Internationale Jugendbegegnungen nachhaltig gestalten

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Internationale Jugendbegegnungen

nachhaltig gestalten

Ein Leitfaden

Unsere Welt wird immer globalisierter - Güter reisen tausende von Kilometern, bis sie bei uns ankommen, Dienstleistungen werden nicht mehr nur vor Ort erbracht, sondern können dank moderner Technik auch vom anderen Ende der Welt aus in Anspruch genommen werden. Aber nicht nur Sach- und Serviceleistungen werden immer mobiler, auch der Mensch bewegt sich immer häufiger und weiter weg von seinem Heimatort. Jungen Menschen stehen heute unzählige Möglichkeiten zur Wahl, um die Welt kennen zu lernen. Jugendreisen, Workcamps und internationale Jugendbegegnungen versprechen nicht nur ein aufregendes Reiseerlebnis. Sie geben den Teilnehmenden die Möglichkeit, Gleichaltrige aus anderen Ländern kennenzulernen, sich über verschiedene Kulturen auszutauschen, interkulturell zu lernen und Vorurteile abzubauen. Leider hat das immer häufigere und weitere Reisen nicht nur Vorteile. Der wachsende Tourismus kann die Natur und das Leben der Menschen in den bereisten Ländern beeinträchtigen. Er ist allein für fünf Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, Tendenz steigend. Auch bei internationalen Jugendbegegnungen kommt es deshalb darauf an, die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen zu minimieren und sich an den Richtlinien des nachhaltigen Reisens zu orientieren. Dieser Leitfaden soll eine Orientierung für die nachhaltige Planung und Organisation von internationalen Jugendbegegnungen geben. Wenn du wissen willst, wie nachhaltig deine Reise war, probiere den Rechner für den ökologischen Rucksack* unter www.zero-impact-camps.de

aus.

*Der ökologische Rucksack gibt das Gewicht deiner verbrauchten Rohstoffe an. Je leichter er ist, desto besser. Wenn du für Anreise, Unterkunft, Verpflegung und Programm viel Energie, Material und Natur verbrauchst, kann er ganz schön schwer werden.

Text: Sara Fromm Fotos: Rajković (1, 2), Suk (3), Deppermann (4, 5, 6)

ORGANISATION IM VORAUS 1. Versende E-Mails statt Briefe.

4. Kalkuliere Stückzahlen von Flyern et cetera möglichst genau.

Denn Briefe verursachen bis zu achtmal höhere CO2-Emissionen als elektronisch übermittelte Dokumente.

2.

Drucke, falls überhaupt nötig, Dokumente doppelseitig anstatt einseitig aus. Dabei sparst du rund 40 Prozent an Treibhausgasemissionen ein.

3. Nutze Recyclingpapier oder Papier mit FSC-Siegel. Die Umweltauswirkungen von Recyclingpapier im Vergleich zu Frischfaserpapier sind nur knapp halb so groß. Das FSC-Siegel garantiert die verantwortungsvolle Bewirtschaftung der Wälder.

AN- / ABREISE

So können Abfälle vermieden und Kosten eingespart werden.

5.

Beziehe die lokalen beziehungsweise regionalen Medien zur Berichterstattung über die Jugendbegegnung mit ein. Dadurch erhöhest du die lokale beziehungsweise regionale Wirkung der Begegnung und kannst gleichzeitig nachhaltigkeitsrelevante Inhalte verbreiten.

6. Kommuniziere

deine Vorstellungen und Ziele bezüglich Nachhaltigkeit an die Teilnehmenden und die Partnerorganisation(en). Durch die gemeinsame Verbreitung der Nachhaltigkeitsidee steigerst du das Bewusstsein sowie die Motivation der einzelnen Teilnehmer*innen.

3. Wähle Flüge mit möglichst wenigen Zwischenstopps aus.

1. Vermeide, wenn möglich, das Flugzeug als Transportmittel und unterstütze stattdessen die Nutzung von Bus und Bahn. Das Flugzeug ist mit Abstand das umweltschädlichste Transportmittel und trägt aufgrund hoher Treibhausgasemissionen stark zum Klimawandel bei. Zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks sowie der Lärmbelastungen sind öffentliche Verkehrsmittel vorzuziehen, denn Bus und Bahn weisen eine wesentlich bessere Ökobilanz als das Flugzeug auf.

2. Kompensiere die entstandenen CO -Emissionen durch einen 2

freiwilligen Beitrag. Durch den gezahlten Betrag werden Klimaschutzprojekte gefördert, die die verursachten Emissionen an anderer Stelle wieder einsparen. Diesen Dienst stellen die Bahn- und Busunternehmen selbst und auch verschiedene externe Anbieter wie atmosfair oder myclimate zur Verfügung.

Bei einem knapp fünfstündigen Flug erhöht allein eine Zwischenlandung die emittierten Emissionen schon um circa 10%.

4. Bilde Fahrgemeinschaften oder suche nach Mitfahrgelegen-

heiten. Da das Auto einen höheren ökologischen Fußabdruck sowie höhere CO2-Emissionen als Bus und Bahn verursacht, sind Mitfahrgelegenheiten und Fahrgemeinschaften eine gute Möglichkeit durch die Auslastungssteigerung bessere Werte zu erzielen.

5. Unterstütze Teilnehmer*innen, die eine nichtmotorisierte An-

oder Abreise planen. Diese Art der Anreise ist für die meisten Teilnehmenden und Begegnungen leider nicht geeignet. Sollten sich einzelne Teilnehmer*innen dennoch für eine Fahrradtour oder Wanderung entscheiden, so ist diese Fortbewegungsweise aus ökologischer Sicht besonders zu unterstützen.

Die Naturfreundejugend Deutschlands

Die Naturfreundejugend Deutschlands

ist der selbstständige Kinder- und Jugendverband der NaturFreunde Deutschlands. Das Logo der Naturfreunde symbolisiert die Solidarität der Menschen untereinander und ihren bewussten Umgang mit der Natur.

setzt sich seit jeher für die Demokratisierung aller Lebensbereiche ein. Sie will den Kapitalismus und seine sozialen und ökologischen Widersprüche überwinden und strebt eine sozialistische Demokratie im Sinne einer humanistischen, solidarischen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaftsordnung an. Unsere Ideale und Visionen lassen sich nur in einer vielfältigen Gesellschaft verwirklichen, die nationale Grenzen und Sichtweisen überwunden hat. Daher sind interkultureller Dialog und Respekt Grundsätze unserer Arbeit. Die Naturfreundejugend Deutschlands ist parteipolitisch unabhängig, aber keineswegs politisch neutral.

Die Naturfreundejugend Deutschlands

ist 1926 als Jugendorganisation der Natur­ freunde entstanden. Aus ihrer sozialistischen Tradition und als Verband der Arbeiterbewegung fühlt sie sich den Werten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet.

Naturfreundejugend Deutschlands Warschauer Straße 59a |10243 Berlin Internet: www.naturfreundejugend.de

Telefon: (030) 29 77 32 - 70 Telefax: (030) 29 77 32 - 80 E-Mail: info@naturfreundejugend.de

Jedes Jahr organisiert die Naturfreundejugend mehr als hundert Veranstaltungen, darunter viele internationale Jugendbegegnungen. Die Angebote werden von unseren Ortsgruppen, Bezirken, Landesverbänden, der Bundesgeschäftsstelle oder unseren internationalen Partner*innen ausgerichtet. Informationen zu unseren Veranstaltungen findet ihr unter www.naturfreundejugend.de/ termine.

Gefördert vom


UNTERKUNFT 1.

Wähle eher kleinere Anlagen, die sich dem vorgegebenen Ortsbild anpassen und mithilfe von heimischen, nachhaltig produzierten Materialen erbaut wurden. So bleibt der ursprüngliche Charakter des Ortes erhalten und die Auswirkungen auf die Artenvielfalt und das Ökosystem fallen geringer aus.

Wassersparmaßnahmen und die Verwendung ökologisch abbaubarer Reinigungs- und Waschmittel gehören beispielsweise zu einem nachhaltigen (Ab-)Wassermanagement und reduzieren die negativen ökologischen Effekte erheblich.

5.

2. Suche einen Begegnungsort aus, der gut an öffentliche Ver-

kehrsmittel angebunden ist. Das bringt nicht nur Vorteile aus organisatorischer Sicht sondern rechnet sich auch ökologisch.

3. Bevorzuge Unterkünfte mit einem guten Energiemanagement. Der ressourcenschonende Umgang mit Strom und Energie sowie die Nutzung erneuerbarer Energien wirken sich positiv auf die Ökobilanz der Beherbergung aus.

Bevorzuge Unterkünfte, die auf ein ausreichendes Abfallmanagement achten. An oberster Stelle sollte dabei die Vermeidung von Abfällen stehen. Um dies zu gewährleisten sollten Besucher*innen und Mitarbeiter*innen über Mülltrennungssysteme und Abfallvermeidung et cetera informiert werden. Davon profitiert auch die Umwelt.

6. Beachte, ob die Unterkunftsbetreiber*innen den Besucher*innen

den Arten- und Biotopschutz näherbringen. Unter anderem durch Flächenversiegelung sind heutzutage viele Tierarten vom Aussterben bedroht. Um Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, sollten Unterkunftsbetreiber*innen ihren Gästen Informationen zur Natur in der Umgebung sowie Verhaltenstipps bereitstellen.

4. Achte darauf, dass auf die Reduzierung des Wasserverbrauches

und auf ein geeignetes Abwassermanagement Wert gelegt wird.

7.

Informiere dich darüber, ob sich der Betrieb seiner Verantwortung gegenüber den Mitarbeiter*innen und der lokalen Bevölkerung bewusst ist. Das Gastgewerbe bietet viele Arbeitsplätze und trägt somit eine große Verantwortung den Angestellten gegenüber. Neben fairen und sicheren Arbeitsbedingungen für das Personal sollten auch die Auswirkungen auf die Bevölkerung vor Ort von den Betrieben im Blick behalten werden.

8. Prüfe, inwieweit die Unterkunft barrierefrei ist. Dadurch können auch Interessierte mit Beeinträchtigungen ohne Hindernisse an der Begegnung teilnehmen.

9. Achte auf Zertifizierungen, Siegel und gegebenenfalls Leitbilder. TourCert beispielsweise vergibt das CSR-Siegel, welches auf die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung hinweist, Ecocamping und Viabono konzentrieren sich auf ökologische Kriterien. Aber auch Leitbilder, wie das der Naturfreundehäuser, geben Auskunft über die Einstellung der Betriebe bezüglich der Nachhaltigkeit.

VERPFLEGUNG 1. Achte auf ökologische Anbauweise, gekennzeichnet mit den verschiedenen Bio-Siegeln. Im Gegensatz zu konventionell hergestellten Lebensmitteln werden dabei weniger Energie und Rohstoffe benötigt. Chemische Mittel sowie Gentechnik sind verboten, wodurch die Bodenfruchtbarkeit erhöht und die Artenvielfalt erhalten wird.

2. Die Produkte sollten möglichst frisch, saisonal und regional sein. Denn importierte, gelagerte oder in Treibhäusern angebaute Nahrungsmittel benötigen einen hohen Einsatz von Energie und Rohstoffen und verursachen somit höhere Treibhausgas­ emissionen. Außerdem sind frische saisonale Lebensmittel weniger mit Pestiziden und Düngemitteln belastet und es werden zudem beim Kauf von regionalen Produkten lokale Anbieter unterstützt. Versucht für eure Begegnung auf einem lokalen Markt einzukaufen oder vereinbart eine Kooperation mit Bio-Bauern vor Ort.

3. Wähle vegetarische oder vegane Alternativen aus. Pflanzliche Lebensmittel verursachen eine geringere Frei­ setzung von Treibhausgasen beziehungsweise Schadstoffen, verbrauchen weniger Wasser sowie Anbaufläche und benötigen keine Importe von Futtermitteln aus Ländern des globalen Südens.

4. Berücksichtige

fair gehandelte Lebensmittel, die mit dem Fairtrade-Siegel ausgezeichnet sind. Diese Produkte sind besonders sozialverträglich, denn sie sichern die Existenz von Produzent*innen in Ländern des globalen Südens, unterstützen kleine und mittlere Betriebe und gewährleisten die Einhaltung gewisser sozialer und ökologischer Kriterien.

5. Versuche auf die Vermeidung von Lebensmittel- und Verpackungsabfällen zu achten. Aufwändig in Plastik oder ähnlichem verpackte Lebensmittel und Essensreste von Buffets verbrauchen viel Energie und Rohstoffe und haben somit negative Auswirkungen auf die Umwelt.

MOBILITÄT VOR ORT 1.

Bewegen dich im Zielgebiet mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fort. Das spart Emissionen im Vergleich zur Nutzung von PKWs oder eigens gemieteten Reisebussen ein, da Bus und Bahn sowieso nach Fahrplan verkehren.

2. Nutze regionale Anbieter für den Transport. So entstehen Arbeitsplätze für die Bevölkerung vor Ort und es werden lokale Strukturen gestärkt.

3. Unternehme Fahrradtouren oder Wanderungen um von A nach B

zu kommen. Dabei entstehen weder CO2-Emissionen noch Lärmbelastungen, außerdem profitiert auch die Gruppendynamik von der nichtmotorisierten Fortbewegung. Zusätzlich kann die Umgebung vor Ort individueller und intensiver wahrgenommen werden.

AKTIVITÄTEN VOR ORT 1. Plane möglichst Aktivitäten mit einem hohen Bezug zu Natur und Kultur. Denn je intensiver der Austausch, desto nachhaltiger die Aktivität. Wanderungen und Besuche kultureller Zentren beispielsweise erfüllen dieses Kriterium.

2. Unterstütze die Bevölkerung vor Ort mit der Wahl der Aktivitäten. Aktivitäten, bei denen der Kontakt mit der lokalen Bevölkerung hergestellt wird oder für die regionale Anbieter genutzt werden, sind aus sozialer und ökonomischer Sicht begrüßenswert.

3. Organisiere Aktivitäten, für die keine aufwändige freizeitspe-

zifische Infrastruktur nötig ist. Denn je aufwändiger die Infrastruktur, desto höhere Umweltbelastungen hängen in der Regel damit zusammen. Hohe Energie- und Wasserverbräuche, Bodenversiegelung, Lärmbelastungen und Abfallproduktion sind Beispiele für diese Auswirkungen.

4. Berücksichtige bei naturgebundenen Aktivitäten die äußeren

Bedingungen. Ein und dieselbe Aktivität kann je nach Umständen andere Auswirkungen haben. Zu beachten sind Saisonzeiten und tages­ abhängige Bedingungen wie zum Beispiel der Wasserstand bei Kanuausflügen um Schädigungen des Flussbodens zu vermeiden.

5. Achte darauf, dass die Teilnehmenden sich bei den Unterneh-

mungen angemessen verhalten. Viele negative Auswirkungen lassen sich durch richtiges Verhalten vermeiden. Deswegen sollten die Teamer*innen geschult sein und die Teilnehmer*innen auf Gefahrenquellen hinweisen.


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