Paradiese vor der haustuer

Page 1

Naturparke Deutschland

DEUTSCHLANDS NATURPARKE

PARADIESE VOR DER

HAUSTUR


30

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 30

07.08.14 16:29


Naturparke in

MecklenburgVorpommern

13

12

11

Schwerin

9

10 7

8

7 Am Stettiner Haff 8 Feldberger Seenlandschaft 9 Flusslandschaft Peenetal 10 Insel Usedom 11 Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See 12 Nossentiner / Schwinzer Heide 13 Sternberger Seenland

doppelSeite  Seerosenteppich im Kölpinsee im Naturpark Nossentiner / Schwinzer Heide

31

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 31

07.08.14 16:29


MecklenburgVorpommern

Schwerin

www.naturpark-am-stettiner-haff.de Infozentrum: Am Bahnhof 4-5 · 17367 Eggesin Tel. 039779 / 29680

7

Am Stettiner Haff

auf sand gebaut  Sie sind ein Blickfang und sie eröffnen schöne Blicke über das Haff bis nach Polen: Die Altwarper Binnendünen sind das Produkt anhaltender Westwinde, die feinkörnige Sande von der früher vegetationslosen Altwarper Halbinsel bis zu einem trockengefallenen ehemaligen Haffstausee transportierten. Auf einem Teil der aufgetürmten Sandflächen stehen heute Kiefern, Eichen und Wacholderheiden. Geblieben ist ein zwei Kilometer langer und bis zu 15 Meter hoher baumfreier Dünenzug, ein nährstoffarmes ­Biotop von überregionaler Bedeutung. In der Nachbarschaft des Fischerdorfes Altwarp finden sich Tiere und Pflanzen, die Wärme und Trockenheit lieben und daher sonst in südlicheren

Gefilden beheimatet sind. Auf den Dünen leben die vom Aussterben bedrohte Kerbameise, der Walker – ein Blatthornkäfer – und die Grabwespe. Distelfalter und Schwalbenschwanz gaukeln über die offenen, mit Sandstrohblumen und Kartäusernelken bewachsenen Flächen, nur zwei von 398 hier nachgewiesenen Schmetterlingsarten. Ähnlich vielfältig ist die Vogelwelt: Der Neuntöter brütet im Wacholder und spießt seine Beute – manchmal neun Tiere in einer Reihe – als Nahrungsreserve auf Dornen. Auch Europas größte Grasmücke, die bis zu 15 Zentimeter lange Sperbergrasmücke, fühlt sich in den Altwarper Binnendünen wohl. Und selbst der bei uns höchst seltene Wiedehopf kommt hier vereinzelt vor.

32

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 32

07.08.14 16:29


nicht verpassen >> Wandern durch die Binnendünen >> Seltene Tiere beobachten am Ahlbecker Seegrund >> Ins Mittelalter eintauchen in Torgelow

In unmittelbarer Nachbarschaft der Altwarper Binnendünen liegt der Neuwarper See, eine Bucht an der Südküste des Stettiner Haffs. Die Erlenbruchwälder, Feuchtwiesen und Schilfröhrichte im Uferbereich bieten seltenen Vogelarten wie Pirol, Wachtelkönig und Rohrschwirl Nahrung und Schutz. Der Riether Werder ist eine Insel im Neuwarper See, die einzige Haffinsel in Deutschland und ein Eldorado für viele im Bestand bedrohte Vogelarten. Vor allem die zahlreichen Greifvögel wie Seeadler, Rohrweihe oder Wespenbussard lassen sich von einer Aussichtskanzel auf ihren Jagdflügen wunderbar beobachten. Südlich des Haffs liegt der Ahlbecker Seegrund, das größte wachsende Kalkniedermoor in Deutschland. Hier befand sich einst ein See, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vollständig ent-

wässert wurde. Die Bauern der Umgebung nutzten den kalkhaltigen ehemaligen Seegrund als Dünger, bis nach 1900 der Wasserspiegel wieder anstieg. In den unwegsamen Moorzonen und Feuchtwiesen haben seltene Tiere und Pflanzen wie Rohrdommel, Kreuzotter oder das Steifblättrige Knabenkraut einen Rückzugsraum gefunden. Freunde des Mittelalters sind in Torgelow an der Uecker genau richtig. Auf den Überresten einer einst stattlichen Burg steht heute das Mittelalterzentrum Castrum Turglowe mit verschiedenen ­rekonstruierten Gebäuden. Ganz in der Nähe wurde eine alte slawische Siedlung – das Ukranenland – mit Block- und Flechtwandhäusern wieder zum ­Leben erweckt. Hier wird geschmiedet, gewebt, gefilzt, Brot gebacken und vieles mehr – mitmachen ist ausdrücklich erwünscht.

Linke Seite  Morgennebel im Haff Unten  Wiedehopf füttert sein Junges im Flug

33

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 33

07.08.14 16:29


MecklenburgVorpommern

Schwerin

www.naturpark-feldberger-seenlandschaft.de Infozentrum: Strelitzer Str. 42 17258 Feldberger Seenlandschaft (Ortsteil Feldberg) Tel. 039831 / 52780

8

Feldberger Seenlandschaft

heilige hallen  »In diesen heil‘gen Hallen kennt man die Rache nicht«, singt Sarastro in der »Zauberflöte«. Damit ist sicher nicht der älteste Buchenwald Deutschlands im Naturpark Feldberger Seenlandschaft gemeint. Doch wer einmal unter dem majestätischen Kronendach der bis zu 350 Jahre alten und 50 Meter hohen Bäume gewandert ist, der versteht, warum die Naturschätze ebenso zum unveräußerbaren Erbe Deutschlands zählen wie eine Oper von Mozart oder der Kölner Dom. Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz wid-

mete dem Wald gegen Mitte des 19. Jahrhunderts ein Gedicht und befahl, dass der Baumbestand nicht mehr geschlagen werden dürfe. Da die schon damals hochgewachsenen Bäume an gotische Kirchen erinnerten, entstand der Name »Heilige Hallen«. Viele der Bäume haben ihr Höchstalter erreicht und sterben langsam ab. Das Totholz ist der Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen. Die Lücken nutzen Buchenkeimlinge und sorgen für eine natürliche Verjüngung der »Heiligen Hallen«. So wächst bei Lüttenhagen langfristig ein Urwald.

34

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 34

07.08.14 16:29


nicht verpassen >> Wandeln durch die Heiligen Hallen >> Wanderung am Schmalen Luzin >> Auf den Spuren von Hans Fallada in Carwitz

Alte Laubwälder braucht der Schreiadler auf jeden Fall, doch der seltenste und kleinste Adler Deutschlands stellt noch mehr Ansprüche an seinen Lebensraum. Er benötigt kleine Fließgewässer und Feuchtgebiete, lange Waldränder und offenes, naturnah bewirtschaftetes Grünland. Das alles findet der Schreiadler in der Feldberger Seenlandschaft und deshalb brütet ein bedeutender Anteil der noch gut 100 in Deutschland lebenden Paare im Naturpark. Weitere 140 Vogelarten, darunter auch See- und Fischadler, sind ebenfalls in dieser vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft zu Hause. Literaturfreunde besuchen die Region vor allem wegen Hans Fallada. Von 1933 bis 1944 lebte hier der berühmte Schriftsteller (»Kleiner Mann, was nun?«, »Jeder stirbt für sich allein«) und fand in der Idylle der Feldberger Seenlandschaft für wenige

Jahre Zuflucht vor seinen Suchtdämonen und den Nazis. Seinen ehemaliges Wohnhaus in Carwitz beherbergt heute das Hans-Fallada-Museum eine umfangreiche Ausstellung zu Leben und Werk des Autors. Als Perle der Feldberger Seen gilt der Schmale Luzin, der mit einer Länge von sieben Kilometern und einer Breite von maximal 300 Metern eher wie ein Fluss erscheint. Das Wasser ist glasklar und bietet dem Eisvogel beste Möglichkeiten zur erfolgreichen Fischjagd. Im Sommer können Wanderer mit einer handbetriebenen Fähre übersetzen. Eine wahre Blütenpracht bietet der Wiesenpark in Feldberg, ein botanisches Freilichtmuseum, in dem durch traditionelle Bewirtschaftung eine beispiellose Vielfalt an Blumen zu bewundern ist. Besonders lohnt ein Besuch Anfang Juni, wenn das Breitblättrige Knabenkraut blüht.

Linke Seite  Buchenwald am Zansen Oben  Der Schreiadler ist der seltenste und kleinste Adler Deutschlands.

35

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 35

07.08.14 16:29


MecklenburgVorpommern

www.naturpark-flusslandschaft-peenetal.de Infozentrum: Peeneblick 1 · 17391 Stolpe (Peene) Tel. 039721 / 569290

9

Schwerin

Flusslandschaft Peenetal

Vielfalt im Niedermoor  Ein Gewässer der Superlative: Die gemächlich dahinfließende Peene ist einer der letzten unverbauten Flüsse Deutschlands. Ihre Flussniederung gehört zu den größten zusammenhängenden Niedermoorgebieten in Mittel- und Westeuropa. Moorpflanzen wie das Ostsee- und das Baltische Knabenkraut, der Sumpfsitter und die Fliegenragwurz, der Blaue Tarant oder das Sumpfläusekraut haben hier ihren nationalen Verbreitungsschwerpunkt. Von den rund 1600 Farn- und Blütenpflanzen

Mecklenburg-Vorpommerns wurden bislang etwa 750 im Peenetal nachgewiesen, darunter immerhin 180 Arten, die landesweit als gefährdet gelten. Ähnlich beeindruckend ist die Vielfalt der hier lebenden Tierarten, darunter zwei Drittel aller im Land nachgewiesenen Tagfalter wie der Große Feuerfalter und der Große Heufalter. Auch die Bestandszahlen von Wachtelkönig, Großem Brachvogel und Rohrdommel sind beeindruckend. Besonders stolz ist man im Peenetal auf den hier gelegentlich brütenden Stelzenläufer.

nicht verpassen >> Sanfte Bootstouren auf der Peene >> Artenvielfalt in einem der größten Niedermoore Europas >> Den Biber beobachten in der Abenddämmerung

Unten links  Seltener Schmetterling: der Lilagold-Feuerfalter Unten rechts Fischotter Rechte Seite  Ruhiges Paddelnauf der Peene bei Anklam

Das Flusssystem der Peene zwischen Kummerower See und Oderhaff gilt als eines der fischartenreichsten in ganz Deutschland. Von den 37 hier vorkommenden Arten sind 20 bundesweit gefährdet, darunter Schlammpeitzger, Neunauge, Steinbeißer und Lachs. Selbst der Stör war hier Anfang des 20. Jahrhunderts noch regelmäßig anzutreffen. Überregional bekannt ist das Peenetal für die große Zahl der hier lebenden Fischotter und Biber. Für den Fischotter ist der Tisch ganzjährig überreichlich gedeckt, trotz leichter Bestandsrückgänge gilt

das Peenetal nach wie vor als eines des besten Reviere weltweit. Der Biber findet hier seine bevorzugten Weichhölzer, wie etwa Weide und Pappel, in großer Menge vor. Das Peenetal dürfte eine der wenigen Regionen in Deutschland sein, in denen man Biber problemlos in freier Wildbahn beobachten kann. Eine Bootsfahrt in der Dämmerung auf der Peene ist nicht nur ein romantisches Erlebnis, sondern bietet auch die beste Gelegenheit zur Begegnung mit Europas größtem Nagetier.

36

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 36

07.08.14 16:29


37

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 37

07.08.14 16:29


MecklenburgVorpommern

Schwerin

www.naturpark-usedom.de Infozentrum: Bäderstr. 5 · 17406 Usedom Tel. 038372 / 7630

10

Insel Usedom

Gefahr unter dem rasen  Vom Ostseebad Bansin aus führt ein Wanderweg mit Informationstafeln zum Mümmelkenmoor. Dort sollten Besucher auf keinen Fall den Rundweg verlassen, denn so verlockend der frei auf dem Moor liegende Schwingrasen auch aussieht: Das Betreten ist absolut lebensgefährlich! Von einem Beobachtungsturm neben dem Moor kann man das Gebiet in seiner ganzen Schönheit sicher überblicken. Lange Jahre galt das Mümmelkenmoor als das einzige Moor auf Usedom, dessen Entwicklung der Mensch niemals gestört hat. Von Eingriffen in die Botanik oder den Wasserhaushalt der Insel ist das

Moor mittlerweile auch – zumindest indirekt – betroffen, dennoch lässt sich hier immer noch ein nahezu unberührtes, alleine von Niederschlagswasser gespeistes Hochmoor mit einer bis zu 15 Meter mächtigen Torfschicht beobachten. Seinen Namen hat das nordwestlich von Bansin gelegene Moor von der Gelben Teichrose, die dort im Sommer blüht. Im Volksmund wird sie auch als »Mummel« bezeichnet. Andere seltene Pflanzen im Mümmelkenmoor sind Lebermoose, Krähenbeere sowie der Sonnentau. Der lockt mit seinen glitzernden Sekrettröpfchen Insekten an, die dort kleben bleiben und anschließend verdaut werden.

38

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 38

07.08.14 16:30


nicht verpassen >> Auf dem Rundweg das Mümmelkenmoor entdecken >> Flanieren auf der Uferpromenade alter Seebäder >> Naturlehrpfad Ostseeküste

Unweit des Mümmelkenmoors liegen die drei alten »Kaiserbäder« Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck. Auf der knapp neun Kilometer langen Promenade wenden Flaneure verzückt den Kopf – die Ostsee mit ihrem weißen Strand auf der einen, die prächtigen Villen aus dem späten 19. Jahrhundert auf der anderen Seite. Hier stehen auch die älteste (Ahlbeck) und die längste (Heringsdorf) Seebrücke in Deutschland. Der 126 Kilometer lange Naturlehrpfad »Ostseeküste« mit seinen vielen Abzweigungen ist der ideale Weg zu den Schätzen Usedoms. Keinesfalls versäumen sollten Besucher den Peenemünder Haken, ein ausgedehntes Schutzgebiet im Mündungsbereich des Peenestroms, das alte Fischerdorf Zempin mit seinen Salzhütten, in denen frü-

her das Salz für die Konservierung der Heringe gelagert wurde, oder den Golm, die höchste Erhebung Usedoms mit schönen Buchenwäldern. Ausgesprochen reizvoll ist die rund zweistündige Wanderung durch das Naturschutzgebiet Wockninsee. Zahlreiche Informationstafeln erläutern die Besonderheiten rund um den Strandsee, an dessen Ufern sich Übergangsmoore befinden. Am nordöstlichen Ufer des Sees hat man von einem hölzernen Aussichtsturm aus einen guten Blick über das Gebiet bis hin zu einem früheren Hutewald mit sehr alten Bäumen, darunter eine etwa 400 Jahre alten Stieleiche. Ganz in der Nähe befindet sich der »Kletterwald Usedom«, der mit seinen Drahtseilen, Kletternetzen und schwankenden Holzbohlen viele Herausforderungen bereithält.

Linke Seite  Seit mehr als 100 Jahren ragt die Seebrücke in Ahlbeck in die Ostsee. Oben  Strandlandschaft im ­Seebad Koserow

39

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 39

07.08.14 16:30


MecklenburgVorpommern

Schwerin

www.naturpark-mecklenburgische-schweiz.de Infozentrum: Kleine Naturparkausstellung Im »Alten Schafstall« Wargentiner Str. 7 · 17139 Basedow Tel. 039957 / 29120

11

Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See

adel Verpflichtet  … und zwar zu einer Fahrradtour! Zahlreiche Schlösser und Herrenhäuser mit teilweise wunderschönen Parkanlagen prägen das Gesicht dieser Region. Nicht alle, aber ein paar besonders beeindruckende Beispiele kann man auf der »Großen Schlössertour« kennenlernen, einem rund 70 Kilometer langen Fahrrad­ rundkurs. Start und Ziel der Tour ist Basedow, ein unweit vom Malchiner See gelegenes Schloss­ ensemble mit Herrensitz, einem großen Landschaftspark, vielen Wirtschaftsgebäuden und einer Kirche mit Renaissancealtar und Barockorgel.

Auch beim wehrhaften Wasserschloss Ulrichshusen, einem der wichtigsten Renaissancebauwerke in Mecklenburg-Vorpommern, und an der Wasserburg Liepen sollte man auf dieser Tour einen Stopp einlegen. Bei der »Kleinen Schlössertour« muss man nur 20 Kilometer in die Pedale treten oder kann gleich die Wanderstiefel schnüren. Sie beginnt und endet am Schloss Vollrathsruhe und streift dabei das klassizistische Schlosshotel Burg Schlitz mit seinem weitläufigen schönen Landschaftspark und Schloss Schorssow mit einer Kirchenruine aus dem 16. Jahrhundert.

40

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 40

07.08.14 16:30


nicht verpassen >> Entlang der Schlösser auf den Spuren des Adels >> Vogelzug im Herbst und Frühjahr >> Blütenteppiche im Laubwald

Wenn im Frühjahr und Herbst die Vögel ziehen, ziehen auch die Ornithologen, und zwar in die Mecklenburgische Schweiz an den Malchiner und den Kummerower See. Jahr für Jahr rasten hier Zehntausende Bless- und Saatgänse, Haubentaucher und Pfeifenten, aber auch seltenere Gäste wie Zwergsäger, Silberreiher und Weißwangengänse. Direkt an den Kummerower See grenzen die Neukalener Moorwiesen, die zum Naturschutzgebiet Peenetal gehören. Hier blühen im Frühjahr das Fleischfarbene Knabenkraut und die Kuckuckslichtnelke. Im April lässt sich hier für wenige Tage die Balz des Moorfroschs beobachten. Doch auch wenn die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt der Neukalener Moorwiesen und der Großen Rosin

zahlreiche Naturfreunde in ihren Bann zieht, so sollten diese dennoch die Wege nicht verlassen – schnell kann man im Moor einsinken. Gefahrloser ist es auf den Aussichtstürmen bei Aalbude und den Neukalener Moorwiesen, wo man den besten Überblick über das gesamte Feuchtgebiet am Kummerower See hat. Mit Schrei-, Fisch- und Seeadler kommen alle drei heimischen Adlerarten in diesem Naturpark vor. Der Kranich brütet hier mit rund 100 Paaren regelmäßig in den Mooren und Bruchwäldern. Im Frühjahr sollten Besucher des Naturparks unbedingt eine Wanderung durch die ausgedehnten Laubwälder unternehmen, wenn der Boden mit einem Teppich aus Buschwindröschen bedeckt ist und der wunderbare Duft des Hohlen Lerchensporns die Luft erfüllt.

Linke Seite  Schloss Basedow besitzt einen großen Landschaftspark, den Peter Joseph Lenné entworfen hatte. Unten  Moorfrösche sind ­während der Paarungszeit blau gefärbt.

41

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 41

07.08.14 16:30


42

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 42

07.08.14 16:30


www.naturpark-nossentiner-schwinzer-heide.de Infozentrum: Karower Meiler Ziegenhorn 1 · 19395 Plau am See (Ortsteil Karow) Tel. 038738 / 70292

12

Nossentiner/ Schwinzer Heide

Klare Sicht und dicke Brocken Verantwortlich für die Struktur der Landschaft des Naturparks Nossentiner / Schwinzer Heide ist die letzte Eiszeit, die vor rund 15 000 Jahren Gletscher bis zum Nordrand des heutigen Naturparks schob. Als es wärmer wurde, schmolz das Eis und unzählige Wasserströme spülten tiefe Rinnen in den Erdboden. Dort befinden sich heute einige der rund 60 Seen des Naturparks. Viele davon sind sehr klar, mit einer Sichttiefe von bis zu acht Metern. Auf dem Grund des nährstoffarmen und sehr kalkhaltigen Drewitzer Sees wachsen stark bedroh-

MecklenburgVorpommern

Schwerin

te Armleuchteralgen. Auch Mollusken wie die Kreisrunde Erbsenmuschel oder die Abgeplattete Teichmuschel, die hohe Ansprüche an die Wasserqualität stellen, leben hier. Eine weitere Attraktion befindet sich auf einer Halbinsel des Kölpinsees. In einem rund 320 Hektar großen Areal leben 40 Wisente in freier Wildbahn. Die mächtigen Wildrinder galten Anfang des 20. Jahrhunderts als ausgestorben. Auf dem Damerower Werder bei Jabel können Besucher die bis zu 900 Kilogramm schweren Tiere täglich bei den Fütterungen im Schaugehege beobachten.

nicht verpassen >> Klare Seen aus der Eiszeit >> Wisente auf dem Damerower Werder >> Geschichte und Kultur in Klöstern und Museen

Auch für historisch interessierte Kulturfreunde hat der Naturpark einiges zu bieten. So ist das um 1200 gegründete Kloster Dobbertin eine der schönsten noch erhaltenen Klosteranlagen in Mecklenburg. Und wer etwas über den altehrwürdigen Beruf des Teerschwelers erfahren möchte, ist im Teerschwelergehöft Sparow genau richtig. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in der Region zahlreiche Teeröfen, bis der Holzteer durch den günstigeren Steinkohlenteer verdrängt wurde.

Eine echte Besonderheit ist das Wolhynische Umsiedlermuseum in Linstow, das einzige Umsiedlermuseum in Deutschland. Nach dem Zweiten. Weltkrieg kamen 73 Familien aus der polnisch-ukrainisch-russischen Grenzregion Wolhynien nach Linstow. Der Wolhynische Heimatverein in Linstow hat die komplizierte Geschichte und die Integration der Wolhyniendeutschen vor dem Hintergrund der Nachkriegszeit aufgearbeitet und im Museum dargestellt.

Linke Seite  Auf einer Halbinsel des Kölpinsees leben 40 Wisente in freier Wildbahn. Unten links  Bootshäuser in Krakow am See Unten rechts  Am Linstower See

43

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 43

07.08.14 16:30


MecklenburgVorpommern

Schwerin

www.naturpark-sternberger-seenland.de Infozentrum: Am Markt 1 · 19417 Warin Tel. 038482 / 235270

13

Sternberger Seenland

Geschichte auf Schritt und Tritt Lust auf ein Stück Sternberger Kuchen? Sehr gerne, aber so ganz frisch ist er nicht. Und bitte Vorsicht beim Zubeißen – es sei denn, Sie mögen fossile Schnecken, Muscheln oder gar Haifischzähne aus einem urzeitlichen Meer, die vor rund 25 Millionen Jahren zu einem kuchenförmigen, zumeist rötlich-braunen Gestein zusammengebacken wurden. Man könnte sogar von »Vielfalt auf dem Teller« schwärmen, denn bis heute haben Experten rund 600 Tier- und Pflanzenarten ermittelt, die im Sternberger Kuchen enthalten sind. Der Sternberger Kuchen, eigentlich das Sternberger Gestein, ist rund 28 Millionen Jahre alt und durch sedimentierte Meeresablagerungen

in der Ur-Nordsee entstanden. Durch die Eiszeit und durch Gletschertransporte sind im Sternberger Seenland relativ viele dieser besonderen Gesteinsformen an die Oberfläche gelangt. Im Heimatmuseum von Sternberg, dem ältesten, heute unter Denkmalschutz stehenden Bürgerhaus der Stadt, erfahren Besucher alles über den »Kuchen« und die Geschichte des Sternberger Seenlandes. Hier befinden sich 1012 Proben des Sternberger Gesteins, darunter ein rund einen Quadratmeter großes Kuchenstück, einer der größten bekannten Funde überhaupt. Weitere bedeutende Exponate gibt es im liebevoll eingerichteten Privatmuseum des Hobby-Geologen Reinhard Brasch in Raben-Steinfeld.

44

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 44

07.08.14 16:30


NIcHT VeRPASSeN > Sternberger Kuchen im Heimatmuseum Sternberg > Germanische Steinkreise und slawische Heiligtümer > Wasserwandern auf der Warnow

Geschichtsträchtig ist die Region ohne Frage. Germanische Steinkreise, Großsteingräber und bronzezeitliche Grabhügel zeugen von einer frühen Besiedlung. Auch die Slawen haben viele Spuren hinterlassen. Am Ort des archäologischen Freilichtmuseums Groß Raden befand sich vor über 1 000 Jahren ein Heiligtum des Stamms der Warnower. Nach Ausgrabungen in den 1970er-Jahren wurde die Anlage mit ihrem typischen Ringwall teilweise rekonstruiert. Das Sternberger Seenland ist nicht nur für Historiker, sondern auch für Naturfreunde eine Reise wert. 225 Seen liegen wie Perlen in einer sanft hügeligen Landschaft und sind die Heimat von Fischotter, Biber oder Kranich. Im Schutzgebiet Upahler-Lenzener See befindet sich einer der ältesten bekannten Seeadlerhors-

te in ganz Deutschland. Eine echte Besonderheit ist die Binnensalzwiese bei Sülten, mit 17 Hektar die größte in Mecklenburg-Vorpommern. Der von aus der Tiefe aufsteigendem Salzwasser geprägte Boden bietet salztoleranten Pflanzen wie Salzbinse, Stranddreizack und Löffelkraut einen Lebensraum. Das Flusssystem der Warnow beeindruckt durch eine große Artenvielfalt. Selbst das seltene Neunauge ist hier noch mancherorts zu finden. Die Warnow ist der wichtigste Fluss des Gebiets und mit seiner Vielfalt ein Paradies für Wasserwanderer. Den Höhepunkt einer Warnowtour bildet bei ausreichendem Wasserstand die Fahrt durch das Warnow-Mildenitz-Durchbruchstal, das von bis zu 30 Meter hohen, baumbestandenen Steilhängen gerahmt wird – eine imposante Kulisse.

Linke Seite Auf den Spuren der Slawen im Ärchäologischen Freilichtmuseum Groß Raden Oben Ein »Gebäck« der besonderen Art: der Sternberger Kuchen Unten Labenzer See

45

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 45

07.08.14 16:30


Schon gewusst?

Wolf, Luchs und Co.

Von Einwanderern und Rückkehrern Wilde Tiere haben es nicht leicht bei uns. Der anhaltend hohe Flächenverbrauch und vor allem das rund 690 000 Kilometer lange Straßennetz machen es wandernden Tierarten schwer, sich in geeigneten Lebensräumen auszubreiten. Insgesamt kommen auf Deutschlands Straßen bei Kollisionen jährlich über 200 000 Wildtiere ums Leben. Für Fischotter, Wildkatze oder Wolf ist der Straßenverkehr die häufigste Todesursache. Wölfe in Sachsen ...

Unten  Aus Polen wieder ein-­ gewandert: der Wolf

Und doch lassen sich einige Arten von diesen vielerorts unwirtlichen Bedingungen nicht abschrecken. Zum Beispiel der Wolf, der nach 160 Jahren aus Westpolen wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist. Im Jahr 2000 wurden in der Lausitz die ersten Welpen geboren, heute leben bei uns rund 120 Tiere. Mutige Wölfe haben sich bereits bis nach Niedersachsen vorgewagt und in der Lüneburger Heide ein Rudel gegründet. Für Experten ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten Tiere auch in Nordrhein-Westfalen oder Hessen Reviere erobern. Wölfe sind große Wanderer, die pro Tag bis zu 70 Kilometer zurücklegen können

und bis zu 1500 Kilometer weit ziehen, um ein eigenes Rudel zu gründen. Immer noch ranken sich Mythen um den Wolf, der vielerorts noch als Kinderfresser und Schafmörder verrufen ist. Eine glatte Umkehrung der Realität, schließlich werden regelmäßig Wölfe überfahren oder von Jägern erschossen, obwohl die Tiere streng geschützt sind. Und den Mythos vom Schafkiller hat das Görlitzer Senckenberg-Forschungsinstitut zumindest für die Lausitz-Wölfe widerlegt. Eine zehnjährige Untersuchung ergab, dass wilde Huftiere (Rehe, Hirsche, Wildschweine) über 96 Prozent der Beutetiere ausmachen. Hasen stellen knapp drei Prozent des Wolfsmenüs und Nutztiere (vor allem Schafe) liegen bei weniger als einem Prozent. ... und Elche in Brandenburg Auch Elche schauen von Polen oder Tschechien aus immer wieder in Deutschland vorbei. Im September 2007 stiftete ein junger Elchbulle in Nordhessen Verwirrung und brachte unter anderem den Verkehr auf der A7 zum Stillstand. »Knutschi«, wie die einheimische Bevölkerung den seltenen

46

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 46

07.08.14 16:30


Gast taufte, wurde eingefangen und im urwüchsigen Reinhardswald ausgesetzt. Kurze Zeit darauf fanden Pilzsucher den toten »Knutschi«, der wohl den Reisestrapazen nicht ge­wachsen war. Die meisten Elche werden in Bayern, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gesichtet. Die Tiere fühlen sich überall dort wohl, wo sie ihre Lieblingsspeise – Wasserpflanzen, Blätter und junge Triebe – finden. Experten rechnen damit, dass sich Elche in den ostdeutschen Bundesländern mit ihren großen, unzerschnittenen und wasserreichen Waldgebieten langfristig ansiedeln können. Dort wird derzeit an Elch-Managementplänen gearbeitet, die vor allem zwei Probleme im Blick haben müssen: den großen Appetit und die fragwürdige Angewohnheit der bis zu 800 Kilogramm schweren Tiere, angesichts herannahender Autos einfach stehen zu bleiben. Mit Braunbär Bruno fing es an Sprichwörtlich zum Problem wurde der Braunbär Bruno, der im Sommer 2006 während der FußballWeltmeisterschaft sein ganz eigenes Sommermärchen in Bayern erlebte. Als Erster seiner Art wanderte er nach 171 Jahren über Österreich nach Deutschland ein, riss hier und dort einige Schafe, tummelte sich nachts in bayerischen Kurorten, strapazierte die Berufsehre eigens eingeflogener ­finnischer Bärenjäger und wurde schließlich erschossen. Da sich Österreich, Italien und Slo­ wenien derzeit um den Schutz ihrer Braunbären bemühen, steigt die Population dort langsam. Wir dürfen also mit weiteren Besuchern rechnen. Bayern hat als »Bärenerwartungsland« zum Schutz von Bär, Mensch und Nutztier einen »­ Managementplan Bär« entwickelt. Deutlich entspannter sieht es bei Luchs und Wildkatze aus. Luchse waren einst in der gesamten gemäßigten Zone der nördlichen

Halbkugel zu Hause. In Deutschland wurde der letzte wilde Luchs 1846 nahe Zwiesel im bayerischen Wald erschossen. Mittlerweile kommen immer wieder Luchse aus Tschechien, der Slowakei und Frankreich zu uns, auch ein Auswilderungsprojekt im Harz verlief erfolgreich. Im Bayerischen Wald und im Pfälzer Wald wächst die Zahl wild lebender Luchse. Die Zahl der Wildkatzen bei uns wird auf 5000 bis 7000 Exemplare geschätzt. Früher war Deutschland mit über 100 000 Tieren ein Hauptverbreitungsgebiet dieser scheuen Art. Mittlerweile sind einzelne Populationen in der Eifel, im Pfälzer Wald, im Hunsrück und im Harz isoliert, da die Tiere Straßen oder auch weitläufige Freiflächen meiden. Der Umweltverband BUND arbeitet an einem bundesweiten Netz von Waldkorridoren, die der Wildkatze, aber auch anderen wandernden Arten helfen sollen, ihre genetische Vielfalt zu erhalten.

Oben links  Die Population der Luchse in Deutschland wächst wieder. Oben rechts Wisentkuh mit Kalb

Scheue Riesen: Wisente Menschliche Hilfe gab es auch für das größte europäische Landsäugetier, vom dem weltweit nur noch rund 4000 Exemplare existieren. Im April 2013 wurden acht Wisente im Rothaargebirge in die Freiheit entlassen. Nach beinahe zehnjähriger Vorbereitungszeit war damit das wichtigste Etappenziel des Projekts »Wisent – Wildnis – Wittgenstein« erreicht. Ein Bulle, fünf Kühe und zwei Kälbchen sind die Keimzelle für eine rund 25 Tier starke Herde, die in einigen Jahren durch den Wald des Wittgensteiner Landes streifen wird. Die bis zu drei Meter langen und fast eine Tonne schweren Wisente sind ein imposanter Anblick. Spaziergänger müssen aber keine Angst haben – die natürliche Fluchtdistanz der Wisente liegt bei rund 100 Metern. Wer näher kommt, wird nur noch donnernde Hufe hören. 47

001-256_8941_1A_BB_NATURPARKE_4542.IND75 47

07.08.14 16:30


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.