Hipsters Not Dead.

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editorial „Das Hipstertum ist eine Kraft, die eine universale Konsumkultur des ‚Rebellen‘ hervorbringt. Jeder kann dazugehören, indem er sagt: ‚Ich steige aus‘ – und ab dem Moment gehört er dazu.“ (Mark Greif) Der Hipster ist nach wie vor in aller Munde. Bereits seit ein paar Jahren kennt man ihn aus den Medien und von der Straße. Täglich prasseln neue Hasstiraden auf ihn herab – in der Zeitung wird er totgesagt, im Internet wird er gemobbt und gebasht. Die meisten denken beim Begriff Hipster nur an einen Menschen, der viel Geld für Mode ausgibt, die billig aussieht. Doch es gibt den Hipster auch im Design. Ähnlich wie in der Mode nimmt man sich Anleihen aus den 80er Jahren und hat einen ausgeprägten Hang zum Trash und zur Ironie. Im Design sind es jedoch bestimmte Techniken, die verwendet werden – Druckverfahren wie Risographie, Bindungen wie die Schweizer Broschur, Stil-Elemente wie Verläufe in Regenbogenfarben, Wellenlinien, treppenartige Typo u. v. m. Man hat das Gefühl, dass der Hipster alles versucht, um einen möglichst unästhetischen Eindruck zu hinterlassen. Steckt dahinter nur eine kurzlebige Mode, oder geht es hier um etwas Größeres? Ist es womöglich erst der Anfang eines Umbruchs im Kommunikationsdesign? Um was geht es wirklich bei den Trends und dieser neuen unkonventionellen Art der Gestaltung? Ist es Zeit für etwas Neues? Wer ist der Hipster? Und ist er wirklich tot? Rede und Antwort standen für diese Fragen u. a. Prof. Johannes Bergerhausen, Prof. Lars Harmsen, Alexander Lis, Martin Lorenz und Prof. Florian Pfeffer.

Editorial


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Stilsicher: Hipster mit Fixie, Skinny Jeans, Casio-Digitaluhr, Schnurrbart, Helmut-Kohl-Ged채chtnisbrille, Stirnband


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Inhalt

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Isn’t it ironic

Hipster-Mode Hipster – Der Versuch einer Begriffsbestimmung

Ryan Berger in Farbe

Hipster-Design 8

trendlist.org

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I’m trendy? So what?!

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Isn’t it ironic

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Must Haves

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Must Haves

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Left, Right, Up & Down

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Accessoires

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Staircase

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How To (mit Christoph Schaller)

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Letterspace

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How To (mit Jordan Henrion)

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Frame

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Mainstream, OMG!

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Exposed Content

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Key Looks

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Slash

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Ryan Berger

32

Scanned

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We Are Designaddicted

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Underligned

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43

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Interview mit Ondrej Zita und Michal Sloboda von trendlist.org

Interview mit Martin Lorenz von TwoPoints.Net

Anhang Positionen The Provocative Mr MeirĂŠ

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Prof. Lars Harmsen

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Prof. Johannes Bergerhausen

68

Alexander Lis

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Prof. Florian Pfeffer

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Martin Lorenz

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Rick Poynor – The Good, The Bad and The Ugly

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Das Letzte

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Literatur

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Impressum

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h v c u n t o i f s a g j l p e d a r n

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Hipster-Mode


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Hipster – Der Versuch einer Begriffsbestimmung Eine subjektive Annäherung Das Hipstertum gehört zu einem der meist diskutierten Lifestylephänomene der vergangenen Jahre. Mit diesem Lebensstil verbindet man urbane junge Erwachsene aus der Mittelschicht, überwiegend hoch gebildet, (populär-)kulturell interessiert und in der Medien- oder Kreativwirtschaft beschäftigt. Dennoch bleibt der Begriff merkwürdig unscharf und wird vielfältig verwendet, etwa wenn laut der ZEIT Luxuslofts in Frankfurt am Main für „die Hipster aus der Finanzbranche“ renoviert werden (Pinzler 2012). Dies mag damit zusammenhängen, dass Hipster, anders als andere Jugendkulturen, noch kaum wissenschaftlich erforscht sind. Verbindliche Definitionen fehlen, Annäherungen an das Phänomen finden sich vor allem in feuilletonistischen Texten oder in den Weiten der Internet-Blog-Kultur, in denen der Begriff allerdings fast ausschließlich pejorativ gebraucht wird. Denn, was den Hipster auszeichnet, ist mit der Umstand, dass er sich selbst nie als einen solchen benennen würde, es sei denn im Duktus ironischer Distanzierung von dieser Kultur. Dieser Beitrag versucht nun, dem inflationär gebrauchten Hipsterbegriff trennschärfere Konturen zu verleihen.

1957: Hipstertum als Flucht vor der Spießigkeit

Jazzpianist Thelonious Monk – für viele Hipster der fünfziger Jahre ein Vorbild

Um die erstmalige auf breiter Basis rezipierte systematische Analyse dessen, was es bedeutet, ein Hipster zu sein und was diesen definiert, machte sich der US-amerikanische Schriftsteller Norman Mailer verdient (vgl. Greif 2012). In seinem 1957 erschienen kurzen Essay „The White Negro“ bezeichnet er den Hipster als einen „amerikanischen Existenzialisten“. Dieser stehe unter der ständigen Gefahr der Auslöschung, sei es akut durch einen drohenden Atomkrieg, sei es langfristig durch ein sanftes aber unerbittliches Hineingleiten in die Konformität einer eintönigen und spießigen Vorstadtexistenz. Ein Gegen­modell dazu bot den (weißen) Mittelschichtsjugendlichen die Identifikation mit und die Übernahme der kulturellen und ästhetischen Praxen der Außenseiter par excellence in den USA in den 1950er Jahren – der unterdrückten afroamerikanischen Bevölkerungsgruppe. Diese These klingt bereits im Titel des Essays an. Im Jazz und in einem vermeintlich individualistischeren und hedonistischeren, vor allem aber weniger reglementierten Lebensstil, sah man eine Alternative zu den starren Konventionen der „squaren“ (hier: spießig; Anm. d. Red.) Mehrheitsgesellschaft, als deren Antipode man die „hippe“ Subkultur konstruierte (vgl. Mailer 1957). Für Mailer war dies ein individueller, rebellischer Akt, ein bewusstes Statement gegen die rigiden Moral- und Zukunftsvorstellungen der 1950er Jahre: „Sharing a collective disbelief in the words of men who had too much money and controlled too many things, they knew almost as powerful a disbelief in the socially monolithic ideas of the single mate, the solid family and the respectable love life” (Mailer 1957).


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Hipster-Mode

2012: Die Angst besteht fort, sonst ist alles anders Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen junge Menschen heute aufwachsen, haben sich im Vergleich zu den 1950er Jahren maßgeblich geändert. Das Gefühl, in einer ständigen Bedrohungslage zu leben, ist aber auch heute noch allerorts präsent. Zwar nimmt die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Atomkrieges im Vergleich mit den 1950er Jahren inzwischen einen deutlich geringeren subjektiven Stellenwert ein, dafür richtet sich die Angst der Menschen auf neue Bedrohungsszenarien: Die Zerstörung der natürlichen Ressourcen, der internationale Terrorismus und seit nicht allzu langer Zeit diverse Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrisen sind (zumindest in den westlichen Industrienationen) an die Stelle der sowjetischen Atombombe getreten. Folgt man dem deutschen Soziologen Ulrich Beck, so leben wir heute in einer „Risikogesellschaft“, die sich dadurch auszeichnet bzw. von vorangegangenen Gesellschaften unterscheidet, dass die Bedrohungslage weniger greifbar ist als zur Zeit der Konfrontation der Blockstaaten oder gar in Phasen „heißer“ Kriege. Da die Gefahren heute oft keinen unmittelbaren Bezug zum persönlichen Erleben der Menschen mehr haben, sich nicht unmittelbar auf das tägliche Leben auswirken, bleiben auch deren Ängste diffus. Stattdessen präsentieren sich die mannigfaltigen Bedrohungen in Form abstrakter Diagramme – sei es die Hockeyschläger-Kurve, die den Verlauf der globalen Erwärmung abbilden soll oder die abwärts zeigenden Linien der Börsenkurse in den Abendnachrichten (vgl. Beck 1986). Für Mailer liegt ein Grund des rebellischen Aufbegehrens im impliziten Wissen, dass jeder Tag der letzte sein könnte. Eine solche Weltsicht findet man unter jungen Menschen heute aber kaum mehr vor. Die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels werden sie in ihrer Lebenszeit kaum mehr zu spüren bekommen und die Wirtschaftskrisen werden zumindest nicht als existenziell bedrohlich erlebt, sondern als etwas, dem mit einer guten Ausbildung beizukommen ist. Und auch ideologisch grenzt sich nur mehr eine kleine Minderheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen explizit von den herrschenden gesellschaftlichen Moralvorstellungen ab. Wichtigkeit unterschiedlicher Lebensbereiche für 16- bis 24-Jährige

Junge Österreicher und Österreicherinnen als Neo-Spießer? Familie Freunde und Bekannte Freizeit 2011

Schule/Ausbildung

2000 Weiterbildung

1990

Arbeit Religion Angaben in %

Politik 0

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Daten: repräsentativ für 16- bis 24-Jährige in Österreich; n = 838 Datenquelle: Jugend-Wertestudie 2011

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Da Norman Mailer in seinem Text gerade das Konzept der traditionellen Kernfamilie als Inbegriff des Spießbürgertums an den Pranger stellt, ist es interessant zu sehen, wie österreichische Jugendliche und junge Erwachsene diesen Lebensbereich im Jahr 2012 wahrnehmen – gänzlich anders als die jungen Rebellen anno 1950, wie die Ergebnisse der Jugend-Wertestudie 2011 zeigen. So hat die subjektive Bedeutung der Familie in der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen im Vergleichszeitraum 1990 bis 2011 deutlich zugenommen. Während in den Jahren 1990 und 2000 noch rund 70 Prozent der Befragten diesen Lebensbereich als „sehr wichtig“ erachteten, waren es im Jahr 2011 schon 8 von 10 Befragten (vgl. Institut für Jugendkulturforschung 2012). Aus diesen Daten kann man jedoch nicht ableiten, die jungen Österreicher und Österreicherinnen wären dem traditionellen Ideal der Kernfamilie oder gar, wie verschiedentlich dargestellt, einem „Neo-Biedermeier“ verhaftet. Vielmehr haben auch Werte ihre Konjunktur: Das Seltene,


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nicht das Selbstverständliche gilt als erstrebenswert. Das zeigt sich etwa darin, dass der Lebensbereich „Arbeit“ bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gerade in Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit als besonders wichtig gilt (vgl. T-Factory 2012). Anders als bei Mailer, für den die Familiengründung Ausweis für den Eintritt in die verhasste konformistische Normalbiografie war, ist sie für viele junge Menschen heute zu einer romantisch verklärten Utopie geworden, die man kaum mehr zu erreichen hoffen kann.

Individualität als Pflicht Und noch etwas hat sich seit dem Jahr 1957 verändert. Ziel der originären Hipster war es, ein möglichst individuelles, selbstbestimmtes Leben abseits der Zwänge der Mehrheitsgesellschaft führen zu können – wild, spontan, der Gegenwart verpflichtet. Aber während ein radikaler Individualismus damals mehrheitlich noch als etwas Anstößiges galt, ist er heute zu einer Pflicht geworden. Skeptisch beäugt man inzwischen den echten oder vermeintlichen Konformisten: „Der Egozentriker ist der Idealtypus der Postmoderne. Er kümmert sich um nichts anderes als um sein Innenleben, und die ganze äußere Welt ist nur eine Ausstülpung davon“ (Prisching 2009: 146). Distinktion ist zu einem Zwang geworden. Wer sich bescheiden in überkommene Traditionslinien einreiht, sich nicht durch Einzigartigkeit hervortut, der hat keine Chance mehr, auf den unterschiedlichen Märkten des Daseins, sei es der Arbeitsoder der Partnermarkt, zu reüssieren. Hier hat sich der Mensch genauso als Marke darzustellen, wie das die jugendlichen Meister und Meisterinnen der Selbstinszenierung nicht nur in den populären Castingshows, sondern genauso bei einem beliebigen Bewerbungsgespräch tun.

Der moderne Hipster – eine subjektive Annäherung Welche Eigenschaften kennzeichnen nun den modernen Hipster? Eine verbindliche Definition kann an dieser Stelle kaum aufgestellt werden, da es noch an Forschungsergebnissen mangelt. Deswegen werde ich an dieser Stelle eine auf subjektive Erfahrung gründende erste Annäherung versuchen. Denn systematische Forschung gestaltet sich in diesem konkreten Fall auch insofern als schwierig, als sich selbst

jene Menschen, die nach meinem Verständnis dem Typus des Hipsters angehören, einer Fremdzuschreibung als solcher beharrlich entziehen, wie ich aus meinem eigenen Forschungsalltag und aus Gesprächen mit Fachkollegen und -kolleginnen weiß. Pointiert kann man sagen, dass Hipster zwar klar andere als Hipster benennen können (die sich wiederum selbst niemals als Hipster bezeichnen würden), sich selbst aber jedes Mal konsequent und explizit davon ausnehmen. Aus dieser Beobachtung lassen sich aber bereits zwei Rückschlüsse ziehen. Erstens ist der Begriff Hipster keiner, mit dem man sich gerne identifiziert. Konsequent wird er abwertend gebraucht, der Hipster ist als Typus Objekt des Spotts und Hohns, wie man bei einer einfachen GoogleSuche schnell herausfinden wird. Zweitens kann man das Sich-selbst-Ausnehmen aus jeglicher Form der Kategorisierung auch als eine übersteigerte Form des Individualismus interpretieren. Während es für Jugendliche und junge Erwachsene ganz üblich ist, sich einer Jugendszene (sei es nun HipHop, Snowboard, Emo etc.) zugehörig zu fühlen und sich auch stolz dazu zu bekennen, verhält es sich in diesem speziellen Fall anders. Man denke hier an die Gegenwartsdiagnose von Prisching, der den Egozentriker als den postmodernen Idealtypus beschreibt. Damit ist der Hipster Sinnbild der Postmoderne, ist er doch einfach nur er / sie selbst. Dennoch kann man einige konkrete Merkmale identifizieren, die für den modernen Hipster als typisch anzusehen sind. Betrachtet man ihn in Bezug auf seine soziodemografischen Merkmale, so ist der Hipster tendenziell im Jung­ erwachsenenalter, verfügt über einen hohen Bildungsabschluss oder strebt einen solchen an. Er oder sie lebt in der Großstadt, denn nur hier gibt es die Möglichkeit, die angestrebten Bildungsabschlüsse zu erlangen nebst der entsprechenden Infrastruktur – angesagte Bekleidungsgeschäfte, Programmkinos, Clubs / Konzertvenues und sonstige alternative Kulturangebote. Zudem sind Hipster mit Migrationshintergrund sehr selten. Auf der Werteebene entsprechen sie tendenziell dem von dem amerikanischen Soziologen Ronald Inglehart so genannten „postmaterialistischen“ Typus: Individualität, Kreativität, Selbstverwirklichung, Ökologie und Kultur sind ihnen wichtig (vgl. Inglehart 1995).

Pointiert kann man sagen, dass Hipster zwar klar andere als Hipster benennen können [...], sich selbst aber jedes Mal konsequent und explizit davon ausnehmen.


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Hipster-Mode

Stil und Ästhetik des Hipsters Wenn es um das Thema jugendkultureller Ästhetiken geht, lohnt es sich zu fragen, ob die Hipster eine Jugendszene im klassischen Sinne sind. Folgt man dem deutschen Soziologen und Szeneforscher Ronald Hitzler, so ist eine Szene ein lockeres soziales Netzwerk ohne formale Mitgliedschaften, in dem sich hoch individualisierte Menschen, die mit traditionellen Gemeinschaftsformen wie Kirchen oder Parteien wenig anzufangen wissen, auf Basis gemeinsamer ästhetischer Vorlieben und Lebenseinstellungen vergemeinschaften (vgl. Hitzler 2008). Auf den ersten Blick scheint diese Definition auch auf Hipster zuzutreffen. Sie teilen sowohl ihre Lebenseinstellung als auch ihre ästhetischen Vorlieben, haben ganz bestimmte Lokalitäten, an denen sie sich treffen und Geschäfte, in denen sie einkaufen. Dennoch bilden Hipster insofern eine Ausnahme, als sie sich, anders als andere Jugendszenen, nicht zu „ihrer“ Szene bekennen, sondern sich, ganz im Gegenteil, als jeglicher Lebensstilgruppierung außenstehend wahrnehmen. Aus diesem Grund scheint mir der Szenebegriff auf die Subkultur der Hipster nicht anwendbar zu sein. Zentral für das ästhetische Distinktionsmuster des Hipsters ist der Begriff der Exklusivität. Vom kritiklosen Konsummainstream distanziert man sich ostentativ, nur das Besondere hat einen Wert. Dabei geht es aber weniger um Exklusivität im materiellen als um solche im ideellen Sinne. Nicht das Teuerste steht hoch im Kurs, sondern das Unbekannte, das Obskure, kurz, alles, was nicht unter Verdacht steht, breiten Kreisen – eben jenem verachteten Mainstream – bekannt zu sein. Sehr deutlich zeigt sich das im Bereich des Musikgeschmacks, wo alles, was unter dem Begriff „Independent“ subsummiert wird, was also außerhalb der etablierten Kulturindustrie entsteht, hohes Ansehen genießt. Eine ehedem geschätzte Band, die kommerziell erfolgreich wird oder einen Vertrag bei einem der großen Plattenlabels unterschreibt, verliert schnell ihre Glaubwürdigkeit. Kommerzieller Ausverkauf lautet der Vorwurf. Der exklusive, nur Insidern bekannte Status, wird auf dem Altar des Kommerzes geopfert. Im Gegensatz zum Hippie, einem Begriff, der dem gleichen Wortstamm entwächst wie der Hipster, lediglich in verniedlichender Form, gibt sich der Hipster aber durchaus styling- und markenbewusst. Modeketten wie „Urban Outfitters“ oder „American Apparel“, Smartphones von Apple oder Fixies (auf das Notwendigste reduzierte, individuell zusammenstellbare, dabei aber durchaus hochpreisige und ästhetisch ansprechend gestaltete Fahrräder) genießen hier einen hervorragenden Ruf.

Das Konzept der Ironie im Hipster-Universum

Typisches Hipster-Ac­ces­soire: Der ironische Jute-Beutel

Ein weiteres zentrales, ästhetisches Konzept des Hipsters ist die Ironie. Diesbezüglich erinnert der Hipster an den Typus des Dandys. Das beginnt bei T-Shirts oder Stoffbeuteln mit (selbst-)ironischen Aufdrucken und endet bei Veranstaltungen wie der folgenden: Unter dem Motto „Hip, hipper, Hipster“ fand im Juli 2012 in der europäischen Hochburg und gleichzeitig dem Sehnsuchtsort des europäischen Hipsters, in Berlin, die zweite Hipster-Olympiade statt. Die Veranstaltungshomepage preist die Veranstaltung mit folgenden Worten an: „Auch in diesem Jahr gibt es in Berlin Hipster, Fashion-Victims und Modekuriositäten wie Sand am Meer.“ Und was einst als ironischer Ausdruck des eigenen


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Teaser auf der Website von Urban Outfitters

Individualismus begann, ist in vielen Berliner Innenstadtbezirken mittlerweile längst zum Breitensport geworden. Deshalb ist es wieder an der Zeit, die Berliner Hipster gegeneinander antreten zu lassen und den „Hipster des Jahres 2012“ zu krönen (www.hipster-olympiade.de). In Disziplinen wie dem Hornbrillen-Weitwurf (einem typischen Stylingaccessoire des Hipsters), Mate-Kisten-Wettrennen (Mate ist das Szenegetränk des Hipsters und gleichzeitig das Kultgetränk der PiratenPartei), Vinyl-Plattendreh oder Hipster-Vintage-Bart-Basteln (zwei Anspielungen auf in diesem Milieu sehr beliebte Retro-Artikel) konnte man sich hier miteinander messen.

Schlussfolgerung: Der Hipster ist auch nicht mehr das, was er einmal war Vergleicht man den von Norman Mailer skizzierten Hipster des Jahres 1957 mit seiner

zeitgenössischen Ausprägung, so zeigt sich, dass diese (von einigen Gemeinsamkeiten im Detail, etwa dem betont avancierten Musikgeschmack) nur mehr wenig miteinander gemein haben. War der traditionelle Hipster ein Rebell gegen gesellschaftliche Konventionen, so ist der zeitgenössische Hipster nur mehr ein politik- und eigentlich gesellschaftsferner Rebell im Konsum, der tote Punkt in der Entwicklung der Zivilisation, wie ihm Kritiker vorwerfen: „The hipster represents the end of Western civilization – a culture so detached and disconnected that it has stopped giving birth to anything new“ (Haddow 2008). Andere, wie der Journalist David Brooks, wiederum sehen in diesem sozialen Milieu gerade das Gegenteil, einen Menschentypus, den er „Bobo“ nennt, der durch sein nachhaltiges Konsumverhalten die letzte Hoffnung eben jener Zivilisation darstellt (vgl. Brooks 2004). Man sieht, die Debatte hat gerade erst begonnen.

Philipp Ikrath geboren 1980 in Wien, studierte Theaterwissenschaften und Germanistik und absolvierte die Fachhochschule für Marketing und Sales. Seit 2005 ist er Studienleiter der tfactory Hamburg, seit 2007 in deren Geschäftsleitung und in der Geschäftsführung von Jugendkulturforschung.de. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Erforschung jugendlicher Lebenswelten, der Jugendkultur- und der Medienforschung.


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Hipster-Mode


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Isn’t it ironic Bis die ersten Hipster in Deutschland auftauchten, verging einige Zeit. Während der Soziologe Mark Greif den Beginn der Bewegung in den USA auf etwa 1999 datiert, so tauchten die Hipster hierzulande erst gegen Ende der Nullerjahre auf. Ihren Ursprung haben sie meist in den Metropolen – in den USA gilt New York als Hipster-Hochburg (insbesondere die Stadtviertel Williamsburg, Dumbo, East Village), in Deutschland ist es Berlin (mit den Vierteln Kreuzberg, Neukölln). In ihrem Kleidungsstil bedienen sie sich häufig der Unterschicht, preislich sind die Modeartikel aber eher im gehobenen Segment anzusiedeln. So kann ein Outfit schnell mehrere hundert Euro kosten. Gibt der Geldbeutel das nicht her, tut es immer noch der Flohmarkt. Dabei gilt stets die Maxime: „Hauptsache hässlich“ (siehe auch gleichnamigen Design-Blog www.hauptsachehaesslich.de). Was in den Augen der breiten Masse als schön bzw. zumindest ästhetisch gilt, ist für den Hipster ein Tabu. Je greller, schriller, skurriler, hässlicher und vor allem ironischer, desto besser. In diesem Zusammenhang wird von Soziologen (auch im deutschsprachigen Raum) häufig der Ausdruck „queer“ verwendet, der im eigentlichen Sinne ein Ausdruck für Andersartigkeit und ein Abweichen von der gesellschaftlichen Norm ist. Gleichzeitig wird „queer“

Cristian Gonzalez, Graphikdesigner aus Barcelona, hat seine Kindheitsträume wahr werden lassen

aber auch pejorativ für „schwul“ gebraucht. Eventuell rührt das vom gesteigerten Interesse für Mode und Shopping, was meistens eher der Damenwelt zuzuordnen ist. Daher ist auch nur selten die Rede von weiblichen Hipstern. Wenn Frauen sich für Mode interessieren, ist darüber niemand verwundert, es erscheint als selbstverständlich. Doch es gibt weibliche Hipster, man erkennt sie nur nicht so leicht. Hipster haben eine besondere Vorliebe für den Kleidungsstil der 70er und 80er Jahre, den ihre Eltern als junge Erwachsene trugen. Damit geht auch ihr bisweilen infantiles Verhalten einher. Denn man denkt nicht nur an die eigenen Eltern, sondern man besinnt sich auch zurück auf Zeiten, als man selbst ein kleines Kind war. Man bekennt sich ohne Scham zu seiner Liebe zu Spielzeug und Kuscheltieren. Man postet drollige Tierbaby-Videos auf Facebook. Man trägt wieder Sachen, die man als Kind trug (Eastpak-Rucksack, Brustbeutel, Casio-Uhr). Man kauft sich iPhone-Hüllen im GameboyLook. Sehnsüchtig denkt man zurück an den Ur-Hipster Steve Urkel von der Sitcom „Alle unter einem Dach“. Möchte man es positiv sehen, so kann man sich daran erfreuen, dass die Hipster die guten alten Zeiten der Kindheit wieder aufleben und nicht vergessen lassen.


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Ironie als Schlüssel zum Hipster-Erfolg Im November 2012 veröffentlichte PrincetonProfessorin Christy Wampole in der New York Times den Artikel „How to Live With­out Irony“ und definierte darin Ironie als das Kernthema der Hipster-Mode. Damit sorgte sie in zahlreichen Blogs für Aufruhr. In einem Interview im Deutschlandfunk erklärte sie sich noch einmal. „Erst adaptieren sie die ironisch gemeinten Klamotten. Das geht dann meistens weiter und wird zu einem ironischen Lebensstil. Alles, was sie tun, ist ironisch gemeint. Alles, was sie kaufen, ist ironisch gemeint. Sie konsumieren weiter, verstecken sich aber hinter der Ironiemaske. So können sie nicht zur Rechenschaft gezogen werden.“ […] „Aber mit einem ironischen Lebensstil, der nichts ernst nimmt, gehen wir jeglicher Verantwortung aus dem Weg. Seien es politische oder auch ästhetische Entscheidungen, du vermeidest vorbeugend jegliche Kritik. Wenn du zum Beispiel absolut lächerliche Kleidung trägst und dir jemand sagt, dass du bescheuert aussiehst, kannst du sagen: Was denn, verstehst du das etwa nicht? Ich meine das doch nicht ernst. Also ist der ironische Lebensstil ein Weg, um der Verantwortung bezüglich seiner Entscheidungen aus dem Weg zu gehen.“ […] „Aber ständig alles ins Lächerliche zu ziehen – das ist auch keine Lösung. Wenn wir das doch tun, bleiben wir in dieser Blase der ewigen Kindheit.“

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Noch einmal Kind sein ‌ Die Jeremy Scott-Kollektion von Adidas


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must haves Basics, die in keinem Hipster-Kleiderschrank fehlen sollten

Bomberjacke „Peace Corps“ Topman, 78 Euro Strickpulli „Multicolor Jacquard Abstract“ Rockwell, 89 Euro Hemd mit Formen-Print Topman, 40 Euro Skinny Jeans „Blue Acid Washed“ Topman, 32 Euro Sneaker „Jeremy Scott Poodle“ Adidas, 200 Euro


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Accessoires

iPhone 5 Apple, ab 600 Euro leine Strickmütze in marineblau K Asos, 8 Euro Brille „Wayfarer“ RX 5121 2012 Ray-Ban, 165 Euro Analoge Spiegelreflexkamera „Singlex“ Ricoh, gebraucht ab 40 Euro


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Kopfhörer „Oboe Hot Orange“ WeSC, 45 Euro Digitaluhr A168WG-9EF Casio, 55 Euro MacBook Pro Apple, ab 1200 Euro Koffeinhaltige Brause „Club-Mate“ an jedem gut sortierten Kiosk, ab 1,20 Euro Fixie „Red & Green“ Urban Culture, etwa 190 Euro Brustbeutel aus Leder gebraucht ab 3 Euro Turnbeutel Ebay, 3,95 Euro Retro-Sneaker „M400 BBK“ New Balance, 60 Euro


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how-to Der 23-j채hrige Christoph Schaller zeigt auf lookbook.nu, wie's geht

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how-to Der 21-j채hrige Jordan Henrion zeigt auf lookbook.nu, wie's geht

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MAINSTREAM, omg! Hipster behaupten gerne von sich, dass sie ihren Kleidungsstil nicht aktuellen Modetrends sondern ausschließlich dem eigenen Geschmack anpassen. Man möchte sich ja vom Mainstream abgrenzen. Dabei fällt jedoch auf, dass sie sich in ihrer „individuellen“ modischen Entfaltung enorm gleichen und längst dem verhassten Mainstream angehören. Hipster-Mode ist mittlerweile selbst bei H&M erhältlich. Und so sieht sich der Hipster immer wieder neuen Herausforderungen ausgesetzt, um nicht gewöhnlich zu wirken. Ständig muss er sich neu erfinden, um sich abzugrenzen. Dabei ist er immer auf der Suche nach Insider-Tipps und neuen Inspirationen, oder aber er kauft auf dem Flohmarkt ein. Da sich also die Mode dauernd ändert, wird es nie eine endgültige Liste mit den typischen Erkennungsmerkmalen geben. Einige lassen sich jedoch benennen, dazu gehören u. a.: Fahrrad-Kappe aus dünnem Stoff mit nach oben geklapptem Schirm, Wollmütze, Trucker-Kappe, Hornbrille (vorzugsweise das Modell Wayfarer von Ray-Ban), Tunnel-Ohrringe, Schnurrbart oder Vollbart, Bomberjacke, Holzfäller-Hemd, Hemd mit Blümchen-Muster (bei Männern!), Jeans-Hemd, T-Shirt oder Sweat-Shirt mit beliebigem Aufdruck (häufig billiger Werbeaufdruck), V-Neck-Shirt, weißes Feinripp-Unterhemd, analoge Spiegelreflexkamera vom Flohmarkt um den Hals, Brustbeutel aus Leder, Rucksack aus Leder (im Waldorf-Schulen-Look der 80er und 90er Jahre), Jutebeutel mit ironischem Spruch (z. B. George, Gina & Deine Mudder), enge Röhrenjeans in allen erdenklichen Farben (gerne unten auch ein Stück hochgekrempelt), weiße oder bunte Socken, Chucks, Segelschuhe aus Leinen, Sportschuhe im Stil der 70er und 80er Jahre (häufig New Balance), Fixie (Fahrrad ohne Gangschaltung und Bremsen), ironische Tätowierung, digitale Armbanduhr von Casio, Club Mate, iPhone, besonders große Kopfhörer, Turnbeutel.

Fixie-Kollektion von H&M in Kooperation mit dem britischen Fixie-Hersteller Bricklane Bikes


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Key looks


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Ryan Berger


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Ryan Berger lebt in Tampa, Florida und schreibt regelmäßig auf seinem Mode-Blog www.simplethreads.co, welche Klamotten er gerne trägt oder sich neu zugelegt hat. Seit 2010 lebt er vegan und sucht seit 2011 über das Social Network www.meetup.com Gleichgesinnte. Die Fotos macht er mit einer Nikon D200 und einem 35mm f 1.8 Objektiv.


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we are designaddicted

Auf der Suche nach Individualität gründet man bisweilen sogar kleine unabhängige Modelabels für unabhängige Hipster, wie das Beispiel von „We Are Designaddicted“ zeigt. Maurice Schilling gründete das Unternehmen nach seinem Abschluss als Kommunikationsdesigner an der Kunstschule Wandsbek in Hamburg. Seine Wurzeln sind unverkennbar. Mit einem sehr feinen Gespür, was gerade in der Szene angesagt ist, gestaltet er seine Mode. Dabei greift er typische Gestaltungselemente des hippen Designs auf: Die Logo-Schrift ist eine geometrische Grotesk (Brandon Grotesque Black), Typo ist unterstrichen, Elemente sind wild verteilt, Text ist links, rechts, oben und unten angeordnet, etc. Der Übergang zwischen den Disziplinen ist fließend. Sowohl in Mode als auch Design spielen die 80er Jahre eine große immer wiederkehrende Rolle, die Ironie ist immer ein fester Bestandteil, der Hang zum Trash und zum Brechen von Regeln ist allgegenwärtig. Maurice Schilling trifft mit dem Namen des Modelabels „We Are Designaddicted“ voll ins Schwarze. Während andere Jugendkulturen häufig ein Anliegen, eine politische Motivation oder eine Aussage haben, fehlt Hipstern eine solche. Der Style steht im Vordergrund, sonst nichts. Und somit ist eine weitere Parallele zwischen Mode und Design zu beobachten: Auch wenn sich der Trend nach wie vor großer Beliebtheit erfreut – er bleibt inhaltslos.

Hipster-Mode


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Hipster at its best: –L ogo in geometrischer Grotesk (Brandon Grotesque Black) – Typo unterstrichen – Wellenlinien – Text links, rechts, oben und unten – wild verteilte Gestaltungselemente – Rahmen – Polygon – ironisch umgedrehtes Kreuz



h v c u n t o i f s a g j l p e d a r n

g o f r d a e n b n e m s o f h l w k u a c r h m j b wo p c u b e d k u s n v m t m z h g n k o uw m k s c j p uwd

s l g h e a r g i v h o k o v a g n v o

p k wa t i s u p o n s d u o f z k pw e s b n f b u p o d s e t k b j hm g l

j e z n u d f l c v m d l n b p a l u e r k t g h e z a r i l d g f uw r t o s

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m c i b u p o n h g k f a rwu e b p n g f n k b s l b f a nw s u d s o n s w m p r a cwb r o l z e s a k o d t c f b e o a p n s u d i p i k o v m h e a g

t r v k e t h o e i v f s d j t b r g h

w g s i z c n t n e o u m g k h m o d n


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Hipster-Design

trendlist.org

Ondrej Zita

Michal Sloboda

Graphic Design is as well as fashion design or music influenced by contemporary tendencies. Even more in a world where information is transmitted with speed of light. Trend List’s task is to search, name and sorts these tendencies in graphic design. It is trying to spot when and where they rise, in which countries they are most extended or you can follow their evolution in time. Selection of works mainly focuses on posters, books, catalogs, magazines, album covers, and invitations for cultural sphere. It is because these publications usually provides large space for experiments and the “most current” graphic design. It is interesting to observe how many of today’s “professional” designers create “conceptual” design, custom-made for client, that prefers content instead of formal appearance (which seems to be nowadays quite unimportant). But in the same time they are using graphic language very typical for visual communication in recent years, which can be also characterized as a trend. Trend List explores the graphic design from an entirely opposite side. It ignores content of the work and analyzes just its appearance. Based on the formal attributes of the site and it then sorts and catalogs. But is it possible to separate content and visual part? It is possible to present graphic design without further explanation?

It seems so. It happens on every exhibition of graphic design, where the works are also taken out of context and the audience is not usually able to go under the surface of exposed posters. They do not examine the content. They perceive design only visually. Trend List is not a criticism of contemporary graphic design. It just points to the fact that graphic design as well as everything else, is affected by certain trends, and today is no exception. But a lot of designers do not agree and still insist on the originality of their work that is based on pure concept. Wim Crouwel says: “You are always a child of your time, you can not step out of that!” So why close our eyes to the rules and styles around us? We are always looking for something unique and new, even at the cost of incomprehension? After all, if someone is able to create a modern design it just means that he is able to express the spirit of our time! Explore graphic design, inspire yourself and stay trendy!


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I’m trendy? So what?! “It’s maybe the best / most depressing web page on graphic design” is the title given to the Trend List website by the New York designer Erik Carter on his Twitter, summing up the feelings of many people from the graphic design community. The sensational, and currently quite popular portal was created about a year and a half ago by Ondrej Zita and Michal Sloboda (Designboys) with a simple aim in mind: to categorise current trends and cliches in design according to simple and apparent categories. The idea and classification is so clear that it entertains one part of the audience, and angers the other part – as is the case with all powerful ideas. The project currently also works in reverse – like a trend-generating application, where any bungler can make a hip design in fifteen minutes. And that’s exactly what eight guest amateur graphic designers did in this issue of Komfort. Der Trend List-Generator

When and how did the idea of Trend List come about? What makes creative designers start describing, categorising and sorting their profession? Trend List was created in the spring of 2011 for a presentation at the Pecha Kucha Night in Ostrava. In the beginning, there were a few questions like: “How can we sell an almost identical-looking poster to the client, and still be able to call it experimental, conceptual, or progressive?” or “is it really all that important today to develop one’s own style?”. The similarities were numerous and it was impossible to not notice them. The Internet and its associated social networks and blogs are so widespread today that they’re able to create and dictate trends in various areas. Graphic design is no exception. It’s similar, if not the same, as in music or fashion, where you also see certain trends and tendencies associated with a particular period in time. If you then name things, pigeon-hole them, it makes it much easier to talk about them. That was our aim – to show and explain the situation in simple terms, which

was successful. The project started a discussion and established itself on the international blog scene about graphic design. The experience is however such that Trend List evokes some quite exaggerated reactions from some designers. Do they feel that they might be accused of being trendists? The main argument of the opponents of our site is the fact that consistent and rigorous graphical solutions, where form emanates from the contents of the task, are presented on Trend List side by side with the superfluous ones, which thoughtlessly utilise trendy elements. This then consequently deforms the image of what design really is. They also object that highlighting several specific elements plays down the importance of the rest of the visual language of a given poster, which may not fit into a pre-defined category. It was clear from the beginning that some groups of designers would protest. It’s prob-


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ably up to each individual to judge the quality of the individual works. Some examples however cannot be denied a mutual similarity. Why do designers in particular see it as an attack on their work, when one could say that it, in its own way, popularises it?

A graphic designer is not an artist!

Graphic designers in general are really afraid to be “trendy”. They’re probably afraid of the word or something. But it’s really all right. Am I trendy? So what?! Graphic design always has been, is, and always will be trendy, one way or another. It’s interesting to see how many of today’s “professional” designers create “conceptual” design first and foremost, tailored to the client’s needs, putting content first and stating that formal execution is wholly insignificant to them. What if it’s the other way round? That is, these designers utilise a graphical language typical of visual communication of the past few years, which could be described as being trendy, so the content value of such a poster is then very disputable. It’s a generally flawed way of looking at graphic design, brought about during the last few years. A graphic designer is not an artist! He doesn’t have to be original. He should really just do his work well. The fact that more and more graphic designers work on orders for galleries is also only a trend. If then someone labels their work as a copy, then their whole concept of creative freedom reaches a dead end. This should be an impulse to similarly start thinking about form, as well as content. Were there any positive reactions? A few designers wrote to us, saying that they wanted to be removed from the selection, which we did. But since Trend List really has become trendy, no-one wants to be removed anymore. On the contrary, rather. Most people understand the project and are amused by it. What are the sources that you select from? In what way is Trend List different from websites like Many Stuff? In the beginning, things on Trend List would have been from other blogs, where it was possible to ascertain the author and the year of creation. Often, a graphic designer would have a link on his website to ten of his friends, who would do similar things, which made searching easier. We also saved a lot of time by letting people submit their works through a form on the website. We get things sent to us every day. But not all things that do get sent appear on the site in the end. Trend List doesn’t represent works as isolated “beauties”, as most other current blogs do. Trend List looks for similarities and recurring forms, and then names them and sorts them into groups. It searches for when they were created or where they became most widespread. Which group of designers do you represent? We’ve primarily focused on media for the cultural segment of the market since the beginning. In current design, it is these sorts of orders which allow the graphic designer relative artistic freedom and liberty. Is it then a community of designers with a similar artistic taste, or is it more a case of similar themes that they work on?


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Probably a combination of both. Some groups of people, in their quest for originality, dusted off long-gone styles and now spew them into the public en masse. The streets are currently full of posters that copy the principles of modernism (alphabets constructed against a ruler, overall composition, text layout). The original forms, strongly tied to function, are a mere decor in today’s context. To what extent is today’s design, thanks to the Internet, actually globalised and unified? The medium of the Internet and social networks of course homogenises design, and elevates nicely presented, but sterile works from amongst the different schools. Design culture is becoming a copy of a copy, or a reblog of a reblog, if you will. Why is it that the use of the elements like “circle” or “diagonal” can be called a trend and a pigeon-hole for Trend List? A circle, for example, has been used as a graphic element for several decades. It’s not only about the shape of a circle. It’s also its method of use and its placement. The Circle trend in this instance refers to a socalled “Flash”, that is, a circle which contains supplemental information about an event, book or album (for instance New! or Fresh!). That’s only a phenomenon of the last few years.

A lot of authors consider their placement on Trend List as an accusation of plagiarism or being part of a herd. It really works that way. How come that trends in design are so contagious? Trend List certainly does not accuse graphic designers of plagiarism. It only wholly neutrally points out the fact that graphic design, like anything else, is influenced by fashion waves. A lot of designers refuse this point of view and keep on insisting on the originality of their work, stemming from pure conceptualism, where aesthetics don’t matter. But, in the words of graphic designer Wim Crouwel: “You are always a child of your time, you can not step out of that!”.

Das Interview ist im Original erschienen in: Komfort Mag. 08 – No Fantasy, hrsg. v. Komfort Mag Association (www.komfortmag.cz). Prag 2012.


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must haves Gestaltungselemente, die in keiner Hipster-Trickkiste fehlen sollten

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lorem ipsum


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Left, Right, Up & Down

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Staircase


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Letterspace

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Frame


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Exposed Content

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Slash


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Scanned

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Underligned


Seite 48–55: „Left, Right, Up & Down“, „Staircase“, „Letterspace“, „Frame“, „Exposed Content“, „Slash“, „Scanned“ und „Underligned“ sind Kategorien von trendlist.org.


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Hipster-Design

The Provocative Mr Meiré

German art director Mike Meiré (above) is renowned in magazine circles for designing two of the most innovative magazines of recent times – brand eins and Econy. Both were celebrated for their clean, cool aesthetic appeal. His latest project, however, deliberately sets out to subvert all the notions of “good” design that his previous work nurtured so carefully. His redesign of cultural magazine 032c was described by Magculture.com as “willfully awkward”. Set against the standards of mainstream graphic design, it is, well, ugly. Here, Meiré explains why …


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Did you deliberately set out to break rules with the redesign of 032c? Is it a provocation? Why? Just because it looks different? Or because we stopped following the aesthetical path of the former issues, so people feel disappointed because we haven’t fulfilled their expectations? Making a magazine is about taking a decision, either you do it because you believe in your vision or you follow a market. 032c is a very strong independent magazine with highly sophisticated content, but it became visually predictable. Generally, that’s not a big concern, but for a contemporary culture magazine which appears only two times a year it is. When I met Jörg Koch, the editor-in-chief, it was quite clear from the beginning that he wanted to change the whole thing. He was talking about energy and experimentation, a radical step towards brutality. The meeting took place in my factory in Cologne where I moved my company two years ago – to be independent again, to free myself, to step aside from these everyday commercial expectations. So our profiles were matching immediately!

Econy, Ausgabe 1, 1998 brand eins, Ausgabe 1, 1999

There are so many magazines out there which pretend to be cool, sophisticated or even culturally relevant. They all look the same, more or less. (…oouh! I know! There are a few good magazines out there! But I am talking about the rest, the 99.9 %!) They all play this stylish “classy” Feuilleton-inspired design game. In 1999 I designed the first issue of German economy magazine brand eins (Which is based on the rebirth of beauty. Classic typography combined with white pages and remarkable photography.) which became quietly iconic and got copied a lot. So I know what I am talking about. Since then I am looking for an alternative graphic design wave in Germany… but it hasn’t happened so far. So I used my chance with 032c to come up with something different. But this was only possible because of the incredible quality 032c stands for. In fact the new issue is exactly worked around the essence of 032c. Remember their first issue; bold, rough, intellectual, black and white, on the cover a huge square in PANTONE 032c? For the redesign I just went back to their roots, put the square back on the cover with Cecilia (the curvy girl in a black rubber cat suit) inside and the PANTONE 032c Red around it. Very simple, very strong. Feels like a


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subversive version of Germany’s number one politics magazine Der Spiegel.

Were you influenced by anything specific?

Of course the stretched typography makes you look twice. Like an accident in our eye candy lifestyle magazine world. ERROR. I am always interested in the concept of evolution = harmony / break / harmony… Making a magazine is finding out the right look for its content, its attitude. And 032c has its own ways to combine different stories ranges from war-photography, fashion, art, architecture, politics, etc. To me it’s the only way to create a unique identity, if you don’t want to be “me too”. Maybe you don’t please the common sense anymore – but you become who you are, authentic in your own way. So coming back to your question. YES, I did deliberately set out to break rules with this and YES, it is a provocation – but in the first place to myself! I remember a quote from the German artist Martin Kippenberger I have published in my own magazine AD2G 1990 “Es gibt nur den Dreck und die Schönheit im Dreck” (There is only dirt and the beauty with­in)… if every magazine or every building or every brand or everybody tries to look appealing somehow in the same idea of being modern, it becomes interesting to go the opposite. Because life has different kinds of beauty to present.

I remembered a few things I made before the “APPLE Age”. All done with the great help of a copy machine. Some early artist catalogues and a small art newspaper. But for the 032c everything really started with a very small stretched copy next to a picture. It was some­ how strangely beautiful. A bit dark but very refreshing. It needed to be balanced because I didn’t want to go retro. Is the headline type stretched or did you have a special typeface drawn like that? This was actually the hardest job to get right. Most of the time my assistant Tim Giesen was stretching types like hell. The idea was getting us into a kind of “darker”. We combined the stretched ones with types from the Helvetica and Futura family and the Times New Roman Condensed. We had to recondition our minds aesthetically wise while we were working on 032c. After some days everything commercial looked so boring… unbelievable! It was a bit like a trip. I wanted to reveal a darker beauty which embraces mature elegance and coolness. When the layouts were done we sent them to Jörg, based in Berlin, he replied with his one-wordcode: “KILLER!”


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Is it anti-design? It is what it is. Isn’t it? If you call it anti-design, that’s fine with me. I think being anti is important these days. Sometimes there is a real need to say NO. There is so much stuff around us… As I already said I became a bit tired of all these look-a-like magazines. They’re all made very professional – but I was looking for some­thing more charismatic. I wanted to search for an interesting look beyond the mainstream. Maybe something more “brutal” as Jörg used to say. We wanted a truthful intelligent independent magazine with a touch of underground. I think we did it. And people may feel this and that’s why they are a bit confused because we all are used to this kind of efficient-stream­linedwhatever-correctness… Das Interview mit Mike Meiré ist im Original erschienen bei: creativereview.co.uk, am 15. August 2007

linke und rechte Seite: 032c, Ausgabe 23, 2012 / 2013


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Hipster-Design

Prof. Lars Harmsen

Prof. Lars Harmsen ( * 1964) ist Geschäftsführer der Karlsruher Agentur MAGMA Brand Design. Schwerpunkt seiner Arbeit sind die Bereiche Corporate- und EditorialDesign. Prof. Harmsen ist zudem Gesellschafter und Creative Director bei der Münchner Agentur Melville Brand Design. Mit Ulrich Weiß gründete er w den Schriftenverlag Volcano-Type, welcher inzwischen über 200 Schriften vertreibt. 2004 rief er den Blog Slanted ins Leben, seit 2005 gibt es das Typo-Magazin mit gleichem Namen. Prof. Harmsen ist Autor bzw. Gestalter von diversen Design- und Typografie-Büchern, u. a. „VERSUS“, „BASTARD – Choose my identity“ und „Wii love Arts“ für Nintendo. Er ist Mitglied im ADC e.V. und Professor für Konzeption und Entwurf / Typografie und Layout im Fachbereich Design an der FH Dortmund.

Beobachtet man aktuelle Trends im Design, so lässt sich schnell feststellen, dass viele Designer sich Sehgewohnheiten widersetzen und gelernte Grundregeln der Gestaltung brechen. Was meinst du, warum ist das so? Ist das wirklich so, dass man diese Regeln so verlässt, oder werden die nicht eher neu interpretiert? Ich habe zumindest das Gefühl, dass z. B. Bilder überlagert sind, es lässt sich häufig nicht mehr ein festes Raster erkennen. Schriften liegen über den Bildern. Die Schriftwahl ist häufig auch ähnlich. Und ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland ein paar Designer gibt, die diesen Stil vorgeben und dass aber viel, zumindest sehe ich das an meiner Hochschule so, adaptiert wird. Mich interessiert, was die Hintergründe sind. Warum hat sich das so verändert? Grafikdesign zu studieren ist angesagt. Daher machen das auch so viele. Es gibt zwar viele

Büros, ob für alle am Ende gute Arbeit da ist, bleibt die Frage. Die Konkurrenz ist also ziemlich groß. Nicht nur auf dem Arbeitsmarkt. Auch schon an den Hochschulen. Zudem ist die Wettbewerbslandschaft in Deutschland außergewöhnlich im Vergleich zu allen anderen Ländern. Nur die Deutschen sind so besessen darauf, an diesem Zirkus teilzunehmen. In Frankreich gibt es das nicht, keiner würde dafür so viel Geld ausgeben. Das sogenannte „Creative Ranking“ sagt nichts über Qualität und Kreativität, sondern über die Liquidität eines Unternehmens aus. Streift man durch Design-Publikationen, Portale und Blogs etc., Deutschland ist immer gut vertreten – ein weiteres Indiz für eine ausgeprägte Kultur der Selbstdarstellung, welche ohnehin dem Beruf des Designers mehr als vielen anderen Berufsbranchen anhaftet. Wer im Konkurrenzdruck steht und hungrig auf Selbstdarstellung ist, fängt vielleicht an, sich intensiver mit dem was Andere machen


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zu beschäftigen. Auch um seine eigene Position zu finden. Das kann eine Erklärung für dieses Phänomen des „Copy-Pastens / Me-too“ sein. Du bist ja selbst auch Professor, was beobachtest du denn bei den Abgaben deiner Studenten? Man sieht sofort wer „up-to-date“ sein will. Es fehlt an Querköpfen, eigenwilligen Dickschädeln und Verrückten. Oft führt der Mangel an Erfahrung zu Unsicherheit. Aus dem Modus des erst mal Beobachtens und des selber Ausprobierens entwickelt sich oft der Gestalter als Schnellkopierer. Interessant sind jene Studenten, die von einer ganz anderen Warte kommen, schon mal etwas anderes studiert haben oder Quereinsteiger sind. Bei denen findet sich ein verstärktes Bewusstsein für „das Andere“. Außerdem bin ich der Meinung, je mehr man versucht hip und cool zu sein, desto mehr rennt man einer Uniformierung hinterher (siehe Unterarm-Tattoos bei Fußballern!). Hast du auch manchmal das Gefühl, dass man gerade bewusst versuchen will, etwas laienhaft zu machen, etwa so, wie man es in den 80er Jahren gemacht hat, als es Software wie die Creative Suite noch nicht gab, als man noch was mit Paintbrush „gestaltet“ oder gebastelt hat? Das ist im Moment eine kleine Mode, die sich schnell auch wieder erschöpfen wird. Blogs wie „Trendlist“ (Gradients oder Geslashtes) sind sicherlich funny. Aber, mon dieu, das ist ja nur ein ganz kleiner Ausschnitt von dem, was im Grafikdesign gemacht wird. Es gibt Tausende anderer Arbeiten, die jetzt vielleicht nicht so herausschreien „ich bin besonders hip“, die aber mit ganz anderen Stilmitteln arbeiten. Was gerade Trend ist, langweilt mich. Also siehst du es weniger als einen großen viel verändernden Umbruch in der Designszene, sondern mehr als eine aktuelle Modeerscheinung? Ja, absolut. Der wirkliche Umbruch war analog zu digital, lokal zu global. Die Veränderung der Werkzeuge (z. B. von RagTime und Pagemaker zur Creative Suite) ist unbedeutend. Mit den Tools kommen wir heute schneller zum Ergebnis. Dadurch wird es aber nicht besser. Wolf-

gang Weingart hat eben länger gebraucht, um aufgerasterte Verläufe zu generieren. Jetzt ist es mit ein paar Handgriffen erledigt. Sicherlich wird es – ganz wie in der Textil-Industrie – immer wieder dazu kommen, dass etwas beliebter ist. Nach Neonfarben folgen dann wieder die Metallic-Farben. So what? Siehst du da auch Parallelen zwischen der Hipstermode und der hippen Gestaltung? Musik und Design waren schon immer eng miteinander verbunden. Als z. B. Techno aufkam, war das auch ein Momentum. Gestaltung hat dann ganz bestimmte Schriften und Formen hervorgebracht. Alte vergessene Freunde wie die Avantgarde oder Futura wurden wieder salonfähig. Es wird immer wieder solche Momente in der Designgeschichte geben, bei denen eine solche Welle ausgelöst wird und eine Polarität bildet, die sich auf viele Lebensbereiche ausdehnt. So hatte Techno einen Einfluss auf Mode und Lebensgefühl und eben auch auf Grafikdesign. Dieser Hang zum Unperfekten, Unschönen und Hässlichen, von dem du vorher sprachst, hat vielleicht mit dieser momentanen Sehnsucht mancher Menschen nach Analogem zu tun. Der Versuch zu sagen: „Hallo, ich bin nicht Maschine, ich bin Mensch!“ Macht man es sich damit nicht auch ein bisschen leicht? Dass man sich hinter einer Schutzwand versteckt und sagt: „Naja, ich mache ja mit Absicht alles falsch oder schlecht. Deswegen kann ich ja dafür auch nicht belangt werden.“ Oder ist das ein Phänomen, das nur bei Studenten vorzufinden ist, die noch nicht so gesettled sind, die ihren eigenen Stil noch nicht so gefunden haben? Die Spreu vom Weizen trennt sich doch schnell. Wer ist jemand, der es wirklich kann, und wer ist jemand, der sich nur dahinter versteckt, erkennt man schon. Nicht jede KinderKrikelkrakel-Zeichnung funktioniert. Es geht um das Gesamtgefüge: Kommt Spannung auf, ist die Story gut, stimmen die Proportionen, gibt es einen Angelhaken, einen Störfaktor etc.? Es muss immer dieses Momentum geben, dass irgendetwas in Erinnerung bleibt. Erfahrung spielt da eine wichtige Rolle. Das muss man verstanden, gelernt und geübt ha-

„Hallo, ich bin nicht Maschine, ich bin Mensch!“


Ein Design muss nicht so aussehen, weil es gerade Trend ist, sondern es muss passen.

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ben – ebenso, welche Anmutung das Ganze bekommt – des Unfertigen oder der Copy-Art. Design ist zudem ein Vehikel, eine Übersetzung von Informationen, d. h., dass vorher eine Konzeption vorhanden sein muss. Diese definiert dann auch die Wahl des Ausdrucksmittels. Wenn die Wahl nur getroffen wird, weil es cool und trendy ist, passt das einfach nicht zusammen. Es ist wie in der Mode: Es ist okay, wenn ein junges Mädchen grell rumläuft, es sieht auch noch toll bei Vivienne Westwood aus, aber eher panne, wenn das Merkel machen würde. Das mag jetzt zwar Trend und gerade Mode sein, aber irgendwie wäre das jetzt die falsche Klamotte auf der falschen Person. Ein Design muss nicht so aussehen, weil es gerade Trend ist, sondern es muss passen.

ren, aber nicht in einer nüchternen „Schweizer oder Ulmer Schule“. Uns geht es um das Geschichtenerzählen. Wie schaffen wir es mit dem vorgegebenen Material, Spannung zu erzeugen? Durch Gegenüber- und Zusammenstellung, durch Bruch und Täuschung lassen wir etwas Neues entstehen, was über dem steht, was man zu Gesicht bekommt. Das hat bei uns zu diesem sehr filmischen Vorgehen geführt. Unser Editorial-Design ist mit Filmschnitt vergleichbar. Ein assoziatives Sehen, Betrachten und Gestalten. Vom typographischen Ansatz her ist es immer eine konzeptionelle Arbeit gewesen und wird es auch sein. Die Typografie wird durch die monothematische Ausrichtung des Magazins bestimmt.

Was sind denn die Hintergründe für die Gestaltung der Slanted? Orientiert man sich da auch an Trends oder setzt ihr diese Trends, habt ihr euren eigenen Stil? Dabei spielen zwei Pole eine Rolle. Auf der einen Seite die Arbeiten, Werke und Texte, denen wir eine Bühne geben. Der andere Pol sind wir: Wo stehen wir als Editorial-Designer mit unserer Haltung, und wie erzählen wir die Geschichte? Wir haben uns bei Slanted dafür entschieden, auf der einen Seite die Arbeiten zu präsentie-

Wir haben 20 Ausgaben lang Schriftkategorien abgearbeitet (von Antiqua zu Grotesk etc.), jetzt wird es darum gehen, Slanted auf Reisen zu schicken. Die aktuelle Kuba-Ausgabe war der Anfang. Wie wird die Gestaltung zukünftig aussehen? Wird sie jetzt wieder klassischer? Auf die Kuba-Ausgabe folgt im Herbst 2013 eine Kooperation mit einem Karlsruher Museum, der Städtischen Galerie. Es wird eine Ausstellung zum Thema Typographie in der Illustration und Kunst geben. Die Anmutung von Kunstkatalogen hat sich in den letzten


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Jahren verändert. Es muss nicht mehr die weiße Seite mit dem Werk in der Mitte und der 8-Punkt-Schrift als Bildlegende sein. Die Spielwiese ist größer geworden, auch beim Publikum. Selbst wenn wir bei der Ausgabe klassischer werden wollen, den Hebel werden wir schon finden und bedienen. Uns interessiert das Gesamte, nicht nur die einzelne Story. Außerdem finden wir es im Moment spannend, auch auf einer Metaebene zu arbeiten, d. h., Geschichten parallel oder „geschichtet“ zu erzählen. Vielleicht wird es uns auch wieder irgendwann zurück bringen auf den Punkt, wo wir alles Überflüssige wieder ausblenden und nur noch den Kern zeigen. Aber ich empfinde es im Moment so, dass wir durchaus in der Lage sind, verschiedene Dinge gleichzeitig wahrzunehmen und dass aus vielen kleinen Sachen dann ein Gesamtes entsteht. Papierwechsel z. B. wirkt besonders dann, wenn dieser nicht synchron mit den Inhalten ist. Auch das Grid muss Spielraum zulassen. Der Inhalt kann noch so schön sein, wenn das Ganze drumherum einen nicht anmacht ist das reizlos. Wie ist das denn für dich als Geschäftsführer – diese Projekte sind ja doch häufig eher in der Kunst- und Kulturszene verortet – wie kann man sich denn mit solchen Jobs über Wasser halten? Gibt es noch

geheime Standard-Jobs für die Wirtschaft, um die Kassen wieder zu füllen? Wir haben keine geheimen Projekte, für die wir uns schämen. Die wichtigen und umfangreichen Projekte präsentieren wir auf unserer Website. Wir sind happy, dass wir sie gemacht haben und das zeigen wir ja auch. Es gibt einige Projekte, die wir nicht zeigen dürfen. Das hat damit zu tun, dass unsere Kunden insbesondere Konzerne einer gewissen Größe, nicht wollen, dass man mit ihrem Namen Werbung macht. Wir betreuen z. B. einige Eigenmarken vom Drogeriemarkt dm – die Projekte sind toll, und wir würden sie gerne auch auf unserer Website präsentieren, dürfen es aber nicht. Dasselbe gilt für Adidas, für die wir einige Corporate-Projekte machen. Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass wir – so wie viele andere Agenturen auch – mit dem Brot-und-Spielebzw. Robin-Hood-System ganz gut funktionieren: Es gibt Projekte, die sich gut rechnen, andere weniger, bei manchen legt man drauf. Die Kunst ist da eben, die richtige Balance zu finden. Die reine Selbstausbeutung hat auf Dauer und ab einer gewissen Unternehmensgröße keinen Sinn. Deshalb wird es auch immer wichtiger, dass ein Projekt wie Slanted keine roten Zahlen mehr schreibt. Lars, ich danke dir für das Gespräch.

Slanted Magazin Nr. 21, Thema: Kuba


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Corporate Design für die Fachhochschule Mainz

Katalog zur Ausstellung „Louis Kahn – The Power of Architecture“ im Vitra Design Museum in Weil am Rhein

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Das Konzept der „TypoLyrics“ resultiert aus der gleichnamigen Rubrik des Slanted-Magazins und lässt sich als Versuchsanordnung, in der Musik, Songtexte und Typografie in einem Visual zusammengebracht werden beschreiben.

Typografischer Kalender „Typodarium 2013“, erschienen im Hermann Schmidt Verlag


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Prof. johannes bergerhausen

Prof. Johannes Bergerhausen, ( * 1965), studierte Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Düsseldorf. 1993 bis 2000 arbeitete er in Paris, zunächst bei den Grapus-Gründern Gérard Paris-Clavel und Pierre Bernard, dann selbständig. 1998 Stipendiat des Französischen Centre National des Arts Plastiques mit einer typografischen Forschungsarbeit über den ASCII-Code. Gastvorträge in Amiens, Beirut, Berlin, Brüssel, Dubai, Frankfurt, London, Paris, Prag, Rotterdam, San Francisco, Weimar. Seit 2000 zurück in Deutschland, Büro in Köln. 2000 bis 2002 Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Düsseldorf. Seit 2002 Professor für Typografie am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Mainz. Seit 2004 arbeitet er am Forschungsprojekt www.decodeunicode.org, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), seit 2005 online. 2007 Forschungssemester in Paris. Zur Zeit arbeitet er an einer digitalen Keilschrift.

Beobachtet man aktuelle Trends im Design, so lässt sich schnell feststellen, dass viele Designer sich Sehgewohnheiten widersetzen und gelernte Grundregeln der Gestaltung brechen. Was meinen Sie, warum ist das so? Jede Generation hat ihre eigenen, neuen Sehgewohnheiten und damit einen frischen Blick auf die Tradition. Aber ist sie damit wirklich so revolutionär? Viele Designstudenten kopieren doch im Moment nur den gängigen Stil. Wer hat ihn eigentlich erfunden? Gibt es dafür schon einen Namen? Ich kenne noch keinen, außer, leicht abfällig: „Hipster-Design“. Bedarf es einer Generalüberholung im Design? Auch diese Entwicklung ist evolutionär. Wenn man weniger auf die Jahre, sondern auf die Jahrzehnte blickt, sieht man: Durch neue Generationen finden laufend Generalüberholungen statt.

Was erwarten Sie von den derzeitigen Erscheinungen in der Designszene? Wird ein Umbruch / ein Umdenken stattfinden? Was wird daraus hervorgehen? Vor ein paar Jahren hätte man noch denken können, dass es sich um eine kurzfristige Mode handelt. Aber diese ungewöhnliche Gestaltungsweise hält sich schon länger. Was das Neue daran ist, kann ich im Moment nur vermuten. Ist es vielleicht der Bildschirm-Blick beim Gestalten – also das Nutzen der Möglichkeiten, die man am Rechner hat? Eine Headline, die mit jedem Wort an einer anderen Stelle im Layout sitzt, auch gerne über dem Foto, ist mit den heutigen Werkzeugen lässig zu machen. Eine „Neue Lässigkeit“? Auf jeden Fall die Emanzipation von der klassischen Vorsichtigkeit („kleiner und bold“). Möchte man nun die Menschen nicht mehr zum guten Geschmack erziehen, wie es einst die Bauhaus-Schüler (wie z. B. Max Bill) vorhatten, sondern zum schlechten Geschmack? Möchte man mit der „trendi-


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gen“ Gestaltung die Menschen erst etwas reizen, um sie dann wieder für die Ästhetik zu sensibilisieren? Nach „the good“ ist jetzt gerade „the bad and the ugly“ an der Reihe. Das ist eine Pendelbewegung, irgendwann wird man wieder die klassische Gestaltung schätzen. Aber diese ist dann durch den visuellen Ausflug weiter mutiert. Der Blick verändert das Medium. Diese Entwicklungen finden in einer ziemlich kleinen Design-Szenen-Blase statt. Erst langsam sickern diese Ideen in den Mainstream. Wenn es für Insider schon total vorbei zu sein scheint, kommt es bei den meisten Laien gerade erst an. In meinen Beobachtungen und Nachforschungen zu den gegenwärtigen Trends im Design sehe ich starke Parallelen zur Hipster-Bewegung in der Mode. Man greift Stilmittel der 80er und 90er Jahre auf. Was als „Bad Taste“ anfing, hat sich heute in der Hipster-Mode etabliert. Die modische Gruppierung ist so groß geworden, dass nicht nur die Umsätze bei Flohmarkt-Mode blühen, sondern der Hipster-Stil mittlerweile auch bei großen Ketten wie H&M angekommen ist. Was einst der Abgrenzung vom Mainstream diente, ist also längst zu ebenjenem geworden. Ist das nicht auch in der Gestaltung so? Auf Websites wie trendlist.org sieht man unzählige Beispiele von „Staircases“, „Frames“, „Neon Colors“, „Left, Right, Up & Downs“ etc. Ja. Die Stilmittel einer kleinen Szene werden aufgegriffen und solange aufgewärmt, aufgegossen und verbraten, bis sie bei der Galeria Kaufhof auf dem Wühltisch landen. Und das ist wieder ein Meta-Zeichen für die nächste Szene (das könnten z. B. heutige Schüler sein), dass es so gar nicht geht. Wer hat denn angefangen mit Staircases, Frames, Left, Right, Up & Down? Und was sollte damit ursprünglich kommuniziert werden? Häufig ist in diesem Zusammenhang die Rede von der eigenen Persönlichkeit, die man mit der Gestaltung ausdrücken möchte, nach dem Motto „Ich gestalte nicht hässlich, das ist meine eigene Persönlichkeit,

mein eigener Stil.“ Ähnliches sagen auch Hipster von sich: „Ich bin kein Hipster, ich ziehe einfach nur das an, was mir gefällt“. Warum ist häufig der Ausdruck der eigenen Persönlichkeit so ähnlich? Weil sich Design-Studenten oft nicht klar machen, in welcher Design-Blase sie sich bewegen. Aber auch außerhalb davon sind wir natürlich alle Individualisten mit dem gleichen Individualisten-Mobiltelefon. Was können Sie bei den Abgaben Ihrer Studierenden beobachten?

Staircases, Frames, Neon Colors, Left, Right, Up & Down. Rauf und Runter. In allen vier Ecken soll Design drin stecken.

Staircases, Frames, Neon Colors (hält sich seit den 1990ern, frühes Beispiel: Wired, ab 1993), Left, Right, Up & Down. Rauf und Runter. In allen vier Ecken soll Design drin stecken. Es gibt in jedem Entwurf die Meta-ZeichenEbene: aktuelle Mode. Wir sind alle Kinder unserer Zeit. Meine eigenen Entwürfe aus den 1990ern sehen heute auch nach 1990er aus, so individuell ich damals auch sein wollte. Die Meta-Ebene beim Entwurf, die mich aber mehr interessiert, sind die Inhalte und das Medium. Daraus entwickeln sich die Formen der Zukunft. Ist es nicht gerade in Zeiten von Internet und Wissens- und Reizüberflutung hilfreich, auf Ruhepole und klare übersichtliche Gestaltung zu setzen? In der Fülle von Informationen möchte man doch schnell und ohne langes Suchen wissen, worum es geht, oder man blättert oder klickt sofort weiter. Geht da die überladene „hippe“ Gestaltung nicht unter und verfehlt sein Ziel, Informationen zu vermitteln? Genau. Oft sollen aber nicht „Informationen“ vermittelt werden sondern eine gewisse Hipness als Meta-Botschaft. Aber keine Sorge, nach zuviel Chaos kommt wieder Ruhe. Nach Jugendstil und Expressionismus kam die neue Sachlichkeit. Nach dem Cover von Sgt. Pepper kam das Weiße Album. Auf Regen folgt Sonnenschein. Siehe auch: Hype Cycle. Zum Thema überladene Gestaltung: ein Trend, der mir sehr gefällt: Texte groß setzen! Einfach in Ruhe lesen können, im Netz und im Buch. Sowohl in den aktuellen Mode- als auch in den Design-Trends lässt sich häufig eine ironische Grundhaltung ablesen. Es werden

Hype Cycle nach Gartner Inc. 2

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Technology Trigger Peak of Inflated Expectations Trough of Disillusionment Slope of Enlightenment Plateau of Productivity


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Hipster-Design

„decode­unicode – Die Schriftzeichen der Welt“ von Johannes Bergerhausen und Siri Poarangan, Hermann Schmidt Verlag

nicht nur T-Shirts mit ironischen Sprüchen getragen, man sieht sie auch in der Gestaltung, beispielsweise auf Postern. Besonders bei Design-Studenten wird ein gewisser Trash-Chic gepflegt. Liegen diese Trends etwa darin begründet, dass man sich hinter einer Ironie-Wand versteckt, um nicht sein eigentliches Ich preisgeben zu müssen? Denn mit der Begründung „ist doch alles ironisch gemeint“ ist ja alles möglich, und man kann für Fehler nicht belangt werden. Macht man es sich da nicht etwas zu leicht? Das ist die Meta-Ebene, sagen wir, „Gesellschaft“, die auch in jeden Entwurf hineinspielt. Ironischer Kapitalismus. Digitale Moderne. Diese Art der Gestaltung ist ja eher in der Kunst- und Kulturszene beheimatet, die ja nicht gerade für ihre üppige Bezahlung bekannt ist. Wie kann man sich trotzdem über Wasser halten? Muss man dafür Standard-Jobs annehmen? Die meisten Büros haben Brotjobs, im besten Fall schön regelmäßig, um die Miete zu zahlen.

Mitarbeitermagazine sind da perfekt. Die reine Gestaltung ist später nur ein kleiner Teil dessen, was Sie bei der Arbeit machen werden. Eine kaufmännische Denke kann nicht schaden. Bald zahlen Sie Steuern. Ich empfehle: „Psychogramm des Selbstständigen“ von zwei Alumni von uns, erschienen beim Niggli Verlag. Allem Anschein nach kehrt Mike Meiré mit seiner letzten 032c-Ausgabe der hippen Gestaltung schon wieder den Rücken zu und wendet sich wieder hin zur klassischen Gestaltung. Wird das das Ende vom Lied sein? Oder ist man weiterhin bestrebt, gegen die Klassik anzukämpfen? Eine Ende vom Lied wird es hoffentlich nie geben. Zum Glück gibt es immer wieder neue Musik, Texte, Filme, Formen, Medien, Ideen. Auch die Klassik verändert sich laufend und wird immer wieder neu definiert. Wer bestimmt eigentlich heute den Kanon? Google? Herr Bergerhausen, ich danke Ihnen für das Interview.


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Alexander Lis Alexander Lis zählt zu den derzeit bekanntesten Grafikdesignern in Deutschland, nicht zuletzt durch seine andauernden Aktivitäten im deutschen und internationalen Internet. Er ist Mitinitiator des Designfestivals „After School Club“ und der Independent-Buchmesse „Issue“ in Frankfurt am Main. Seit 2009 hat er Workshops und Vorträge an fast allen deutschen Designhochschulen gegeben und sowohl in London als in Amsterdam gearbeitet. Zusammen mit den Designern Katja Baumann und Tim Heiler gründete er das Designbüro Frankfurt, mit dem er aufmerksamkeitsstarke, medienübergreifende Design- und Kommunikationsprojekte umsetzt. Alexander Lis betreibt als Teil des Kollektivs fourfiveX Forschungsprojekte zwischen Design und Kunst. Text: Alexander Lis

Ich habe im Zeitalter des Internets keine Probleme mit dem Kopieren, weil es den Weg erleichtert, sich schneller zu entwickeln – es geht um Sharing Knowledge.

Beobachtet man aktuelle Trends im Design, z. B. auf Seiten wie trendlist.org, kann man schnell feststellen, dass viele Designer sich Sehgewohnheiten widersetzen und gelernte Grundregeln der Gestaltung (Stichwort „Schweizer Schule“) brechen. Das ist nicht nur bei den Großen wie Mirko Borsche oder Eike König der Fall, sehr häufig auch bei Studenten. Warum ist das so? Woher kommt diese Veränderung? Gibt es einen Umbruch im Design? Zunächst zu trendlist.org: Interessant daran ist, dass die Kategorisierung ein neues Vokabular geschaffen hat, sei es in Bezug auf die Art der Gestaltung – z. B. ob die Schrift im Kreis gesetzt ist oder ob sie auf der Fläche frei verteilt ist, ob es nur Typo ist oder ob es Gradients sind. Das ist ein interessanter Aspekt, der mit dem Trend-List-Generator, den es auf der Webseite gibt, auf die Spitze getrieben wird. Zum Thema Trend an sich: Ich persönlich frage mich, wie es denn früher war, als z. B. Wim Crouwel oder Max Bill gestaltet haben. Hat man damals auch gesagt, dass diese Gestalter einem bestimmten Trend folgen, weil sie z. B. mit Rastersystemen arbeiten? Ich denke, ein Trend entwickelt sich durch das Zusammenkommen von mehreren Faktoren. Es gibt auf der einen Seite immer die Trendsetter und auf der anderen Seite die, die versuchen, sich im Dunstkreis des Trends mitzubewegen. Ich persönlich habe nichts gegen Trends. Ich finde

sie interessant, weil sie immer neue Wege aufzeigen. Der Mensch ist immer bestrebt, Dingen einen Namen zu geben und damit ein bestimmtes Gefühl zu erzeugen. Ob man etwas gut oder schlecht findet, wird oft durch ein bestimmtes Wort begründet. Das Wort „Trend“ hat häufig eine eher negative Bedeutung und macht es vielen Menschen leicht, zu sagen „Ach, der arbeitet doch eh nach dem Trend!“ Es fördert immer eine Art Schubladendenken. Interessant an aktuellen Trends ist, dass wir in einer hochtechnisierten Welt leben. Es gibt unzählige Möglichkeiten, und es ist oft schwer, sich zu entscheiden. Beispielsweise gehört zum Print-Bereich jetzt fast schon selbstverständlich die 3D-Drucktechnologie dazu. Durch die Fülle an Optionen werden Trends auch kurzlebiger, weil der eine schnell von dem anderen abgelöst wird oder sich mehrere Trends zeitlich sogar überlagern. Es ist immer ein Kommen und ein Gehen. Bezüglich Trends in manchen größeren Studios glaube ich, dass diese viel durch junge Praktikanten geprägt werden. Wer einen bekannten Namen hat, kann über das Internet relativ leicht Kontakt zu guten Studenten aus verschiedenen Hochschulen herstellen. Die bringen zeitgemäße Stile mit, die sich dann in den Studioprojekten widerspiegeln. Woher kommt die Sehnsucht nach dieser alten Art der Gestaltung? Warum überlagert


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man z. B. Bilder oder Typo auf Bildern, was dazu führt, dass man die Bilder, die darunter liegen, nicht mehr richtig sehen oder die Typo nicht mehr gut lesen kann. Es werden verschiedene Stile miteinander verbunden – z. B. wird Fließtext in Bold gesetzt, gleichzeitig noch Italic, gleichzeitig noch unter- und durchgestrichen. Vielleicht ist es ja so, dass der Gehorsam der Studenten nicht mehr so hoch ist wie vor zwanzig oder dreißig Jahren. Früher wurde man von einem Professor unterrichtet, der eine Schriftsetzer-Lehre gemacht hat, der in Basel studiert hat o. Ä. Man musste einfach bestimmte Regeln befolgen und durfte z. B. nicht mehr als zwei Schriftarten verwenden. Es kommt aber auch auf die Hochschule an: Letztes Wochenende war ich an der FH Konstanz. Die Studenten verfolgen dort beispielsweise einen viel cleaneren und aufgeräumteren Style als Studenten der HfG Offenbach, FH Mainz oder anderen Hochschulen. Beispiele auf internationaler Ebene sind das Studio „The Rodina“ aus Brno / Tschechien und „Deep Throat“ aus Prag / Tschechien. An tschechischen Hochschulen herrschte früher eine strenge Art zu unterrichten – ohne viel Raum für Freiheiten. Daraus entwickelte sich nun eine Art Revolution, um einen komplett neuen Weg zu gehen und alte Regeln zu brechen – aber trotzdem auf einer kreativeren Ebene, als einfach auf Blogs wie „Manystuff“ zu gehen und Sachen zu kopieren. Was glaubst du, wo das hinführen wird, wenn es wirklich eine Revolution oder ein Umbruch im Design ist? Es wird wieder zu einer ästhetischen Explosion führen à la David Carson. In Holland gibt es mit „Pinar & Viola“ auch schon die ersten, die mit sehr starkem und künstlerischem Verständnis an die Arbeit herangehen – auch deshalb, weil sie an der Sandberg Hochschule ihren Master gemacht haben. Sie sind letztes Jahr nominiert worden für den Dutch Newcomer Award. Eine Revolution wird wohl zu einer kompletten Explosion führen, bis man sich dann wieder rückbesinnt und sagt: „Wir brauchen eine Beruhigung“. Wie das eben so ist mit Trends ...

gründung „ist doch alles ironisch gemeint“ ist ja alles möglich, und man kann dafür nicht belangt werden. Ist das in der Gestaltung auch so? Zumindest habe ich das Gefühl oft bei Studenten, dass sie einfach mitmachen und kopieren, um keine Rechenschaft ablegen zu müssen. Allgemein zum Thema Kopieren: Ich habe im Zeitalter des Internets keine Probleme mit dem Kopieren, weil es den Weg erleichtert, sich schneller zu entwickeln – es geht um Sharing Knowledge. Es gibt emotionale Gestalter, und es gibt systematische Gestalter. Und an vielen emotionalen Gestaltern merkt man, dass sie auch neue Wege gehen, weil sie einfach ihr Ding machen. Da stellt man keine Frage, ob man ein Raster setzt oder nicht. An der FH Darmstadt habe ich gelernt, viel mit Rastern zu arbeiten. Heute arbeite ich aber kaum noch mit Rastern. Es wird einfach nur noch gefühlsmäßig viel ausprobiert. Und Mode: Weil viele Studentenarbeiten nicht zusammen mit dem Kunden entstehen, arbeiten die Studenten schnell nach Gestaltungsästhetiken, die sie vorgelebt bekommen von ihren Idolen, die momentan im Trend sind. Wie funktioniert es denn, wenn man davon leben muss? Meistens ist diese Art der Gestaltung eher in der Kultur- oder Kunstszene verortet, die ja nicht gerade für ihre üppige Bezahlung bekannt ist. Muss man auch Standardjobs annehmen? Auf jeden Fall. Ich denke, jede große Firma braucht irgendwelche Money-Jobs. Sonst kann sie nicht überleben. Daher ist es auch ein sehr gutes Gefühl, an solchen „Standardjobs“ zu arbeiten. Vielleicht auch ein neuer Trend? Alex, ich danke dir für das Gespräch.

Siehst du auch Parallelen zwischen der Mode und der Gestaltung? In der Mode ist ja häufig eine gewisse Portion Ironie dabei, so ein Trash-Chic. Man versteckt sich hinter einer Ironie-Wand, um nicht sein eigentliches Ich preisgeben zu müssen. Denn mit der Be-

Veranstaltungsplakate für das Japanische Filmfestival „Nippon Connection“ in Frankfurt


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Freie Arbeiten unter „fourfiveX“

Hipster-Design


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Manifest des Design-Kollektivs fourfiveX, welches derzeit folgende Mitglieder hat: Tim Heiler Alexander Lis Kai Bergmann Samuel Bänzinger Katja Baumann Matthias Zänsler Štepán Prokop Troy Kreiner Federico Proietti Marie Schoppmann Simon Keckeisen Sebastian Pataki Jan Buchczik Ruben Fischer The Rodina


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Hipster-Design

Prof. Florian Pfeffer

Prof. Florian Pfeffer, 1970 in Rheinfelden geboren, lebt und arbeitet in Amsterdam und Bremen. Studium: Kommunikationsdesign in Würzburg, Mailand und Bremen. Seit 1998 Lehrtätigkeit im Libanon, USA und Deutschland. Von 2006 bis 2012 war Florian Pfeffer Professor an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Florian Pfeffer ist Partner im Designbüro „one / one“ mit Büros in Amsterdam, Berlin und Bremen. Zu den Auftraggebern von one/one gehören die Messe Frankfurt, VW, MTV, Philips, Bundesfinanzministerium, Radio Bremen, VSB Fonds, Swisscom, Stadt Bremen, poetry on the road, Klett-Cotta, Hatje Cantz u. v. a. Für seine Arbeiten hat one / one mehr als 50 nationale und internationale Awards erhalten. Florian Pfeffer ist Direktor der Stiftung :output in Amsterdam und Herausgeber / Gestalter des internationalen Jahrbuches :output für Designprojekte aus Hochschulen.

Welches sind die Hintergründe für die trendige Gestaltung, wie sie zum Beispiel auf trendlist.org oder im „Pretty Ugly“-Buch von TwoPoints zu sehen ist? Warum wehrt man sich gegen gelernte Regeln in der Gestaltung? Warum wird nicht mehr schweizerisch gestaltet, wie man es früher einmal gemacht hat? Es werden keine Raster mehr benutzt, vieles wirkt laienhaft und erinnert an die 80er Jahre. Ich glaube, dass es sich hier um ein Wettrennen handelt, das Gestalter untereinander austragen. Das sieht man nicht nur an solchen Trends und Stilen, sondern auch daran, wie Designer sich nennen. Vielleicht könnte man daraus auch einen interessanten Blog machen: Wie heißen Designbüros? Als ich studiert habe, hießen viele „Büro für Gestaltung“. Dahinter steckt der Wunsch, Gestaltung zu rationalisieren. Trends sind auf der einen Seite Rudelbildungen und auf der anderen Seite Abgrenzungen zu dem, was davor war. In den 50er Jahren war die Ulmer Schule in Deutschland eine Gegenbewegung zur Nazi-Zeit, wo alles übersteigert und emotional aufgeladen war. Man hat in dem Rationalen, in der Vernunft und der stilistischen Reduktion geglaubt, eine Art von tieferer Wahrheit zu finden. Es galt, sich von der Vergangenheit abzugrenzen – nicht nur, aber auch über den Stil. Das funktioniert nicht nur auf der gesellschaftliche Ebene, sondern auch auf der individuellen Ebene der Selbstvermarktung: Gestaltern geht es darum, Einzigartigkeit, Sichtbarkeit und eine eigene Identität über

Ich glaube, dass es sich hier um ein Wettrennen handelt, das Gestalter untereinander austragen.


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Stile aufzubauen. Wenn diese Strategie Erfolg hat, und ein Stil massenweise kopiert wird, funktioniert die Abgrenzung nicht mehr, und das ist der Moment, in dem der nächste Stil ausgelöst wird. Aktuell ist das eben eine Art „Trash“ – der vermeintliche, sehr kalkulierte, ironische Bruch mit den Regeln. Man kann zur Zeit aber auch viele andere Stile beobachten – zum Beispiel eine totale Reduktion. Ich glaube sowieso, dass Gestaltung so pluralistisch geworden ist, dass heute viele Stile nebeneinander existieren können … ein beruhigendes Gefühl, weil es den Wahrheitsanspruch eines Stils – wie in den 50er Jahren – konterkariert. Ein Stil ist heute einfach nur ein Stil, nicht mehr und nicht weniger. Dazu kommt: Durch das Internet ist alles sichtbar geworden und kann leichter imitiert werden. Blogs wie Trendlist liefern einen großen Beitrag dazu. Alles ist aufbereitet und kategorisiert. Das Kochbuch liegt auf dem Tisch, sowohl die Zutaten als auch das Rezept für den Kuchen sind da … man kann sofort anfangen, zu backen. Bei :output können wir dieses Phänomen gut beobachten: Wenn wir eine bestimmte Art von Buch auszeichnen mit bestimmten Themen, Gimmicks oder Materialien, dann weiß ich, dass im nächsten Jahr drei oder vier weitere Bücher dieser Art eingesandt werden. Ich habe mir schon überlegt, ob wir nicht :output-Ausgaben machen sollten, in denen nur bestimmte Themen versammelt sind – zum Beispiel „Alice im Wunderland“ – dazu haben wir seit zehn Jahren in jedem Wettbewerb mindestens vier oder fünf Projekte. Oder: „Jekyll and Hyde“, „SelfMapping“ und „Ich hab’ mir einen Bus gemietet, bin durch Europa gefahren und habe kostenlos Gestaltungsleistungen an wildfremde Leute angeboten.“ Vor zwei Wochen, bei der Jurysitzung von :output, ist mir ein Trend sehr stark aufgefallen: Kleine Bücher. Kleine Formate. Bei der Projektion dachte man: „Ah, ein Buch!“ Und im nächsten Bild sieht man eine Hand, die dieses Buch aufblättert und man merkt: „Oh, das ist ja noch kleiner als ein Langenscheidt-Lexikon!“ Ich bin mir sicher, wir werden nächstes Jahr noch mehr kleine Bücher sehen. Ist das einfach eine aktuelle Mode, in der man kopiert, um dazuzugehören? Oder ist es eine Rebellion? Das ist keine Rebellion. Dass alles etwas „ugly“ aussieht, ist keine Rebellion, sondern – wenn überhaupt – ein Rebellion-Surrogat. Mehr noch: Grafik-Design war selten so unrebellisch wie heute, und ich weiß nicht, ob Rebellion überhaupt eine Kategorie von Grafik-Design sein kann. Dabei gibt es eine Menge von Dingen, gegen die es sich lohnen würde, zu rebellieren. Aber dazu müsste man als Designer doch etwas intelligentere Mittel ins Feld führen als einen grafischen Stil … das ist mir zu kindisch. Ich habe beispielsweise vor drei Wochen ein Interview mit dem Interaction-Designer (!) Bas van Abel gemacht, der das erste fair produzierte Mobiltelefon produzieren will (und wird) – bürgerkriegsfrei, ohne Ausbeutung von Minenarbeitern, mit offenem Betriebssystem und voll recyclebar (www.fairphone.com). Das ist Rebellion, weil es die Art und Weise in Frage stellt, wie wir heute leben und wovon wir leben. Vor 30 Jahren haben sich Leute in Sitzblockaden vor die Pershing-IIRaketen gelegt. Die Demonstration des 21. Jahrhunderts ist es, einfach selber ein Produkt zu gestalten. Ich finde das fantastisch, weil es zeigt, dass Design doch immer noch relevant ist. Aber einen Stil als Rebellion zu bezeichnen, wäre einfach nur naiv – das ist Hipster-Bullshit.


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Hipster-Design

Viele Studierende und Designer in den ersten Jahren des Berufslebens wollen zu einer Community gehören. Stile haben viele Funktionen – unter anderem sind sie eine Art und Weise, in der Design-Gemeinde untereinander zu kommunizieren: Dein Zeug sieht so aus wie meines, wir sind vom selben Planeten. Gerade der bereits angesprochene Pluralismus macht diese Gruppenbildung noch wichtiger als jemals zuvor. Optionen, Auswahl und Unübersichtlichkeit ist schön – schafft aber auch Verunsicherung. Man muss sich nur mal den heutigen Berufsalltag anschauen: „Generation Praktikum“, prekäre Arbeitsverhältnisse, etc. Man fragt sich, ob es Gestaltung als Beruf in 15 Jahren überhaupt noch geben wird. Auf der anderen Seite kann man als Designer heute unheimlich viel machen. Als ich mein Diplom gemacht hatte, gab es eigentlich nur zwei oder drei Berufe für Gestalter. Entweder hat man Werbung gemacht, oder man ist in ein Corporate Design-Büro gegangen – das war dann angesehener – oder man hat im Kultur-Bereich Bücher gemacht. Mittlerweile aber gibt es dreißig, vierzig, fünfzig Berufe, die man als Designer ergreifen könnte – bis hin zum SmartphoneProduzenten. Die heutige Situation ist eine Art Backlash und das Gegenteil einer Revolution: Wenn alles so unübersichtlich ist, wird die Nische attraktiv. Deshalb machen alle Self-Publishing. Wenn mein Magazin über „irgendwas“ 30 Leuten gefällt, dann ist das doch schon mal eine Familie. Man versucht, eine Community zu schaffen, die einem ein Gefühl der Zusammengehörigkeit gibt. Ob das Thema oder das Magazin selber irgendwie relevant ist, ist in dem Zusammenhang total egal. Bleibt das nur eine Sache der jungen Leute? Werden sie später wieder zurückkommen zur Klassik? Das glaube ich nicht. Im Studium und in den Anfangsjahren formt man sein eigenes Designer-Weltbild, und das verlässt man dann so schnell nicht mehr. Wer hingegen eine Art „Copy-Paste-Maschine“ ist, der wird keine große Zukunft im Design-Bereich haben. Viel wichtiger als ein Stil ist es, Dinge zu machen, die man begründen und vertreten kann. Ich merke beispielsweise in Präsentationen, ob jemand hinter dem steht, was er macht, oder ob er sich das einfach mal so zurechtkopiert hat.

poetry on the road Generative Grafiken, die poetische Texte in Bilder umwandeln. Auf diese Weise entsteht jedes Jahr eine neue Identität für das traditionsreiche Poesie-Festival „poetry on the road“ in Bremen. In Zusammenarbeit mit Boris Müller, Friederike Pfeffer und Florian Pfeffer.

Wichtiger wäre es vielleicht, über Ziele zu reden, die Gestaltung verfolgt und aus denen sich dann Stile ergeben. Was steht hinter dem Stil, und ist das, was dahinter steht, von Substanz? Wenn das Ziel ein subkultureller Dialog ist, dann ergibt sich daraus ein Stil, der nur von dieser Subkultur korrekt dekodiert werden kann – zum Beispiel ein MikroMagazin. Wenn ich eine gesellschaftliche Veränderung erreichen will, muss ich andere Mittel anwenden – zum Beispiel ein Smart-Phone. Weil man aber nicht so einfach von diesem zu jenem Ziel springen kann, ohne seine eigene Glaubwürdigkeit zu verlieren, ist es gut, wenn bestimmte Gestalter mit bestimmten Zielen hinter bestimmten Zielen stehen. Stil braucht Expertise, Erfahrung und Glaubwürdigkeit. Gibt es denn ein Ziel, was man beobachten kann? Schwer zu sagen. Man hat den Eindruck, bei all den Krisen entsteht vieles ad hoc – nach dem Motto: „Wir müssen schnell mal den Bankensektor retten – bis gleich“. Es ist ein Lebensgefühl, zu sagen „Lass uns doch einfach mal gerade schnell etwas machen und gucken wie es funktioniert, und dann sehen wir weiter!“. Ich finde das ganz sympa-


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Soundmachines – Volkswagen, IAA 2011 Interaktive Installation, die es Menschen erlaubt, gemeinsam Musik zu machen, ohne musikalisch zu sein. Grafische Disks werden von einem Tonabnehmer mit einem Lichtstrahl ausgelesen und spielen unterschiedliche Sound-Loops ab – je nach Muster der Disk. Durch das Bewegen des Tonabnehmers lassen sich diese Loops verändern, und es entsteht ein neues Musikstück. Soundmachines war Teil der Präsentation des neuen „Beetle“ auf der Internationalen Automobilausstellung 2011. In Zusammenarbeit mit Patrick Kochlick, Jens Wunderling, Thomas Sabel und Florian Pfeffer.

thisch und angemessen. Es ist auch schwer, Ziele einer Entwicklung zu erkennen, wenn man mitten in der Entwicklung steckt. In den 80er Jahren bspw. hat sich die ganze Medienlandschaft durch die Computer grundlegend verändert. Man konnte mit Computern Schriften machen, was heute eine Selbstverständlichkeit ist, damals jedoch total neu. Dass sich aufgrund von einer neuen Technologie die Welt verändert hat, war natürlich für die Gestaltung ein Riesenthema. Und daraus haben sich bestimmte Stile ergeben. War das allen aber so bewusst, oder haben viele erst hinterher im Rückblick gesehen, dass es epochal war? Wenn man mittendrin steckt, ist schwer zu sagen, was das Ziel ist. Manchmal weiß

man das gar nicht so genau, und man merkt erst hinterher, dass es vielleicht eines gab. Das Beispiel von Bas van Abel und dem Fairphone macht mich extrem optimistisch, dass es Ziele gibt – und er ist nicht der einzige Designer, der in solche Richtungen denkt. Das ist ja super, wenn man es hinterher erst merkt! (lacht) Epochen sind im Nachhinein leichter einzuordnen. Intuitiv verfolgt man vielleicht immer Ziele. Aber die große Frage bleibt: Was steht hinter einem Stil? Und ein Stil, hinter dem nichts steht, ist nur Dekoration. Klar, es dürfen Dinge auch einfach nur schön aussehen. Aber meis-

tens geht es dabei um eine Beschäftigung mit uns selbst, verstärkt durch das Internet und Social Media. Jeder Student hat heute eine Webseite, die alles sofort sichtbar macht. Als ich studiert habe, konnte ich auch mal richtigen Bockmist machen, den keiner sieht – das heißt bei mir „the drawer of shame“. Heute ist alles sofort sichtbar. Man sagt zwar leicht daher: „Es ist auch wichtig, zu scheitern“. Aber wenn ich das vor aller Augen machen muss, mein Scheitern praktisch ein öffentlich aufgeführtes Theaterstück ist, dann wird es schwer. Der Druck, sich dem Mainstream anzupassen, z. B. „Trash“, wird dann sehr, sehr groß.


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Sollte Gestaltung nicht eigentlich eher ein Vehikel sein, um Informationen zu vermitteln? Wenn sich aber auf trendy Art und Weise Bilder und Typo überlagern, ist doch der Betrachter eher verwirrt und guckt oder blättert im Magazin oder auf der Website schnell weiter. Es kommt darauf an, was es ist. Wenn man sich das Orientierungssystem anschaut, das Vier5 im Jahr 2007 für die Documenta gemacht haben, kann man sagen: „Ist doch egal!“ – die Leute brauchen auf der Documenta kein Orientierungssystem. Da läuft man einfach so drüber und sieht sich Bilder an. Trotzdem gab es eines. Bei einer Autobahnbeschilderung wäre diese Art der Beschilderung natürlich ein Problem. Bei vielen Magazinen zum Beispiel geht es nicht mehr nur darum, dass man sie liest, sondern dass man über bestimmte Ästhetiken Subkulturen abbildet. Die Kodierung ist also eine ganz andere. Selbst wenn man es nicht mehr lesen kann, die Kodierung funktioniert trotzdem noch. Denn viele Leute kaufen sich nicht ein Magazin, um eine Information zu bekommen, sondern um einem Lifestyle und einer Subkultur anzugehören.

Hipster-Design

ein Magazin abgekauft, das keiner lesen kann. Ich hab‘ euch alle reingelegt!“. Sondern weil es Ausdruck eines Lebensgefühls war. Dafür kaufen Leute auch Dinge. Diese Art der Gestaltung ist ja eher in der Kunst- und Kulturszene beheimatet, die nicht gerade für ihre üppige Bezahlung bekannt ist. Wie kann man sich trotzdem über Wasser halten? Muss man dafür Standard-Jobs annehmen? Da ich mich selbst nicht zu dieser Fraktion zähle, ist das für mich schwer zu sagen. Ich glaube, das Problem ist weniger das Einkommen des Büro-Inhabers, vielmehr stellt sich die Frage: Welche Arbeitsbedingungen bietet ein Büro den Leuten, die dort arbeiten? Sind das zehn Praktikanten und ein „Senior Designer“, der 2.000 Euro Brutto verdient (womit man nur sehr schwer eine 4-köpfige Familie ernähren kann)?

Der Versuch, zu definieren, was der eine (!) Zweck von Design ist, führt immer in eine Sackgasse. Denn das würde bedeuten, dass es nur einen Zweck gäbe. Es gibt aber viele unterschiedliche Zwecke. Das Problem entsteht nur dann, wenn die Zwecke und die Mittel vermischt werden. Wenn man sagt: „Ich habe die Aufgabe, eine Autobahnbeschilderung zu machen. Die wird jetzt super stylish, wie ein Magazin – mehr so intuitiv!“ In dem Moment hat man natürlich verloren.

Ein funktionierendes Geschäftsmodell produziert Arbeitsbedingungen, die sozial akzeptabel sind. Das ist eine Frage, die in Designkreisen viel zu wenig diskutiert wird. Viele junge Designer haben die Vorstellung, von Design gut leben zu können, schon längst aufgegeben. Wenn Geld keine funktionierende Währung mehr ist, treten andere Dinge wie „Anerkennung“ oder „Dazugehören“ noch stärker in den Vordergrund als bisher. Daher sind viele eher bereit, in bekannten Büros ein einjähriges Praktikum für 500 Euro/Monat zu machen oder nach dem Studium noch zwei Jahre weiter Praktika zu machen. „Okay, da verdiene ich zwar nichts, aber ich gehöre zumindest zu der ‚Hot-Shit-Fraktion‘ dazu, und vielleicht gibt’s ja am Ende einen richtigen Job.“

Mirko Borsche z. B. ist unter anderem deshalb zur Zeit so erfolgreich, weil er es ausgesprochen gut beherrscht, Lifestyles in Magazinen abzubilden. David Carson hat in den 90er Jahren Magazine gemacht, die nur in dem Zeichensatz „Zapf Dingbats“ gesetzt waren. Man konnte sie zwar nicht mehr lesen, sie haben sich aber super verkauft. Nicht, weil die Leute doof sind oder weil er gesagt hat: „Haha, ihr habt mir

Ich will mal ein Beispiel nennen: 2008 gab es im ZKM und im Museum für Neue Kunst in Karlsruhe eine Ausstellung „Neues Terrain – Aktuelle Kunst in und über Deutschland“. Dazu wurde ein Gestaltungswettbewerb veranstaltet, zu dem 25 (!) Designbüros eingeladen wurden, Wettbewerbshonorar: 0 Euro! Teilgenommen haben immerhin 12 Büros – zum Teil sehr namhafte Gestalter – und gewonnen hat Mario Lombardo.

:output Plattform für junge Talente in Design und Architektur; Buchgestaltung des Jahrbuches 2011. In Zusammenarbeit mit Robyn Baker, Friederike Pfeffer und Florian Pfeffer


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Mit dem Wettbewerb wollte das Museum laut eigener Aussage „jungen Designern eine Chance“ geben. Ich will das nicht weiter kommentieren. Nur so viel: Jeder, der in Mathe ein bisschen aufgepasst hat, weiß, dass 11 Büros ca. 3-4 Wochen umsonst gearbeitet haben. Am Ende wird das auf dem Rücken der Praktikanten ausgetragen bzw. durch die Selbstausbeutung von Gestaltern möglich gemacht. Worin hier die Chance bestehen soll, habe ich bis heute nicht verstanden und ich schäme mich, dass die Schwester-Institution der HfG Karlsruhe, an der ich die letzten 6 Jahre Professor war, solche Wettbewerbe veranstaltet. Aber es gehören immer zwei Seiten dazu … und die Büros, die teilgenommen haben, sind mit dafür verantwortlich, dass Design als Beruf unter die Räder kommt. Meiner Ansicht nach muss man nicht Standard-Jobs machen, um sich über Wasser zu halten. Man muss Sachen machen, die etwas wert sind und darauf bestehen, dass dieser Wert anerkannt wird. Man kann beobachten, dass beispielsweise beim Magazin „032c“ die Gestaltung wieder etwas weniger „ugly“ und dafür klassischer

und ruhiger wird. Wird dies jetzt das Ende vom Lied sein, dass man wieder zurückkommt, dass man sich irgendwann sattgesehen hat und denkt, das ist überholt?

zu tun?“ Ich glaube, dass es sehr wohl etwas damit zu tun hat. Und ich glaube auch, dass Designer darin eine Rolle bei der Gestaltung von Bildungssystemen spielen könnten.

Wie gesagt: Jeder Stil fragt nach dem Gegenstil. Es wäre schlimm, wenn wir einen Stil gefunden hätten und sagen würden „Geil, das ist es! Die nächsten 100 Jahre sind entschieden!“ Das wäre nicht gut.

Um es konkret zu machen: Der Chef der PisaStudie hat auf der re:publica darüber gesprochen, wie Lernen in einer vernetzten Gesellschaft funktioniert und wie wichtig es ist, sich mit Dingen auseinander zu setzen, die man nicht kennt und mit Menschen in Kontakt zu treten, die nicht aus derselben Community stammen wie man selbst. Da stößt man nicht auf Widerspruch. Widerspruch braucht man zum Lernen, und so etwas inspiriert dann wiederum als Gestalter: Wo kann ich mit meiner Gestaltung hingehen und versuchen, in Bereichen etwas zu reißen, die mit Gestaltung vielleicht in erster Linie gar nicht so viel zu tun haben? Mich inspirieren in erster Linie Dinge, die außerhalb von Gestaltung liegen, um dann zu sehen, was diese Themen für Gestaltung bedeuten könnten.

Wie gehen Sie denn vor bei der Gestaltung? Wo lassen Sie sich inspirieren? Mich inspiriert alles. Ich war letzte Woche in Berlin auf der Konferenz „re:publica“. Dort ist mir aufgefallen, wie stark die Themen Netzgemeinde und Vernetzung mittlerweile in alle Bereiche des täglichen Lebens ausstrahlen: Bildung, Politik, Wirtschaft. Würde man auf der TYPO Berlin etwa über das deutsche Bildungssystem reden? Nein. Weil dann alle fragen würden: „Ja, das System ist schlecht, das wissen wir alle. Aber was hat das jetzt mit Typo oder Gestaltung

Herr Pfeffer, ich danke ihnen für das Gespräch.


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Hipster-Design

Martin Lorenz

Martin Lorenz, geboren 1977 in Hannover, begann 1996 sein Design-Studium in Darmstadt, wechselte 1999 zur KABK (Königliche Akademie der Bildenden Künste) nach Den Haag und machte dort 2001 seinen Abschluss. Anschließend zog er nach Frankfurt, wo er die nächsten vier Jahre mit Eike König im „Hort“ arbeitete. Ende 2005 zog er zusammen mit seiner Frau Lupi Asensio nach Barcelona, wo sie 2007 TwoPoints.Net gründeten. Seit 2005 sind Lupi Asensio und Martin Lorenz auch als Dozentin und Dozent tätig, seit 2009 leiten sie den Postgraduiertenstu­ diengang „Angewandte Typografie“ der Elisava School of Design in Barcelona. Aktuell schreiben beide im Rahmen eines Design-Forschungsprogramms an der Universität Barcelona an ihrer Doktorarbeit.

Beobachtet man aktuelle Trends im Design, wie sie im Buch „Pretty Ugly“ oder auch auf trendlist.org zu sehen sind, so lässt sich schnell feststellen, dass viele Designer sich Sehgewohnheiten widersetzen und gelernte Grundregeln der Gestaltung brechen. Man nimmt sich Anleihen aus den 80er Jahren, gestaltet eher trashig, Bilder und Texte liegen scheinbar völlig willkürlich übereinander. Ein Raster lässt sich selten erkennen. Warum ist das so, was sind die Hintergründe dafür? Ich glaube, ganz gut beschrieben wird es im Creative Review-Artikel von Patrick Burgoyne aus dem Jahr 2007, wo es um das „New Ugly“ geht. Dort werden verschiedene wichtige Sachen angerissen. Z. B. ist eine Referenz zu den 80er Jahren das Magazin „Super Super“. Und es wird das Magazin „032c“ von Mike Meiré gezeigt, das zwar auch 80er Jahre-Bezüge hat, aber nicht mehr wirklich „80er“ ist. Seit 2007 ist ziemlich viel passiert. Bei der Recherche zu unserem Buch „Pretty Ugly“

haben wir ziemlich viel gesammelt. Am Ende hatten wir 900 Seiten und haben die runtergekürzt auf diese 224 Seiten. Wir hatten also wahnsinnig viel Material gesehen. Es kam auch immer mehr, und das hat uns bestärkt, dass es wirklich etwas ist, was gerade relevant ist. Dabei haben wir gesehen, dass es teilweise noch diese 80er-Bezüge gibt, aber dass man sich immer stärker davon loslöst und dass es immer mehr etwas Eigenes wird. Es ist nicht mehr nur diese 80er Jahre-Ästhetik. Es ist etwas ganz Eigenes geworden und nicht einfach ein Revival. Was wir auch gemerkt haben ist, weshalb wir nicht so ganz zufrieden mit dem Untertitel „Visual Rebellion in Design“ sind, dass es gewisse Leute geschockt hat – z. B. Michael Bierut von Pentagram. Das war aber im Grunde nur im Anfangsstadium. Wir denken, dass die Rebellion wichtig ist. Rebellion gab es immer, wenn etwas Neues entstehen sollte / musste. Die Funktion der Rebellion kann nur sein, ein neues Feld zu erkämpfen. In diesem Feld muss dann aber auch etwas passieren.


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Wenn man nur in der Rebellion stecken bleibt und keine wirkliche eigene Aussage hat, dann wird es schnell verpuffen. Und wir denken, dass, nachdem dieser Freiraum durch diese Rebellion erkämpft worden ist, Sachen entstanden sind, die wesentlich interessanter sind als nur die Rebellion an sich. Aber wenn Bilder und Texte übereinander liegen, die Lesbarkeit stark leidet – verfehlt da die Gestaltung nicht sein Hauptziel, nämlich Informationen zu vermitteln? Ja, aber im Graphikdesign geht es ja nicht nur um das Vermitteln von Informationen. Wenn man sich Branding, Corporate Design oder Werbung anschaut, erkennt man, dass da eine Geschichte aufgebaut wird, mit der man etwas verkaufen möchte. Und da ist der Inhalt gar nicht mehr so wichtig. Wenn du bspw. eine Kampagne für Schuhe oder Autos machst, dann haben die wenig mit Schuhen oder Autos zu tun. Das Produkt wird zwar gezeigt, aber eigentlich geht es nicht darum, sondern um einen Traum, den du verkaufst. Beim Branding und Corporate Design sind wir auch mittlerweile schon lange weg von dem Logo, was den Inhalt der Firma vermittelt. Es ist mittlerweile eher so, dass eine Corporate Identity strukturelle Werte vermitteln muss oder eine strukturelle Funktion hat. Die Firma muss sich artikulieren können und kommunizieren – heutzutage auf eine sehr flexible Art und Weise. D. h., es ist nicht mehr wirklich nur noch eine Botschaft, die vermittelt wird, sondern im Grunde ist es ein flexibles System, was für die Kommunikation eingesetzt wird. Graphikdesign ist ein großes Feld, und es kommt darauf an, wofür es eingesetzt wird. Ich glaube, dass die guten Beispiele von „Pretty Ugly“ nicht versuchen, etwas zu verstecken, sondern Prozesse zu zeigen. Bei den guten Projekten ist es so, natürlich kann man nicht von allen sprechen, dass ein Text über dem anderen Bild liegt und das Bild über dem Text liegt, nicht um Dinge unleserlich zu machen, sondern eher um Prozesse zu zeigen. Um andere Sachen vermitteln zu können, die wir vorher nicht vermitteln konnten, weil wir diese Sprache nicht gesprochen haben. In „Pretty Ugly“ gibt es ein Interview mit Rob van den Nieuwenhuizen, der sinngemäß sagt: „Mir geht es nicht darum, etwas hässlich zu machen, sondern es ist einfach Ausdruck meiner selbst“. Von Hipstern hört man Ähnliches: „Nee, ich bin kein Hipster, sondern ich trage einfach die Sachen, die mir gefallen und möchte mich vom Mainstream absetzen.“ Aber häufig ähneln sich die Gestaltungen und die Mode doch sehr. Warum ist der Ausdruck der Persönlichkeit so ähnlich? Für uns ist das schon Trend und interessiert uns nicht mehr wirklich. Deswegen war es uns wichtig, das „Pretty Ugly“-Buch zu veröffentlichen, bevor sich das Ganze in einen Trend verwandelt hat. Was uns interessiert, sind eher die konzeptionellen Ansätze der Bewegung. Wenn Rob sagt, was ihn daran interessiert oder seine Persönlichkeit zur Sprache kommt, dann ist das eigentlich auch nur eine logische Konsequenz von der Geschichte des Graphikdesigns. In den 90er Jahren hatte man den Designer als Autor, dann als Editor und als Sender, und eigentlich ist es nur ein Bewusstwerden, dass es kein transparentes oder unsichtbares Design gibt. Vielleicht kann man das noch in Bezug auf Lesetexte sagen, die mit einer gerade normalen oder gängigen

Ich glaube, dass die guten Beispiele von „Pretty Ugly“ nicht versuchen, etwas zu verstecken, sondern Prozesse zu zeigen.


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Schrift gesetzt werden, die dann unsichtbar werden, weil man sie so oft gesehen hat. Wenn man das Ganze um hundert Jahre versetzt, ist die Groteskschrift überhaupt nichts Gängiges oder Unsichtbares mehr, weil sie damals ganz anders aufgenommen wurde. Dieses Sich-Bewusstwerden, dass man eine eigene Stimme hat als Designer, ist im Grunde nur eine logische Konsequenz. Wenn man zehn verschiedene Designer mit demselben Briefing beauftragt, wird man zehn unterschiedliche Lösungsansätze finden. Und die sind alle gleichwertig und können funktionieren, aber sie sind alle Resultate eines Designers, des Geschmackes, der Schicht. Wichtig ist natürlich, dass es funktioniert, aber das heißt nicht, dass der Designer unsichtbar ist. Das heißt aber auch nicht, dass alle Jobs im Graphikdesign eine Plattform bieten für Künstler. Das wäre völlig am Ziel vorbeigeschossen. Wenn man Werbung oder ein Plattencover macht, kann man wirklich machen, was man möchte. Wenn man aber eine Corporate Identity macht, ist man viel stärker eingeengt und muss auf viel mehr Faktoren Rücksicht nehmen. Wo wird diese Art der Gestaltung hinführen? Was wird aus diesem Umbruch im Design hervorgehen? Ich glaube, die negative Seite wird sich in einen Trend verwandeln, der dann irgendwann langweilig wird und dann wieder zu einer neuen Bewegung führt. Bei jedem Stil in der Geschichte des Graphikdesigns kam es vor, dass Leute Stile übernommen haben und nur die Ästhetik aber nicht die Inhalte betrachtet haben und das wiederholt haben, bis die Leute das nicht mehr sehen konnten, bis es langweilig geworden ist und sich keiner mehr dafür interessiert hat. Was wir beibehalten werden, ist, denke ich, diese mehrschichtige Gestaltung, die auf vielen verschiedenen Ebenen passiert und im Grunde auch Bezüge nimmt auf andere Sachen. Z. B. Navigationssysteme in Büchern: Man macht kein klassisches Inhaltsverzeichnis mehr, sondern man versucht viel kreativer mit der Information umzugehen und auf verschiedene Informationsebenen aufzubauen und in einem Buch mit dem Design verschiedene Stimmen möglich zu machen. Ich glaube, dass dies das Resultat von der Art und Weise ist, wie wir heutzutage kommunizieren und uns im Internet durch die Welt bewegen. Wenn man ein kleines Beispiel nehmen sollte: Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass es vor zehn bis fünfzehn Jahren undenkbar war, dass man fremde Logos auf die eigene Webseite gesetzt hat. Man musste sie immer stilistisch anpassen, damit sie auch ästhetisch, harmonisch zu dem Rest passten. Mittlerweile hat aber keiner mehr ein Problem damit, Facebook-, Pinterest- oder Twitter-Logos oder diese hässlichen Twitter-Feeds auf seine Seite zu stellen. Dass man Bausteine aus anderen Webseiten herausnimmt und sich mit diesen vernetzt oder etwas auf Instagram hochlädt, das dann automatisch in Facebook oder Twitter erscheint, ist für uns zur Normalität geworden. Und das wird sich logischerweise in der Art und Weise wie wir lesen und visuell kommunizieren widerspiegeln. Was dieser Teil ästhetisch später für eine Form annehmen wird, kann ich nicht sagen, aber ich denke schon, dass es weiterhin existieren wird.

„Pretty Ugly – Visual Rebellion In Design“, Gestalten Verlag, 2012


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Bei der letzten „032c“-Ausgabe hatte man schon das Gefühl, dass es wieder Richtung Klassik zurückgeht. Im Vergleich zu den vorherigen ist die letzte Ausgabe viel sachlicher und nüchterner. Auch wenn es manchmal in den Büchern so rüber kommt: Es gibt keinen klaren Beginn von einer Bewegung, die dann aufhört und es beginnt eine neue. Sondern es sind ganz viele simultane Bewegungen. Der Grund, warum Mike Meiré die Ausgabe des 032c so gestaltet hat, war, dass er sich als Marke absetzen konnte von anderen Marken, die es zu dem Zeitpunkt nicht so gemacht haben. Jetzt, wo es auch mehr Magazine gibt, die es genauso machen, kann man sich damit nicht mehr von den Konkurrenten absetzen, also muss man wieder etwas anderes machen. Dabei hat er ganz klar an sein Produkt gedacht. Aber wenn er jetzt etwas klassischer macht, dann glaube ich nicht, dass es ein Zeichen für die Rückkehr der Klassik ist, weil die immer da war. Ich weiß es nicht, was danach kommen wird, ob klassisch oder nicht. Meistens ist diese Art der Gestaltung eher in der Kultur- oder Kunstszene verortet, die ja nicht gerade bekannt ist für ihre üppige Bezahlung. Wie kann man sich trotzdem über Wasser halten? Muss man auch Standardjobs annehmen? Für andere Leute im „Pretty Ugly“-Buch kann ich nicht reden. Ich glaube, dass auch viele jüngere Leute dabei sind, manche sind auch Künstler, die verdienen auf dem Kunstmarkt ihr Leben. Bei uns ist es so, dass wir uns gar nicht so sehr als „Pretty Ugly“-Designer sehen. Wir sind ein kleines Büro, und alles, was wir machen, landet auf unserer Webseite. Des-

wegen wollen wir keine Jobs machen, die einfach nur Geld reinbringen, sie müssen für uns immer auch interessant sein. Wir haben eigentlich mit unseren Kunden immer ziemliches Glück gehabt – wenn man mal absieht von unseren ganzen Büchern. Bücher zu machen lohnt sich im Graphikdesign nicht wirklich, weil es dafür einfach zu wenig Graphikdesigner auf dieser Welt gibt. Eher lohnen sich Architekturbücher, weil die noch mehr Leute interessieren. Unsere Projekte sind eigentlich so gut bezahlt, dass man nebenher auch ein paar Bücher machen kann. Aber wir haben auch gesagt, dass wir jetzt erst einmal ein bisschen Pause machen. Wir haben teilweise bis zu fünf Bücher als Editors und Designer gemacht pro Jahr, und das war schon sehr zeit- und arbeitsintensiv. Und das, was dann später an Geld rauskommt, kann nicht alles wieder wettmachen. Wir arbeiten nie an Wochenenden und unter der Woche auch nur bis fünf oder sechs Uhr, d. h., wir müssen eigentlich auch gut bezahlt werden, damit wir uns diese Freiräume nehmen können. Wie geht Ihr denn bei Euren Gestaltungen vor? Was sind denn Eure Inspirationen? Wir sind natürlich Kinder dieser Zeit, d. h., wir sind beeinflusst von dem, was Menschen gerade denken und für richtig empfinden, und mit diesen Menschen müssen wir auch kommunizieren. Für uns ist bei jedem Projekt das Wichtigste, dass wir zu Beginn erst einmal das Produkt, die Firma und auch die Zielgruppen analysieren, wobei es heutzutage viel diverser ist als früher. Und dann versuchen wir, aus dieser Essenz eine Strategie und ein Konzept zu entwickeln. Daraus ergibt sich dann auch die Ästhetik. Für uns ist es ganz wichtig, diese rational gesetzten Parameter zu haben, weil

es uns ermöglicht, in diesem Freiraum zu experimentieren und zu spielen. Mit diesen Kriterien können wir später beurteilen, ob das, was wir da experimentiert haben, auch richtig ist. Auch sehr wichtig ist, dass wir versuchen, mit jedem Projekt etwas zu machen, was vorher in dieser Art und Weise noch nicht entwickelt worden ist. Wir versuchen, uns selber und unsere Kollegen nicht zu wiederholen. Viel Lebensqualität besteht für uns im Forschen, dass man etwas Neues entdecken und etwas Neues machen kann. Wir denken, das wir eine Aufgabe haben, dadurch, dass man unsere Arbeit später dann auch in der Öffentlichkeit sehen wird, dass wir vielleicht den Menschen ein bisschen visuelle Kultur vermitteln können, die bspw. nicht die Möglichkeit haben, ins Museum zu gehen. Im Grunde das, was die Holländer mit ihren Briefmarken versuchen, das versuchen wir, mit unserer Arbeit zu erreichen. Martin, ich danke dir für das Gespräch.


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Ausgabe 263 des Architektur-Magazins „Quaderns“, Thema: „Vakuumverpackt“

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Links: Visuelle Identität für „Helsinki Design Lab“ (HDL) – einem Projekt von Sitra, der finnischen Stiftung für Innovation Unten: „I Love Din“ aus der Buchreihe „I Love Type“, hrsg. v. Viction:ary und TwoPoints.Net


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Hipster-Design

The Good, the Bad, and the Ugly Why is today’s rebellious design so well behaved?

Five years ago, the British magazine Creative Review published an article written by its editor, Patrick Burgoyne, with the arresting title “The New Ugly.” The possibility that ugliness in graphic design had once again become a burning issue grabbed my attention, but I wasn’t convinced that his examples – the 2012 Olympics logo and a couple of magazines, Super Super and 032c – amounted to a significant or compelling trend. (We’ll pass over the enduring mystery of why the Games’ organizers felt it useful to saddle an event supercharged with international goodwill with a graphic device of such grotesquely unlovable ineptness.) Something curious and misshapen was stirring in the undergrowth, though, and the publication this year of Pretty Ugly: Visual Rebellion in Design confirms that a tendency that would once have caused dismayed design industry leaders to throw around epithets like “garbage” is now well entrenched in parts of Europe. The book has a sprinkling of Anglo-American designs, but most of the evidence comes from France, Belgium, the Netherlands, Germany, the Czech Republic, Poland, and Bulgaria, and most of the work was created in the last few years by studios founded as recently as 2007 and 2008. Few of the names – Helmo, Antoine + Manuel, Jurgen Maelfeyt, Cox & Grusenmeyer, Bureau Mirko Borsche, Anymade Studio, Noviki, Poststudio – are widely known. Although they are not featured in the book, the Finnish designers Kokoro & Moi, who designed Print’s oddball “Surprise” issue last year, are part of the same trend.

Rick Poynor studierte Kunstgeschichte in Manchester und Designgeschichte am Royal College of Arts in London. 1990 gründete er das Magazin „Eye“, dessen Chefredakteur er sieben Jahre war. Heute ist er als Autor für zahlreiche Magazine tätig und konzentriert sich auf die Themen Design, Medien und visuelle Kultur. Er gilt als einer der versiertesten Beobachter, Kritiker, Theoretiker und Impulsgeber der Design-Szene und hat wesentliche Anstöße zur Reflexion des Kommunikationsdesigns gegeben. Zahlreiche Publikationen wie „No More Rules: Graphic Design and Postmodernism“, „Violence: The world seen by the rest of the world“ oder „Designing Pornotopia: Travels in Visual Culture“ und unzählige Vorträge auf internationalen Konferenzen bezeugen seine fundierte Kenntnis von Geschichte und gegenwärtiger Praxis des Kommunikationsdesigns.

For anyone who remembers the last great splurge of “ugly” design in the 1980s and early 1990s, none of the work in Pretty Ugly will come as much of a surprise; nor is it likely to cause the same kind of controversy. There will be no Randian outpourings of scorn this time, no paroxysms of head shaking, finger wagging, and sighs of “What are we coming to?” in response to this collection. Whichever way you read the title – as “fairly ugly” or “attractively ugly” – the wording freely admits that this is a more tractable and agreeable kind of unsightliness, while the subtitle’s claim that this work is a “visual rebellion” is sweetly disingenuous. The real rebellion of the contemporary era happened a long time ago – in graphic design inspired by the 1960s counterculture, by 1970s punk and politics, by 1980s deconstruction, by 1990s grunge. Today’s graphic design culture, an enlightened play space in which a book like Pretty Ugly is not remotely disquieting, is the beneficiary and product of all of these rebellious influences, and aesthetic pluralism has been our “condition” for years. Whether designers choose to exploit this openness is up to them – many don’t, and from the mid-1990s, plenty retreated into neomodernist visual certainties. But even so, anything is now theoretically possible, on a stylistic level, in graphic design. In 1993, when Steven Heller wrote his notorious essay “Cult of the Ugly” for Eye, we had not come so far. Many of the big challenges to design-business sobriety, from psychedelia to punk and the new wave, had happened in areas of musical subculture that were marginal to


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mainstream design. A shared sense of what decorous professional graphic design should be still existed, and Heller was determined to defend it. As then-editor of Eye, I was happy to run his piece in the interest of provoking debate, though I admired and had published a lot of the design under attack. Heller’s argument required something of a balancing act. He knew that dissonant forms could be powerful devices – from futurism and Dada to 1960s newsstand magazines and Swiss punk. “When Art Chantry uses naive or ugly design elements he transforms them into viable tools,” Heller wrote. What Heller objected to was what he saw as visual chaos born of self-indulgent excess, and he feared that this hip “style” would be applied without discrimination. In Heller’s definition, “ugly design, as opposed to classical design (where adherence to the golden mean and a preference for balance and harmony serve as the foundation for even the most unconventional compositions), is the layering of unharmonious graphic forms in a way that results in confusing messages.” Heller misread some designers he later came to appreciate (notably Ed Fella), and his essay ignited a firestorm of complaints. There was truth in his predictions, though, and a vast amount of poorly conceived ugly design ensued. Recently, I went through a box of samples in my attic that designers around the world sent me at the time. I threw almost all of them away because I knew I could never do anything with them, and they weren’t worth keeping anymore. Clearly, as Heller maintained, there is a vital difference between “good ugly” and “bad ugly,” and that difference must lie in qualities of formal resolution – the presence of an underlying order, even within work that might appear “confused” to the uninitiated – as well as in a design’s integrity of conception and purpose. One of the most interesting issues Heller raises in “Cult of the Ugly” is just as relevant to the design in Pretty Ugly: Do the social and cultural conditions of our time involve the kind of upheaval that can often lead to “critical ugliness”? In the case of 1990s design, Heller felt that the work lacked sufficient justification. This conclusion was inevitable if one applied the yardstick of historical crisis, such as war. But 1990s ugly design was still a response to its time. It first anticipated, and then gained added impetus from, new technology that gave designers much greater control of production and, with it, the possibility of experimenting more easily with form. It also reflected wider trends in postmodern culture under late capitalism: an ever-increasing emphasis on the visual realm, a relentless questioning of old ideas and assumptions, and a defiant assertion of new forms of identity. The compilers of Pretty Ugly – the book is weirdly attributed to their website, TwoPoints.net, in a tiny credit line inside – make no reference to the history of ugly design or to postmodernism in their ultraminimal text. But it’s hard not to see the work as bearing many of the same characteristics. Just consider the section titles: Deviant, Mundane, Deconstructed, Impure, Mishmash, Deformed, and Neo-artisanal. If we take the most obviously secondhand of these, “De-constructed,” the editors explain this as “de-constructing our cultural heritage: breaking it down to its basic elements until it can be constructed as something new.” This kind of knowing appropriation and repurposing is the essence of the postmodern design method applied and critically elucidated 20 years ago. The same could be said of the impurity that comes through

mixing disparate sources, or of the “mishmash” effect of allowing several narratives to exist simultaneously in a design. The complexity and awkwardness of form is a means of projecting the authentic human element in design work, and though this might seem too mild an aim (when compared to full-blown activism) to deserve the word “rebellion,” it is certainly a vital gesture of defiance against the curbed ambitions and conformity of so much market-led design. “For us it’s clear that we don’t use these kind of elements to shock people,” the Belgian designers Ines Cox and Lauren Grusenmeyer say in the book. “In most cases it’s rather a natural visual outcome of an idea. We use certain aesthetics because they communicate an idea in a certain way. It is intentional, yes, but we don’t measure according to ‘good’ or ‘bad.’ ” However ungainly the examples in Pretty Ugly might look to some eyes, this is a perfectly standard and unimpeachable rationale for communication design. I can imagine that there are still plenty of Swiss-loving gridniks who would find this work not to their taste, and it will probably be a bit too retinal for conceptual minimalists, although the uglies share the same background and influences – people like Mevis and van Deur­ sen, Experimental Jetset, Julia Born, and Jop van Bennekom. I would lay money that this is one of those exercises in catchy naming where the participants don’t especially like their designation and don’t see themselves as being engaged in “ugly design” at all. I enjoy a lot of the work and embrace its visual energy and willingness to use graphic form. At this point, though, “ugly” is just a red herring. That was yesterday’s battle, and it doesn’t need to be fought again. Der Artikel ist im Original in der Oktober-Ausgabe 2012 des Magazins „Print“ erschienen


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das letzte Der Anblick der Hipster fiel mir bei der Recherche anfänglich schwer. Denn weder entspricht die Mode meinem ästhetischen Empfinden noch kann ich die damit häufig verbundene Selbstherrlichkeit nachvollziehen. Ich versuchte jedoch, mich weitgehend von Vorurteilen zu befreien, und so sehe ich das Hipstertum bezüglich der Mode mittlerweile gelassen. Auch die Hipster-Symptome – die Liebe zu den 80er Jahren, zum Trash und zur ironischen Lebenseinstellung – bleiben mir nach wie vor ein Rätsel, zumal viele der jungen Hipster erst in den 90er Jahren geboren oder aufgewachsen sind und somit diese Zeit gar nicht erlebt haben. Da sich Hipster nicht zu ihrer Zugehörigkeit zu ebenjener Gruppierung bekennen, ist schwer auszumachen, ob es noch andere Ziele außer der Abgrenzung vom Mainstream gibt. Nach intensiver Recherche muss ich jedoch davon ausgehen, dass es keine weiteren Ziele gibt. An sich kann ich den Wunsch nach Abgrenzung von der breiten Masse nachvollziehen. Jeder Mensch möchte schließlich einzigartig sein. Und besonders junge Menschen sind auf der Suche nach sich selbst und nach Anerkennung von Mitmenschen. Sie sind in ihrem Charakter noch nicht so gefestigt und unsicherer. Insofern ist das Phänomen, sich in modischen Gruppierungen zusammenzufinden, nicht neu. Es gibt ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit und erleichtert das Knüpfen von Kontakten. Und so unterscheiden sich Hipster im Kern kaum von anderen Jugendkulturen wie Emos, Gothics, Skatern, etc. Dabei geht das Konzept mit der Abgrenzung nicht auf. Denn Hipster sind keine kleine Randgruppe mehr, sie gehören längst zum Mainstream. Das haben große Modeunternehmen wie American Apparel, Urban Outfitters und H&M erkannt – nur die Hipster selbst noch nicht. Bis zu dieser Einsicht wird das Hipstertum wohl weiterhin existieren. Dabei wird sich der Stil auch immer mitverändern. Denn grundsätzlich gilt: Hauptsache Retro – was vor 30 Jahren cool war, wird es jetzt wieder.


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Als Mike Meiré im Jahr 2000 zum ersten Mal das Magazin 032c gestaltete, wollte er ein Zeichen setzen. Es ging ihm darum, im DesignEinheitsbrei bewusst für Disharmonie zu sorgen und zu zeigen, dass es verschiedene Ästhetiken geben kann. Er wollte sich vom Mainstream abgrenzen, und das ist ihm gelungen. Seine Gestaltung weist zwar starke Parallelen zum Hipster-Design auf, in diese Schublade lässt er sich dennoch nicht so leicht stecken. Denn die Gestaltung der 032c war damals wirklich neu und ungewöhnlich, viel subtiler und intelligenter als heute im Hipster-Design. Heute, dreizehn Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen der 032c greift man diese Idee der Abgrenzung vom Mainstream erneut auf. Wieder werden Gestaltungsregeln gebrochen. Diesmal passiert das aber so exzessiv, dass der Schwerpunkt ausschließlich auf der Gestaltung liegt. Der Inhalt verliert an Bedeutung und wird zur Nebensache. Zielgruppen scheinen gar keine Rolle mehr zu spielen. Besonders deutlich wird das auf der hervorragenden Website trendlist.org. Ondrej Zita und Michal Sloboda haben die dort gezeigten Arbeiten bewusst aus dem Kontext gerissen, um vor Augen zu führen, wie sehr sie sich auf formaler Ebene gleichen. In drei der hier erschienenen Interviews fällt der Satz: „Wir sind Kinder unserer Zeit“ – als wolle man sich damit für das Kopieren entschuldigen, als würde das alles unterbewusst geschehen, weil wir von unserer Umwelt beeinflusst und geprägt sind. Doch damit macht man es sich zu leicht. Vielmehr sind wir doch mündige erwachsene Designer und haben die Möglichkeit, uns Gedanken zu machen und unser Handeln ständig zu hinterfragen! Es ist auch die Rede vom Mensch-Sein und vom Designer, der durch seine Gestaltung sichtbar werden soll. Das halte ich für nicht richtig. Denn wir gestalten nicht nur für Designer, die ein geübtes Auge haben und immer offen für Experimente jeglicher Art sind. In den meisten Fällen

gestalten wir für die breite Masse, das sollte man sich ehrlich eingestehen – auch wenn viele junge hippe Nachwuchsgrafiker das nicht wahrhaben wollen und nur kleine Jobs für die Kunst- und Kulturszene annehmen, für die sie kaum Geld bekommen. Mit Blick auf die Zukunft tut das nicht nur dem Design nicht gut, es bietet auch keine Perspektive, um davon leben zu können. Meiner Meinung nach sollte Gestaltung dazu dienen, den Inhalt optimal zu vermitteln, um das Lesen so angenehm wie möglich zu machen. Zwar gibt es auch größere Kunden, die hippes Design beauftragen. Aber für einen eher konservativen Bildungsbürger der Generation 50plus ist diese Art der Gestaltung mit Sicherheit die falsche Lösung, wenn seine Augen bspw. bei Mirko Borsches Zeit-Magazin unruhig von einem Punkt zum nächsten springen. Grundsätzlich halte ich es für richtig, zu versuchen, neue Wege zu beschreiten und neue Ästhetiken auszuprobieren. In dem Moment aber, wo sich diese Ästhetiken so extrem gleichen, fällt es mir schwer, diese Bemühung der Hipster ernstzunehmen. Denn es zeigt, dass man sich keine eigenen Gedanken macht und nur kopiert, was gerade Trend ist. Wie man dann noch von einem „künstlerischen Verständnis“ sprechen kann, ist mir unbegreiflich. In meinen Augen ist der Kern des Hipstertums sowohl bei der Mode als auch beim Design nur Effekthascherei – Andersartigkeit und Auffallen um jeden Preis. In der Mode mag das in Ordnung sein, in Bezug auf Design halte ich diese Einstellung für gefährlich. Denn wenn auf einmal jeder Laie hippe „Designs“ mit Word und Paintbrush basteln kann und dafür auch noch Anerkennung erhält, wird ein ganzes Berufsbild in Frage gestellt. Die Konsequenz ist, womit wir ohnehin schon zu kämpfen haben: Design wird nicht angemessen gewürdigt und bezahlt. Und das ist doch das Letzte, was man sich wünscht.


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Anhang

Literatur Beck, Ulrich: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt am Main 1986.

http://www.hipster-olympiade.de (abgerufen am 4. Februar 2013)

Brooks, David: Bobos in Paradise. The New Upper Class and How They Got There, New York / London / Toronto / Sydney 2008.

Ikrath, Philipp: Hipster – Der Versuch einer Begriffsbestimmung. Eine subjektive Annäherung. http://www.oif.ac.at/service/zeitschrift_beziehungsweise/detail/?tx_ ttnews[tt_news]=2524&cHash=e316beb51ee30c1a9d0bf463d0d4 9f65 (abgerufen am 4. Juni 2013)

Greif, Mark: Positionen, in: Hipster. Eine transatlantische Diskussion, hrsg. v. Mark Greif. Berlin 2012, S. 23-31. Greif, Mark: Podiumsdiskussion, in: Hipster. Eine transatlantische Diskussion, hrsg. v. Mark Greif. Berlin 2012, S. 58. Haddow, Douglas: Hipster. The Dead End of Western Civilization. In: Adbusters (Vancouver), 2008, Nr. 79. Hipster. Eine transatlantische Diskussion, hrsg. v. Mark Greif. Berlin 2012. Hitzler, Ronald: Brutstätten posttraditionaler Vergemeinschaftung. Über Jugendszenen, in: Posttraditionale Gemeinschaften. Theoretische und ethnographische Erkundungen, hrsg. v. Ronald Hitzler u. a. Wiesbaden 2008, S. 55-72. Inglehart, Ronald: Kultureller Umbruch. Wertewandel in der westlichen Welt, Frankfurt / New York 1995. Institut für Jugendkulturforschung: Bericht zur Jugend-Wertestudie 2011. Wien 2012. Josef Müller-Brockmann. Ein Pionier der Schweizer Grafik, hrsg. v. Lars Müller. Baden 2001. Pinzler, Petra: Neue Freunde für die Fabriken. In: Die ZEIT (Hamburg), 2012, Nr. 47. Prisching, Manfred: Die zweidimensionale Gesellschaft. Ein Essay zur neokonsumistischen Geisteshaltung, Wiesbaden 2009. T-Factory GmbH: Jugend und Arbeit. Tabellenband. Wien 2012.

Mailer, Norman: The White Negro. www.dissentmagazine.org/online_articles/the-white-negro-fall-1957 (abgerufen am 4. Februar 2013) http://www.meetup.com/tampabayveg/members/24890462/ (abgerufen am 4. Juni 2013) Poynor, Rick: The Good, the Bad, and the Ugly. Why is today’s rebellious design so well behaved? http://www.printmag.com/article/the-good-the-bad-and-the-ugly (abgerufen am 4. Juni 2013) http://www.simplethreads.co (abgerufen am 4. Juni 2013) http://www.tfactory.com/5500company-04Team-teamZZ.html (abgerufen am 26. April 2013) http://www.translations-symposium.de/translations03/rick-poynor (abgerufen am 4. Juni 2013) http://www.trendlist.org/pages/about (abgerufen am 4. Juni 2013) http://www.trendlist.org/news/i-m-trendy-so-what (abgerufen am 4. Juni 2013) Wampole, Christy: How to Live Without Irony. http://opinionator.blogs.nytimes.com/2012/11/17/how-to-live-withoutirony (abgerufen am 4. Juni 2013)

Internet Burgoyne, Patrick: The Provocative Mr Meiré. http://www.creativereview.co.uk/cr-blog/2007/august/ the-provocative-mr-meire (abgerufen am 4. Juni 2013) http://www.creative-research-manifesto.org/ (abgerufen am 4. Juni 2013)

Wampole, Christy (11.12.2012): Interview, geführt von Gesine Kühne. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/corso/1946920 (abgerufen am 4. Juni 2013) http://www.xing.com/profile/Maurice_Schilling (abgerufen am 5. Juni 2013)


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