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Die DieJugendzeitung Jugendzeitungder derNaturfreundejugend NaturfreundejugendDeutschlands. Deutschlands.

WÄRE ICH NUR WIE… WAS STECKT HINTER UNSEREN

IDOLEN UND IDEALEN?

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Bewegt:

Beleuchtet:

Freistil:

Die Naturfreundejugend Rheinland-Pfalz Seite 16

Freiwilligendienst in Brasilien Seite 18

Quidditch

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EDITORIAL

Wir wollen etwas verändern So unterschiedlich auch unsere Motive bei der Naturfreundejugend aktiv zu sein sind, eines haben wir alle gemeinsam: Wir wollen etwas verändern. Sei es die Angebote für Kinder und Jugendliche vor Ort, sei es die Welt retten oder Neonazis zu vertreiben. Für uns sind die Naturfreunde ein Ort, an dem wir unsere Ideale und Träume zumindest im Kleinen umsetzen können. Wir haben Vorstellungen davon, wie eine nachhaltige Gesellschaft auszusehen hat. Doch haben NaturfreundInnen heute die gleichen Ideale wie vor 100 Jahren als die Naturfreunde gegründet wurden? Brauchen wir heute überhaupt noch Ideale? Ist von etwas zu träumen noch angebracht? Gibt es noch Menschen, die wir als Idol bewundern? Um die negativen Auswirkungen von Idealen geht es in dem Artikel über Schönheitswahn.

Doch das ist natürlich nicht alles: RON meldet sich aus Spanien und bringt uns in RON erklärt die Welt die deutsche Bahn einwenig näher. Als Landesverband stellt sich diesmal Rheinland-Pfalz vor und auf der Pinnwand findet ihr wie gewohnt alle Neuigkeiten rund um die Naturfreundejugend. In Freistil stellen wir euch wieder eine neue Sportart vor: Wusstet ihr, dass Quidditch nicht nur von Zauberern gespielt wird? Und wo wir gerade bei neuen Sportarten sind: Kennt ihr schon das Speedstalking? Wir nicht – aber wir hoffen ihr könnt es uns erklären! Was es sonst noch alles gibt? Schaut nach! Eure Redaktion

IMPRESSUM ke:onda – Die Jugendzeitung der Naturfreundejugend Deutschlands Herausgegeben durch das Kinder- und Jugendwerk der Naturfreunde, Verein zur Förderung der Naturfreundejugend Deutschlands e.V., Adresse siehe unten Redaktionsanschrift und Verlag: Naturfreundejugend Deutschlands // Haus Humboldtstein // 53424 Remagen Telefon 02228-9415-0 // Telefax 02228-9415-22 keonda@naturfreundejugend.de // www.keonda.de

Fotos: Titel – Nanduu (pc); S. 03 G. Downey (fo); A. Korda; M. Olsson, M. Enßlin (ju); NFJD; T. Neumann; ryanocerosk (f); Screenshot; S. 04 J. Greff (ju); S. 05 A. Specht (ju); G. Downey (fo); S. 07 A. Korda; N. Bartz; j. tromeur (fo); S. 08 Privat; Luminis (fo); S. 09 Privat; S. 10 M. Olsson (ju); S. 11 NFJD; S. 12 A. Meyer (fo); NFJD; S. 13 M. Enßlin (ju); S. 14 A. Earley (fo); NFJD; vadiko, klikk (fo); S. 15 Projektoren; Privat; S. 16 NFJD; S. 17 marog-pixcells (fo); S. 18 T. Neumann; S. 19 T. Neumann; photallery (fo); S. 20 ryanocerosk (f); S. 21 E. Haciosmanoglu (fo); Privat; S. 23 NFJD; I. Fischer, tuna, M. Graf (fo); S. 24 Privat pc: photocase.com / fo: fotolia.com / f: flickr / ju: jugendfotos.de – CC-Lizenz

Mitglieder der Naturfreundejugend Deutschlands erhalten [ke:onda] kostenlos. Gestaltung: DIE.PROJEKTOREN – agentur für gestaltung und präsentation [ke:onda] kann auch als Abo für 5 € pro Jahr inkl. Versandkosten bestellt werden. Druck: moellerdruck Redaktion: Julia Böhm, Nina Bartz, Lina Mombauer, Cornelius Dahm, Frederik Düpmeier, Simon Sonntag, Simon Pautmeier, Eva-Tabea Winker, Zoe Krämer, Katja Kargel Mitarbeit an dieser Ausgabe: Ann-Kathrin Volmer, Anne Gerdom, Lukas Nicolaisen und Naturfreundejugend Rheinland-Pfalz

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© Naturfreundejugend Deutschlands 2011 Gefördert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplanes des Bundes

Gedruckt mit Farben aus nachwachsenden Rohstoffen auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Umweltengel. Alle beim Druckvorgang entstandenen CO2-Emmissionen wurden neutralisiert.

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ZUR SACHE

TITELTHEMA: Was steckt hinter unseren Idolen und Idealen? ..................... 04 Spiegelbild und Hinweisschild................................................................................ 05 Faszination Ché Guevara ......................................................................................... 06 Interview: Gibt es überhaupt noch Idole? ............................................................ 08 Wenn Individualität an Gewicht verliert .............................................................. 10 „Wann wir schreiten Seit an Seit…“ .......................................................................11

RON: Post aus Spanien ........................................................................................... 12 Ron erklärt die Welt ................................................................................................. 13

BEWEGT: Arbeit auf Bundesebene ....................................................................... 14 Held der Arbeit .......................................................................................................... 15 Die Naturfreundejugend Rheinland-Pfalz stellt sich vor. .................................. 16

BELEUCHTET: Auf Kundenfang .......................................................................... 17 Unterwegs: Freiwilligendienst in Brasilien .......................................................... 18

FREISTIL: Quidditch ............................................................................................... 20 Buchtipp ..................................................................................................................... 21 Weltweite Weltsichten ............................................................................................ 21

ANSICHTSSACHE: Wissen ist Macht ................................................................. 22 Lucas‘ Linke ............................................................................................................... 23

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TITELTHEMA: WÄRE ICH NUR WIE… Idol, abgeleitet von dem lateinischen Wort „idolum“, bedeutet so viel wie Abgott, wohingegen Ideal für Ur- oder Musterbild steht. Soweit die Begriffe, doch was bedeuten Idole und Ideale wirklich für jeden einzelnen von uns und für unser Leben? Idole - jedem schwirren bei dem Gedanken daran bestimmt einige Namen im Kopf herum. In einer „Stern“-Umfrage von 2003 findet man z.B. Namen wie Nelson Mandela, Albert Einstein, Günther Jauch, Madonna, Mahatma Gandhi, Konrad Adenauer, Herbert Grönemeyer, Pippi Langstrumpf, Muhammad Ali oder Mutter Teresa. Ein gutes Beispiel ist auch Michael Jackson, um den nach seinem Tod in 2009 Millionen von Menschen trauerten. Über einige Namen wird man nun schmunzeln oder sich denken: „Wer hat den denn als Vorbild?“, bei anderen vielleicht sagen: „Ja, an die hab ich auch gedacht“. Die Art von Personen, die als Idole angesehen werden, ist sehr vielfältig und verändert sich natürlich mit dem Alter, aber auch zwischen den Generationen. Doch es gibt zwei ewige Spitzenreiter, die auch Generationen vor uns schon die Nr.1 auf der Rangliste der Idole belegten: Mutter und Vater. Sie sind die ersten und oftmals die wichtigsten Bezugs- und Vorbildpersonen. Doch brauchen wir überhaupt Vorbilder? Laut der Studie „Null Zoff und Voll Busy“ haben 60% der befragten Jugendlichen ein Vorbild und auch die Shell-Studie 2010 fand heraus das Vorbilder eine wichtige Rolle in der Entwicklung spielen. Die Mehrheit kommt übrigens aus dem näheren Umfeld, es sind also nicht unbedingt Stars und Berühmtheiten.

IDOLE & IDEALE – was ist das eigentlich?

Doch irgendwie ist das alles etwas unklar: Was ist ein Idol wirklich? Wann ist jemand ein Idol, wann nicht? Wo zieht man die Grenze zwischen bewundern, anhimmeln und nacheifern? Schließlich kann man einen Menschen doch bewundern, ohne jemals genauso werden zu wollen. Auch wirkt der Begriff Abgott irgendwie falsch verwendet – gibt es wirklich Personen die ich als vollkommen perfekt ansehe? Oder sind es nicht eher einzelne Eigenschaften, die ich an jemand anderem ideal finde? Ist es nicht vielmehr ein Puzzle aus mehreren ganz verschiedenen Idolen, die dann unseren fiktiven Abgott und unser Ideal bilden? Denn oftmals ist es doch nur Fiktion: sicher, es gibt unglaubliche Menschen, doch vieles wird durch die Medien und die eigene Vorstellung oft besser und idealer dargestellt, als es real der Fall ist. Es ist also bestimmt spannend sich selbst zu überlegen, was für einen persönlich Idole und Ideale bedeuten und wie sie zustande gekommen sind. Denn unklar ist immer noch, ob wir überhaupt Idole brauchen, um uns ein eigenes Ideal zu bilden. Lina Mombauer Quellen: Zinnecker, J.: Null Zoff & voll Busy, Shell-Studie 2010, http://www. stern.de/kultur/buecher/rangliste-die-200-idole-der-deutschen-514688.html

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WAS STECKT HINTER UNSEREN IDOLEN UND IDEALEN?

SPIEGELBILD UND HINWEISSCHILD Idole. Vorbilder. Ideale. Fast jeder hat welche, aber – was genau bedeuten diese Begriffe eigentlich? Gibt es da Unterschiede? Und braucht man diese drei Dinge überhaupt zwingend? Wofür sind sie gut? Jeder durchlebt im Laufe seiner Entwicklung eine Phase der Selbstfindung und häufig wird sich dabei an Idolen und Vorbildern orientiert. Sie verkörpern genau die Eigenschaften die wir selbst erstrebenswert finden, oder sie bieten auf andere Art und Weise eine Möglichkeit, wie wir uns mit ihnen identifizieren können. Hierbei gibt es allerdings Unterschiede: In den letzten Jahren ist die Anzahl der Idole stetig gestiegen, während die der Vorbilder stark abgenommen hat1) Aber: Idole und Vorbilder – ist das nicht dasselbe? Nein, keineswegs! Ein Vorbild ist zumeist eine real existierende Person, die von uns eher sachlich betrachtet wird und anhand ihrer Einstellungen oder Taten zu unserem Vorbild auserkoren wird. Das kann eine historische Person sein, vor allem eine mit politischem Symbolwert, oder jemand aus unserem engeren Umfeld. Bei vielen sind es zum Beispiel auch die eigenen Eltern. Ein Idol hingegen bezieht sich zwar auch auf eine reale Person, jedoch mehr auf ein stark idealisiertes Zerrbild davon. Seit dem Zweiten Weltkrieg werden die meisten Idole von der Musik- und Schauspielbranche gestellt und sie stammen auch immer häufiger aus dem internationalen Geschehen, anstatt wie früher aus dem lokalen. Massenmedien wie Fernsehen oder später auch das Internet machten es möglich viel mehr Menschen zu erreichen als vorher. Anders als bei Vorbildern gibt es bei Idolen eine gewisse Vermarktung ihrer selbst. Diese bewirbt sowohl optische Vorzüge, als auch charakteristische Eigenschaften des Idols. Ein Schlagwort für diese gezielte Vermarktung ist „Hollywood“. Nirgendwo sonst wird das eigene Ich so abstrakt kreiert und dann so stark nach außen hin als makelloses Idealbild verkauft! Viele junge Leute sind von dieser glitzernden, schillernden Scheinwelt fasziniert und beginnen deren irdische Vertreter anzuhimmeln. Das Vorbild betreibt solch eine Eigenwerbung nicht. Ein Vorbild wird zum Vorbild, wenn sich jemand damit identifiziert, nachdem er mehr oder weniger zufällig darauf gestoßen ist. Vorbilder wählt man sich selbst unabhängig aus.

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Im Gegensatz dazu werden wir überschwemmt von einem breiten Angebot an Idolen, die allesamt um unsere Aufmerksamkeit heischen. Denn Idole leben von der Aufmerksamkeit anderer und sind abhängig von deren Bewunderung, Vorbilder nicht. Deshalb sind sie aber nicht unbedingt schlechter geeignet uns in unserer Entwicklung zu begleiten. Sie sind nur schwerer erreichbar und verleiten uns möglicherweise zu unrealistischen Zielsetzungen. Aber was ist denn jetzt mit den Idealen? Ein Ideal ist per Definition unsere ganz persönliche Vorstellung von Vollkommenheit, die wir zwar fortlaufend anstreben, aber nie ganz erreichen können. Diese „Vorstellung von Vollkommenheit“ kann sich sowohl auf Äußerlichkeiten, als auch auf Wertvorstellungen und Charaktereigenschaften beziehen. Jeder von uns hat unterschiedliche Ideale und meistens auch mehrere verschiedene für ein und denselben Bereich. Unsere Vorbilder und Idole haben die Aufgabe diese Ideale zu verkörpern. Der Mechanismus funktioniert in beide Richtungen: Ideale können durch Vorbilder und Idole geprägt werden, teilweise sucht man sich aber auch gezielt Vorbilder und Idole, welche die eigenen, bereits bestehenden Ideale verkörpern. Viele von uns übernehmen Verhalten und Eigenschaften unserer Vorbilder und Idole, bei einigen greift jedoch auch das umgekehrte Prinzip: Sie orientieren sich an Personen, die aus ihrer Sicht verabscheuungswürdig sind, mit dem Ziel, sich selbst davon abzuhalten, genauso zu werden. Umgangssprachlich spricht man hier oft vom „Anti-Vorbild“. Man muss also nicht unbedingt eine Person haben, von der man denkt: „So will ich auch sein“; manchmal braucht man auch ein negatives Gegenbild dazu, um denken zu können: „So will ich nicht werden“. Nicht jeder hat also Idole oder Vorbilder, aber jeder hat und entwickelt Ideale. Es gibt für den Prozess der Selbstfindung schließlich auch keinen Masterplan, und jeder muss sich seinen Weg selbst suchen. Woran wir uns dabei orientieren und wen wir für uns dabei zum Wegweiser machen, bleibt jedem von uns selbst überlassen. Wir verfolgen ja auch nicht alle dasselbe Ziel und jeder erreicht sein Ziel mit einer anderen Geschwindigkeit, aber irgendwann kommt jeder von uns dort an. Katja Kargel 1

http://www.stangl.eu/psychologie/entwicklung/ideale.shtml

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¡SEREMOS COMO EL CHÉ! Faszination Ché Guevara Es gilt als eines der meist gedruckten Fotos der Welt: Ernesto „Ché“ Guevara blickt traurig und entschlossen zugleich in die Ferne. „Der heroische Guerillero“ nannte der kubanische Fotograf des Bildes, Alberto Korda, dieses Foto. Entstanden 1960 auf einer Trauerfeier für 80 Hafenarbeiter, die bei einem Anschlag vermutlich des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA im Hafen Havannas umgekommen waren, ist es schon lange salonfähig geworden: Es fehlt auf keiner Demo, ziert T-Shirts, Zimmerwände, Bikinis, Zigarettenschachteln und selbst die CDU konnte es nicht lassen, das Ché-Bild für eine CDU-Wahlkampagne zu verwenden. Das Bild ist Kult. „Weißt du wer Ché Guevara war? – Ché Guevara? Der hat doch den Latte Macciato erfunden.“ (Hagen Rether in „Liebe“) Ganz genau. Ernesto „Ché“ Guevara de la Serna wurde 1928 in Rosario/ Argentinien geboren. Er unterbrach sein Medizinstudium mehrmals, um durch Lateinamerika zu reisen. Gerade in dieser Zeit kam er in Kontakt mit Menschen, die unter Armut, sozialer Ungerechtigkeit und Ausbeutung litten. Diese Erfahrungen prägten sein Denken und weiteres Handeln nachhaltig. 1955 lernte er in Mexiko den Exil-Kubaner Fidel Castro kennen. Er schloss sich der Widerstandsgruppe um Castro an. Das Ziel: Der Sturz des kubanischen Diktators Batista. Sie wurden jedoch noch in Mexiko verhaftet und landeten im Gefängnis. Nach der Freilassung brach Guevara mit einer kleinen Gruppe unter der Führung von Fidel Castro nach Kuba auf. Er begleitete die Guerilleros als Arzt, erst später entschloss er sich, aktiv mitzukämpfen. Nach dem Sieg der Revolution 1959 wurde er Industrieminister und Chef der Nationalbank. Aufgrund von politischen Meinungsverschiedenheiten mit Castro verließ er 1965 Kuba, um die Revolution weiter zu tragen. Im afrikanischen Kongo scheiterte er am Aufbau einer Guerilla2 und zog weiter nach Bolivien, um auch dort eine Widerstandsbewegung aufzubauen. Im Oktober 1967 geriet Ché Guevara zusammen mit einer Gruppe Guerilleros in einen Hinterhalt der bolivianischen Armee, wurde gefangen genommen und ohne Gerichtsverfahren hingerichtet. Die damaligen Machthaber erhofften sich so, die durch ihn verkörperten Ideen und Ideale

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TITELTHEMA: IDOLE UND IDEALE für immer zu zerstören – doch das Gegenteil wurde erreicht. Obwohl nicht unumstritten steht Ché Guevara heute noch wie kein anderer für den Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit und wird von vielen als Märtyrer betrachtet, der im Kampf für seine Ideale gestorben ist. „Ché lebt“ (Plakat) Ché ist Ausdruck geworden für Lebensgefühl, Träume, Veränderungen, Revolution… Und Ché scheint zu passen: Bei den Demonstranten auf der Friedensdemo, die eigentlich Gewalt ablehnen. Bei der britischen Kirche, die ein Jesus-Plakat in Ché-Format drucken ließen, obwohl doch Religion im Kommunismus „Opium für das Volk“ ist. Bei der CDU, die sich von einem Ché mit Angie-Gesicht, Wählerstimmen erhoffte, obwohl sie den bewaffneten Kampf ebenso wie den Kommunismus ablehnt.

FILMTIPP Jane‘s Journey Jane‘s Journey erzählt die Lebensgeschichte einer jungen Engländerin, die nach Afrika auswanderte und dort die Gorillas von Gombe erforschte (siehe auch: Jane Goodall - Mein Leben für Tiere und Natur: 50 Jahre in Gombe). Das beeindruckende Sozialverhalten der Tiere faszinierte Jane Goodall so sehr, dass sie von nun an ihr gesamtes Leben den Tieren und der Erhaltung dieser Art widmete. Der Film dokumentiert ihre Entwicklung von einer einfachen Verhaltensforscherin zu einer weltweit anerkannten Friedensbotschafterin, die sowohl Tieren also auch der Natur und den Menschen als Hoffnungsträgerin unersetzlich geworden ist. In ihrem mittlerweile fortgeschrittenem Alter, reist sie tagtäglich um den Globus, um ihre zahlreichen Hilfsprojekte, wie beispielsweise das „Roots and Shoots“-Programm voran zu treiben und nimmt damit eine Vorbildfunktion für viele Menschen ein.

Umfassendere Filmkritik zu lesen auf www.keonda.de.

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Selbst in der Autowerbung der Firma Dacia taucht Ché auf: Nach dem Motto es wird mal wieder Zeit für eine neue Revolution. Ché ist in. Doch wo sind die Grenzen? 2000 startete der Wodka-Hersteller Smirnhoff zusammen mit der britischen Werbeagentur Lowe Lintas eine Kampagne, in der Kordas Fotos verwendet werden sollte. Korda hatte sich nie die Veröffentlichungsrechte an diesem Bild gesichert und so bis dahin keinen Cent bekommen. Doch das ging ihm zu weit. Er klagte und bekam Recht. Ähnlich erging es 2008 der rechtsextremen Partei Front National in Frankreich. Sie wurde zu 15000 Euro Strafe verurteilt, da sie unerlaubt das Foto auf ihrer Homepage verwendet hatte.

„¡Seremos como el Ché!“ – Wir wollen wie Ché sein! (Wandspruch) Dieser Satz schmückt nicht nur jede kubanische Schule. Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre nannte Ché einmal den „vollkommensten Menschen seiner Zeit“ – nicht weil er ohne Fehler war, sondern weil er seine Ideale ohne Kompromisse bis zum Ende verfolgte. Für die einen ist er einfach nur ein cooles Bild. Für die anderen ist er zu einer Projektion für eigene Ideale und Träume geworden und den Willen, für Ideen einzutreten und zu kämpfen - auch wenn sie unerreichbar erscheinen, frei nach seinem Motto „Seien wir realistisch, fordern wir das Unmögliche!“ Doch auch dieser Spruch scheint von der Autowerbung nicht sicher zu sein, wenn eine Firma behauptet, dass nichts unmöglich sei. Darin besteht die Macht der Werbung: Sie schafft es, jede Form von Unangepasstheit so weichzuspülen, dass die ursprünglichen Ideen völlig in den Hintergrund treten oder sogar ins Gegenteil gewendet werden, womöglich nach dem Motto „¡Hasta la victoria siempre!“ (Immer bis zum Sieg!). Nina Bartz 2

paramilitärische Einheit, die einen Kleinkrieg führen

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TITELTHEMA: WÄRE ICH NUR WIE…

GIBT ES ÜBERHAUPT [ke:onda] hat nachgefragt und ist dabei auf die unterschiedlichsten Arten von Idolen und Vorbildern in unserer Gesellschaft gestoßen.

„ „Ein Idol ist ein Abbild eines Gottes. Aber mittllerweile entspricht es sinngemäß einem Vorbild. IIch habe Vorbilder, sogar viele. Menschen um mich herum, die ich bewundere, denen ich nachm eeifere. Ob sie nun durch Intelligenz, Disziplin oder Lebensfreude Lebe Le bens nsfr freu eude de aauffallen, ufff uf diese Menschen haben etwas Besonderes. Ich tanze sehr gerne; und was würde ich darum geben, wie Pina Bausch tanzen zu können! Aber wie sie zu SEIN?! Ein Idol müsste perfekt sein. Ein Vorbild für jeden, in allen Aspekten. Und abgesehen davon, dass ein solcher Mensch sehr wahrscheinlich nicht existiert, wäre er nicht vollkommen uninteressant? Ein perfekter Mensch? Dann wäre er ja kein Idol mehr. Vielleicht bin ich zu streng mit diesem Begriff. Aber vielleicht ist das Wort auch zu streng für uns. Wir sind keine Abbilder Gottes. Und das ist okay so, ich jedenfalls liebe viele Menschen trotz all ihrer Fehler. Und sie lieben mich zurück. Das ist mir lieber als alle Idole der Welt zusammengenommen.“ Carmen Regner (17 Jahre) aus Berlin

„Ich kenne nicht die genaue Definition eines Idols. Unter Idolen stelle ich mir Menschen vor, die man für ihre Taten oder Sonstiges bewundert und denen man nacheifert. Ich könnte jetzt keine konkrete Person benennen und sagen: das ist mein Idol. Ich bewundere vielmehr alle Menschen, die sich mit Leib und Seele für andere Menschen uund den Schutz der Umwelt einsetzen, ohne dafür entlohnt werden zu wollen. Das sind meine Idole - Menschen die nicht immer nur reden, sondern aktiv helfen!“ Maya Büki (15 Jahre) aus der Nähe von Köln

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WAS STECKT HINTER UNSEREN IDOLEN UND IDEALEN?

NOCH

IDOLE?

„ mich ist meine Erzieherin aus „Für meinem früheren Hort ein Vorbild. Sie hat mir und den anderen Kindern immer geholfen und war i immer sehr h nett. tt Wenn sich aber jemand gestritten hat, ist sie dazwischen gegangen. Für mich sind Menschen wie meine Erzieherin Vorbilder, weil sie nicht nur nett war, sondern auch mal streng werden konnte, aber dabei nie ungerecht war.“ Johanna (10 Jahre) aus Freiburg

„Für mich sind zuallererst meine Eltern Idole, das ist für mich selbstverständlich. Ich kann zwar nicht sagen, dass ich noch andere Idole habe, aber es gibt viele Menschen, vor denen ich Respekt habe. Ich bewundere die Menschen, die ihre Arbeit mit Hingabe machen. Darunter verstehe ich Menschen, die mit Leib und Seele arbeiten und einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Das kann zum Beispiel ein Bauer sein, der sein ganzes Leben lang jeden Tag nur auf dem Feld gearbeitet hat und trotzdem mit seiner Arbeit zufrieden ist. Oder auch die Leute, die eine sehr einfache und eintönige Arbeit machen und trotzdem einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Jede Arbeit ist wichtig für die Gesellschaft, egal wie sie bezahlt wird, sie verdient Respekt und Anerkennung der Gesellschaft. Für mich ist deshalb nicht, derjenige, der viel Geld verdient, sondern der, der seine Arbeit mit Hingabe macht, eine Art Vorbild.“ Stefan (47 Jahre) aaus Freiburg

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„Der junge Kerl, der eine alte Dame sicher über die Straße bringt; die beste Freundin, die abends in einem Club nicht mehr Ruhe gibt, nachdem ihr bester Freund von einem Dummkopf als „Schwuchtel“ beschimpft wurde; das kleine Mädchen, das mit zitternder Stimme den doppelt so großen Mann dazu auffordert, seine Getränkedose doch bitte in den Mülleimer und nicht auf die Straße zu werfen, ... Idole haben für mich viele Gesichter und müssen nicht unbedingt berühmte Persönlichkeiten sein! Ich treffe sie an den verschiedensten Orten in meinem Leben und meistens gerade dann, wenn ich es nicht erwarte. Denn meiner Meinung nach kann jeder zu einem Idol werden, der im Rahmen seiner eigenen Fähigkeiten versucht unsere Welt ein kleines Stück besser zu machen und dabei nicht nur an seinen eigenen Nutzen denkt. Auf diese Weise schaffen es Idole, ihr Umfeld dazu zu inspirieren, ihnen zu folgen und unsere Welt zu einem besseren Ort für uns alle zu machen. Ich persönlich bin schon gespannt, welchem Idol ich als nächstes begegnen darf und freue mich darauf seinem Beispiel zu folgen.“ Jens Christoph Parker (22 Jahre) hre) aus Frankfurt am Main

Die Interviews führten Eva-Tabea Winker und Simon Pautmeier

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TITELTHEMA: WÄRE ICH NUR WIE…

WENN INDIVIDUALITÄT GEWICHT VERLIERT „Was ist Schönheit?“, frage ich. Reihenweise verdutzte Gesichter Sicherlich muss man das Maß erkennen bis zu dem man seinem geben mir die Antwort: „Schwer zu definieren...“, bringt endlich Idol folgen sollte und damit meine ich nicht nur, dass Menschen jemand hervor. „Schönheit kommt von innen, die Ausstrahlung sich nicht zu Tode hungern sollten, um wie ihr Idol aus zu sehen. ist wichtig“, sagt der Nächste. Innere Werte würden alles ausma- Ich denke auch auf kleinerer Ebene, auf der wir ganz einfach mit chen, die gesunde Zufriedenheit, die jemand nach außen trägt, allem unzufrieden sind was wir tun und sind, da Barack Obama, sein Lächeln, seine Zähne... „Nicht zu dick!“, sagt der eine, „Süd- Heidi Klum oder unsere beste Freundin doch völlig anders sind. ländisches, gutes Aussehen in Verbindung mit schönen Augen Selbstverständlich ist es nur wünschenswert, die positiven Chaund langen Beinen.“ rakterzüge einer Person zu bewundern und sich ein Beispiel an „Kilos sind in Ordnung“, sagt der Andere. Abweichungen von ihnen zu nehmen. Doch meiner Meinung nach sollte der NachSchönheitsideal seien geduldet und erwünscht. eifer nicht über diese Art von Bewunderung hinaustreten. Denn „Die Ausgewogenheit äußerer Formen in Verbindung mit einer ein Beispiel zeigt einen möglichen Weg, den jemand einmal ging, gewissen Echtheit des Charakters“, beantes zeigt uns die Richtung, in die wir folgen Meine Frage: Inwieweit wortet mir meine Deutschlehrerin meine wollen und lässt dennoch Freiraum für die Frage. Ja, was ist Schönheit? Art wie wir es tun. Alles was darüber hinkönnen uns unsere Idole ausgeht, alles was krampfhaft den Weg auch negativ beeinflussen? des Idols sucht, ohne die anderen Wege zu Schön sein – das wollen wir doch alle. Doch was bedeutet es in unserer Gesellschaft sehen, betrachte ich kritisch. Wir werden schön zu sein? Klar ist, dass, obwohl das Wort „Schönheit“ niemals exakt so sein können wie unser Idol, denn das ist es doch schwer oder gar nicht definierbar ist, unsere Mode und Medi- was uns ausmacht: Wir sind alle verschieden. enwelt eine sehr genaue Vorstellung von dem Schönheitsideal hat. Diesem Bild zu entsprechen ist wie ein Zwang, für manche In Maßen erstrebt hilft uns unser Idol unseren Charakter zu mehr, für manche weniger. Doch scheinen sich die Medien der ergänzen, in Blindheit verfolgt, zerstört unser Ideal unsere EntVerantwortung nicht bewusst zu sein, wenn sie die perfekte Figur, faltungsmöglichkeiten. Was haben wir davon einem anderen zu die passende Nasenkrümmung und den idealen Augenbrauen- gleichen? Was haben wir davon, uns einem höchst zweifelhafschwung kreieren. Denn wieder heißt es: Ideal sein ist das Ziel! ten Schönheitsideal, dass ohnehin nur eine Modeerscheinung Dabei ist gerade unsere Zeit von Perfektionismus und Idealismus ist, anzupassen? besonders geprägt, kein Wunder also dass sich Krankheiten wie Magersucht (Anorexia nervosa) oder Schönheitswahn immer Ja, was ist Schönheit? Was ist ideal? „Wer mit dem Strom weiter ausbreiten. schwimmt, wird, nachdem er durch den Rhein in den Atlantik kommt, wieder zu Regen. Wer will schon Regen sein?“ Zoe Krämer

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WAS STECKT HINTER UNSEREN IDOLEN UND IDEALEN?

„WANN WIR SCHREITEN SEIT AN SEIT…“ Eine Bewegung lebt

„ „Berg frei!“ Der Naturfreunddegruß ist schon über 100 JJahre alt – fast so alt wie ddie Naturfreundebewegung selber. Sol se Sollte er doch der Forderung nach freien Zugang zur Natur für alle Menschen Nachdruck verleihen. Der Gruß ist geblieben, doch was ist aus den Forderungen und Idealen der Naturfreunde von damals geworden? Strebt ein heutiger Naturfreund nach den gleichen Zielen und Idealen wie die Gründungsmitglieder der Naturfreunde 1895 in Wien? „Den arbeitenden Menschen aus grauen Städten den Zugang zur Natur zu erschließen.“ So lautete das Ziel. Die Naturfreunde stellten sich so gegen die vorherrschenden bürgerlichen Interessen von Großgrundbesitzern und bereits existierenden Wander-, Bergsteiger- und Sportvereinen, die der Arbeiterschicht eine Mitgliedschaft verwehrten. Als Verband der Arbeiterbewegung fühlten sie sich den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet. Noch heute orientieren wir uns an diesen Grundwerten. Doch die Welt und auch die Naturfreundebewegung hat sich weiterentwickelt. Und so prallen mit dem alten Naturfreund, der noch das Brauchtum pflegt, und der jungen Naturfreundin, die als Pink Rabbit demonstriert, zwei Welten aufeinander. Es gibt die einen, die dabei sind, weil ihre Großeltern und Eltern schon Naturfreunde gewesen sind. Es gibt die, die seit Jahren mit den Naturfreunden auf Freizeiten gefahren und irgendwann Mitglied geworden sind. Und es gibt die anderen, die sich aufgrund von politischen Überzeugungen entschieden haben, sich bei den Naturfreunden zu engagieren. Es gibt die Jugend und es gibt den Erwachsenenverband.

Kein Wunder, dass es da mal Meinungsverschiedenheiten gibt. Es ist auch keine Überraschung, dass sich die junge Naturfreundegruppe, die sich gegen rechte Gewalt engagiert, nicht mit dem Gesangsverein der Ortsgruppe identifiziert, der alte Volkslieder singt. Manchmal müssen wir auch erkennen, dass Wörter wie Solidarität ganz unterschiedlich interpretiert werden können und wir plötzlich über die Zumutbarkeit von Hartz IV innerhalb des Verbandes diskutieren müssen. Sofort raus aus Afghanistan, ein „geordneter“ Rückzug oder doch die humanitäre Unterstützung der Bevölkerung durch die deutsche Bundeswehr? Die Diskussionen sind komplexer und kontroverser geworden. Aus dem Arbeiterverband ist immer mehr ein Verband von Akademikern geworden. Auch wenn die Diskussionen noch am Lagerfeuer oder in unseren Naturfreundehäusern stattfinden, finden doch die Hauptdiskussionen auf Konferenzen statt. Das Leitbild der Naturfreundejugend, das wir gemeinsam entwickelt haben, war ein Versuch unsere Ideale und Ziele noch einmal in den Verband, in die Landesverbände und Ortsgruppen zu tragen, neu zu beleuchten und für uns mit Inhalten zu füllen. Aus dem Tourismusverband ist ein Verband für Nachhaltigkeit und sanften Tourismus geworden. Die Grundwerte sind noch die gleichen wie früher, doch die Themen sind vielfältiger geworden, genauso wie die Naturfreundebewegung selber. Trotz der positiven Veränderungen sollten wir von Zeit zu Zeit anhalten, nach hinten und nach vorne schauen. Denn nur wenn wir wissen, woher wir kommen und wo wir hin wollen, wie wir uns weiterentwickeln wollen, können wir der Naturfreundeidee treu bleiben. Wir müssen anfangen Vielfältigkeit als Chance zu sehen und nicht als Nachteil. Wir müssen anfangen uns als ein Verband zu sehen. Denn wenn man alles dreht und wendet, findet man doch das, was uns einigt: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Nina Bartz

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POST VON RON

Hola!

Santiago de Comp ostela – gerade v das Mekk or der be a der Pilg rü hmten Ka er. Ich st Ziel jede thedrale, ehe s Wallfah die das w rers ist. Ih kupferne ichtigste r k ennt sie n spanisc bestimm hen Centpostela t von den Münzen. Wallfahrt Dass San so rt ist, liegt tiago de der Priest daran, da Comer Teodo ss im 9. Ja miro hier letzte Ru hrhundert ein Grab hestädte e n tdeckte, des Apost glücklich das er als els Jacob en Umsta die us identi n d v fizierte. D e es neben rdankt Sa iesem Rom und ntiago se Jerusalem ine Prom städten d inenz, die zu den b er christli erühmtest chen We drang de e n lt P ilgerm achte. Vo r Pilger b n dem M is zum Sa euch assenanisonstart noch vers chont grü ßt

Euer

Ron

P.S.: Wen n du mal mit einer unterweg meiner za s bist, sc hlreichen hieß ein verwand vollen Ort Foto von ten Sock , wie diese ihr oder en ihm an e m und schic nächste A inem ein k es mir. usgabe ... drucksVielleich t kommt es ja in d ie

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RON ERKLÄRT DIE WELT...

WER ANDEREN EINEN GRUBE GRÄBT, FÄHRT BAHN Wir gewöhnen uns langsam an die Störungen im Betriebsablauf bei der Deutschen Bahn. Im Winter sind wir an den Bahnsteigen erfroren und in den Zügen eingeschneit. Und freuen wir uns nicht insgeheim eigentlich schon auf den Sommer? Wenn wieder Grillpartys für Kannibalen in den ICEs stattfinden. Zumindest für Menschen, die Menschenfleisch nicht abgeneigt sind, ist der ICE eine geniale Neuinterpretation von „Essen auf Rädern“. Aber Sarkasmus beiseite. Eigentlich sollte das Zugunglück in Thüringen den Bahnvorstand und das Bundesverkehrsministerium endlich aufgeweckt haben. Wie kann es sein, dass ein einfaches Notbremssystem auf einer eingleisigen Strecke nicht installiert ist? Weil die Bahn am Netz spart. Wie kann es sein, dass die BerlinerInnen immer noch für Ihre S-Bahn applaudieren müssen, wenn sie mal pünktlich kommt? Weil die Bahn am Wartungspersonal spart. Und wie kann es sein, dass Herr Grube uns in Zukunft weiße Doppelstockwagen mit rotem Streifen als IC-Ersatz andrehen will? Weil die Bahn den Betrag für die Ausschreibung der neuen IC-Flotte so niedrig ausgeschrieben hat, dass es bei der Entwicklung und Produktion zu massiven Verzögerungen kommt. Die eigentlich für den Regionalverkehr vorgesehenen und bestellten Doppelstockwagen werden kurzer Hand umgerüstet. Und wir dürfen auf die Klimaanlage der neuen ICs gespannt sein, wenn sie je kommen. Also kurz: Die Bahn spart das deutsche Schienennetz kaputt und spart genauso an den Zügen. Aber wofür? Wohin fließt das Geld aus dem Personenverkehr und aus dem Güterverkehr?

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Was machte Herr Grube mit dem Geld aus den Fahrpreiserhöhungen? Das Zauberwort heißt: Unternehmensvergrößerung. Herr Grube kauft Verkehrsunternehmen in der ganzen Welt auf, damit die Deutsche Bahn wächst und wächst. Zumindest vom Unternehmenswert her. Denn auch jetzt noch hofft man bei der Deutschen Bahn auf den Börsengang. Ein höherer Unternehmenswert führt zu mehr Aktien, die auf dem Markt ausgegeben werden können und somit zu mehr Einnahmen aus Aktienverkäufen. Deswegen besteht die Deutsche Bahn auch darauf, dass Schienennetz mit zu privatisieren. Das bringt noch mehr Unternehmenswert und noch mehr Aktieneinnahmen. Dass man damit Privatanlegern das Schienennetz verkauft, das sie über Steuern schon bezahlt haben, ist ziemlich pervers. Aber so simpel ist Kapitalismus: Leider ist „mehr“ immer besser und besser sein bringt selten „mehr“. Wenn die Bahn zumindest so ehrlich wäre das ihren Kunden am Bahnsteig zu sagen: „IC 2021 von Stuttgart nach Hamburg-Altona, Abfahrt 16:14 Uhr verspätet sich um 120 Minuten wegen eines Defekts im Management. Wir bitten um Ihr Verständnis!“ Cornelius Dahm

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BEWEGT: ARBEIT AUF BUNDESEBENE In welchen Bereichen auch DU tatkräftig mitwirken kannst

European Teenagers’ Summit 2011

der Naturfreundejugend Der erste europäische Teenagergipfel ber 2011 in Hannover statt. Deutschlands findet vom 1. bis 5. Okto e im Alter zwischen 16 und Insgesamt werden rund 70 Jugendlich nien, Deutschland, Öster20 Jahren aus Litauen, Italien, Polen, Rumä des Gipfels ist es, die Beteireich und Großbritannien erwartet. Ziel en. rken. icklungspolitik zu stärk ligung von Jugendlichen in der Entw ichmögl ltige Austausch Zugleich schafft die Veranstaltung vielfä a. Europ aus e keiten für Jugenddelegiert

Umweltdetektive

www.naturfreundejugend.de

Neue Doppelspitz e esen li/August di ! m u d wird im Ju n en e ug h ej n der ie nd Wir z e Bonns vo Naturfreu tsstelle der aus der Näh äf ir w ch es rn sg de it wan Die Bunde ehen. Dam Berlin umzi e“. „n Jahres nach e r in di eu ptstadt rübe „alten“ Hau

Erstmalig steht an der Spitze der NFJD kei n/e alleinige/r Bund in. Das Amt wurde au esleiter/ f der Bundeskonferen z durch eine Richtlini derung in eine gleich enänberechtigte Doppels pitze geändert. So sol auf Strukturebene l auch eine geschlechterge rechte Teilhabe erm werden. Das Modell ög lic ht ermöglicht zudem, den Aufgaben als Bu leiter/in noch besse ndesr gerecht zu werde n und zeitnah reagie kön kö önnen ren zu n. In die Doppelspit ze gewählt wurden Nin a Ba rtz (LV NRW) uund Frederik Düpmeie r (LV Baden). Als we ite re Mi tgl ied er der Bundesleitung wurde B n gewählt: Julia Bö hm, Sascha Böhm (beide LV Hessen), Sa (b bine Georg (LV Baden ), Lina Mombauer, S on Pautmeier (be Sim ide LV RLP).

Digital Storytellin g

Achtung, hier komm t unser neues Projekt! Beim Digita l Storytelling geht es darum, etwa dre iminütige Videos au s privaten Fotos zu eine Geschichte au erstellen, die s dem eigenen Leb en erzählen. Es wird ins neun solcher Veransta gesamt ltungen geben, die erste davon voraussi Spätsommer. Wir fre cht lich im uen uns schon, euch dort zu sehen! Sobald die Termine feststehen, findet ihr sie auf: www.naturfreundej ugend.de/unterwegs

Neue Mitarbeiter Ne

Bundesgeschäftsstelle! Dana Wi haben zwei neue Mitarbeiter hier in der Wir von der Partie, und ihr werdet Marquardt und Björn Eggert sind nun auch mit Ma bes bestimmt auch bald etwas von ihnen hier lesen!

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HELD DER ARBEIT Wer bist du? Beschreibe dich in 3 Sätzen. Mein Name ist Hans Peter Selz, viele kennen mich als Hansi. Ich bin seit 30 Jahren bei den NaturFreunden, habe selber eine Kindergruppe geleitet, mit der NaturFreundeJugend viele Freizeiten durchgeführt und bin jetzt im Vorstand des Landesverbands Baden. Für die Naturfreundejugend Deutschlands engagiere ich mich noch mehr oder weniger regelmäßig beim Kindergipfel. Mit wem würdest du gerne einmal frühstücken und warum? Mit Sir Richard Branson, einem englischen Unternehmer und Abenteurer. Mich fasziniert, wie er seine Ideen und Vorstellungen umsetzt und sich dabei auch sozial engagiert. Dein Rezept gegen Stress und zuviel Arbeit. Oldtimer-Zeitschriften in der Badewanne lesen und danach einen großen Teller Antipasti mit einem guten Rotwein verputzen. Ohne was kannst du nicht leben? Süßigkeiten, meine zweibeinigen und vierräderigen Freunde. Was willst du der Welt mit auf den Weg geben? Wir Menschen sollten uns nicht immer so wichtig nehmen und glauben, dass wir durch unser Tun oder Nicht-Tun die Erde und Natur auch nur ein Stück weit beeindrucken können. Vervollständige den Satz: Für mich ist die NFJ wie… … ein großer bunter Haufen aus vielen sympathischen Menschen. Und wenn ich mir’s so recht überlege auch der Ursprung der meisten meiner guten Freundschaften. LESE

RBRI

EFE

Eure Meinung ist uns wichtig! Egal, ob ihr einen Kommentar zum Titelthema, Lob oder Kritik für die Redaktion oder was euch sonst gerade beschäftigt loswerden wollt. Schickt uns eure Leserbriefe!

In welchem Geschäft würdest du deine Kreditkarte überziehen? Oh, da kommen viele in Frage: Von der Buchhandlung bis zum Delikatessengeschäft. Es könnte auch ein Geschäft sein, in dem es Armbanduhren, handgefertigte Schuhe oder JaguarErsatzteile gibt. Auf Flohmärkten zahlt man üblicherweise ja nicht mit der Kreditkarte…

ke:onda Redaktion c/o Naturfreundejugend Deutschlands Haus Humboldtstein 53424 Remagen keonda@naturfreundejugend.de

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DAS SIND WIR! Die Naturfreundejugend Rheinland-Pfalz stellt sich vor.

Spannende Abenteuer direkt vor unserer Haustür, zelten unterm Sternenhimmel, umweltpädagogische, soziale und politische Projekte, Fortbildungen oder einfach nur Spaß – all das (und noch viel mehr) ist bei uns möglich. Im Folgenden möchten wir Euch einen Einblick in die Schwerpunkte unserer Arbeit geben und Euch auch einladen bei einer unserer zahlreichen Veranstaltungen dabei zu sein: Umweltdetektive Die Natur ist uns wichtig, sie ist für uns sowohl Lebensgrundlage als auch Ort der Entspannung und des Erlebens. Wir setzen uns für ihren Schutz ein und das geht am Besten, wenn man sich in ihr zurechtfindet. Deshalb gehen wir in die Natur und verbringen Zeit damit, sie mit Spaß kennen und verstehen zu lernen. Mehrmals im Jahr führen wir entsprechende Veranstaltungen zu verschiedensten Themen durch. Camps und Ferienfreizeiten Bei unseren Camps und Freizeiten, die wir für alle Altersgruppen anbieten, sind jede Menge Spaß und Action angesagt. Das bunte Programm bietet Spannung und Abenteuer pur und auch die Erholung kommt natürlich nicht zu kurz.

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GruppenleiterInnenschulungen und Seminare Aktionen mit Kinder und Jugendlichen durchzuführen macht nicht nur Spaß, sondern bedeutet auch jede Menge Verantwortung. Deshalb veranstalten wir Schulungen, bei denen man die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten in Theorie und Praxis erwerben kann. Soziale und politische Projekte Wir zeigen, dass Politik und Engagement nicht langweilig sein müssen und bieten viele Möglichkeiten sich einzumischen, mitzureden und bei Projekten aktiv mitzuwirken. Ein Beispiel dafür ist unser aktuelles Spendenprojekt für Tansania, Tuende Pamoja, zu deutsch: „Lass uns gemeinsam gehen“. Mach mit! Wenn Du Lust hast neue Leute kennen zu lernen und Spaß zu haben, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, unsere Umwelt aktiv zu schützen, neue Erfahrungen zu machen, eigene Ideen zu verwirklichen oder die JugendleiterInnenkarte (Juleica) zu erwerben, dann bist Du bei uns genau richtig! Wir bieten zahlreiche Möglichkeiten sich zu engagieren: Als BetreuerIn bei einer unserer Freizeiten, als Kinder- und JugendgruppenleiterIn vor Ort, als Mitglied der Landesjugendleitung oder als FÖJlerIn in unserer Geschäftsstelle. Wir freuen uns auf Dich! ;)

www.naturfreundejugend-rlp.de

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BELEUCHTET: WERBUNG

AUF KUNDENFANG Im Netz (mit) der Werbeagentur

Jeder kennt sie und sie ist immer da: Werbung. Doch wie kommt es, dass Konzernen ein guter Name Milliarden wert ist? Ich möchte zuerst den Konzern RedBull und sein Marketing etwas genauer unter die Lupe nehmen. Die Fakten sind: RedBull hatte kurz nach der Gründung gar keinen großen Etat für Werbung eingeplant. Heute gibt es Sponsoring für Freestyle, Motocross, Flugzeugrennen, Ice Cross Downhill, Formel 1, Base Jumping, Cliff Diving, Radrennen, Fußball, Rallyerennen und noch vieles mehr. Dabei ist auffällig, dass RedBull sehr viele Extremsportarten unterstützt- dafür aber fast komplett auf prominente Werbebotschafter verzichtet. Der aktuelle Werbeetat von RedBull beträgt ungefähr eine Milliarde Euro, das ist ein Drittel des gesamten Umsatzes.3 Aber warum leistet sich ein Getränkekonzern solch immense Ausgaben für Marketing und Sponsoring? Um dies herauszufinden, muss man hauptsächlich zwei Dinge beachten: Zum einem den Preis von ca.1,70 Euro pro 250ml und zum anderen den extrem hohen Marktanteil bei Energy Drinks in Deutschland von ungefähr 70%. RedBull schafft es also durch konsequente Fernsehwerbung und Sportsponsoring der Marke RedBull ein so gutes Image zu schaffen, dass ein Preis, der dem doppelten bis dreifachen der Konkurrenzprodukte entspricht, vom Kunden akzeptiert wird. Dies ist auch einer der besten Beweise dafür, welche Wirkung eine omnipräsente Werbung auf uns Kunden haben kann. Eine andere Werbestrategie wird bei den großen Elektronikmärkten verwendet: Der Kunde wird über Fernseh- und Radiowerbung mit sinnfreien Sprüchen wie „Geil ist geil“ oder „Keiner schlägt die Nummer 1“ geworben. Dabei werden immer abenteuerlichere Angebote gemacht.

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Interessant wird es aber, wenn man beachtet, dass z.B. Media Markt und Saturn zum gleichen Konzern gehören. Dies bedeutet, dass das „Konkurrenzverhalten“ ein reiner „Werbetrick“ ist, nach dem altbekannten Motto: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. So verwundert es auch nicht, dass beide Märkte ihre Fernsehspots bei derselben Agentur in Auftrag geben. Da aber die meisten Fernsehzuschauer während der Werbepausen umschalten, erreicht konventionelle Fernsehwerbung wie die von Media Markt immer weniger Zuschauer. Es wird also wichtiger für Konzerne, neue Wege zu erschließen, über die sich Produkte bewerben lassen. Ein Stichwort, das in diesem Zusammenhang häufig fällt, ist, dass der „personalisierten“ oder „persönlichen“ Werbung. Hier geht es darum, die Vorlieben des einzelnen Konsumenten zu erkennen und gezielt und individuell zu bewerben. Erleichtert wird diese Strategie durch das Internet. Dort lassen sich über die IP-Adresse, sowie über das Anmelden in Foren und sozialen Netzwerken sehr leicht Daten sammeln. Zwar gibt es staatliche Datenschutzrichtlinien, doch zum Beispiel Facebook und StudiVZ speichern schon seit langer Zeit Informationen aus den Nutzerprofilen um „passendere“ Werbung zu zeigen. Insgesamt kann man sagen, dass sich Werbung schnell verändert, da sich mit dem Internet neue Möglichkeiten erschließen. Die konventionelle Werbung wird aber wohl noch lange zum Bedauern jedes Fernsehzuschauers erhalten bleiben. Malte Kuhn 3

http://www.markenmagazin.de/olg-hamburg-red-bull-gegenbullenmeister-urteil-vom-26-11-2009-3-u-20108/, http://www.wer-zu-wem.de/firma/Red-Bull-Fuschl.html

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BELEUCHTET: UNTERWEGS

„Wow“ dachte ich, Brasilien! Das klingt nach Carneval, Samba, Strand und Fußball, aber auch nach Favelas, Armut und Kriminalität. Jedenfalls sind das wohl die ersten Begriffe, die einem Deutschen einfallen, der Brasilien nur aus den Medien kennt. Diese Begrifflichkeiten sind nicht falsch, denn man findet sie nahezu überall in dem riesigen Land. Doch schnell neigt man dazu, das Land auf diese Begriffe zu reduzieren. Brasilien ist aber viel mehr als das. Mein Einsatzort war eine Santa Casa, ein Krankenhaus, welches sich dazu verpflichtet hat, überwiegend Menschen zu behandeln, die nicht über genügend Geld verfügen, um sich eine Behandlung in einem privaten Krankenhaus zu leisten. Da ich vorher in Deutschland eine Ausbildung zum Kinderpfleger absolviert hatte, bot es sich an, in der Kindertagesstätte (Creche) des Krankenhauses zu arbeiteten. Dort werden die Kinder des Krankenhauspersonals tagsüber betreut. Als ich zum ersten Mal die Kindertagesstätte betrat, wunderte ich mich doch etwas über die Zustände, die dort herrschten. Die Räumlichkeiten waren sehr eng und relativ eintönig gehalten. Der Spielplatz war komplett aus Beton und die Spielgeräte alt und verrostet. Es gab keine kindgerechten Toiletten und Waschbecken. Später erfuhr ich dann, dass die Kindertagesstätte mehr als Notlösung entstanden ist. Es gibt viele Arbeitskräfte im Krankenhaus, die ihre Kinder nicht in anderen, privaten Einrichtungen unterbringen können, da ihr Gehalt dafür nicht ausreicht. Hauptsächlich besuchen also Kinder der Putz-, Küchen und Aushilfskräfte unsere Creche.

DIE FREMDE WIRKLICHKEIT Freiwilligendienst in Brasilien

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Aber nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch die Sitten sind anders als in Deutschland. Bei den Mahlzeiten herrschte immer ein riesiges Chaos. Keiner blieb auf seinem Stuhl sitzen und nicht selten bewarfen sich die Kinder mit dem Essen. Den nächsten kulturellen Schock erlebte ich, als ich erfuhr, dass die Kinder zwei Mal am Tag für 30 Minuten Fernsehen schauen dürfen. Und nicht etwa „pädagogisch wertvolle“ Sendungen, sondern Pikachu, Dragonball und Co.

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Andere Länder, andere Sitten, dachte ich. Schließlich besteht doch genau darin die Herausforderung, die ich wollte. Am Anfang war es jedoch schwerer als gedacht, kulturelle Unterschiede als gegeben anzuerkennen und nicht als falsch zu bewerten, nur weil es in der Heimat anders ist. Je mehr ich mich dann aber einlebte, desto wohler fühlte ich mich. Jedoch wuchs gleichzeitig auch der Frust über die Räumlichkeiten täglich, wenn sich mal wieder ein Kind an einem der gefährlichen Spielgeräte verletzte. Umso erfreulicher war es, als ich erfuhr, dass es neue Gelder zur Renovierung der Creche geben soll. Ich fühlte mich geehrt, als die Verantwortlichen des Krankenhauses mich fragten, ob ich mich an der Planung der Renovierung beteiligen wolle. Zu dritt planten wir also, wie wir die Gelder am sinnvollsten nutzen konnten. Es wurden neue Spielgeräte angeschafft, die Räume wurden neu gestrichen und wir bekamen ein großes Waschbecken, welches auf einer Höhe angebracht wurde, dass die Kinder es auch nutzen konnten, um sich nach den Mahlzeiten die Zähne zu putzen. Außerdem wurden zwei neue Arbeitskräfte eingestellt, um die angespannte Personalsituation etwas zu entlasten. Nach einigen Monaten in der Creche stellte sich dann ein Gefühl ein, welches ich seit meiner Ankunft in Brasilien nicht gespürt hatte: Routine. Zuerst genoss ich dieses Gefühl, schließlich bewirkte es, dass ich hier nicht mehr auf den ersten Blick auffiel und ich konnte noch tiefer in die brasilianische Kultur eintauchen. Jedoch wuchs aus dieser Routine auch das Bedürfnis danach, mehr zu erleben und andere Arbeitsfelder kennen zu lernen. Ein Bruder des Ordens, der das Krankenhaus leitet, brachte mich nach 7 Monaten in der Creche mit anderen Projekten in der Stadt in Kontakt.

Der Bruder zeigte mir ein Projekt in Maringá, das von einem anderen Orden ins Leben gerufen wurde. Vor einigen Jahren begannen dort die Maristenbrüder obdachlose Familien in einem Viertel mit leerstehenden Häusern unterzubringen. In der Mitte dieses Viertels errichteten die Brüder ein großes Soziales Zentrum. Dort verbrachten die Kinder die Zeit, in der sie nicht zur Schule gingen. Es wurden verschiedene Workshops, wie zum Beispiel Sport, Medien und Kunst, angeboten. Auch ich durfte dort nach einer kurzen Einarbeitungsphase einen Workshop anbieten. Ich bot einen Kulturworkshop an, um den Kindern meine Heimat und damit auch mich ein wenig näher zu bringen. Es machte mir großen Spaß mit diesen Kindern zu arbeiten; auch wenn ich merkte, dass große Bildungsunterschiede zu den Kindern aus der Creche bestanden. Brasilien ist ein tolles Land, mit tollen Menschen, toller Musik und einer beeindruckenden Kultur. Doch habe ich in der Ferne auch Deutschland schätzen gelernt. Denn oft weiß man etwas erst wirklich zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat. Sicherheit, Bildung und Gesundheit sind drei Güter, welche in unserem Land (noch) für jeden frei zugänglich sind. Doch global gesehen ist dies keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil, man kann es als Luxus bezeichnen. Einen Luxus, den wir uns wahren sollten. Natürlich bin ich in dem Jahr auch viel gereist, um das Land von seinen verschiedenen Seiten kennen zu lernen. Wenn ihr Lust habt, dann schaut doch mal auf Thomasbrasil.wordpress.com. Dort findet ihr noch meine damals geschriebenen Rundbriefe mit sehr vielen Erlebnissen, Eindrücken und Erfahrungen, die ich das ganze Jahr über gesammelt habe. Thomas Neumann

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FFREISTIL REISTIL

QUIDDITCH – DER SPORT DER ZAUBERER… ODER AUCH NICHT! Ein Quaffel, zwei Klatscher und ein Goldener Schnatz. Für Manche sind dies Fremdwörter, aber alle Fans der weltweit beliebten HarryPotter-Romane kennen diese Begriffe. Dies sind die Bälle, die in der magischen Mannschaftssportart „Quidditch“ gebraucht werden. Der Sport gilt als der Volkssport der magischen Welt. Genauso wie im Fußball treffen sich die besten Nationalmannschaften alle vier Jahre zur Weltmeisterschaft. Quidditch wird aber nicht auf einem Feld gespielt, sondern über dem Feld. Die Spieler, drei Jäger, zwei Treiber, ein Hüter und ein Sucher bewegen sich, schießen, und blockieren mit der Hilfe ihrer verzauberten Besenstiele.

Dadurch entwickelten sie aber eine neue Sportart. 2005 wurde das modifizierte Quidditch erstmals im Middlebury College in Middlebury, Vermont gespielt. 2007 gründete die Mannschaft den Internationalen Quidditchverein (IQA), dem heute mehr als 1000 Teams angehören. Am bekanntesten ist die Sportart unter amerikanischen und kanadischen Studenten. Die große Mehrheit der Teams sind Unimannschaften. Das Highlight der Quidditchsaison kommt jährlich im November, wenn sich die besten Mannschaften der Welt für die Quidditchweltmeisterschaft bewerben. Letztes Jahr kamen 20.000 Zuschauer zum Endspiel in New York City.

Die Sportart gefiel den Fans Harry Potters so gut, dass sie es ausprobieren wollten. Die Muggels, also das nichtmagische Volk, musste die Regeln allerdings etwas verändern, denn verzauberte Besenstile konnten sie nicht finden.

Seit die Popularität des Muggelquidditches in Nordamerika steigt, wird der neue Trendsport langsam auch weltweit bekannt. In Europa gibt es bei der IQA sechs angemeldete Quidditchmannschaften. Eine davon ist an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Evan Anderson

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Interessiert dich der Besensport auch? Tippe einfach http://www.internationalquidditch.org in deinem Internetbrowser und begib dich in die magische Welt!

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FREISTIL

SIE LEBT NICHT IN DERSELBEN WELT WIE DU Von Delphine de Vigan „Im Bett denke ich an die Frau aus dem Zeitungskiosk, und mir geht wieder dieser Satz durch den Kopf, sie lebt nicht in derselben Welt wie du. Es ist mir scheißegal, dass es in der einen Welt mehrere Welten gibt und dass man in seiner bleiben soll. Ich will nicht, dass meine Welt eine Untermenge A ist, die keine Schnittmenge mit anderen Mengen (B, C oder D) bildet, eine an die Tafel gemalte in sich geschlossene Knolle, eine leere Menge.“ (S.75)

Sie ist hochbegabt und hat schon zwei Klassen übersprungen. Außer Lucas, der in dieselbe Klasse geht und bei dem sie immer weiche Knie bekommt, hat sie keine Freunde. Doch das ändert sich, als sie eines Tages No kennenlernt. No ist achtzehn Jahre alt und lebt auf der Straße. Lou, die in der Schule ein Referat über obdachlose Frauen halten soll, beginnt ihr neues Projekt: No kennen lernen. Sie treffen sich oft. No erzählt über das Leben auf der Straße, über die Gefahren, über ihre Einsamkeit und Lou hört zu. Nach und nach beschließt Lou, No zu retten, aber: „Die Dinge sind, wie sie sind.“(S.69)

Die dreizehnjährige Lou denkt viel über das Leben nach. Sie stellt ständig neue Theorien auf, um die Welt besser zu verstehen und startet neue Forschungsprojekte.

Eva-Tabea Winker

Delphine de Vigan: „No und ich“, droemer knaur verlag 2009, 256 Seiten, 16,95 Euro

WELTWEITE WELTSICHTEN Sara (17 Jahre) aus Slowenien, Schülerin

Kurz und knapp: Ich über mich

Wie sieht für dich die perfekte Welt aus?

Mein Name ist Sara, ich komme aus Slowenien. Ich spiele seit 4 Jahren Fußball. Für den einen oder anderen mag sich das ungewöhnlich anhören, aber auch wir Frauen können gut Fußball spielen.

Hm ... gute Frage. Ich wünsche mir eine Welt ohne Kriege, Opfer, Misshandlungen und Gewalt. Eines Tages will ich der Welt zeigen, dass alle Menschen gleich sind – wir sind alle aus Fleisch und Blut, und vor allem haben wir Gefühle. Ich hoffe, dass alle eines Tages mit einem Strahlen im Gesicht durch die Welt laufen. Oft realisieren wir gar nicht, was wir wirklich haben. Schaut euch die Natur an, die Sonne, die Felder, die Berge. Ist das nicht genug? Vielleicht träume ich, aber ich denke, ich bin nicht die Einzige.

Was wünschst du dir für deine Zukunft? Ich bin besonders, ich bin frei, das macht mein Leben aus. Wenn alles gut läuft, werde ich meinen Abschluss haben und einen „perfekten“ Job finden. Ich denke, dass viele Menschen eine falsche Einstellung haben, sie sind nur profitorientiert und denken einzig und allein an sich selber.

Wenn du die Macht hättest, was wäre deine erste Amtshandlung? Viele Jugendliche träumen von einem Mann auf einem weißen Pferd. Meine Träume sind dieselben: Ich wünsche mir ein Leben mit vielen Erlebnissen und unvergesslichen Momenten, denn jeder lebt nur einmal und deshalb sollten wir das Beste aus unserem Leben machen.

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Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und es macht mich traurig, wenn ich Bilder von armen, hungernden Menschen sehe, die noch nicht einmal einen Platz zum Schlafen haben. Ich möchte den Menschen der ärmsten Länder etwas zu essen geben, ich möchte ihnen eine Zuflucht geben, für alle, die alleine sind, möchte ich Freunde finden, verlorene Tiere möchte ich ihren Besitzern zurückgeben, ich möchte allen Menschen Fröhlichkeit und Liebe spenden. Ich hoffe eines Tages wirklich die Kraft zu haben, die Welt zu verändern.

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ANSICHTSSACHE

WISSEN IST MACHT. Welche Antwort würde man wohl bekommen, wenn man die mächtigsten Menschen unserer Welt fragen würde, was oder wen sie am meisten fürchten? Ich bin mir sicher, dass auf einer Liste mit Antworten auf diese Frage auch der Name des 40-jährigen australischen „Computer Nerds“ Julian Assange mit seiner Internetseite auftauchen würde. WikiLeaks. Bei dem Namen dieser Internet- Plattform, welche von InformantInnen aus der ganzen Welt tagtäglich mit neuen „geheimen“ Informationen gefüttert wird, bekommt der eine oder andere Machthabende mit Sicherheit ein mulmiges Gefühl. So haben es sich WikiLeaks und dessen Mitbegründer Assange zur Aufgabe gemacht, auch die geheimsten Information unseres Planeten zu veröffentlichen. Selbst die Mauern des Pentagons hielten den Angriffen der „WikiSuperhacker“ nicht stand. Auch amerikanische Großbanken mussten sich damit abfinden, dass jetzt die ganze Welt nur einen internetfähigen Computer benötigt, um hochbrisante und nicht öffentliche Informationen zu erhalten. Die Enthüllung, welche bis jetzt mit Abstand am meisten Aufsehen erregt hat, sind die 391.832 teilweise als „streng geheim“ eingestuften Militärberichte aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Nach Veröffentlichung dieser Dokumente ging ein Ruck durch die Gesellschaft. Es stand glasklar fest: Es handelt sich im Irak und in

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Afghanistan nicht einfach um militärische Auseinandersetzungen. Nein, es sind Kriege, die sich nicht wesentlich vom Koreaoder Vietnam-Krieg unterscheiden. Manche der veröffentlichten Berichte erinnern an Hollywood-Kriegsdramen oder gar an die so oft gescholtenen Ballerspiele. DBC Pilot Debrief: (übersetzter Bericht einer Kampfflugzeugbesatzung im Irak) Flugzeug startet... Besatzung.... .Gruppe bewaffneter Taliban sichtbar.... Besatzung gibt Warnschüsse ab.... .Tote nicht auszuschließen. Rakete kann abgefeuert werden... Rakete trifft Ziel.... Französischer Bodentrupp kümmert sich um Taliban... Mission kann beendet werden. Aber was WikiLeaks mit der Veröffentlichung dieser Berichte ausgelöst hat, ist noch wichtiger als ihr Inhalt selbst: Die Diskussion darüber, worüber Regierungen ihre Bürger informieren müssen und dass der Irak und Afghanistan uns alle angeht. Wahrscheinlich hätten wir das ohne WikiLeaks nicht gehabt. Meine Meinung ist: Solange Regierungen nicht in der Lage sind, ihrem Volk, welches sie gewählt hat, die Wahrheit zu sagen, sollte man die Arbeit von Assange und seinen Hackern nicht verurteilen. Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, was unsere Soldaten in Afghanistan machen und wir als Bürger müssen dieses Recht auch einfordern. Es ist so, wie Francis Bacon einst sagte: Wissen ist Macht. Und nur, wenn dem Volk jegliches Wissen zugänglich gemacht wird, wird es in die Lage versetzt, diese Macht gewissenhaft auszuüben. Simon Sonntag

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LUCAS‘ LINKE

DIE MILCH MACHT´S Ich war Vegetarier. 13 lange Jahre lang.Vermisst habe ich eigentlich nie etwas. Dann kam das Studium. Agrarwissenschaften. Ein Praktikum auf einem ökologischen Ziegenhof. Melken, Käsen, Schlachten. Huch, warum denn Schlachten? Ist doch ein Milchbetrieb hier. Und dann die Erkenntnis, dass Säugetiere, also auch Ziegen, eigentlich nur dann Milch geben, wenn sie vorher ein Jungtier geboren haben. Und dass man die Milch eigentlich nur dann haben kann, wenn die Jungtiere die nicht selbst trinken. Und dass man nicht jedes Jahr alle neugeborenen Jungtiere in die Herde aufnehmen kann, weil man dann innerhalb von nur wenigen Jahren tausend und mehr Ziegen hätte. Außerdem geben männliche Jungtiere ja später auch gar keine Milch. Schlachten gehört also dazu. Fleisch ist einfach ein Nebenprodukt von Milch, Käse und Butter. So ist das nun mal. Kann man nichts machen. Also hab ich mal beim Schlachten zugeguckt. Dann mitgeholfen. Angst hatten die Tiere keine. Kein Transport. Kein Stress. Hofeigene Schlachterei. Bekannte Gesichter. Bekannte Stimmen. Und dann Peng…und die ganze Sache ist vorbei. Nach dem ersten Zugucken wartete ich auf Albträume. Kamen aber keine.

Auf Gewissensbisse. Hmm,, na ja…ein paar vielleicht. Aberr im Grunde hatten die Tiere bis dahin ja ein schönes Leben gehabt.. Also hab ich wieder Fleisch gegessen. essen. Sehr selten. Und nur Bio. Am liebsten von Höfen, die ich kannte. e. Wegen der Schlachtmethoden. Eigentlich hätte ich damals ja auch zu einem anderen Schluss kommen können. Ich hätte beschließen können, dass ich auf Milchprodukte ebenso verzichte, wie vorher auf Fleisch. Das wäre im Grunde die logischere Konsequenz gewesen. Veganer. Kurz daran gedacht habe ich auch. Immer mal wieder. Einiges spricht dafür. Klimawandel, Erosion, Hunger, Ausbeutung, Leid. Alles vermeidbar oder zumindest stark reduzierbar, wenn ich auf meine Scheibe Käse, meinen Schuss Milch im Kaffee und mein Stück Sonntagskuchen verzichten würde. Und das mache ich jetzt mal. Vorerst für 6 Wochen. Von Aschermittwoch bis Karfreitag. Fastenzeit. Mal sehen, wie unmöglich das so ist und wie ich danach weiter leben und vor allem weiter essen will. Lucas Nicolaisen

Lucas Nicolaisen Bildungsreferent der Naturfreundejugend Deutschlands

RÄTSEL Vor nicht allzu langer Zeit wurde durch Zufall eine neue Trendsportart geschaffen: Das Speedstalking! Wie kam es zu dieser merkwürdigen Erfindung? Wer ist dafür verantwortlich? Welche dubiosen Umstände führten zur Begründung dieser Disziplin? Und was haben eigentlich die Illuminaten damit zu tun?! Schickt uns eure möglichst kreative Definition des „Speedstalkings“ und gewinnt ein T-Shirt!

Tipp: Schaut mal auf dem Cover der letzten Ausgabe! ;-) keonda_VI-DRUCK.indd 23

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„Mein Name ist Angelina Ivashchenko und ich bin ‚Europäische Freiwillige‘ aus Norwegen. Ich interessiere mich besonders für Ökologie und Öffentlichkeitsarbeit. Das ist auch der Grund, warum ich mein FreiwilligesEuropäisches Jahr bei der Naturfreundejugend Deutschland machen wollte. Ich bin zum ersten Mal in Deutschland und freue mich auf meinen neuen Job.“

„Hallo! Mein Name ist Kay, ich bin 20 Jahre alt und verbringe im Rahmen des EFD ein Jahr in Norwegen, Nordfjordeid. Ich fühle mich sehr wohl in Norwegen und genieße meinen Aufenthalt in diesem wunderschönem Land! Das hat mir die Naturfreundejugend ermöglicht! Vielen Dank dafür!“

AUCH LUST AUF EUROPA? Die Naturfreundejugend Deutschlands beteiligt sich sowohl als Entsende- als auch als Aufnahmeorganisation am Europäischen Freiwilligendienst. NaturfreundInnen zwischen 18 und 30 Jahren können zu einem Freiwilligeneinsatz von zwei bis zwölf Monaten ins europäische Ausland gehen. Die Freiwilligen erhalten Zuschüsse zu den Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung sowie ein Taschengeld für die Dauer ihres Einsatzes. Freiwillige aus dem europäischen Ausland haben im Gegenzug die Möglichkeit, ihren europäischen Freiwilligendienst bei der Naturfreundejugend Deutschlands zu absolvieren.

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