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9a –Nobody´s Perfect –Playoff

#9a – Nobody´s Perfect – Playoff

(für einen Moment ist der Raum leer. Dann, nach einer Weile, hören wir ein Türknallen und SIE kommt wütend herein. SIE wirft ihre Geldbörse und Handschuhe auf die Couch und die Stola aufs Bett. Dann setzt SIE sich an ihren Tisch.)

(MICHAEL kommt herein. ER hebt ihre Stola überheblich mit seinem Stock hoch und legt sie auf ihre Chaise. Danach legt ER genüsslich seinen Zylinder und Stock aufs Bett. Dann geht ER zu seinem Tisch, hängt Cape und Mantel auf und nimmt seinen Schlafanzug.)

MICHAEL (auf dem Weg nach draußen) Gute Nacht. AGNES Du warst das Herz und die Seele dieser Party, mit deinen endlosen Geschichtchen. MICHAEL (kommt ein paar Schritte zurück) Mein Schatz, wenn es dir nicht gefällt, die zweite Geige zu spielen, solltest du vielleicht das Orchester verlassen oder ein eigenes gründen. (nachdem er das losgeworden ist, geht ER ab) AGNES Das war‘s. Das war es. Ich hab genug! (geht nach hinten und ruft) Michael. Michael! (keine Antwort, also brüllt SIE: ) Komm sofort wieder her! MICHAEL (eilt wieder herein) Bist du verrückt geworden? Die Angestellten! AGNES Mir ist völlig wurscht, ob die ganze Stadt mich hört! MICHAEL PSSST! AGNES Mach nicht PSSST zu mir! MICHAEL Okay! Die Situation ist nicht länger tragbar. Lass mich dir eins sagen, ganz ruhig: Mein größter Fehler war, dir gefallen zu wollen, dich mit Geschenken zu verwöhnen –AGNES Geschenke! Wenn du glaubst, die Geschenke haben irgendwas zu tun mit… NUR ZUR ANSICHT NICHT FÜR AUFFÜHRUNGEN VERTRIEB DURCH MUSIK UND BÜHNE www.musikundbuehne.de

MICHAEL (überlappend)

Ruhig, ruhig, ruhig, ruhig! Weißt du, was ich hätte tun sollen? Ich hätte dich auf ein Internat schicken sollen, um gute Manieren zu lernen.

AGNES

Manieren? Manieren wozu?

MICHAEL

Um zu lernen, wie man sich an der Seite eines wichtigen Mannes benimmt.

AGNES

Was? Du meinst den aufgeblasenen Arsch, der vierhunderttausend Exemplare seines Buches verkauft hat?

MICHAEL

Meine gute Frau –ich bin vielleicht eitel, aber du machst gerade einen tragischen Fehler.

AGNES (äfft ihn nach) „Meine gute Frau!“ Hör dir das an. Nach zwölf Ehejahren werde ich von meinem Mann angesprochen, als wäre ich eine alte Dame bei einem Kaffeekränzchen. „Einen tragischen Fehler“ Ohmein Gott! Du klingst wie eine Zeile aus deinem jämmerlichen, kleinen Buch. MICHAEL Vielleicht liegt das am Schleier, aber du machst gerade einen tragischen Fehler. AGNES (imitiert ihn) „Einen tragischen Fehler“ Oh mein Gott! Du klingst wie eine Zeile aus deinem jämmerlichen, kleinen Buch. Hörst du dir eigentlich manchmal zu, du kleiner Idiot? Du hast deine Seele an einen dusseligen, kleinen, sentimentalen Roman verkauft! MICHAEL Einen dusseligen, kleinen, sentimentalen Roman? Muss ich mir das anhören… AGNES (überlappend) Ja, ja, du musst! Und du wirst! MICHAEL (überlappend) Agnes, ich warne dich –du zwingst mich, etwas zu sagen –AGNES Und unterbrich mich nicht! Unterbrich mich nicht!Es gibt nur einen Menschen auf der Welt, der dich liebt, obwohl du so bist, wie du bist, und lass mich dir sagen… MICHAEL Nun, da liegst du falsch. Es gibt einen Menschen auf der Welt, der mich liebt, genau weilich so bin wie ich bin. AGNES Und wie bist du, mein Liebling? MICHAEL Frag sie. NUR ZUR ANSICHT NICHT FÜR AUFFÜHRUNGEN VERTRIEB DURCH MUSIK UND BÜHNE www.musikundbuehne.de

AGNES

Sie-

MICHAEL

Ja.

AGNES

Oh-

(eine lange Pause, als SIE es begreift)

Wer ist sie? MICHAEL Du kennst sie nicht. AGNES Ist sie -jung? Wie jung? MICHAEL Nein! Das kann so doch nicht weitergehen. Du siehst schrecklich aus. AGNES Schrecklich? MICHAEL So blass, meine ich. Agnes, ich bin wirklich kein Monster, das... Agnes, setz dich hin. Bitte. AGNES Nein, mir geht’s gut. Was denkst du denn? Das ich wegen sowas Alltäglichem in Ohnmacht falle? MICHAEL Alltäglich? AGNES Ich habe zwei Kinder. Ich bin auch nicht in Ohnmacht gefallen als Lizzie Mumps hatte; oder? MICHAEL Denkst du nicht, dass das hier ein bisschen was anderes ist? AGNES Nein, tu ich nicht. Ich denke, das wird einfach unter ‚p‘ wie ‚passiert‘ abgelegt. MICHAEL Sag mal, verstehst du das nicht? Ich liebe sie. AGNES Ach -und mich nicht mehr? (ein plötzlicher Gedanke) (AGNES) Hast du deshalb im Arbeitszimmer geschlafen? NUR ZUR ANSICHT NICHT FÜR AUFFÜHRUNGEN VERTRIEB DURCH MUSIK UND BÜHNE www.musikundbuehne.de

MICHAEL

Geschlafen! Ich habe kein Auge zugemacht!

AGNES

Dann hat wohl der Koch neben mir geschnarcht?

(ER sucht seine Sachen zusammen und spricht mit verwundeter Würde)

MICHAEL Gute Nacht.

(Kurz bevor ER die Tür erreicht:)

AGNES

Schlaf gut. MICHAEL Was war das? AGNES Ich sagte, schlaf gut. MICHAEL Nein, verdammt nochmal. Nein! (ER kommt zurück und lässt seine Sachen vor ihren Füßen fallen) Ich kann so nicht weitermachen. „Der Koch neben mir geschnarcht!“ Agnes, ich habe was mit einer anderen und es macht mich wahnsinnig! Du, die Kinder, sie, die Kinder, du –seit drei Wochen lebe ich in der Hölle und alles, was dir einfällt ist: „Der Koch schnarcht?“ AGNES Nun, mein Schatz, ich kann ja nichts dafür, dass deine sonore Stimme durch Wände dröhnt… MICHAEL Nein, nein, nein, nein! Du bist dir deiner so sicher –das macht mich krank. Du bist so –feindselig. Seit Monaten versuche ich irgendeine Reaktion von dir zu bekommen –etwas Verständnis, etwas Anerkennung. Aber nein, alles was du sagst ist negativ. Du hast mein Buch von Anfang an gehasst, hast es immer als Rivalen betrachtet. Und jetzt –jetzt hast du mich in die Arme einer anderen getrieben. Sie begreift, dass sie mich mit meiner Arbeit teilen muss. AGNES Wird sie dich auch mit anderen Frauen teilen müssen? MICHAEL Hast du ein Wort von dem verstanden, was ich gerade gesagt habe? Die Dinge haben sich verändert. Unsere Beziehung hat sich verändert. Ich habe mich verändert. Siehst du nicht, dass ich mich verändert habe? AGNES Nein. MICHAEL Also, wenn du es nicht sehen kannst -andere können‘ s. Hör mal, ich weiß, es ist schwierig für dichan der Seite zu sitzen, im Schatten, mich im NUR ZUR ANSICHT NICHT FÜR AUFFÜHRUNGEN VERTRIEB DURCH MUSIK UND BÜHNE www.musikundbuehne.de

Scheinwerferlicht zu beobachten, umringt von hübschen, begehrenswerten Frauen. Und alle wollen mein Autogramm und meine Aufmerksamkeit. Das muss schrecklich für dich sein.

Aber ich will, dass du eines weißt. Es ist nicht meine Schuld.

AGNES

Nicht deine Schuld?

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