Schaufenster Kultur.Region 2013-Mai als Blätterkatalog

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Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . Mai 2013

schaufenster

Kultur.Region aufhOHRchen Interview / Natália Kelly . Fronleichnam / Radlbrunn

P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847 M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295

Ausstellung / Entlang der Prager Straße


WIEN NORD

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www.noevers.at


Editorial / 3

Immer wieder aufhOHRchen

Volksmusik ist mehr! Als wichtiges Kulturvermittlungsprojekt betont das NÖ Volksmusikfestival aufhOHRchen seit zwei Jahrzehnten den Wert der Musik als umfassendes Kommunikations- und Lebensmittel. 2013 in Gloggnitz.

Volksmusik ist mehr als Hopsasa und Trallala! Zwar werden traditionell anmutende Lieder und Weisen recht gern im sogenannten Gaudi-Milieu inszeniert, aber solcherart gehen wesentliche Eigenschaften von Volksmusik verloren. Gute Laune und PartyStimmung gehören sicher zu jenen Gemütszuständen, die mit Musik befördert werden können, doch eröffnet gerade der reiche Schatz auch an traditioneller Musik viele Zugänge zur gesamten Bandbreite an Möglichkeiten sinnlichen Empfindens. Es muss also nicht immer ein auf rund drei Minuten hin getrimmter Schenkelklopfer sein, um sich auf Knopfdruck gut unterhalten und belustigt zu wähnen, einmal ganz abgesehen von den nicht selten damit einhergehenden klischeehaften, seichten oder gar diskriminierenden Texten. Dass derartiges im Wettstreit um die Deutungshoheit über Begriffe als Volksmusik bezeichnet wird, damit wird man sich mittlerweile wohl oder übel abfinden müssen.

Dennoch blüht in den Texten einfacher Lieder jene in Miniaturen gefasste Poesie, die mitunter im Verborgenen, aber wahrhaftig von den tiefen Gefühlen der Menschen erzählt. Es sind kleine Kunstwerke, die in wenigen Worten und sehr bildhaft beschreiben, wie Freude, Glück und Stolz, Hoffnung und Sehnsucht, aber auch Trauer und Enttäuschung erlebt werden können. Diese Sichtweise lässt sofort die zahlreichen Momente und Anlässe erkennen, bei denen Musik einen festen, ja vielleicht sogar unverzichtbaren Platz einnimmt. Dazu gehören persönliche Erlebnisse im Beruflichen wie im Privaten genauso wie Feste und Bräuche im Verlauf eines Jahres, denkt man an die Feiern zu einem Geburtstag oder Jubiläum, an die Hochzeit oder an die Festfolge an hohen Feiertagen. Vieles aus dem reichen Schatz der dazu gehörenden Lieder und Weisen möchte einmal mehr das Festival aufhOHRchen vermitteln.

Unter dem Motto „Alles Volksmusik“ bietet aufhOHRchen heuer in Gloggnitz die Gelegenheit, die eigene Stimme auszuloten und gemeinsam mit anderen zum Klingen zu bringen, die Schwingungen eines Musikinstruments und die Kraft der Musik zu spüren und vor allem sich selbst aktiv in das Geschehen einzubinden: ob im Rahmen der geselligen Wirtshausmusik, beim gemeinschaftlichen Singen, beim Diskutieren über Themen, die von der unmittelbaren Lebenswelt handeln, oder beim Zuhören und Eintauchen in die Vielfalt musikalischer Ausdrucksformen. Dabei wird sich auch das passende Lied oder die passende Weise finden, und zwar für jede Lebenslage, denn Volksmusik ist mehr als Hopsasa und Trallala! Dorli Draxler, Edgar Niemeczek

MusikSCHUL management KULTUR . REGION NIEDERÖSTERREICH

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Top-Termine / 4

Mai 2013

TOP-TERMINE

VOLKSMUSIKWETTBEWERB 2013 —————————————————— Fr, 24., und Sa, 25. 5. 2013 Musikschule Leobendorf (Bildungscampus) —————————————————— Es wird wieder aufg’spielt! Rund 150 Nachwuchsmusikantinnen und -musikanten aus den Musikschulen Niederösterreichs treten heuer solistisch oder im Ensemble in Leobendorf in den musikalischen Wettstreit. Was alle Teilnehmer verbindet, ist die Freude an der Volksmusik und am gemeinsamen Musizieren. Ziel des Wettbewerbs ist es, zum Singen, Musizieren und Tanzen zu motivieren und damit konkret die Volksmusik als Grundlage für das Musikschaffen zu fördern. Damit bildet sie einen wesentlichen Baustein für eine vielfältige Musikszene in Niederösterreich. Als Juroren stehen namhafte Persönlichkeiten aus der österreichischen Volksmusikszene zur Verfügung. Der Wettbewerb ist bei freiem Eintritt für das Publikum geöffnet. —————— Information Tel. 02742 90666 6100 office@musikschulmanagement.at www.musikschulmanagement.at

ERÖFFNUNG AUSSTELLUNG „LEHMBAU“ im MUSEUMSDORF NIEDERSULZ

dem Superintendenten der Diözese Niederösterreich, Mag. Paul Weiland.

—————————————————— Do, 9. 5. 2013, 14.00 Uhr Presshaus aus Herzogbirbaum ——————————————————

Information Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz Tel. 02534 333, info@museumsdorf.at

In Vorbereitung auf ein Lehmbau-Kompetenzzentrum im Museumsdorf Niedersulz wird diese Ausstellung Lehmbautechniken sowie ihre kulturhistorische und klimatechnische Bedeutung zeigen. Herzstück der Präsentation ist dabei ein Stück Lehmwand, das durch eine innovative, neue Methode komplett und in einem Stück mit Lehm, Putz, Kalkanstrich und Färbelung übertragen werden kann. Rund um dieses bemerkenswerte Stück Baugeschichte wird die Ausstellung neben historischen Lehmbautechniken auch zukünftiges, ressourcen- und energiesparendes Bauen thematisieren.

www.museumsdorf.at

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—————————————————— Do, 30. 5. 2013, 16.00 Uhr Haydn-Geburtshaus Rohrau ——————————————————

ERÖFFNUNG BIBELGARTEN —————————————————— So, 26. 5. 2013, 11.00 Uhr —————————————————— Der Bibelgarten wird mit Getreide, Gewürzpflanzen und Wein gestaltet, die in Zitaten und Sprüchen der Bibel erwähnt werden. Vermittelt wird der symbolische Gehalt von Pflanzen sowie ihre Verwendung und Bedeutung im Alltag. Der Bibelgarten steht zentral zwischen der Protestantischen Geheimkapelle und dem Täufergarten im Museumsdorf, wo auf Basis der historischen Aufzeichnungen von August Neilreich und mit Unterstützung der Österreichischen Bibelgesellschaft die historische bäuerliche Gartenkultur des Alltags unter Berücksichtigung der religiösen Symbolik präsentiert wird. Eröffnet wird der Bibelgarten durch eine ökumenische Segnung vom Abt des Stiftes Lilienfeld, Prälat KR Mag. Matthäus Nimmervoll, und

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Foto: Silvia Fembek

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THE HAYDN GROOVE PROJECT

Gemeinsam mit dem weit über die heimischen Grenzen bekannten Akkordeonisten Otto Lechner interpretiert das renommierte Koehne Quartett eine Abfolge von Quartettsätzen aus der Feder Joseph Haydns. Die unvergleichliche Tini Kainrath ergänzt das Programm durch eine Auswahl von deutschen und englischen Haydn-Liedern, vorgetragen mit ihrer brillanten Soulstimme und ebenfalls begleitet von Otto Lechner. Das Konzert findet im stimmungsvollen Ambiente des Innenhofes des HaydnGeburtshauses in Rohrau statt – umrahmt von einem kleinen Heurigen ab 14.00 Uhr. —————— Information 2471 Rohrau, Obere Hauptstraße 25 Tel. 02164 2268 www.haydngeburtshaus.at


Inhalt / 5

Mai 2013

INHALT Spiel Alte Kegelbahnen

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Haus der Regionen Connecting Tunes

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Volksmusik aufhOHRchen in Gloggnitz

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Weinviertel Fronleichnam

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Waldviertel Das Band der Blasmusik

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Mostviertel Allerlei Tanz

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Bräuche Rund um den Wald

Mostviertel Wetzsteine

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Vortrag am Kamin Heimat ist eine Idee

Handwerk Von der Austria-Spitze

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Song Contest Natália Kelly im Interview

16 /

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Musikschulen Nikolaus Guschlbauer

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im Porträt

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Hast du Töne? BordunMusikTage

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bis zur Zistel ——————

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Museum Neupölla Alltagsgeschichte &

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Familiensaga ——————

Lange Nacht der Museen Museen in Písek

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Auslage Bücher, CDs & feine Ware

44 /

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Kultur.Region Fortbildung

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Kultur.Region Intern

aus dem Nähkorb ——————

NÖ Landesausstellung Brot & Wein

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Ausstellung Entlang der Prager Straße

36 /

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Chorszene Singen im Sommer

30 /

Ausstellung

der Handschriften

Internationaler Museumstag

Museumsdorf Niedersulz Altes & Neues

Volksliedarchiv Digitalisierung

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39 / Zukunft gestalten

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49 /

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50 / Die letzte Seite

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38 / Abwarten und Tee trinken ——————

IMPRESSUM Herausgeber: Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Karin Graf, MA, Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger, Mag. Marion Helmhart, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Anita Winterer, Mag. Eva Zeindl, Michaela Zettl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Ernst Bezemek, Mag. Gabriele Burian, Friedrich Ecker, Dr. Peter Gretzel, Mag. Jiří Kacetl, Dr. Friedrich Polleroß, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart. Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, office@volkskulturnoe.at, www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek. Sekretariat: Petra Hofstätter, Tina Schmid. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434 Copyrights: Kultur.Region.Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv der Volkskultur Niederösterreich GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und Kultur und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland Niederösterreich, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise. Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln. Cover: Peter Windhofer von der Pongauer Geigenmusi. Foto: Volkskultur Niederösterreich/Lackinger

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Spiel / 6

Alte Kegelbahnen

spiel in die vollen Eines der 채ltesten Spiele ist das Werfen von diversen Objekten auf ein Ziel. Zu Besuch bei alten Kegelbahnen, wo Spiel und Tradition gepflegt werden.

Kegelpartie im Gasthaus Staar in St. Leonhard am Hornerwald.

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Spiel / 7

Im Gasthaus Staar …

Die Lust am Spiel ist dem Menschen wohl in die Wiege gelegt – auch die Freude am Wettbewerb: am Vergleich des eigenen Könnens mit dem eines anderen. Und da der Mensch erfindungsreich ist, wenn es ums Vergnügen geht, ist der Variantenreichtum an Spielen enorm. Eines der nachweisbar ältesten Spiele ist das Werfen mit diversen Objekten auf ein bestimmtes Ziel. Derlei Zielwurfspiele werden als Vorläufer des Kegelns angesehen. Durch Grabfunde in Ägypten nachweisbar ist das Spiel mit Kegeln bereits vor 5.500 Jahren, in Europa wurde es erstmalig Mitte des 12. Jahrhunderts in Deutschland dokumentiert. Das Kegeln erfreute sich großer Beliebtheit, quer durch alle Bevölkerungsschichten: Bauern und Handwerker, Hochadel und Geistlichkeit, sogar Goethe und Schiller delektierten sich daran. Praktiziert wurde es u. a. auf Jahrmärkten, Vergnügungsveranstaltungen und Hochzeiten, wo es meist harmlos unterhaltsam zuging. Doch es wurde auch häufig um Geld gespielt, wobei so mancher Haus und Hof verspielte. Als Glücks- und Wettspiel mit einhergehenden Prügeleien handelte sich das Kegeln zeitweise einen so schlechten Ruf ein, dass es immer wieder gesetzlich verboten wurde, in Deutschland wie in Frankreich – in England unter König Eduard III. im Jahre 1337 sogar bei Todesstrafe. Aber es wurde auch wieder erlaubt … Gespielt wurde bis ins 18. Jahrhundert ausnahmslos im Freien, mit Kugeln aus Stein

… wird die Lehmbahn „gebrackt“, das heißt, der Bodenbelag, bestehend aus Lehm, Salz und Stierblut, abgezogen.

oder Holz auf eine je nach Region oder Mode verschiedene Anzahl von Kegeln aus Holz. Seit etwa 1700 steht der „König“ in der Mitte aller aufgestellten Kegel, er ist durch einen Aufsatz ein wenig höher als alle anderen Kegelfiguren. Allgemeine Spielregeln wurden erstmals 1786 festgelegt, zwei davon gelten heute noch: dass beim Abwurf auf die Kegel eine Grenzlinie nicht übertreten werden darf und die Kugel vor einer bestimmten Markierung aufgesetzt werden muss. Im 19. Jahrhundert führten europäische Auswanderer das Kegeln in den USA ein, wo jedoch das Spiel 1837 auf neun im Quadrat stehende Kegel verboten wurde. Ein findiger Geist umging dieses Gesetz, indem er zehn Kegel in Form eines Dreiecks aufstellte – das Bowling war geboren.

König, Kranz und Pudel Prinzipiell unterscheidet man drei Arten von Kegelspielen, wobei alle Spiele als Einzel-, Partner- oder Mannschaftsspiele ausgetragen werden können. Beim „Spiel in die Vollen“ geht jeder Schub auf alle Kegel, danach werden alle Kegel wieder neu aufgestellt; beim „Abräumspiel“ geht nur der erste Wurf in die Vollen, danach wird auf die stehen gebliebenen Kegel gespielt. Beim „Bilder-„ oder „Figurenkegeln“ wird auf eine bestimmte aufgestellte Formation von Kegeln gespielt. Ein „Kranz“ liegt beispielsweise vor, wenn nach einem Abräumspiel einzig der König stehen bleibt. Rollt die

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Kugel nach dem Wurf in die seitliche Rinne oder an die Bande, nennt man das einen „Pudel“. Mit einer Pudelmütze kann ein Spieler geehrt werden, der den ganzen Abend die meisten „Pudel“ geworfen hat. Eine Kegelbahn ist nicht einfach eine Kegelbahn. In Klubs organisierte Kegelsportspieler spielen heute auf sogenannten Asphalt-, Bohlen-, Scheren- oder Bowlingbahnen. Kegelspaßspieler spielen hierzulande weniger sportlich als vielmehr sehr vergnüglich noch immer auf der Loambudl.

Loambudl Hie und da gibt es sie noch – die Loambudl. Im Garten des Gasthauses Langthaler in Emmersdorf wurde die 1824 errichtete Loambudl 1999 nach alten Vorlagen wieder aufgebaut und aufgrund der schönen Aussicht in die südlichen Berge „PanoramaNaturkegelbahn“ benannt. Der Wirt in achter Generation bietet seinen Gästen so weit mehr als Speis und Trank. In den warmen Jahreszeiten wird die Bahn fleißig bespielt, sporadisch von Tagesgästen, regelmäßig von Stammgästen verschiedener Altersgruppen. In Ordnung halten müssse man sie schon, meint der Wirt, denn auch Vögel und Eichkätzchen fühlten sich dort wohl, aber den Aufwand sei die Bahn schon wert. Derselben Meinung ist auch die Wirtin vom Gasthaus Staar in St. Leonhard am Hornerwald. Die Loambudl in ihrem Garten wird


Spiel / 8

Auch für die jungen ein Spaß – hier im Gasthof Langthaler in Pömling …

einmal im Monat per Hand „gebrackt“, das heißt, der Bodenbelag der Bahn, bestehend aus Lehm, Salz und Stierblut, wird befeuchtet und mit einem Brett abgezogen, um beim Spiel entstandene Unebenheiten auszugleichen. Danken tun es ihr die Gäste, die hier gern in geselliger Runde auf die Zeit vergessen, wie sie sagt. Wer alle neune trifft, zahlt eine Runde, wer drei Mal einen Pudel wirft, auch. So sorgen Gewinner und Verlierer dafür, dass die Mitspieler bleiben.

Kegel scheiben „Was tragt di Gans auf ihrem Bugl? Vöda Hans? / Kegelscheibstatt mit Kegl und Kugl / tragt die Gans auf ihrem Bugl, / Vöda Hans, des tragt die Gans!“, so haben die Kinder dereinst in Brunnkirchen bei Krems gesungen. Für Nicht-Dialektkundige: „scheiben“ meint „schieben“ oder „rollen“, schließlich heißt es auch „Scheibtruhe“ in Ostösterreich anstatt „Schubkarre“ wie in Deutschland.

Vielleicht waren unter den singenden Kindern auch Burschen, die sich mit dem wieder Aufstellen der Kegel ihr Taschengeld aufgebessert haben? Der Sachse Karl May hat jedenfalls als Kegeljunge nicht nur seine monetäre Situation verbessert, sondern auch seinen Horizont erweitert durch die – teils derben – Gespräche der Erwachsenen am anderen Ende der Kegelbahn, die wie ein Hörrohr wirkte. Wahrscheinlich wusste er daher schon sehr früh, dass das Wort „Kegel“ auch „lediges Kind“ bedeutete. Somit weiß auch der werte Leser, dass man nicht jedem leichtfertig verraten sollte, dass man kürzlich mit Kind und Kegel verreist sei, das könnte sich kompromittierend auswirken … / Text: Gabriele Burian Fotos: Nadja Meister

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… und im Gasthaus Staar.

kegelbahnen

——————————————————— Gasthof Staar Wolfshoferamt 38 3572 St. Leonhard am Hornerwald Tel. 02987 2208 www.gasthausstaar.at Gasthof Langthaler Pömling 14 3644 Emmersdorf Tel. 02752 71427 www.gastaus-langthaler.at


Haus der Regionen / 9

Connecting Tunes

YODEL + DUDEL = WELTMUSIK Ethnopop trifft Volksmusik: Hohe Gesangskunst, Wortwitz und meisterhaftes Musizieren zeichnet die beiden Konzerte der Reihe Connecting Tunes im Mai im Haus der Regionen aus.

In Compagnia

Christina Zurbügg. Foto: Joseph Gallauer

Ist Christina Zurbrügg singende Filmemacherin oder filmemachende Sängerin? Auf jeden Fall ist sie eine Allrounderin, eine Vollblutkünstlerin, eine Ausnahmemusikerin, ebenso wie Komponistin. Geboren 1961 im Berner Oberland in der Schweiz, wuchs sie in ihrer Heimat, dem Kandertal, inmitten Schweizer Traditionen auf. Nach einem längeren Aufenthalt in Südamerika führte ihr Weg sie nach Wien, wo sie Schauspiel und klassischen Gesang studierte. Bekanntheit erlangte sie mit den Musiktheaterproduktionen über den spanischen Dichter F. G. Lorca. Im Zuge der Beschäftigung mit einem Dokumentarfilm über Wiens letzte Dudlerinnen fand Zurbrügg zu ihren eigenen Wurzeln und begann, sich musikalisch näher damit zu beschäftigen. „Mich fasziniert beim Jodeln, dass es überall verstanden wird“, so die Schweizerin Christina Zurbrügg. Somit war der Grundstein für eine abwechslungsreiche musikalische Karriere gelegt, die von der Zusammenarbeit mit verschiedensten Musikern und Formationen geprägt ist.

Giulio Venier (Geige), Emma Montanari (Gesang) und Jan Kaberlov (Gitarre). Foto: Jana Holzmann

Yodel, Dudel & More Die Liebe zum Jodeln und die Faszination an der traditionellen Musik machen den musikalischen Stil von Christina Zurbrügg aus. Ihre Musik wurde als „erstklassiges, popmusikalisches Werk zwischen Tradition und Moderne“ rezensiert. Die einzigartige Kombination aus Gesang, Rap und modernem Jodeln, gemischt mit Naturklängen und elektronischen Sounds, macht ihre Auftritte zu einem einzigartigen Hörerlebnis. „Zurbrügg besticht durch ihre Stimme, ihren Wortwitz und ihr meisterhaftes Jodeln, das ihr (und den Hörern) Flügel verleiht“, so die „Südtiroler Wochenzeitung“. Die Ethnopopperin und Songwriterin singt auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und in exotischem Schwyzerdütsch. Lieder über und aus dem Alltag – mit Humor, Tiefgang, Poesie und Leidenschaft fürs Leben – sind bezeichnend für ihre Auftritte. Und natürlich greift Zurbrügg auch gekonnt selbst in die Tasten ihres Akkordeons.

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In eine andere Richtung, aber nicht weniger interessant, gehen die Musiker der Gruppe Aniada a Noar mit drei befreundeten Gastmusikern aus Friaul: Emma Montanari (Gesang), Jan Kaberlov (Gitarre) und Giulio Venier (Geige) lassen musikalische Aspekte ihrer Heimat Friaul einfließen. Zusammen mit der steirischen Weltmusik von Aniada a Noar ergibt das Programm „In Compagnia“ ein musikalisches Gesamtkunstwerk mit viel Charme, Professionalität und Esprit. Nachdem Aniada a Noar übrigens 30 Jahre lang im Quartett aufgetreten sind, erfindet sich die steirische Kultband neu und ist ab Mai als Trio zu erleben. / Text: Anita Winterer

CONNECTING TUNES

——————————————————— Do, 16. 5. 2013, 19.30 Uhr Yodel, Dudel & More Christina Zurbrügg & Band Fr, 24. 5. 2013, 19.30 Uhr In Compagnia Aniada a Noar & Gäste Information und Karten Haus der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015 ticket@volkskultureuropa.org www.volkskultureuropa.org


Volksmusikfestival / 10

aufhOHRchen

ALLES VOLKSMUSIK Auf seiner Wanderschaft durch Niederösterreich hat sich aufhOHRchen einen festen Platz im niederösterreichischen Kulturleben erobert. Anfang Mai ist ganz Gloggnitz im aufhOHRchen-Fieber. Volksmusik ist jung, modern, attraktiv und drückt pure Lebensfreude aus – davon können sich die Besucher des großen Volksmusikfests in Gloggnitz überzeugen. „aufhOHRchen in Gloggnitz ist bereits in aller Munde. Die Organisatoren der Volkskultur Niederösterreich und die Stadtgemeinde Gloggnitz freuen sich auf viele interessante Begegnungen und Eindrücke, die den Besuchern noch lange in Erinnerung bleiben werden. Der Dialog zwischen Kulturen und Regionen steht im Mittelpunkt dieses kleinen, aber feinen Festivals, zu dem sich alljährlich eine bunte Gemeinschaft Musikbegeisterter jeden Alters trifft. „Das gemeinsame Feiern, Musizieren und Singen steht im Mittelpunkt und soll in der Region nachhaltig das Verständnis für Volksmusik, Volkskultur und die eigene regionale Identität stärken“, so die beiden Geschäftsführer der Volkskultur Niederösterreich, Dorli Draxler und Edgar Niemeczek.

Mit allen Sinnen Die bewährte Philosophie des Musikfestivals zielt auf die Integration von Volksmusik in ein breites Kulturverständnis ab. So bildet ein Symposium zum Thema „Oben drüber – unten durch – Weltkulturerbe und Semmeringbasistunnel“ am Donnerstag den Auftakt. Am Freitag ist ein vergnüglicher Tag der Jugend angesagt. Monatelang bereiteten sich die Kinder der beiden niederösterreichischen Landeskindergärten, der Volksschule Gloggnitz, der Sporthauptschule Gloggnitz und des Sonderpädagogischen Zentrums mit ihren Lehrern auf die Präsentation der Projekte „Mit allen Sinnen“ im Stadtsaal vor. In vielen Workshops studierten die Jugendlichen

Lieder und Tänze aus der Region, aber auch szenische Darstellungen speziell für das Festival ein. Die Zuseher erwartet also ein beeindruckendes Hörerlebnis, wenn der Klangkörper von über 400 Kindern den Stadtsaal erschallen lässt. Die jungen Talente aus der Musikschule präsentieren sich am Freitagnachmittag um 15.00 Uhr im Rahmen des „Klingenden Gloggnitzer Wochenmarkts“ am Dr.-Karl-Renner-Platz. Der Kinderchor der Musikschule, ein Bläserquartett, ein Streicherensemble und ein Volksmusiktrio bieten beste Unterhaltung. Nachmittags lohnt sich der Besuch des „Klingenden Wochenmarkts“, abends locken das Oberkrainer-Fan-Quintett mit Gitti, Heidi und Peter und das virtuose Ensemble „Die Tanzgeiger“ zum Festkonzert „Alles Volksmusik“.

Wirtshausmusik Den Samstag leitet eine Floriani-Messe mit anschließendem Frühschoppen ein, am Nachmittag führt ein musikalischer Klangpfad durch Gloggnitz und ab 20.00 Uhr laden sieben Gasthäuser zu geselliger Wirtshausmusik ein. Frei nach dem Motto „Wo ein Wirtshaus erbaut, ein Musikant vorbeischaut“ laden einige der besten Volksmusikensembles das Publikum zum Mitsingen, Mitjodeln oder Mittanzen ein. Denn die Faszination der Wirtshausmusik liegt nicht in einem perfekten Vortrag, sondern am ungezwungenen Zusammenspiel. Am Sonntag klingt das Festival mit einem Festgottesdienst und einem großen Sänger- und Musikantentreffen mit Ständchen für aufhOHRchen aus. / Text: Marion Helmhart

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Volksmusikfestival / 11

programm 21. Niederösterreichisches Volksmusikfestival aufhOHRchen in Gloggnitz Do, 2.–So, 5. 5. 2013 Do, 2. 5. 2013, 19.00 Uhr „Oben drüber – unten durch“ – Weltkulturerbe und SemmeringBasistunnel Symposium in Kooperation mit dem Club Niederösterreich Schloss Gloggnitz, Veranstaltungssaal Impulsvortrag mit Mag. Dr. Günter Dinhobl Podiumsdiskussion mit DI Dieter Haas, ÖBB-Infrastruktur AG, Irene Gölles, Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Gloggnitz, Christoph Madl, MAS, Geschäftsführer der Niederösterreich Werbung, MinR Mag. DI Dr. Bruno Maldoner, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Friedrich Zibuschka, Amt der NÖ Landesregierung Moderation: Theres Friewald-Hofbauer, Club Niederösterreich Do, 2. 5. 2013, 22.00 Uhr Großer Österreichischer Zapfenstreich Schlosspark Gloggnitz, Pavillon Kreuzberger Musikverein, Musikverein Prigglitz, Musikverein Schottwien, Stadtkapelle Gloggnitz Fr, 3. 5. 2013, 9.00 Uhr Mit allen Sinnen – Schulprojekte Stadtsaal Gloggnitz Volksschule Gloggnitz, Sporthauptschule Gloggnitz, Sonderpädagogisches Zentrum Gloggnitz, NÖ Landeskindergarten Prägasse, NÖ Landeskindergarten Zenzi Hölzl Straße Fr, 3. 5. 2013, 14.00-18.00 Uhr Klingender Gloggnitzer Wochenmarkt Dr. Karl Renner-Platz Ensembles der Musikschule der Stadtgemeinde Gloggnitz, Mostviertler BlechMusikanten, Wienerwald Viergesang, ZiachnRocker Nico Marsoun

Fr, 3. 5. 2013, 20.00 Uhr Abendkonzert „Alles Volksmusik“ Stadtsaal Gloggnitz

So, 5. 5. 2013, 9.30 Uhr Gottesdienst mit Feier des hl. Abendmahls

Einführung: Dorli Draxler Oberkrainer-Fan-Quintett mit Gitti, Heidi und Peter, Die Tanzgeiger 19.30 Uhr: Begrüßung durch die Mostviertler BlechMusikanten

Evangelische Dreieinigkeitskirche

Sa, 4. 5. 2013, 10.00 Uhr Floriani-Messe

Christkönigskirche

aufhOHRchen-Bühne am Dr.-Karl-Renner-Platz Ökumenischer Gottesdienst mit Pfarrer Mag. Ernst Pankl und Pfarrer Mag. Andreas Lisson Mostviertler BlechMusikanten Sa, 4. 5. 2013, 11.00–13.00 Uhr Floriani-Frühschoppen aufhOHRchen-Bühne am Dr.-Karl-Renner-Platz Die Blechan XL, Feuerwehren der Umgebung

Salterina, Volkstanzgruppe PayerbachReichenau/Rax So, 5. 5. 2013, 10.00 Uhr Festgottesdienst Kranichberger Messe mit Gesangverein Prigglitz, Kirchenchor Raach am Hochgebirge, Kirchenchor Hassbach, Kirchenchor Kranichberg, Gesangverein „Eiche“ Penk, Gesangverein „Pro Musica“ Breitenau, Die 4 Blechan So, 5. 5. 2013, 11.30 Uhr Frühschoppen aufhOHRchen-Bühne am Dr.-Karl-Renner-Platz Stadtkapelle Gloggnitz

Sa, 4. 5. 2013, 14.00 Uhr Chöretreffen

So, 5. 5. 2013, 12.30 Uhr Miteinander aufhOHRchen – Sänger- und Musikantentreffen

aufhOHRchen-Bühne am Dr. Karl Renner-Platz

aufhOHRchen-Bühne am Dr. Karl Renner-Platz

Brucker Singkreis, Gesangverein „Eiche“ Penk, Mostviertler BlechMusikanten, Sängerbund Neustift, Sing mit-Runde Wiener Neudorf, Wienerwald Viergesang

Die Huatara Dirndln, Edlitzer Weisenbläser, Gentlemen.m.u.s.i. des Musikvereins Schottwien, Gesangsduo Hilde und Alex, Gesangverein „Pro Musica“ Breitenau, Jahreszeitenterzett, Männergesangverein und Gemischter Chor Prigglitz, Pfadfinderchor der Pfadfindergruppe Gloggnitz, Prigglitzer Vorstadtsänger, Sing mit-Runde Wiener Neudorf, Spielmusik „Aufstreich“, Terz Sterz, Volkstanzgruppe PayerbachReichenau/Rax, Weana Bleamerl, Wienerwald Viergesang

Sa, 4. 5. 2013, 16.30 Uhr aufhOHRchen-Grüße aufhOHRchen-Bühne am Dr. Karl Renner-Platz Landjugend Gloggnitz und Verein Silbersberg Gloggnitz Sa, 4. 5. 2013, 17.00-20.00 Uhr Klangpfad durch Gloggnitz Sa, 4. 5. 2013, 20.00 Uhr Wirtshausmusik Gasthaus „Zur blauen Traube“: 5-G’span-Musi, Wienerwald Viergesang Gasthof-Hotel Loibl: Pongauer Geigenmusi, Aubichimusikanten, Spirk Trio Gasthaus „Zur weißen Rose“: Terz Sterz, Salterina

Änderungen vorbehalten! Eintritt frei! Ausgenommen Abendkonzert Karten: VVK EUR 18,00; AK EUR 20,00 Erhältlich bei der Volkskultur Niederösterreich, bei der Stadtgemeinde Gloggnitz Festivalabzeichen inklusive Programmheft: EUR 3,00

Fr, 3. 5. 2013, 15.00 Uhr Musikalische aufhOHRchen-Grüße

Gasthof Maurer: Schanksänger aus dem Schneeberggebiet, „Des tuatsnet“ Klarinettenmusi

Im Falle von Schlechtwetter finden Sie die Veranstaltungsorte im Internet auf www.aufhOHRchen.at unter Programm!

NÖ Landepflegeheim Gloggnitz

Gasthaus Posthörndl: Shaskeen

Information

Schwarzataler Tanzlmusik, Spielmusik „Aufstreich“, Volkstanzgruppe PayerbachReichenau/Rax, Wienerwald Viergesang

Gasthaus Stiegenwirtshaus: NoHau

Volkskultur Niederösterreich Tel. 02732 85015 www.aufhOHRchen.at

Baumgartner’s Gastgarten: Li Blos – Lichtenegger Blasmusik, diemusikkanten

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Bräuche / 12

Mensch und Natur

rund um den wald Wälder machen 40 Prozent der Fläche des Bundeslandes aus. Der Wald als Wirtschaftsraum sicherte Generationen das Überleben, er galt aber auch als unheimlich, bevölkert von wilden Tieren und lichtscheuen Gestalten.

ohne den die Landwirtschaft nicht hätte auskommen können“, stellt Sandgruber fest. Waldbauern übten eine Reihe von Nebengewerben aus. Sie tauschten Produkte wie Holzkohle, Binderwaren, Dachschindeln, Bauholz oder Bretter auf dem Holzmarkt in Wiener Neustadt gegen Getreide für den Eigenbedarf. Ihre Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Schneeberggebiet, das zu 85 Prozent aus Waldflächen besteht, kann man im Waldbauernmuseum Gutenstein kennenlernen. In der aus dem Jahr 1576 stammenden „Alten Hofmühle“ stellt es 13 solcher Gewerbe vor.

Der Rothwald, ein Urwald in Niederösterreich.

Mit dem Rothwald, südlich des DürrensteinMassivs im Bezirk Scheibbs, besitzt Niederösterreich Österreichs einziges „Strenges Naturreservat in Kategorie Ia“, das nie forstwirtschaftlich bearbeitet wurde. Nach der Aufhebung des Kartäuserklosters Gaming, dem er einst gehörte, kaufte die Familie Rothschild den Wald, nutzte ihn aber nicht. Im Sinne des Umweltschutzes beschloss Albert Rothschild (1844–1911) im Jahr 1875, das Gebiet als Primärwald für die Nachwelt zu erhalten. Es gilt als größter Urwald Mitteleuropas. Üblicherweise waren geistliche wie weltliche Grundherren seit dem 12. Jahrhundert bestrebt, großflächige Rodungen durchzuführen.

Im Mittelalter unterschied man den ungepflegten Urwald („silva“) und den gehegten Forst („forestum“). Der Wirtschaftshistoriker Roman Sandgruber spricht von der „Ambivalenz zwischen Wildnis und Kultur“. Heute denkt man bei Produkten des Waldes in erster Linie an Holz, doch gab es viel mehr Verwertbares: Wild, Kräuter und Pilze, Wurzeln und Knollen, Beeren und Obst, Honig und Wachs, Eicheln, Bucheckern und Nüsse, Harz, Pottasche, Heu, Laub und Reisig. „Durch Abbrennen und Beweiden, Laubrechen und Schneiteln, Streusammeln und Abgraben von Walderde erfolgte ein Energieund Nährstofftransfer vom Wald aufs Feld,

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Anders als die Waldbauern, die (seit der Bauernbefreiung 1848) zugleich die Waldbesitzer waren, handelte es sich bei den Holzknechten um Lohnabhängige. Dennoch bildeten sie einen selbstbewussten Stand mit einer straffen Arbeitsorganisation. Dieser entstand nach dem Aufkommen der Eisenindustrie. 1569 bestimmt die „Eisenwidmung“, dass die Wälder des Schneeberg- und Raxgebietes für die umliegenden Eisen- und Hammerwerke zu verwenden seien. 1625 schlossen sich mehr als 60 Radwerke und Eisenhämmer zur „Innerberger Hauptgewerkschaft“ zusammen. Um den Holzbedarf zu decken, wurden Forstarbeiter in Niederösterreich angesiedelt. Eine Partie bestand aus zehn Männern, denen der „Passknecht“ vorstand. Während der Woche hausten sie in der Nähe des Schlages in Hütten oder Blockhäusern. Entlang der Wände befanden sich Pritschen als Liegestatt. Den Mittelpunkt bildete die Feuerstätte zum Kochen und Heizen. Jeder kochte für sich und hatte eine bestimmte Stelle am Herd.


Bräuche / 13

Ein Pecher bei der Arbeit.

Zum Essen saß er, mit der Pfanne auf den Knien, auf seinem Schlafplatz. Die meisten Speisen bestanden aus einem Mehlteig, der in Schweineschmalz herausgebacken wurde. Als um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Wien das Brennholz knapp wurde, warb man evangelische Holzknechte aus Salzburg an. Daheim wurde sie wegen ihres Glaubens verfolgt, in Niederösterreich fanden sie dauerhafte Arbeitsplätze. Die einsamen Wälder boten auch Gelegenheit, fernab der Siedlungen im Geheimen ihre Andachten zu pflegen. Nach dem Josephinischen Toleranzpatent wurde in Mitterbach 1785 das erste Bethaus einer Toleranzgemeinde in Niederösterreich eingeweiht. Auch der „Raxkönig“ Georg Huebmer (1755–1833) entstammte einer geheimprotestantischen Familie. Er und sein Bruder Johann errichteten am Naßbach und an der Schwarza die für die Holzbringung notwendigen Einrichtungen und sicherten dadurch viele Jahre den Betrieb des Hirschwanger Eisenwerks der Innerberger Hauptgewerkschaft. Früh erkannten sie die Möglichkeit, über den Wiener Neustädter Kanal Holz nach Wien zu befördern. Berühmt wurde Georg Huebmer als erster Tunnelbauer Europas, da er durch den 1.134 Meter hohen Sattel des „Gscheidl“, einen 430 Meter langen Schwemmtunnel zur Holztrift, sprengen ließ. 1827 waren die Arbeiten abgeschlossen. In den 1970er Jahren erforschte der Volkskundler Günther Richter die traditionelle Kultur der Holzknechte, wobei er 130 von ihnen befragte. Themen waren Alltag,

Waldarbeiter in früheren Zeiten.

Arbeitsgeräte und -methoden, Kleidung, Glaube und Aberglaube sowie Bräuche. Dazu zählten Standesfeste, wie Holzhackerball und Holzknechtkränzchen, bei denen spezielle Lieder und Tänze zur Aufführung kamen, Maschkerer-Umzüge im Fasching, das Setzen von Mai- und Sonnwendbäumen, das Fensterln und kirchliche Feiertage.

Pecherei & Glashütten Holzknechte waren – wie Förster – nicht die einzigen, die ihren Beruf im Wald ausübten. Weithin hörbar klang das Schlagen der Pecher, wenn sie im südöstlichen Niederösterreich den Föhren ihr Harz abzapften. Über Jahrhunderte bildete die Pecherei für tausende Familien in den Bezirken Mödling, Baden, Wiener Neustadt und Neunkirchen den Lebensunterhalt. Es handelt sich um das größte und nördlichste Verbreitungsgebiet der Schwarzföhren in Mitteleuropa, die hier zu Maria Theresias Zeiten angepflanzt wurden. Um das Harz (Pech) zu gewinnen, wurde der Stamm oberflächlich verwundet und dadurch der Harzfluss angeregt. Raffinerien und Siedereien verarbeiteten das Harz zu Terpentinöl und Kolophonium. Heute gibt es nur noch acht Pecher, die letzte Fabrik Mitteleuropas befindet sich in Niederösterreich. Die Pecherei steht auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes – wie auch die Köhlerei. In Österreich üben heute nur noch 15 Personen die Köhlerei aus, wobei Rohr im Gebirge mit sechs Betrieben ein Zentrum darstellt.

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In der Glashütte.

Verschwunden sind die Waldglashütten, die vom 12. bis ins 17. Jahrhundert grünliches Glas für Butzenscheiben herstellten. Quarzsand und die doppelte Menge Pottasche bildeten die Rohstoffe. Man gewann sie aus Eiche, Buche oder Fichte und Pflanzen wie Farnkraut. Für ein Kilo Glas benötigte man etwa einen Raummeter Holz zur PottascheHerstellung und zum Heizen der Öfen. Eine Glashütte verbrauchte jährlich das Holz von 20 bis 30 Hektar Wald. Nach dem Kahlschlag wanderte der Glaserzeuger weiter, Ackerbauern und Viehzüchter konnten das so gewonnene Land für ihre Wirtschaft und Siedlungen nutzen. Ein ganz eigenes Kapitel ist die Waldnutzung durch die Jagd. Sie war seit dem Mittelalter ein adeliges Privileg. Damals entstand auch der Beruf des Jägers, der im Sinne seines Arbeitgebers jagdliche und hegerische Tätigkeiten ausführt. Sein Widerpart, der Wilderer, wurde als sozialer Rebell und Symbolfigur gegenüber den Herrschenden in Liedern besungen und (Heimat-)Filmen dargestellt. Doch handelt es sich bei dem – oft als romantisches Vergnügen dargestellten – Wilddiebstahl um ein kompliziertes soziales Phänomen. Darauf hat besonders der Soziologe Roland Girtler hingewiesen, der in St. Pankraz (Oberösterreich) ein eigenes Wilderermuseum eingerichtet hat. / Text: Helga Maria Wolf Illustrationen: Magdalena Steiner


Haus der Regionen / 14

Vortrag am Kamin

heimat ist eine idee Mit dem Vortrag „Heimaten reloaded“ eröffnete Prof. Konrad Köstlin die Kremser Kamingespräche zum Thema Heimat.

entkommen, im Herbst nicht dem Kürbis. Und das Magazin „Servus“ ist mit dabei. Darin wird sogenanntes „Heimatwissen“ verkauft. In Deutschland heißt das „Landlust“ und war, bevor die Zeitschrift die Millionenauflage überschritten hat, eine biedere westfälische Landwirtschaftszeitung.

Konrad Köstlin beim Vortrag am Kamin.

Unter „Heimat“ versteht jeder etwas anderes. Im Gegensatz zum Feld der Molekularbiologie, ist Heimat ein Thema, in dem jeder Experte ist. Denn Heimat an sich gibt es nicht. Es entsteht durch den Akt des Handelns, durch Meinungen und Werte im Hintergrund. Heimat, so wie wir diesen Begriff derzeit verstehen, ist ein Gegenentwurf zur Globalisierung.

Auch wo der Begriff Heimat nicht auftaucht, steckt Heimat drinnen, etwa aktuell beim Phänomen „Rettet die Schwedenbomben“. Hier will eine auf Facebook vernetzte Gruppe mit dem Aufruf zum Kauf von Schwedenbomben einen österreichischen Süßwarenhersteller vor dem Konkurs bewahren. Heimat ist auch in Begriffen wie „Bio“ oder „CO2-Footprint“ enthalten. Heute – und gerade da steckt Heimat drinnen – ist Selbermachen das oberste Gebot. Früher brachte man zu einer Einladung Blumen oder eine Bonboniere mit, jetzt sind es selbstgemachte Marmeladen. Die Moderne hat etwas geschaffen, woran sie heute leidet: an der Perfektion des Industriellen. Der Fortschritt sollte die Unvollkommenheit der Handarbeit auslöschen und evoziert gleichzeitig die Sehnsucht danach.

Heimat – eine Stimmung

Heimat – eine Begriffserklärung

Heimat hat schwankende Konjunkturen. Derzeit steht die Aktie Heimat hoch. Die NÖN gibt seit kurzem eine Beilage mit dem Titel „Heimat“ heraus. Menschen aus den Städten konvertieren zu Naturfreaks und werfen sich den Jahreszeiten an den Hals. Im Frühjahr z. B. ist dem Bärlauch kaum zu

Gefühle fallen nicht vom Himmel, auch nicht die für die Heimat. Das Heimatgefühl wurde in einem historischen Prozess erlernt. Der vormoderne Heimatbegriff war ein Rechtsbegriff. Mit dem Wort Heimat war der Hof gemeint. Das Recht auf Heimat war somit an Besitz gebunden. Heimat, das besa-

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

ßen nur wenige. Und Heimat war männlich konnotiert – denn der Hoferbe war männlich. Die anderen – die Besitzlosen – wurden auf die himmlische Heimat vertröstet. Wir alle kennen noch den Ausdruck „Heimatrecht“. Heimatrecht hatte man dort, wo man geboren war, dort hatte man einen gewissen Anspruch auf Obsorge im Alter. Mit der Industrialisierung und steigender Mobilität im 19. Jahrhundert wird das Heimatrecht unbrauchbar. Stichworte dazu: Landflucht, Verelendung, Auswanderung. Also wandelt sich der Begriff. In Bayern wurden Heimat, Brauchtum, Trachten etc. gefördert und in die Staatsideologie verwoben. Herzog Max in Bayern, auch der Zither-Maxl genannt, hat Stücke für die Zither komponiert und so beigetragen, dass dieses Instrument nicht ausstirbt. Ein bayerischer Erlass aus dem Jahre 1852 verordnete die Erhaltung der Dorflinde. Verordnungen zur Trachtförderung folgten. Zum Begriff Heimat gesellt sich das Bewahren und Pflegen. Auf diese Weise, so hoffte man, könne die Industrialisierung verlangsamt und die Entwurzlung der Menschen verhindert werden. In Österreich wird um die Jahrhundertwende der Begriff Heimat zum ethnografischen Kitt der k. u. k. Monarchie. Volkskundler schwärmten in die Länder des österreichisch-ungarischen Reichs und betrieben ein gigantisches Marketing für die Provinz. Das Ergebnis ist das 24-bändige Kronprinzenwerk. Heimat ist jetzt eine Idee. Sie wird emotionalisiert und entmaterialisiert. Heimat wird zu einem Sonntagsbild, das nicht mehr auf die Gegenwart zielt. Das Thema Heimat und Nationalsozialismus wäre ein eigener Vortrag und ist in paar Sätzen nicht abzuhandeln. Nach dem Faschismus war Heimat für die Demokratie unbrauchbar geworden und spaltet bis heute,


Theater / 15

Der Weibsteufel

den spiess umdrehen zumindest auf der symbolischen Ebene. Heimat war in den 1960/70er Jahren etwas anderes als heute, denken wir nur an die österreichische Literatur mit dem Antiheimatroman: „Herrenjahre“ von Gernot Wolfgruber, Franz Innerhofer und Felix Mitterer. Dazu passt ein Ausspruch von Martin Walser: „Heimat ist das freundlichste Wort für Zurückgebliebenheit.“

Für Karl Schönherrs Stück „Der Weibsteufel“ wird die Ladefläche eines LKWs zur Bühne.

DER WEIBSTEUFEL

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Abschließend könnten wir fragen, wohin die Reise des Heimatbegriffes geht. Um es mit Johann Gottfried Herder zu sagen: „Heimat ist, wo ich mich nicht erklären muss.“ Das würde den Heimatbegriff obsolet machen. / Zusammengefasst von Mella Waldstein Nachzuhören auf www.volkskultureuropa.org

KREMSER KAMINGESRÄCHE

——————————————————— Heimat.Chancen Mi, 8. 5. 2013, 18.00 Uhr, Festsaal Mag. Michael Stavarič, Schriftsteller Dr. Gesine Tostmann, Volkskundlerin und Trachtenexpertin Heimat.Träume Mi, 12. 6. 2013, 18.00 Uhr, Festsaal Dorothea Draxler, Geschäftsführerin der Volkskultur Niederösterreich Gerhard Haderer, Karikaturist Eintritt frei, Anmeldung erbeten Haus der Regionen Donaulände 56 3504 Krems-Stein Tel. 02732 85015 www.volkskultureuropa.org

Lastkrafttheater mit Manuela Seidl, Max Mayerhofer, David Czifer. Regie: Marius Schiener Vorstellungen Max Mayerhofer, Manuela Seidl und David Czifer. Foto: z. V. g.

Sa, 4., u. So, 5. 5. 2013, 18.00 Uhr Firma Talkner, 3860 Heidenreichstein, Schremser Straße 81

„Zuerst habt ihr mich aufgerissen bis auf den Grund, und jetzt möchts ihr mich wieder zudrehn, wie einen Wasserhahn. Aber mich fangts nimmer ein“, sagt die Frau und dreht den Spieß um. Sie benutzt – statt benutzt zu werden. Mit Schönherrs Volksstück tourt das „Lastkrafttheater“ durch Niederösterreich.

Sa, 11. 5. 2013, 18.00 Uhr AK-Saal, 2340 Mödling, Dr.-HannsSchürff-Gasse 14

Ein Mann und seine junge Frau. Sie leben an der Grenze. Der Mann ist im Schmuggelgeschäft. Der Mann erfährt, dass der neue Grenzjäger auf seine Frau angesetzt wird, um die Hehlerei auszuspionieren. Daraufhin verlangt er von ihr, selbst aktiv zu werden und den Grenzjäger zu umgarnen – damit er das Schmuggelgut wegschaffen kann. Als die Frau erkennt, dass sie von beiden Männern zu deren Zwecke benutzt wird, spielt sie die beiden gegeneinander aus und bringt sie so zum Äußersten. Karl Schönherr (1867–1943) war Arzt wie Arthur Schnitzler und vor dem Ersten Weltkrieg meistgespielter Bühnenautor. Mit „Weibsteufel“ schuf er nicht nur ein Beziehungsdrama, ein Heimatstück und einen Krimi, sondern auch eine zeitlose Abhandlung über die Themen Lust und Gier.

Sa, 25. 5 2013, 16.00 Uhr Messegelände, Freigelände West, Stand Arge LogCom, 3430 Tulln

So, 12. 5. 2013, 16.00 Uhr 3672 Maria Taferl, Basilikaplatz Sa, 18. 5. 2013, 18.00 Uhr 3950 Gmünd, Stadtplatz

Di, 28. 5. 2013, 19.00 Uhr Volksheim, 3130 Herzogenburg, Auring 29 Sa, 1. 6. 2013, 17.00 Uhr 3550 Langenlois, Loisium-Allee 1 So, 2. 6. 2013, 18.30 Uhr Freizeitzentrum, 2351 Wiener Neudorf, Eumigweg 1–3 Sa, 8. 6. 2013, 18.00 Uhr 2070 Retz, Hauptplatz So, 9. 6. 2013, 15.00 Uhr Karikaturengarten, 3522 Brunn am Wald Eintritt frei!


Interview / 16

Natália Kelly

bei uns hat�s gefunkt Sie ist die derzeit wohl bekannteste Musikschülerin Österreichs. Spätestens seit ihrem Auftritt bei der ORFShow „Österreich rockt den Song Contest“ weiß jeder, was „prima la musica“ ist, denn sie ist mehrfache Preisträgerin – die Rede ist von Natália Kelly, Österreichs Beitrag beim „Eurovision Song Contest“ 2013. Schlagzeug und habe zusätzlichen Gesangsunterricht in Popularmusik bei Alex Wartha genommen. Dem Kinderchor folgte ein Jugendensemble, außerdem haben wir ein Gesangsterzett, „Cara Mias“, gegründet, das sich bald auf acht Mädchen erweiterte. Zusammen nahmen wir an Wettbewerben wie „prima la musica“, „Austria Cantat“ oder „Österreich singt“ teil. Kurz gesagt: Die Musikschule wurde zu meinem zweiten Zuhause, täglich verbrachte ich meine Freizeit dort.

Natália Kelly – Musikschülerin und Song-Contest-Hoffnung. Foto: Stefan Tauber

Seit ihrem sechsten Lebensjahr besucht die nun 18-Jährige die Musikschule Bad Vöslau und startete dort ihre musikalische Laufbahn, die beim Kinderchor „Tigerband“ anfing, sie über diverse Musikwettbewerbe zur Teilnahme am „Eurovision Song Contest“ in Malmö führte und in einer internationalen Karriere münden soll. Michaela Hahn, Geschäftsführerin des Musikschulmanagement Niederösterreich, sprach mit Natália Kelly, deren Gesangs- und Klavierlehrerin Isabella Maierhofer und dem Leiter der Musikschule Bad Vöslau, Christian Sauer, über den Weg ihrer musikalischen Karriere, die Rolle des Lehrers und Talenteförderung in der Musikschule.

Natália, seit deinem sechsten Lebensjahr besuchst du die Musikschule, nimmst dort neben Gesangs- auch Klavierunterricht, hast auch E-Gitarre und Schlagzeug gelernt … Wie hat dein musikalischer Werdegang begonnen und was bedeutet Musikschule für dich persönlich? Kelly: Begonnen hat alles bei Isabella (Maierhofer), zuerst mit Klavierunterricht, bald darauf mit Gesang. Die Begeisterung war sofort da, sodass meine Mama Isabella bald überredet hat, einen Kinderchor zu gründen. Mit der Gründung der „Tigerband“ hat meine Leidenschaft zum Gesang begonnen, später kam das Musizieren hinzu. Ich habe ein paar Jahre E-Gitarre gelernt, später auch

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Nebenher hast du auch noch beim „Kiddy Contest“ oder bei „The Voice“ teilgenommen. Was war der Beweggrund dafür? Kelly: Den „Kiddy Contest“ habe ich immer schon gerne verfolgt. Meinen Eltern habe ich angekündigt, mitmachen zu wollen. Anfangs waren sie skeptisch, da ich erst neun Jahre alt war, aber schlussendlich konnten wir eine DVD produzieren und diese einschicken – und es hat funktioniert! Ab diesem Zeitpunkt war klar: Das möchte ich beruflich einmal machen. Dann hat eines zum anderen geführt. In der Musikschule haben Isabella und ich hart an meiner Stimme gearbeitet. „The Voice“ gab mir die Möglichkeit, meine eigenen Songs zu präsentieren und auch an ihnen zu arbeiten. Durch meinen Sieg hatte ich zusätzlich auch die Möglichkeit, eine Single aufzunehmen und mit dem Produzenten der Plattenfirma, bei der ich jetzt bin, zusammenzuarbeiten. Seit Oktober habe ich nun einen Plattenvertrag – im April wurde mein erstes Album, „Natália Kelly“, veröffentlicht.


Interview / 17

Michaela Hahn, Musikschulmanagement Niederösterreich (2. v. l.), sprach mit Natália Kelly (r.), deren Gesangs- und Klavierlehrerin Isabella Maierhofer (3. v. l.) und dem Leiter der Musikschule Bad Vöslau, Christian Sauer (l.).

Isabella, du betreust ja viele Musikschüler, und das oft jahrelang. Wie erkennt man Talent und wie fördert man es als Lehrer? Maierhofer: Als Lehrer braucht man ein Gespür für das Erkennen von Talenten, auch kommt mit der Zeit die Erfahrung, Situationen und Talente zu erkennen. Ein guter Draht zum Schüler ist dabei hilfreich. Wenn dieser stimmt, erkennt man oft auch Begabungen, die für andere weniger sichtbar sind. Wenn Kapazität und Begabung vorhanden sind, so soll man auf jeden Fall versuchen, diese zu fördern. Dafür bieten sich Wettbewerbe an, weil man gezielt darauf hinarbeiten kann. Ich persönlich versuche herauszufinden, ob der Schüler das nötige Talent, aber auch die Nerven dafür hat. Kelly: Und der Wille muss da sein! Man sagt oft: „Jeder Schüler findet seinen Lehrer“. Trifft das bei euch zu? Kelly: Ja, bei uns hat’s gefunkt (lacht)! Ich verstehe mich mit allen meinen Lehrern gut, aber natürlich hat man zu jedem einen anderen Zugang. Mit Isabella arbeite ich am längsten zusammen, das erklärt wahrscheinlich unsere Harmonie. Außerdem teilen wir eine ähnliche Ansichtsweise: Isabella fordert und fördert – sie lässt Begabungen nicht stehen, sondern möchte, dass ich mich weiterentwickle. Wie bereitest du Schüler auf Wettbewerbe vor, wie geht ihr mit der Erwartungshaltung um? Maierhofer: Ein Vorteil ist, dass ich alle meine Schüler selber begleite – das ist für die Harmonie und das Zusammenwachsen ideal. Anfangs riet ich meinen Schülern, ohne große Erwartungen zum Wettbewerb

Natália Kelly als Musikschülerin beim Wettbewerb podium.jazz.pop.rock 2009

zu fahren, da wir weder das Umfeld noch die Art der Bewertung kannten. Doch so wie sich die Wettbewerbe in den vergangenen Jahren weiterentwickelt haben, so habe auch ich Erfahrungen gesammelt. Heute weiß ich, wie der Hase läuft: ich kann mittlerweile gut einschätzen, wann Schüler die Kapazität haben, einen 1. Preis zu erreichen. Wenn du auf der Bühne stehst, sticht deine Stimme heraus. Was mich beeindruckt, ist, dass es dir scheinbar nichts ausmacht, auch einmal in einer Nebenrolle mitzuwirken. Kelly: Mir geht es grundsätzlich nicht darum, im Mittelpunkt zu stehen, ich möchte nur „mein Ding“ machen. Ich liebe es zu musizieren, egal in welcher Rolle ich bin: Ich genieße, was ich tue! So auch beim Musicalprojekt Wir sind Bühne.Musical – ich hatte viel Spaß und habe sehr viel dazugelernt – von der Gruppe sowie der künstlerischen Leiterin, Luzia Nistler. Sauer: Es ist auch nicht ihre Charaktereigenschaft, sich derart in den Mittelpunkt zu stellen. Ob bei der Show „Österreich rockt den Song Contest“ oder eine Woche später im kleinen Rahmen beim Vortragsabend der Musikschule – Natália singt alleine oder im Chor als eine von zehn: genau das macht sie so sympathisch. Und so ist sie ihren Weg gegangen, bis hin zum „Song Contest“ in Malmö, das ist unglaublich! Talenteförderung ist in Niederösterreich ein großes Thema, vom Musikschulbeirat wird in den kommenden Jahren dahingehend ein Schwerpunkt gesetzt. Was kann die Musikschule an Talenteförderung leisten bzw. bis zu welchem Grad kann sie das?

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Sauer: Meiner Meinung nach funktioniert die Talenteförderung in Niederösterreich bereits sehr gut. Besonders das Jugendsinfonieorchester, das viele Möglichkeiten für Musikschüler bietet, muss hervorgehoben werden. Die Musikschule stellt die Rahmenbedingungen für eine gute Ausbildung bereit, in Vortragsabenden und Konzerten bietet sie Auftrittsmöglichkeiten und vieles mehr. Der nächste Schritt ist das Hinführen zum Musikstudium. Projekte und Fördermöglichkeiten seitens der Musikschule und dem Musikschulmanagement Niederösterreich gibt es zur Genüge. Und wer wirklich intensiv mehr machen möchte, bei dem funktioniert es wie bei Natália, wenn die ganze Familie dahintersteht und sie tatkräftig unterstützt. Natália, dein nächstes Ziel ist der „Song Contest“ – hast du Pläne für die Zukunft? Wie geht es danach weiter? Kelly: Ich hoffe gut (lacht). Mein Ziel ist es, eine internationale Karriere aufzubauen, darauf arbeite ich schon länger hin. Jetzt ist Österreich dran und dann … Wir drücken dir fest die Daumen dafür und wünschen dir das Allerbeste für Malmö! / Interview: Michaela Hahn, Katharina Heger

NATÁLIA KELLY

——————————————————— Geboren am 18. 12. 1994 in Hartford/ Connecticut (USA); lebt in Österreich seit 2000; Unterricht in der Musikschule Bad Vöslau in Klavier bei Isabella Maierhofer, Schlagzeug bei Thomas Mair, E-Gitarre bei Roland Teuchmann und Gesang bei Isabella Maierhofer und Alex Wartha. Preise und Erfolge bei Wettbewerben: Kiddy Contest 2004: 2. Platz; prima la musica: 1. Preise mit ausgezeichnetem Erfolg bei Landes- und Bundeswettbewerb (Solo/Ensemble, Klavier/ Gesang) von 2005 bis 2010; podium.jazz.pop.rock: 1. Preise mit ausgezeichnetem Erfolg von 2008 bis 2012; Teilnahme am Musicalprojekt des Musikschulmanagement Niederösterreich („Wir sind Bühne.Musical“, 2011); The Voice: 1. Platz (2011); Plattenvertrag mit Universal Music Austria (2012); Teilnahme am „Eurovision Song Contest“ in Malmö für Österreich (2013).


Musikschule / 18

Porträt

mein grösstes spielzeug Am 25. Mai gibt das Jugendsinfonieorchester Niederösterreich ein Benefizkonzert für das Rote Kreuz Amstetten. Der Solist Nikolaus Guschlbauer im Porträt.

Nikolaus Guschlbauer bei Proben mit dem Jugendsinfonieorchester Niederösterreich.

Besuch beim Probencamp des Jugendsinfonieorchesters Niederösterreich in Melk. Bei der Hauptprobe für das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 von Ludwig van Beethoven – angeleitet von Dirigent Martin Braun – ist zu hören, was die Musikschüler in den letzten Tagen gemeinsam mit ihren Dozenten aus den Reihen des TonkünstlerOrchesters Niederösterreich erarbeitet haben. Am Klavier: Nikolaus Guschlbauer. Es ist das erste Konzert des 20-jährigen Katzelsdorfers mit einem derartigen Orchester – und dennoch merkt man ihm kaum Nervosität an. Immer wieder erntet er anerkennende Blicke von Kollegen, Dirigent oder Dozenten. „Eine Karriere als Konzertpianist“ – natürlich ein ambitioniertes Ziel, erzählt Nikolaus Guschlbauer, auf seine Pläne angesprochen. Begonnen hat seine musikalische Laufbahn an der Josef Matthias Hauer Musikschule in Wiener Neustadt

bei Franziska Schneider. Aber eigentlich noch früher, denn zu Hause stand ein alter Flügel. „Mein größtes Spielzeug“, wie Nikolaus Guschlbauer ihn bezeichnet. Darauf begann er zu improvisieren und Melodien nachzuspielen. Die Zeit an der Musikschule war geprägt durch zahlreiche Musikwettbewerbe bei „prima la musica“ und ebenso viele 1. Preise auf Landes- und Bundesebene.

wie auch persönlich – und als tolle Erfahrung. Diese birgt jedoch auch Herausforderungen in sich. „Man muss eine gewisse Deutlichkeit mitbringen und diese auch manchmal mit Risiko durchsetzen“, beschreibt Nikolaus Guschlbauer. Und er ergänzt: „Aber man wächst schnell zusammen, das merkt man schon während der Proben.“

Zwischen Perfektion und Improvisation

Am 25. Mai gibt es die Möglichkeit, das Jugendsinfonieorchester Niederösterreich, unter der künstlerischen Leitung von Martin Braun, und Nikolaus Guschlbauer am Klavier zu hören. /

Ab dem Alter von zwölf Jahren besuchte Nikolaus Guschlbauer die Vorbereitungsklasse von Alma Sauer an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, seit 2011 studiert er Konzertfach bei Ralf Heiber am Joseph Haydn Konservatorium des Landes Burgenland. Dass selbst das größte Talent viel Übung braucht und der Weg zum Berufsmusiker lang ist, wird deutlich, wenn Nikolaus Guschlbauer von seinem Alltag in Eisenstadt erzählt. Bis zur Hälfte des Tages verbringt er am Instrument. Wichtig ist ihm dabei jedoch nicht nur das „sture“ Üben, sondern auch das Improvisieren: „Was deutlich unterschätzt und selten angesprochen wird, ist die Improvisation. Diese ist in der ‚Klassik‘ total verloren gegangen, da der Zeitgeist in Richtung Perfektion drängt. Dabei wird vergessen, dass man für Perfektion auch das Eingehen auf den Moment eine gewisse Flexibilität braucht.“ Die Möglichkeit, mit dem Jugendsinfonieorchester Niederösterreich zu musizieren, sieht der Solist als weiteren Schritt nach vorne in allen Beziehungen – musikalisch

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Text und Foto: Katharina Heger

BENEFIZKONZERT

——————————————————— Sa, 25. 5. 2013, 19.30 Uhr Jugendsinfonieorchester Niederösterreich: Benefizkonzert für das Rote Kreuz Amstetten Werke von Markus Zierhofer, Ludwig van Beethoven, Modest Mussorgski und Johann Strauß Sohn. Johann-Pölz-Halle 3300 Amstetten, Stadionstraße 12, Kartenvorverkauf Tel. 02742 601 454, avb@amstetten.at, www.avb.amstetten.at Information www.musikschulmanagement.at


Hast du Töne? / 19

BordunMusikTage

bunt brummen tanz&MUSIKWOCHE

Bei den alljährlichen BordunMusikTagen „Hast du Töne?“ tauchen Musiker vier Tage lang in die bunte Welt der Bordunmusik ein.

Nyckelharpa. Foto: Mikael Bodner

Das Wort „Bordun“ (dt. „Brummer“) bezeichnet einen konstanten Dauerton als einfachste Form der Melodiebegleitung, der beim Dudelsack von eigens dafür vorgesehenen Bordunpfeifen geliefert wird, die auch „Bordun“ genannt werden. Zu den Borduninstrumenten zählen neben den Dudelsäcken unter anderen auch Drehleiern, Nyckelharpas, Hardingfele und Portative. Durch den Bordun wird das Wechselspiel zwischen konsonanten und dissonanten Klängen besonders deutlich hörbar, wodurch eine ausgeprägte musikalische Farbigkeit entsteht.

Mit den BordunMusikTagen 2013 in Zeillern geht dieser Kurs in seine 22. Runde. Alljährlich tauchen Instrumentalisten vier Tage lang in die bunte Welt der Bordunmusik ein. Vermittelt werden sowohl Grundlagen für Anfänger als auch vertiefende Inhalte für Fortgeschrittene und Könner. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, in verschiedensten Kombinationen von Instrumenten Bordunmusik zu erleben und zu praktizieren, denn schließlich passen ja alle anderen Instrumente mit Borduninstrumenten zusammen. Durch die Verbindung von Dudelsack und Drehleier mit verschiedenen Volksmusikinstrumenten erhalten auch bekannte Melodien einen ganz eigenen, faszinierenden Charakter. Auch übers ganze Jahr kann man in einigen Musikschulen Niederösterreichs Dudelsack etc. lernen, etwa bei Norbert Suchy in der Musikschule Strasshof, bei Christian Blahous in der W. A. Mozart Musikschule Horn und in der Musikschule Hainburg. /

BORDUNMUSIKTAGE 2013

——————————————————— Do, 30. 5.–So, 2. 6. 2013 Schloss Zeillern, 3311 Zeillern Seminarleitung Norbert Suchy, Christian Blahous Anmeldung & Information Mag. Andreas Teufl Tel. 0664 8223963

——————————————————— Die Volkskultur Niederösterreich lädt herzlich zur traditionellen tanz&MUSIKwoche ein: heuer erstmals nach Hollenstein/Ybbs, in die Landwirtschaftliche Fachschule Unterleiten. Im Mittelpunkt steht die traditionelle österreichische, besonders die niederösterreichische Volksmusik: gespielt, getanzt, gesungen. Die tanz&MUSIKwoche richtet sich an alle Altersgruppen, an einzelne Musikanten, Tänzer und Sänger wie auch an Gruppen und Familien, die Volksmusik und Volkstänze erleben und erlernen möchten. In kleinen Gruppen lernen die Kursteilnehmer unterschiedliche Stile, Besetzungs- und Improvisationsformen kennen. Wer sich fundiert weiterbilden will, wird im Ensemblespiel und im Kleingruppensingen bestens versorgt. Speziell für die Jüngsten gibt es Kindertanz, Kinderspiel und Abenteuer. Die herausragende Qualität der Küche der Landwirtschaftlichen Fachschule Unterleiten und die herrliche Umgebung des oberen Ybbstals machen die tanz&MUSIKwoche schließlich zu einem Erlebnis für alle Sinne. Seminarleitung: Dorli Draxler Referenten: Birgit Glawischnig, 
Julia Lacherstorfer, 
Dieter Schickbichler, Gregor Narnhofer, Ernst Spirk, Petra Humpel, Andrea Lakinger, Franz Huber, Julia Schenkermayr, Martina Gebhard Tanzmusikant: Dominik Rapcic Kinderbetreuung: Barbara Kremslehner So, 7.–Sa, 13. 7. 2013 tanz&MUSIKwoche Fachschule Unterleiten 3343 Hollenstein/Ybbs, Dornleiten 1

http://bordunmusiktage.schoenfeldinger.at/

Anmeldung & Information Volkskultur Niederösterreich Tel. 02732 85015 23, 0664 8485352 birgit.bosch@volkskulturnoe.at

www.volkskulturnoe.at

www.volkskulturnoe.at

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013


Niederösterreichisches Volksliedarchiv / 20

Digitalisierung

AUS DER QUELLE SCHÖPFEN Das Niederösterreichische Volksliedarchiv ist ein gefragtes Archiv. In diesem Jahr setzt das Volksliedarchiv einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung der umfangreichen Handschriftensammlung.

„Guten Tag, könnten Sie mir eine Beschreibung der Kassetten K 12, K 212 und K 213 übermitteln?“ – „Für meine Forschungen bräuchte ich Scans folgender in Ihrem Archiv aufbewahrten, handschriftlich aufgezeichneten Volksliedern.“ – „Sie bewahren im Archiv die Gabler-Messe auf. Könnte ich davon eine PDF-Datei haben?“ – „Ich schreibe gerade an meiner Diplomarbeit und suche folgende Liedtexte und wenn möglich Noten dazu.“ – „Im nächsten Heft unseres Journals soll ein Artikel über Raimund Zoder und seine Volkstanzaufzeich-

nungen erscheinen. Haben Sie von Zoder bzw. von Volkstänzen alte Fotos?“ – „Ich suche Literatur zu meinem Maturaarbeitsthema über Volkstanz. Können Sie mir Tipps geben?“ – „Welche Osterbräuche gibt es speziell in Niederösterreich?“ – „Ich suche Anleitungen zum Stricken eines Herrentrachtenjankers.“ Das Niederösterreichische Volksliedarchiv, das von der Volkskultur Niederösterreich GmbH geführt wird, ist ein häufig angefragtes Archiv, wenn Menschen nach Volks-

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

liedern, Volkstanzaufzeichnungen, Volksmusiknoten oder nach Materialien zu den Themen Brauch oder Tracht suchen. Und normalerweise werden sie im ältesten Volksliedarchiv Österreichs, das seit 1905 ununterbrochen besteht, auch fündig. Wurden bis vor Kurzem die Anfragen noch vorwiegend per Post oder per Telefon an das Archiv gerichtet, stellt mittlerweile der Großteil der Archivbenutzer seine Anfragen per E-Mail, verbunden mit der Bitte, man möge die gesuchten Materialien elektronisch übermitteln.


Niederösterreichisches Volksliedarchiv / 21

Das analoge Archiv wird immer häufiger ...

Virtuelle Besucher Der virtuelle Archivbesucher ist die Regel geworden. Er will das Archiv von zuhause aus elektronisch nach von ihm selbst festgelegten Kriterien durchstöbern. Schon seit Juli 2002 sind Teile der Bestände des Niederösterreichischen Volksliedarchivs online abrufbar. Seit 2004 finden sich große Teile der Bestände des Verbundes der Volksliedwerke Österreichs und Südtirols in einer gemeinsamen Datenbank. Diese Datenbank wächst durch Retro-Verzeichnung von Altbeständen und durch Aufnahme der Neuzugänge nach wie vor. Ziel ist über die Bereitstellung von Metadaten einer Archivale hinaus deren Visualisierung, sodass der Benutzer nicht nur Daten über das Gesuchte erhält, sondern das Archivmaterial selbst digital einsehen kann.

Ein „papierenes Gedächtnis“ Damit aber solche modernen Recherchemethoden überhaupt in einem Archiv angewandt werden können, ist die Arbeit vieler engagierter Liebhaber und Pfleger des Volksliedes in der Vergangenheit Voraussetzung. Persönlichkeiten wie etwa Raimund Zoder (1882–1963), Georg Kotek (1889–1977), Karl Liebleitner (1858–1942) oder Karl Magnus Klier (1892–1966) haben neben vielen anderen Volksliedforschern nach den Quellen des Volksliedes gesucht und diese durch ihr unermüdliches Sammeln und Aufzeichnen entdeckt und erschlossen. Insgesamt beherbergt das Niederösterreichische Volksliedarchiv mittlerweile rund 28.000 handschriftlich aufgezeichnete Lieder, die neben dem Text auch oft die Singweise überliefern. Sprüche und Spiele ergänzen dieses reichhaltige Material. Dazu kommen rund 20.000 handschriftlich notierte Instrumentalstücke. Häufig sind die Aufzeichnungen datiert und lokalisiert,

ergänzt durch Angaben über die Gewährspersonen. Neben diesem historischen Hauptbestand an Archivalien ist das Volkliedarchiv im Besitz von rund 1.000 Volkstanzaufzeichnungen, 6.000 zum Teil historischen Fotografien und rund 2.000 Tonträgern und Feldforschungsaufnahmen. Als Handapparat für den Volksmusikforscher oder -interessenten steht eine rund 4.000 Werke zählende Spezialbibliothek zur Verfügung.

Dokumentationsstelle Das Niederösterreichische Volksliedarchiv hat die Aufgabe, das Volksmusikgeschehen in Niederösterreich zu dokumentieren. Was in der Vergangenheit hauptsächlich durch die Sammeltätigkeit und Aufzeichnung vor Ort erfolgte, wird heute durch gezielte Sammelstrategie und moderne Methoden der Feldforschung zu erreichen versucht. Die reichhaltige Tonträgersammlung ist einerseits ein Ergebnis des gegenwärtigen Dokumentierens. Zu dieser Sammlung gehören andererseits auch rund 1.100 lokal entstandene CD-Produktionen. Außerdem werden die Mitschnitte der vom ORF Niederösterreich wöchentlich produzierten Sendung „aufhOHRchen“ archiviert, die ebenfalls Teil der Tonträgersammlung sind. Das Niederösterreichische Volksliedarchiv wird seinem Auftrag gerecht, ein volksmusikalischer und volkskultureller Gedächtnisspeicher zu sein, der möglichst viele relevante Informationen bewahrt, überliefert und für den Benutzer aufbereitet.

Digitalisierung Im Jahr 2013 setzt das Volksliedarchiv einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung der umfangreichen Handschriftensammlung.

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... vom virtuellen Besucher genützt.

Im Zuge dessen werden ca. 40.000 Scans hergestellt und in der Datenbank der Volksliedwerke (www.volksmusikdatenbank.at) detailreich erschlossen. So kann der Benutzer via Internet nach Liedtexten, Textfragmenten, Liedanfängen oder Liedtiteln suchen und neben den Metadaten unmittelbar Einblick in einen Scan des Originals erhalten. Über die Bestellfunktion des VLWServers kann bei begründetem Bedarf eine Arbeitskopie angefordert werden. Das Niederösterreichische Volksliedarchiv ist ein offenes und für alle zugängliches Archiv. Einerseits ist das Team des Archivs darauf spezialisiert, die Anfragen der Benutzer bestmöglich zu beantworten, und andererseits sammelt, bewahrt und verzeichnet es das Archivgut, damit auch künftige Generationen Zugang zu den Quellen haben können. / Text: Peter Gretzel, Daniela Fuchs

INFORMATION

——————————————————— Wenn Sie Anfragen an uns stellen oder unser Archiv einmal besuchen möchten: NÖ Volksliedarchiv c/o NÖ Landesbibliothek 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1 Tel. 02742 9005-12878 Mobil 0664 8485386 archiv@volkskulturnoe.at www.volkskulturnoe.at Mag. Dr. Peter Gretzel, MAS, Archivleiter Mag. Daniela Fuchs, wissenschaftliche Mitarbeiterin Öffnungszeiten: Di–Do, 9.00–15.00 Uhr, bzw. nach Vereinbarung Teile der Bestände auf www.volksmusikdatenbank.at


Brandlhof / 22

Fronleichnam

dem himmel so nahe Fronleichnam ist eine Zurschaustellung der eucharistischen Gaben, aber auch all der Pracht der katholischen Kirche.

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… dem Allerheiligsten bereitet …

Grasteppich, Blumenteppich, Perserteppich – der Weg wird …

Der Himmel ist aufgespannt. Vor den Altären, auf Plätzen und Straßen sind die Perserteppiche ausgerollt, das Birkengrün ist geschnitten und das frische Gras auf den Straßen verstreut. Es duftet nach Sommer. Die schweren Pfingstrosen bringen viele Blütenblätter, für Veilchen und Gänseblümchen bedarf es Fleiß, der Löwenzahn zaubert Sonne in die Körbchen der Kinder. Am Fronleichnamstag, wenn der Priester die Monstranz in alle Himmelsrichtungen trägt, wenn die Erstkommunionkinder nochmals in ihre feinen Kleider und Anzüge schlüpfen, wenn Musikkapelle und Feuerwehr, Pfarrgemeinderat und Honoratioren, Vereine mit wehenden Fahnen, das Kirchenvolk und Schaulustige in festgelegter Formation durch den Ort ziehen, ist das Frühjahr in seiner schönsten Jugend. Aus den Fenstern blicken Muttergottesstatuen und Hirsche mit Hubertuskreuz, die Kerzen flackern im Wind, Blumenvasen balancieren auf den Fensterbrettern. Fronleichnam ist ein prunkvolles, barockes Fest. Hier trifft die katholische Kirche auf ein Volksfest. „Fronleichnam" kommt aus dem Alt- bzw. Mittelhochdeutschen und bedeutet „des Herrn (lebendiger) Leib“. Erst in der Neuzeit bekam das Wort „lichnam“ die Bedeutung von „lebloser Körper“. Gefeiert wird, dass Jesus am Gründonnerstag beim letzten Abendmahl seine bleibende Gegenwart in Brot und Wein verheißen hat, wo seine Jünger das Gedächtnis seines Todes und seiner Auferstehung feiern. Deswegen wird Fronleichnam auch an einem Donnerstag gefeiert. Der offizielle Titel des Festes lautet:

Hochfest des Leibes und Blutes Christi. Aus diesem Grund werden die Altarsakramente zur Schau gestellt, aber auch der Prunk der kirchlichen Gerätschaften und Gewänder. Seit dem 15. Jahrhundert sind mit dem Hochfest Prozessionen verbunden. Die Zünfte stellten ebenso die materiellen und geistigen Mittel zur Schaffung der kostbaren Monstranzen bereit. Um die Organisation kümmerten sich sogenannte Gottsleichnamszechen, wie Leopold Schmidt in der „Volkskunde für Niederösterreich“ schreibt. Ein weiterer Grund für die Etablierung des Fronleichnamsfestes war die wachsende Scheu vor der Kommunion. Die Ehrfurcht vor der Hostie war so groß, dass man kaum wagte, sie zu empfangen. Also wurde sie in kunstvoller Umrahmung zur Schau gestellt.

Katholische Demonstration Mit der Reformationsbewegung verloren sich einerseits vielerorts die prunkvollen Prozessionen. Andererseits bekam durch Martin Luther und die Reformation Fronleichnam den Charakter einer katholischen Machtdemonstration. In der Gegenreformation blühten die Zechen wieder auf – sie regelten auch, welche Zünfte und Verbände in welcher Reihung hinter dem Himmel marschierten. Die barocke Ausgestaltung des Festes ist bis heute lebendig. Ein Aufruf aus 1706 des Prediger Arpagaus lautet: „Jede Blum dann an eweren Kräntzlein, jeder Ehrenbau durch die Gassen und vor den Häusern, alles Gewand und was sonst Schönes jedes Haus

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… und die Erstkommunionkinder folgen.

hat, vor den Fenstern, alles Geläut in den Thürmen, alles Knallen auss den Büchsen, aller Thon der Trompeten, der Harffen, der Orgeln, der Violinen – alles gereicht zur Vermehrung der Heiligkeit seines Namens.“ Fronleichnam als sichtbares und im öffentlichen Raum zelebriertes Fest wurde auch von der Politik benutzt. Nicht nur die Habsburger nahmen dieses Fest zur Darstellung der Verbindung zwischen Kirche und Staat für sich ein, auch der Ständestaat versuchte mit Pomp dem „Roten Wien“ ein Kulturereignis entgegenzusetzen. Ist das Tedeum in der Kirche verklungen, werden die Muttergottesstatuen wieder auf ihre angestammten Plätze gestellt. Die Vereinsfahnen werden in Seidenpapier gelegt. Das Grün, das die Altäre schmückt, wird mit nach Hause genommen und soll Heim und Hof vor Unwetter schützen. Manche Blüten widersetzen sich hartnäckig der Straßenreinigung und leuchten noch Tage in Ritzen und Rinnsteinen. / Text: Mella Waldstein Fotos: Dieter Schewig

INFORMATION

——————————————————— Do, 30. 5. 2013, 8.00 Uhr Fronleichnam in Radlbrunn Schlusssegen im Brandlhof, anschließend Frühschoppen Tel. 02956 81222


Waldviertel / 24

Blasmusik

DAS BAND DER BLASMUSIK „Der böhmische Traum“ ist ein grenzüberschreitendes Fest der Trachtenkapelle Brand. Die Beziehungen zum Nachbarn begannen weit früher, als der Eiserne Vorhang die Länder trennte.

Treffen österreichischer und tschechoslowakischer Musiker in Litschau, 1974.

Wenn eine große Anzahl von Menschen verschiedener Länder sowie unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Altersgruppen gemeinsam ihre Leidenschaft ausüben und alle für Stunden dasselbe tun, fühlen und erleben, entsteht ein unvergleichliches Gefühl von Gemeinsamkeit. Aus dieser Idee heraus entstand durch eine gemeinsame Initiative von Andreas Schindl und Jürgen Uitz das Projekt „Der böhmische Traum“, ein grenzüberschreitendes Projekt, welches seit 2010 jährlich im Rahmen des Pfingstfestes von der Trachtenkapelle Brand durchgeführt wird. In Brand bei Gmünd treffen so viele Musiker

wie möglich aus jeder Musik- und Himmelsrichtung zusammen, um im Rahmen eines Großkonzerts den „Böhmischen Traum” sowie zahlreiche weitere musikalische Höhepunkte der Blasmusik gemeinsam erklingen zu lassen und sich so richtig wohl zu fühlen. Darüber hinaus versucht man, die traditionelle Blasmusik zu leben, Partnerschaften zu finden, Freundschaften zu schließen und im Rahmenprogramm auch kulturelle Aktivitäten wie die Pflege des volksmusikalischen Liedguts zu erhalten. Die Trachtenkapelle Brand möchte im Waldviertel – wie auch im angrenzenden Südböhmen – der weit ver-

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breiteten Begeisterung für die Blasmusik mit einer grenzüberschreitenden Liebeserklärung Ausdruck verleihen. Dabei soll speziell die Polka im Mittelpunkt stehen, neben dem Marsch die traditionellste Form der Blasmusik.

Ladislav Kubeš sen. Begonnen haben die österreichisch-südböhmischen Beziehungen aber schon viel früher. Schon während des Zweiten Weltkriegs musste seitens der Trachtenkapelle Brand öfters auf tschechische Aushilfsmusiker


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Kleines Ensemble der Trachtenkapelle Brand.

Ein tschechischer Kommissär (li.), der zur Überwachung auf ein Fest in der Feuerwehrhalle abgestellt war. Er wurde kurzerhand von einem der Musikanten den ganzen Tag „bearbeitet“, damit es sich die Musikanten aus Tschechien besser gehen lassen konnten.

zurückgegriffen werden, wodurch dann Kontakte zum weltberühmten Komponisten Ladislav Kubeš sen. geknüpft werden konnten. Diese Kontakte wurden in erster Linie vom späteren Kapellmeister Adolf Zeller hergestellt und begannen laut Überlieferungen im Jahre 1962. Der offizielle Beginn der Partnerschaft ist mit dem Jahr 1968 datiert, aus diesem Jahr gibt es eine Einladung von Adolf Zeller an Ladislav Kubeš sen., mit seiner Gruppe in Brand aufzutreten. Der oft mehrtägige Aufenthalt in Brand fand immer unter Aufsicht von Kommissären des kommunistischen Regimes statt, da ja Fluchtgefahr aufgrund des überschrittenen Eisernen Vorhangs bestand. Die tschechoslowakischen Musikanten wurden mit Waren des alltäglichen Bedarfs reichlich versorgt nach Hause geschickt. Eine Bedingung des Austauschs war außerdem, dass die Musikgruppe freie Kost und Logis bekam, gegen Gage durften die Musikanten im Ausland nicht auftreten.

Kommissäre hören mit Auch die Politik musste eingeschaltet werden, damit die Grenzen überwunden werden konnten: Einige Mitglieder der Trachtenkapelle mussten nach Hollabrunn ins Regionalbüro der Kommunistischen Partei pilgern und um ein Parteischreiben bitten, damit Kubeš sen. offiziell mit seiner Gruppe empfangen werden durfte. Dieses Schreiben ist heute noch in der Chronik der Trachtenkapelle Brand einsehbar und hebt den völkerverbindenden Charakter hervor. Der Kontakt zu Kubeš sen. hielt, wenn auch

Mitwirkende beim „Böhmischen Traum“ 2012.

weniger intensiv, bis zu seinem Tode 1998. Die noch heute in der Trachtenkapelle Brand vertretenen Musiker August Anibas, Othmar Macho, Robert Illetschko, Othmar Langegger, Franz Macho und Rupert Trisko sind lebende Zeitzeugen dieser Ära und haben nach einer sonntäglichen Probe bei einem guten Gläschen Wein eine Geschichte aus längst vergangenen Tagen parat. Eine Folge der guten Beziehungen zu Kubeš sen. war, dass die Trachtenkapelle Brand mit ungefähr 150 handgeschriebenen OriginalKompositionen von Kubeš sen. versorgt und damit auf dem Gebiet der böhmischen Unterhaltungsmusik im Bezirk führend wurde. Diese Noten werden heute noch mehrheitlich auf den dargebotenen Frühschoppen, so auch beim „Böhmischen Traum“ teilweise auch mit mehrstimmigen Gesang wiedergegeben, am Leben erhalten und gepflegt. Durch die Bewahrung dieser Tradition sind viele alte Stücke, die damals schon trotz Eisernen Vorhangs im ländlichen Raum von Südböhmen und im Waldviertel bekannt waren, auch bis heute im Bewusstsein verankert. Dies liegt auch daran, dass Ladislav Kubeš sen. in seinen über 400 Kompositionen stets seine tief verwurzelte Liebe zur Heimat zum Ausdruck brachte und sehr volksnahe Texte verwendete. Ein Frühschoppen in Tschechien ist wie ein Konzert voller alter Volksweisen – die Bevölkerung kann nahezu alles mitsingen. Ähnlich ist es mit dem noch jungen Stück „Böhmischer Traum“ von Norbert Gälle, dass nicht zuletzt auch durch das Festival in Brand in der Umgebung allen Menschen

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bekannt ist und einen hohen Wiedererkennungswert hat. Dies hat zwangsläufig zur Identifizierung der Bevölkerung mit dem Grundgedanken der Veranstaltung „Böhmischer Traum“ geführt und den Alltag der Bevölkerung in Brand positiv beeinflusst. So wurde auch wieder der Kontakt zu Ladislav Kubeš jun. gesucht, der durch Andreas Schindl hergestellt wurde. Beim ersten Anruf im Jahre 2009 sagte dieser nur, dass er aus Brand anrufe. Die Antwort kam postwendend: „Brand bei Gmünd? Ich komme.“ Ladislav Kubeš jun. pflegt die südböhmische Polka (südböhmische Polka = langsam, mährische Polka = schnell) im Sinne seines Vaters weiter und ist mit seiner Gruppe „Veselka“ seit Beginn des Festivals 2010 Schirmherr und jedes Jahr zu Gast. Dieses grenzüberschreitende Projekt liefert den Beweis, dass Musik ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugt, keine Grenzen und Generationskonflikte kennt und nur mit Respekt vor der Tradition und den Menschen, die dahinterstehen, verwirklicht werden kann. / Text: Andreas Teufl

Fotos: Archiv der Trachtenkapelle Brand

der BÖHMISCHE TRAUM 4.0

——————————————————— Fr, 17. 5.–So, 19. 5. 2013 3873 Brand 102, Festplatz Jürgen Uitz, Tel. 0664 5378730 anmeldung@derboehmischetraum.at www.derboehmischetraum.at


Mostviertel / 26

Stammtischmusi Wieselburg

Tanz auf der Schallaburg

neue volksmusik

polka & tempeltanz

Die Stammtischmusi Wieselburg präsentiert ihre neue CD mit neuer Volksmusik aus dem Mostviertel.

Volkstanzfest auf der Schallaburg – Indische Tempeltänze inklusive.

Im Mai präsentiert die Stammtischmusi Wieselburg ihre neue, von der Volkskultur Niederösterreich herausgegebene CD mit dem Titel „Neue Volksmusik aus dem Mostviertel“. Das Album bietet ein breites Spektrum an neu komponierten Volksmusikstücken aus dem Raum Wieselburg und zeigt in wunderbarer Weise die lebendige Volksmusikszene im Mostviertel. Seit 1997 spielt die Stammtischmusi Wieselburg mit Johannes Distelberger (Flügelhorn), Günther Cserveny (Flügelhorn), Manuel Schachinger (Tenorhorn), Anton Huber (Tuba) und Petra Humpel (Steirische Harmonika) schwungvolle, unverstärkte Volksmusik im Wirtshaus, bei Festen, in Konzerten oder am Tanzboden. Neben traditionellen alpenländischen Volksmelodien widmet sich das Ensemble verstärkt neuen Kompositionen aus dem Mostviertel. Viele Stücke stammen aus der Feder von Johannes Distelberger und Günther Cserveny. Im Repertoire finden sich aber auch viele Werke ehemaliger Gruppenmitglieder wie Helmut Gutleder, Robert Zahnt oder Berthold Eppensteiner. Auf der neuen CD sind auch Stücke von Herbert Reisinger und Sepp Schagerl zu hören. Viele Jahre spielte auch Elfi Pernkopf an der Harfe bei dem Ensemble mit. Die Musikschule Wieselburg lädt am 23. Mai 2013 zur CD-Präsentation in den Konzertsaal ein. Die CD ist an diesem Abend zum Subskriptionspreis von EUR 15,00 (statt EUR 18,00) erhältlich. /

Die Volkstanzgruppe Loosdorf lädt erstmals zum Tanzfest ins Renaissanceschloss Schallaburg ein. Aufgespielt wird im großen Festsaal von der „Tanzlmusik Kaiserspitz“. Auf dem Programm stehen zahlreiche traditionelle regionale sowie bekannte österreichische und auch internationale Volkstänze. Um eine Brücke zur aktuellen Ausstellung „Das Indien der Maharadschas“ zu schlagen, lud Obmann Friedrich Müllner die indische Tänzerin Bhakti Devi ein. Sie leitet die indische Tanzschule Bharatnatyam in Wien und wird in der Pause Tempeltänze zeigen. Die einzelnen Tanzfiguren werden vor dem Tanz erklärt, sodass die Zuseher leichter in die spirituelle Welt der Tempeltänze eintauchen können. Die Volkstänzer hören in einer weiteren Tanzpause die Klänge des Blechbläser-Ensembles „Omnio Brasso“ im Arkadenhof der Schallaburg. Die Volkstänzer können an diesem Tag auch die Ausstellung „Das Indien der Maharadschas“ bei einem ermäßigten Eintritt besuchen. Noch ein Tipp: Vor dem Besuch dieser Tanzveranstaltung empfiehlt sich auch ein Streifzug durch den Garten. / Foto: Tanzschule Bhakti Devi

TANZ AUF DER SCHALLABURG

NEUE VOLSKMUSIK AUS DEM MOSTIVERTEL

———————————————————————————————— Do, 23. 5. 2013, 20.00 Uhr CD-Präsentation Musikschule Wieselburg 3250 Wieselburg, Weinzierlweg 22 Tel. 07416 53880 (Dir. Johannes Distelberger)

———————————————————————————————— Sa, 25. 5. 2013, 18.00 Uhr
 Tanz auf der Schallaburg Renaissanceschloss Schallaburg, 3382 Schallaburg 1
 18,00 Euro Veranstalter: Volkstanzgruppe Loosdorf http://volkstanzgruppe-loosdorf.at.tf www.schallaburg.at

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Mostviertel / 27

Handwerk

Streichen & ZIEHEN Der Abbau und das Zurichten der Wetzsteine sind in Sonntagberg nicht in Vergessenheit geraten.

steine, Steinplatten und auch den berühmten „Sonntagberger Wetzstein“ aus dem Berg zu brechen. Mit geringen technischen Hilfsmitteln wurden bis zu 100 Meter lange Stollen in den Berg getrieben und das Rohmaterial zu Tage gefördert. In diesen zum Teil sehr geräumigen untertägigen Abbau wurden Schleifsteine bis zu zwei Meter Durchmesser und 30 Zentimeter Stärke gebrochen und roh zugehauen. Die Stollen, in denen das Rohmaterial für die Wetzsteine gewonnen wurde, sind zum Teil heute noch aufzufinden. Vor allem oberhalb des Hauses „Stölln“ ist noch ein Stollen zugänglich und zeigt sehr schön die für die Wetzsteinerzeugung abgebauten Schichten. Eine Gruppe junger Burschen aus der Gemeinde Sonntagberg, allen voran Konrad Zöttl, angeregt durch seinen Großvater Alois Hörlesberger, wollten nicht, dass das Wetzsteinmachen völlig in Vergessenheit gerät. So haben sie die überwachsenen Stollen erforscht und bei Alois Hörlsberger das Handwerk gelernt. Sie stellen pro Jahr an die 100 Stück her, die sie bei Festen und Wandertagen verkaufen.

Wetzsteine im Kuhhorn, hergestellt von Konrad Zöttl und Alois Hörlesberger.

Die Alten können es noch. Den Griff zum Kumpf, ein mit Wasser gefülltes Kuhhorn, in dem der Wetzstein steckt, und das Abziehen des Sensenblatts. Erfahrene Sensenmäher sagen, dass beim Wetzen das Sensenblatt musikalisch gestrichen werden muss. In den Eisenwurzen, wo in Hammerwerken Sicheln und Sensen in großer Zahl hergestellt wurden, gab es auch den entsprechenden Wetzstein. Abgebaut am Südwesthang des Sonntagberges wurde das Wetzsteinbrechen und Zurichten in kleinen Bauernwirtschaften betrieben. Der Boden ist karg und wenig ertragreich. Gräben, kleine Wald-

stücke, Wiesen, Weiden und kleine Felder prägen die Landschaft. Das Einkommen der Bauern war gering. Damit man die Arbeitskräfte, die im Sommer zur Heu und Getreideernte notwendig waren, auch in der arbeitsschwächeren Zeit am Hof halten konnte, hat man mit der Anlage von Steinbrüchen begonnen.

Sonntagberger Vorkommen Durch das Vorkommen einer SandsteinSchiefer-Ader, die durch den Sonntagberg verläuft, hat man um 1880 begonnen, verschiedene Arten von Steinen wie Mauer-

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Die Wetzsteine wurden aus Steinplatten, in der richtigen Stärke, mit einem sogenannten „Zwicker“ als Rohling hergestellt. Anschließend wurde in der Schleiferei, die am Bach mit einem Wasserrad angetrieben wurde, der Wetzstein fertiggestellt. Die Wetzsteine waren sehr gefragt und fanden guten Absatz. Mit den Sensen und Sicheln – Erzeugnisse aus den Schmieden in den Eisenwurzen – konnte der Wetzstein mitgeliefert werden. Die Produkte der Hammerwerke wurden sogar bis auf den Balkan geliefert; somit wurde auch der Wetzstein über die Grenzen bekannt. Die Erzeugung wurde um 1920 eingestellt. Mit der Erfindung des Carborundums – eines künstlich hergestellten, sehr beständigen Siliziumcarbids – kamen Wetzsteine auf den Markt, die preislich günstiger sind. / Foto: Gerhard Hofer


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Von Farben und Fäden

VON DER AUSTRIA-SPITZE BIS ZUR ZISTEL Seit vielen Jahren ein Klassiker der Volkskultur Niederösterreich: die Werkwoche „Von Farben und Fäden“ in Schloss Ottenschlag. Das „Schaufenster Kultur.Region“ stellt Handwerkstechniken vor.

und Anfänger beginnen mit zwei Paar Klöppeln, wobei dann auf sechs Paar erweitert wird. Im Gegensatz zum Stricken „kann man nicht so dahinklöppeln“, so Frau Winkler. „Dafür werden beim Klöppeln beide Hirnhälften trainiert.“

Ohio Star Österreichisches trifft Amerikanisches. Einerseits bieten die Kursleiterinnen das Nähen von Alltagsdirndln, andererseits von Quilten an. Das Wort Quilt bezieht sich auf das Zusammensteppen von drei Stofflagen – des Patchwork-Oberstoffes, des Unterstoffes und des Vlieses in der Mitte.

Klöppelvorführung im „Lebenden Museum“ Kautzen. Foto: Barbara Krobath

„Heute brauchen wir nicht mehr davon zu leben“, sagt Leopoldine Winkler, Klöpplerin und Kursleiterin in Ottenschlag, „deswegen können wir die Zeit dafür aufwenden, die Spitze weiterzuentwickeln.“ Die Spitze war lange Zeit ein Luxusgut. „Doch mit der Erfindung der Spitzenfabrikationsmaschine verfielen die Preise. Man förderte vielerorts die Erzeugung von Handspitzen, wobei hauptsächlich ausländische Spitzen imitiert wurden“, schreibt Leopoldine Winkler in ihrem Buch „Austria-Spitze“. Mit der Gründung einer Kunststickereischule 1874 in Wien und den Entwürfen des Textilzeich-

ners Josef von Storck entstand eine eigenständige Richtung des Klöppelns – die Spitze des Wiener Jugendstils, die als Austria-Spitze bekannt wurde. Für die Werkwoche in Ottenschlag hat Leopoldine Winkler, die die Austria-Spitze erforscht und dokumentiert hat sowie Spitzenmuster entwirft und sie in den so genannten „Klöppelbriefen“ aufzeichnet, ein neues Muster entworfen: die Ginkoblätter. Das System des Klöppelns ist das Drehen und Kreuzen der Fäden, um diese „Schläge“ zu Mustern zu verbinden. Anfängerinnen

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Die Technik kam aus China und die Kreuzfahrer nahmen sie mit nach Europa. Ein besonders kalter Winter im 14. Jahrhundert förderte in England die Nachfrage nach gequilteten Textilien. Mit den Auswanderern gelangten diese warmen Decken in die Neue Welt. Die Patchwork-Technik ist aus der Not heraus entstanden. Die Siedlerfrauen verarbeiten Stoffreste von abgetragener Kleidung, einerseits sparsam, anderseits reich an Erinnerungen. Bald schon übernahm das Quilten eine soziale Funktion. Bei Quilting Bees trafen sich die Siedlerfrauen, befreiten sich aus ihrer Isolation und tauschten Neuigkeiten und Erfahrungen aus. Sie fügten gemeinsam die vorbereiteten Patches mit emsigen Stichen zu einem Quilt zusammen, der dann als Bettüberwurf, Decke oder Wandbehang diente. Muster und Farbigkeit sind je nach Landstrich, Umgebung, Lebensstil und Reli-


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Sepp Wahlmüller und Kursteilnehmerinnen beim Korbflechten in Ottenschlag. Foto: Volkskultur Niederösterreich

gion unterschiedlich. Da gibt es z. B. Ohio Stars, Broken Dishes oder den Amish Diamont. Bekannt sind die Amish People für ihre besonders gut verarbeiteten Quilte.

Klosterarbeiten Der Ursprung der Klosterarbeit geht ins Mittelalter zurück. Klosterarbeiten entstanden aus einer tiefen Volksfrömmigkeit heraus und den Wunsch, diese in einer künstlerischen Arbeit auszudrücken. Für die Präsentation von Reliquien erreichte die Kunst der Klosterarbeiten ihren Höhepunkt. Viele Klöster haben sich mit dem Verkauf von Klosterarbeiten etwas zum Lebensunterhalt dazuverdient. Vor allem Nonnen waren für die Herstellung dieser Kostbarkeiten verantwortlich. Besonders Wallfahrer brachten gerne eine der „schönen Arbeiten“ mit nach Hause. Im 18. Jahrhundert wurde die Klosterarbeit zur religiösen Volkskunst. In dieser Zeit wurden die Klosterarbeiten schon als frommer Zimmerschmuck angesehen. In Ottenschlag können Papierkrippen, Dresdner Christbaumschmuck, Wachskindl und Chenilleblumen hergestellt werden.

Simperl & Zistel Brot wurde nur alle paar Wochen gebacken und war aus Roggenmehl. Roggenbrot hält sich über Monate. Außerdem ist Roggen ein genügsames Getreide, verträgt raues Klima und Trockenheit. Aber nicht nur das Brot,

auch die Körbe, in denen der Brotlaib seine Form bekommt, bevor es in den Ofen eingeschoben wird, sind aus Roggenstroh. Für uns ist das Simperl vor allem die Erinnerung ans traditionelle bäuerliche Brotbacken. Dazu nimmt Sepp Wahlmüller geschnittenes und nicht gedroschenes Roggenstroh. Fürs Flechten wird das Stroh angefeuchtet. Damit die Strohbüschel gleich stark sind, führt er sie durch ein kurzes Kupferrohr. Mit Weidenruten, die auf eine Dicke von drei Millimeter geschält werden, wird das Stroh alle paar Zentimeter abgebunden und mit der unteren Reihe verflochten.

Eine Frau präsentiert einen Quilt, New Mexico, 1940. Foto: Russell Lee/US Libary of Congress

Zistelflechten. Foto: Gregor Semrad

WERKWOCHE

Sepp Wahlmüller ist einer der wenigen Korbflechter, der auch einen für die Wachau typischen Korb herzustellen weiß. Er ist schmal und läuft unten spitz zusammen. In der Wachau wird dieser Korb Zistel genannt. Zisteln können nicht stehen. Dass müssen sie auch gar nicht. Denn sie sind dazu da, Marillen zu ernten. Die Zistel wird mit einem Hacken an einen Ast gehängt. Und wenn der Korb voll ist, lässt man ihn gefüllt mit der schmackhaften Fuhr an einer Schnur hinuntergleiten. Durch den spitz zulaufenden Boden verhängt sich die Zistel nicht im Geäst des Obstbaumes und die Marillen gelangen gefahrlos unten an, wo sie in Kisten geschlichtet werden. Durch den konischen Verlauf der Zistel liegt auf den unteren Marillen wenig Gewicht. Dadurch wird das druckempfindliche Obst geschont. /

——————————————————— 7.–13. 7. 2013 Von Farben und Fäden 2013

Text: Mella Waldstein

Folder zum Download: www.volkskulturnoe.at

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Schloss Ottenschlag, 3631 Ottenschlag Hauptgruppen: Klosterarbeiten, Metzgertasche, Klöppeln, Macrameespitze, Nähen, Patchwork, Filzen Zusatzangebote: Modeldruck, Kleistertechniken, Korbflechten, Brotsimperl-Binden, Wurzelkrippen, Perlenschmuck, Zwirnknöpfe, Gebildbrotbacken, Seifensieden Kinderbetreuung „Kreatives Gestalten“ Anmeldeschluss: Mi, 29. 5. 2013 Haus der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015-12 karin.gerstbauer@volkskulturnoe.at


Museumsdorf Niedersulz / 30

Ausstellung

AUS DEM NÄHKÄSTCHEN GEPLAUDERT Die textile Ausstellung „Altes & Neues aus dem Nähkorb“ im Museumsdorf beleuchtet die häusliche Handarbeitstätigkeit zwischen „Müssen“ und „Wollen“.

Die Ausnahm-Küche im Hörersdorfer Hof.

„Nadel und Faden“ waren schon seit Menschenbeginn die Werkzeuge der Frauen. Obwohl sich die Beweggründe und Motivationen im Verlauf der Jahrtausende geändert haben, war die Handarbeit mit textilen Materialien im häuslichen Verband primär eine Domäne der Weiblichkeit. Soziale

Geschlechteridentität und stereotype Rollenerwartungen sind und waren eng mit dem Thema der textilen Handarbeit konnotiert. Generationen von Frauen gaben ihr tradiertes Know-How in Bezug auf die Herstellung von Textilien aller Art weiter. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts und dem

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Beginn der Industriellen Revolution war man auf die „handgefertigte“, oft häusliche Herstellung textiler Produkte angewiesen. Spinnen, Weben, Nähen, Stopfen und Sticken waren notwendiger Teil der häuslichen Arbeit und des Aufgabenspektrums der Frauen.


Museumsdorf Niedersulz / 31

Klöppelrolle, Klöppelkissen oder Klöppelsack.

„Textile Revolution“ und „Hohe Werte“ Erst mit der Erfindung der „Spinning Jenny“, der ersten Spinnmaschine, im Jahre 1764 durch den Engländer James Hargreaves und dem ersten mechanischen Webstuhl des Londoner Pfarrers Edmond Cartwright 20 Jahre später begann der Bedeutungs- und Wertewandel im Zuge der technologischen Revolution auf dem Textilsektor. Die Tage der „Heimindustrie“ waren gezählt – mit den großen, dampfbetriebenen Maschinen und der damit verbundenen kostengünstigen Produktionssteigerung konnte man nicht mehr Schritt halten. Besonders im 19. und auch noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch war das ideale Image und Sittenbild der tugendhaften, zukünftigen Ehefrau oder „höheren Tochter“ untrennbar mit der Metapher der nähenden, daheim sitzenden Weiblichkeit verbunden. So räumt beispielsweise der deutsche Dichter und Schriftsteller Theodor Fontane in seinem 1896 erschienenen Gesellschaftsroman „Effi Briest“ dem Nähkästchen der Titelfigur und Protagonistin Effi Briest eine zentrale Bedeutung ein, denn eben genau dort findet Baron von Innstetten, der ältliche Ehemann Effis, das Corpus Delicti, die versteckten Liebesbriefe einer flüchtigen, „verjährten“ Liebschaft und den Beweis zum Ehebruch mit einem Offizier. Die Geschichte Effis endet dramatisch: Der einstige Liebhaber wird im Duell vom

Baron erschossen, Effi verstoßen und der Umgang mit ihrer Tochter verwehrt. „Der Frauen edelster Beruf Zu dem sie Gott der Herr erschuf Ist in dem Hause still zu walten Und Fleiss und Ordnung zu erhalten.“ (Spruch von gestickten Zierleisten in einem Aussteuerschrank) Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war es durchaus Usus, für die jungen, noch unverheirateten Mädchen eine Aussteuer (auch Mitgift oder Heiratsgut) zusammenzustellen, also jene Güter, die die Braut bei der Heirat in die Ehe mitbringt. Meist umfasste diese Aussteuer hochwertig gearbeitete Heimtextilien aller Art – Bettzeug, Tischwäsche, Handtücher und ähnliches –, die entweder von den jungen Damen selbst oder gemeinsam mit weiblichen Verwandten in oft jahrelanger, akribischer Handarbeit in der vorehelichen Zeit hergestellt wurden. Großteils hat diese Tradition der Mitgift in den letzten 50 Jahren zunehmend an Bedeutung verloren und damit auch die mit ihr verbundene Handarbeit. Ein weiteres, fast kurioses Phänomen war im deutschen Recht das sogenannte Nadelgeld: ein Geldbetrag, den der Ehemann seiner Frau in kontinuierlichen Abständen übergab. Die Hausfrau konnte über dieses Geld frei verfügen und für persönliche Zwecke wie Kleidung etc. ausgeben.

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Geklöppelte Spitzenkunst von Frau Kiessling.

Imagewandel der Handarbeit Im neuen Jahrtausend bekam die traditionelle Handarbeit eine Neuorientierung in ihrer Symbolik und Sinnhaftigkeit im Gegensatz zum archetypischen Bild der weiblichen, zweckgebundenen Handarbeit. In Houston, Texas, etwa gründete Magda Sayeg 2005 die Initiative „Knitta, Please!“, bei der Objekte des urbanen Raums wie Parkuhren, Laternenmasten, Telefonzellen, Schilder, Bäume etc. mit handgefertigten, bunten Strickteilen umwickelt werden. Diese und andere „Crafting“-Bewegungen“, bei denen die „Do it yourself “-Idee im Vordergrund steht, haben die moderne Handarbeit um einen zusätzlichen Aspekt erweitert: Es geht nicht nur um den bloßen Produktionsakt, sondern vielmehr um die Demonstration von Lebenseinstellungen. Man möchte einerseits ein „back to the roots“ vergangener Werte wieder erleben; andererseits geht es bei diesen kreativen Handarbeitsinitiativen und seinen zum großen Teil weiblichen Akteuren um sozialpolitische Statements. Kapitalismus- und Konsumkritik, Globalisierungsboykott, Fair-Trade-Philosophien und ein neuer Feminismus sind nur einige der Schlagworte dieser aktuellen „Woll-Revolution“. Vor allem in Großstädten entstehen in den letzten Jahren immer mehr Nähcafes, Strick-Lounges, Handarbeitscercle und „eingestrickte“ Street-Art-Initiativen. Auch in Wien lassen die „Strickistinnen“ immer wieder von sich hören, die den urbanen Bereich strickend bunter machen.


Brandlhof / 32

em Handtuch, kleinem Handtuch und Waschlappen, Tischtücher mit kleinen und großen Servietten und Frühstückstischtücher u. v. m. Auf eines ist Frau Kiessling dabei ganz besonders stolz: In mittlerweile 50 Jahren Ehe musste sie noch kein Stück dieser Gebrauchstextilien nachkaufen! Die textile Ausstellung „Altes & Neues aus dem Nähkorb“ 2013 im Museumsdorf beleuchtet die häusliche Handarbeitstätigkeit zwischen „Müssen“ und „Wollen“. Denn oft waren Nähen, Stricken, Sticken, Stopfen und Flicken für die Hausfrau mehr Pflicht als Vergnügen oder Freizeitbeschäftigung. Vielmehr waren sie unverzichtbarer und unabdingbarer Teil des Alltags. Nicht selten musste aus etwas „Altem“ oder „Aufgetragenem“ etwas „Neues“ gemacht werden. Für Handarbeiten, die zum „Schmuck“ oder „Zier“ dienten, war für die einfache Bevölkerung nur selten Zeit. Maria-Theresia Kiessling hat, basierend auf ihrer jahrzehntelangen Sammler- und Handarbeitstätigkeit, für die Ausstellung ein interessantes Potpourri mit einigen textilen Raritäten und „Gustostückerln“ zusammengestellt. An bestimmten Terminen werden alte, bereits in Vergessenheit geratene Handarbeits-Techniken wie beispielsweise Stickund Klöppelvorführungen gezeigt, bei denen Maria-Theresia Kiessling auch aus ihrem „Nähkästchen“ plaudert … / Text: Freya Martin Fotos: Museumsdorf Niedersulz Textilexpertin Maria-Theresia Kiessling.

„Altes & Neues aus dem Nähkorb“ So lautet der Titel der diesjährigen textilen Sonderausstellung im Museumsdorf Niedersulz. Textile Handarbeit hat im Museumsdorf eine lange Tradition, denn bereits seit rund 20 Jahren wirkt, werkt und betreut Maria-Theresia Kiessling, unterstützt von ihrem Ehemann Johann Kiessling, den textilen Fundus des Museumsdorfes. Als Besucher des Museumsdorfes Ende der 1970er Jahre hat alles begonnen, danach folgten erste Tätigkeiten im Museumsdorf wie die Bestandsaufnahme und Inventarisierung der vorhandenen Sammlung, 2002 dann die

erste Ausstellung im Hörersdorfer Hof mit dem Titel „Knopf und Kragen“. Die im Weinviertel geborene Textilexpertin, die bereits von frühester Jugend an durch Mutter und Großmutter in die „hohen Geheimnisse“ der Handarbeit eingeweiht wurde und seit mehr als 60 Jahren „Textiliensammlerin“ ist, beherrscht ihr Handwerk mit Passion und Herz. Im Gespräch erzählt sie, dass sie bereits als 13-Jährige mit ihrer eigenen Aussteuer begonnen hat, indem sie ihre erste Bettgarnitur genäht hat. Es folgten weiters Deckenkappen für sommerliche Steppdecken, Küchenhandtücher, Geschirrtücher, Handtüchergarnituren mit Badetuch, groß-

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ALTES & NEUES AUS DEM NÄHKORB

——————————————————— Ab So, 12. 5. bis Fr, 1. 11. 2013 täglich 9.30–18.00 Uhr Hörersdorfer Hof Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz 250 Tel. 02534 333 info@museumsdorf.at www.museumsdorf.at



Niederösterreichische Landesausstellung 2013 / 34

Brot & Wein

MEHR ALS LEBENSMITTEL 8.000 Jahre spannende Kulturgeschichte werden mit der Niederösterreichischen Landesausstellung 2013 unter dem Titel „Brot & Wein“ lebendig.

Ein rekonstruiertes jungsteinzeitliches Langhaus und eine Brotbackhütte
am Freigelände des Museums für Ur- und Frühgeschichte, Asparn/Zaya.

In Asparn an der Zaya wird die Geschichte des Brotes aufgeschnitten und in Poysdorf die des Rebensaftes eingeschenkt. Noch nie wurden diese beiden Themen derart umfassend dargestellt und mit modernsten Methoden der Ausstellungsgestaltung zusammengeführt. Mit 600 aussagekräftigen Exponaten von insgesamt 130 Leihgebern im Urgeschichtemuseum Niederösterreich in Asparn an der Zaya sowie im architektonisch beeindruckenden Ausstellungsgelände der Weinstadt Poysdorf werden Brot und Wein mit zahlreichen interaktiven Stationen in Szene gesetzt. QR-Codes, ein „Ich über mich“-

Album und ein Ausstellungsbegleiter bieten zusammen mit den Kulturvermittlern und dreisprachigen Raumtexten (D/E/CZ) eine optimale Begleitung durch die Schau.

Asparn/Zaya – Steinzeitarchitektur und Zukunftsmusik Ein moderner Panoramalift, der einen einmaligen Blick über das Freigelände eröffnet, bringt die Besucher zum Ausgangspunkt: Im Dachgeschoss startet die Ausstellung in einem Supermarkt. Über die Bedienung eines Barcode-Scanners wird deutlich, dass das

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„Neuromarketing“ mit den Instinkten der einstigen Jäger und Sammlerinnen arbeitet. Sogleich wechselt man an einen bedeutenden Punkt der Geschichte, der auch den Anfang der Siedlungen in Niederösterreich markierte. Die „Neolithische Revolution“ machte den Menschen sesshaft. Mit dem Anbau von Getreide gelangte das Brot auf den Speiseplan des Menschen, das in der Region des heutigen Weinviertels nachweislich bereits vor 8.000 Jahren gebacken wurde. In einem originalgetreu rekonstruierten Ofen im Freibereich wird dieses Brotbacken auch den Gästen der Landesschau möglich sein.


Niederösterreichische Landesausstellung 2013 / 35

tags um 13.30 Uhr an beiden Standorten zu Experimenten für alle Sinne ein. Im „Brotlabor“ in Asparn an der Zaya wird geknetet, gefühlt, gerochen und geschmeckt. In der „Genusswerkstatt“ in Poysdorf wird der Geschmackssinn bis hin zur Sinnestäuschung ausführlich getestet.

Ein dorfähnliches Ensemble mit Schauweingarten, Presshäusern und Schmiede am Ausstellungsgelände in Poysdorf.

Die religiösen Aspekte des Brotes werden über die Jahrtausende genauso beleuchtet wie der Berufsstand der Bäcker und Müller, die Zusammenhänge von Brot, Brei, Wein und Bier oder die Geschichte des Pfluges. Historische Ereignisse wie das „Massaker von Schletz“ in der Jungsteinzeit belegen erste bewaffnete Konflikte um die Nahrungsmittelversorgung bis hin zu den Kriegen im vergangenen Jahrhundert, in denen Brot und vor allem der Entzug von Brot zum Kampfmittel wurde. Voller Widersprüche zeigt sich die Darstellung des Lebensmittels „Brot“ im 21. Jahrhundert. Eine neue Genusskultur rund um Biolebensmittel steht den mächtigen Diskontern gegenüber. Nahrungsmittelkonzerne designen die Superfrucht, während die historische Sortenvielfalt eine Renaissance erlebt. Genfood und Wasserknappheit, Bioenergie versus Nahrung, der Lebensmittelüberschuss und Hungersnöte werfen weitere Schlaglichter.

Poysdorf – Weinidylle und Geschmackserlebnis Als Zar Alexander I. von Russland auf dem Weg zum Wiener Kongress 1814 in Poysdorf Station machte, schmeckte ihm der hiesige Wein so gut, dass er sich diesen fortan an den Zarenhof liefern ließ. Kein Ort eignet sich also besser als die Weinstadt Poysdorf, um die ebenfalls 8.000-jährige Kulturgeschichte des Weins in all ihren Facetten zu beleuchten. Ausgangspunkt der Ausstellung ist die Festhalle mit einer vielsprachig gestalteten Fassade. Im Inneren stimmt die Festhalle mit einer Reihe von interaktiven Stationen für alle

Sinne auf das Thema ein. Sie erzählt über Weinlandschaften in Mitteleuropa, über Wein in Film, Musik oder Literatur. Eine interaktive Wahrnehmungsstation thematisiert die Folgen des Alkoholmissbrauchs. Ein Innenhof mit „Wein-Hüter“, einem Traubendach und einer Station über die Herausforderungen im Weinbau empfängt die Gäste. Ein ausgebauter Keller führt dann in das ehemalige Bürgerspital. Hier wird nun die Geschichte des Rebensaftes chronologisch aufgerollt. Ein Weinetikett aus der ägyptischen Hochkultur thematisiert die Anfänge des Weinanbaus. Trinkgefäße aus griechischer und römischer Zeit zeigen, dass nicht nur die Eliten, sondern auch das Volk Wein trank. Im Mittelalter wurde die Kultivierung des Rebensaftes zur klösterlichen Domäne. In noch nie dagewesener Breite beleuchtet die Ausstellung die Geschichte des Weins anhand der Habsburger durch Renaissance, Barock und Biedermeier. Die verwirrende Vielfalt an Spezialweingläsern am Wiener Hof legt davon Zeugnis ab. Eine Installation über Weinkultur im 21. Jahrhundert führt schließlich unmittelbar in die Gegenwart.

Der andere Blick Auch in Poysdorf rundet ein Freibereich das Ausstellungserlebnis ab. Ein dorfähnliches Ensemble mit Schauweingarten, Presshäusern und Schmiede lädt zum Entdecken und verweilen ein. Unter dem Titel „Brot – Der andere Blick“ und „Wein – Der andere Blick“ lädt die Landesausstellung sonn- und feier-

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Neben den Ausstellungsstandorten Asparn an der Zaya und Poysdorf sind Schloss Wolkersdorf, das MuseumsZentrum Mistelbach, die Thermenstadt Laa an der Thaya, das Museumsdorf Niedersulz und das Regionalmuseum in Mikulov/Nikolsburg Partner der Niederösterreichischen Landesausstellung. Sie bieten neben einem thematisch passenden Programm auch Ermäßigungen mit dem Landesausstellungsticket an. Im Weinviertel wird die Verbindung von Kultur, Genuss und Lebensfreude besonders spürbar: Ausgelassene Feiern, Weinfeste oder die Veranstaltungsreihe „Tafeln im Weinviertel“ erwarten die Gäste. 138 Betriebe – unter ihnen Bäcker, Gasthöfe, Direktvermarkter, Gastronomiebetriebe und Winzer – haben sich zu „Regionspartnern Weinviertel“ zusammengeschlossen. Die Weinstraße Weinviertel führt auf 400 erlebnisreichen Kilometern durch malerisches, sanft hügeliges Gelände und idyllische Weingärten, vorbei an stimmungsvollen Kellergassen, Weingasthöfen und Heurigen, die zur Einkehr einladen. Wer die genussvolle Gelassenheit genießt und das Weinviertel und schätzen lernt, der kommt wieder. / Fotos: Manfred Horvath

BROT & WEIN

——————————————————— Asparn/Zaya und Poysdorf Bis 3. 11. 2013, täglich 9.00–18.00 Uhr Information Niederösterreichische Landesausstellung
 2170 Poysdorf,
 Kolpingstraße 7 Tel. 02552 3515 30
 info@noe-landesausstellung.at www.noe-landesausstellung.at


Ausstellung / 36

Prager Straße

EUROPASTRASSE 59 Im kulturgeschichtlichem Geschehen heißt es heuer: Die Prager Straße ist die neue Brünner Straße. Die Ausstellung „Entlang der Prager Straße“ in Hollabrunn, Guntersdorf und Znaim/Znojmo.

Der Hauptplatz von Hollabrunn in den 1930er Jahren. Bis zum Bau der Umfahrungsstraße überquerte ihn die Prager Straße und somit alle Reisenden, die in Richtung Norden oder Süden unterwegs waren.

Vor einigen Jahren wurde die Brünner Straße neu entdeckt. Nicht zuletzt durch den Bau der Autobahn, und auch das Buch „Brünner Straße“ (Edition Winkler-Hermaden, 2009) erweckte Interesse des traditionellen Verkehrswegs von Wien-Floridsdorf nach Brünn neu. Nunmehr erscheint bei der gleichen Edition ein Buch über die „Prager Straße“, den zweiten bedeutenden Verkehrsweg nach Mähren und Böhmen.

Die Gesichter einer Straße Die vorliegende Publikation entstand im Rahmen eines Projektes des „WeinviertelFestival 2013“, das die Edition Winkler-Hermaden gemeinsam mit dem Stadtmuseum Znaim (Jiří Kacetl) und dem Stadtmuseum

Hollabrunn (Ernst Bezemek, Friedrich Ecker) verwirklichte. Eine Straße – der heutige Verlauf von Wien-Floridsdorf nach Prag/Praha über Korneuburg, Stockerau, Hollabrunn, Kleinhaugsdorf, Znaim/Znojmo, Iglau/Jihlava, Deutsch Brod/Havlíčkův Brod, Caslau/ Čáslav und Kolin/Kolín geht auf ein Hofdekret Maria Theresias vom 23. März 1746 zurück – hat viele Gesichter und Geschichten. Diese visualisieren wir mit Bildquellen von Orten entlang der Straße Wien–Prag. Wir begegnen Schlössern, Burgen, Industriedenkmälern, idyllischen Heurigenschenken, Einkehrgasthöfen sowie Plätzen und Gebäuden und hoffen, ein breites Spektrum von sozialem Geschehen, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik abzudecken.

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Ein Bildband zur Geschichte der Kaiserstraße, Reichsstraße 96, Znaimer Straße, B2, Europastraße 59, wie die Verkehrsverbindung Wien–Prag im historischen Ablauf bezeichnet wurde, muss das Typische einer Zeit, die Atmosphäre, kurz das, was das Leben ausmacht, ausdrücken. Ein solches Buch, das sich mit den niemals friktionsfreien Beziehungen zwischen Niederösterreichern und seinen nördlichen Nachbarn beschäftigt, kann naturgemäß keine vertikale Abfolge von Aufbau, Technisierung und Modernisierung sein. Unsere Bilder dokumentieren deshalb nicht nur Idylle, sondern auch die vielen Brüche sowie Aufstieg und Fall von fünf politischen Systemen (Monarchie, Republik, Austrofaschis-


Ausstellung / 37

Der lange Berg (südlich von Hollabrunn), 1930er Jahre.

mus, Nationalsozialismus, Kommunismus), die die Menschen entlang der Straße diesseits und jenseits der Grenze trennten und einander entfremdeten. Verfolgte und Ermordete lasteten auf einer Gesellschaft, deren sozialstruktureller Wandel nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu Hoffnungen Anlass gibt. Eine Ausstellung mit dem Titel „Entlang der Prager Straße“ wird in drei ausgewählten, mit dem Verkehrsweg eng verbundenen Orten gezeigt: in den Monaten Mai und Juni 2013 in Hollabrunn (Stadtmuseum Alte Hofmühle, Eröffnung am 23. Mai), im Sommer 2013 durch die Unterstützung von Bürgermeister Günter Bradac in der Marktgemeinde Guntersdorf (Gemeindezentrum) und im September 2013 in Znaim (Südmährisches Museum, Eröffnung am 23. September). Die Ausstellung wird als Ergänzung zum Bildband verstanden. Ausstellungen haben ihre eigenen Gesetze. Und diese bedingen, wie der bedeutende österreichische Zeithistoriker und Ausstellungsmacher Gerhard Jagschitz betont hat, dass einerseits viel Wichtiges weggelassen werden muss, andererseits manche Themen nur im Rahmen der musealen Präsentation zur Wirkung kommen. Ein Bildband kann anderen Regeln folgen: Es kann eine bedeutend größere Bildauswahl getroffen und Tendenzen, Zeitprobleme und Entwicklungen können entsprechend dem Forschungsinteresse der Autoren breiter diskutiert werden.

Die Kaiserstraße (Prager Straße) in Znaim in Blickrichtung Norden. Foto: Südmährisches Museum, Znaim

Geschichte – ein unvollständiges Projekt Die Vorbereitungen für unseren Bildband und unsere Ausstellung begannen vor eineinhalb Jahren. An zahlreiche Fotografen, Heimatforscher, Sammler und Kenner des Weinviertels wurden Anfragen mit der Bitte um Bekanntgabe von Bildmaterial zum Thema „Prager Straße“ und um Mitarbeit geschickt. Informationen und Bilder zu folgenden Orten an der Prager Straße sind in der Ausstellung zu sehen: Wien-Floridsdorf, Langenzersdorf, Korneuburg, Spillern, Stockerau, Sierndorf, Göllersdorf, Hollabrunn, Schöngrabern, Guntersdorf, Haugsdorf, Znaim, Mährisch Budweis, Iglau, Prag … Projektleiter Ulrich Winkler-Hermaden befasste sich insbesondere mit dem Abschnitt von Wien bis Stockerau. Anlaufstation waren hierbei das Bezirksmuseum Floridsdorf und Stockerau sowie das Museum Korneuburg. Ernst Bezemek und Friedrich Ecker konzentrierten sich auf den Bezirk Hollabrunn. Den mährischen und tschechischen Abschnitt recherchierte Jiří Kacetl. Buch und Ausstellung sind weitgehend der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung gewidmet, obwohl sich ein breites Spektrum mit sozialen Aspekten und dem Alltag der Menschen beschäftigt. Buch und Ausstellung sollen nicht jene „Idylle“ zeigen, wie weit wir es gebracht haben, sondern vielmehr auch die Irrwege und den stillen, zähen Aufbau durch Generationen. Eines belegen Buch und Ausstellung noch: Niemals hat es eine „gute, alte Zeit“ gegeben; das Zusammen-

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leben der Menschen ist nie ohne Probleme verlaufen. Gerade die Regionalgeschichte vermag zu zeigen, wie sich Mit- und Nebeneinander im historischen Prozess konkret vollziehen. „Geschichte“ – und damit auch die Regional- oder Lokalgeschichte – als historische Betrachtung eines geografisch, wirtschaftlich, kulturell oder politisch definierten Raumes hat viele Facetten, bietet unterschiedliche Ansatzpunkte, erlaubt eine Vielzahl von Betrachtungsweisen und bleibt immer ein unvollständiges Projekt. Vorrangig geht es aber um die Deutungsmacht der Geschichte für die Identität jener Menschen, deren Geschichte betrachtet wird. / Text: Ernst Bezemek, Friedrich Ecker, Jiří Kacetl Fotos: Stadtmuseum Hollabrunn

ENTLANG DER PRAGER STRASSE

——————————————————— Konstante im Fluss der Zeit Stadtmuseum Hollabrunn 2020 Hollabrunn, Mühlenring Tel. 0676 4223237 (Dr. Ernst Bezemek) Eröffnung: Do, 23. 5. 2013, 19.00 Uhr Zu sehen bis So, 30. 6. 2013: So und Fei, 9.30–11.30 Uhr „Prager Straße“ Edition Winkler-Hermaden ISBN 978-3-9503378-5-3 EUR 19,90 www.edition-wh.at


Ausstellung / 38

Stadtmuseum Wiener Neustadt

abwarten und tee trinken Tee ist Zeremonie in flüssiger Form. Chinesischer Tee widerspiegelt Welt-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte. Zubereitet im Stadtmuseum anlässlich der 5-jährigen Städtepartnerschaft von Wiener Neustadt und Harbin.

Kulturgeschichte des Tees in Wiener Neustadt.

Der britische Politiker Cecil Rhodes berichtete von einem Besuch bei Alfred de Rothschild. „Ein Butler in Livree erschien und fragte: ,Wünschen Sie Tee oder frischen Pfirsich, Sir?‘ Ich entschied mich natürlich für Tee und der Livrierte fragte sofort: ,Indischen, chinesischen oder Ceylon-Tee, Sir?‘ Ich wählte den indischen und postwendend kam die nächste Frage: ,Mit Rahm oder Milch, Sir?‘ Ich nahm Milch und wurde nun nach der Rindersorte gefragt: ,Jersey, Hereford oder Short-Horn, Sir?‘ “ Wann der erste Tee getrunken wurde, muss im Dunklen bleiben. Vorerst wurden die Blätter wegen ihrer anregenden Wirkung gekaut. Legenden berichten von Kaiser Shen-Nung, dem der Wind ein Teeblatt in seine Schale mit heißem Wasser wehte. Der Duft und die belebende Wirkung des Getränks gefielen dem

Kaiser und er machte den Tee in China populär. In der Tang-Dynastie (618–907) galt der Tee als Getränk der Eliten. Im Verständnis der Gelehrten und Mönche war die Teezeremonie der Ausdruck von Harmonie zwischen Körper und Geist, Mensch und Natur.

Die Segelschiffe, die von China nach London segelten, lieferten sich das „Great Tea Race“. So mancher Segler wurde zur Legende. Das Schiff, das die erste Ladung der neuen Ernte brachte, erzielte einen sehr guten Preis für die Fracht und bekam eine Prämie.

Teegeschenke

Mit dem Tee kam auch die Keramik wie etwa das blau-weiße Porzellan aus der Provinz Jianxi nach Europa. Überhaupt lösten die chinesischen Güter eine Mode aus – ob Porzellan, Lackkästchen oder Nippes – Hauptsache à la chinoise. Chinesischer Tee wurde mit der Gründung der britischen Kolonien Indien und Ceylon von eigenen Teeplantagen abgelöst.

Im alten China begleitete der Tee den Mensch durch alle Lebensphasen. So wurde das Neugeborene in Tee gebadet und Verlobungsgeschenke heißen bis heute Teegeschenke. Die junge Frau musste ihren Schwiegereltern am Morgen nach der Hochzeit perfekten Tee servieren. Aus der Qualität ihres Tee leitete man ihre Fähigkeiten als Schwiegertochter und Ehefrau ab. Tee fand sich auch als Grabbeigabe, denn einer Sage nach stand am Eingang ins Jenseits eine Frau und bot eine Betäubungssuppe an. Um dieser Wirkung zu entkommen, gab man den Toten ein Päckchen mit belebenden Tee mit. Mit den Ostindischen Handelskompagnien die europäische seefahrende Nationen, allen voran die Niederlande und Großbritannien, ab 1600 gründeten, kam der Tee nach Europa. Die East India Company dominierte im
 18. Jahrhundert den Handel mit Fernost. Um
1800 importierte sie jährlich mehr als 11.000
Tonnen Tee aus China. Die Händler kauften Tee bei Auktionen und gaben ihn an kleinere Kaufleute weiter. Teegeschäfte und Teehäuser entstanden.
Ein Angestellter der Company, Thomas Twinings, eröffnete zu Beginn des 18. Jahrhunderts in London das erste Teegeschäft.

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Angeregt durch die Ausstellung werden Sie vielleicht beim nächsten Besuch in einem Lokal an die Worte des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln denken: „Kellner, falls dies Kaffee ist,
bringen Sie mir Tee,
falls dies aber Tee ist,
bringen Sie mir Kaffee.“ /

TEATIME

——————————————————— Bis So, 30. 6. 2013 Stadtmuseum Wiener Neustadt 2700 Wiener Neustadt, Petersgasse 2a Tel. 02622 373-951 stadtmuseum.wiener-neustadt.at Öffnungszeiten Mi–So u. Fei 10.00–16.00 Uhr, Do 10.00–20.00 Uhr


International Council of Museums / 39

36. Internationaler Museumstag 2013

ZUKUNFT GESTALTEN „Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten: Museen machen mit!“ – unter diesem Motto wird am 12. Mai der von ICOM initiierte Internationale Museumstag in Österreich, Deutschland und der Schweiz veranstaltet.

Museum – ein Ort für alle Generationen. Foto: Aargauer Kunsthaus

1977 gilt als Geburtsjahr für den Internationale Museumstag. Anlässlich der ICOMGeneralversammlung (International Council of Museums) in Moskau wurde eine gemeinsame internationale Museumsveranstaltung diskutiert, die – trotz der Verschiedenheiten der internationalen Museumslandschaft – deren Gemeinsamkeiten demonstrieren und feiern sollte. Der Internationale Museumstag wurde ferner mit der Intention ins Leben gerufen, um das öffentliche Bewusstsein über die bedeutsame Rolle von Museen für eine Gesellschaft und ihrer (nicht nur kulturellen) Entwicklung zu stärken. Das diesjährige Motto, „Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten: Museen machen mit!“, wurde gemeinsam von den ICOM Nationalkomitees Österreichs, Deutschlands und der Schweiz aus dem offiziellen englischen ICOM-Titel „Museums (Memory + Creativity) = Social Change“ abgewandelt. Durch das Bewahren, Ausstellen und Vermit-

teln unseres kulturellen Erbes sowie durch das Erforschen und Inszenieren gegenwärtiger Tendenzen präsentieren sich Museen als Orte der Auseinandersetzung mit der Gegenwart und als Orte der Aufarbeitung und Erinnerung der Vergangenheit. Eben diese Dualität – das Begreifen der Gegenwart und das Verstehen der Vergangenheit – erlaubt ein reflektiertes Gestalten der Zukunft und macht Museen zu der Institution, um kulturelle Vielfalt aufzuzeigen, aktuelle Thematiken zu vermitteln und die Gesellschaft daran teilhaben zu lassen. Das aktuelle Thema des Internationalen Museumstages – „Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten“ bietet nun Museen die Möglichkeit, mit facettenreichen Aktivitäten die Aufmerksamkeit der Besucher zu gewinnen.

Kreativer Austausch Dieser Tag der offenen Türen von ICOM – einer der größten und weltweit tätigen Orga-

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

nisation im kulturellen Bereich – ermöglicht es Museen, mit besonderen Aktivitäten nicht nur auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren, sondern diese auch aktiv mitzugestalten. 2012 nahmen um die 32.000 Museen aus 129 Ländern am Internationalen Museumstag teil, auch zahlreiche österreichische Museen haben sich daran beteiligt. Dieses Jahr wird sich wieder eine Vielzahl von Museen aus allen Bundesländern am Internationalen Museumstag präsentieren und ihre Institutionen zu Treffpunkten für alle Generationen sowie Gesellschaftsschichten und zu Orten des kreativen Austausches machen. Ein Überblick über die Aktivitäten der österreichischen sowie der internationalen Museumsgemeinschaft anlässlich des Internationalen Museumstages – von Amerika und Ozeanien über Europa sowie Asien und Afrika – ist auf der ICOM-Österreich-Homepage www.icom-oesterreich.at zu finden. Letztendlich soll der Internationale Museumstag dazu dienen, Entdeckungen und neue Eindrücke über unsere mannigfaltige Museumslandschaft zu ermöglichen. /

ICOM Österreich

——————————————————— c/o Leopold Museum Privatstiftung 1070 Wien, Museumsplatz 1 Tel. 01 52570-1565 www.icom-oesterreich.at www.facebook.com/icom.oesterreich


Museen / 40

Alltagsgeschichte

FAMILIENSAGA Eine Ausstellung zur Geschichte einer Waldviertler Tischler-Familie im Ersten österreichischen Museum für Alltagsgeschichte in Neupölla.

Franziska Zimmerl als einzige Frau bei einem Tischlerfachkurs in Wien, 1937.

Das seit 1997 bestehende „Erste österreichische Museum für Alltagsgeschichte“ in Neupölla hat in seinen Sonderausstellungen einerseits übergreifende Themen behandelt wie „Kino im Waldviertel“, „50 Jahre Kampkraftwerke“ oder „Waldviertler auf Safari“, andererseits auch immer wieder mit dem Museum in Zusammenhang stehende repräsentative Familiengeschichten beleuchtet wie jene über die früheren Besitzer des Muse-

umsgebäudes in Neupölla oder die Familie des Schusters Josef Krammer, dessen Werkstätte im Museum zu sehen ist. Aufgrund der guten Quellenlage schien es naheliegend, den 100-jährigen Bestand der Familie und Tischlerei Zimmerl in Neupölla zum Anlass für die heurige Sonderausstellung zu nehmen.
 2013 kann die Familie und Tischlerei auf einen hundertjährigen Bestand zurück-

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

blicken, sodass es naheliegend schien, die heurige Sonderausstellung diesem Thema zu widmen. Der 1886 in Tiefenbach geborene Josef Zimmerl erwarb 1913 das Haus Nr. 45 in Neupölla und heiratete Franziska Reicherstorfer. Nach dem Kriegsdienst konnte Zimmerl seinen Betrieb etablieren und über den Markt Neupölla hinaus eine eher zahlungskräftigere Kundschaft beliefern. Aus dieser Zeit sind nicht nur Porträt-


Museen / 41

fotos, Kurszeugnisse und Möbelvorlagen sowie Rechnungsbücher erhalten geblieben, sondern auch mehrere Möbelstücke. 1931 wurde das Wohn- und Geschäftshaus aufgestockt, doch verschonte die Wirtschaftskrise auch den kleinen Betrieb in Neupölla nicht.

Wirtschaftskrise & Gemeindepolitik Trotz der finanziellen Sorgen bemühte sich Josef Zimmerl, seinen Kindern eine Ausbildung zukommen zu lassen: Maria besuchte nach der Bürgerschule Allentsteig eine Lehrerinnenbildungsanstalt in Wien und machte ihr Praktikum an der Volksschule Neupölla. Josef Zimmerl jun. besuchte das Gymnasium Seitenstetten und das Priesterseminar St. Pölten. Dafür erlernte Franziska das Tischlerhandwerk und wurde 1942 zur ersten Tischlermeisterin Niederösterreichs. Die beiden jüngsten Töchter der Familie besuchten eine Hauswirtschafts- und eine Handelsschule in Mistelbach bzw. Horn. In der Freizeit vergnügte man sich u. a. mit Zitherspiel und Laientheater oder engagierte sich in der christlichsozialen Politik: Der Tischlermeister wurde Obmann des Gewerbebundes Neupölla der Vaterländischen Front und sein Sohn gründete 1933 eine katholische Sturmschar-Ortsgruppe. Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 hatte daher für die Familie negative Folgen, da Josef Zimmerl aus dem Gemeinderat entlassen und die Lehrerin Maria nach Deutschland versetzt wurde. Doch Josef Zimmerl sen. engagierte sich als Pfarrkirchenrat weiterhin für die Pfarre seiner Heimatgemeinde. Aber als typische Österreicher wollte man es sich auch mit den neuen Machthabern nicht ganz verscherzen – und die jüngsten Töchter traten dem BDM bei. Den Aufträgen der Wehrmacht und der Profiteure des 1938 angelegten Truppenübungsplatzes Döllersheim stand jedoch bald die Aussiedlung von 42 Ortschaften und 7.000 Menschen gegenüber, die den Verlust von einem Drittel des wirtschaftlichen Hinterlandes von Neupölla zur Folge hatte. Die Politik des NS-Regimes ordnete nicht nur das Handwerk dem Führerprinzip und bald der Kriegswirtschaft unter, sondern propagierte auch eine bodenständige Blut-und-Boden-Ästhetik.

Bauernstuben & russische Kommandantur Diese äußerte sich in Bauernstuben sowie der Anfertigung von traditionellen Wäschetruhen. Der kurzfristigen Freude an deutschen Produkten wie Fotoapparaten und einem DKW-Auto folgten bald die Kriegsfolgen: Der 1939 vorzeitig zum Priester geweihte Josef Zimmerl wurde 1940 als Sanitäter nach Frankreich eingezogen. Der angenehmen Zeit in Paris folgte 1941 die Versetzung an die Ostfront. Trotz der ab 1942 zunehmend schwierigeren Lage und einer schweren Verwundung gab es einen regen Briefverkehr zwischen dem bei Leningrad stationierten Theologen und seiner Familie. Josef Zimmerl sen. wurde 1943 als Glaser nach Berlin kriegsverpflichtet, Berta Zimmerl war nach dem Arbeitsdienst in Dobersberg als Lazarettschwester in Wien in die Kriegsmaschinerie integriert, wo sie ihren späteren Ehemann kennenlernte. Die jüngste Schwester Anna versah auf dem Postamt in Neupölla Dienst. Auf die Einquartierung von Soldaten in Neupölla folgten schließlich „Kinderlandverschickungen“ sowie ungarische Soldaten und Flüchtlinge. Während Maria 1944 ins Waldviertel heimkehrte und 1945 wieder in Neupölla unterrichtete, kam ihr Bruder erst 1947 aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft zurück. Josef Zimmerl sen. wurde im Juni 1945 in den Gemeinderat berufen, wo er bis in die 1960er Jahre aktiv blieb. Die Tischlerei arbeitete nun für die russische Kommandantur und bald auch für die Aussteuer der Töchter: Berta heiratete 1948 den Wiener Beamten Robert Entmayr und Maria den Bindermeister Rudolf Leidenfrost aus Neupölla. Anna ehelichte 1951 den aus einer Aussiedlerfamilie stammenden Volkschullehrer Ernst Ranftl. Martha trat 1948 in den Orden der Kreuzschwestern in Laxenburg ein und wirkte als Stationsschwester im Wiener Franz-Josef-Krankenhaus. 1957 vermählte sich Franziska mit dem Tischlermeister Friedrich Polleroß, der daraufhin den Betrieb seines Schwiegervaters übernahm.

Wirtschaftswunder Im Zuge des „Wirtschaftswunders“ prosperierte auch die Tischlerei in Neupölla. Nach-

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Sessel in Kirschholz von Josef Zimmerl, 1925. Foto: Friedrich Polleroß

dem Friedrich Polleroß schon 1957 durch einen Umbau die Werkstattfläche mehr als verdoppelt hatte, wurden 1967 Filialen in Allentsteig und Göpfritz eröffnet. Aus diesen Anfängen des „Resopalzeitalters“ können ebenfalls Musterzeitschriften und Möbel gezeigt werden. Da die Nachfrage weiter wuchs und zahlreiche Lehrlinge eingestellt werden mussten, wurde 1965 das Nachbarhaus erworben und dort bis 1973 eine Schauhalle und ein Werkstattzubau errichtet. / Text: Friedrich Polleroß

ERSTES ÖSTERREICHISCHES MUSEUM FÜR ALLTAGSGESCHICHTE

——————————————————— 3593 Neupölla 10 Tel. 02988 6220 (Gemeinde) www. poella.at Bis Do, 15. 8. 2013: So und Fei, 14.00–17.00 Uhr Gruppen und Schulklassen sind auch außerhalb der Öffnungszeiten willkommen


Tschechien / 42

Lange Nacht der Museen

DER FEZ AUS BÖHMEN Die „Lange Nacht der Museen“ wird in Tschechien an Wochenenden im Mai und Juni mit historischen Festen, Kostümen und Musik begangen. Die Museen der Königsstadt Písek stellen sich vor.

beliebtes Souvenir aus dem Böhmerwald. In den Museen von Strakonice und Písek ist die Geschichte der Fez-Fabrik dokumentiert. Auch bei Zigarren denken wir eher an Havanna und nicht an eine böhmische Kleinstadt. Von der k. u. k. Zigarrendreherei Písek ist im Museum ein Arbeitstisch zu sehen sowie Etiketten und die Holzmodeln, mit denen der Umfang der von den Frauen gerollten Zigarren gemessen wurde.

Gold am Ufer

Die Otava f ließt in Písek an zwei Museen vorbei – am Regionalmuseum in der Königsburg und am Museums des alten E-Werks (rechts außen).

Sie wurden im Osmanischen Reich getragen, waren quasi „Markenzeichen“ – die roten Hüte mit den schwarzen Quasten. Der Fez aus gefilztem Wollstoff war ein böhmisches Qualitätsprodukt, hergestellt in den Städten Strakonice und Písek. Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich – eher zufällig – aus dem Strumpfwirken eine FezProduktion der Firma Fürth & Comp. Als der Sultan seinen Soldaten statt Turbanen Fez verordnete, stieg der Absatz in schwindelnde Höhen. Auch in Písek setzte man auf

Orient-Export. 1894 gründete Josef Klein eine Fez-Manufaktur. Bald darauf waren 200 Frauen in der Fabrik beschäftigt, ebensoviele arbeiteten in Heimarbeit. Der Absatz brach ein, als der türkische Staatsgründer Atatürk seinen Landsleuten vorschrieb, sich westlich zu kleiden, sowie mit der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg. In der kommunistischen Ära wurde die Produktion im kleineren Rahmen weitergeführt. Der Fez ist bis heute ein

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Das gut gestaltete Regionalmuseum ist in der von König Otakar II. Přemyzl gegründeten Königsburg von Písek untergebracht. Es zeigt den gesamten Reichtum der Region. Von der Teichwirtschaft bis zum Porzellanmaler Johann Zacharias Quast, von der Urgeschichte bis zur Goldgewinnung. Reich wurde Písek (das tschechische Wort für Sand) durch den goldführenden Sand des Flusses Otava. Ab dem 10. Jahrhundert ist die Goldgewinnung nachgewiesen. Mittelalterliche Erzmühlen und Sandwaschanlagen sind im Museum ausgestellt, ebenso eine Dokumentation über den Fund eines Goldklumpens, der 1927 ein Goldfieber auslöste. Nicht alles ist aus Gold. Manche Geschichte ist mit Blut geschrieben. Der Henkerdynastie Nimbursky war ab 1750 in Písek ansässig. Ein Schwert aus dem Familienbesitz verkauften die Nachfahren erst kürzlich dem Museum. Jeder Raum ist mit lebensgroßen Figuren aus der Geschichte akzentuiert, hier ist es der Henker mit seiner roten Kapuze und der gefesselten Delinquentin.


Tschechien / 43

PÍSEK

——————————————————— Regionalmuseum Prácheňské muzeum 39724 Písek, Velké náměstí 114 Tel. +420 382201111 www.prachenskemuzeum.cz Sladovna Exposition der Kinderbuchillustration 39724 Písek, Velké náměstí 113 www.sladovna.cz Museum E-Werk 39724 Písek, Podskalí 159 Tel. +420 777 061 224 www.elektrarna.info Arbeit des Porzellanmalers Johann Z. Quast.

In die Ecke gehen Eine bei uns wenig bekannte Besonderheit ist der „Eckentopf “. Das runde Suppengefäß mit Henkel ist aus Steingut. Die Wöchnerin bekam ihn wohlgefüllt von Verwandten oder Nachbarinnen als Geschenk. Da das Bett einer Gebärenden in eine Ecke geschoben wurde (um sie vom Geschehen im Haus abzuschirmen), ging die Besucher „in die Ecke“ – der Topf mit Suppe wird Eckentopf genannt. Die Ethnografische Abteilung zeigt die Lebenswelten von Kind, Frau und Mann und den letzten Weg: die Begräbnisrituale. Die lebensgroße Figur des Pfarrers trägt übrigens die Gesichtszüge des Museumsdirektors. Der Besucher könnte sich in den Geschichten einer Stadt verlieren, schlüge ihm nicht immer wieder die Stunde. Im Museum ist das Uhrwerk des Rathauses aus dem Jahre 1768 installiert, das pünktlich jede Viertelstunde anschlägt. Die Mechanik war für beide Glockentürme des Rathauses zuständig; in Písek schlug es zwölf Uhr im linken und dann nochmals zwölf im rechten Turm, das waren mit den vier Schlägen für die volle Stunde insgesamt 28 Glockenschläge. Die Uhren schienen in Písek auch anders zu gehen, als 1918 die Erste Tschechoslowakische Republik ausgerufen wurde. In großer Freude wurde sie hier schon 14 Tage zuvor verkündet, nicht erst wie im Rest des Landes am 28. Oktober.

Galerie der böhmischen Könige Burgen als mittelalterliches Machtsystem vertrugen sich grundsätzlich nicht gut mit auf-

Reste einer mittelalterlichen Goldwaschanlage.

strebenden Bürgerschichten einer Stadt, wo ab dem 14. Jahrhundert die Vollzugsgewalt an die städtischen Ratsherren überging. Burgen wurden auch physisch von urbanistischen Bauten umformt. So auch in Písek, wo Teile der Königsburg zur Mälzerei der lokalen Brauerei wurden und andere zu einer Kaserne. Allerdings haben die Písker Bürger die Könige Ende des 19. Jahrhunderts heimgeholt. Die Stadt erwarb die Gemäldesammlung böhmischer Könige aus dem Jesuitenkloster in Klatovy/Klattau. Sie ist im Museum zu sehen. Am Fuße der ehemaligen Burg von Písek fließt die Otava. Hier steht das städtische E-Werk. Der tschechische Werner von Siemens war der Elektrotechniker František Křižík. Er kaufte die ehemalige Wassermühle unter der Burg und warb mit öffentlichen Demonstrationen am Stadtplatz für elektrisches Licht. 1887 hatte Písek die erste elektrische Beleuchtung des Landes. Licht auf Straßen und Plätzen gab es bereits ab 1808. Öllampen leuchteten den Zechern den Weg nach Hause, sodass die Kosten für das Nachtlicht auf die Wein- und Bierpreise geschlagen wurden. Das elektrische Licht im E-Werk wurde vorerst durch ein Wasserrad erzeugt, bald kamen zwei Francis-Turbinen dazu, die bis heute in Betrieb sind. Nicht nur, dass im E-Werk die Geschichte der Straßenbeleuchtung dokumentiert ist, auch der Turbinenraum, der Holzrechen und die kleine mit dem Gebäude verbundene Insel, auf der sich das Treibholz sammelt, ist zu besichtigen. / Text und Fotos: Mella Waldstein

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

die lange der museen …

——————————————————— … wird in Tschechien mit zahlreichen historischen Darbietungen mit Musik und Handwerk, Gaukelei und Kostümen begangen. Von größeren Städten – wie Č. Budĕjovice/Budweis – gibt es Shuttlebusse zu kleineren Orten, z. B. nach Žumberk/Sonnberg. Der Eintritt ist frei. Fr, 17. 5. 2013 Eröffnung der Langen Nacht der Museen in Jindřichův Hradec/Neuhaus im Museum der Fotografie Prácheňské Museum Písek Museum Hodonín Sa, 18. 5. 2013 Mährische Galerie Brno/Brünn Technisches Museum Brno/Brünn Schloss Slavkov/Austerlitz Fr, 24. 5. 2013 Südmährisches Museum Znojmo/Znaim Museum Jihlava/Iglau Museum Mikulov/Nikolsburg Sa, 25. 5. 2013 Hussitenmuseum Tabor Fr, 31. 5. 2013 Museum und Galerie Havlíčkův Brod/ Deutschbrod Fr, 7. 6. 2013 Feste Žumberk/Sonnberg Museum Prachatice Sa, 8. 6. 2013 Südböhmische Galerie Hluboka/Vltavou Museum Český Krumlov/Krumau


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Auslage SCHELLER, SCHLEICHER, MAIBAUMKRAXLER

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Bräuche in Österreich: Fasching, Ostern, Frühling EUR 24,00 Verlag Anton Pustet www.pustet.at Nach dem äußerst erfolgreichen Buch „Weihnachtsbräuche in Österreich“ richtet Reinhard Kriechbaum nun den Fokus auf die erste Jahreshälfte, genauer gesagt auf den Zeitraum von Maria Lichtmess bis zur Sommersonnenwende. Der Fasching und die Fastenzeit, der Osterfestkreis und die österreichweiten Bräuche im Frühling werden vorgestellt. Geht es nur um alte, gar uralte Bräuche? Entscheidend ist doch, ob ein Brauch die Menschen heute anspricht, ob er sie in ihrem Denken und Fühlen trifft und ob sie sich darin wiederfinden. Je globaler das Dorf wird, umso wichtiger ist die regionale Rückbindung, das Bewusstmachen der Wurzeln. Nicht selten wird wiederbelebt, wovon die Großeltern noch etwas vom Hörensagen wissen. Aber genauso oft kommt vor, dass neue Gepflogenheiten „erfunden“ werden. Das Buch ist, wie schon jenes über die Weihnachtsbräuche, kein nostalgischer Blick in die Vergangenheit, sondern einer auf das Heute: Bräuche, die leben, weil sie sich nicht überlebt haben. /

QUERFELDEIN

—————————————————————— durch Österreich und Südtirol EUR 18,00 Erhältlich über www.volkslied.at Querfeldein sind neugierige Forscher seit Jahrzehnten unterwegs – vom Seewinkel bis zum Bregenzerwald, vom Waldviertel bis in den Vinschgau. Mit einem Aufnahmegerät ausgestattet ziehen sie ins Feld, um Volkslieder, Volksmusik und Bräuche festzuhalten. Dabei treffen sie auf originelle Musikanten, Lieder und Interpretationen, hören Titel wie die Veteranenleich, den Kiahsuacha (Jodler) und die Stiwoller Polka oder begleiten Mai- und Antlasssingen. Für diese CD wurden 27 Aufnahmen aus rd. 75 Jahre Forschungsgeschichte ausgewählt: ein vielfältiger Einblick in die Lebendigkeit von Musik und Brauch in Österreich und Südtirol. Gewidmet ist die CD-Produktion als akustische Festschrift Manfred Schneider, einem der bedeutendsten Feldforscher Tirols, für seine Verdienste in 30 Jahren Tätigkeit im Tiroler Volksliedarchiv. /

STEIRISCHE BLAS

—————————————————————— echt mundgeblasen EUR 18,50 Erhältlich über www.bogner-records.com Wohl eine der bekanntesten Volksmusikgruppen des Steirerlandes ist zweifelsohne die „Steirische Blas“. Die siebenköpfige Formation, welche sich 1988 gegründet hat, wurde schnell über die steirischen Landesgrenzen hinaus bekannt. Auf bislang zwölf Tonträgern und wohl tausenden Auftritten im In- und Ausland beweist die „Blas“ ihr Können immer wieder aufs Neue. Die Besetzung, bestehend aus zwei Flügelhörnern, Klarinette, Posaune, Gitarre, Steirischer Harmonika und Tuba, änderte sich in den 24 Jahren des Bestehens aber nie. Mit der CD-Produktion „echt mundgeblasen“ wollen die Musiker der „Steirische Blas“ wiederum ihre Freude an der Volksmusik in die Welt hinaustragen und ihren mittlerweile weit bekannten, einzigartigen „Sound“ noch lange weiterpflegen! /

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EISERNE THORE

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Alfred Damm: Weitersfeld/Schaffa Zur Geschichte einer jüdischen Landgemeinde an der mährischen Grenze in der Neuzeit EUR 28,00 ISBN 9 783 990 280720 Verlag Bibliothek der Provinz www.bibliothekderprovinz.at Vom Beginn des Dreißig jährigen Kriegs bis zum Untergang in der Shoah existierte an der österreichisch-mährischen Grenze eine jüdische Siedlung.
Bis 1671 im Markt Weitersfeld gelegen, ab dann, aufgrund der von Leopold I. angeordneten Ausweisung, in Šafov/Schaffa, einem Dorf gleich jenseits der mährischen Grenze. Fuhrwerke, Handkarren, Kinder und Gänse, Bauern und Händler müssen wir uns auf den Straßen von Šafov/Schaffa vorstellen. Heute ist Šafov ein verschlafenes Dorf an der Grenze, obwohl es eigentlich ein Städtchen ist. Malerisch die Teiche rundum und die Lage der Friedhöfe – im Süden der christliche, im Westen der jüdische. Beide von Bäumen und Melancholie gesäumt. Bei genauerer Kenntnis des Ortes ist es auch möglich, das jüdische Schaffa ausfindig zu machen: der Nachfolgebau der Synagoge sowie ein, zwei Häuser aus dem Schtetl. In Weitersfeld im Waldviertel ist die Spurensuche weit schwieriger. Der Historiker Alfred Damm wurde in den Herrschaftsbüchern von Hardegg fündig. Die Ansiedelung der von Wien vertriebenen Juden zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde von der Herrschaft forciert, die jüdischen Händler vertrieben agrarische Produkte. Die Herrschaft schloss mit den jüdischen Ansiedlern einen Vertrag, der u. a. die Religionsfreiheit gewährleistete. Andererseits hatten Juden Schutzgeld zu zahlen. Mit der Ausweisung aus Niederösterreich


Bücher, CDs & feine Ware / 45

1671 war die Weitersfelder jüdische Gemeinde gezwungen, eine neue Heimat zu finden – über der Grenze im mährischen Šafov/Schaffa. Zwar sind in den letzten Jahren zur Geschichte der niederösterreichischen Landjuden in der Neuzeit einige grundlegende und umfassende Publikationen erschienen, eine Aufarbeitung der Quellen zu dieser Siedlung fehlt jedoch bisher. Der Autor hat mit akribischen Recherchen in den Archiven diese Lücke geschlossen. Ein schönes Beispiel gelebter Integration vor 100 Jahren ist in den „Heimatkundlichen Blättern des Bezirkes Znaim“ (1899) zu finden. Dort verfassen der christliche und der jüdische Lehrer, Fabian Smrcka und Salomon Riesenfeld, gemeinsam eine Ortschronik von Schaffa: „Die Judenhäuser sind häufig nur 2–3 Fenster breit, ohne Hof, meist einstöckig, mit einer Stiege von der Gasse, mit eisernen Thüren, Thoren und Fensterläden, aus der Zeit herrührend, da die Juden noch Verfolgung zu fürchten hatten. Die Neubauten jedoch entsprechen allen modernen Anforderungen.“ /

DIE ZEIT DRÄNGT

—————————————————————— Robert Menasse: Der Europäische Landbote EUR 12,90 Zsolnay Verlag ISBN 978-3-552-05616-9 www.zsolnay.at Der Titel ist Programm. Der „Hessische Landbote“ ist ein ursprünglich von Georg Büchner 1834 verfasstes achtseitiges Pamphlet gegen die sozialen Missstände der Zeit. Menasse macht es sich im „Europäischen Landboten“ nicht einfach. Er ist kein Latte-Machiatto-Intellektueller. Er begnügt sich nicht auf die Innenschau eines Schriftstellers. Er ist ein Aufklärer im besten Sinn des Wortes. Und als Aufklärer kann man sich nicht zurücklehnen und sich’s bequem machen. Also hat sich Menasse nach Brüssel begeben. Wie ein Reporter hat er einerseits Ritual und Mechanismus der Europäischen Union beobachtet. Und er kommt zu der überraschenden Erkenntnis, dass das bürokratische Europa nicht in Brüssel gemacht wird – sondern in den Schaltzentralen anderer europäischer Hauptstädte. Aber das ist nur Vorgeplänkel. Andererseits will uns Menasse mit dem „Landboten“ eigentlich ein kämpferisches Flugblatt verteilen: Es braucht keine Nationalstaaten. Sie sind kein Naturgesetz. Also sollten sie überwunden werden. Strengt euch an, Politiker, dass aus Europa etwas Neues wird! Legt euch keine Denkverbote auf! Seid kreativ! Die Zeit drängt. /

VIERTEL UNter DEM MANHARTSBERG

—————————————————————— Reinhard Mandl, Thomas Hofmann: Weinviertel – Land und Leute EUR 29,80 ISBN 9 783 990 051634 Hubert Krenn Verlag www.hubertkrenn.at Wir haben hier einen Prachtband zur Hand, den man Freunden vorlegen kann, denen gezeigt werden muss, wie schön es da ist. Es ist schon erstaunlich, wie gefällig selbst Sperriges wie Stromleitungen oder Windräder fotografiert werden kann. Orchestriert wird die Bilderflut von einem – schon durch den Viertelsnamen nahegelegten – Kapitel über den Wein und weiteren sieben Kapiteln, die geschickt Kleinregionen nach geografischer Zusammengehörigkeit definieren. Ein Überblickstext führt jeweils ein und Bildtexte erläutern das Dargestellte. Bilderbücher dieser Art haben vielfach den Ruf, schönfärberisch und inhaltsarm zu sein. Damit würde man diesem Buch Unrecht tun. Schöngefärbt ja, aber auf hohem Niveau – und inhaltlich mit viel Substanz, die den Fachkundigen vom bloßen Werbetexter unterscheidet. Das Weinviertel 2013 vor den Vorhang – umso mehr mit diesem Buch im Gepäck. / Richard Edl /

Wimmelbücher haben ein Thema, das mit einer großen Menge an bildlicher Information umgesetzt wird: Jahreszeiten, Mittelalter, Arbeitswelten, ferne Länder. Im Österreich-Wimmelbuch werden alle Bundesländer bereist. Als Paten der „Wimmel-Bilder“ gelten die detailgenauen Gemälde eines Hieronymus Bosch und Pieter Brueghel d. Ä. Deswegen lieben Kinder diese überbordenden Bilderbücher: weil es viel zu entdecken gibt, immer und immer wieder; weil Kinder dazu eigene Geschichte denken und die Erwachsenen angeregt werden, alle Details zu deuten; weil sich kleine Spitzfindigkeiten darin verstecken. /

KOCHEN MIT TRADITION

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ÖSTERREICHRUNDFAHRT

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Sabine Wiemers, Saskia Hula: Das große Österreich-Wimmelbuch EUR 14,90 ISBN 9783701721184 Residenz Verlag www.residenzverlag.at In einem Wimmelbuch wimmelt es. Es wimmelt vor Leben. Es quillt aus allen Ecken und Enden, bricht hinter Büschen und Bäumen, Fenstern und Zäunen hervor. Hier wimmelt Österreich. Da eine Kuhglocke, dort eine Mozartkugel, da ein Heuriger, dort eine Lederhose. Das muss sein, denn immerhin ist eine Reisegruppe unterwegs durch Österreich – und wir mit ihnen.

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Sie sind in vielen Haushalt anzutreffen: die Emailtöpfe eines alten Mostviertler Familienunternehmens. In zarten Pastellfarben die älteren Modelle, im klassischen Dunkelblau oder mit Dekor à la Gmunder Keramik. Email verbindet die positiven Eigenschaften von Glas und Stahl. Beim Verschmelzen dieser beiden Werkstoffe bei 850 Grad entsteht ein neuer Verbundwerkstoff mit Oberflächeneigenschaften, die kaum ein anderes Material erreicht. Die Töpfe der Firma Riess mit Blaudruck-Dekor sind eine spezielle Edition, angefertigt für die Volkskultur Niederösterreich. / Galerie der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015 15 Di–Fr, 10.00–12.00 und 15.00–18.00 Uhr, jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr www.volkskultureuropa.org/galerie


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Fortbildung URGUT KOCHEN

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Aktivitäten münden in Kulturpartnerschaften, welche über einen Austausch von Werbemaßnahmen gegen Geld hinausgehen. In diesem Workshop werden die einzelnen Schritte einer effektiven Sponsoring-Kampagne erarbeitet. Dieses Seminar richtet sich an Unerfahrene ebenso wie an möglicherweise bereits Frustrierte. Die Stärkung von Selbstbewusstsein und Eigeninitiative sind ebenso wichtig wie das richtige Verständnis von Kunst- und Kultursponsoring. Vertragsrechtliche sowie steuerrechtliche Belange werden ebenfalls behandelt. Begrenzte Teilnehmerzahl!

Komm und koch mit den Bäuerinnen

Teilnahmegebühr: EUR 70,00/Person

So werden aus großen wie kleinen Essern „Salat-Tiger“: Wenn Grünes nämlich so bunt, so knackig-frisch und so köstlich mariniert auf den Tisch kommt. Als Vitaminpaket mit saisonalem Gemüse wie zartem Frühlings-Spargel und Vogerlsalat, knackigen Radieschen, herbstlichem Porree, oder als Hauptspeise mit feinen Streifen von Rind- oder Putenfleisch.

Vorrangig für Mitglieder und Mitarbeiter Kulturvernetzung NÖ, BHW Niederösterreich, Regional.Kultur Niederösterreich

Fr, 3. 5. 2013, 17.00 Uhr: Lilienfeld Sa, 4. 5. 2013, 9.00 Uhr: Neunkirchen Di, 7. 5. 2013, 13.00 Uhr, 18.00 Uhr: Bruck/Leitha Di, 14. 5. 2013, 17.00 Uhr: Baden Mi, 22. 5. 2013, 18.00 Uhr: Gänserndorf Do, 23. u. Fr, 25. 5. 2013, 17.00 Uhr: Hollabrunn Ort: Bezirksbauernkammer Anmeldung & Information Tel. 05 0259 26200 urgutkochen@lk-noe.at www.urgutkochen.at _

SPONSORING

—————————————————————— Gezielte Ansprache von Sponsoren Do, 23. 5. 2013, 9.00–18.00 Uhr Hotel zur Post, 3053 Laaben Nr. 33 Referentin: Annemarie Türk Die erfolgreiche Kontaktaufnahme mit Unternehmen setzt Überlegung und Vorbereitung voraus. Kreative Konzepte und innovative Strategien sind gefragt. Erfolgreiche Sponsoring-

Anmeldung & Information Kulturvernetzung NÖ – Büro Industrieviertel Tel. 02639 2552 (Stephanie Brettschneider) seminaranmeldung@kulturverneztung.at www.kulturvernetzung.at _

INVENTARISIEREN

—————————————————————— Sammlungsbestände inventarisieren Sa, 22. 6. 2013, 9.00–17.00 Uhr Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf Referent: Mag. Rocco Leuzzi Im Zentrum dieses Einzelkurses steht die Vermittlung der Grundlagen der Inventarisierung sowie die professionelle Erfassung von Museumsbeständen. Neben dem theoretischen Teil liegt der Schwerpunkt auf praktischen Übungen mit Objekten der Übungssammlung des Brandlhofs. Verwendet wird das EDV-Programm Imdas-Pro, welches von Joanneum Research in enger Zusammenarbeit mit Museologen und Kulturexperten entwickelt wurde. Anmeldung & Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 Fax 02732 73999 33 museen@volkskulturnoe.at www.noemuseen.at _ schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

EFFIZIENZ, ENGAGEMENT UND EHRENAMT

—————————————————————— Infoabend zum Lehrgang „Professionelle Kulturarbeit“ Mi, 19. 6. 2013, 17.00–20.00 Uhr Institut für Kulturkonzepte Gumpendorfer Straße 9/10, 1060 Wien Die zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen der regionalen Museen und Vereine bilden einen wesentlichen Bestandteil des Kulturprogramms in Niederösterreich. Ermöglicht wird das Angebot durch das Engagement von Einzelpersonen und kleinen Teams, die mit oft knappen Ressourcen ausgezeichnete Ergebnisse liefern. Um die Qualität des Angebots, aber auch die Qualität der Zusammenarbeit und die Motivation aller Beteiligten zu sichern, ist es notwendig, sich mit Fragen der interne Organisation intensiv auseinander zu setzen: Wie können Kompetenzen besser eingesetzt und Arbeitsabläufe zielgerichteter strukturiert werden? Welche Möglichkeiten gibt es, neues Publikum und neue Kooperationspartner an das Museum oder an den Verein zu binden? Effizienz, Engagement und Ehrenamt, ein Widerspruch oder Erfolgsrezept? Mag. Karin Wolf (Gründerin und Leiterin des Instituts für Kulturkonzepte) beantwortet diese und weitere Fragen im Gespräch mit Gästen aus der niederösterreichischen Kulturszene und stellt den Lehrgang Professionelle Kulturarbeit vor. Freier Eintritt zum Infoabend Anmeldung erforderlich: Tel. 01 5853 999 Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 museen@volkskulturnoe.at www.noemuseen.at _


Chorszene / 47

singen im sommer INTERNATIONALE CHORAKADEMIE KREMS

VOKALWOCHE MELK

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MUSIKFABRIK EDELHOF

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20.–28. 7. 2013

7.–14. 7. 2013 Bildungshaus St. Hippolyt, St. Pölten

Landwirtschaftliche Fachschule Edelhof/Zwettl

Die Internationale Chorakademie will Chorsängern und Chorleitern die Möglichkeit geben, ihre Sing- und Dirigierpraxis unter fachkundiger Anleitung zu perfektionieren. Die künstlerische Gesamtleitung liegt in den Händen von Erwin Ortner (Professor für Chorleitung und Chorische Stimmbildung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie Gründer und Leiter des Arnold Schoenberg Chores; seit 2010 Leiter der Wiener Hofmusikkapelle). Im Mittelpunkt steht dabei die Arbeit im Plenum und in den vier Studiochören. Daneben bieten Seminare und Stimmbildung verschiedene Möglichkeiten zur individuellen musikalischen Weiterbildung. Die Leiter der vier Studiochöre erarbeiten mit den Teilnehmern das Programm: Erwin Ortner: Vierstimmiger Kammerchor „Kommt Dir manchmal in den Sinn“ Josef Habringer: Drei-/Vierstimmiger Kammerchor „Klangfarben“ Maria Goundorina: Oberstimmenchor „Neue Horizonte“ Stefan Foidl: Vierstimmiger Kammerchor „All that’s Jazz“ Konzert der Teilnehmer am Do, 11. Juli 2013, 19.00 Uhr Minoritenkirche Krems Stein Schlusskonzert Sa, 13. Juli 2013, 19.00 Uhr Stiftskirche Herzogenburg Luigi Cherubini: Requiem in c-moll für Chor und Orchester Schlussgottesdienst So, 14. Juli 2013, 10.00 Uhr Dom zu St. Pölten Franz Schubert: Messe in G–Dur D 167 Information Michaela Zettl Tel. 0676 5419739 www.icak.at _

Die von Erwin Ortner gegründete Veranstaltungsreihe hat sich im Lauf der Jahrzehnte zu einer der größten Veranstaltungen für vokales und instrumentales Musizieren in Österreich entwickelt. Rund 140 Musikerinnen und Musiker aus ganz Österreich und dem benachbarten Ausland nehmen am WorkshopProgramm teil. Die Zielgruppe reicht vom ambitionierten Laien mit Musikschul- oder Konservatoriumausbildung bis hin zum Profi. Programm: 7.–21. 7. 2013 Stift Melk „Nicht alle von uns Chorsängern können eine professionelle Ausbildung genießen. Mit der Vokalwoche Melk bieten wir Sängern Weiterbildung auf höchstem Niveau“, so die Organisatorin Herta Falkensteiner. Referenten: Heinz Ferlesch, Markus Obereder, Benjamin Lack, Jürgen Fassbender, Nina Bertens, Maria Erlacher, Kyoko Yoshizawa, Maria Brojer, Bernd Oliver Fröhlich, Bartolo Musil, Josef Schweighofer, Istvan Matyas. Programm: Plenum: Wolfgang Amadeus Mozart, Große Messe in c-Moll KV 427 3 Kammerchöre: a cappella, themenzentriert 4 Kleinensembles: a cappella, bis max. 16 Sänger Chorisches Einsingen Einzelstimmbildung und 2 Solostudios Konzerte Fr, 19. Juli 2013, 19.00 Uhr und Sa, 20. Juli 2013, 20.00 Uhr, Stift Melk Gestaltung des Festgottesdienstes So, 21. Juli 2013, 9.30 Uhr, Stiftskirche Information Günther Friedrich, Tel. 0680 3108451 Herta Falkensteiner,
Tel. 0664 2839588 www.vokalakademie.at _

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

Barockprojekt: J. S. Bach, Kantate „Schweigt stille, plaudert nicht“ („Kaffeekantate“) Großes Orchester: Carmina Burana von Carl Orff, Gesamtleitung: Jörg Zwicker Studio Klavier-Kammermusik: Leonore Aumaier Studio Streicher-Kammermusik: Christian Eisenberger, Arne Kircher Studio Bläser-Kammermusik: Erich Heher Kammermusik für Einsteiger: Laurence StalderStremnitzer Studio Alte Musik und Aufführungspraxis: Michael Hell, Jörg Zwicker Studio Höfischer Tanz und szenische Darstellung: Andrea Straßberger Studio Gesang: Maria Bayer, Elke Nagl, Manfred Länger Studio Atem – Körper – Stimme – Instrument: Johann Leutgeb, Johannes Geppert Studio Percussion: Herwig Stieger, Laurence Stalder-Stremnitzer Junges Vokalensemble: Bernhard Sieberer Öffentliche Veranstaltungen Fr, 26. Juli 2013, 19.30 Uhr, Stift Zwettl Sa, 27. Juli 2013, 19.30 Uhr, Rathaussaal Weitra So, 28. Juli 2013, 10.15 Uhr, Pfarrkirche Zwettl So, 28. Juli 2013, 15.00 Uhr, Stift Zwettl Information Tel. 02272 65052 office.musikfabrik@aon.at www.musikfabrik.at _


GALERIE DER REGIONEN Erlesenes Kunsthandwerk und edle Geschenkideen aus Europas Regionen

3504 Krems-Stein · Donaulände 56 T. 02732 85015 · galerie@volkskultureuropa.org · www.volkskultureuropa.org Öffnungszeiten: Di–Fr, 10.00—12.00 und 15.00–18.00 Uhr, jeden 1. Samstag im Monat 10.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr


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INTERN

VOLKSMUSIKSENDUNGEN DES ORF

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ORF 2 Wetter-Panorama täglich 7.30–9.00 Uhr Fernsehfrühschoppen

Wir gratulieren

KOOPERATION

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Ihren runden Geburtstag feiern unsere Ehrenmitglieder:

Im Rahmen der Kooperation zwischen dem Museumsmanagement Niederösterreich und der Kirchlichen-pädagogischen Hochschule trafen einander die Vertreter beider Institutionen.

Friedrich Almer (90), Waidhofen an der Ybbs, 5. Mai Walter Grubner (50), Texing, 14. Mai Ihren besonderen Geburtstag feiert unser Ehrenmitglied:

Staatsfeiertag, Mi, 1. 5., 12.00 Uhr: Frühschoppen aus Teisendorf Christi Himmelfahrt, Do, 9. 5., 12.00 Uhr: Frühschoppen aus Teisendorf Pfingstmontag, 20. 5., 12.00 Uhr: Frühschoppen aus Großarl Fronleichnam, Do, 30. 5., 12.00 Uhr: Frühschoppen aus dem ORF-Fernsehgarten in Salzburg Mei liabste Weis Sa, 4. 5., 20.15 Uhr: aus Bad Aussee _

Regina Krammer, Riegersburg, 11. Mai

ORF 3

Ihren besonderen Geburtstag feiert unser Mitglied: Margit Zöhrer, Oberstinkenbrunn, 13. Mai _

Unser Österreich Sa, 17.00 Uhr; Mo, 12.00 Uhr _

NEUE MITGLIEDER

RADIO NIEDERÖSTERREICH

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KINDER- & JUGENDTANZLEITER

V. li. n. re.: Mag. Petra Braun, Institut für Fort- und Weiterbildung für Pädagoginnen in NÖ; Mag. Ulrike Vitovec, Leitung Museumsmanagement Niederösterreich; Dr. Edgar Niemeczek, Geschäftsführer Volkskultur Niederösterreich; Mag. Beatrix KonicekKummer, Vizerektorin KPH; MMag. Gregor Kremser, Institut für Fort- und Weiterbildung für PädagogInnen in NÖ.

KLINGENDES MUSEUMSDORF

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Acht Damen und ein Herr schlossen im Stift Seitenstetten Modul 1–3 der Ausbildung zum Kinder- und Jugendtanzleiter ab. Nach erfolgreicher Praxisprüfung wurden die Zertifikate überreicht.

Am 30. Mai 2013 führt Sepp Forcher wieder durchs „Klingende Österreich“ – diesmal in Niederösterreich. Eine Begehung mit dem beliebten Fernsehmoderator fand bereits am 4. April mit Dorli Draxler, Geschäftsführerin der Volkskultur Niederösterreich, im Museumsdorf Niedersulz statt.

Aufzeichnung des NÖ Landespreisträgerkonzerts prima la musica, Pfingstmontag, 20.5., 20.00 Uhr aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr 7. 5.: D’ Kohlstatt – bei den Köhlern in Rohr am Gebirge. Gestaltung: Hans Schagerl 14. 5.: Volkskultur aus Niederösterreich Gestaltung: Dorli Draxler 21. 5.: „Verliebt, verlobt, verheiratet“, Lieder und Weisen zum Wonnemonat Mai Gestaltung: Edgar Niemeczek 28. 5.: Volksmusikalische Kostbarkeiten Gestaltung: Walter Deutsch „vielstimmig“ – Die Chorszene Niederösterreich, Do, 20.00–20.30 Uhr 23.5. Gestaltung: Gottfried Zawichowski G’sungen und g’spielt & Für Freunde der Blasmusik, Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr Kremser Kamingespräche, Mi, 15. 5., 21.00 Uhr Musikanten spielt’s auf, Fr, 20.00–21.00 Uhr Frühschoppen, So, 11.00–12.00 Uhr _

Die Teilnehmerinnen waren Hedwig Kaserer, Klara Mühlberger, Eva Pankratz, Eva-Maria Martin, Karin Ostermann, Gabriele Justus, Waltraud und Harald Asvanyi, Katrin Zimmermann, die Referentinnen Monika Högl und Julia Schenkermayr.

Programmänderungen vorbehalten, Detailprogramme auf www.orf.at

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Die letzte Seite / 50

2nd life Ohne Bananen wäre der Mensch sesshaft. Ohne Bananen gäbe es keine Bananenkartons und ohne Bananenkartons keine Umzüge. Aber bevor Geschirr, Bücher, Wäsche und allerhand Kramuri darin transportiert werden, ist der Bananenkarton ein Weltreisender; manchmal mit blinden Passagieren. Die Geschichten über eingeschleppte Spinnen sind Legionen. Der Bananenkarton unterscheidet sich nicht nur in den großzügigen Ausmaßen von 57 mal 30 mal 21 Zentimetern, sondern vor allem durch seine Stabilität von allen andern Schachteln. Bananenkartons sind stapelfähig, haben handfreundliche Grifföffnun-

gen, Lüftungsschlitze und sind bei guten Beziehungen zum Greißler oder zum örtlichen Supermarkt gratis und jederzeit zu beschaffen. Eine ganze Berufsbranche könnte ohne Bananenkartons kaum leben. Für Antiquare sind sie das gängige Lager- und Transportbehältnis. Sie beherrschen auch die Kunst des Bananenkartonstapelns. Von einem erfahrenen Antiquar können wir lernen, dass wir gar nicht erst versuchen brauchen, einen Del-Monte-Deckel mit runden Löchern auf einen Dole-Karton mit Schlitzen zu stülpen. In Studentenhaushalten ist der Bananenkarton längst ein gleichberechtigtes Möbelstück.

Als Spielgerät sind Bananenkartons für Sportlehrerinnen und Jungscharleiter interessant. /

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MIT GEMÜSE KUSCHELN Hätte Arcimboldo daran seine Freude? Der Renaissancemaler arrangierte in seinen Gemälden Gemüse zu Gesichtern und Stillleben. Jetzt gibt es Gemüse zum Knuddeln. Ein Möbelhaus hat Plüschgemüse im Programm mit dem pädagogischen Ziel, durch Spielen und Erzählen von Geschichten an das Thema Gartenbau und Natur heranzuführen. Bruno, ein bekennender Gemüseskeptiker, bekam einen Brokkoli geschenkt. Ganz weich, ganz lieb. Ich fand übrigens den Knoblauch, der sofort Knobbl getauft wurde, sehr herzig – und absolut geruchsneutral. Denn, so heißt es bei einer Supermarktkette, die Gemüse und Obst jetzt nicht nur zum Essen anbietet: Kinder sollen früh genug lernen, sich gesund zu ernähren.

Aber hallo? Es gibt Menschen, die hatten Affen als Schmusetier und essen bis heute kein Primatensteak. Das erste Plüschtier einer bekannten deutschen Marke – die mit dem Knopf im Ohr – war im Jahre 1880 der Elefant. So richtig kam das Geschäft ins Laufen, als ein amerikanischer Hersteller den Bären entdeckt hatte und seine Großbestellung nach dem US-Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt benannte. Das Essverhalten der Kinder hat den Bären keinesfalls geschadet. Deswegen kamen sie nicht auf die Rote Liste. Vielleicht ist Gemüse zum Kuscheln sogar kontraproduktiv: „Ich esse die liebe Karotte nicht!“ Oder die Fastfood-Lobby hat – nach dem Essverhalten der Jugendlichen zu schließen – den Kleinen heimlich Plüschspaghetti

schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013

in die Gitterbetten gelegt. Oder DönerPölster. Ein Plüschspaghettitier stelle ich mir mit schlaksigen Beinen und Armen, vielen langen, blonden Haaren und coctailtomatengroßen Augen vor. Apropos Augen: Essbare Augen bietet ein Versandhaus an. Damit sollen Gemüse und Obst (das echte) verziert und vermenschlicht werden. Die essbaren Augen sind aus Zucker mit jeder Menge E153, E414 etc. hergestellt. Sie werden mit dem Slogan „Das Auge isst mit“ beworben. Bruno isst übrigens Brokkoli, allerdings nur in einer Gemüsecremesuppe. Vielleicht, weil er den kleinen Brokki da nicht wiedererkennt. / Mella Waldstein


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