschichtliche Darstellung hinaus den „größeren Zusammenhang“ – historisch/politisch, gesellschaftlich, kulturell, wirtschaftlich, aber auch psychologisch. Auch hierüber werden Sie in den kommenden Ausgaben mehr erfahren.
Nach dem digitalen Ausflug mit zwei reinen Online-Ausgaben hat mir der Geruch von Druckfarbe doch ein bisschen gefehlt. Und Ihnen offenbar auch! So häufig, wie ich in den vergangenen Monaten gefragt wurde, wann – nicht: ob – man denn von Museum.de mal wieder etwas zum Anfassen bekäme – da konnte ich das digitale Heft nicht weiter alleinlassen. Nun stehe ich technikbegeisterter Mensch vor meiner Magazinsammlung und sehe hinter der Ausgabe 12 statt neu gewonnenem Platz: eine Lücke. Die soll nicht größer werden – und so gibt es das Magazin ab sofort wieder als Drucksache und parallel dazu unter www.museum.de. Die Produktion hat wie immer viel Freude bereitet. Ihnen wünsche ich ebenso viel davon beim Lesen!
Herzlichst Ihr Uwe Strauch
Uwe Strauch (museum.de), Ulrike Lubek (Direktorin Landschaftsverband Rheinland, LVR), PD Dr. Thomas Schleper (LVR-Projektleiter „1914 - Mitten in Euroa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg), Milena Karabaic (LVR-Dezernentin Kultur und Umwelt) Foto: © Birgit Ströter/LVR, Titelfoto: © Linden-Museum Stuttgart, A. Dreyer / Kollage F. Dahlmann
MAGAZIN MUSEUM.DE
Ausgabe Nr. 15
Herausgeber
Kurfürstenstr. 9
Telefon 02801-9882072
museum@mailmuseum.de
Druck: druckstudio gmbH
November 2013
Uwe Strauch, Dipl.-Inf. TU
46509 Xanten
Telefax 02801-9882073
www.museum.de
Vers.: Dialogzentrum Rhein-Ruhr
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Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen von Wolfgang Roddewig und Ingo Schmitt, ERCO Leuchten GmbH Die Stadt Bietigheim-Bissingen - etwa 20 Kilometer nördlich von Stuttgart gelegen – verfügt über eine reiche und national wie international beachtete Linolschnitt-Sammlung. Da sich seit 1926 die Deutschen Linoleum-Werke in Bietigheim befinden, bot es sich an, den Schwerpunkt der Sammlung gerade auf diese künstlerische und dem Holzschnitt nahezu entsprechenden Hochdruckverfahren zu legen. Zumal die Deutschen Linoleum-Werke der einzige deutsche Hersteller dieses Materials und weltweit einer der drei letzten ist. Sichtbarer Ausdruck die-
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ser Bedeutung ist der im dreijährigen Turnus ausgelobte und heute noch von den Linoleum-Werken finanziell unterstützte Wettbewerb »Linolschnitt heute«. Er ist fester Bestandteil der internationalen Grafikbiennalen und -triennalen, worum sich über 500 Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland bewerben. Für diese Sammlung schuf man im Rahmen einer 1979 verabschiedeten Kulturkonzeption die Voraussetzung zum Bau eines Ausstellungsgebäudes, das dann anlässlich des 1200jährigen Stadtjubilä-
ums im Jahr 1989 eingeweiht wurde. Es entstand in der Altstadt an städtebaulich prominenter Stelle – im Kontext malerischer Renaissance-Bürgerhäuser und moderner Architektur – ein Gebäude, das alle Anforderungen an einen modernen Ausstellungsbetrieb erfüllt. Der Umbau dieser vormaligen Fachwerkscheune erfolgte durch den Bietigheimer Architekten Gert Bechtle. Bereits im Jahr 2000 erfuhr das Gebäude nach Plänen des Stuttgarter Architekten Prof. Kammerer eine moderne Erweiterung, so dass heute eine Ausstellungsfläche von fast 1000 m² zur Ver-
fügung steht. Das Museum erstreckt sich somit gegenwärtig über zwei im Innern deutlich ablesbare Gebäudeteile. Die Raumstruktur im ersten Obergeschoss des historischen Gebäudeteils ist von kleinen Kabinetten geprägt, im zweiten findet sich ein variabler Einraum. Im Erweiterungsbau erfährt diese räumliche Disposition ihre Fortsetzung durch die offene Kabinettstruktur, einen großen Hallenraum und das offene Galeriegeschoss mit hohen Wänden. Heute werden hier in Wechselausstellungen vor allem Malerei und Plastik von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart gezeigt. Es sind vor allem die Werke deutscher Expressionisten wie Erich Heckel, August Macke, Max Pechstein, Gabriele Münter oder Conrad Felixmüller, aber auch Bilder von Pablo Picasso und Egon
Schiele, die die Besucher dort in ihren Bann ziehen. Durch die Erweiterung der Galerie wurde eine programmatische Öffnung für zeitgenössische Medien und Kunstformen möglich, die bei Themenausstellungen einen innovativen Dialog zwischen klassischer und zeitgenössischer Kunst gestatten. Um einerseits der Hängung unterschiedlich großer Formate und Objekte gerecht zu werden und um andererseits mit den energetischen Ressourcen bewusster umzugehen, hatte man sich 2011 zu einem Umbau der vorhandenen Beleuchtungsanlage entschlossen. Zunächst beschränkte man die Maßnahme auf den Altbau mit einer Ausstellungsfläche von 350 m². In den Kabinetten des ersten und im Einraum des zweiten Obergeschosses wurden Stromschienenstrahler der ERCO-Modellreihe Logotec installiert. Ganz
bewusst hatte sich die Leitung des Hauses zusammen mit den Fachplanern für eine energetisch hocheffiziente LED-Beleuchtung mit warmweißer Lichtfarbe entschieden. Bei Bemusterungen in der Galerie hatte sich diese Farbe, die verglichen mit tradierten Halogen-Leuchtmitteln einen ungleich höheren Schutz vor ultravioletter Strahlung bietet und dennoch exzellente Farbwiedergabe gestattet, als die den Exponaten gerecht werdende Lichtfarbe herausgestellt. Sie entspricht jener, die der Besucher der Ausstellungen vom Glühlampen- oder Halogenglühlampenlicht kennt, so dass ein Gewöhnen an neue Parameter für den Laien nicht nötig ist. Die Effizienz der neuen ERCO-LED-Lichttechnik wird durch optoelektronische Komponenten in den Strahlern ermöglicht. Schon die Materialstärke der aus Aluminiumdruckguss bestehenden Leuchtengehäuse ist so berechnet, dass die am Gehäusegrund anliegenden LEDs ausreichend gekühlt werden. Es ist daher nicht erforderlich, hier motorisch betriebene Kleinventilatoren oder Membrane einzusetzen. Dieses thermische Management ist bei der ERCO-LED-Technologie von zentraler Bedeutung: steigt die Temperatur in einer LED auch nur kurzzeitig über eine vorgegebene Grenztemperatur an, trägt sie irreparable Schäden davon oder fällt gar ganz aus. Dennoch sind diese in den ERCO-LED-Leuchten entstehenden Temperaturen recht niedrig und gestatten daher den Einsatz optisch hochpräziser Linsen. Genaugenommen ist es eine Folge von drei Linsen, durch die das Licht in jeder ERCO-Leuchte geleitet wird, ehe es am Exponat ankommt. Die erste, aus Silikon bestehende Linse ist fest mit der Leuchtdiode verbunden. Sie leitet das Licht kegelförmig mit einem Winkel von etwa 120 Grad nur nach vorne zur Lichtöffnung der Leuchte und ist auch mit einem Leuchtstoff beschichtet, dessen Materialstärke für die Lichtfarbe und den UV-Schutz verantwortlich ist. Die zweite Linse nimmt diese Lichtstrahlen auf und verändert deren Richtung – sie werden nun parallel gerichtet. Dieses „parallele Licht“ ist erforderlich, um die bei der musealen Beleuchtung erforderliche Lichtbrechung gemäß der Größe und Geometrie der Exponate vorzunehmen: bei ERCO stehen insgesamt sechs verschiedene, in die Strahler einsetzbare Linsen zur Auswahl; sie unterscheiden sich durch die Oberflächenstruktur und ermöglichen unterschiedliche Lichtkegeldurchmesser
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und –formen. ERCO fertigt Linsen in den Lichtcharakteristiken Narrow Spot, Spot, Flood, Wideflood, Ovalflood und Wallwash. Das System besticht durch seine äußerst einfache Handhabe, denn die Linsen können werkzeuglos einfach ein- und ausgeklippst werden. Die Energieeinsparmöglichkeit der modernen LED-Technologie in Verbindung
mit der einfachen Bedienung der Strahler und der deutlich verbesserten Inszenierung der Exponate bewogen die Verantwortlichen in Bietigheim-Bissingen, auch das vorhandene Beleuchtungssystem im Erweiterungsbau Ende 2012 auszutauschen. Hinzu kam, dass sich die vorhandene Beleuchtung für die Belange eines modernen Ausstellungsbetriebs als zu statisch erweisen hatte: Lichtköpfe konnten nicht auf die Kunst ausgerichtet, Lichtkegel nicht der Größe der Exponate angepasst werden. So wurde die alte Anlage anlässlich der Ausstellung „August Sander und seine Nachfolge“ gegen neue LED-Stromschienenstrahler und Deckeneinbauleuchten ersetzt. Gerade bei den damals gezeigten, meist kleinformatigen fotografischen Arbeiten Sanders bedurfte es einer teilweise akzentuierten Exponatbeleuchtung, zumeist aber einer gleichmäßigen Ausleuchtung der Galeriewände. Die Fotografien sollten auf den langen weißen Wänden in schlichter Reihung wahrgenommen werden. Dank dreh- und schwenkbarer Lichtköpfe der ERCO-Logotec-Einbaustrahler und der ERCO-Light Board-Stromschienenstrahler hat die Galerie nun die Möglichkeit, das Licht präzise auszurichten. Mit der entsprechenden Linse wird die perfekte Lichtverteilung für eine Wandflutung oder objektbezogene Beleuchtung erreicht.
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Schon bei der Folgeausstellung „Kalte Rinden – Seltene Erden“ erwies sich diese Flexibilität als ein besonderer Nutzen. Nun mussten großformatige Bilder und dreidimensionale Objekte beleuchtet werden. Dank der wechselbaren Linsen ließen sich die Strahler mit einfachen Handgriffen der neuen Aufgabe entsprechend umrüsten. Als Königsdisziplin der musealen Beleuchtung darf die Beleuchtung langer, unter einem spitzen Winkel zu betrachtender Galeriewände gelten. Das Auge erkennt Ungleichmäßigkeiten, die bei einem Frontalblick verborgen bleiben. In der Galerie ist gerade diese Betrachtungssituation mit den damit verbundenen Anforderungen an die Beleuchtung häufig der Fall. Im Dialog mit den Verantwortlichen der Ausstellung wurde auch diese Aufgabe mit ERCO-Linsenwandflutern gelöst. Die Wände nehmen durch diese Ausleuchtung einen immateriellen Charakter an. Der Ausstellungsraum wird somit erfahrbar, mutet aber dennoch neutral an. Weitere Informationen zum Projekt und zu den eingesetzten Produkten sind unter www.erco.com oder unter der nachfolgenden Adresse erhältlich: Dr.-Ing. Wolfgang Roddewig Leiter Segment Museum Reichenberger Str. 113a, 10999 Berlin Tel. 040-769 967 14 Email w.roddewig@erco.com
tune the light
Besuchen Sie uns auf der Exponatec in Köln 20.-22.11.2013 Halle 3.2 Stand A-030
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Optec Projektionsstrahler mit LED Premiere für den ersten Optec Projektionsstrahler mit LED: Seine kompakte und hocheffiziente Projektionsoptik mit Konturenschiebern erzeugt randscharfe Lichtkegel für eindrucksvolle Lichteffekte. Er ist das technische Glanzstück
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der Strahlerserie Optec, die Lichtkonzepte mit 100% LED in Shops, Galerien oder Museen bringt. Die neue Optec LEDGeneration bietet mehr Output aus kompakteren Gehäusen. Das warmweiße oder neutralweiße Licht der HochleistungsLEDs ist frei von IR- oder UV-Anteilen. Nur bei ERCO gibt
es die innovative LED-Lichttechnik mit Kollimatoren und wechselbaren Spherolitlinsen – der einfache Weg zu effizientem Sehkomfort. www.erco.com/optec
Die App von museum.de verwandelt das Mit der kostenlosen App von museum.de können alle Museen einen Audioguide für Smartphones anbieten.
Eingangsbereich StiftsMuseum Xanten. Links: Tor zum Kreuzgang, Foto: © Uwe Strauch
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Fernsehsender mit einem hochwertigen Kulturprogramm kann nur von 50 speziellen Fernsehern empfangen werden. Diese Fernseher stehen ausgerechnet in der Sendeanstalt und nicht in den Wohnzimmern der Zuschauer. Wäre es nicht schade um die hochwertigen Inhalte, wenn von vornherein nur wenige Menschen in ihren Genuss kämen ? Wie jeder Vergleich, so hinkt auch dieser ein bisschen. Aber eben nur ein bisschen – Tatsache ist, daß der herkömmliche Audioguide mit der museumseigenen Hardware nur im Museum selbst genutzt wird.
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Damit bleibt die Chance ungenutzt, die Tonspuren als effektives Marketinginstrument überregional einzusetzen.
Warum macht es Sinn, das Smartphone der Besucher als Audioguide zu nutzen ?
Eine Führung durch Ihre Ausstellung ist sicherlich am interessantesten, wenn sie lebendig von einem Museumsmitarbeiter geführt wird. Das gibt den Besuchern die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder ein Thema zu vertiefen. Viele Besucher melden sich jedoch aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht zu den angebotenen Führungen an; auch gibt es Zeiten, in denen Führungen ausgebucht nicht sind und nicht angeboten werden können.
Um den Besuchern dennoch ein Hilfsmittel zur inhaltlichen Vermittlung der Ausstellung an die Hand zu geben, bieten viele Häuser einen elektronischen Audioguide an, den man für eine zusätzliche Gebühr ausleihen kann. Sie sind selten im Eintrittspreis enthalten, weil man dann jedem Gast die Verfügbarkeit vorab garantieren müsste. Bei 50 angeschafften Geräten reicht bereits eine Schulklasse, damit kaum noch ein Gerät für weitere Gäste verfügbar ist.
eigene Smartphone in einen Audioguide Mögliche Engpässe ergeben sich, wenn: - alle Geräte sind in Gebrauch - manche Geräte defekt sind - einige nicht aufgeladen sind Nach der Ausleihe müssen die Geräte auch noch gereinigt und desinfiziert werden...
denen Tonspuren prüfen Sie bitte den Vertrag mit dem Tonstudio und halten Rücksprache bezüglich der Nutzung über unsere Platform.
Was liegt also näher, die Hardware zu nutzen, die viele Besucher ohnehin bei sich tragen und mit der sie vertraut sind: ihre Smartphones. Wenn nun auch noch die Bedienung der darauf laufenden Software für die verschiedensten Museen einheitlich ist, dann wird der Museumsbesucher diesen Service schnell zu schätzen lernen.
Wenn diese rechtlichen Fragen geklärt sind, können wir zur Tat schreiten. Nachdem Sie sich als Museum kostenlos registriert haben, können Sie Ihre Tonspuren in verschiedenen Sprachen auf den Server von museum.de hochladen. Es gibt für die Anzahl der Tonspuren und Sprachen keine Begrenzung. Die passende Sprache wird auf dem Smartphone der Besucher automatisch abgespielt - je nach Spracheinstellung des jeweiligen Gerätes.
Die Funktionen des integrierten Audioguides der museum.de-App
Audioguide schon physikalisch auf ihr Smartphone kopiert haben, kann die App im Offline-Modus laufen, wodurch ein reibungsloser Betrieb unabhängig von der Netzabdeckung des jeweiligen Mobilfunk-Anbieters garantiert ist. Voraussetzungen für die Besucher
Genau hier setzt der Audioguide von museum.de an, der für alle Museen und Besucher gratis ist. Die neue App von museum.de integriert unter anderem einen Audioguide, der für alle Museen gleich funktioniert. Das betrifft die einheitliche Bedienung, nicht jedoch die individuellen Inhalte von den Museen! Der Besucher erspart sich die Neuinstallation weiterer Apps und das Erlernen der unbekannten Navigation. Seine Aufmerksamkeit – und allein darauf kommt es an – widmet der Gast allein den Inhalten – nicht dem Erlernen der Navigationskonzepte von unterschiedlichen Museums- Apps. Das System als Ergänzung zu Ihrer Infrastruktur Möglicherweise verfügen Sie bereits über einen Audioguide die entsprechenden Abspielgeräte. Dann kann die Audioguide-Funktion der museum.de- App Ihr Angebot sinnvoll erweitern. Bei Neuvertonungen sollten Sie darauf achten, daß das beauftragte Tonstudio keine Exklusiv-Klausel im Vertrag hat, welche die Nutzung ausschließlich über eigene Hardware erlaubt. Bei vorhan-
Zu jeder Tonspur kann eine Bildergalerie mit bis zu sechs Bildern hochgeladen werden. Diese kann später parallel beim Hören durchgeblättert werden – oder sie laufen in einer zeitlich gesteuerten Diashow zum Text ab; beispielsweise wird passend das dritte Bild ab der 27. Sekunde eingeblendet. Zu jedem der Bilder kann ein Titel mit Langtext angelegt werden. Verfügbarkeit Das System funktioniert innerhalb und außerhalb von Museen zu jeder Zeit. Jede einzelne Tonspur kann unmittelbar über eine mobile Datenverbindung vor Ort geladen und gestartet werden. Möglicherweise gibt es in Ihrem Gebäude Probleme mit dem mobilen Datenempfang. Daher empfehlen wir, den Audioguide mit allen Tonspuren bereits vor dem Besuch über das heimische WLAN zu laden. Sie könnnen auch einen WLAN-Hotspot an der Museumskasse installieren. Wenn die Besucher Ihren kompletten
Die App läuft momentan auf dem iPhone, iPod und iPad. Bis Ende 2013 wird auch die Android- Version verfügbar sein. Sicherlich wird es auch künftig Besucher geben, die das Museum gänzlich ohne Smartphone betreten. Gegebenenfalls ist der Akku mancher Handys schon im Reservezustand. Für diesen Fall empfiehlt es sich, einige iPods zur Ausleihe an der Kasse zur Verfügung zu stellen. Einfache Pflege der Inhalte Das System wird inhaltlich von den Mitarbeitern der Museen selbst gepflegt. Neben den üblichen Informationen wie Stammdaten, Bildergalerien, Nachrichten und Ausstellungsterminen können auch die Tonspuren direkt auf den Server hochgeladen werden. Letztlich entfallen dadurch Kosten für externe Anbieter. Jederzeit können Tonspuren eigenständig ersetzt, ergänzt oder gelöscht werden. Sobald der Besucher den Audioguide zu Ihrem Museum startet, werden die Änderungen automatisch aktualisiert. „Aber wir hatten eigentlich geplant, für unser Museum eine eigene App erstellen zu lassen...“ Die Entwicklung einer App ist eine kostspielige Angelegenheit. Durch die Pflege und mögliche Funktionserweiterungen ist nach der ersten Programm-Version mit zusätzlichen Kosten zu rechnen. Sicherlich gibt es spezielle didaktische Konzepte, die genau für eine einzige Ausstellung anwendbar sind. In solchen Fällen macht
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es Sinn, eine eigene App entwickeln zu lassen. Worin liegt der Vorteil einer gemeinsam genutzten Plattform ? Zunächst entfallen sämtliche Entwicklungskosten für die Plattformen iOS und Android. Das komplette System inklusive des Backends – dem geschützten Bereich für die Datenpflege – stellt museum.de uneingeschränkt kostenlos zur Verfügung. Eine eigene App müssen Sie zunächst selbst bewerben. Sie ist dann nur für die Besucher interessant, die ausschließlich Ihr Museum besuchen. Eigentlich möchten Sie aber museumsinteressierte Menschen bundesweit ansprechen. Beispiel: Ein Museumsbesucher schaut sich eine Ausstellung in einem Museum in Hamburg an. Eine Woche später macht der Gast Urlaub in München. Wenn er für seinen Besuch in Hamburg bereits die App von museum.de geladen hat, sind die Museen in München nur noch wenige Klicks entfernt. Die App von museum.de zeigt unter anderem eine Liste der Museen an, die einen Audioguide angelegt haben. Stellen Sie sich vor, wie begehrt diese Liste aus der Sicht der Besucher sein wird! Erinnert das nicht ein wenig an die Geschenke unter einem Tannenbaum? Der Unterschied ist der, dass hier nicht die Pakete von den Verwandten aus der Nähe zu finden sind, sondern die Audioguides von vielen Museen aus allen Regionen.
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Scan des QR-Codes automatisch auf den App-Store oder zu Google Play, wo er die App kostenlos installieren kann. Nach dem Start der App scannt er den Code nochmals mit dem integrierten QR-CodeScanner ein und erhält alle relevanten Daten zu Ihrem Museum inklusive einer Liste der vom Museum angelegten Tonspuren. Wie funktioniert die Beschriftung? Wie werden die einzelnen Audiobeiträge gestartet? Betrachten wir hierzu den abgebildeten QR-Code:
Scan vom QR-Code oder alternativ durch die manuelle Eingabe der beiden Zahlen starten. Im Auftrag von museum.de hat die Firma soundgarden audioguidance® GmbH (www.audioguide.de) insgesamt 15 Stationen in Xanten exemplarisch in den Sprachen Deutsch, Englisch, Niederländisch und Französich vertont. Davon entfallen 8 Stationen auf das StiftsMuseum Xanten und 7 Stationen auf das SiegfriedMuseum Xanten. Um die Funktionsweise außerhalb der Museen zu demonstrieren, haben wir alle Stationen im Außenbereich umgesetzt. Auf der benachbarten Seite sieht man, dass die QR-Codes als wetterfeste transparente Aufkleber auf bereits vorhandenen Informationstafeln angebracht wurden. Als Lieferanten können wir hierfür die Firma Informationstechnik Meng GmbH empfehlen (www. meng.de). Am Ende der jeweiligen Audiospuren gibt es eine Besuchs-Empfehlung zu einem der beiden Museen. Der Audioguide wird dadurch zum digitalen Hinweisschild zum Museum.
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Das Prozedere für den Besucher
Es handelt sich hier konkret um eine Tonsspur zum StiftsMuseum Xanten. Er ist in unmittelbarer Nähe des Eingangs platziert. Die Nummern unter dem QRCode folgen der Systematik „Museums-Nr – Tonspur-Nr“.
Es gibt zu jedem Museum einen eigenen QR-Code, der automatisch generiert wird und im Backend zur Datenpflege zum Download bereitsteht. Sie können diesen Code auf Ihrer Website einfügen oder in Ihren Drucksachen integrieren. Hat ein Besucher die App von museum. de noch nicht installiert, gelangt er beim
Das StiftsMuseum ist innerhalb von museum.de mit der Nummer 2 eindeutig identifiziert. Die zweite Ziffer für die Tonspur Nr. 100 wurde vom Administrator selbst definiert. Das System generiert wieder eigenständig den druckfähigen QR-Code, den Sie später für die Erstellung eines Aufklebers später benötigen. Den Tonbeitrag kann man durch den
Den Audioguide für das Domizil von museum.de im Meerturm Xanten startet man mit „1-1“, die Audioguides vom StiftsMuseum mit „2-100“, „2-101“, „2-102“, „2-103“, „2-104“, „2-105“, „2106“, „2-107“. Die Audioführungen zum SiegfriedMuseum Xanten erhält man über die Zahlenpaare „3-100“, „3-101“, „3-102“, „3-103“, „3-104“, „3-105“, „3-106“. Nun stellt sich die Frage, warum wir bei beiden Museen mit der Nr. 100 begonnen haben. Audioguide innerhalb der Museen Im StiftsMuseum existiert bereits ein Audioguide. Die Vitrinen sind durchgehend von 1 bis 40 vertont. Wenn man die bereits vorhandenen 40 Tonspuren über museum.de verfügbar macht, kann man die Nummerierung an den Vitrinen übernehmen und muss keine neue Vitrinenbe-
schriftung anbringen. Vorsorglich haben wir für die Zukunft die Zahlen bis 100 für den Innenbereich der beiden Museen reserviert. Fazit Sowohl die App von museum.de als auch die Nutzung der Infrastruktur durch die Museen ist gratis. Die Besucher nutzen ihr eigenes Smartphone als Audioguide zu jeder Zeit und überall. Bei der Nutzung der Platform von museum.de kümmern sich Museumsmitarbeiter nur um die Inhalte – nicht um die technische Infrastruktur. Durch die gemeinsame Plattform wird ein breiter Kommunikationskanal zwischen allen Museen und allen Museumsbesuchern aufgebaut. Dieser Kanal funktioniert für Museen zielgruppenspezifisch ohne Streuverlust und gleichzeitig überregional. Genau darin liegt nämlich das Dilemma: Vielerorts besuchen die Ortsansässigen ihr eigenes Museum nur selten. Museen sind meist Ausflugsziele oder werden im Urlaub besucht. Überregionale Werbung hat bisher einen hohen Streuverlust und ist häufig kaum bezahlbar. Mit der App von museum.de schließen wir genau diese Lücke. Wir werden aufkommende Fragen und Antworten unter http://faq.museum.de auflisten und gern beantworten. Falls Sie zum Beispiel an einem Banner für eine aktuelle Ausstellung auf der Startseite, einem Beitrag im Besuchermagazin oder einem Bild auf der Homepage interessiert sind, finden Sie die passenden Informationen unter http://marketing. museum.de. Anfang Januar 2014 wird es übrigens ein Mailing von PayPal geben, in dem die Installation der App von museum.de bei über 9 Millonen Kunden empfohlen wird. Gern können wir uns auch zu einem persönlichen Gespräch auf der EXPONATEC oder im Meerturm Xanten verabreden. Ihr Uwe Strauch
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AUF DEM WEG IN DEN WINTERURLAUB WARTEN WIR AUF UNSEREN ANSCHLUSSFLUG. ER GEHT ERST IN
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STUNDEN. WAS MACHEN WIR MIT DER FREIZEIT?
WIE GUT, DASS ES DIE APP MUSEUM. DE GIBT.
DIE EMPFEHLUNG KAM VON FREUNDEN UND JETZT HABEN WIR SIE AUF UNSEREN SMARTPHONES INSTALLIERT. 12
DIE APP ZEIGT AUTOMATISCH ALLE MUSEEN IM UMKREIS. SIE WEIST AUCH AUF SONDERAUSSTELLUNGEN HIN.
DIE AUSSTELLUNG IM KUNSTMUSEUM GEF€LLT UNS AM BESTEN. EIN KLICK UND WIR K…NNEN DIE TICKETS MOBIL BESTELLEN UND BEZAHLEN. DAZU BEKOMMEN WIR AUCH NOCH KOSTENLOS DEN AUDIOGUIDE.
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hasan.kocbay@gmail.com
DAS TICKET WURDE UNS ALS BARCODE SOFORT AUF DAS DISPLAY DES SMARTPHONES GESCHICKT. SO KOMMEN WIR OHNE ANZUSTEHEN IN DIE AUSSTELLUNG UND K…NNEN ZUDEM NOCH DEN KOSTENLOSEN AUDIOGUIDE NUTZEN.
UND DAS ALLES OHNE AUFWAND Ð DANK DER APP MUSEUM. DE
Wollen Sie die neue App von museum.de live erleben? Dann besuchen Sie uns am 21. November 2013, um 14:00 Uhr, auf unserem Stand bei der EXPONATEC in Kšln, Halle 3.2, Gang A, Stand 070. Dort prŠsentieren wir die App erstmals der …ffentlichkeit. Gerne demonstrieren wir Ihnen die App auch an einem anderen Messetag. FŸr einen Termin rufen Sie uns einfach an: 0221 940501-90. 14
5. Oktober 2013 – 23. März 2014 Stuttgart · Altes Schloss www.zaren-stuttgart.de alb Innerh en zur k Tag von 3 g und zurüc llun Ausste it p.P. m tur. ab is Kul e r p r a p dem S w.bahn.de/ ww kultur
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Der Bergpark Wilhelmshöhe – Weltkulturerbe und einzigartig
Am 23. Juni 2013 um 10.03 Uhr bestätigte der Vorsitzende des internationalen UNESCO-Komitees die Aufnahme des Bergparks Wilhelmshöhe in die Liste des Kultur und Naturerbes der Welt. Die Auszeichnung für über zehn Jahre intensiver Forschung, Vorbereitung und Erarbeitung des Antrages.
Der Bergpark Wilhelmshöhe entstand im Laufe von fast 300 Jahren, die Anfänge seiner Anlage und Gestaltung gehen auf das Jahr 1678 zurück. Er erstreckt sich vom monumentalen Herkulesbauwerk über die 250 Meter lange Kaskadenanlage bis hinunter zum Schloss Wilhelmshöhe und darüber hinaus. Der Bergpark gilt als einer der größten Europas und bildet ein einzigartiges Kulturdenkmal. Er diente bis 1866 den Landgrafen und Kurfürsten von Hessen-Kassel, danach den preußischen Königen und deutschen Kaisern als Sommerresidenz.
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Ein einmaliges Schauspiel bieten die berühmten Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe. Sie sind zweifellos die bedeutendste touristische Attraktion, die Kassel seinen Besuchern zu bieten hat. Die barocken Anlagen, die sich vom Herkules-Mo-
nument abwärts über die Kaskaden erstrecken, entstanden Anfang des 18. Jahrhunderts. Sie wurden ab Ende des 18. Jahrhunderts durch weitere Wasserbilder im Park ergänzt, welche die Form des englischen Landschaftsgartens anstreb-
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ten. Besucher können den Wasserspielen heute ab dem Herkules-Monument folgen und wandern entlang der Kaskaden in den Park hinein, zu tosenden Wasserfällen, romantischen Bachläufen bis hin zu einer rund 50 Meter hohen Fontäne. In Form eines Geysirs bildet die Fontäne einen der Höhepunkte der Wasserspiele. Anschließend haben Besucher die Möglichkeit, mit dem Wasser weiter im Park zu spazieren, oder den Blick von einem der zahlreichen besonderen Aussichtspunkte
zu genießen. Das Herkulesbauwerk hat wie kein anderes Denkmal Nordhessens identitätsstiftende Bedeutung. Das Monument ist von allen Standorten Kassels aus sichtbar und leitet mit der Kaskadenanlage die barocken Wasserkünste ein. Seit seiner Errichtung musste das Denkmal immer wieder instand gesetzt und in seiner anfälligen Statik gesichert werden. Dies begann 2006 mit der Restaurierung der Herkulesfigur, die 2008 erfolgreich abgeschlossen wurde. Seitdem erfolgt die Grundinstandsetzung und Restaurierung des monumentalen Oktogons und der östlich aufgesetzten Pyramide. Dabei steht vor allem die Konservierung des witterungsanfälligen Tuffsteinmauerwerks im Vordergrund. Unter den zahlreichen Glanzpunkten der Wilhelmshöher Parkanlage stellt die Löwenburg ein außergewöhnliches Zeugnis fürstlicher Bautätigkeit dar. Das malerisch im Bergpark Wilhelmshöhe gelegene Bauwerk bildet einen imposanten Blickfang innerhalb der weitläufigen Anlage, aus der Ferne wirkt es wie das Idealbild einer romantischen Ritterburg des Mittelalters.
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Eingebunden in das Gesamtkunstwerk Bergpark Wilhelmshöhe entstand ab 1786 das Schloss Wilhelmshöhe. Zunächst die Seitenflügel, der südliche Weißensteinflügel, der nördliche Kirchflügel und schließlich das Corps de Logis. Erst im 19. Jahrhundert wurden diese Gebäude durch Verbinderbauten zum heutigen Schloss Wilhelmshöhe vereint. Das Schloss beherbergt die Gemäldegalerie Alte Meister, die zu den bedeutendsten ihrer Art zählt sowie die Antikensammlung, die den Besuchern eine Zeitreise in die antiken Kulturen des Mittelmeerraumes ermöglicht. Welterbe in Zahlen • Kassel Bergpark Wilhelmshöhe Weltkulturerbe seit dem 23. Juni 2013 • Fläche des Bergparks: 550 ha inklusive Wassereinzugsgebiet • Länge der Wasserläufe insgesamt: 12 km • Wassermenge einer Wasserspiel-Inszenierung: 750.000 l • Höhe des Herkules-Monuments: 77,30 m (40 m hohes Oktogon mit der 26 m hoher Pyramide, 8,30 m große Kupferstatue des Herkules auf einem 3 m hohen Sockel) Alle Fotos: © Arno Hensmanns. http://www.museum-kassel.de http://www.weltkultur-kassel.de
Eine extrem leise, kompakte, vielseitige und extrem energieeffiziente Lichtgeneratorserie von Roblon. Reduziert den
Lineare LED Beleuchtung. Die Roblon EssentialLED Serie für den Innenbereich, für Vitrinen- und Regalbe-
Energieverbrauch um mindestens 63% im direkten Vergleich mit Halogen-Generatoren bei gleicher Lichtleistung.
leuchtung und für ist die Be- und Ausleuchtung von Objekten und Oberflächen. Licht zum Diese Produktserie bereits in vielen internationalen und bedeutenden nationalen Museen zum Hinsehen. Einsatz gekommen. Mehrere Farbtemperaturen. Mehrere Konfigurationen.
‘The point is not to see the lighting technology, but to see the effect.‘ David Grill, President David Grill Associates, New York, USA
‘When people look at a display, they don’t notice the
• Dimmbar. Warm weißes Licht • Hohe LED-Qualität mit 90+ CRI • Austauschbares LED Modul
lights at all, they only notice the exhibits.‘
• Extrem lange Lebensdauer • Einfache Handhabung • 1:1 anwendbar bei existierenden Glasfaserreferenzen.
Connie Nelson, Executive Director
• Ideal für viele funktionelle Lichtlösungen z.B. in Vitrinen.
The Eccles Salt Lake 2002, Olympic Museum Joe Quinney Winter Sports Center, Utah Olympic Park, USA
Besuchen Sie uns auf der EXPONATEC COLOGNE 20. - 22.11.2013
Besuchen Sie uns auf der EXPONATEC COLOGNE 20. - 22.11.2013 „Wir lieben die Beschäftigung mit winzig kleinen Details. Der Gesamtentwurf muss absolt zuverläsEinheitliche und gleichmäßige Lichtverteilung • Klare und diffuse Linsen zur Unterstützung • Mit und ohne Ausstrahlwinkel. sig sein, dann bringen die kleinsten Details das Ausgezeichnete Lichtleistung • Hoher CRI Wert • Neue Generation der Nichia-LED Technologie • Einfach zu installieren. Ganze zum Lächeln“ Leicht zu bewegen • Einfach zu wiederzuverwenden • Hohe Produktqualität, niedriger Energieverbrauch • LED-Beleuchtung
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Licht und Glas: eine Kunst in der Kirche Wie jede Art von Design, so wird auch Lichtgestaltung in ihrer Zweckgebundenheit allgemein weniger als Kunst denn als Werkzeug verstanden. Wo ein Instrument seine vorgegebene Funktion jedoch ebenso intelligent wie kreativ erfüllt und seinem Objekt erst zu voller Strahlkraft verhilft, mag man es womöglich doch in den höheren Stand eigenständiger Kunst erheben...
Als die Glas-Installation „A Pilgrim’s Journey“ der norwegischen Künstlerin Borgny Svalastog auf dem Weg zu ihrem endgültigen Bestimmungsort, dem norwegischen Skien, war, hatte sie bereits eine mehrjährige Reise hinter sich. Die Ausstellung, bestehend aus 1.000 mundgeblasenen „Pilgerschuhen“ in sieben Farben, einem gläsernen, in den Boden eingelassenen „Fluss des Lebens“ und einem ebenfalls aus mundgeblasenen Schuhen zusammengesetzten Kreuz, war im Jahr 2006 erstmals im Museo das Peregrinacións im Wallfahrtsort Santiago de Compostela gezeigt worden. Über verschiedene europäische Museen und Galerien war sie nun vorerst im Nidaros-Dom in Trondheim angelangt, dem Ziel des St.-Olav-Pilgerwegs.
achtlos abgestreift. Sie zeigen zunächst in alle Richtungen; erst am Ziel, über dem sechs Meter hohen Altar, fügen sie sich zusammen zu einer erkennbaren Form. Das Motiv der Pilgerreise als Sinnbild jeder menschlichen Suche – nach Gott, nach Erkenntnis und Sinn, nach sich selbst, nach einem Aufgehen in der „Menschheitsfamilie“… – findet sich im gesamten Werk Svalastogs; die Aufgabe, es in der aktuellen Arbeit zu erfassen und die Objekte dem Gesamtkonzept entsprechend zu beleuchten, übertrug man vor der endgültigen Installation in der Skiener Gulset-Kirche dem norwegischen Lichtdesigner Mathias Andersson. Glas und Licht: An- und Durchblick
Wallfahrt: wandern, suchen, „ankommen“ Manche der teils ungefärbten, zum größeren Teil bunten gläsernen Schuhe sind einzeln in Vitrinen ausgestellt, andere in Paaren und gruppiert nach Farben, teils ordentlich aufgereiht, teils wie gerade eben
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Der ursprüngliche Lichtplan sah vor, alle Objekte jeweils vom Boden und der Decke aus zu beleuchten. Dies hätte die gesamte Wand, aber keines der Objekte in besonderer Weise erhellt. Andersson suchte dagegen eine Lösung, die sowohl die starke assoziative Wirkung der Expo-
nate als auch das spezifische Wirkpotential des verwendeten Materials ausschöpft. Geringe Abmessungen der Beleuchtungskomponenten sowie die wärme- und UVfreie Beleuchtung mit hoher Lichtstärke prädestinierten die faseroptischen Systeme von Roblon für diese Aufgabe. Die Schuhe werden nun gleichsam von innen beleuchtet; sehr kleine Armaturen sind individuell angepasst und in den engen Vitrinen nahezu unsichtbar fixiert. Das nicht nur auf-, sondern auch durchscheinende Licht lässt im Wechselspiel mit Tageslicht und Raumbeleuchtung das widersinnig scheinende Material der Schuhe – Glas – seine ganze geradezu mystisch anregende Wirkung entfalten. Der Blick wird wie magisch angezogen, findet im Material jedoch keinen Halt, er sucht und wandert weiter… Ziel des Weges und Zentrum der Installation ist das sich über dem „Fluss des Lebens“ hinter dem Altar erhebende Kreuz. Seine Struktur ist deutlich erkennbar; die
Form ergibt sich wiederum aus einer Anordnung von gläsernen Schuhen. Wo diese für sich genommen inspirierend, aber auch zerbrechlich und kaum Halt gebend durchscheinen, fügen sie sich hier zu einer stabilen und deutlichen Form. Dass beides – Struktur und Gestalt – deutlich wird, ist wiederum der geschickten Beleuchtung geschuldet. Hinten und seitlich angebracht, kann der Effekt je nach aktueller Situation gesteuert werden. Während des Gottesdienstes wird die Aufmerksamkeit ein wenig von der Installation abgelenkt; sobald mittels eines schlichten Raumlicht-Dimmsystems die Umgebungshelligkeit sinkt, kann die Installation sich wieder stärker im „Fluss des Lebens“ reflektieren. Die Künstlerin Borgny Svalasotog, so viel darf verraten sein, war von der durch das kongeniale Lichtkonzept noch gesteigerten Wirkung der Installation tief bewegt – sie weinte. Die Gemeindemitglieder der Skiener Gulset-Kirche sind jetzt regelmäßig von „Kultur-Wallfahrern“ umgeben, die dem europaweiten Ruf des gelungenen Gesamtkunstwerks folgen.
Künstler: Borgny Farstad Svalastog | www.borgnysvalastog.no Architekt: Reidar Aasen | Boerve & Borchsenius | www.ark-bb.no Lichtplaner: Mathias Andersson | Redlight Design | www.rldas.no Vertragspartner: AVAB CAC | www.avab-cac.no Lichtlösungen von Roblon: 30 x schwarze Mini-Downlight-Wide-Armaturen 94 x weiße Avant-garde size 2-10 Focus-Armaturen 4 x 150-Watt-Lichtgeneratoren Roblon PMMA Ø 4.5 mm Faser Fotos © Mathias Andersson Text: Annette Stassen
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Ausstellungsraum der Niederländischen Malerei mit Werken von Hans Memling und des Meister von Frankfurt. Foto: © Staatsgalerie Stuttgart 2013
Neupräsentation der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart Die Staatsgalerie Stuttgart präsentiert sich unter der Leitung der neuen Direktorin Christiane Lange von nun an in frischem Glanz. Seit Januar 2013 an der Spitze des Museums, ist es der 49-jährigen Kunsthistorikerin ein Anliegen, die umfangreiche Sammlung in ihrer kunsthistorischen Entwicklung zu erschließen. Die Besucher erwartet ein Parcours durch 800 Jahre Kunst auf ca. 9.000 qm Ausstellungsfläche. Aufbauend auf ehemals landesfürstlichem Besitz, formten seit der Museumsgründung im Jahr 1843 weitsichtige Direktoren eine Sammlung mit internationalem Ansehen in Stuttgart. Dank großzügiger Landesmittel und einer vorausschauenden Ankaufsstrategie erhielt die Staatsgalerie Stuttgart ein unverwechselbares Profil mit ihren einzigartigen
Werkensembles der Klassischen Moderne und der Gegenwartskunst. Regionale Schwerpunkte unter den Alten Meistern, wie das private Andachtsretabel des Meisters von Meßkirch und der „Herrenberger Altar“ von Jerg Ratgeb, setzen herausragende Akzente. Der nach Epochen und Schulen gehängte Rundgang durch die Sammlung führt durch drei verschiedene Gebäude und umfasst den Altbau, den Stirling-Bau sowie die Steib-Hallen. Unterstützt durch ein inhaltlich abgestimmtes Farbkonzept und ein Leitsystem, das sich an den baulichen Vorgaben orientiert, erlebt der Besucher die Werke in ihrer kunsthistorischen Entwicklung. Die Größe und Bedeutung der einzelnen Sammlungsbereiche lassen sich eindrucksvoll nachvollziehen. Mit der
Neuordnung der Sammlung ging eine nach knapp 30 Jahren grundlegende Sanierung des Stirling-Baus einher. Dessen Foyer mit dem grünen Noppenboden wird künftig der einzige Eingang für die Besucher sein. Dort befinden sich auch der neu eingerichtete Museumsshop, das Museumscafé und erweiterte Serviceeinrichtungen. Im Altbau wird weiterhin ein Ausgang für die Besucher zur Verfügung stehen. Die Sammlungsbereiche 1350 –1550 Altdeutsche Malerei Erdgeschoss Altbau Die Sammlung der Alten Meister in der Staatsgalerie Stuttgart entstand aus einem frühen Kernbestand altschwäbischer
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Saal der franzÜsischen Impressionisten mit Werken von Camille Pissarro, Gustave Courbet, Claude Monet und Pierre Bonnard Foto: Š Staatsgalerie Stuttgart 2013
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Tafelmalerei, der durch Ankäufe von Altarwerken des Meisters von Meßkirch und Hans Holbein d. Ä. in den letzten Jahren maßgeblich gestärkt wurde. Das Bedürfnis nach gesteigertem Ausdruck in der spätmittelalterlichen Bildwelt setzt Jerg Ratgeb in seinem „Herrenberger Altar“ (1519) auf besonders eindrucksvolle Weise um. Dieses Hauptwerk der Sammlung Altdeutscher Malerei tritt in den Dialog mit dem „Wildensteiner Altar“ (1536) des Meisters von Meßkirch, der erst 2013
durch eine gemeinsame Anstrengung des Landes Baden-Württemberg mit der Kulturstiftung der Länder sowie der Ernst von Siemens Kunststiftung angekauft werden konnte. 1480 – 1700 Niederländische Malerei Erdgeschoss Altbau Bilder der Niederländischen Schule, darunter „Bathseba im Bade“ (um 1485) von Hans Memling, gehörten bereits zum
Bestand der landesfürstlichen Sammlungen. Es sind die berühmten Meister wie Jan van Goyen, Frans Hals, David de Heem, Rembrandt Harmensz. van Rijn und Peter Paul Rubens, die das „Goldene Zeitalter“ der Niederländischen Malerei in der Sammlung eindrucksvoll belegen. Mit einer beachtlichen Gruppe von flämischen Landschaftsbildern lässt sich die facettenreiche Entwicklung des Bildthemas im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts exemplarisch verfolgen.
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1300 – 1800 Italienische Malerei, Obergeschoss Altbau Die Sammlung Italienischer Malerei entfaltet ein vielfältiges Panorama von der Frühgotik bis zum Barock. Die beiden
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Tafelbilder des Meisters der Erbach’schen Tafeln mit den 44 Szenen aus der Apokalypse des Evangelisten Johannes (um 1330/40) gehören zu den bedeutendsten Werken der Trecentomalerei in deut-
schem Museumsbesitz. Die Erwerbung der Sammlung „Pinacoteca Barbini-Breganze“ im Jahr 1852 setzte einen neuen Schwerpunkt mit venezianischen Barockgemälden von Giovanni Bellini, Vittore
Einer der letzten erhaltenen Räume des 19. Jahrhundert im Altbau der Staatsgalerie. Zu sehen sind Werke von Giovanni Biliverti, Bernardo Strozzi, Luca Giordano u.a. in einer dichten Hängung., Foto: © Staatsgalerie Stuttgart 2013
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Carpaccio und Giovanni Antonio Canal, gen. Canaletto. Der gemalte Entwurf zum Deckenfresko im Kaisersaal der Würzburger Residenz von Giambattista Tiepolo ragt unter dieser Werkgruppe hervor. 1750 – 1900 Europäische Malerei und Skulptur Obergeschoss Altbau Über drei Flügel des Altbaus erstreckt
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sich die Präsentation der unterschiedlichen künstlerischen Strömungen des 19. Jahrhunderts. Dessen bedeutende Vertreter Carl Gustav Carus, Caspar David Friedrich, Paul Gauguin, Édouard Manet, Claude Monet, Auguste Renoir und Max Slevogt zeichnen ein eindrucksvolles Bild einer durch Vielfalt und Gegensätzen geprägten Epoche. Einzigartig ist die umfangreiche Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart an Wer-
ken des Schwäbischen Klassizismus mit seinen wichtigsten Repräsentanten Johann Heinrich Dannecker, Philipp Friedrich Hetsch und Gottlieb Schick. Zudem ist die Staatsgalerie das einzige Museum deutschlandweit, das mit dem achtteiligen „Perseus-Zyklus“ (1877-1892) von Edward Burne-Jones ein Schlüsselwerk des bedeutenden britischen Präraffaeliten besitzt.
Ausstellungsraum des 19. Jahrhunderts mit den Werken der Schwäbischen Klassizisten, Foto: Š Staatsgalerie Stuttgart 2013
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1900 – 1980 Internationale Malerei und Skulptur Obergeschoss Stirling-Bau Durch das bahnbrechende Toto-Lotto-Gesetz standen in den Jahrzehnten nach 1958 in Baden-Württemberg erhebliche Mittel für den Ankauf von Spitzenwerken zur Verfügung. Nahezu alle großen Namen der Internationalen Kunst seit 1900 belegen den Ruf der Staatsgalerie Stuttgart als eine der besten im Bereich
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der Moderne. Beispielhaft hierfür stehen am Beginn des Rundganges durch die lichten Räume des Stirling-Baus die vier monumentalen Rückenakte in Bronze von Henri Matisse. Der Weg geht weiter zu Werkgruppen der Künstler der „Brücke“, des „Blauen Reiter“, von „Surrealismus“, „Bauhaus“ und der „Neuen Sachlichkeit“ zur deutschen Nachkriegsmoderne und der amerikanischen Pop-Art. Der Rundgang führt anschaulich vor Augen, wie sich die gegenständliche und abstrakte
Kunst im 20. Jahrhundert gegenüberstehen. Die für ihre umfangreichen Werkensembles von Max Beckmann, Pablo Picasso, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister und Alberto Giacometti bekannte Staatsgalerie feiert diese Künstler in jeweils eigenen Hauptsälen. Hierzu gehört auch der Joseph Beuys-Raum, ein besonderer Höhepunkt, zeigt dieser doch mittlerweile die weltweit einzige vom Künstler selbst inszenierte Präsentation seiner Arbeiten.
Die Farbklänge des Blauen Reiter und seines Umkreises mit Franz Marcs „Kleinen blauen und gelben Pferden“ (1911/12). Foto: © Staatsgalerie Stuttgart 2013
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Die Räume der Internationalen Malerei, Skulptur und Gegenwartskunst mit dem Bildnis der Patti Smith von Franz Gertsch und anderen Werken. © Staatsgalerie Stuttgart 2013, © Museum Franz Gertsch, 2013
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1960 – heute Internationale Malerei, Skulptur und Gegenwartskunst Obergeschoss Altbau, Steib-Hallen Die Präsentation der vielfältigen künstlerischen Ausdrucksformen von den 1960er-Jahren bis zur Gegenwart führt vom Altbau bis in die beiden Hallen des Steib-Baus. Sie beginnt mit dem „Bilderrätsel“ von Marcel Broodthaers: Ein Ensemble von 68 Schildern, die das Museum als Institution ironisch hinterfragen. Die unterschiedlichen Positionen von Franz Gertsch, Rosemarie Trockel, Donald Judd, Sol LeWitt, Richard Long, Anselm Kiefer und Jeff Koons unterstreichen die zunehmende Pluralisierung der Kunst der Gegenwart. Im Steib-Bau findet sich das jüngst von den Freunden der Staatsgalerie erworbene Werk, die Wandarbeit „Rajahsthan“ (2012) von Bridget Riley, und ein neu eingerichteter Filmraum, in dem zunächst eine Videoarbeit des Künstlerduos Peter Fischli und David Weiss zu sehen ist. Raumgreifende Installationen von Bruce Nauman, Isa Genzken und Joseph Kosuth belegen eindrucksvoll den Ausbau der Sammlung der Gegenwartskunst.
Farbkonzept in den Sammlungsräumen Das neue Farbkonzept lenkt den Blick des Betrachters in allen Sammlungsbereichen des Museums bewusst auf die einzelnen Werke. Unterstützt durch den farbigen Hintergrund beginnen sie, aus sich selbst heraus zu leuchten. Mit Hilfe der Verwendung dunkler Farbtöne, insbesondere im Bereich der Alten Kunst, erhalten die Gemälde eine besonders ausdrucksstarke Wirkung im Raum. Gerade bei den Alten Meistern, deren Werke über die Jahrhunderte häufig nachgedunkelt sind, werden durch den geringen Kontrastunterschied zur Wand Details sichtbar gemacht, die sonst nicht wahrnehmbar wären. Jede Schule und Epoche hat ein eigenes, fein differenziertes Farbspektrum aus unterschiedlichen Farbvaleurs, die auch die Orientierung im Haus erleichtern. Neue Audioführung durch die Sammlung Anlässlich der Neupräsentation der Sammlung bietet die KunstVermittlung der Staatsgalerie Stuttgart in Zusammen-
Besuchen Sie unseren Stand auf der EXPONATEC 2013, Halle 3.2, Gang D 068
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arbeit mit Antenna International erstmals eine Audioführung durch die ständige Sammlung an. 60 Stationen gewähren dem Besucher eine ideale Möglichkeit, bei einem chronologischen Gang durch die Epochen der Kunst mehr über ausgewählte Hauptwerke in der Staatsgalerie zu erfahren. Persönliche Einführungen der Kuratoren in die einzelnen Abteilungen, Musik und Künstlerzitate bereichern diese Tour durch die Kunstgeschichte, die künftig mit immer neuen Tracks erweitert wird und damit aktuell bleibt. Eine weitere Audioführung für Kinder bietet eine spannende Entdeckertour durch die Klassische Moderne an: Sachgeschichten und kleine Spielszenen mit Musik oder Geräuschcollagen wechseln einander ab. Dabei gibt es keinen vorgeschriebenen Parcours: Förderung der Neugier auf Kunst und das eigene Erleben stehen im Vordergrund. Barrierefreiheit und Teilhabe ist der Staatsgalerie Stuttgart wichtig. Daher unterstützt ab jetzt eine Führung in Deutscher Gebärdensprache (DGS) den Museumsbesuch von hörgeschädigten und gehörlosen Menschen.
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Kunsthistorisches Museum Wien Wiedereröffnung der Kunstkammer Wien
Dr. Sabine Haag mit Saliera, Generaldirektorin Kunsthistorisches Museum Wien, Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien
Die Kunstkammer Wien ist weltweit die bedeutendste ihrer Art und seit März 2013 in neuer Pracht wieder für alle zugänglich. Die Wiedereröffnung der Kunstkammer Wien und die zeitgemäße Präsentation dieser einzigartigen Sammlung stellen eines der wichtigsten Kulturprojekte Österreichs dar und sind von großer historischer Bedeutung. Vom späten Mittelalter bis zur Barockzeit sammelten die Kaiser und Fürsten aus dem Hause Habsburg hier das Seltene und Außergewöhnliche und die Künstler schufen für sie virtuose Kunstkammerstücke aus kostbaren Materialien wie
Elfenbein, Bronze und Gold. Als „Wiege des Kunsthistorischen Museums“ umfasst die Kunstkammer Wien in ihren kostbaren Höhepunkten herausragende Goldschmiedearbeiten wie die berühmte „Saliera“ von Benvenuto Cellini, Spitzenleistungen der Skulptur, darunter die „Krumauer Madonna“, sowie meisterhafte Bronzestatuetten, filigrane und bizarre Elfenbeinarbeiten, virtuose Steingefäße, aber auch komplizierte Automaten und vieles mehr. Die Kunstkammer Wien wurde im Frühjahr 2002 geschlossen, da die Präsentation der Werke im Hinblick auf die konservatorischen Rahmenbedingungen, die
museale Technik und Präsentation sowie die didaktische Aufbereitung internationalen Standards nicht mehr gerecht wurde. Mit der Finanzierungszusage durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur konnten ab Sommer 2010 die vollständige Sanierung der 20 Räume auf einer Fläche von rund 2.700 m2 sowie die Neuaufstellung der Sammlung, bestehend aus rund 2.200 ausgewählten Kunstkammerobjekten, in Angriff genommen werden. Die Gesamtkosten für die Neuaufstellung der Kunstkammer Wien betrugen insgesamt 18,56 Mio. Euro. Die Finanzierung erfolgte durch Mittel des Bundesministeriums für
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Benvenuto Cellini (1500-1571), Saliera, Paris, 1540-1543 Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien
Unterricht, Kunst und Kultur in Höhe von 15,06 Mio. Euro sowie durch Eigenmittel in Höhe von 3,5 Mio. Euro. „Es ist soweit“, freute sich Generaldirektorin Sabine Haag, „mit der Wiedereröffnung der Kunstkammer Wien können wir nun endlich eine große Lücke in unserer Sammlungspräsentation schließen und somit dieser so bedeutenden Sammlung wieder den ihr gebührenden Platz zurückgeben. Wir haben sozusagen ein ‘Museum im Museum’ eröffnet – ein großartiger Zugewinn für unser Haus und für all unsere zukünftigen Besucherinnen und Besucher. Die Neugierde, die Lust am Entdecken und das Begreifen der Welt durch Sammeln war ein zentraler Antrieb für die Errichtung frühneuzeitlicher Kunstkammern. Dieses lustvolle Lernen macht die Kunstkammer Wien für das heutige Publikum, insbesondere auch die junge Generation, besonders attraktiv. Ich bin stolz darauf, dass wir dieses kulturelle Großprojekt innerhalb des zeitlichen und budgetären Rahmens umgesetzt haben.“ DIE KUNSTKAMMER WIEN KONZEPT ZUR NEUAUFSTELLUNG EINLEITUNG Die Wurzeln der Kunstkammer Wien gründen in den habsburgischen Schatz-
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kammern und Kunstkammern des späten Mittelalters, der Renaissance und des Barock. Einzelne Sammlerpersönlichkeiten des Hauses trugen entscheidend zur Mehrung der Bestände bei. In diesem Zusammenhang sind in erster Linie die Kunstkammer Erzherzog Ferdinands II. (gest. 1595) auf Schloss Ambras, jene von Kaiser Rudolf II. (gest. 1612) in Prag, die Kunstkammer Erzherzog Leopold Wilhelms (gest. 1662) in Brüssel und Wien sowie die kaiserliche Schatzkammer in Wien zu nennen. Erst die unter der Regierung Kaiser Franz Josephs in Angriff genommene große Reform der kaiserlichen Sammlungen vereinte diese unterschiedlichen Bestände im 1891 eröffneten Kunsthistorischen Museum, wo sie unter dem Namen „Sammlung kunstindustrieller Gegenstände“ der Öffentlichkeit präsentiert wurden. 1919 fand eine Umbenennung in „Sammlungen für Plastik und Kunstgewerbe“ statt, 1991 wurde schließlich der historische Begriff der „Kunstkammer“ dafür eingeführt. Damit sollte schon in der Benennung erkennbar gemacht werden, dass die hier vereinten Bestände der Goldschmiedekunst und des Steinschnitts, an Bronzestatuetten und Arbeiten aus Elfenbein in hohem Maße zweckfrei und allein für die Präsentation in einer fürstlichen Kunstkammer geschaffen wurden, während großformatige Skulpturen (Plastik) eine ebenso ge-
ringe Rolle spielten wie zweckgebundene Gegenstände einer kunsthandwerklichen Produktion. Eine Kunstkammer galt in ihrer Zeit als ein Spiegelbild des Kosmos und der Welt, das im Mikrokosmos der Sammlungsbestände erfahrbar werden sowie Wissen und Staunen darüber vermitteln sollte. Neben Kunstwerken im engeren Sinne, so genannten Artefakten, fanden sich in den Kunstkammern daher Naturalia, kuriose und staunenswerte Erscheinungsformen von Mensch, Tier, Pflanze und Mineralien, weiters Zeugnisse fremder Länder und Kulturen (Exotica), naturwissenschaftliche Instrumente zur Erfassung des Kosmos oder der Vermessung der Erde (Scientifica), Bücher und Antiken. Diese Vielfalt ist in der Kunstkammer Wien heute nur noch zum Teil erfahrbar. Systematisierungsbestrebungen haben die ehemaligen habsburgischen Sammlungen seit dem späteren 19. Jahrhundert stark verändert. Neue Museen wie das Naturhistorische Museum oder das Museum für Völkerkunde wurden gegründet, um Teile der Bestände der alten Kunstkammern aufzunehmen. Dennoch zählt die Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums heute immer noch zu den weltweit bedeutendsten Sammlungenihrer Art. Die Sammlerpersönlichkeiten, die
diese Bestände formten, entstammten einer der politisch mächtigsten und einflussreichsten Dynastien Europas mit weitreichenden Kontakten und entsprechenden finanziellen Mitteln. Dieser Rang hatte sich im hohen Anspruch, im künstlerischen Niveau und in der Vielfalt der gesammelten Objekte widerzuspiegeln, ein Umstand, der den Bestand der Kunstkammer Wien so außergewöhnlich und kostbar werden ließ. AUFGABENSTELLUNG Seit dem Jahr 2002 ist die Kunstkammer geschlossen. Für die Neuaufstellung wurden rund 2.200 hochrangige Kunstobjekte ausgewählt, die im gegebenen finanziellen Kostenrahmen auf einer Fläche von rund 2.700 m² in zeitgemäßer inhaltlich-didaktischer Erschließung unter Berücksichtigung internationaler konservatorischer und sicherheitstechnischer Standards und im Rahmen einer die BesucherInnen ansprechenden Gestaltung zu präsentieren waren. Die Vermittlung ideen- und herrschaftsgeschichtlicher Hintergründe und handwerklicher Techniken war – unter Einbeziehung neuer Medien – ebenso zu gewährleisten wie die Erklärung kunstgeschichtlicher Entwicklungslinien und Zusammenhänge. SAMMLUNGSSTRUKTUR Die Neuaufstellung der Kunstkammer Wien kreist in ihrem zentralen Kern um das Thema „Habsburgs Sammler und ihre Sammlungen“. Auf Grund ihrer Entstehungsgeschichte ist diese Thematik den Beständen inhärent. Der Bogen spannt sich von der mittelalterlichen Schatzkammer als Ansammlung von Objekten mit oftmals symbolischer und mythischer Bedeutung über verschiedene das jeweilige Weltbild des Sammlers spiegelnde „Systematiken“ des Manierismus und Frühbarock bis hin zur Auflösung dieses Ordnungsgedankens im Rahmen primär dynastischen Repräsentationsstrebens und endet mit der Umwandlung in eine kunsthistorische Museumssammlung. Im Zentrum stehen somit die erhaltenen Bestände der Kunstkammern habsburgischer Kaiser und Erzherzöge des16. und 17. Jahrhunderts. Sie bilden das Herzstück der Neuaufstellung mit der Saliera und der Sammlung Kaiser Rudolfs II. als Höhepunkte. Durch ihren Standort in einem Museumsbau des 19. Jahrhundertsund ihre Sammlungsstruktur, die durch ihre Herkunft aus verschiedenen Epochen und dem Besitz unterschiedlicher Sammlerpersönlichkeiten vielfältig differenziert ist, unterscheidet sich die Kunstkammer Wien wesentlich vom Dresdner Grünen Gewölbe. Dessen Sammlung stammt im Wesentlichen aus einer einzigen Epoche, sie wurde von einer dominierenden Persönlichkeit zusammengetragenund befindet sich vor allem nicht in einem Museumskontext, sondern an ihrem Originalschauplatz, im fürstlichen Schloss. Die Kunstkammer Wien beschränkt sich nicht primär auf eine prunkvolle Objektpräsentation. Das vorliegende Konzept entwickelt vielmehr einen auf form- und stilgeschichtlichen ebenso wie auf kultur- und herrschaftsgeschichtlichen Überlegungen aufgebauten Diskurs, der mit einem textlich und medial aufbereiteten Vermittlungskonzept verbunden ist. Die Neuaufstellung der Kunstkammer Wien bezieht daraus ihre unverwechselbare inhaltliche Identität.
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ERZÄHLSTRUKTUR Von denKuratorinnen und Kuratoren der Kunstkammer Wien wurde das wissenschaftlich-inhaltliche Konzept der Themenschwerpunkte, Raumaufteilung und Objektzuordnung erarbeitet. In Zusammenarbeit mit dem Büro „bogner-cc“ wurde dieses Konzept unter dem spezifischen Fokus einer Schärfung didaktischer und vermittlungstechnischer Aspekte überarbeitet. Aus dem inhaltlichen Potenzial von Objekten und Objektgruppen wurden drei Sektionen und drei parallel verlaufende kunst- und kulturhistorische sowie herrschafts- und sammlungsgeschichtliche Diskurse entwickelt. Indem diese Inhaltsschichten präzise aufeinander abgestimmt werden, bietet die Neuaufstellung den BesucherInnen je nach deren Interesse unterschiedliche Lesarten und Erfahrungshorizonte. Als ordnendes „Grundgewebe“ dient eine nach form- und stilgeschichtlichen Kriterien entwickelte chronologische Raumfolge. DREI SEKTIONEN Die insgesamt 20 Räume gliedern sich in
drei große Sektionen. Der erste Teil behandelt eine Reihe wesentlicher kunstund kulturgeschichtlicher Prämissen für die Entstehung der Kunstkammern der Habsburgerim 16. Jahrhundert: Es handelt sich um die ersten sechs Säle, die in ihrer stilgeschichtlich bestimmten Abfolge Einblick in die höfische Sammlungskultur vom Mittelalter bis zur Renaissancezeit gewähren, wobei in besonderem Maß auf spezifische Unterschiede und Wechselbeziehungen zwischen Nord und Süd eingegangen wird.
lungsintention sich auf dynastische und politische Repräsentation konzentrierte und sich weniger mit der Weiterführung des Kunstkammer-Konzepts ihrer Vorfahren beschäftigte. DREI ERZÄHLSTRÄNGE Innerhalb der einzelnen Säle orientiert sich die Ordnung der Objekte an drei parallel geführten Erzählsträngen (Plan II).
Im Mittelteil treten die wichtigsten habsburgischen Erzherzöge und Kaiser des 16. und 17. Jahrhunderts durch Gemälde und/oder Büsten inmitten ihrer durch individuelle Obsession zusammengetragenen Sammlungen in Erscheinung. Mit der Saliera, der Kunstkammer Kaiser Rudolfs II. und der konzentrierten Aufstellung des großartigen Exotica-Komplexes der Kunstkammer Wien bietet dieser zentrale Bereich der Neuaufstellung eine dichte Abfolge außergewöhnlicher Höhepunkte.
„Saalregenten“ vermitteln im zentralen Durchgangsbereich das jeweilige Saalthema. Es handelt sich dabei ausschließlich um inhaltlich und qualitativ herausragende Kunstwerke. Ihre Abfolge bietet eine spannende inhaltliche Dramaturgie und einen Leitfaden durch die gesamte Kunstkammer Wien. Ab der zweiten Sektion liegt der Schwerpunkt der „Saalregenten“ auf Vertretern des dynastischen Denkens der Habsburger, deren Sammlungsphilosophie in unterschiedlichster Art und Weise ihren Niederschlag in den Sammlungsobjekten findet.
In der dritten Sektion setzen sich jene habsburgischen Auftraggeber der Barockzeit in Szene, deren primäre Samm-
Im Hauptteil der Säle ordnen sich die Kunstwerke zu form- und stilgeschichtlich sowie kulturgeschichtlich bestimm-
KEXOTICA (Saal 25), Die Kunstkammern der Habsburger und das Zeitalter der Entdeckungen (1500–1620) Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien
ten Komplexen, die jeweils einem Thema gewidmet sind. Eine differenzierte Textstruktur und mediale Begleitinformationenvermitteln die Ideengeschichte der Sammlungskonzepte, berichten über Künstlerpersönlichkeiten, Produktionsbedingungen, Materialien und Herstellungsverfahren. In den Seitenkabinetten konzentriert sich ein dritter Erzählstrang auf fürstliche Sammlungskonzepte vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Durch eine aus dem jeweiligen Inhalt entwickelte gestalterisch- individuelle Atmosphäre unterscheiden sich die Kabinette untereinander, aber auch vom jeweiligen Saal. Zugleich wurde jedoch darauf geachtet, dass ihr Inhalt und der des benachbarten Saals aufeinander abgestimmt sind. Dieser inhaltlichen Ordnung ist im Detail eine Flexibilität eigen, die auch das vom Architekturbüro „hg merz“ entwickelte gestalterische Ordnungsschema auszeichnet. Indem sich dieses nicht an starren Architekturelementen orientiert, sondern an den durch die Gewölbefelder gebildeten Teilräumen, herrscht innerhalb der Einheiten ein elastisches Ordnungsprinzip. Diese sowohl dem inhaltlichen als auch dem gestalterischen Konzept eigene „Freiheit im System“ erlaubt durch bewusste Abweichungen punktuelle Hervorhebungen,
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Rhythmisierungen oder freie Verteilungen von Objektgruppen – Faktoren, die eine subtile Dramaturgie und mehrschichtige Rezeptionsweise gewährleisten.
Objekte, deren Mechanismus vor Augen geführt werden soll (Automaten), ferner Objekte, die aus konservatorischen Gründen nicht dauerhaft gezeigt werden können (z. B. Spielkarten).
VERMITTLUNGS-STRUKTUR
Mittels derdurchgehendenIntegration von Porträtgemälden und -büsten erfahren die einzelnen Themenräume eine Personalisierung und „Verlebendigung“ und nehmen damit auf den jeweiligen herrschafts- und sammlungsgeschichtlichen Kontext Bezug.
Am Beginn des Abschnitts zu den „habsburgischen Kunstkammern“befindet sich ein Medienraum zur Vermittlung von Inhalten in audio-visueller Form. Auf Zeit und im Wechsel werden dort verschiedene, für die historischen Sammlungen wichtige Aspekte vorgestellt und es wird eine Art „virtuelle Kunstkammer“eingerichtet. Den Anfang macht die Präsentationeiniger Filme zu einer der wichtigsten Bestandsgruppen der Kunstkammern überhaupt: die Automaten. Erstmals in der Geschichte der Kunstkammer Wien wird damit die Funktionsweise dieser Werke für ein breites Publikum nachvollziehbar und erlebbar gemacht.
MEDIENKONZEPT
BESUCHERFÜHRUNG
Objekte bzw. Objektgruppen, die einer übergedruckte Texte und den Audioguide hinausgehenden visuellen Vermittlung bedürfen, erhalten integrierte interaktive Medienstationen. Zu deren Themen gehören Produktionstechniken bei Bronzeguss, Textilien und Steinschneidekunst,
Durch die ausgefeilte inhaltliche und gestalterische Organisation in klaren räumlichen Zusammenhängen und Blickachsen und gelenkt durch die klare Abfolge der Saalregenten entstehen eine unaufdringliche Ordnung und einfache Lesbarkeit der Ausstellung.
Es wurde eine Texthierarchie entwickelt, die Raumtexte sowie Gruppen- und erweiterte Objekttexte ebenso einbezieht wie viele zusätzliche Informationen auf Computer-Tablets. Porträts
Furie, Furienmeister ca. 1610/20, Salzburg ? Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien
Matthias Steinl, Mattsee/Salzburg ? 1643/44–1727, Kaiser Leopold I. als Sieger über die Türken Um 1690/93, © Kunsthistorisches Museum Wien
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herausragende Goldschmiedearbeiten wie die berühmte Saliera von Benvenuto Cellini, ausgewählte Skulpturen wie die Krumauer Madonna, meisterhafte Bronzestatuetten, filigrane Elfenbeinarbeiten, aber auch wertvolle Uhren, Spiele und wissenschaftliche Instrumente.
Foto: © Sawaya / Zumtobel
Zeitgenössische Lichtkunst von Zumtobel in der Kunstkammer Wien Die Kunstkammer Wien erstrahlt seit März 2013 in neuem Licht und ist nach vielen Jahren wieder öffentlich zugänglich. Es ist weltweit die bedeutendste Sammlung ihrer Art und ein „Museum im Museum“: In den 20 nach Themenschwerpunkten neu gestalteten Räumen eröffnet sich dem Besucher eine ganz eigene Welt des Schönen und Geistvollen, Kuriosen und Wunderbaren. Mit dem Ziel, die Geschichte der habsburgischen Sammlung und ihrer wichtigsten Persönlichkeiten einem breiten Publikum auf zeitgenössische Art und Weise nahezubringen, wurde die Kunstkammer am 1. März nach über 10 Jahren der Schlie-
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ßung wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Höchste konservatorische Anforderungen, inhaltlich-didaktische Kriterien, aber auch emotionale Faktoren spielten bei der Neugestaltung der Kunstkammer gleichermaßen eine wichtige Rolle. Einen wertvollen Beitrag im Rahmen der neuen Konzeption leistet das Licht, was auch Sabine Haag, Generaldirektorin des KHM betont: „Ein Museum ohne das richtige Licht ist undenkbar.“ Allerdings könnten die 2.200 Objekte der Sammlung in ihrer Beschaffenheit nicht unterschiedlicher sein, was bei der Beleuchtung viel Feingefühl erfordert. Zu den Höhepunkten der Sammlung zählen
Auf der Suche nach einem neuen Luster, der einerseits in seiner Ästhetik in die historischen Räume passt und andererseits eine schonende Beleuchtung der wertvollen Objekte sicherstellt, kam der Starbrick ins Spiel. Das gemeinsam mit dem dänisch-isländischen Künstler Olafur Eliasson entwickelte Zumtobel Masterpiece überzeugte mit schlichter Eleganz und Multifunktionalität, vor allem trägt aber auch die leitende Idee der Kunstkammer in sich: So wie jedes der Objekte in der Kunstkammer seinerzeit ein Exemplar ausgezeichneter Handwerkskunst war, ist der Starbrick heute ein Vertreter zeitgenössischer Kunst, der gleichzeitig modernste Technologie repräsentiert. Insgesamt 51 Starbrick-Formationen bestehend aus je vier Starbrick-Modulen setzen die unterschiedlichen Kunstauffassungen aus Geschichte und Gegenwart in Szene, so dass ein beeindruckender Kontrast aus Historie und Moderne entsteht. Um den besonderen Anforderungen in den erstmals 1891 eröffneten Räumen der Kunstkammer gerecht zu werden, handelt es sich um eine Sonderanfertigung des Starbricks. Integrierte Supersystem Spots sorgen für zusätzliches Direktlicht, während ein Panos Infinity Modul das Indirektlicht unterstützt und eine nach unten strahlende Fläche des Starbricks gleichzeitig als Sicherheitsbeleuchtung dient. „Aufgrund der Deckenhöhe haben wir das Licht verstärkt, die ursprüngliche Form des Starbricks blieb aber erhalten. Abgestimmt auf die historischen Räumlichkeiten entsteht eine ganz individuelle Formation der Starbricks, wodurch sie wie ein Bild funktionieren, wie Sterne am Himmel“, erläutert Olafur Eliasson. Der Starbrick ist ein wesentlicher Teil einer ganzheitlichen Zumtobel Lichtlösung, die ganz auf die Bedürfnisse der Kunstkammer abgestimmt wurde. So kamen neben dem Starbrick LED-Supersystem Wandstrahler in den Vitrinen und Supersystem Einzelspots zum Einsatz. Gerade in den Vitrinen, jede ein hochsensibles geschlossenes System, machen sich die Vorzüge der LED-Technologie bemerkbar. So punkten die Leuchtdioden nicht nur mit einer hohen Lebensdauer und Energieeffizienz
Foto: © Brigida Gonzalez / Zumtobel
verbunden mit geringem Wartungsaufwand, sondern garantieren auch eine wirkungsvolle und gleichzeitig schonende Präsentation ohne Wärmeemission. Die minimalistischen Supersystem Spots, integriert in den Vitrinenplafonds, nehmen sich zurück und überlassen die Bühne den Statuetten, Prunkgefäßen und exotischen Handwerksarbeiten der letzten 1.000 Jahre Kunstgeschichte. Zudem lassen sich die Lichtfarben individuell auf Farbe und Materialität der Exponate abstimmen, so dass sie ihre ganze Magie entfalten können und für den Besucher authentisch erlebbar sind. „Es ging wortwörtlich darum, die Objekte im besten Licht darzustellen. Es sind alles Originale, jedes mit einer ganz speziellen Aura, und diese soll für den Besucher
spürbar und erlebbar werden“, so Sabine Haag, Direktorin des Kunsthistorischen Museums. Mit einer maßgeschneiderten LED-Lichtlösung ist es gelungen, eine fein differenzierte, schonende und effektvolle Beleuchtung der verschiedenen Exponate zu erzielen.
aufgesetzt sind. Diese Kuben können als Verbindungselemente dienen, um mehrere Module miteinander zu kombinieren. Mehr Information zum Starbrick unter www.starbrick.info.
Über den Starbrick
Olafur Eliasson wurde 1967 in Kopenhagen geboren, wo er an der Königlich-Dänischen Kunstakademie studierte. 1995 gründete er das Studio Olafur Eliasson in Berlin, ein Labor für räumliche Untersuchungen. Hier entwickelt und realisiert er mit einem Team von Architekten, Kunsthistorikern und Material- und Lichtexperten künstlerische Arbeiten wie raumgreifende Installationen, Fotoserien und Skulpturen.
Aus der engen Zusammenarbeit mit internationalen Architekten, Designern und Künstlern sind inzwischen vier individuelle Licht-Kunstwerke, die Masterpieces, entstanden. Der Starbrick ist ein vielseitig einsetzbares Lichtmodul. Seine geometrische Grundform besteht aus einem Würfel, auf dessen sechs Grundflächen jeweils weitere Kuben im Winkel von 45°
Über Olafur Eliasson
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Spiele der Macht, Foto: Š Kunsthistorisches Museum Wien
Kunststück.
konischer Doppelreflektor
ARCOS Xpert Design: David Chipperfield
Der Garant für vollendeten Kunstgenuss. Der LED-Strahler ARCOS Xpert verfügt über einen patentierten konischen Doppelreflektor für punktgenaue Lichtverteilung – das garantiert eine perfekt akzentuierte Beleuchtung in Museen und Galerien. Durch die hohe Farbwiedergabe von Ra 94 und die konstante Farbtemperatur werden Kunstwerke natürlich und schonend dargestellt. zumtobel.com/arcos
Zumtobel. Das Licht.
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KAISER RUDOLF II. (1552–1612) UND SEINE KUNSTKAMMER IN PRAG Kaiser Rudolf II. ist der bedeutendste Sammler und Mäzen in der Geschichte des Hauses Habsburg. 1583 verlegt der an der Politik wenig interessierte Herrscher seine Residenz von Wien nach Prag und unterhält dort einen großen und repräsentativen Hofstaat. Seine Sammeltätigkeit spiegelt das mit seiner Stellung verbundene Rangbewusstsein wider und ist vom unbedingten Anspruch auf höchste Qualität und Exklusivität getragen. In der Prager Burg lässt er insgesamt neun Räume für die Unterbringung der Gemälde, der Bibliothek und der Kunstkammer adaptieren. Zur sogenannten „großen Kunstkammer“ hat sich ein zwischen 1607 und 1611 erstelltes Inventar erhalten. Von den zahlreichen Naturgegenständen, die das Inventar nennt – darunter Präparate seltener Tiere und Früchte, Korallen, Muscheln, Mineralien und Fossilien – hat sich nichts erhalten. Die ursprüngliche enzyklopädische Vielfalt der Sammlung geht durch die Zerstörungen und Plünderungen des 30-jährigen Krieges schon im 17. Jahrhundert verloren. Auch von den Kunstgegenständen wie Gold- und Steinschneidearbeiten, Tapisserien, Keramik, Waffen, Münzen, Automaten und Uhren blieben nur Teile erhalten. Der größte geschlossene Bestand davon befindet sich heute in Wien, aufgeteilt auf verschiedene Sammlungen des Kunsthistorischen Museums Wien. Die in Saal 27 ausgestellten Objekte stammen fast zur Gänze aus der Prager Kunstkammer. Es handelt sich um Werke der bedeutendsten Vertreter ihrer jeweiligen Gattung: Adriaen de Vries, Ottavio Miseroni oder Jan Vermeyen. Hofkünstler wie diese hatten stets Zugang zum Kaiser und zu seiner Sammlung; ein Privileg, das damals nur wenigen zuteil wurde. Adriaen de Vries (1556–1626), Kaiser Rudolf II., 1603 datiert, © Kunsthistorisches Museum Wien Adriaen de Vries, der Kammerbildhauer des Kaisers, verstand es wie kein anderer, den scheuen Herrscher in seinen Bildnissen zu verherrlichen. Diese Büste orientiert sich direkt am Vorbild einer von Rudolf II. erworbenen Büste seines Großonkels, Kaiser Karls V., übertrifft diese aber an majestätischem Pathos. Die Symbole am Sockel beziehen sich auf Würde, Macht und Weisheit des Kaisers.
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Das Architekturkonzept Eine Sammlung von außergewöhnlichen Objekten in einer Ikone des Museumsbaus auszustellen, ist wahrlich eine große Herausforderung für einen Architekten. Sowohl das Haus als auch die Sammlung, die jahrelang in einem Dornröschenschlaf lag, ist weltweit einzigartig. Das, so denkt man, wären doch genügend Garanten für einen Erfolg, wozu muss man da noch gestalten? Doch, man muss, denn Faktoren dieser Güte führen entweder zu einer Lähmung oder fordern zu einer Gestaltung auf, die sich zwischen Demut und Delikatesse bewegen muss. Die Neuaufstellung der Kunstkammer im Kunsthistorischen Museum in Wien hatte sich einerseits an der bedeutenden historischen Architektur von Carl von Hasenauer und Gottfried Semper auszurichten, die Inszenierung einer wie immer gearteten artifiziellen „Wunderkammer“ schloss sich aus – das Haus war für solche „circensischen“ Auftritte nicht entworfen worden. Andererseits musste eine Sammlung, die aus sehr vielen heterogenen Einzelstücken besteht, einem Publikum nahegebracht werden, das lieber das Spektakuläre und das eher schnelle Erlebnis sucht als sich kontemplativ auf ein Artefakt und dessen Nuancen einzulassen – magische Räume waren also vonnöten! Die Objekte, die wir hier ausstellen, haben ihr erstes Leben bereits hinter sich, sie sind aus ihrer Bedeutungssphäre gerissen und musealisiert worden. Ihre ursprüngliche Umgebung, in der sie benutzt und bewundert wurden, ist für sie nicht mehr vorhanden, sie sind in eine neue Beziehung mit vielen anderen Objekten einer Sammlung eingetreten. Dieses zweite Leben der Dinge in Vitrinen in einer Enfilade von Kabinetten des Kunsthistorischen Museums ließ diese Kunstkammer entstehen. In einer neuen Sortierung, in neuen Gefäßen, aber in den tradierten Räumen, überführen wir sie nun in ihr drittes Leben. Wir schaffen Konfigurationen, die aus Objekten, Texten, Materialien, Medien und der historischen Architektur eine Atmosphäre erzeugen, die dem Besucher die Magie der Sammlung nahe bringen soll. Dieses Beziehungsgeflecht setzt voraus, dass man sich mit dem Bestand
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der Architektur, den Oberflächen, dem Dekor, der Belichtung und vor allem mit dem Wesen der Sammlung und ihrer Geschichte auseinandersetzt. Auf die Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien konnte der Begriff der Wunderkammer im eigentlichen Sinne noch nie zutreffend angewendet werden. Vielmehr wurde die Sammlung immer in Vitrinen in einem Museum präsentiert. Unsere neue Ausstellung orientiert sich mit ihren Ausstellungsbehelfen an dieser tradierten Präsentationsform. Wir haben keine überinszenierten Räume geschaffen; die Architektur wurde so weit wie möglich erhalten und konserviert, ihr Charakter wurde gepflegt. Die Fensterebene musste allerdings aus konservatorischen Gründen (Lichtschutz) ergänzt werden, jedoch ohne das äußere und innere Erscheinungsbild zu verändern. Aus Gründen eines für die Exponate zuträglichen Klimas mussten Klimaschleusen an den Zugängen angebracht werden (Umbaumaßnahmen: b18-architekten zt gmbh). Alle anderen Einbauten, wie Vitrinen, Hängeflächen für Tapisserien und Beleuchtung (Starbrick-Luster von Olafur Eliasson), sind als Möblierung zu verstehen, die die Architektur behutsam ergänzen. Nicht nur die Reminiszenz an die historische Präsentation hat uns dazu bewogen, die Ausstellungsgestaltung mit ihren Hilfsmitteln stark zurückzunehmen, sondern auch der Charakter der Objekte, die wir auszustellen hatten. Viele Exponate sind eine Inszenierung in sich, teilweise ein „Feuerwerk“ an Formen, Farben und Materialien, viele sind einfach großartige Kunstwerke aus einem Material, dessen Aura keine verstärkenden Maßnahmen verträgt. All dies kann man nicht in einem Bühnenbild untergehen lassen. Es handelt sich bei der Präsentation dieser herausragenden Artefakte in der Trias von Raum, Exponat und Besucher also eher um das Entbergen (im Heideggerschen Sinn) der Protagonisten und nicht um das Verbergen im Dekor. So haben wir denn nicht lauter kleine Lebenswelten geschaffen, deren artifizielle Ausprägung den Exponaten keinesfalls gerecht werden würde, sondern ein unprätentiöses Schaudepot, das im Gegensatz zu einem Samm-
lungsdepot jedem Exponat seinen Auftritt lässt und ihm genug Luft zum Atmen gibt. Die Ausstellungsmöbel sind so entworfen, dass sie sich zwar in ihrer Materialität und in ihrer Funktion zurücknehmen, aber trotz ihrer dienenden, sachlichen Ausprägung mit ihren Proportionen genügend Selbstbewusstsein gegenüber der Architektur aufweisen. Es gibt vier verschiedene Formen der Präsentationsmöbel – freistehende Vitrinen, Wandvitrinen, Tischvitrinen und überarbeitete historische Vitrinen – in unterschiedlichsten Ausmaßen, die durch ihre Stellung und Komposition eine Varianz erzeugen, die jeden Raum unterschiedlich erlebbar werden lässt. Das Prinzip der Reduktion und der Konzentration auf das Exponat schließt jedoch nicht die Interaktionen zwischen den Artefakten aus. So ermöglichen die Ausstellungsmöbel durch ihre Stellung und Dichte, wie in einer Wunderkammer, die gewünschten inhaltlichen Dialoge zwischen den Exponaten. Der Besucher wird zum Vergleichen aufgefordert. Es ist auch in Zukunft denkbar, dass der Besucher über eine App auf seinem Smartphone im Zusammenspiel mit RFID-tags an den Vitrinen in einen selbstbestimmten Dialog mit den Exponaten tritt und sich Geschichten erzählen lässt, die zu neuen Betrachtungsweisen führen. Die Kunstkammer ist nicht als episches Museum, sondern als Schausammlung gestaltet, die Objekte aller Gattungen, Raritäten, Exotisches und Kurioses als ein wundersames Ganzes zeigt und zum Entdecken anregt. Nicht eine Geschichtenerzählung, sondern das Erzählen von Geschichten war der Ansatz für unsere Gestaltung, und wir wollen erreichen, dass sowohl die Neugier als auch die Altgier (F. Nietzsche) der Besucher befriedigt wird.
Prof. HG Merz HG Merz Architekten | Museumsgestalter Stuttgart | Berlin stuttgart@hgmerz.com ww.hgmerz.com
Vitrinen- und Glasbau REIER GmbH im Kunsthistorischen Museum Wien
... die Kunst zu bewahren ... the art of keeping art
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Fotos: Š Kunsthistorisches Museum Wien
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KUNST FÜR KENNER UND SAMMLER (Saal 32) DIE HOCH- UND SPÄTRENAISSANCE IN ITALIEN (1500–1600) Italien besteht im 15. und 16. Jahrhundert aus zahlreichen unabhängigen Stadtstaaten und Fürstentümern. Florenz, Rom, Neapel, Venedig, Mailand, Mantua und Padua bilden die maßgeblichen Zentren dieser Zeit, die nicht nur politisch und wirtschaftlich, sondern auch künstlerisch miteinander im Wettstreit stehen. Hier entwickelt sich eine Kultur des Mäzenaten- und Sammlertums, die auf breiter Ebene von den politisch, geistig und wirtschaftlich bestimmenden Eliten getragen wird, und damit eng verbunden der Künstler im neuzeitlichen Sinn. Künstler, Kenner, Händler und Gelehrte stehen in direktem Austausch und bilden Netzwerke, welche die Produktion, Verbreitung und Rezeption von Kunst von nun an wesentlich bestimmen. An die Stelle der Bemühungen der Frührenaissance, antike Vorbilder möglichst genau nachzuahmen, tritt im 16. Jahrhundert der Wunsch, diese durch künstlerische Kreativität und Virtuosität zu übertreffen. Auf dem Gebiet der Bronzestatuetten erreicht diese Entwicklung mit den Werken des Bildhauers Giambologna ihren Höhepunkt. Seine allansichtigen Kompositionen scheinen die Gesetze der Schwerkraft zu überwinden.
GENERATION DER GRÜNDER (Saal 30) DER BEGINN DER HABSBURGISCHEN KUNSTKAMMERN IM 16. JAHRHUNDERT Mit Maximilian I. (1459–1519) steigt das Haus Habsburg zur Weltmacht auf. Seine Kinder mit Maria von Burgund sichern der Dynastie einerseits die Herrschaft in den burgundischen Niederlanden und andererseits die spanische Krone mit den Gebieten in Übersee. Maximilians Enkel Karl V. (1500–1558) regiert daher ein Weltreich, in dem „die Sonne nicht untergeht“. Die Tochter Maximilians I., Margarete von Österreich (1480–1530), übernimmt 1507 die Regentschaft in den Niederlanden und macht ihre Residenz in Mechelen zu einem Zentrum für Künstler und Gelehrte. Dort verwahrt sie ihre Bibliothek und ihre Sammlung von Kunstwerken und Naturgegenständen in eigenen Räumen. Margarete steht am Beginn der Reihe jener Habsburger, deren Leidenschaft für die Kunst den Bestand der Wiener Kunstkamm er bis heute prägen. Unter ihrem Einfluss gründet ihr Neffe Ferdinand I. (1503–1564) in Wien seine „Kunsst Camer“.
Um 1520 etabliert sich in den großen Reichsstädten Nürnberg und Augsburg die erste Generation jener Meister, die bereits völlig im Banne des Vorbildes der italienischen Renaissance steht.
Foto: © Kunsthistorisches Museum Wien
Innovative Museumseinrichtung in der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien Die Neuaufstellung der Sammlung der Kunstkammer Wien nach 11 Jahren Schließzeit umfasst rund 2.200 hochrangige Kunstobjekte, die auf annähernd 2.700 qm Ausstellungsfläche in „zeitgemäßer inhaltlich-didaktischer Erschließung“ zu präsentieren waren. Die Einhaltung internationaler konservatorischer und sicherheitstechnischer Standards war gleichermaßen zu sichern, wie die Präsentation der Objekte im Rahmen einer überzeugenden
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Gestaltung. Und das alles in der gebotenen Komplexität wie im kleinsten Detail. Die Leistungen der Museumseinrichter und des Vitrinenherstellers stellen dabei einen wesentlichen Anteil bei „der Schaffung einer unverwechselbaren inhaltlichen Identität“ der neuen Kunstkammer dar, welche Anfang März 2013 der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde. Neben der klassischen Präsentation der Objekte und Objektgruppen werden über interaktive Medienstationen weiterge-
optimale Präsentation bei gleichzeitig konservatorisch und sicherheitstechnisch perfekter Aufbewahrung der hochwertvollen Exponate. REIER hat mit der Realisierung des Auftrages eines der größten und wohl auch vielschichtigsten Vorhaben in der 25-jährigen erfolgreichen Firmengeschichte bewältigt. Nach einem komplizierten Vergabeverfahren, in dessen Verlauf auch eine Mustervitrine vorzustellen war, umfasste der Auftrag an REIER vom 14.11.2011 letztendlich 296 Vitrinen der unterschiedlichsten Ausprägung und Dimension: Standvitrinen, Wandvitrinen, wandhängende Ganzglasvitrinen, Pultvitrinen, Einbauvitrinen und „historische“ Vitrinen, insgesamt in etwa 100 unterschiedlichen Ausführungstypen. In enger Zusammenarbeit mit den Firmen Zumtobel und DIE LICHTPLANER wuchsen maßgeschneiderte Lösungen für die optimale Beleuchtung des sensiblen Ausstellungsgutes; eigens für das Projekt entwickelte Vitrinenspots, LED-Flächenlichter und LED-Linienlichter; von Vitrine zu Vitrine in jeweils variierter Konfiguration. Jede Vitrine verfügt über ein Umluftsystem, ausgerüstet mit Aktivkohlefilter und passivem Klimamittel zur Regelung der Luftfeuchte. Eine besondere Erwähnung verdient die Schaffung einer weitgehend friktionsfreien, an die Vitrinengröße angepassten Klimaführung, welche in enger Zusammenarbeit zwischen KHM, Architekten, Vitrinenhersteller und der Technischen Universität Wien erarbeitet wurde. Für die Restauratoren der Kunstkammer hatte die Einhaltung der konservatorischen Anforderungen höchste Priorität. Für REIER selbstverständlich, da grundsätzlich mit zertifizierten, schadstoffemissionsarmen Vitrinenbaumaterialien gearbeitet wird. Neben standardmäßig eingesetzten geprüften Klebstoffen und Farben kamen im speziellen Auftragsfall zertifizierte Textilien, Aluminium-Verbundplatten, Mineralwerkstoffplatten sowie eloxierte Aluminiumprofile zum Einsatz. Um die hohen funktionellen und gestalterischen Anforderungen der Museumsarchitekten und Kuratoren zu erfüllen, wurden Speziallösungen entwickelt. Beispielhaft dafür steht der benutzerseitig per Touchfeld zu steuernde Öffnungsmechanismus der Abdeckung eines extrem lichtempfindlichen Exponates. Für die effektive Fertigung der komplizierten Einzelkomponenten mussten modernste Fertigungstechnologien eingesetzt oder gar erst entwickelt werden. Zur Komplexität der Fertigungstechnologie kam die logistische Herausforderung hinzu. Durchschnittlich besteht jede Vitrine aus 300 Teilen, womit in Summe im Rahmen des Projektes etwa 100.000 Einzelteile gefertigt, gefügt und montiert wurden. Und eben dieser Zusammenbau geschah, aufgrund von Größe und Gewicht der Einzelkomponenten, in nennenswertem Umfang am endgültigen Aufstellort, der Kunstkammer Wien. hende Inhalte vermittelt. Diese geben Informationen zu den ausgestellten Exponaten, demonstrieren deren Funktionsweisen und informieren über das nur zeitweilig oder gar nicht Ausstellbare. Die Ausstattung der Kunstkammer Wien mit hochmodernen REIER-Museumsvitrinen, das Schaffen von „magischen Räumen“ gar, wie es in einer Rezension heißt, gewährleistet die
Abgesehen vom immens großen Arbeitsumfang innerhalb des sehr engen Zeitrahmens für die Umsetzung der Projektidee stellte der hohe Individualisierungsgrad jeder einzelnen Vitrine bei gleichzeitiger Erfüllung der Forderung nach Integration in ein stimmiges Gesamtbild die eigentliche Herausforderung für den Vitrinenhersteller dar, welche er überzeugend verstand umzusetzen.
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Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Themeninsel „Kaiser und Reich“ mit zwei Heroldsmänteln (50 Lux Anforderung) und Gemälde 13. Jhd. (250 Lux) Hinterleuchtung der umlaufenden Vitrinenborde mittels diffuser LED-Lichtlinie
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Die neue Ausstellung „Mittelalterbilder“ im früheren Lapidarium des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg wurde im Juni 2012 als Auftakt zur Dauerausstellung „Mittelalter“ eröffnet. Einer Einführung gleich werden rund 70 Exponate gezeigt, die die vier Grundthemen der mittelalterlichen Gesellschaft widerspiegeln: Kaiser und Reich, Kirche, Ritter und Stadt. Die Ausstellungsgestaltung lehnt sich stark an die Struktur des historischen Raumes an. Sie konzentriert sich dabei auf die vier Raumpfeiler, denen die vier Themengebiete zugeordnet sind. Die meisten Exponate werden auf die Pfeiler umlaufenden Borden in überwiegend klimatisierten Vitrinen präsentiert. Eine weiche und gleichmäßige Ausleuchtung der Exponate sowie eine brillante, warme Lichtatmosphäre stand neben der Erfüllung höchster konservatorischer Anforderungen im Vordergrund des Beleuchtungskonzeptes. Die Umsetzung basiert auf der Verwendung vorrangig integrierter sowie einiger weniger additiver Lichtelemente. In Zusammenarbeit mit dem Berliner Rathgen-Forschungslabor wurde überprüft, ob LEDs für die gegebenen Anforderungen an die Exponatbeleuchtung verwendet werden können. Auf Grundlage umfangreicher Voruntersuchungen wurden mehrere LED-Lichtelemente mit auswechselbaren Optiken für die Vitrinenbeleuchtung und die optimale Beleuchtung freistehender Exponate entwickelt: ein LED-Vitrinenstrahler
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und ein LED-Aufbaustrahler, der durch die Verwendung des Xicato Artist LED Moduls den hohen Anforderungen an Farbwiedergabe und -konstanz im Museum entspricht.. Als ergänzende Lichtquelle wurden Pendelleuchten konzipiert, die mit einer Indirektkomponente für die atmosphärische Grundbeleuchtung sorgen und mit schwenkbaren LED-Lichteinsätzen die Akzentuierung freistehender Exponate ermöglichen. Alle Lichtelemente sind in der Helligkeit individuell regelbar. Die ausgewählten LEDs wurden in spezieller Feinselektierung verbaut. Durchgängig kommt eine warmweiße Lichtfarbe von 3000 Kelvin zum Einsatz. Architekt: Jürgen Wolff, Staatliches Bauamt Erlangen-Nürnberg Bauherr: Germanisches Nationalmuseum Lichtplanung: Katrin Söncksen, lichttransfer Sonderleuchten: Stratas Leuchtenmanufaktur Fotograf: Christoph Eyrich www.gnm.de www.lichttransfer.de www.stratas.de www.christopheyrich.de
Links oben: Beleuchtung des Heiltumsschreins über vitrinenintegrierte LED-Einbaustrahler in Sonderanfertigung. Texttafeln zu den Themeninseln als selbstleuchtende LED-Panele, einseitig eingespeist. Links unten: Themeninsel „Ritter“ mit Schild, Schwert und Helm. Exponatabhängige Bestückung der LED-Einbaustrahler mit verschiedenen Optiken. Im Hintergrund Pendelleuchte mit Indirektanteil und LED-Strahlereinsätzen zur Exponatbeleuchtung. Oben: Themeninsel „Kaiser und Reich“, im Hintergrund Glasgemäldevitrinen hinterleuchtet mittels LED-Lichtpanelen. Unten: Themeninsel „Stadt“ mit Gemälde mit Stadtansicht, Formstein und Hellebarde.
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‘The point is not to see the lighting technology, but to see the effect.‘ David Grill, President David Grill Associates, New York, USA
‘When people look at a display, they don’t notice the lights at all, they only notice the exhibits.‘ Connie Nelson, Executive Director The Eccles Salt Lake 2002, Olympic Museum Joe Quinney Winter Sports Center, Utah Olympic Park, USA
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INKA – Könige der Anden Capacchocha-Figürchen. Solche mit Miniaturtextilien bekleideten Figürchen fand man bei den Mumien der Kinder, die den Andengletschern geopfert wurden. Die Miniaturen geben exakt die wirkliche Kleidung wieder. Die Kinder trugen Federkopfschmuck und wertvolle, fein gewebte Kleidung. Die Kinder waren das Wertvollste, was man opfern konnte. Sie starben für die Fruchtbarkeit der Felder, der Menschen, Pflanzen und Tiere und um den Kreislauf der Welt aufrecht zu erhalten. Die kleine Frauenfigur ist aus Spondylus-Muschel gearbeitet, die als Fruchtbarkeitsbringer verehrt wurde. Peru, Inka-Kultur, Imperiale Phase, 15. – 16. Jh. © The Arts and Heritage Agency of the Flemish Community und Museum Aan de Stroom, Antwerpen.
Machu Picchu, Foto © C. Wawra
Das Linden-Museum Stuttgart zeigt von 12. Oktober 2013 bis 16. März 2014 die Ausstellung INKA – Könige der Anden. Die Große Landesausstellung ist europaweit die erste Schau zur Kultur der Inka und wird in Kooperation mit dem Ausstellungszentrum Lokschuppen Rosenheim präsentiert. Das Imperium der Inka war das größte indigene Reich, das jemals auf amerikanischem Boden erschaffen wurde. Mit Cusco in Peru als Machtzentrum erstreckte es sich über annähernd 5.000 km entlang der Anden von Kolumbien bis nach Chile. Das Linden-Museum Stuttgart begibt sich
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auf die Spuren der legendären vorspanischen Inka-Kultur und zeigt diese von ihren Anfängen in der Mitte des 11. Jahrhunderts bis in die Kolonialzeit. Der Fokus der Schau liegt auf der imperialen Phase. Die Architektur, das Leben der Inka-Adligen in Cusco, die imperiale Religion mit dem Sonnentempel als Zentrum, Krieg, Landwirtschaft und nicht zuletzt die Verwaltung des riesigen Reiches mit Hilfe der Knotenschnüre stehen im Mittelpunkt. Anhand der berühmtesten Inka-Herrscher Viracocha, Pachacutec Yupanqui und Tupac Inca Yupanqui, die nicht nur als die Erschaffer des Inka-Reiches, sondern darüber hinaus als die Erbauer von Cusco und Machu Picchu gelten, wird der Besucher durch die Ausstellung geleitet.
Am Anfang der Geschichte der Inka – so erzählt die Legende – steht die Sonne. Nachdem sie ihren Blick auf die Erde geworfen hatte, soll sie ihren beiden Kindern Mama Occlo und Manco Capac voller Mitleid befohlen haben, auf den Boden hinabzusteigen und dort eine Herrschaft zu errichten. Daraus erwuchs ein riesiges Imperium: Im 15. und 16. Jahrhundert wurde es zum größten indigenen Reich, das jemals auf amerikanischem Boden erschaffen wurde. Es bestand aus etwa 200 verschiedenen ethnischen Gruppen, die in einem Land extremer klimatischer Gegensätze auf annähernd 5.000 Kilometer entlang der Anden vom heutigen Kolumbien bis Chile lebten. Zusammengehalten und regiert durch ein straffes
Ordnungssystem unter der Führung eines mächtigen Herrschers. Besucher des weltberühmten Machu Picchu oder der alten Inka-Hauptstadt Cusco stehen heute fasziniert vor den beeindruckenden Hinterlassenschaften der Inka. Ihr Erbe ist trotz der spanischen Eroberung immer noch sehr lebendig. Doch wer waren die Inka, die ihrem Staat den Namen gaben? Lebensraum Anden Das Andengebirge erstreckt sich vom Isthmus von Panama im Norden bis nach Feuerland im Süden Südamerikas. Der zentrale Andenraum war auch die Kernzone des Inka-Reiches. Dort herrscht im Gegensatz zu den übrigen Bereichen des Gebirges große Trockenheit. Der Einfluss des kalten Humboldtstroms entlang der
Pazifikküste bis zur Südgrenze Ecuadors verhindert durch eine Kaltluftfront das Abregnen pazifischer Regenwolken. Mit Ausnahme einer dreimonatigen Regenzeit. Die Folge: eine kurze Vegetationsperiode und extremer Wassermangel beeinflussten die menschlichen Kulturen von Beginn an stark. Im Zentrum der andinen Religion und des Alltags stehen Wasser und Fruchtbarkeit, das pünktliche Einsetzen der Regenzeit. Auch die Kultur der Inka war maßgeblich davon geprägt, die Ressourcen optimal zu nutzen. Die Vorläufer der Inka Die Inka bildeten den vorläufigen Schlusspunkt einer rasanten Kulturentwicklung,
Porträt des Inka Huayna Capac © Foto: C. Obrocki
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Mumie eines Inka-Offiziers. Dieses Mumienbündel, ausgestattet mit einem Schachbrett-uncu birgt die Mumie eines capitáns. Sie hat neben anderen Beigaben zwei Steinschleudern um den Bauch gewickelt. Hochrangige Verstorbene erlangten nach ihrem Tod den Status eines Ahnen und wurden reich für das Leben im Jenseits ausgestattet. Peru, Inka-Kultur, Imperiale Phase, 15. – 16. Jh. © Museum der Kulturen Basel, Foto M. Gruber
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© Foto: A. M. Gross/via, München
die vor mindestens 20.000 Jahren im Andengebiet begann. Sie bauten ihr Imperium auf den Errungenschaften, Erkenntnissen und Entwicklungen vieler Vorläuferkulturen auf, zu denen neben den Huari, Tiahuanaco, Chimú beispielsweise auch Moche und Nasca gehörten. Auch wenn zwischen dem Untergang der letzten Andenkulturen von Tiahuanaco und Huari und dem Aufblühen der Inka mehrere Jahrhunderte lagen, so finden wir bei den Inka zahlreiche Elemente dieser früheren Gesellschaften wieder: Die kosmische Zahl Vier, Elemente in der Architektur, Gottheiten wie Sonne und Mond sowie den Schöpfergott Viracocha, Bewässerungsfeldbau, Textilkunst und soziale Organisation auf Grundlage der Hälftenteilung. Sie bauten auf vorherigem Wissen auf, erweiterten und verfeinerten es und führten Vieles zu bisher nicht gekannter Perfektion. Ein derart straff regiertes Staatswesen wie das der Inka gab es in keiner der Vorläuferkulturen. Das Lama, das Alpaka, das Vicuña und das Guanaco sind die vier in Südamerika lebenden Kamelidenarten. Das Guanaco und das Vicuña sind Wildtiere. Das Lama hingegen wurde vor ungefähr 4.500 Jah-
ren aus dem Guanaco als Tragetier gezüchtet. Etwa 1.000 Jahre später folgte das Alpaka als Woll-Lieferant. Aus seinem schnell wachsenden Fell kann im Vergleich zum Lama dreimal mehr Wolle gewonnen werden. Die feinste Faser jedoch liefert sein enger Verwandter, das Vicuña. Alle Kameliden können weite Strecken ohne Wasser zurücklegen. Das Lama war für alle andinen Kulturen von großer Bedeutung: Es fand sich in den Sternbildern wieder und war ein wichtiges Opfertier. Sein Fleisch wurde gegessen und konnte im Hochland durch Trocknen lange konserviert werden. Lamas und Alpakas waren neben den Meerschweinchen die einzigen domestizierten Tiere im Andengebiet.
Miniaturlama aus Goldblech. Peru, Inka-Kultur, Imperiale Phase, 15. – 16. Jh. Goldene Lamas aus Goldblech schmiedete man während des capaccocha-Rituals aus als Opfergabe mitgebrachten dünnen Platten aus Gold. Das Ritual transformierte den Rohstoff zu einer Opfergabe. © The Trustees of the British Museum, Foto: © M. Row
Der Eroberer des Titicacasees Die Inka wanderten während einer Zeit großer Klimaschwankungen und gesellschaftlicher Umbrüche zwischen dem 9. 11.Jahrhundert n. Chr. in das Hochtal von Cusco ein. Starker Gruppenzusammenhalt, Heiratsallianzen, der kluge Umgang mit den knappen Ressourcen sowie erste kleinere Kriegszüge verschafften ihnen
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rasch eine Vormachtstellung im Tal von Cusco. Um angegliederte Gruppen zu integrieren, zerstörten sie alte Ritual- und Versammlungsplätze und überbauten sie mit typischer Inka-Architektur. Gleichzeitig etablierten sie den Sonnenkult als Staatsreligion. Das vorimperiale Cusco entstand als Hauptstadt, die Anzahl der zu versorgenden Menschen nahm zu, so dass die Inka in das nahe gelegene Urubambatal expandierten. Auf diese Weise sicherten sie sich die Handelswege ins Amazonasgebiet. Den ersten großen Eroberungszug weit über die Kernzone hinaus unternahm der Inka-Herrscher Viracocha zum Titicacasee. Sein Ziel war es, das auf Lamakarawanen basierende überregionale Handelsnetz in seinen Herrschaftsbereich zu integrieren. Gleichzeitig kontrollierte er damit das größte Süßwasserreservoir der Anden, den Titicacasee, sowie die bedeutenden Heiligtümer auf der Sonnen- und Mondinsel.
Landwirtschaft Der Sinn jeder Eroberung lag in der Zugewinnung von landwirtschaftlich nutzbarem Land. Um die Produktion zu steigern, nahmen die Inka große Eingriffe vor. Ganze Landstriche verwandelte man in Terrassenanlagen, unterirdische Wasseradern wurden angezapft, Aquädukte errichtet, Lagerstätten gebaut und an das Straßennetz angeschlossen. Für die Inka-Adligen war Mais das wichtigste Anbauprodukt. Er diente nicht nur als Nahrungsmittel, sondern vor allem auch als Basis für chicha, Maisbier, das sie für Feste und Zeremonien benötigten. Das Grundnahrungsmittel der Bevölkerung war jedoch die Kartoffel. Für die Inka stand nicht die Erhaltung der Biodiversität im Vordergrund, sondern die Nutzung des Landes für ihre Interessen. So funktionierten sie im Norden des Imperiums ein Gebiet mit vielfältiger Landwirtschaft zu reinen Weidegründen für Lamaherden um.
Rechts: Mann, einen aryballo tragen, Peru, Inka-Kultur, Imperiale Phase, 14. – 16. Jh. Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum, Foto: A. Dreyer Hintergrundbild: Colca-Tal, in derNähe von Arequipa Größte erhaltene Terrassenanlage aus Inka-Zeit Foto: © A. M. Gross/via, München
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Foto: Š M. Franke
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Verwaltung der Ressourcen Jeder nicht-adlige Mensch musste Steuern in Form von Arbeitsleistung, der m‘ita, entrichten. Mehrere Monate im Jahr leisteten sie Kriegsdienst oder beteiligten sich an großen staatlichen Bauwerken, gingen in die Minen und stellten Keramiken her. Die wirtschaftliche Basis des Inka-Reiches waren der Feldbau und die Zucht von Lamas und Alpakas. Einmal im Jahr musste der Überschuss in die Wiederverteilungszentren gebracht werden, es gab keine Märkte. Als Gegengabe erhielten die Menschen Güter, die in ihrer Region nicht produziert wurden. Die Lager der Inka, collca, waren riesig. In Huanuco Pampa, dem größten Verwaltungszentrum des Inka-Reiches, gab es annähernd 500 Lagertürme. In ihnen bewahrte man Textilien, Federn, Nahrungsmittel, Cocablätter, Waffen sowie Feuer- und Bauholz auf. Ein Teil war für die Inka-Adligen reserviert. Das große Verdienst der Inka war es, durch die Ausgabe von Nahrungsmitteln und Saatgut in Notzeiten den Hunger besiegt zu haben. Kinder für die Götter Die vier Reichsteile, Suyus, waren nicht nur über das ökonomische System verbunden, sondern auch durch gemeinsame große Rituale. Einmal im Jahr und zusätzlich beim Tod eines Sapa Inka fand das große Capaccocha-Ritual statt, der Höhepunkt des imperialen Opferzyklus. Hierfür brachten curacas die bedeutendsten Götterfiguren aus dem ganzen Inka-Reich nach Cusco. Diese wurden auf dem Hauptplatz versammelt und vom Inka nach der Zukunft befragt. Andere Menschen pilgerten ebenfalls nach Cusco und brachten Opfergaben wie Platten aus Gold und Silber, die während des Rituals zu kleinen Lama- oder Menschenfiguren verarbeitet wurden sowie feine Textilien, Federn tropischer Vögel und Lamas. Die wertvollste Opfergabe aber waren viele Kinder, die in Cusco auf ihr Schicksal vorbereitet wurden. Am Ende des großen Orakels brachte man alle Gaben, auch die Kinder, in die vier suyus zurück. Die Kinder wurden geopfert, einige zusammen mit den Figuren den Berggottheiten, den apus. Opferte man nicht, so zürnten die Götter dem Inka und Unglück kam über alle Menschen.
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Ein Reich zerfällt – Spanische Eroberung und Kolonialzeit Im Jahre 1532 wurde das Tawantinsuyu von Francisco Pizarro im Namen der Krone erobert und dem spanischen Kolonialreich untergeordnet. Wie konnte das Inka-Reich ein Ende finden? Die Gründe waren vielfältig, zum Teil im Unmut gegen die inkaische Politik begründet: die vielfach gewaltsame Eingliederung zahlreicher Gruppen sowie die Zwangsumsiedlungen, ein inkaischer Bürgerkrieg und eine zu hohe Steuerlast brachten das Imperium bereits vor den Spaniern ins Wanken. Hinzu kamen die um sich greifenden, von den Europäern eingeschleppten Seuchen. Innerhalb weniger Jahre starben 90% der Bevölkerung daran. Die eintreffenden Konquistadoren waren zudem erfahrene Soldaten mit effektiven Waffen und Pferden und wurden von tausenden indigenen Verbündeten unterstützt. Die spanischen Invasoren kamen mit neuen Ideologien, Glaubensvorstellungen und Lebensweisen: Herrscher waren nicht mehr göttlich, die Sonne nur noch ein Stern, die Gabe blieb ohne Gegengabe, Ausbeutung wurde zum obersten Prinzip. Die andine Welt wurde auf den Kopf gestellt, auch wenn einige inkaische Konzepte wie Arbeitstribute oder der Austausch von Macht gegen Privilegien von den Spaniern übernommen wurden. Bruderstreit und Bürgerkrieg Huayna Capac bekam als erster Inka-Herrscher die beginnende spanische Invasion Südamerikas zu spüren. Er starb an den von europäischen Kundschaftern Pizarros eingeschleppten Pocken. Nach seinem Tod kämpften zwei seiner Söhne, Huáscar und Atahualpa, um den Thron. Während Huáscar, als Sohn der Hauptfrau des Inka, den inkaischen Adel und die Beamten hinter sich hatte, konnte sich sein Bruder Atahualpa die Unterstützung des Heeres sichern. Der Streit eskalierte in einem Bürgerkrieg, bei dem sich die unterschiedlichen ethnischen Gruppen des Inka-Reichs jeweils einer der Parteien anschlossen. Atahualpa gelang es schließlich den Kampf für sich zu entscheiden und seinen Bruder Huáscar gefangen nehmen und töten zu lassen. Der Bürgerkrieg hatte das Inkareich gespalten und ließ die Anhänger des unterlegenen Huáscar nach neuen Verbündeten suchen. Diese schienen sie in den Spaniern zunächst gefunden zu haben.
Inka Genealogie Dieses Gemälde zeigt die Abfolge der Inka-Herrscher, beginnend mit den beiden mythischen Gründern des inkaischen Geschlechts, Manco Capac und Mama Occlo. Solche Genealogien gehörten in der Kolonialzeit zur Ausstattung von Institutionen und Haushalten der neuen spanischen, aber vor allem der indigenen Oberschicht. Dies änderte sich erst gegen Ende des 18. Jh., als indigene Aufstände gegen die spanische Kolonialmacht ausbrachen und alles Inkaische von den Spaniern als Bedrohung für ihre Vorherrschaft empfunden wurde. Erst im 19. Jh. wurden mit der Unabhängigkeit und dem Beginn der Republiken in Südamerika Porträts der indigenen Vergangenheit wieder vermehrt und gerne gezeigt. Öl auf Leinwand H: 77 cm, B: 68 cm Andengebiet, Kolonialzeit/Republik, Ende 18./Anfang 19. Jh. Anonymer Künstler Colección Ciurlizza, Lima, Foto: G. Giannoni
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Eroberung mit dem Schwert Auf der Suche nach dem sagenhaften Goldland El Dorado fuhr Pizarro mit 180 Eroberern auf drei Schiffen von Panama aus nach Süden. Schon bald nach ihrer Ankunft an der Küste des heutigen Ecuador hörten sie vom inkaischen Bürgerkrieg, den sie für sich nutzten. Die Eroberungszüge, an denen sich auch zahlreiche indigene Verbündete beteiligten, begannen mit der Einnahme Cajamarcas im Norden Perus und der Gefangennahme Atahualpas. Auch wenn der Sieg der Spanier häufig mit seiner Hinrichtung im
erschwerten. Dies führte einerseits zu religiösen Verschmelzungen, Synkretismen, in denen Maria, die Mutter Gottes, mit Pachamama, der andinen Mutter Erde, gleichgesetzt wurde. Andererseits kam es zu Zwangstaufen, während die Bevölkerung ihrem andinen Glauben weiterhin heimlich anhing. Die Konsequenzen waren radikale Kampagnen zur Auslöschung des indigenen „heidnischen“ Glaubens, in denen Götterfiguren und Tempel zerstört und Rituale verboten wurden. Dabei entging den Spaniern, dass auch Berge, Seen und Gestirne als Gottheiten verehrt wurden, so dass eine vollständige Zerstö-
aus Sicht der Krone, das „Geschenk“ der Christianisierung. In der Realität führte dieses encomienda genannte System zur massiven Ausbeutung der indigenen Bevölkerung. Eine allumfassende spanische Dominanz gab es jedoch nicht. Besonders der indigene Adel verstand es, sich in der neuen kolonialen Gesellschaft zu etablieren. Auch nach Ankunft der Spanier blieben lokale Herrscher, curacas, ein Bindeglied zwischen der Oberschicht und der Bevölkerung, indem sie Tributund Arbeitsleistungen organisierten. Im Gegenzug erhielten sie, wie zur Zeit der Inka, Privilegien und einen gehobenen Sozialstatus. Die Nachfahren der Inka
Ein Paar kleiner aryballos. Die amphorenartigen Keramiken, von den Inka aryballos genannt, sind die wohl typischste Keramikform des Inka-Reiches. Sie bildeten einen wichtigen Bestandteil des inkaischen Stilrepertoires, das die dem Staat gehörenden Dinge unverkennbar machte. Bei großen Festen und Ritualen wurden die Teilnehmer aus solchen aryballos mit Maisbier bewirtet. Ton, Engobebemalung Peru, Inka-Kultur, Imperiale Phase, 15. – 16. Jh. Museo de Arte del Sur Andino, Cusco. Foto: D. Giannoni
Jahre 1532 gleichgesetzt wird, dauerte der inkaische Widerstand noch Jahrzehnte an. Die militärische Eroberung des Inka-Reiches kann erst mit dem Tod des letzten Sapa Inka, Tupac Amaru I., im Jahre 1572 als abgeschlossen betrachtet werden. Die Bewaffnung, Pferde und Bluthunde sowie vor allem tausende indigene Verbündete ermöglichten den Spaniern ihren Erfolg. Eroberung mit dem Kreuz Mit den spanischen Eroberern kamen christliche Missionare in das Andengebiet. Die katholische Religion mit ihren komplexen Glaubensinhalten war jedoch schwer vermittelbar, zumal Sprachbarrieren dies
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rung der andinen Religion nicht möglich war. Trotz starker Missionierungsbemühungen behielt ein großer Teil der Bevölkerung ihren ursprünglichen Glauben bei. Kolonialzeit Im 16. Jahrhundert begann mit dem Aufbau europäisch geprägter Städte im Andengebiet die Kolonialzeit. Diese endete im 19. Jahrhundert mit den Unabhängigkeitskriegen und der Errichtung der südamerikanischen Republiken. Den Eroberern überantwortete die spanische Krone als Lohn für ihre Verdienste Ländereien mitsamt den darauf lebenden Indigenen. Diese waren zu Arbeitsleistungen verpflichtet und erhielten dafür,
Das Territorium des ehemaligen Inka-Reiches ist heute auf fünf südamerikanische Nationalstaaten verteilt. Ecuador, Peru, Bolivien, Chile und Argentinien teilen sich heute die Hinterlassenschaften des ehemaligen Großstaates. Lebten im Inka-Reich geschätzte 6 Millionen Menschen, so sind es heute in diesen Staaten mit Ausnahme Chiles ungefähr 25 Millionen Indigene, die meisten davon Quechua- oder Aymara-Sprecher. Diese Zahl steht jedoch in keinem Verhältnis zu ihrem wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Status. Mit Ausnahme Boliviens gesteht keines dieser Länder seiner indigenen Bevölkerung einen nennenswerten politischen Einfluss zu. Seit den 1990er Jahren kann man von einem starken Ansteigen des indigenen Selbstbewusstseins sprechen, das in einigen Ländern bereits zu politischen Änderungen führte. Im privaten Bereich sowie in der Religion werden nach wie vor alte Bräuche gepflegt und althergebrachte Gottheiten verehrt. So zum Beispiel ist das Tragen indigener Trachten weit verbreitet. Bis heute ist der Einfluss des Inka-Reichs im Bewusstsein der Anden-Kulturen deutlich spürbar. Die Sichtweise auf die Inka unterscheidet sich jedoch dabei erheblich von Land zu Land.
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Von der Residenz zur Bürgerstadt Ein Stadtmuseum im Spannungsfeld zwischen weltgeschichtlichen Ereignissen und Lokalhistorie – die Kuratoren des Potsdam Museums standen bei der Neugestaltung ihrer ständigen Ausstellung vor der Herausforderung, Ereignisse wie das Potsdamer Toleranzedikt oder die Potsdamer Konferenz der Alliierten 1945 schlüssig zu verbinden mit Aspekten der regionalen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Weltpolitik und bürgerlicher Alltagsgeschäft lagen in Potsdam stets nur eine Steinwurf auseinander. Dementsprechend facettenreich gestaltete das Berliner Studio Duncan McCauley die neue Dauerausstellung des Potsdam Museums.
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Potsdamer Fabrikanten des 19. Jahrhunderts, elegante Gastgeberinnen bürgerlicher Salons kommen in der Ausstellung ebenso vor wie Stalin und Trumann, die für die Potsdamer Konferenz 1945 in der Stadt weilten. Und natürlich Friedrich. Zwar ist Potsdam mit wichtigen Ereignissen der Preußischen, aber auch der gesamtdeutschen Geschichte verknüpft wie außer Berlin kaum eine andere Stadt – dennoch ging es dem kuratorischen Team um Museumsdirektorin Jutta Götzmann darum, zu zeigen, was Potsdam außerdem ausmacht. In der anfangs stark vom königlichen Hof und den Soldaten der Potsdamer Garnison geprägten Stadt entwickelte sich ab dem späten 18. Jahrhundert ein durchaus facettenreiches, vom Königshaus unabhängiges bürgerliches
Leben. Die Ausstellung „Potsdam: Eine Stadt macht Geschichte“ führt die Besucher auf eine Zeitreise zu den wichtigsten Meilensteinen in der 1000-jährigen Geschichte der Stadt: Vom unbedeutenden mittelalterlichen Flecken zur Residenzstadt und nach einigen Jahrzehnten als DDR-Bezirksstadt schließlich zur Hauptstadt des Landes Brandenburg. 1000 Jahre Stadtgeschichte in 11 Themeninseln Das von Berlin aus tätige Studio Duncan McCauley hat die ständige Ausstellung auf einer Fläche von ca. 800 Quadratmetern in den jüngst sanierten Räumen des historischen Potsdamer Rathauses am Alten Markt eingerichtet. Gut 500
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Alle Fotos © Ruthe Zuntz
Ausstellungsstücke veranschaulichen 11 Themen der Potsdamer Stadtgeschichte. Dabei entschied sich die Museumsleitung für eine Kombination thematischen und chronologischen Erzählens: Zwar sind die einzelnen Bereiche je einem Thema gewidmet, das auch zeitübergreifend dargestellt wird, etwa die Garnisonsstadt oder das bürgerliche Leben Potsdams. Diese Themensäle jedoch folgen einer Chronologie – so konzentriert sich beispielsweise das Thema „Bürgerliches Potsdam“ auf das 19. Jahrhundert. Der Besucher taucht dabei in die Alltagswelt des Potsdamer Bürgertums ein, doch verweist jede Themenetappe immer wieder auf das große Ganze der Potsdamer Stadtgeschichte. Modulare Ausstellungsarchitektur Die Gestalter entwickelten Präsentationselemente und Vitrinen, deren Schlichtheit den rund 500 originalen Stücke einen einheitlichen Rahmen gibt und sie bestmöglich ins Licht rückt. Dabei konnten ca. zwei Drittel der im Sommer 2012 für die Ausstellung „Friedrich und Potsdam – Die Erfindung (s)einer Stadt“ entwickelten Möblierung wieder verwendet werden, teils umgebaut oder in veränderter Farbgebung. Die Ausstellung war der Rolle Friedrichs II. als Initiator des repräsentativen Ausbaus der Stadt Potsdam zur Residenz gewidmet. „Residieren + Gestalten“ heißt der dem Thema gewidmete Saal nun in der Dauerausstellung. Die neue ständige Ausstellung und die vorangegangene Friedrich-Ausstellung sowie eine Retrospektive zum Werk des Potsdamer Künstlers Siegward Sprotte waren mit einem Gesamtetat von 1,3 Mio. Euro zu bestreiten. Die Wiederverwendung architektonischer Bausteine und Vitrinen der Sonderausstellung Friedrich und Pots-
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dam half den Szenographen, mit den begrenzten Mitteln auszukommen. Nach dem Willen des Museums soll die Szenographie auch künftig flexibel adaptierbar sein. Vitrinen und Präsentationspodien sind daher modular konstruiert, so dass sie bei einer Neuorganisation der Ausstellung andere Exponate aufnehmen können. Eine andere Herausforderung bestand für Ausstellungsarchitekt Tom Duncan darin, „eine Architektur zu entwickeln, die die nach Größe, Art und Alter der Stücke sehr heterogene Objektfülle des Hauses zusammenhält und in eine große Erzählung einbindet“, erklärt der Architekt. So entwarfen Duncan McCauley gewölbte Wandungen und Podien, die bildlich mit der dynamischen Veränderung Potsdams korrespondieren: Fließende, ineinander greifende Formen, die aus den barocken, Potsdam bis heute prägenden Ensembles abgeleitet wurden.
6-Meter breites Rundpanorama Im letzten Saal schlägt die Ausstellung unter dem Motto „Potsdam im Fokus“ die Brücke zur Gegenwart, Hier rücken fotografische Zeugnisse der Stadtgeschichte stark in den Vordergrund. Sie werden in einem runden Saal präsentiert. Eindrucksvolle Fotografien wie ein als 6 Meter langes Rundbild in Szene gesetzte Panoramabild Potsdams aus dem Jahr 1935 werden
am Ende des Rundgangs mit Wechselausstellungen zeitgenössischer Fotografen kombiniert, so dass Potsdam in dichtem räumlichem Nebeneinander unter geschichtlicher wie auch gegenwärtiger Perspektive bildlich in Erscheinung tritt. Interaktive Medieninstallationen eröffnen eine weitere Erzählebene und laden ein, sich mit einzelnen dargestellten Aspekten eingehender zu beschäftigen. Beispielsweise werden originalen Manufakturprodukten durch eine digitalisierte, historische Landkarte der Herstellungsbetriebe ergänzt, auf der der Besucher weitere Informationen zu den Objekten und ihrem Herstellungsprozess aufrufen kann. Bei den sogenannten „Biografische Stelen“, handelt es sich um Hörstationen, an denen der Besucher auf einem in die Stele integrierten Sitz Platz nehmen kann. Dort werden Potsdamer Persönlichkeiten verschiedener Epochen in Bild und Ton vorgestellt – was es dem Besucher erlaubt, sich der Stadt auch über ihre Menschen zu nähern. Frank Peter Jäger Das Studio Duncan McCauley Das Studio Duncan McCauley ist auf Architektur und Ausstellungsgestaltung für Museen und kulturelle Einrichtungen spezialisiert. Ein Interdisziplinärer Ansatz und grenzübergreifendes Denken sind charakteristisch für die Arbeitsweise des Büros, das 2003 von den aus England und Irland stammenden Architekten Tom Duncan und Noel McCauley in Berlin gegründet wurde. In seinen Szenographien verbinden sich Architektur, thematische Inhalte und Medien zu einem dramaturgischen Ganzen. Der „Erzählende Raum“ spricht die sinnliche und emotionale Wahrnehmung der Besucher an, er bewegt und inspiriert. Zurückliegende Ausstellungsprojekten waren u.a. „Im Licht von Amarna – 100 Jahre Fund der Nofretete“ im Neuen Museum Berlin, die Ausstellung zum 200. Jubiläum der Humboldt-Universität Berlin sowie das Ziegeleimuseum in Zehdenick (Brandenburg). „Potsdam: Eine Stadt macht Geschichte“ – Dauerausstellung des Potsdam Museums im Alten Rathaus, Am Alten Markt 9, 14467 Potsdam. Öffnungszeiten Museum: Di. – Fr. 10 - 17 Uhr | Do. 10 - 19 Uhr | Sa, So und Feiertage 10- 18 Uhr. www.duncanmccauley.com www.potsdam.de
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Albert Kahn, Les Archives de la planète, Stéphane Passet China, Peking, Palast des himmlischen Friedens, vierter Hof, östlicher Anbau, ein Hohepriester in zeremoniellem Gewand 26. Mai 1913, © Musée Albert-Kahn, Département des Hauts-de-Seine
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1914 - Mitten in Europa Im Jahr 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) nimmt dieses Datum zum Anlass, mit seinem Dezernat für Kultur und Umwelt ein großes Verbundprojekt zu realisieren: 1914 – Mitten in Europa. Erstmals beteiligen sich alle seine Museen und Kulturdienste an einem Großprojekt. Darüber hinaus steuern zahlreiche nationale wie internationale Partner Beiträge bei. Mit internationaler Perspektive und aktuellen Bezügen wird mit Stichworten wie Globalisierung, Neue Medien, Strukturwandel sowie neue soziale Rollenbilder ein fachübergreifendes Programm angeboten, das sich an die breite Öffentlichkeit richtet.
katastrophe des 20. Jahrhunderts“. Der Reigen der Ausstellungen wurde mit der Ausstellung „1914 – Die Welt in Farbe“ im LVR-LandesMuseum Bonn eröffnet, die bis zum 23. März 2014 stattfindet. Im Zentrum der Ausstellung stehen die
Seit nunmehr zwei Jahren laufen die Arbeiten zu dem einzigartigen Großprojekt, das neben einem Kongress mit zwölf Ausstellungen und einem vielseitigen Exkursionsprogramm aufwartet. Begleitet Hans Hildenbrand, Chromoplast-Bild. Feldküche an der Front. und unterstützt wird das Projekt © Landesmuseum Bonn seit anderthalb Jahren von einem wissenschaftlichen Beirat unter dem Vor- bislang fast vergessenen Farbfotografisitz von Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kauf- en und Filme des französischen Bankiers mann von der Universität Düsseldorf. Im Albert Kahn. Begeistert von dem farbMittelpunkt steht für den LVR der Kultur- fotografischen Verfahren der Gebrüder raum des Rhein-landes. Das Rheinland Lumière beauftragte er in einer Zeit, als hat durch seine geographische Lage, die Nationen Europas bereits zum großen durch das hochindustrialisierte Revier an Krieg rüsteten, Fotografinnen und FotoRhein und Ruhr, durch seine Infrastruktur, grafen, um mit Farbbildern aus aller Welt aber auch mit aufstrebenden kulturellen die Archives de la planète aufzubauen. In Zentren der Moderne eine besondere diesem wahrhaft planetarischen Bildarchiv Rolle gespielt. Es soll darum gehen, die haben sich über 70.000 Farbbildaufnah‚Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts‘ und men erhalten. Sie stellen einen immensen die vorlaufenden Zeitumstände in mög- ethnografischen Schatz dar und sollten lichst vielen Facetten und durchaus auch zugleich eine Friedensmission erfüllen: in ihrer Widersprüchlichkeit zu behandeln Die Fremde in die Nähe zu holen und den und zu prä-sentieren. Dabei soll es dar- Menschen von Angesicht zu Angesicht zu um gehen zu verstehen, wie weitreichend begegnen. Das sollte den längst brüchig die damaligen Entwicklungen für unser gewordenen Frieden sichern helfen. Die gegenwärtiges Leben in Europa und im Ausstellung im LVR-LandesMuseum stellt diese faszinierende und immer noch akRheinland sind. tuelle Vision in einen zeitgeschichtlichen, Auftakt des Gesamtprojekts 1914-Mitten keineswegs immer nur friedfertigen Zuin Europa war ein dreitägiger Kongress sammenhang. Gezeigt werden u.a. die im LVR-LandesMuseum Bonn. Über 200 im Auftrag von Zar Nikolaus II. entstanInteressierte informierten sich und dis- denen Farbfotografien des Russischen kutierten in über 60 Vorträgen und in Reiches von Sergei M. Prokudin-Gorski, unterschiedlichen Foren über die „Ur- das werbeträchtige „Stollwerck-Album“,
das einflussreiche Großprojekt „Bilder aus den deutschen Kolonien“ oder das „Kaiserpanorama“, dessen Farbbilder in 3D damals wie heute faszinieren. Im Studiolo der Ausstellung können die Besucherinnen und Besucher einige der frühen kostbaren Farbfotobücher im Original durchblättern und sich mit der Technik von 1902 selbst in Farbe fotografieren. So ermöglicht die Ausstellung einen ganz neuen, farbenprächtigen Einblick in eine vergangene Welt, die wir bislang nur in schwarz-weiß kannten. Es folgen Ausstellungen unter anderem im Max Ernst Museum Brühl, in den Freilichtmuseum Lindlar und Kommern, dem LVR-RömerMuseum Xanten sowie die große Ausstellung 1914-Mitten in Europa des LVR-Industriemuseum in Kooperation mit dem Ruhr Museum Essen ab März 2014. Ein Programmheft weist das vollständige Angebot mit inhaltlichen Beschreibungen zu den einzelnen Veranstaltungen aus. Die Akteure im Überblick: In einer Vielfalt thematischer Blickwinkel bringen die folgenden Häuser ihre Stärken mit aufeinander abgestimmten Ausstellungsvorhaben ein: • LVR-Industriemuseum in Kooperation mit dem Ruhr Museum Essen • Max Ernst Museum Brühl des LVR • LVR-LandesMuseum Bonn • Psychiatriegeschichtliches Dokumentationszentrum Düren und Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren • LVR-Freilichtmuseen Kommern • LVR-Freilichtmuseum Lindlar • LVR-RömerMuseum Xanten • Preußen-Museum NRW in Wesel • Ehemalige Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ e.V. in Wuppertal • Kölnisches Stadtmuseum, Museum für Angewandte Kunst Köln und Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln • LehmbruckMuseum Duisburg • Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf www.rheinland1914.lvr.de
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Künstler Andreas M. Kaufmann und MKM-Direktor Walter Smerling mit dem gerade verankerten „Kunst-U-Boot“ im Hintergrund © MKM / Künstler, Foto: Georg Lukas, Essen
MKM Museum Küppersmühle Neuerwerb der Sammlung Ströher – das sogenannte „Kunst-U-Boot“ – ging vor dem MKM im Duisburger Innenhafen vor Anker Der Duisburger Innenhafen ist seit dem 10. Oktober 2013 um eine Attraktion reicher: das „Kunst-U-Boot“ mit dem Titel „ICH KANN, WEIL ICH WILL, WAS ICH MUSS“ von Andreas M. Kaufmann und Hans Ulrich Reck wurde per Schwertransport in seine neue Heimat gebracht, auf dem Wasser montiert und verankert. Die etwa 8 m-lange und 3,2 m-hohe, durchgehende Bildmontage im Inneren war beschädigt, wurde aber mittlerweile instandgesetzt, so dass das „Kunst-U-Boot“ ab Mitte November für Museumsbesucher während der regulären Öffnungszeiten zugänglich sein wird. Der Neuerwerb der Sammlung Ströher gehört somit als „Außenposten“ zur ständigen Sammlung des Museums Küppersmühle. Der Künstler Andreas M. Kaufmann freut sich sehr über den Anlegeplatz seines Kunstwerkes im Duisburger Innenhafen: „Es gehört einfach ins Ruhrgebiet – an einen Ort, an dem die Konflikte um Energieressourcen nicht nur historisch bedeut-
sam sind, sondern auch in Zukunft an Brisanz gewinnen.“ Eine Kathedrale für bildlich kodiertes Wissen Für die Künstler stellt das U-Boot ein Symbol bildlich kodierten Wissens dar, das zuweilen sichtbar ist, aber auch durch Abtauchen unsichtbar werden kann. Die Deutungsebenen sind vielfältig. Das U-Boot steht für Zerstörung, für Schutz, für Vereinnahmung gleichermaßen. Es steht für kriegerische, politische und mediale Tarnung und Täuschung. „ICH KANN, WEIL ICH WILL, WAS ICH MUSS“ ist ein kooperatives Projekt des Künstlers Andreas M. Kaufmann und des Bildwissenschaftlers und Kunsthistorikers Prof. Dr. Hans Ulrich Reck, die das symbolträchtige Behältnis für ihren philosophischwissenschaftlichen Kunstbegriff nutzen. Das Kunstwerk war anlässlich des Kulturhauptstadtjahres RUHR.2010 erstmals auf dem Essener Baldeneysee zu sehen.
Die Intention der Künstler war es, „eine politisch-ikonografisch reflektierte Vision einer spezifischen ‘Kathe-drale menschheitsgeschichtlich bedeutsamer Bild-Imagination‘ zu realisieren (…). Der Akzent liegt dabei auf einer Beschreibung der Leistungsfähigkeit und Grenzen des bildlichen Mediums.“ (Andreas M. Kaufmann/Hans Ulrich Reck). Die aus der Außenhaut des Turmes herausgeschnittenen Buchstaben „ICH KANN, WEIL ICH WILL, WAS ICH MUSS“ fungieren dabei wie Monitore, die – analog zu den von Krieg, Politik und Medien motivierten Faktoren bei der Bildselektion – ausgewählte Bildereignisse in den Vordergrund rücken, während die Mehrheit der Bilder im Halbdunkel verbleibt. Das Buchstabenfenster des U-Bootes wird nachts erleuchtet, so dass das Kunstwerk auch bei Dunkelheit für die Besucher des Hafens erlebbar ist. MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst Philosophenweg 55 - 47051 Duisburg www.museum-kueppersmuehle.de
Andreas M. Kaufmann und Hans Ulrich Reck. „ICH KANN, WEIL ICH WILL, WAS ICH MUSS“ Innen-/Außenansicht © Künstler, Foto: Frank Vinken, Essen
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Täuschend echt Ein Tübinger Projekt an der Schnittstelle zwischen Forschung und Museum Sonderausstellung im Museum der Universität Tübingen vom 13. November 2013 bis 8. Februar 2014
Der Rittersaal des Schlosses Hohentübingen beherbergt die Abguss-Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie, © Museum der Uni Tübingen MUT/Valentin Marquardt
Am Anfang stand eine Idee: Die Aufarbeitung der magazinierten Lehrsammlung sollte in möglichst weiten Teilen als Projekt des Instituts geführt werden und einen regen Austausch zwischen den Mitarbeitern der Sammlung, den Dozenten und interessierten Studierenden fördern. Tatsächlich war kaum eine Lehrveranstaltung so lehrreich und befruchtend wie die gemeinsame Diskussion direkt an den „verdächtigen“ Objekten. Umso interessanter und vielschichtiger die Objekte wurden, desto mehr trat der Wunsch in den Vordergrund, an diesen Erkenntnissen auch die breite Öffentlichkeit teilhaben zu lassen, insbesondere, da es sich fast ausschließlich um Stücke handelte, die bislang noch nie gezeigt worden waren — eben weil ihre Authentizität in Frage stand. Die Idee zur Ausstellung war geboren, ein Konzept wurde erstellt und in enger Zusammenarbeit mit dem Museum der Universität Tübingen MUT wurden in der Folge Möglichkeiten der Präsentation
erörtert. Die Wahl des Ausstellungsortes fiel leicht: An keinem anderen Ort als dem Rittersaal des Schlosses Hohentübingen, der seit den 1990er Jahren die reichbestückte Abguss-Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie beherbergt, ließ sich Antike in allen Facetten — von der römischen Kopie angefangen über zeitgenössische Zitate aller Jahrhunderte bis hin zu gezielten Fälschungen — besser präsentieren. Durch die Objekte und Forschungsergebnisse vorgegeben war der rote Faden, der durch die Ausstellung führen sollte: Nicht allein Antikenfälschungen — also Stücken, die klar eine trügerische Intention des Produzenten erkennen lassen — gilt das Augenmerk, sondern der gesamten Palette „moderner Antiken“. Nicht unter dem negativen Aspekt der Imitation sind diese verstanden und präsentiert, sondern vielmehr unter dem positiven, Entstehungszeit und -umfeld mit ihrer Hilfe rekonstruieren zu können. Um die
Tübinger Objekte auch in einen größeren Zusammenhang einzubetten und die Besonderheiten einzelner Objekte oder ganzer Gattungen für den Laien verständlich werden zu lassen, wurden Kooperationen mit anderen universitären und staatlichen Antikensammlungen in die Wege geleitet.
Ausstellung Die Ausstellung holt den modernen Besucher im Hier und Jetzt ab, indem sie ihm die Allgegenwart antiker Motive vor Augen führt, die uns heute noch im Staßenalltag begegnen, ohne dass wir sie überhaupt noch wahrnehmen würden. Stellvertretend beleuchtet diesen Aspekt eine breite Palette archäologischer Souvenirs einer Süddeutschen Privatsammlung. Anknüpfend stellt die Ausstellung die Frage nach den beiden Grundvoraussetzungen für die Entstehung von Fälschungen.
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Einerseits braucht es technisches Können und handwerkliche Perfektion, um den Antiken in ihrem Aussehen möglichst nahe zu kommen, zum anderen muss für die „täuschend echten“ Produkte ein Markt vorhanden sein, den es zu befriedigen gilt. Dieser ist aufs engste verbunden mit den Begriffen von Mode und Zeitgeist, die „Antikes“ in den Jahrhunderten der Neuzeit immer wieder aufs Neue attraktiv und kaufenswert werden ließen. Im zweiten Teil gilt der Blick den Fälschungen und dem Prozedere des Fälschens: Innerhalb zweier Gattungen, der Vasenmalerei und der Münzprägung, sind plakativ Originale und Fälschungen bzw. neuzeitliche Produktionen in antikem Stil nebeneinander präsentiert. Der Besucher ist hier selbst gefordert, Unterschiede in Motiv, Form, Material und Oberflächenbeschaffenheit zu suchen, zu entdecken und zu verstehen. Dafür wurde aus dem Akademischen Kunstmuseum Bonn eine umfangreiche Kollektion gefälschter Vasen ausgeliehen, denen antike Originale aus den Tübinger Beständen an die Seite gestellt werden. Der Hauptteil der Ausstellung widmet sich den Fälschungen der Tübinger Sammlung in allen Gattungen. An die Tübinger Vasenfälschungen schließen sich moderne Produktionen in Marmor, Bronze und Terrakotta an, die ihrerseits gezielt von Leihgaben aus der Antikensammlung Berlin, den Staatlichen Antikensammlungen München sowie von privaten Leihgebern gerahmt sind. Der vierte Themenkomplex widmet sich technischen Fragen: Möglichkeiten zur Enttarnung von Fälschungen, zur Erkennung moderner Teile an antiken Objekten, die im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung eine Rolle spielten. Das fünfte und letzte Kompartiment schließlich schneidet die Frage an, inwieweit die Ergänzungen berühmter Skulpturen seit der Renaissance eine (Ver)fälschung des originalen Bestandes darstellen und das Bild der Antike durch alle Epochen mit geprägt haben: Der berühmte falsche Arm des Laokoon, der im 16. Jahrhundert abgesägte rechte Unterarm des Apoll vom Belvedere oder der weitgehend ergänzte Oberkörper der Nike von Samothrake, der die Siegesgöttin erst zum Blickfang auf der zentralen Treppe des Pariser Louvre werden lässt, sind nur einige Beispiele, die hier zu nennen sind. Wie die Ausstellung beginnt, so endet sie in der Gegenwart und entlässt den Besucher im Anblick moderner, billiger Raubkopien nach edlen Modeaccessoires mit der Überlegung, dass die Frage von echt und falsch, von Original
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und Kopie gerade in der heutigen Zeit des „copy-and-paste“ von größter Brisanz ist. Begrüßt und verabschiedet wird der Besucher im Hof des Schlosses von einem monumentalen Kopf des Kaisers Augustus. Inklusive einer Inschrift wurde er von dem Archäologen und Steinmetz Michael Pfanner geschaffen, um die Sensibilität der Medien zu testen. Durch die an antiken Vorbildern geschulte Bearbeitung des
Marmor hat er darüber hinaus aber auch eine ganz eigene ästhetische Qualität gewonnen. Moderne Antiken Die Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie speist sich zu einem großen Teil aus Stiftungen und Nachlässen bürgerlicher Mäzene. Bereits mit der ersten
privaten Stiftung 1798 fanden „moderne Antiken“ den Weg aufs Schloss Hohentübingen, in dem das nominell der Universität unterstellte „Münz- und Antikenkabinett“ von 1819 bis 1881 untergebracht war. Unter den sieben Kleinbronzen der Sammlung Carl Sigmund Tux befand sich einerseits der sogenannte Tübinger Waffenläufer, der als antike Produktion an der Schwelle zwischen den großen griechischen Kunstepochen der Archaik und der Klassik entstanden ist und als Highlight der Tübinger Sammlung bis heute gefeiert wird. Zum anderen gehörten zu dieser Kollektion die bronzenen Statuetten zweier unbekleideter Mädchen bei
der Toilette, die keineswegs der Antike, sondern vielmehr der Neuzeit zuzurechnen sind. Durch die Sitzgelegenheit als „in der Natur“ charakterisiert, kämmt sich die eine das Haar (Inv. 20a) und die andere wäscht sich mit einem Tuch die Füße (Inv. 19a; Abb. 1). Mit dem übergeschlagenen, horizontal auf dem rechten abgelegten linken Bein erinnert letztere an die bekannte Bronze des sogenannten Dornausziehers im Konservatorenpalast in Rom (Abb. 2). Wohl nie unter die Erde gekommen, bereits im 12. Jahrhundert vom Magister Gregorius erwähnt, war er bis 1471 in päpstlichem Besitz, als Papst Sixtus IV. ihn der Stadt Rom schenk-
Abb. 1, Links: Bronzestatuette der „Badenden, sich die Füße waschend“ von Barthélemy Prieur; um 1590-1600. Tübingen, Institut für Klassische Archäologie Inv. 19a Abb. 2: Verkleinerte Bronzekopie des Dornausziehers (Rom Konservatorenpalast); Münchner Privatsammlung
te. Gut möglich, dass der Bronzegießer Barthélemy Prieur (vor 1536—1611) seine Badende vor dem Hintergrund, der seit der Renaissance so beliebten, vielfach gezeichneten und kopierten Bronze quasi als weibliches Pendant geschaffen hat. Die Badende der Sammlung Tux skizziert damit treffend die Problematik der Ausstellung „Täuschend echt“: Die Bronze ist nicht antik, sondern im 16. Jahrhundert entstanden. Sie zitiert zwar eine allseits bekannte Antike, doch setzt sie sich ansonsten in Themenwahl und Formensprache klar von antiken Darstellungen junger Frauen ab. Sie ist nicht signiert, sondern dem Bildhauer Prieur stilistisch und dokumentarisch zuzuweisen, und sie gelangte im Rahmen einer umfangreichen, überwiegend Antiken umfassenden, Privatsammlung in die Bestände des Instituts für Klassische Archäologie. — War sie als Fälschung gedacht? Wurden Abgüsse nach dem „unschuldigen“ Modell des Meisters zweckentfremdet und als Antiken ausgegeben und verkauft? War Carl Sigmund Tux einem betrügerischen Händler aufgesessen und hatte die Bronze als Antike erworben? Oder traf er selbst die irrtümliche Datierung aufgrund des Antikenzitates und der fehlenden Künstlersignatur? Ein anderes Beispiel der Tübinger Sammlung hat zahlreiche Reparaturen und Arbeitsschritte über sich ergehen lassen, bis es sein gegenwärtiges Aussehen erreicht hat. Das Trinkhorn in Gestalt eines Ziegenbocks (Inv. 683) entstand in seiner ursprünglichen Form um die Mitte des 4. Jhs. v. Chr. in Unteritalien (Abb. 3). Bei genauerer Betrachtung fielen einige Merkwürdigkeiten auf, die das Gefäß verdächtig werden ließen, so beispielsweise der separat angesetzte und mit dem Ornament des Eierstabes verzierte Überhang an der Lippe. Dieser hat weder einen antiken Vergleich, noch ist er mit der Funktion des Gefäßes vereinbar. Dazu traten die stellenweise merkwürdig verwaschen wirkende Malerei und leichte Erhabenheiten am Hals, die sich nicht erklären ließen. Und zuletzt reflektierten gerade die verdächtigen Stellen unter UV-Licht, was zumindest für die Bemalung eine nachantike Entstehung bewies. Eine stichprobenartige Abtragung der oberen Bemalungsschicht rund um die rotfigurige Gestalt des Jünglings mit Leier brachte Scheitel und aufgestecktes Haar eines großformatigen Frauenkopfs zum Vorschein (Abb. 4 und 5). Ein weiterer Frauenkopf kam auf der Gegenseite zum Vorschein,
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vollständige zusammenzusetzen und an Reisende zu verkaufen. So berichtet Johann Joachim Winckelmann (1717— 1768) von einem Besuch in der königlichen Werkstatt von Portici, in der aus den Bruchstücken von drei Bronzepferden ein neues gestaltet wurde, das heute unter der Bezeichnung Cavallo Mazzocchi im Museum von Neapel steht. Wer auch immer das Tübinger Rhyton gekauft haben mag, das über die Sammlung Wundt in die Bestände des Instituts gelangte, er hat zwar kein vollständiges und unversehrtes aber ein in allen Teilen — bis auf die Bemalung — antikes Gefäß erworben.
Abb. 3, Links oben: Ziegenkopf-Rhyton vor Restaurierung; 350-330 v. Chr. Tübingen, Institut für Klassische Archäologie Inv. W./683 Abb. 4, Rechts oben: Dasselbe Ziegenkopf-Rhyton nach Restaurierung Abb. 5, Unten: Detail: Unter der Bemalungsschicht mit Leierspielendem Jüngling kommt der Oberteil eines Frauenkopfes zum Vorschein
allerdings wird dieser mittig vom Ansatz des Gefäßhenkels überdeckt, so dass beide Gefäßteile ursprünglich unmöglich zusammengehört haben können. Die im Inneren besser als von außen zu erkennenden Bruchstellen und Nähte geben schließlich Aufschluss: Das Rhyton ist ein Pasticcio aus unterschiedlichen Antiken. Vollständig erhalten hat sich der Tierkopf bis zum Halsansatz. Hier wurde entweder der Hals eines anderen, maßgleichen Trinkhorns angesetzt oder ein schlanker apulischer Kantharos, für den die beiden
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Frauenköpfe auf Vorder- und Rückseite nicht ungewöhnlich wären (Abb. 6). Der Henkel einer weiteren Antike machte das Patchwork perfekt, die neue Bemalung kaschierte die Anstückungen und verlieh dem Gesamtwerk ein einheitliches Äußeres. Pasticci solcher Art sind keine Seltenheit, vielmehr war es unter den Antiquaren in Rom und Italien seit dem 16. Jahrhundert gängige Praxis, aus Fragmenten unterschiedlicher antiker Gefäße und Figuren
Anders verhält es sich mit einer rotfigurigen Kylix (Inv. 682), die 1888 angekauft wurde und über dieselbe Sammlung in die Tübinger Bestände kam (Abb. 7). Die Trinkschale ließen ikonographische Merkwürdigkeiten bereits Mitte des 20. Jahrhunderts verdächtig werden: Im mäandergerahmten Innenbild gibt sie einen gebückten Jüngling wieder, der deutlich von einem Schalenbild im British Museum inspiriert ist. Zeigt die Londoner Schale einen jungen Mann bei der Hasenjagd, so fehlt das Tier in der Tübinger Zeichnung und die stark gebückte Haltung des nun bekränzten Jünglings wirkt seltsam unmotiviert. Eine technische Prüfung Mitte des 20. Jahrhunderts sowie erneut im Vorfeld der Ausstellung ließen das Vorgehen bei der Produktion offensichtlich werden: In die vollständig schwarze Oberfläche eines antiken Gefäßes ritzte der moderne Produzent die Figuren und Ornamente des Schalenrundes ein und spachtelte auf den tiefer liegenden Tongrund eine bräunliche Farbmasse auf. Anschließend verdeckte er die ausgesplitterten Konturen mit einem Pinselstrich in moderner Ölfarbe und zog die schwarzen Linien der Binnenzeichnung. Der schwarze Grund erhielt — trotz des erhaltenen antiken Firnis‘ — einen glänzenden schwarzen Überzug, der die Grenzen von antik und modern verwischte. Im Kontakt mit Natronlauge und Aceton lösten sich die modernen Farben auf und zurück blieben die gefransten Ränder der ausgeschabten Figur sowie unter der rötlichen Farbmasse der Tongrund mit deutlichen Kratzspuren (Abb. 7 und 8). Ein solches Vorgehen war für das 19. Jahrhundert kein ungewöhnlicher Vorgang. Nur allzu häufig bekam unauffällige Schwarzfirnisware modern einen figürlichen oder ornamentalen Schmuck. Deutlich unterscheidet sich das Ergebnis aber von Pasticci wie dem Ziegenkopf-Rhyton: Die einfarbige Ware
Abb. 7, Links: Rotfigurige Kylix; Gefäß antik (5. Jh. v. Chr.), Bemalung modern (vor 1888). Tübingen, Institut für Klassische Archäologie Inv. 682 Abb. 8, Rechts: Das Detail der rotfigurigen Kylix zeigt den ausgekratzten Figurengrund sowie die eingespachtelte Farbmasse und lässt die durch Aceton aufgelösten Linien der Binnenzeichnung erkennen
wurde durch moderne Bemalung in antikem Stile gezielt für den Verkauf aufgewertet, so dass man von einer täuschenden Absicht des Produzenten ausgehen
und das Ergebnis getrost als Fälschung bezeichnen kann. Die modernen Vasenmaler legten ein enormes Geschick und klar erkennbaren Ehrgeiz in ihre Werke —
Abb. 6: Apulischer Kantharos mit Frauenkopf auf Vorder- und Rückseite; um 330/10 v. Chr. Tübingen, Institut für Klassische Archäologie, Inv. 7297
die Produktion eines vollständig modern getöpferten und bemalten Gefäßes wäre weitaus einfacher gewesen als es die Tübinger Trinkschale erkennen lässt. Ein besonderes Kapitel im großen Themenkomplex von Antikenfälschungen stellen die sogenannten Tanagräerinnen dar. In den 1870er Jahren kamen in den Nekropolen der böotischen Stadt Tanagra — südlich der modernen Orte Vratsi und Schimatari gelegen — bei illegalen Grabungen zahlreiche Tonfiguren junger Frauen zutage, die den Athener Kunstmarkt überschwemmten. Die zierlichen Figurinen mit teilweise extrem gut erhaltener Bemalung trafen den Geschmack des europäischen Bürgertums offenbar aufs Beste und wurden von Privatleuten ebenso wie von Museen mitunter zu weit überhöhten Preisen gekauft. Als der Nachschub ins Stocken geriet, traten Fälscher auf den Plan deren Produkte Archäologen und Kunstwissenschaftler bis heute aufs Glatteis führen können, stünde nicht seit 1960 die naturwissenschaftliche Methode der Thermolumineszenz-Analyse zur Verfügung, die eine Altersbestimmung gebrannten Tons ermöglicht. Die sieben Tanagräerinnen der Tübinger Sammlung wurden im Vorfeld der Ausstellung gesammelt einer TL-Analyse unterzogen, die mehrere Überraschungen bot: Eine Figurine, die seit ihrem Eingang
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Abb. 9: Frau mit Mantel und Fächer; spätes 4. - frühes 3. Jh. v. Chr. Tübingen, Institut für Klassische Archäologie Inv. 89.8533
Abb. 10: Frau mit Fächer und Melonenfrisur; 19. Jahrhundert. Tübingen, Institut für Klassische Archäologie Inv. 5687
Abb. 11, Rechts: Marmorstatuette der sog. Venus Medici; modern nach hellenistischem Vorbild. Tübingen, Institut für Klassische Archäologie Inv. 89.8504
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in die Sammlung einer neuzeitlichen Entstehung verdächtigt worden war, konnte rehabilitiert werden (Abb. 9). Dagegen erwies sich die hübscheste Figur der Sammlung, deren antike Entstehung nie angezweifelt worden war, als Produkt des 19. Jahrhunderts (Abb. 10). Nicht immer ließ sich die Entscheidung „antik — modern“ so klar treffen, in einigen Fällen blieben bis zuletzt Zweifel bestehen. Die 44 cm hohe Marmorstatuette der Aphrodite besitzt mit der sogenannten Venus Medici ein Vorbild in der hellenistischen Großplastik. Dieses führt die rechte Hand vor die linke Brust und die linke vor die Scham. Im Unterschied zu den beiden Trinkgefäßen und der Tanagräerin birgt die Statuette lediglich Ungereimtheiten, die an ihrer antiken Herkunft zweifeln lassen: Obgleich große Teile der Arme und Beine fehlen, sitzt der Kopf ungebrochen auf. Durch Material und Wiedergabe muss sie als hervorragende unterlebensgroße Replik gelten. So gibt sie die unterschiedlich großen Brüste wieder, die auf die Armhaltung Rücksicht nehmen, und die alle antiken Repliken zeigen, doch es fehlen Auflagespuren der Hände an Scham und linker Brust. Handelt es sich um eine moderne Produktion, so unterscheidet sich die Statuette deutlich von der erwähnten Bronze der „Badenden“ (Abb. 1), die ein bekanntes antikes Bildwerk zitiert. Sie kopiert ein berühmtes großplastisches Vorbild, täuscht durch Brüche und Fehlstellen aber eine antike Produktion vor. Die Statuette belegt damit deutlich einen Wandel in Produktion und Aussehen von „modernen Antiken“. Entstehen die ersten Fälschungen neben Pasticci aus der Selbstverständlichkeit einer vollständigen Ergänzung heraus, so findet ab dem 19. Jahrhundert zunehmend das Fragment Wohlgefallen und Verständnis. Die Fälscher passen sich diesem Wandel an und produzieren unvollständige Antiken, die durch die Qualität der Brüche und den Ort der Fehlstelle mitunter „antiker als die Antike selbst“ wirken. Die Tübinger Aphrodite scheint mit ihren fehlenden Armen und Unterschenkeln neben dem unversehrten Kopf geradezu auf einen möglichst hohen Preis auf dem Kunstmarkt hin konzipiert: Der unverletzte Kopf steigert die Ästhetik, die Brüche wirken dagegen authentisch. Die unterschiedlich großen Brüste belegen die Nähe zum Original, während auf störende Puntelli — also Ansatzpunkte für Finger oder Hände — zu Gunsten einer glatten Marmoroberfläche verzichtet wurde.
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Katalog und Kolloquium Parallel zur Ausstellung entstand ein umfangreicher Katalog, der zum einen die in der Präsentation angesprochenen Themenfelder aufgreift, zum anderen die Tübinger Objekte Stück für Stück jeweils mit der ihnen innewohnenden Problematik in Text und Bild vorstellt. Auch hier stand die Verknüpfung von Forschung und Präsentation im Mittelpunkt und ein funktionierendes Teamwork innerhalb des Instituts war gefordert. Widmeten sich die Dozenten und Mitarbeiter den breiteren Themenkomplexen, die sie vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Forschungsschwerpunkte vorstellen, so setzten sich die Studenten zumeist mit ein bis zwei Objekten auseinander und waren gefordert, das in der Bibliothek oder in der Diskussion Erarbeitete in der gebotenen Kürze eines Ausstellungskatalogs im wahrsten Sinne des Wortes auf den Punkt zu bringen. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Klassische Archäologie und dem Museum der Universität Tübingen MUT war dabei von größter Bedeutung, denn ohne die Standards der „Schriften des Museums der Universität
Tübingen MUT“ wäre es vermutlich ein Führungsheft für Archäologen geworden. Durch die Auseinandersetzung zwischen Museum und Forschungseinrichtung entstand ein Begleitband, der die Balance hält zwischen wissenschaftlicher Arbeit mit aktuellen Forschungsergebnissen einerseits und Allgemeinverständlichkeit für ein interessiertes Laienpublikum andererseits. Die Diskussion an den Objekten ließ aber auch deutlich erkennen, dass in vielen Fällen bislang allenfalls ein Zwischenstand erreicht ist — die Suche nach Vergleichsbeispielen, die Frage nach echt und falsch, nach dem Impetus des modernen Produzenten konnte vielfach noch nicht erschöpfend geklärt werden und verlangt weitere Untersuchungen. Aus diesem Grund wurde unter dem Titel „Rezeption, Zeitgeist, Fälschung — Umgang mit Antike(n)“ für Januar 2014 zu einem zweitägigen Forschungskolloquium geladen, das sich bereits im Vorfeld breiten internationalen Interesses erfreut. Mit Wissenschaftlern aus aller Welt können so die aufgeworfenen Fragen diskutiert und der in der Ausstellung als „work in progress“
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präsentierte Zwischenstand weitergetrieben werden. Zu hoffen bleibt, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Aufarbeitung des Themenfeldes anregen und vor allem auch den Blick auf „moderne Antiken“ differenzieren, so dass diese in Zukunft unter positiven Aspekten betrachtet und bearbeitet werden können. Universitätssammlung und Museum der Universität Die skizzierten Fragen demonstrieren die Komplexität des Themas und die Faszination, die von den einzelnen Stücken ausgeht. Was sie nicht zeigen können, ist die Tatsache, dass es vornehmlich im universitären Kontext möglich ist, sie zu stellen. Der Kauf von Fälschungen wird bis heute als Niederlage und als Versagen der beurteilenden Instanzen, der zuständigen Konservatoren gesehen, obwohl anhand bekannter Fälschungsskandale längst offenbar wurde, dass es sich deutlich erkennbar um einen steten Wettstreit zwischen Fälschern und Forschern handelt, einerseits zu täuschen, andererseits Fälschungen sicher erkennen zu können. Dass sich Fälscher dabei nicht zuletzt auch die archäologische Fachlitera-
tur zu Nutze machen, ließ sich insbesondere im Falle des Bronzegusses nachweisen. Ein heikles Thema also — kein Wunder, dass Fälschungen und „Fehlkäufe“ zumeist ein unbeachtetes, bisweilen auch vertuschtes Nischendasein in den Magazinbereichen der Museen fristen. Eine Universitätssammlung kann mit ihren Raritäten und Kuriosa weitaus freier umgehen, sind doch die meisten Fälschungen nicht durch gezielten Ankauf sondern vielmehr im Rahmen einer Gesamtstiftung in die Bestände gelangt. Eine Ausstellung wie „Täuschend echt“ konnte allein durch eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Klassische Archäologie und dem Museum der Universität Tübingen MUT realisiert werden. Standen auf der einen Seite Fachkenntnisse, Fragestellung und Objekte, so reichten auf der anderen Seite die Kenntnisse der Besucherforschung, der musealen Präsentation und der Werbetechnik die Hand. Ohne die über Jahre erarbeiteten Standards des MUT, die speziell auf die räumlichen Gegebenheiten des Rittersaals und den Besucherkreis des Schlosses Hohentübingen zugeschnitten sind, mit
jeder Ausstellung neu erprobt, variiert und perfektioniert werden, wäre das Projekt ein völlig anderes geworden. Allein in dieser Konstellation an der Schnittstelle zwischen universitärer Sammlung und Museum konnte die Ausstellung „Täuschend echt“ in dieser Form entstehen und durch die didaktische Transformation wurde es möglich, den Besucher in komplexe Fragestellungen einzuführen und ihm dadurch einen neuen Dialog mit der Antike anzubieten. Täuschend echt - Eine Ausstellung des Instituts für Klassische Archäologie und des Museums der Universität Tübingen MUT Öffnungszeiten: Mi-So 10-17 Uhr, Do 10-19 Uhr Museum der Universität Tübingen MUT, Alte Kulturen, Sammlungen im Schloss Hohentübingen Burgsteige 11 72070 Tübingen Info: 07071-29-77384 museum@uni-tuebingen.de www.unimuseum.de
Autorin Dr. Kathrin Barbara Zimmer, Kuratorin der Ausstellung. Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Klassische Archäologie der Eberhard Karls Universität Tübingen und Kustodin der Original- und Abguss-Sammlung des Instituts Fotos (außer erstes): © Institut für Klassische Archäologie der Universität Tübingen/Thomas Zachmann
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Daniel Libeskind in „seinem“ Museum Der Architekt besucht das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden anlässlich seines zweijährigen Bestehens
Am 14.10.2011 erlebte das Militärhistorische Museum der Bundeswehr (MHM) in Dresden eine Neueröffnung. Nach langjährigen Umbauarbeiten wurde es zu einem neuen architektonischen Wahrzeichen der Elbmetropole. Verantwortlich dafür ist kein geringerer als der US-Architekt Daniel Libeskind. Zum zweijährigen Geburtstag des Hauses besuchte der gebürtige Pole „sein“ Museum. Mit Hans-Joachim Neubauer, Journalist der Zeitung „Die Zeit“, sprach er über die Bedeutung seines Gebäudes und des Museums für die Stadt Dresden. Wie wichtig und zeitgemäß architektonische Leuchtturmprojekte sind, kam ebenso zur Sprache wie die Umsetzung dieser Ideen und Visionen. Daniel Libeskind stellte sich auch grundsätzlichen Fragen zu Bauvisionen als Kommentierung historischer Stadtlandschaften und ihrer Umsetzung im Interessengeflecht von Politik, Öffentlichkeit und Wirtschaft. Mehr als 600 Besucher lauschten an diesem Tag den Worten Libeskinds. Das Gespräch am 13.10.2013 war eine Gemeinschaftsveranstaltung von ZEIT FORUM KULTUR und dem MHM in Dresden. Daniel Libeskind ist kein Unbekannter in der „Architektur-Welt“. Seine prägenden Arbeiten sind auf der ganzen Welt zu finden. Das Jüdische Museum in Berlin, das Denver Art Museum, das Imperial Art Museum in Manchester und die Neugestaltung des „Ground Zero“ in New York sind nur einige Beispiele. Dabei schafft er es, seine Arbeiten mit der Geschichte und Identität der jeweiligen Stadt sowie deren historischen Bedeutung zu verbinden. Auf die Frage, woher er seine Ideen nimmt antwortet er: „Nichts kommt von mir, alles kommt durch Inspiration.“ Dabei appelliert er auch an die Verantwortung von Architektur: „Sie sollte kein Beruhigungsmittel sein, wie ein Zuckerguss, mit dem man die Zeit konservieren will. Gebäude sollten eine Botschaft haben. Auch bei der Neugestaltung des MHM in Dresden setzte sich Daniel Libeskind mit dem historischen Ort auseinander. Das neue Gebäude ist symbolisch mit Dresden und seiner Zerstörung im Zweiten
Weltkrieg zwischen den 13. Und 15. Februar 1945 verknüpft. Der spitze Winkel des Neubau-Keils hat mit 40,1 Grad die gleiche Öffnung wie das Dreieck der zerstörten Stadtfläche, in der bis zu 25.000 Menschen während der Angriffe alliierter Bomberverbände gestorben sind. Die Spitze des Neubaus weist zudem auf die andere Elb-Seite, wo die von alliierten Piloten gesetzten Leuchtmarkierungen Zeitpunkt und Ort für den Bombenabwurf anzeigten. Über das Museum sagt Libeskind in einem früheren Interview selbst, dass „das Haus vor allem deshalb so attraktiv ist, weil es Militärgeschichte nicht glorifiziert, weil es sie nicht hinter den großen Kriegen versteckt“. Er selbst hält das MHM in Dresden für eine seiner schönsten Arbeit. Hier ist es zudem auch gelungen, durch die Keilstruktur eine zeitgenössische Perspektive in das alte Waffenarsenal zu integrieren. Der Keil durchbricht den alten, autoritären Raum und drückt durch seine Transparenz Verletzlichkeit aus. Libeskind betont, dass Architektur mit Musik vergleichbar sei. Auch wenn sie aus mathematischen Formeln bestehe, muss Architektur durch Emotionen überzeugen. Die Stadt Dresden beschäftigt Daniel Libeskind mehr als gedacht. Seine Gedanken zur Landeshauptstadt Sachsens sind so einschneidend wie sein entworfener Keil selbst. „Den größten Fehler, den eine Stadt machen kann, ist so zu tun, als hätte Geschichte nicht stattgefunden. Es gibt in Dresden eine Besessenheit von der Schönheit des Barocks, die sie immer lähmen könnte. Dresden ist auch eine Stadt der Zukunft.“ Während seines Besuches musste sich Daniel Libeskind aber auch mit kritischen Fragen auseinandersetzen. Eine Besucherin wollte wissen, ob der Umbau des MHM realisiert worden wäre, wenn
nicht die Bundeswehr sondern die Stadt Dresden Bauherr gewesen wäre? Darauf antwortete Libeskind diplomatisch: „Ich habe das Glück gehabt, bei der Bundeswehr auf Leute zu treffen, welche unter Architektur mehr verstanden haben, als lediglich Gebäude zu bauen und mit de-
Foto: © Ralf U. Heinrich
nen ich mich intellektuell auseinandersetzen konnte.“ Der US-Anerikaner weiter: „Dieses Gebäude ist wichtig für Deutschland, Europa und die Welt. Denn es kann nach dessen Besuch den Blick des Menschen auf die Dinge draußen verändern.“ Wann Daniel Libeskind das nächste Mal „sein“ Militärhistorisches Museum der Bundeswehr besucht ist noch nicht bekannt. Auch der Bau eines weiteren Libeskind-Projektes für die Stadt Dresden ist nicht mehr ausgeschlossen.
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Direktor Oberst Prof. Dr. Rogg, Uwe Strauch - museum.de, Daniel Libeskind und der wiss. Direktor Dr. Gorch Pieken im Milit채rhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden.
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Foto: Š David Brandt
Foto: © MHM
Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden
BLUTIGE ROMANTIK
200 Jahre Befreiungskriege gegen Napoleon Vor zweihundert Jahren brachen die Heere der antifranzösischen Koalition die Vorherrschaft Napoleons über Mitteleuropa. Deutschland war einer der wichtigsten Schauplätze der Ereignisse des Jahres 1813. Entlang der Marschrouten der gegnerischen Heere und dort, wo diese in Kämpfen aufeinander stießen, haben sich zahlreiche Relikte aus dieser Epoche erhalten, aber auch Objekte, deren Bedeutung auf Legendenbildung und Ver-
klärung basiert. Sie dokumentieren, wie schnell die brutale Kriegswirklichkeit von 1813 durch Romantisierung verschleiert und ihre Protagonisten idealisiert wurden. Die Ausstellung vereinigt in ihrem Hauptteil über 500 Objekte aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Deutschland, Frankreich, Österreich und Belgien. Neben Uniformen, Feldzeichen, Waffen und Kuriositäten finden sich persönliche
Zeugnisse von Menschen, die 1813 in den Strom der Ereignisse gerieten. Ein eigener Ausstellungsbereich setzt sich mit der miniaturisierten Darstellung der Soldaten und Schlachten der Napoleonischen Kriege auseinander. Die Besucher sehen dort rund 3000 Papiersoldaten in Uniformen der Großen Armee Napoleons, 35 Dioramen und weitere 30 Modelle und Einzelfiguren.
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Die Toten von 1813 sind unter uns Nichts bringt uns dem Grauen des Jahres 1813 so nahe wie die Überreste Gefallener der Schlachten dieser Zeit. In den Boden der Ausstellung ist eine Vitrine eingelassen, in der sich die in der Fundsituation wieder zusammengefügten Überreste eines Pferdes befinden, das in der Leipziger Völkerschlacht von einer Kanonenkugel getötet wurde. Schnell nach den Kampfhandlungen in unmarkierten Massengräbern verscharrt, liegen noch immer Tausende toter Menschen und Pferde im Boden der einstigen Schlachtfelder.
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“Papierkrieg“ 1813 Dieser Band aus dem Besitz des MHM erzählt, welche Lasten die Zivilbevölkerung des Leipziger Umlandes im März 1813 zu tragen hatte. Tausende von Belegen zeugen von Einquartierungen Angehöriger eines ganzen Korps der Großen Armee, das damals zwischen Leipzig und Gera operierte. Dazu zählten polnische, italienische und französische Verbände in einer Gesamtstärke von bis zu 30.000 Mann.
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Die Banalität des Grauens Der Legende nach starben 1813 mehrere französische Soldaten, nachdem sie aus dieser Schüssel Erbsenbrei und Brotstücke gegessen hatten. Ein Mordanschlag deutschnational gesinnter Pirnaer Bürger? Oder nur die Folgen von Auszehrung und Krankheit, die 1813 zahllose Soldaten das Leben kosteten?
Gedenktafel aus der katholischen Pfarrkirche in Hirrlingen Auf dieser Tafel, die um 1820 gemalt wurde, wird der aus der Gemeinde stammenden Soldaten gedacht, die 18121814 mit württembergischen Kontingenten zuerst an der Seite der Großen Armee Napoleons kämpften und dann gegen sie. Diese Tafel ist kein museales Objekt, sondern sie hängt nach wie vor dort, wo sie nach dem Ende der Napoleonischen Kriege aufgehängt wurde. Sie bekundet, wie lange die Folgen der gewaltvollen Epoche in zahlreichen Dörfern und Kleinstädten lange spürbar blieben.
Die Schuhe von Marengo Nicht nur die Wahrnehmung der Vergangenheit, sondern auch deren Nachgestaltung produziert Legenden und Anekdoten. Dieses Paar Schuhe, wie die Fußbekleidung der Soldaten Napoleons über nur einen Leisten geschlagen, wurde von einem Reenactor auf zahlreichen Märschen und in nachgestellten Schlachten eingelaufen. Anlässlich des Reenactments der Schlacht bei Marengo im Jahr 2000 blieben diese Schuhe im Morast des Gefechtsfeldes stecken und wurden in diesem Zustand als Andenken aufbewahrt und schließlich dem MHM übergeben.
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Die kleine „Grande Armée“ Figuren aus der Sammlung Bernard Franck des Pariser Musée de l‘Armée eskortieren die Besucher im ersten Gang der Ausstellung. Sie vermitteln einen, wenn auch idealtypischen Eindruck von der Vielgestaltigkeit der napoleonischen Armeen. Grenadiere, Husaren, Kürassiere und Lanzenreiter, die Monturen trugen, deren Pracht in der Militärgeschichte ohne Beispiel war, repräsentierten das Selbstbewusstsein dieser Streitmacht, deren Uniformierung und Ausbildung vielen Rheinbundstaaten als Vorbild diente.
Die kleine „Grande Armée“ Figuren aus der Sammlung Bernard Franck des Pariser Musée de l‘Armée eskortieren die Besucher im ersten Gang der Ausstellung. Sie vermitteln einen, wenn auch idealtypischen Eindruck von der Vielgestaltigkeit der napoleonischen Armeen. Grenadiere, Husaren, Kürassiere und Lanzenreiter, die Monturen trugen, deren Pracht in der Militärgeschichte ohne Beispiel war, repräsentierten das Selbstbewusstsein dieser Streitmacht, deren Uniformierung und Ausbildung vielen Rheinbundstaaten als Vorbild diente.
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Mit blanker Waffe Waffengeklirr vermeint man zu vernehmen, wenn man diese Inszenierung mit authentischen Hieb- und Stichwaffen der gegnerischen Parteien betrachtet. Sie treffen aufeinander 체ber Objekten aus dem Umfeld des Generalstabs Napoleons. Eine kostbare Schriftenmappe des Kaiserlichen Hauptquartiers, heute Eigentum des Historischen Museums Hannover, fiel 1815 am Abend der Schlacht von Waterloo in die H채nde der Sieger als sie Napoleons Reisewagen pl체nderten.
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Uniformen: Prächtige „Sterbekittel“ In einem heereskundlichen Einführungsteil ebenso wie in einer biografischen Sektion sind Uniformen der Napoleonischen Kriege zu sehen. Sie zeugen von der Selbstdarstellung des Militärs in jener Epoche, die bis zur Extravaganz ging, aber auch von Abnutzung und
Waffenwirkung. Dennoch haben sich vor allem Glanzstücke erhalten, während schlichte Feldmonturen längst entsorgt oder von Veteranen als Arbeitskleidung aufgebraucht wurden. Rechts: Der Dolman des Husarenrittmeisters Peter von Colomb, bis heute aufbewahrt in Familienbesitz. Colomb, ein
preußischer Berufsoffizier war 1813 ein erfolgreicher Streifkorpsführer. Sein nur 100 Mann starkes Detachement operierte im Hinterland der napoleonischen Armeen überaus geschickt und brachte bei Zwickau einen französischen Artilleriekonvoi auf.
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Links: Kostümierung und Rekonstruktion Reenactment und „Lebendige Geschichte“ sind Schlagworte, die eine aktuelle Art der Annäherung an die Ereignisse der Befreiungskriege beschreiben. Sie reicht von Freizeitgestaltung in mehr oder minder vorbildgetreu geschneiderten Monturen bis hin zur akribischen Rekonstruktion historischer Uniformen. Die Uniform eines französischen Generals in der Bildmitte entstand in einem Zeitraum von 10 Jahren. Die Arbeit daran umfasste Archivrecherchen, Materialstudien, sowie das Erlernen und die Anwendung der Fertigungstechniken des 19. Jahrhunderts.
Rechts: Uniformen und Soldatenschicksale Leihgaben des Museums Bautzen: Helm und Kürass eines französischen Kürassiers, dessen Leichnam nach der Schlacht bei Bautzen-Wurschen im Mai 1813 in einem Schrank in Hartau gefunden wurde.
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„Unter den Augen des Meisters“ Napoleons Präsenz Die Ausstellung soll zu einem guten Teil der Wahrnehmung der napoleonischen
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Epoche gewidmet sein und nicht ein weiteres Mal die Biografie Napoleons nacherzählen. Dennoch erwies es sich als unmöglich, auf sein Bild zu verzichten. Reproduktionen napoleonischer Staats-
porträts werden im Rundgang kontrastiert mit großformatigen Darstellungen, gemalt von romantischen Malern wie Friedrich und Kersting. Sie dienen als Leitbilder.
Souvenirs des Reenactment Seit den 1970er Jahren hat sich in Europa eine Reenactment-Szene etabliert. Diese spezielle Form des Nacherlebens historischer Ereignisse hat mittlerweile eine eigenen Erinnerungskultur entwickelt. Es gibt Veteranen dieses Hobbies, die auf
mehr Schlachten zurückblicken können als so mancher napoleonische Soldat. Eine mittlerweile unübersehbare Menge an Erinnerungsstücken verweist auf die Teilnahme ihrer Besitzer an Veranstaltungen an Schauplätzen der Napoleonischen
Kriege in ganz Europa. Viele von ihnen schmücken sich darüber hinaus mit Auszeichnungen, seien es faksimilierte historische Dekorationen oder von Vereinen neu gestiftete Medaillen und Ordenszeichen.
Napoleon erscheint auch in hundertfacher Vervielfältigung als Nippesfigur und Erinnerungsstück in einer im 19. Jahrhundert angelegten Sammlung, die das Mu-
seum Bautzen zur Verfügung stellt. Und sein Geist scheint durch die Gestaltung des Ausstellungsteils „Zinnfiguren bluten nicht - Die Napoleonischen Kriege en mi-
niature“ zu wehen, welche Fred Berndt, der Ausstellungsgestalter, in Anlehnung an ein Stabszelt Napoleons schuf.
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Die Napoleonischen Kriege im Blick der Kunst Eine Gemäldegalerie, bestückt mit wertvollen Leihgaben u.a. aus dem Pariser
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Musée de l‘Armée illustriert die Chronologie der Napoleonischen Kriege von Jena 1806 bis Waterloo 1815. Bewußt wurden Historiengemälde des späteren 19. Jahrhunderts ausgewählt. Sie zeugen
von einer fortschreitenden Romantisierung der Ereignisse ebenso wie von deren politischer Instrumentalisierung bis in die Zeit kurz vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs.
Napoleon in Rheda? Seit dem 19. Jahrhundert befindet sich dieser Schlitten im Besitz der Fürsten von Bentheim-Tecklenburg und wird gewöhnlich in einer Remise des Rhedaer Schlosses gezeigt. Napoleon soll ihn 1812 auf seiner Flucht aus Russland benutzt haben, um seiner geschlagenen Großen Armee nach Paris voraus zu eilen. Tatsächlich benutzte er weder ein Gefährt dieser Art - es handelt sich hier um einen Lustschlitten des späten 18. Jahrhunderts noch kam er auf dem Weg von Russland nach Frankreich Rheda überhaupt nahe.
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Buchempfehlungen zur Ausstellung:
Blutige Romantik, Essays 200 Jahre Befreiungskriege – Essays Herausgeber: Gerhard Bauer, Gorch Pieken, Matthias Rogg, Militärhistorisches Museum der Bundeswehr 360 Seiten, 179 meist farbige Abb. 28 x 21 cm, Festeinband Erschienen 26.08.2013 ISBN 978-3-95498-035-2 38,00 Euro
Blutige Romantik, Katalog 200 Jahre Befreiungskriege – Katalog Herausgeber: Gerhard Bauer, Gorch Pieken, Matthias Rogg, Militärhistorisches Museum der Bundeswehr 248 Seiten, 284 farbige Abb. 28 x 21 cm, Festeinband Erschienen 01.09.2013 ISBN 978-3-95498-036-9 25,00 EUR
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ÖFFNUNGSZEITEN täglich 10.00 18.00 Uhr Montag 10.00 21.00 Uhr / ab 18.00 Uhr Eintritt frei Mittwoch geschlossen EINTRITT Sonderausstellung 5,00 EUR / ermäßigt 3,00 EUR Dauer- und Sonderausstellung 7,00 EUR / 5,00 EUR Eintritt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr frei
Fotos: © MHM/ David Brandt www.david-brandt.de
MILITÄRHISTORISCHES MUSEUM DER BUNDESWEHR Olbrichtplatz 2, 01099 Dresden Tel: 0351 8232803 Fax: 0351 8232894 MilHistMuseumBwEingang@ bundeswehr.org http://www.mhmbw.de
Militärhistorisches Museum Dresden
Modulvitrinen Sonderausstellungen flexibel inszenieren Für die Sonderausstellung „Blutige Romantik“ haben wir Modulvitrinen hergestellt. Unser anspruchsvolles Ziel war es dabei, besonders nachhaltig zu konstruieren, um auch zukünftige Ausstellungen im Militärhistorischen Museum optimal zu präsentieren. voller Die Welt ist n. Inspiratione Sie Ihr Begeistern it den Publikum m hnlichsten außergewö Formen. Farben und
Modulvitrinen sind in flexibler Variation einsetzbar Vitrinen können mit schweren Exponaten bestückt werden Einlagerung auf engsten Raum möglich Vitrinen können als Einzelvitrinen aufgestellt werden Innenraum ist vielseitig nutz- und erweiterbar
Elterleiner Str. 62-64 09468 Geyer Tel.: (037346) 6376 Fax: (037346) 93807
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750 jahre gotischer dom Auf einer Handschrift auf Pergament ist das genaue Datum für die Nachwelt festgehalten: Am 22. August 1263 wurde der Grundstein für den Xantener Dom gelegt. Ein großes Werk konnte beginnen, doch wie bei Projekten dieser Größenordnung damals so üblich, waren die Bauarbeiten immer wieder über einen längeren Zeitraum unterbrochen. Geldmangel führte vorübergehend zu einer zwangsweisen Stilllegung. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts gilt der Dom mit der Weihe der Heilig-Geist-Kapelle als fertig gestellt. In diesem Jahr erinnert die Propsteigemeinde St. Viktor an die Grundsteinlegung vor 750 Jahren für den Neubau der Stiftskirche, dem heutigen Dom. „Bei Baubeginn war der Zeitpunkt der Fertigstellung nicht von Bedeutung. Propst Friedrich von Hochstaden wollte mit dem Neubau deutlich machen, dass das Xantener Viktorstift zeitgemäß war und finanziell prosperierte“, erklärt Elisabeth Maas, stellv. Leiterin des angeschlossenen Stiftsmuseums. Dabei ist ein Wetteifern mit dem Bau des Kölner Doms, wo Bruder Konrad Erzbischof residierte, durchaus zu erkennen. Bei der Beschaffung des Baumaterials bedienten sich die Menschen in den steinernen Überresten des nahegelegenen römischen Lagers. Nach und nach wurden der östliche Teil bis zum Lettner, dann zwischen 1483 und 1519 der westliche Teil mit Anschluss an den Westchor errichtet. Der Dom symbolisierte auch eine Eigenständigkeit des Archidiakonat gegenüber dem Erzbistum Köln. Der Stift verwaltete sein Vermögen selbst, und auf die Wahl des Xantener Propstes hatte das Bistum nur begrenzt Einfluss. Die Immunität rund um den Dom führte dazu, dass der Propst innerhalb dieses Bereichs die Gerichtsbarkeit ausüben konnte - jenseits des sich allmählich weiter entwickelnden weltlichen Teil Xantens. Nach seiner Vollendung galt der Dom als Mittelpunkt des Archidiakonates mit dem gesamten unteren Niederrhein als Einflußsphäre; spätestens jetzt hatte Xanten seine sakrale Bedeutung am Niederrhein auch architektonisch manifestiert: Bis weit ins Land hinein verkündete der Bau das Wort Gottes und die Macht der Kirche. An seiner Ausstrahlungskraft hat er bis heute nichts eingebüßt. „Mit seiner Ausstattung an Altären, Teppichen und Skulpturen gehört der Xantener Dom heute zu den bedeutendsten Kirchen in Deutschland“, betont Elisabeth Maas. Jubiläumsfeier mit Propst Klaus Wittke, hinten: Bürgermeister Strunk, Ministerpräsidentin H.annelore Kraft
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xanten. die jubiläumsfeier zur grundsteinlegung
Vorne: Bischof Dr. Felix Genn, Weihbischof Wilfried Theising, Weihbischof Franz Vorrath (Essen), Weihbischof Everardus Johannes de Jong (Roermond) Foto: © H. Boele
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Uwe Strauch, Gründer museum.de und Elisabeth Maas M.A., stellv. Leiterin StiftsMuseum Xanten in der Stiftsbibliothek. Foto:Stephan Kube
aus „ad sanctos“ lat. „zu den heiligen“ entstand der ortsname „xanten“ Vieles von dem, was im Kirchenschiff des Xantener Doms zu sehen ist, kann – unter materiellem Gesichtspunkt – durchaus als äußerst wertvoll bezeichnet werden. Die liebevoll und mit vielen Details geschnitzten Altäre, die Wandteppiche im Lettner, das alte Chorgestühl, in dem einst die Stiftsherren die Messen verfolgten. Hier wie auch in dem angeschlossenen Stiftsmuseum mit den goldbestickten Talaren und den schweren Kelchen aus Gold atmet Kunst- und Kirchengeschichte. Doch der wahre Schatz liegt – für die Gläubigen weitgehend verborgen - hinter dem Hochaltar. Seit dem 12. Jahrhundert haben dort die Gebeine des Heiligen Viktor ihre letzte Ruhestätte gefunden. Damit ist für Xanten und den Dom „AD SANCTOS“ mehr als eine bloße Bezeichnung. Der Heilige wirkt über seinen Tod hinaus und verkündet seine Botschaft von christlicher Glaubensstärke und Bekennermut.
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Ave miles invictissime, Ave martyr sanctissime, Ave pie protector sancte Victor. Hymnis tuam devotis observantibus Clementiam obtine precibus, Piis ut adsit omnipotentis gratia.
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3D-Rekonstruktion: Š Puppeteers GmbH
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AD Der Legende nach gehörte Viktor einer Kohorte der Thebäischen Legion an. Die Männer wurden im 4. Jahrhundert hingerichtet, da sie sich geweigert hatten, den römischen Göttern zu opfern. Viktor selbst wurde im niederrheinischen Xanten aufgegriffen und erlitt ebenfalls das Martyrium. Sein Leichnam soll daraufhin gemeinsam mit toten Kameraden in einem römisch-fränkischen Gräberfeld bestattet worden sein, bis die Kaiserin von Konstantinopel die Gebeine bergen und ihnen zu Ehren eine Kapelle errichten ließ. Somit reichen die Ursprünge des heutigen Doms in die christliche Vergangenheit Xantens zurück. 1933 stieß der Archäologe und Denkmalschützer Walter Bader auf ein unberührtes Grab von zwei Männern, die eines gewaltsamen Todes gestorben sind, das heute in der Krypta zu sehen ist. Er vermutete, dass es sich um christliche Märtyrer handeln müsse. Vielleicht war dies die Keimzelle des heutigen Doms, vielleicht aber auch die erste Kirche aus karolingischer Zeit, die sich für 752 belegen lässt. Damals entstand um die Kirche herum ein Stift der Kanoniker, das mit Bezug auf die Grabstätten Viktors und seiner Gefährten ad Sanctos (= zu den Heiligen) genannt wurde. Nach dessen Gründung entwickelte sich der weitere Stadtkern, auf den die Bezeichnung ad Sanctos überging. Nach und nach entwickelte sich der Name weiter zum heutigen Xanten. Der Dom ist ein Ort der Besinnung und Einkehr Das Jubiläumjahr 2013 anlässlich der Grundsteinlegung des Doms steht unter dem Motto „Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein“. Treffender kann ein solcher Leitspruch nicht sein, denn der Dom ist zwar aus Stein erbaut, doch diese unerschütterliche Ruhe, die er mit seinen mächtigen Mauern ausstrahlt, das Kreuz Christi und auch die letzte Ruhestatt des Heiligen Viktor vermögen den Besuchern Freude und Trost zu spenden. Der Dom ist ein Ort der Besinnung und Einkehr. Das ist sein wahrer Wert, der materiell nicht zu fassen ist. „Er ist gerade kein Museum, vielmehr ein Gotteshaus, in dem sich bis heute die Gläubigen versammeln, um zu beten und Gott zu ehren“, mahnt Propst Klaus Wittke. Es lohnt sich also, ihn beim Gang durch die Stadt auch unter diesem Gesichtswinkel zu betrachten, vielleicht noch verbunden mit einem anschließenden Besuch im StiftsMuseum und seinen kunsthistorischen Schätzen.
Links: Der Hl. Viktor, 1468 von Heinrich Blankebiel aus Wesel, auf einem staufischen Ranken-Kapitell an der Ostseite der Stiftsgebäude (Bannita). Das Foto entstand vor der Restarurierung. Rechts: Lichterdom in der Adventszeit
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Fotos: © Uwe Strauch
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