Naturland - Wurzeln, Werte und Visionen

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NATURLAND WURZELN, WERTE UND VISIONEN


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WIR

WIR SIND NAH DRAN AM ACKER, AN DEN TIEREN, AN DER NATUR AN BAUERN UND VERARBEITERN AN VERBRAUCHERN UND GENIESSERN AN DER REGION UND DER WELT

WIR SPÜREN DEN HERZSCHLAG VON ÖKO

WIR HABEN WURZELN WIR HABEN WERTE WIR HABEN VISIONEN

WIR SIND VIELE UND WIR WERDEN TÄGLICH MEHR

WIR SIND NATURLAND ÖKO FÜRS WIR

WIR SIND ÖKO, WIR SIND ZUKUNFT. Wir sind Naturland, der internationale Verband für ökologischen Landbau. Mit 54.000 Bäuerinnen und Bauern, Imkern und Fischwirten in 52 Ländern der Erde stehen wir dafür, dass ein ökologisches, soziales und faires Wirtschaften weltweit im Miteinander

ein Erfolgsprojekt ist. Allein in Deutschland gehören rund 3.500 Erzeuger unserer Gemeinschaft an. Naturland steht wie kein anderer Öko-Verband für den harmonischen Zweiklang von Regionalität und Internationalität in einer globalisierten Welt.

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Öko fürs Wir

NATURLAND IST ÖKO FÜRS WIR. Wir statt Ich. Wir wollen dazu beitragen, anders zusammenzuleben. Wir möchten auf gute Art miteinander wirtschaften und die Gesellschaft gemeinsam zum Besseren verändern. Solidarität ist keine Utopie, sie schafft eine verlässliche Wertebasis für unser Denken und Handeln. Wir sind durch und durch Öko – und das heißt für uns immer auch Sozial. Deshalb sind soziale Anforderungen fester Bestandteil der Naturland Richtlinien. Mit Naturland Fair gehen wir diesen Weg konsequent weiter und ver-

binden Öko-Landbau und Fairen Handel in einer Zertifizierung. Wertschätzende Beziehungen und lebendige Verbindungen sind der Ackerboden für das Naturland Wir. Zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Verbrauchern. Zwischen Stadt und Land. Zwischen den Regionen der Welt. Denn die Art, wie wir miteinander umgehen, wie wir wirtschaften und unsere Lebensmittel erzeugen, ist entscheidend für die Zukunft von Mensch und Natur.

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SEIT ÜBER 35 JAHREN ENTWICKELN WIR ÖKO TÄGLICH WEITER. Es gibt uns zwar schon seit 1982, aber wir von Naturland sind immer bereit, Öko neu zu denken und mit Öko-Innovationen zu überzeugen. Wir haben den weltweit ersten Teegarten auf ökologischen Anbau umgestellt. Wir haben das ökologische Prinzip auf die Erzeugung von Fisch und Meeresfrüchten in Aquakultur übertragen. Wir schützen auch unsere natürlichen Wälder durch eine konsequent ökologische Bewirtschaftung. Und

wir haben als erster Verband Öko und Fair in einem Siegel vereint. Die klaren und strengen Naturland Richtlinien entwickeln wir beständig weiter. Dabei sind wir stets bereit, auch neue Wege zu gehen. Wir gewinnen die Zukunft im fruchtbaren Dialog zwischen Tradition und Technik, zwischen festen Überzeugungen und der Offenheit für neue Chancen und Möglichkeiten.

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WIR WOLLEN, DASS ÖKO DIE NORM IST. NICHT DIE ALTERNATIVE. Wir alle sind Verbraucher. Das gibt uns tagtäglich die Möglichkeit, durch Kaufentscheidungen gute Entwicklungen zu unterstützen und schlechte zu bremsen. Wer Öko-Produkte kauft, stärkt eine Landwirtschaft, die einen großen Unterschied macht:

Naturland Bauern müssen dabei oft noch strengere Regeln einhalten, als die EU-Ökoverordnung vorschreibt. Sie stellen beispielsweise immer ihren kompletten Hof auf Öko um und halten weniger Tiere pro Hektar Acker- oder Weideland. So wird Überdüngung vermieden und unser Grundwasser noch besser geschützt.

• Natürliche Pflanzenstärkung statt chemisch-synthetischer Pestizide

Was gut ist für die Umwelt, ist auch gut für den Menschen. Naturland Bauern erzeugen gesunde, naturbelassene Lebensmittel, die auch möglichst genau so bleiben sollen. Deshalb ist auch die Weiterverarbeitung streng geregelt. Rund 330 Zusatzstoffe lässt das EULebensmittelrecht zu, nur 53 davon dürfen in Öko-Lebensmitteln verwendet werden. Naturland erlaubt sogar nur 22.

• Organische Düngung und sinn­ volle Fruchtfolgen ohne chemischsynthetische Stickstoffdünger • Biologische Vielfalt statt Gentechnik • Artenreiche Kulturlandschaften statt Maiswüsten • Artgerechte Tierhaltung mit regionalem Öko-Futter statt klimaschädlicher Futtermittelimporte und Fleischexporte

Weniger ist eben mehr. Wollen wir Lebensmittel wirklich noch anders erzeugen?

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Öko/Mensch/Umwelt

JETZT MAL ÖKONOMISCH GESAGT: ÖKO RECHNET SICH FÜR MENSCH UND UMWELT. Wer sagt eigentlich, dass Öko teurer ist? Billig produzierte Lebensmittel sind nur scheinbar günstig. In Wahrheit kommen sie uns teuer zu stehen. Denn die Folgekosten einer Landwirtschaft, die sich nicht um ihre Auswirkungen auf Umwelt, Mensch und Tier kümmert, werden der Allgemeinheit aufgebürdet. Dagegen ist beim Öko-Landbau der Mehraufwand für den Schutz von Wasser, Boden und Klima, für die Bewahrung der Artenvielfalt und für ein faires und soziales Miteinander bereits eingerechnet. Das ist der Kern nachhaltigen Wirtschaftens, das die nachfolgenden Generationen im Blick hat.

Die Vereinten Nationen haben sich mit der Agenda 2030 globalen Nachhaltigkeitszielen verpflichtet. Wir bei Naturland unterstützen ihre 17 Sustainable Development Goals (SDGs). Sie zu erreichen, ist das Gebot unserer Zeit. Der Öko-Landbau als Vorreiter bietet hier vielfältige, erprobte Lösungen. Diese Lösungen weiterzuentwickeln und in der Breite der Gesellschaft zu verankern, daran arbeiten Naturland Bauern und Naturland Partner aus Lebensmittelwirtschaft und Handel mit. Auch das ist Öko fürs Wir.

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GANZ SCHÖN LEBENDIG. DIE BÖDEN IM ÖKO-LANDBAU. Gesunde Böden strotzen vor Leben. Sie sind ein Dorado für Regenwürmer und beherbergen Myriaden anderer Bodenlebewesen. Solche Böden haben Kraft. Sie sind weniger anfällig für Erosion und können mehr Wasser und CO2 speichern. Ein gesundes Bodenle-

ben sorgt für widerstandsfähige, natürlich resistente Pflanzen. Einen gesunden Boden schmeckt man auch in den gesunden Früchten, die aus ihm wachsen. Deshalb gilt dem Bodenschutz unsere besondere Aufmerksamkeit.

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Öko/Mensch/Umwelt

MULTITASKING GANZ NATÜRLICH: DIE NATURLAND AGROFORSTSYSTEME. Agroforstsysteme sind geniale Vielkönner. In ihnen bauen Naturland Bauern tropische Dauerkulturen wie Kaffee oder Kakao unter Schattenbäumen an. Sie schaffen damit naturnahe, wertvolle Lebensräume mit hoher biologischer Vielfalt. Das kommt auch den Nutzpflanzen zugute, denn Schädlinge und Krankheiten werden so in Schach gehalten. Die Bäume liefern viel Laub und Wurzelmasse. Diese Biomasse ist natürlicher Dünger für den Boden, baut Humus auf und schützt vor Erosion und Austrocknung. Ein solches diversifiziertes Anbausystem kann auch Klimaex­ treme besser ausgleichen.

Agroforstsysteme leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherung. Denn die Bauern ernten nicht nur Kaffee oder Kakao für den Export, sondern auch Obst, wie etwa Bananen oder Zitrusfrüchte, Avocados, Heilpflanzen und Brenn- und Bauholz für die Selbstversorgung oder zum Verkauf auf lokalen Märkten. Deshalb schreibt Naturland – anders als EU-Bio – dieses besonders nachhaltige Anbausystem für Kaffee und Kakao vor.

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NATURLAND WALD. NATURNAH BEWIRTSCHAFTET, WUNDERBAR ARTENREICH. Ein gesunder Wald ist ein Sehnsuchtsort, voller Leben und mitunter richtig wild. Wird er naturnah nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet, lässt sich das Naturerlebnis Wald auch mit den ökonomischen Anforderungen in Einklang bringen. Schließlich ist die vorausschauende Waldwirtschaft, die in

Generationen denkt, der Ursprung des Begriffs Nachhaltigkeit. Die Naturland Richtlinien schützen die Vielfalt standortheimischer Baum-, Tier- und Pflanzenarten, verbieten Kahlschläge und den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Das schützt unser funktionierendes Öko-System Wald.

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Eigentlich ist es doch selbstverständlich: Der Mensch begegnet seinen Mitgeschöpfen mit Respekt. Gerade weil er mit und von ihnen lebt. Mit unseren hohen Ansprüchen an die Tierhaltung verfolgen wir bei Naturland ein ganzheitliches Ziel: Es geht uns um Gesundheit und Wohl der Tiere, um den Schutz von Umwelt und Natur – und um die Qualität unserer Lebensmittel.

BEI UNS GEHT ES ARTGERECHT ZU. Ganz gleich ob Rinder, Schweine oder Hühner, Ziegen und Schafe oder Puten und Gänse:

Naturland Tiere wachsen dadurch langsamer und gesünder heran – auch wenn eigene Öko-Rassen noch kaum verfügbar sind. So zielen etwa Naturland Milchbauern nicht auf eine maximale Milchleistung ihrer Kühe, sondern auf eine gute und tierverträgliche Lebensleistung. Und wenn Schweine oder Hühner mehr Zeit zum Wachsen bekommen, dann schmeckt man das auch! Trotzdem können auch Öko-Tiere einmal krank werden. Naturland Bauern greifen dann zuerst auf natürliche Heilverfahren zurück. Bei herkömmlichen Medikamenten gilt die doppelte gesetzliche Wartezeit, bevor Eier, Milch oder Fleisch des behandelten Tiers verkauft werden.

• Naturland Tiere haben ausreichend Platz im Stall. Einstreu ist Pflicht und bietet Beschäftigung. • Ganzjähriger Auslauf ins Freie bzw. Weidegang ist Pflicht und stärkt die Abwehrkräfte. • Die Tiere bekommen artgerechtes, natürliches Futter. Das bedeutet etwa bei Wiederkäuern wie Rindern einen besonders hohen Raufutteranteil.

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Naturland Tierhaltung

WIR LASSEN DIE SAU RAUS. UND NATÜRLICH AUCH WIEDER REIN. Es mag viele überraschen, aber Schweine mögen keine Sauerei im Stall. Sie sind sehr reinlich und achten penibel auf saubere Verhältnisse. Außerdem sind sie sauclever, haben Freude an Bewegung und einen ziemlich ausgeprägten Spieltrieb. Schweine glücklich zu machen, ist eigentlich nicht schwer: Sie brauchen viel Bewegungsraum, möglichst ganzjährig ungehinderten Zugang nach draußen und nach drinnen, sauberes Stroh zum Wühlen und Toben und ein paar exotisch klingende Dinge wie Schweineduschen und Scheuerpfahl.

Bei Naturland steht Öko-Schweinen im Stall dreimal mehr Platz zur Verfügung als Tieren in konventioneller Haltung. Unsere Schweine können raus, wann sie wollen und sich die Sonne auf den Rüssel scheinen lassen. Das stärkt ihre Abwehrkräfte und sorgt auch im Stall für bessere Luft und geringere Keimbelastung. Und der Ringelschwanz bleibt selbstverständlich dran. Außerdem bekommen Naturland Schweine bestes Öko-Futter: regionales Getreide, Erbsen und Bohnen, aber auch Raufutter wie frisches Gras, Heu und Stroh. All das schmeckt halt saugut.

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Naturland Tierhaltung

ÖKO-HÜHNER HALTEN IST EINFACH. MAN MUSS SIE NUR WIE ROHE EIER BEHANDELN. Josef Bauer vom Seepointerhof in Tiefenbach hat viel Erfahrung in der Öko-Legehennenhaltung. Schon 1999 hat er seine Hühnerhaltung auf Öko umgestellt. Dazu baute er Ställe mit Volieren und legte einen großen Auslauf für insgesamt 4.500 Hennen an. Dort können die Tiere scharren, picken, sich unter Obstbäumen verstecken oder ein Staubbad nehmen. Doch damit war Josef Bauer nicht zufrieden. Bei ihm sollten auch die Brüder der Legehennen leben dürfen.

sowie einen Öko-Metzger, der das Fleisch der mageren Hähne zu Wurst verarbeitet. Ökonomisch geht das auf, weil das Leben der Brüder über einen höheren Eierpreis finanziert wird. Ein anderer, nicht weniger anspruchsvoller Weg ist die Rückkehr zu Hühnern, die beides können. Naturland Bauern setzen hier vor allem auf die alte französische Haustierrasse „Les Bleues“. Die Hennen legen etwas weniger Eier, dafür liefern die Hähne ein sehr gutes Fleisch. Mit „Les Bleues“ arbeitet zum Beispiel das Naturland Fair zertifizierte Projekt „ei care“ im Großraum Berlin. Durch die Partnerschaft mit der Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG und einem Berliner Biogroßhändler bekommen die Betriebe dabei neben einem fairen Preis auch eine Abnahmegarantie für Eier und Fleisch.

Das ist auch bei Bio längst nicht Standard. Denn es gibt heute fast nur noch Spezialrassen, die entweder Eier liefern oder Fleisch. Wer die Brüder der Legehennen trotzdem aufziehen will, braucht Mut und Ideen. Denn wirtschaftlich ist das ein Risiko. Josef Bauer hat sich dafür einen Partnerbetrieb gesucht

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AUF DIE BALANCE KOMMT E S A N. Auch Öko-Tiere machen Mist. Der ist ein guter und wichtiger Dünger – solange nicht zu viel davon da ist. Das Verhältnis muss stimmen zwischen der Zahl der Tiere, die ein Betrieb hält, sowie den Acker- und Weideflächen, auf denen das Futter erzeugt wird und Mist und Gülle ausgebracht werden. Das ist bei Naturland deutlich strenger geregelt als in der EU-Ökoverordnung. Damit der organische Dünger Bodenleben und Pflanzenwachstum fördert und nicht das Grundwasser verschmutzt. Und damit wir nicht mehr Fleisch produzieren und konsumieren, als für unseren Planeten gut ist. Weniger Fleisch – mehr Genuss: Auch das ist Öko!

ALLES UNTER KONTROLLE. Schweine, Geflügel, Rinder – für sie alle gibt es artspezifische Naturland Öko-Standards zur Tierhaltung. Bei deren Umsetzung werden die Betriebe von der Naturland Tierwohlbeauftragten unterstützt. Zusätzlich hilft eine

externe Tierwohlkontrolle, die gute Tierhaltung auf den Naturland Betrieben zu stärken und mögliche Schwachstellen frühzeitig zu erkennen. Das unterscheidet Naturland einmal mehr von EU-Bio.

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Naturland in aller Welt

NATURLAND QUALITÄT AUS ALLER WELT In 52 Ländern der Erde arbeiten rund 54.000 Bauern und Fischer nach den Naturland Richtlinien. Außerhalb Deutschlands sind die meisten davon in rund 120 KleinbauernKooperativen oder Erzeugergemeinschaften

zusammengeschlossen. Weltweit steht eine Fläche von knapp 400.000 Hektar unter ökologischer Bewirtschaftung nach Naturland Richtlinien.

Ägypten 49 Argentinien 1 Äthiopien 6.939 Bangladesch 2.350 Bolivien 1.161 Brasilien 411 China 61 Costa Rica 1 Dänemark 3 Deutschland 3.448 Dom. Republik 1.667 Equador 306 Elfenbeinküste 72

Nicaragua 97 Niederlande 12 Österreich 374 Palästina 69 Papua-Neuguinea 2.613 Paraguay 1.180 Peru 3.597 Philippinen 3.980 Polen 47 Portugal 1 Rumänien 28 Senegal 83 Serbien 189

Frankreich 49 Griechenland 147 Honduras 518 Indien 7.850 Indonesien 25 Irland 7 Italien 100 Kanada 4 Kasachstan 1 Kroatien 1 Madagaskar 1.982 Mexiko 3.546 Moldavien 258 17

Slowenien 2 Spanien 90 Sri Lanka 4.850 Südafrika 127 Taiwan 1 Tansania 825 Thailand 1.651 Türkei 62 Uganda 2.739 Ukraine 3 Ungarn 1 Vietnam 1.394 Zypern 30


ÖKO-SOZIAL – AUS VERANTWORTUNG FÜR MENSCH UND UMWELT. Soziale Verantwortung ist für uns alles andere als ein Randthema. Der Mensch in seiner Lebens- und Arbeitswelt gehört zu unserem Nachhaltigkeitsverständnis dazu. Deshalb werden die sozialen Bedingungen bei allen Naturland zertifizierten Betrieben und Verarbeitern weltweit im Rahmen der Öko-Kontrolle geprüft. Grundlage dafür sind die Naturland Richtlinien „Soziale Verantwortung“. Bezugnehmend auf UN-Konventionen wie die Menschen- und Kinderrechte

sowie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) regeln sie Arbeitsbedingungen und den Schutz der Mitarbeiter. Dazu gehören das Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit und jeglicher Zwangsarbeit sowie die Zusicherung von Versammlungsfreiheit und Zugang zu Gewerkschaften. Weitere Schwerpunkte sind Maßnahmen zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Angebote zur Weiterbildung.

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Öko und Fair aus einer Hand

ZUSAMMENBRINGEN, WAS ZUSAMMENGEHÖRT: ÖKO, SOZIAL PLUS FAIR. Wer die Zukunft der Ernährung mitgestalten will, der muss über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Deshalb war unser Engagement für den Öko-Landbau nicht nur von Anbeginn international ausgerichtet, sondern auch eng verflochten mit dem Fairen Handel. Bereits Mitte der 1980er-Jahre arbeitete Naturland bei der Öko-Umstellung der weltweit ersten Teegärten mit dem Fairhandelshaus Gepa zusammen. Diese Verbindung von Öko und Fair haben wir über die

Jahre weiterentwickelt, auch mit anderen Partnern, bis zur Einführung der Naturland Fair Zertifizierung 2010. Damit bringen wir nicht nur Öko und Fair zusammen, sondern auch Nord und Süd. Mehr Öko-Landbau wird es nur geben, wenn die Bauern von ihrer Arbeit leben können. Das gilt auch für die Landwirtschaft im globalen Norden. Deshalb bezieht Naturland Fair auch sie in den Fairen Handel mit ein.

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Öko und Fair aus einer Hand

NORDEN, SÜDEN, BAUERN, VERBRAUCHER. NATURLAND FAIR IST FÜR ALLE EIN GEWINN. Von Naturland Fair im Norden profitieren auch die Bauern im Süden. Denn durch Nord-Süd-Mischprodukte entstehen neue Absatzmärkte für ihre Erzeugnisse. So kommt in Naturland Fair zertifizierten Molkereiprodukten wie etwa Fruchtjoghurts heimische Milch mit importiertem Zucker, Kakao oder

Bananen zusammen – alles öko, alles fair. Und dank Naturland Fair gibt es auch die erste rundum öko-faire Milchschokolade. So gewinnen alle – Bauern, Verarbeiter, Handel und Verbraucher –, weil sie Teil einer Kette gemeinsamen und verantwortungsvollen Handelns sind.

KLARE REGELN FÜR FAIRES HANDELN. Nicht überall, wo Fair draufsteht, ist auch Fair drin. Denn im Gegensatz zu Öko gibt es bei Fair keinen gesetzlichen Mindeststandard. Umso wichtiger, dass Naturland auch hier strenge und verbindliche Richtlinien vorgibt.

Naturland Fair Partner zahlen faire Erzeugerpreise, pflegen langfristige, partnerschaft­ liche Handelsbeziehungen und übernehmen soziale Verantwortung. Regionaler Rohstoffbezug und gesellschaftliches Engagement stärken das Gemeinwohl.

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FAIR UND BUNT: KARTOFFELN AUS DEM PERUANISCHEN HOCHLAND. Das Hochland von Peru gilt als die Wiege der Kartoffel, mit einer schier unglaublichen Sortenvielfalt. Naturland Bäuerin Espirita Guerrero Romero etwa baut auf nur drei Hektar Fläche bis zu 80 verschiedene Kartoffelsorten an. Die Kleinbäuerin ist Mitglied der Naturland Kooperative Agropia, die dank des Fairen Handels ein Grundstück kaufen und die Anfangsfinanzierung für eine eigene Verarbeitungsanlage stemmen konnte. Heute werden die bunten Kartoffeln vor Ort zu

knusprigen Chips verarbeitet, eingetütet und exportiert. So ist die einheimische Kartoffel zu einem erfolgreichen Produkt geworden, das viel bewegt in der Region. Gemeinsam wird über die Verwendung der Fair-Prämien entschieden. Immer häufiger übernehmen auch Frauen Führungspositionen in der Kooperative. Und die Kinder können weiterführende Schulen besuchen. „Meine Tochter lernt zum Beispiel Buchhaltung“, berichtet Espirita Guerrero Romero stolz.

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ÖKO GILT BEI NATURLAND AUCH UNTER WASSER. Fisch ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Allerdings sind große Teile der weltweiten Bestände überfischt oder an der Grenze dazu. Nahezu die Hälfte aller Fische auf den Tellern stammt deshalb heute bereits aus Aquakulturen. Diese wiederum bringen häufig eigene Probleme mit sich: Sie belasten wertvolle Naturräume, die nicht tiergemäßen Haltungssysteme erfordern einen hohen Medikamenteneinsatz und das Futter stammt aus nicht nachhaltigen Quellen. Dass es auch anders geht, zeigt Naturland als Pionier der ökologischen Aquakultur seit Mitte der 1990er-Jahre. Lachs war damals zur Billigware geworden, die Produktion

belastete Umwelt und Fisch gleichermaßen. Deshalb suchten die Unternehmen nach neuen Wegen in der Aquakultur. Gemeinsam mit Naturland wurde vor der irischen Küste die weltweit erste ökologische Lachszucht entwickelt. Die geräumigen Gehege liegen weit draußen, wo die Lachse gegen die raue Meeresströmung anschwimmen müssen. Weil sie ständig in Bewegung sind und nur hochwertiges Öko-Futter fressen, entwickeln sie ein besonders zartes Fleisch mit hohem Anteil an wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Der erste Öko-Lachs war der Beginn einer Erfolgsstory. Heute ist Naturland der führende Standard in der ökologischen Aquakultur.

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NATURLAND WILDFISCH. HANDWERKLICHE FISCHEREI MIT ZUKUNFT. Der Viktoriasee in Ostafrika ist bekannt für seinen Viktoriabarsch. 2008 entwickelte Naturland in Tansania gemeinsam mit weiteren Partnern die weltweit erste Zertifizierung einer nachhaltigen Seenfischerei. Es ging darum, den dortigen Fischfang nachhaltiger zu gestalten und die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kleinfischer zu verbessern. Heute ermöglicht unser Wildfischprogramm rund 1.000 Fischerfamilien am Süd- und Westufer des Sees ein sicheres und regelmäßiges Einkommen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn Fischer gehören in vielen Ländern zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen.

Aufbauend auf den Erfahrungen am Viktoriasee haben wir weitere Wildfisch-Projekte auf den Weg gebracht, so auch in Nord- und Ostsee. Bei jedem Projekt geht es darum, die Bestände nachhaltig zu befischen, das Öko-System zu schützen und für gerechte Arbeitsbedingungen der Fischer zu sorgen. Die Naturland Wildfisch Richtlinien geben dabei den Rahmen vor, um Fischer, Umweltschützer, Behörden und Wissenschaftler an einen Tisch zu holen. Gemeinsam werden die relevanten oder kritischen Punkte identifiziert und durch detaillierte Auflagen etwa zu Fanggeräten und Fangpraxis geregelt.

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Öko-Aquakultur

NATURLAND FISCH UND SEAFOOD ÜBERZEUGT. MIT GESCHMACK UND GUTEN ARGUMENTEN. Über die ökologische Bilanz eines Fisches aus Aquakultur entscheidet in erster Linie die Herkunft des Futters. Bei Naturland stammen Fischmehl und Fischöl im Futter vor allem aus Resten der Verarbeitung von Speisefischen und nicht, wie sonst üblich, aus industrieller Fischerei eigens zur Futterproduktion. Die pflanzlichen Zutaten im Futter werden in ökologischer Landwirtschaft erzeugt.

Naturland zertifiziert derzeit rund 15 Arten aus ökologischer Aquakultur: von heimischen Süßwasserfischen wie Forelle und Karpfen über Lachs, Mittelmeerarten wie Dorade und Wolfsbarsch oder tropische Süßwasserfische wie Tilapia bis hin zu Garnelen, Muscheln und verschiedenen Algenarten. In 17 Ländern wachsen die Tiere in artgerechten, naturnahen Anlagen auf. Hering, Viktoriabarsch, Kabeljau, Schellfisch und Seelachs aus nachhaltiger Fischerei erweitern das Angebot an Naturland zertifiziertem Fisch.

FRISCHER GEHT’S NICHT. Wer Forellen oder Saiblinge bei Naturland Fischwirtin Christine Emter kauft, kann mit etwas Glück sogar dabei sein, wie sie den Fisch aus einer der Quellwasser-Teichanlagen fischt. Die Öko-Fischzucht im bayerischen Fuchstal, eingebettet in ein artenreiches Ökosystem, profitiert von dem frischen, sauerstoffreichen

Quellwasser. Die Fische haben naturnahe Lebensbedingungen mit natürlichen Kiesböden und schattenspendenden Bäumen. Einmal in der Woche schürt Frau Emter ihren Räucherofen an. Im Buchenrauch werden Forellen und Saiblinge als Filet oder als Ganzes zu einer Delikatesse verfeinert.

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• SORGFÄLTIGE STANDORTWAHL • SCHUTZ VON GEWÄSSERN UND UMLIEGENDEN ÖKO-SYST

EMEN

• SCHUTZ UND WIEDERAUFFORSTUNG VON MANGROVENWÄ

LDERN

HALTUNG • ARTSPEZIFISCHE BESATZDICHTEN UND TIERGERECHTE • VERZICHT AUF GENTECHNIK UND CHEMISCHE ZUSÄTZE • KEINE WACHSTUMSFÖRDERER ODER HORMONE • HOHE SOZIALSTANDARDS • LÜCKENLOSE KONTROLLE DER VERARBEITUNGSKETTE ITE • VERBOT VON ZUSATZSTOFFEN WIE PHOSPHAT ODER SULF • ALLE VERWENDETEN ZUTATEN MÜSSEN ÖKO SEIN


Herausgeber Naturland Verband für ökologischen Landbau e. V. Kleinhaderner Weg 1 82166 Gräfelfing Tel +49 (0) 89 898082 - 0 Fax +49 (0) 89 898082 - 90 naturland@naturland.de naturland.de Design Freie Radikale GmbH Fotos Sebastian Stiphout V.i.S.d.P. Steffen Reese Februar 2018 © Copyright Getty Images (11, 22, 23) Naturland e.V. (19, 20, 21) Canaan Fair Trade (20) Lobolmo (28) Umweltfreundlich gedruckt bei lokay.de

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Wir sind Frauen, wir sind M채nner, wir sind vielf채ltig. Diese Vielfalt meinen wir auch da, wo wir in dieser Brosch체re aus Gr체nden der Lesbarkeit nur ein grammatikalisches Geschlecht nennen.

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naturland.de


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