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Diversität & Anti-Diskriminierung
Neue Zugänge legen
Diversität am Theater – schon längst da oder überfällig? Beides stimmt. Diversität im Theater ist längst da, da wir in einer vielfältigen Gesellschaft leben, von der das Theater ein Teil ist. Zugleich spiegelt das Theater die Diversität der Gesellschaft auf vielen Ebenen noch nicht ausreichend wider. Überfällig ist also, dass öffentliche Kulturinstitutionen wie das NTM bewusst die strukturellen Veränderungen angehen, die es braucht, um den Theaterbetrieb für die diverse Stadt und Region zu öffnen. Dazu gehört, gesellschaftlichen Ungleichheiten entgegenzuwirken, die den Zugang zum Theater auf den Ebenen von Personal, Programm und Publikum und somit auch die kulturelle Teilhabe beeinflussen.
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Genau das haben wir uns im Rahmen der zunächst vierjährigen Förderung im Programm »360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft« der Kulturstiftung des Bundes vorgenommen, mit der wir im September 2019 eine neue Personalstelle einrichten konnten. Seitdem leitet unsere Referentin für Diversität, Sophie Kara-Ebner, unseren Diversitätsprozess, dessen Fokus aufgrund der Förderung auf der kulturellen Vielfalt liegt.Unserem Ziel sind wir in den letzten drei Jahren nähergekommen: Wir haben einen »Verhaltenskodex Anti-Diskriminierung« verabschiedet, der eine Orientierungshilfe für alle Mitarbeitenden für ein faires Miteinander bietet. Von unserer AG Leitbild wurde in der letzten Spielzeit ein neues und diversitätsorientiertes Leitbild für das Haus erarbeitet, dessen Basis ein partizipativer und in der deutschen Theaterlandschaft bisher einzigartiger digitaler Open-SpaceProzess ist. Während wir in unserer sparten- und abteilungsübergreifenden AG Diversität daran arbeiten, den Diversitätsprozess in die verschiedenen Arbeitsbereiche unseres Hauses zu tragen, konnten wir uns auch mit gezielten Fortbildungen als »lernende Institution« auf den Weg machen und die Kompetenzen unserer Mitarbeiter*innen zu Diversität und Anti-Diskriminierung erweitern. Im Programmbereich setzen wir verstärkt auf eine diversitätsorientierte Spielzeitplanung und das Engagement vielfältiger Künstler*innen, um eine größere Sichtbarkeit für Themen der postmi-
grantischen Stadtgesellschaft zu schaffen. Sophie Kara-Ebner hat in Zusammenarbeit mit dem Schauspiel unter anderem das Themenwochenende »KALMAK – BLEIBEN« anlässlich des 60-jährigen Jahrestags des Anwerbeabkommens Deutschland-Türkei veranstaltet und die erfolgreiche Diskursreihe »Das Haymatministerium« etabliert, die auch in dieser Spielzeit fortgeführt wird. Neu dazu kommt ab Herbst 2022 die Reihe »Islam im Theater – Theater im Islam«.
Für mehr Vielfalt im Bereich Publikum führen wir derzeit eine Nichtbesucher*innen-Studie durch. Mit Unterstützung unserer Referentin knüpfen wir nachhaltige Beziehungen zu und neue Kooperationen mit zahlreichen Organisationen und Multiplikator*innen der Stadtgesellschaft. Fortlaufend erweitern wir unser Angebot an in Englisch und Türkisch übertitelten Produktionen in Schauspiel und Oper und wollen sukzessive weitere Sprachen aufnehmen. Die Öffentlichkeitsarbeit wird mehrsprachiger und unsere neue Webseite, die im Herbst 2022 veröffentlicht wird, rückt Diversitätsorientierung und eine barriereärmere Nutzung verstärkt in den Fokus. Wir sind also mittendrin. Und stellen gleichzeitig fest: Es braucht einen langen Atem, um Diversität und Anti-Diskriminierung in einer großen Institution wie dem NTM nachhaltig zu etablieren und nicht immer geht es dabei schnurstracks geradeaus. Doch zugleich erleben wir, wie viele neue Verbindungen zur Stadtgesellschaft entstehen, welche Wirkung die diversitätsorientierte Öffnung nach innen und außen hat und welche positiven Rückmeldungen wir erhalten, wenn sie sichtbar wird.
Nun kommt mit der anstehenden Generalsanierung eine große Veränderung auf das Haus zu. Gerade diese Zeit des Umbruchs wollen wir nutzen, um die bisherige Arbeit fortzusetzen und zu intensivieren. An unseren Interimsspielstätten wird eine Aufgabe sein, Beziehungen zu neuen und vielfältigen Nachbarschaften zu knüpfen und die bereits aufgebauten Netzwerke der Mannheimer Stadtgesellschaft dort ebenso einzubinden. Wir laden Sie herzlich dazu ein, diesen Weg mit uns weiter zu gehen!