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AMPHIBIEN
Feuchtfröhliche Wandlungskünstler
Die Gruppe der Amphibien zeichnet sich durch eine Vielzahl faszinierender Eigenschaften aus. Ihr Ursprung gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Die Entwicklung vom Ei, über die im Wasser lebende Kaulquappe, bis hin zu einem landbewohnenden Frosch ist ein spannend zu beobachtender Prozess. In gewisser Weise verkörpert er die Jahrmillionen zurückreichende Evolution der Landwirbeltiere. Tatsächlich gelten Amphibien als die ursprünglichste Gruppe innerhalb der Landwirbeltiere. So weist ihr Herz keine Scheidewand in der Hauptkammer auf, wodurch es zu einer Vermischung von sauerstoffreichem und sauerstoffarmem Blut kommt. Pro Herzschlag wird zwar weniger Sauerstoff im Körper verteilt, dieser ist aber für wechselwarme Tiere ausreichend. Bei den Reptilien ist die Scheidewand noch unvollständig, bei den Säugetieren und Menschen vollständig erhalten. Das ist ein Grund, warum Amphibien ihre Körpertemperatur nicht aufrecht halten können, wir Menschen jedoch schon.
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Weltweit sind mehr als 8.000 lebende Vertreter aus der Gruppe der modernen Amphibien bekannt. Der Schwerpunkt dieser großen Artenvielfalt liegt in subtropischen und tropischen Zonen, vor allem in Lateinamerika. In Europa ist die Vielfalt der Amphibien, vermutlich bedingt durch die bei uns wiederholt aufgetretenen Eiszeiten, mit zirka 90 Arten eher gering. In Österreich sind 21 Arten heimisch, die zu den Salamandern, Molchen, Fröschen, Kröten und Unken gehören.
Amphibien lassen sich bei uns fast überall beobachten. Dabei gilt: Ob am Gartenteich, im Wald oder auf einer Wanderung - wer unsere Lurche sehen will, hat in den Morgen- und Abendstunden, nachts sowie nach Regenfall höhere Erfolgschancen als in der Mittagshitze. Denn Amphibien besitzen eine wasserdurchlässige Haut und würden bei andauernder Sonneneinstrahlung Gefahr laufen auszutrocknen. Daher verbringen sie heiße Perioden lieber unter schützendem Laub, im Wasser oder versteckt im Schatten.
Zur Fortpflanzung sind die meisten Amphibien auf Wasser angewiesen, in dem sich die Eier und Larven entwickeln. Nur beim Alpensalamander finden alle Entwicklungsschritte, die Embryonal- und Larvalentwicklung sowie die Metamorphose, im Mutterleib und nicht im Wasser statt. Somit bringt der Alpensalamander alle zwei bis fünf Jahre ein bis zwei vollständig entwickelte Jungtiere zur Welt. Eine Anpassung an eine oft wasserarme Umgebung im Hochgebirge und damit die vermutlich längste Tragezeit unter den Wirbeltieren. Alle unseren heimischen Amphibien sind auf der Roten Liste vermerkt, also in ihrem Bestand bedroht. Vor allem die Zerstörung und Zerschneidung ihrer Lebensräume setzt ihnen zu. Das Verschwinden von Kleingewässern durch Überbauung, die Trockenlegung von Feuchtwiesen oder die tödliche Gefahr durch ein enges Straßennetz auf der alljährlichen Wanderung zum Laichgewässer sind zusätzliche Gründe dafür.
Zum Schutz der heimischen Amphibien ist neben dem Erhalt und der Wiederherstellung von Lebensräumen sowie Wanderkorridoren, die Ermittlung von Bestandsvorkommen und Gefahren wichtig. Daher ist jede Amphibienmeldung auf naturbeobachtung.at wertvoll. Die gewonnenen Verbreitungsdaten können so gezielt für Schutzprojekte verwendet werden.
Die Unterscheidung von Amphibien, insbesondere im frühen Lebensstadium, ist nicht immer leicht. Deswegen hat der Naturschutzbund für alle Amphibienfans ein Poster mit allen Arten in Lebensgröße und einen wasserfesten Outdoor-Bestimmungsfolder erstellt, die im Onlineshop des Naturschutzbundes Österreich erhältlich sind.
Expertin:
Ute Nüsken, önj & Verein Auring
Feuersalamander © A. Bellingrodt
Erdkröte © C.Gehmacher
1.426 Amphibien wurden 2021 beobachtet 62
1. Wasserfrösche 2. Erdkröte 3. Feuersalamander
Anzahl der validierten Meldungen von Amphibien 2021 und Top 3 Tierarten pro Bundesland
61 46
1. Grasfrosch 2. Erdkröte 3. Bergmolch
1. Erdkröte 2. Grasfrosch 3. Bergmolch
168
1. Feuersalamander 2. Erdkröte 3. Wasserfrösche
209
151
1. Grasfrosch 2. Erdkröte 3. Feuersalamander
473
1. Feuersalamander 2. Grasfrosch 3. Erdkröte
164
1. Erdkröte 2. Springfrosch 3. Wasserfrösche
Im Jahr 2021 wurden 1.426 Amphibienbeobachtungen von insgesamt 310 aktiven Melder*innen auf naturbeobachtung.at eingetragen. Das sind 332 Meldungen weniger als im Vorjahr! Es wurden 408 Beobachtungen direkt über die App gemeldet. In diesem Jahr konnten 18 der 21 in Österreich vorkommenden Amphibienarten beobachtet werden.
Im Bundesländervergleich kamen 2021 mit 473 Beobachtungen die meisten Meldungen aus der Steiermark, gefolgt von Niederösterreich und Oberösterreich. Das Schlusslicht bildet Tirol.
Österreichweit wurde der Feuersalamander mit 275 Beobachtungen am häufigsten gemeldet, gefolgt von Erdkröte und Grasfrosch. Im Vergleich zum Jahr 2020 haben sich die Top 3 gemeldeter Amphibienarten nicht verändert, auch die Reihenfolge ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Neu in den Top 10 der meist gemeldeten Amphibienarten sind die Wechselkröte und der Europäische Laubfrosch. Amphibienmeldungen gingen das ganze Jahr über ein, wobei der Mai mit 303 Meldungen der beobachtungsstärkste Monat war.
Zu den aktivsten Amphibienmelder*innen 2021 zählen Werner Kammel, Bernd Tobler und Markus Sabor.
1704
1066
879 Anzahl der Meldungen von Amphibien pro Monat im Jahresvergleich
2018 2019 2020 2021
Jänner 289
243
2
19 3 3 0 0 18 53
17 383 303
258
248
171 116 193 164 59 204 129 124 97 167 87 56 129 99 104 94 84 171 53 70 150 58 27 23 28 20 Dezember 33 11 1
TOP 10 der Amphibien
1. FEUERSALAMANDER (S. salamandra) 275 æ 2. ERDKRÖTE (Bufo bufo) 233 ä 3. GRASFROSCH (Rana temporaria) 214 ä 4. WASSERFROSCH-GRUPPE 148 ä 5. SPRINGFROSCH (Rana dalmatina) 103 ä 6. GELBBAUCHUNKE (Bombina variegata) 93 ä
7. BERGMOLCH (Ichthyosaura alpestris) 54 æ 8. WECHSELKRÖTE (Bufotes viridis) 53 ä
9. TEICHMOLCH (Lissotriton vulgaris) 46 ä 9. LAUBFROSCH (Hyla arborea) 46 ä
BEST OF AMPHIBIEN 2021
Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), 19.08.2021, 3441 Einsiedl, aufgenommen von Georg Haberfellner
Ein schönes Foto der eher selten vorkommenden Knoblauchkröte wurde im August aus OÖ gemeldet. Es ist erst die achte bestätigte Meldung dieser Art auf naturbeobachtung.at. Immerhin 28 gesicherte Nachweise der Wechselkröte gingen heuer auf der Plattform ein – ein schöner Erfolg! Nur vier eindeutig identifizierbare Moorfrosch-Beobachtungen wurden 2021 hochgeladen. Diese Tiere in blau leuchtenden Farben zu sehen, gehört zu den Highlights aller Amphibienfreunde. Bei der Bestimmung dieser Art ist es „hilfreich“, sie (wie in Hohenau/March) mit eindeutig gezeichnetem Muster vor die Linse zu bekommen. Immer wieder eine Freude ist es, den Laubfrosch – als einzigen Baumfrosch in unseren Breiten – beobachten zu können. Zehn bestätigte Meldungen von Rotbauchunken gab es 2021. Meist hört man sie besser als man sie sieht – ein schönes Foto eines rufenden Männchens gelang im Mai in Breitenbrunn/ Burgenland. Zu dritt am Amphibienzaun: Dieses Erdkröten-Foto soll stellvertretend als Dank für die wertvolle Arbeit der vielen Ehrenamtlichen beim Amphibienschutz an den Straßen stehen! „Krötenzopf“: Rangeleien, wie jene im Bild aus Frastanz/Vorarlberg, enden oftmals tödlich – das umklammerte Weibchen wird dabei regelrecht ertränkt. Grasfrösche können in ihrer Grundfarbe stark variieren, was in einem Foto aus Zell am See gut festgehalten wurde. Im Juni wurde im Burgenland ein auffällig gefärbter Kammmolch entdeckt. Fachmann Günter Gollmann (Uni Wien) meinte dazu: „Was man auf dem Foto von der Bauch- und Kehlfärbung sieht, schaut mehr nach Donau- als nach Alpenkammmolch aus. Meine Vermutung ist, dass dieser Molch einen hybriden Ursprung hat, und diese Zeichnung und Färbung auf Rekombination von Genen der zwei Arten beruhen könnte.“
Wechselkröte (Bufotes viridis), 03.09.2021, 3171 Wittmannshof, aufgenommen von Constanzia Frohnwieser Moorfrosch (Rana arvalis), 11.09.2021, 2273 Hohenau an der March, aufgenommen von Bernd Tobler
Erdkröte (Bufo bufo), 01.04.2021, 8101 Gratkorn, aufgenommen von Hans Preitler Grasfrosch (Rana temporaria), 05.04.2021, 5771 Leogang, aufgenommen von Marina Pirker Laubfrosch (Hyla arborea), 09.05.2021, 5151 Nußdorf am Haunsberg, aufgenommen von Christian M.
Erdkröte (Bufo bufo), 01.04.2021, 6820 Frastanz, aufgenommen von Harald Mark Kammmolchart, 10.06.2021, 7091 Breitenbrunn, aufgenommen von Bernd Tobler Moorfrosch (Rana arvalis), 31.03.2021, 2305 Eckartsau, aufgenommen von Rudolf Finsterwalder
© Fank Weihmann
© Astrid Deutschmann
AMPHIBIEN UND REPTILIEN...
Der Naturschutzbund Österreich hat es sich gemeinsam mit seinen steirischen Projektpartnern zum Ziel gesetzt, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für heimische Amphibien und Reptilien zu schaffen.
Im vom Land Steiermark und der EU unterstützten Projekt werden von November 2019 bis Dezember 2022 im ganzen Land Steiermark unterschiedliche Veranstaltungen zum Thema organisiert. Diese bewusstseinsbildenden Aktionen werden gemeinsam geplant und vor Ort vom Naturschutzbund Steiermark, der önj Steiermark, der steiermärkischen Berg- und Naturwacht und dem Technischen Büro – Mag. Dr. Werner Kammel durchgeführt. Um so viele Personen wie möglich zu erreichen, werden nicht nur Vorträge und Exkursionen in Schulen veranstaltet, sondern auch öffentliche Exkursionen für Interessierte angeboten.
Alle diese spannenden Veranstaltungen gibt es auf naturbeobachtung.at unter Aktionen zum Nachlesen. Dort wurden sowohl für die Amphibien als auch die Reptilien eigene Projektseiten mit vielen interessanten Informationen eingerichtet.
In diesem Projekt soll mithilfe von Citizen Science eine aktuelle und flächendeckende Verbreitungskarte der ausgewählten Artgruppen in der Steiermark erstellt werden. Da besonders unter den Reptilien sensitive Arten vorkommen, wurden im Zuge dieses Projektes auf naturbeobachtung.at die „Standortunterdrückung bei sensitiven und geschützten Arten“ und die Rasterkarten (10x10km) programmiert. So ist es nun auch möglich, Verbreitungsdaten gezielt in unterschiedlichen Regionen auszuwerten.
...IN DER STEIERMARK
Citizen Science funktioniert nur in Verbindung mit einer umfassenden Bewusstseinsbildung. Dahingehend wurde im Zuge dieses Projektes eine Wanderausstellung konzipiert. Diese wird gemeinsam mit unterschiedlichen Informationsmaterialien rund um das Projekt bei allen Projekt-Veranstaltungen des Naturschutzbundes, der önj und der Berg- und Naturwacht präsentiert. Als Handouts werden die Broschüre „Heimische Reptilien“ und ein Amphibien-Outdoor-Folder verteilt, die wertvolle Bestimmungshilfen und Nachschlagewerke sind.
Insgesamt organisieren die Projektpartner in der Steiermark 18 Ausstellungsevents an schulischen und außerschulischen Institutionen, in Vereinen und Gemeinden. Coronabedingt konnten 2020 leider nur vereinzelt Veranstaltungen abgehalten werden. 2021 konnten die Projektpartner allerdings mit Exkursionen und der Präsentation der Wanderausstellung in Schulen starten.
In der Deutschlandsberger Klause wurde die Wanderausstellung von Sigrid Utri und Fritz Stockreiter von der Natur- und Bergwacht präsentiert. Oliver Gebhardt konnte gemeinsam mit der Volksschule Stattegg eine AmphibienExkursion zu einem nahegelegenen Teich unternehmen. Außerdem hielt er zwei Schlangen-Exkursionen der önj ab. Besonders spannend: Oliver gab Kinderreportern Radiointerviews für den ORF.
Frank Weihmann stellte die Wanderausstellung der Volksschule Hausmannsstätten zur Verfügung, wo er das Thema Amphibien und Reptilien sechs unterschiedlichen Klassen präsentiert. Zusätzlich war die Wanderausstellung im Wertschätzungszentrum in Graz und der Mittelschule Gleisdorf zu Gast. Eine Schlangen-Exkursion wurde am Sandhang in Spielfeld organisiert.
Zum Weltschlangentag am 16.07.2021 wurde von allen Projektpartnern gemeinsam ein Ausstellungsevent in der Bonaparte-Villa in der Herdergasse veranstaltet.
© Astrid Deutschmann © Astrid Deutschmann © Naturschutzbund Steiermark