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Der GlasRatgeber

Folge 3: Die Welle der Begeisterung – warum wir nicht immer sehen können, was wir sehen wollen und wie Antireflexionsglas uns zu Durchblick verhilft

Warum spiegelt man sich überhaupt im Glas, obwohl es durchsichtig ist? Diese so simpel klingende Frage ist in Wirklichkeit sehr kompliziert und Erklärungsversuche sind mit unterschiedlichen physikalischen Modellen möglich. Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten, wenn Licht auf eine Grenzfläche trifft:

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Absorption, Reflexion oder Transmission. Der jeweilige Anteil ist dabei abhängig vom Material selbst und der damit zusammenhängenden Teilchenbewegung im Material. Glas ist ein Spezialfall, weil es eines der wenigen Stoffe ist, die gleichzeitig fest und durchsichtig sind.

Flach’scher Riss im Deutschen Bergbau-Museum Bochum Foto: © Pilkington Deutschland AG

Kaum vorstellbar, dass wir unsere Umwelt so sehen können, wie wir sie sehen, weil die Sonne das Licht über Millionen von Kilometern zur Erde schickt. Licht besteht aus Teilchen, den so genannten Photonen, die kleine, mit Energie beladene Päckchen darstellen und als sich fortbewegende Welle aufgefasst werden können. Die unterschiedlichen Wellenlängen beschreiben dabei die unterschiedlichen Farben, die von unserem menschlichen Auge wahrgenommen werden können. Unsere Umwelt und mit ihr alle Personen und Gegenstände sind für uns sichtbar, weil Licht in Form von Photonen durch sie reflektiert, also auf unser Auge zurückgeworfen wird.

Das Sehen ist einer der wichtigsten Sinne, wenn es um das Erleben von Kultur und Kunst in einem Museum geht. Hätten Sie sich in der Albertina in Wien vor Dürers Feldhasen gestellt, hätte es keinen Sinn gemacht, die Ohren zu spitzen wie der Hase selbst; und auch olfaktorisch ist das Gemälde nicht zu ergründen. Von Ertasten darf bei solch historisch wertvollen Werken wohl kaum erst die Rede sein. Nur unsere Augen sind hier das Tor zur Kunst und kein anderer Sinn lässt es so zu wie das Sehen, dass wir die feinen Pinselstriche und filigranen Tasthärchen so erleben können, wie es uns unsere Augen möglich machen.

Sehen bedeutet also Erleben, Lernen, Erfahren und – besonders im Kontext von Ausstellungen - in eine andere Welt eintauchen. Beim Betrachten von jahrhundertealten Gemälden und anderen Exponaten ist daher die Form der Präsentation besonders wichtig. Neben einer adäquaten Beleuchtung spielt auch die Art der Darbietung der Kunstwerke eine entscheidende Rolle. Dabei ist es einerseits wichtig, das Exponat zu schützen, andererseits soll die „Verpackung“ nicht vom Wesentlichen ablenken. Dem Werkstoff Glas kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Anders als Acrylglas, das aus Kunststoff besteht, mit der Zeit stumpf werden kann und anfällig für Kratzer ist, hat „echtes“ Glas, das aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt wird und recyclebar ist, viele Vorteile: Es lässt sich einerseits sehr gut reinigen, ist hygienisch und geruchlos. Zudem ist es sehr widerstandsfähig und erfüllt somit höchste Anforderungen an Schutz und Sicherheit. Schutz bedeutet, dass das Kunstwerk zum Beispiel in einer Vitrine wie in einem Kokon aufgehoben ist und dennoch von allen Seiten betrachtet werden kann. Für besondere Schätze eignet sich die Verwendung von Verbundsicherheitsglas. Es besteht aus zwei oder sogar noch mehr Glasscheiben, die über eine spezielle Folie miteinander verbunden werden. Dieser Prozess wird Laminieren genannt: Eine Folie, die zuerst milchig erscheint, wird zwischen zwei Glasscheiben gelegt und das Ganze mit viel Druck und Wärme zusammengepresst. Dadurch wird die Folie „unsichtbar“ und kann somit die Durchsicht nicht beeinträchtigen. Beim Versuch, diese Vitrine einzuschlagen, würde das Glas zwar ab einer bestimmten Krafteinwirkung brechen, die Scherben blieben jedoch an der innenliegenden Folie haften und das Exponat würde keinen Schaden nehmen. Zusätzlich bietet diese Art der Verglasung noch erhöhte Sicherheitseigenschaften, da man sich nicht an den Scherben schneiden kann. Und noch ein weiteres Highlight hat Verbundsicherheitsglas zu bieten: Es lässt so gut wie keine UV-Strahlen hindurch. Durch die innenliegende Folie gelangt nahezu nur noch ein Prozent der UV-Strahlung durch das Glas. Je nach Dicke der Folie kann der Wert sogar darunter liegen, ohne dass die Sicht beeinträchtigt wird. Zum Vergleich: Ein herkömmliches Glas lässt abhängig von der Glasdicke ca. 75 Prozent UV-Strahlen hindurch.

Doch welches Glas eignet sich für eine Verarbeitung zu Verbundsicherheitsglas? Im Prinzip jedes Glas, abhängig von seiner Beschichtung. Moderne Funktionsgläser sind heutzutage oft mit einer Sonnenschutz- oder Wärmedämmbeschichtung ausgestattet. Es gibt Gläser für viele unterschiedliche Einsatzzwecke, zum Beispiel auch selbstreinigende Gläser für Fassaden oder korrosionsbeständige Gläser für Nassbereiche wie Bäder oder Tropenhäuser in Zoos. Viele dieser Beschichtungen sind unsichtbar und dürfen nicht zur Folie hin laminiert werden, damit sie ihre volle Wirkung entfalten. Für den Museums- und Ausstellungsbereich sind entspiegelte Gläser, auch Antireflexionsgläser genannt, von besonderer Bedeutung.

Eine Entspiegelungsbeschichtung macht sich die Welleneigenschaften des Lichts zunutze. Fällt Licht auf herkömmliches Glas, gelangt ein Teil des Lichts durch die Glasoberfläche hindurch und ein anderer Teil wird zurückgeworfen, so dass unser eigenes Spiegelbild das Objekt, das wir betrachten möchten, überlagert. Bei einer Entspiegelungsschicht löschen sich die zurückgeworfenen Photonen gegenseitig aus. Das Ergebnis ist also, dass weniger des von der Glasoberfläche reflektierten Lichts (sogar weniger als 1 Prozent!) unser Auge erreicht. Interessanterweise passieren stattdessen bei einer Antireflexionsbeschichtung nahezu alle Photonen die Glasoberfläche und können vom betrachteten Objekt reflektiert werden, wodurch es für uns klar erkennbar wird. Daher ist zum Beispiel eine Vitrine aus entspiegeltem Glas für uns nahezu unsichtbar. Zum Vergleich: Ein nicht entspiegeltes Glas lässt ungefähr 90 Prozent des Lichts hindurch, 8 Prozent werden reflektiert und 2 Prozent absorbiert.

Das Nonplusultra für besonders wertvolle Exponate, bei denen die Farbwiedergabe des Kunstwerkes sehr wichtig ist, sind beidseitig entspiegelte Weißgläser, bei denen die Lichttransmission noch höher ist als bei herkömmlichem Glas (zum Thema Weißglas siehe „Der GlasRatgeber“, Folge 1).

Insgesamt gibt es also eine breite Auswahl an unterschiedlichen Gläsern mit verschiedensten Beschichtungen, um bei Ausstellungen jedem Exponat gerecht werden zu können. Sind besondere Anforderungen an Sicherheit oder UV-Schutz gestellt, lohnt sich die Verwendung von Verbundsicherheitsglas. Auf diese Weise lässt sich ganz individuell auf spezielle Bedürfnisse von Kunst- und Kulturgütern eingehen.

Möchten Sie mehr über Glas und seine Verwendungsmöglichkeiten im Museums- und Ausstellungsbereich erfahren? Dann kontaktieren Sie uns gerne, wir freuen uns über Ihre Nachricht!

Pilkington Deutschland AG Hegestraße 360 45966 Gladbeck Tel. 02043-405 5366 marketingDE@nsg.com www.pilkington.de

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