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7. Der Staatsbeamte
WENN DIR DAS VIELLEICHT NICHT LOGISCH VORKOMMT, DENK AN EINES BLOß: OHNE MEINE FREIHEIT BIST DU ARBEITSLOS. JA, FREIHEIT IST WAS ANDERES ALS ZÜGELLOSIGKEIT. FREIHEIT HEIßT AUCH FLEIß, MÄNNLICHKEIT UND SCHWEIß. ICH WILL DIR SAGEN, WAS ICH HEUTZUTAG ALS FREIHEITLICH EMPFIND: DIE DINGE SO ZU LASSEN, WIE SIE SIND. DRUM IST IN JEDEM FALLE MEINE FREIHEIT WICHTIGER ALS DEINE FREIHEIT JE. MEINE FREIHEIT: YES! DEINE FREIHEIT: NEE! MEINE FREIHEIT IST SCHON EIN PAAR HUNDERT JAHRE ALT. DEINE FREIHEIT KOMMT VIELLEICHT SCHON BALD. ABER VORLÄUFIG WIRD NICHTS AUS DEINER FREIHEITSAMBITION, DENN DU HAST NOCH KEINEN MACHT UND KEINE ORGANISATION. ICH WÄR JA DUMM, WENN ICH AUF MEINE FREIHEIT DIR ZULIEB VERZICHT, DARUM BEHALT ICH MEINE FREIHEIT, DU KRIEGST DEINE FREIHEIT NICHT. NOCH NICHT! (Ende der Musik) Gelegentlich hab ich schon ein Engagement bekommen. Das erste war in Regensburg.Abervondaistesdannweitergegangen,immerweiter,dieRollen wurden größer –Fernsehen kam dazu –Film –es war eine schöne Zeit –das Schönste war, als ich dann endlich an die Staatsbühnen engagiert wurde –Hamlet spielte –DonCarlos–PeerGynt–und–wasjaauchsehrgutwar,nach ein paar Jahren war ich Staatsbeamter –unkündbar –pensionsberechtigt –undnatürlich an den staatlichen Bühnen umgeben von lauter anderen Staatsbeamten –nicht nur die Schauspieler, alle waren Staatsbeamte, die Bühnenarbeiter, die Kostümschneider,dieSouffleusen–undimPublikumsaßenjedenAbendauch wiederStaatsbeamte, mit Freikarten klarerweise –wenn der Staat zahlt, kann man sich jaeinigeserlauben–allerdings,alsStaatsbeamtermussmansichauch aufdenrichtigenUmgangmitdenanderenStaatsbeamtenverstehen.Werist Vorgesetzter,weristUntergebener?Aber für einen Schauspieler ist das ja nicht schwer. 7. Der Staatsbeamte STAATSBEAMTER MÖCHTE JEDER GERNE SEIN. STAATSBEAMTER – SCHON DER TITEL SCHÜCHTERT EIN. STAATSBEAMTER WAR AUCH ICH ALS RESULTAT, DENN WOZU BRAUCH ICH SONST EINEN STAAT? STAATSBEAMTE MÜSSEN KEINESWEGS STUDIEREN, NUR ZUR ANSICHT NICHT FÜR AUFFÜHRUNGEN VERTRIEB DURCH MUSIK UND BÜHNE www.musikundbuehne.de STAATSBEAMTE MÜSSEN SICH SPEZIALISIEREN. UND AUCH ICH MERKTE SCHNELL, DASS ES SO BESSER GEHT, UND LERNTE DIESE SPEZIALITÄT. ICH VERSTEH NICHTS VON IUS UND LATEIN, MATHEMATIK – DIE LASS ICH LIEBER SEIN. DOCH ICH KRIECHE SEHR GUT UND AUCH GERN,
MARSCH, MARSCH, MARSCH IN DEN ARSCH, IN DEN ARSCH, IN DEN ARSCH. EIN MINISTER WIRD SEHR LEICHT NERVÖS, ABER BEI MIR BLEIBT KEINER LANGE BÖS. DENN ICH BLICK IHM INS AUG UND MERK GLEICH: DER IST BARSCH – UND STECK SCHON TIEF IM ARSCH, TIEF IM ARSCH. AM ANFANG FIEL MIR JA DAS KRIECHEN ETWAS SCHWER, DOCH BALD WAREN’S SIEBEN ARSCH PRO TAG, UND MONTAGS FÜNFZEHN ODER MEHR. FÜR DIE SCHAUSPIELER IST DAS ROUTINE, SO WIE ICH VON ARSCH ZU ARSCH ZU ZIEHN. UND ALLE GUTEN BEAMTEN MERKEN SEHR GESCHWIND, DASS SIE INNENPOLITIKER SIND. DIE HEUTIGE JUGEND HAT FÜR MEINE ARBEIT WENIG SINN, DIE BLICKEN EINEN ARSCH AN UND STUDIEREN GLEICH MEDIZIN, BESCHÄFTIGEN SICH MIT PROTOKOLL, MIT WEIßBUCH UND DEMARCHE UND STREBEN GLEICH NACH DEM STOIBER, ODER SONST EINEM HOHEN ARSCH. ES GIBT JA ÄRSCHE ÜBERALL IM MINISTERIUM, AUCH IN THEATERN UND GEWERKSCHAFTEN STEHN HUNDERTE HERUM. ICH HIELT MICH AN POLITIKER. WARUM, WEIß JEDES KIND: WEIL DIE AUF JEDEN FALL DIE GRÖßTEN ARSCHLÖCHER SIND. UND SIE FÖRDERTEN MEINE KARRIER‘, SOGAR IM AUSLAND LIEBTE MAN MICH SEHR, DENN ICH KROCH AUCH SEHR GERN EINEM FREMDEN MONARCH IN DEN ARSCH, IN DEN ARSCH, IN DEN ARSCH. UND BIS HEUTE GEB ICH JEDEM DEN RAT: WENN DICH DEIN CHEF STÖRT, SCHREITE AUF ZUR TAT! KRIECH IHM EINFACH ZUM KLANG VON EINEM SCHMISSIGEN DEUTSCHEN MARSCH IN DEN ARSCH, IN DEN ARSCH, IN DEN ARSCH! (Ende der Musik) IchbinjanochheuteStaatsbeamter–allerdingseinsokleiner.Damals –ja damals hatte ich einen persönlichen Manager für meine auswärtigenGastspiele, Funk und Fernsehen, und ich hatte eine Pressedame, die den Kritikern einwenig Honig ums Maul schmierte, und einen Privatsekretär für die Fanpost,Autogrammbriefe und dergleichen. Ach richtig! Es war dieser Privatsekretär, der meinLeben damals kolossal verändert hat. Er hat eines Tages gefragt: Sagen Sie, HerrSchaf,wieso sindSieeigentlichnichtverheiratet?UndFreundinhabenSieauchkeine–ist das nicht seltsam? Eigentlich eine Unverschämtheit! Aber er hatte Recht. Ich war bis dahin so mit meiner Karriere beschäftigt gewesen, dass ich an nichts anderes gedachthatte. Und dieserSekretär –Friedrich hieß er –tänzelte immer so komisch um michherumund ließBemerkungen fallenvon einer Art,dassich mir NUR ZUR ANSICHT NICHT FÜR AUFFÜHRUNGEN VERTRIEB DURCH MUSIK UND BÜHNE www.musikundbuehne.de sagt --