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Die Elektrofrau – Interview mit DJ Sedef Adasi

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SSedef Adasi ist eine der gefragtesten DJs, die Augsburg je her vorgebracht hat. Trotz steilem Karriereverlauf mit weltweiten Gigs und ein wenig Fremdflirten als Resident im Münchner Blitz Club bleibt sie ihrer Heimatstadt treu. Seit 2016 sorgt sie hier im City Club mit ihrer Partyreihe „Hamam Nights“ für ausgelassene Abende mit viel Liebe und kleinem Augenzwinkern. Wir trafen sie in ihrem Studio zum Gespräch über erste DJ-Gehversuche als Teenager, das Augsburger Nachtleben und den Spagat zwischen Corona-Schutzmaßnahmen und dem Erhalt der Clubkultur. Von Lina Frijus-Plessen

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D i e E l e k t r o f r a u

I n t e r v i e w m i t d e r Au g s b u r g e r D J u n d Ve r a n s t a l t e r i n S e d e f Ad a s i

Sedef, wenn man deinen Namen googelt, stößt man erstmal auf eine hübsche kleine Insel bei Istanbul.

Ja, das stimmt. Sedef ist mein tatsächlicher Vorname, aber Adasi ist ein Künstler-Nachname. Ich habe mich nach der Insel benannt, weil es dort wunderschön ist und mir außerdem der Klang gut gefällt. Ich bin in Augsburg geboren, aber meine Eltern sind Türken aus dem Balkan, der Name ist also eine Art Verbindung zu meinen Wurzeln.

Wie bist du eigentlich zum Auflegen gekommen?

Wir hatten zuhause immer viel Musik aus allen möglichen Genres rumliegen. Ich kann mich noch erinnern, dass es mir schon als Kleinkind total Spaß gemacht hat, mit den Platten und Kassetten in unserer Anlage herumzuspielen. Später habe ich viel analoge Musik digitalisiert und für meine Freunde und mich Mixtapes zusammengestellt. Mit 14 habe ich auf einer Geburtstagsparty selbstgebrannte CDs von mir gespielt und die Musik ist super angekommen, aber es hat mich extrem genervt, dass zwischen den einzelnen Liedern immer ein paar Sekunden Pause war, die die gute Stimmung unterbrochen hat. Ich dachte mir das muss ich nächstes Mal anders machen, und habe nach und nach gelernt, wie man Musik mischen kann und dann angefangen, längere Sets zusammenzubasteln. Das hat mich als Hobby meine ganze Jugend über begleitet. Wie hast du dann dein Hobby zum Beruf gemacht?

Damals hat in einem Augsburger Klamottenladen jeden Samstag ein DJ aufgelegt und ich habe irgendwann angefragt, ob ich das auch mal ausprobieren kann. Ein paar Jahre lang habe ich dann regelmäßig dort Musik gespielt, parallel dazu auch bei Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten. Mit der Zeit hat es sich dann herumgesprochen, dass ich auflege und ich habe bei jedem Gig mehr Leute aus der Veranstalter- und Clubszene kennengelernt. So bin ich schließlich irgendwann Resident-DJ im Schwarzen Schaf geworden. Ich hätte mir diese Entwicklung nie erträumen lassen. Aber als ich dann tatsächlich im Club auflegen konnte, wusste ich: das ist genau das, was ich machen will!

Wie würdest du selbst deinen Sound beschreiben?

Mein Sound ist vor allem divers. Ich spiele elektronische Musik zwischen Techno, House, Acid, Elektro, EBM und zwischendurch dürfen’s auch mal ein paar Oldies von Madonna oder Depeche Mode sein. Je nachdem wann und wo ich auflege, ändert sich meine Musik. Deshalb bereite ich auch keine Sets vor, sondern versuche spontan vor Ort das passende Feeling mit der Musik zu transportieren. Für mich ist es einfach spannend, wenn ich am Anfang selbst noch nicht weiß, wohin die Reise geht. USA gespielt. Was zeichnet im Vergleich dazu die Augsburger Clubszene aus?

Klar in Berlin, New York oder Barcelona gibt es ein viel größeres Angebot, da ist mehr los, es ist viel diverser und bunter. Hier in Augsburg ist das Ganze halt ein bisschen gediegener. Ich würde aber nicht sagen, dass die Clubkultur in Großstädten unbedingt besser sein muss. Augsburg hat auf jeden Fall eine Menge junge, kreative Leute und tolle Läden, die viel Potenzial mitbringen. Ich habe auch schon in irgendwelchen fancy Großstadtclubs aufgelegt, wo die Stimmung nicht gepasst hat und musste dann wehmütig an den City Club zurückdenken.

Viele Leute, die im Künstler- und Veranstaltungsbereich arbeiten, ziehen früher oder später nach Berlin oder in andere Metropolen. Hat es dich nie in den Fingern gejuckt, auch in die Großstadt zu ziehen?

Manchmal schon, aber so wirklich weggezogen hat es mich nie. Mir gefällt es in Augsburg einfach zu gut. Außerdem haben wir hier doch auch viel Kunst und Kultur, coole Leute und Locations und ich finde es umso wichtiger, daran weiterzuarbeiten. Manche Leute aus der Branche ziehen weg, weil sie denken hier geht ja eh nichts. Aber das ist aus meiner Sicht genau der falsche Ansatz. Ich sehe es eher als Aufgabe, vor Ort etwas für meine Heimatstadt zu tun und zu versuchen, die Clubkultur in kleineren Städten auf ein anderes Level zu bringen.

Daran arbeitest du seit einigen Jahren ja auch aktiv als Veranstalterin. Was war damals deine Motivation, eine eigene Partyreihe ins Leben zu rufen?

In Augsburg hat mir auf den meisten Partys das Bunte und die Queerness gefehlt, viele Veranstaltungen waren eher oberflächlich und ich habe mich deshalb nicht so wirklich wohlgefühlt. Ich habe schon früher, wenn ich als DJ gebucht war, immer Ideen vorgeschlagen, wie man die Veranstaltung noch attraktiver machen könnte, aber man ist da nie richtig drauf eingegangen. Deshalb dachte ich mir, ich versuche jetzt mein eigenes Ding zu starten. Ich habe mir da wirklich viele Gedanken gemacht und es war auch ein Haufen Arbeit und großes Muffensausen bis zur ersten Party, aber die ist dann zum Glück auch total eingeschlagen. Man muss die Augsburger schon locken, sonst bleibt der Club leer. Aber wenn man ein Konzept hat und viel Zeit und Energie in die Veranstaltung steckt, ist das auch interessant für die Leute.

Was macht denn für dich die perfekte Clubnacht aus?

Dass man einfach ausgelassen feiern und Spaß haben kann und sich alle im Club wohl und sicher fühlen. Eine gute Party braucht für mich auch immer eine Message. Und ich finde es wichtig, dass es etwas gibt, worüber man schmunzeln kann und nicht alles so bierernst genommen wird. Die Clubszene ist ja ein ziemlich männerdominiertes Business. Wie erlebst du als Frau die Branche?

Wir werden schon noch eine Weile brauchen, bis Geschlechterfragen gar keine Rolle mehr spielen, aber ich habe den Eindruck, dass sich auf jeden Fall etwas tut. Es sind in den letzten Jahren viele weibliche DJs ins Rampenlicht gekommen, was eine tolle Entwicklung ist. Ich finde es als Frau auch sehr wichtig, andere Frauen in der Branche zu unterstützen. Viele Booker und Veranstalter achten inzwischen auch darauf, dass LineUps vielfältiger werden. Früher war das schon so, dass man mir als einziges Mädchen hinterm Mischpult sehr skeptisch auf die Finger geschaut hat. Ich durfte mir dann oft Sachen anhören wie „die schaut ja auch ganz gut aus und wir brauchen halt ‘ne Quotenfrau“. In so einer Männerdomäne braucht man schon ein dickes Fell, aber ich glaube, das kann einen nur stärker machen.

Wir kommen natürlich nicht drum herum, auch über Corona zu sprechen. Wie ist aktuell die Lage in deinem Arbeitsumfeld?

Im Frühjahr ist ja alles von heute auf morgen weggebrochen. Das war wirklich bitter für mich, denn ich hatte eigentlich einen tollen Sommer mit Mittelamerika-Tour und großartigen Festivals vor mir gehabt. Unsere Branche hat mit am meisten unter den Corona-Maßnahmen zu leiden, wird aber nicht ernst genommen und unterstützt, da fühle ich mich als Künstlerin und Veranstalterin auf jeden Fall im Stich gelassen. Klar sind andere Bereiche lebenswichtiger, aber Clubkultur ist auch gesellschaftlich relevant! Natürlich ist es richtig vorsichtig zu sein, aber man kann doch trotzdem an Ideen für sichere Veranstaltungen arbeiten. Ich habe im Sommer in Berlin auf einigen Partys mit gut durchdachtem Hygienekonzept aufgelegt, jeder hat sich dort an die Regeln gehalten und ich habe mich sehr sicher gefühlt. Es ist nicht einfach, aber es ist auf jeden Fall möglich. Und wenn man dann die Leute auf der Maxstraße aufeinander hocken sieht oder irgendwelche Deppen riesige Privatpartys und illegale Raves veranstalten, das macht für mich einfach keinen Sinn.

Wie sieht denn dein Terminkalender für die nächste Zeit aus?

Es wird mit den Veranstaltungsorten natürlich schwieriger, wenn Open Air Events wegfallen. Für den Herbst sind Liveshows erstmal sehr runtergefahren, ich werde das eher auf online verlagern und bei einigen Radioshows und Streams dabei sein. Außerdem arbeite ich gerade an meiner ersten Platte, die nächstes Jahr erscheinen wird. Genaueres darf ich noch nicht verraten, aber ich freue mich schon riesig darauf. Eines der wenigen positiven Dinge, die sich für mich aus der Corona-Situation ergeben haben, war, dass ich so mehr Zeit im Studio verbringen und an meiner Musik arbeiten konnte. Das ist mein Projekt, das mich auf jeden Fall über die nächsten Monate begleiten wird.

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